Sexualität und Demenz Theoretische Grundlagen Herzlich Willkommen! Heike Mückschel Angehörigenberatung e.V. Nürnberg 1 Sexualität und Demenz - ein Tabuthema? Foto: Michael Hagedorn Sexualität als komplexes Verhaltensmuster Biologische Faktoren Psychische Faktoren Sexualität Soziale Faktoren Ökologisch/kontextuelle Faktoren Quelle: Gatterer, Gerhard, Menschen mit Demenz sind auch Männer und Frauen, in pflegen: Demenz, 2008) 3 Drei-Kreise-Modell* (*nach Paul Sporken, niederländischer Medizinethiker) 4 Drei-Kreise-Modell* (*nach Paul Sporken, niederländischer Medizinethiker) Äußere, größte Kreis versinnbildlicht den äußeren Bereich der Sexualität • Verhaltensweisen in allgemeinen menschlichen Beziehungen, Blick, Gespräche, Anteilnahme Mittlere Kreis, der mittlere Bereich der Sexualität • Zärtlichkeit, Erotik, Sinnlichkeit usw. Innerste, kleinste Kreis steht für den • genitalen Bereich der Sexualität („richtiger Sex“) 5 Sexualität im höheren Lebensalter • Häufigkeit nahm zu (sowohl in festen Beziehungen als auch von Alleinlebenden) • Krankheiten wie Demenz können die Verwirklichung von Sexualität zwar erschweren, sie stellen ihren Stellenwert als Dimension des Menschseins aber nicht grundsätzlich in Frage Quelle: Dr. Dr. H. Mück, Vortrag „Sexualität von und mit Demenzkranken“, Köln 5.11.2009 6 Sexualität und Demenz • Sexualität - eine Grunddimension des Menschseins • Sexualität – gehört von der Wiege bis zur Bahre zur Potenzialität eines jeden Menschen • Sexuelle Erlebnisse können wesentlich zum Wohlbefinden eines Menschen beitragen unabhängig von seinem kognitiven Leistungsvermögen Quelle: Dr. Dr. H. Mück, Vortrag „Sexualität von und mit Demenzkranken“, Köln 5.11.2009 7 Definition der Demenz nach ICD-10 1. Störungen des Gedächtnisses Aufnahme, Speicherung und Wiedergabe neuer Informationen Verlust früher erlernter und vertrauter Inhalte (in späteren Stadien) 2. Störungen des Denkvermögens u.a. geistiger Funktionen, z.B. Störungen der Auffassungsfähigkeit Störung der Fähigkeit zu vernünftigen Urteilen Verminderung des Ideenflusses Beeinträchtigung der Rechenfähigkeit, der Sprache, etc. 3. Störungen der emotionalen Kontrolle, des Sozialverhaltens und des Antriebs 4. Beträchtliche Beeinträchtigung der Aktivitäten des täglichen Lebens Dauer: Mehr als 6 Monate (Quelle: Internationale Klassifikation psychischer Störungen, ICD-10 Kapitel V (F), Hrsg. H. Dilling, W. Mombour, M. H. Schmidt, 2000) 8 Demenzerkrankungen chronisch, primäre Demenzen akut, sekundäre Demenzen Sekundäre Demenzen (evtl. heilbar) Degenerative Demenzen • Mechanische Ursachen (z.B. Schädel-HirnVerletzung) präsenil (< 65 Jahre) senil (>65 Jahre) • Demenz bei der AlzheimerKrankheit (40-50%) • Fronto-Temporale Demenz • Demenz bei der Lewy-Krankheit • Demenzen, die sich im Verlauf anderer Erkrankungen entwickeln: Mischformen vaskulär / degenerativ ca. 15 bis 20 % aller Demenzen • Toxische Ursachen Vaskuläre Demenzen • Mangelzustand (z.B. chron. Vitamin B12 Mangel) • Multiinfarkt-Demenz • Metabolische / Endokrinologische Ursachen (z.B. Schilddrüsenfunktionsstörung) • Binswanger-Krankheit - Parkinson • ... - Chorea Huntington ca. 10 - 15 % aller Demenzen ca. 50 – 70 % aller Demenzen • Infektiöse Ursachen (z.B. AIDS) •Psychische Erkrankungen z.B. Depression (PseudoDemenz), Suchterkrankungen ca. 5-10% aller Demenzen 9 (Quelle: Prof. Lutz Fröhlich, Diagnostik demenzieller Syndrome, DGPPN-Kongress 25.11.2005) Betroffene Gehirnregionen bei DAT Temporallappen Parietallappen Hippocampus Quelle: Brun A., Englund E. Ann Neurol 1986;19:253-62 10 Beispiele für Veränderungen im Bereich der Sexualität im Verlauf der DAT • ein ehemals sexuell aktiver Mensch verliert jegliche Freude an Sexualität oder • der demenzkranke Mensch entwickelt aufgrund seiner Erkrankung besonders starke sexuelle Bedürfnisse • hygienische Verwahrlosung der erkrankten Menschen • eigenartige sexuelle Verhaltensweisen… Quelle: Dr. Dr. H. Mück, Vortrag „Sexualität von und mit Demenzkranken“, Köln 5.11.2009 11 Beispiele für Veränderungen im Bereich der Sexualität im Verlauf der DAT Sozial unangemessene Verhaltensweisen: • • • • öffentliche Selbstbefriedigung sexuelle Handgreiflichkeiten sexualisierte Ausdrucksweisen falsche Behauptungen über das Sexualverhalten anderer 12 Veränderungen im Bereich der Sexualität bei FTD Persönlichkeitsveränderungen mit gestörtem Sozialverhalten, mit Verlust der sozialen Kompetenz: • • • • Alkoholmissbrauch Hemmungsloses Essen Ladendiebstahl Sexuelle Übergriffe 13 Beispiele für Veränderungen im Bereich der Sexualität im Verlauf der FTD • Enthemmung mit ausgeprägter Störung der Urteilsfindung • Witzelsucht mit Äußerungen sexueller Anzüglichkeiten • Kein Schamgefühl • Unkontrolliertes äußern sexueller Wünsche • Keine Kontrolle der sexuellen Handlungen • Sexuelle Übergriffe Quelle: Frontotemporale Demenzen aus Sicht der Fachleute und der Angehörigen, Alzheimer Gesellschaft Berlin, 2006 14 Problemkonstellationen • Ob sexuelles Verhalten von demenzkranken Menschen als „krankhaft“ erlebt wird, hängt von den äußeren Umständen ab. • Unterscheidungen nach Schweregrad der Demenz und nach • privat-häuslicher Bereich • im Umfeld einer Institution • in der Öffentlichkeit Quelle: Dr. Dr. H. Mück, Vortrag „Sexualität von und mit Demenzkranken“, Köln 5.11.2009 15 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!