Gegenstand und Inhalte der Finanzwissenschaft (Public Economics) Georg-August-Universität Göttingen, Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät Prof. Dr. Robert Schwager Vorlesung “Einführung in die Finanzwissenschaft” Sommsemester 2008 Gegenstand • die wirtschaftlichen Aktivitäten des Staates, insbesondere • Termin und Ort Dienstag, 14:15 - 15:45 (ZHG 104) • die staatlichen Einnahmen und Ausgaben • Sprechstunde Dienstag, 16:15 - 17:00 Uhr (Oec II-50) Fragestellungen • Email für organisatorische Fragen: [email protected] für inhaltliche Fragen: [email protected] • Darstellung • Begleitseminar Mittwoch, 8:30 - 10:00 (VG 4.101), Beginn: 23.04.2008 Mittwoch, 10:15 - 11:45 (VG 4.101), Beginn: 23.04.2008 Donerstag, 10:15 - 11:45 (ZHG 002), Beginn: 24.04.2008 • Wirkungsanalyse • Erklärung 1 2 Einführung in die Finanzwissenschaft: Inhalt Literatur 1. • Blankart, C. (2006): Öffentliche Finanzen in der Demokratie, 6. Auflage, München. Der Staat im Überblick Teil I: Ausgaben und Einnahmen des Staates • Connolly, S. und A. Munro (2000): Economics of the Public Sector, London. 2. Öffentliche Güter 3. Bildungspolitik • Corneo, G. (2007): Öffentliche Finanzen: Ausgabenpolitik, 2. Auflage, Tübingen. 4. Externe Effekte und Umweltpolitik 5. Steuern • Gaube, T., K. Nöhrbaß und R. Schwager (1996): Arbeitsbuch Finanzwissenschaft, Heidelberg. • Hindriks, J. und G. Myles (2006): Intermediate Public Economics, Cambridge und London. Teil II: Entscheidungsverfahren und Organisation des Staates 6. Abstimmungsverfahren 7. Akteure der Politik • Homburg, S. (2007): Allgemeine Steuerlehre, 5. Auflage, München. • Persson, T. und G. Tabellini (2000): Political Economics, Cambridge, Mass. 3 4 Weitere finanzwissenschaftliche Studium Lehrveranstaltungen im Bachelor- Anerkennungsregelung Zwischen Diplom und den BA-/MA-Studiengängen werden folgende Veranstaltungen gegenseitig anerkannt: SS 2008 Veranstaltung im Diplom Finanzwissenschaft A Finanzwissenschaft B • Blockseminar (6 Guthabenpunkte) “Aktuelle Fragen der Finanz- und Steuerpolitik” (6 Guthabenpunkte) Vorbesprechung und Themenvergabe: Do, 17.04.2008, 14:00, OEC 0.168 Seminartermin: Do, 26.06.2008 und Fr, 27.06.2008 Veranstaltung im BA/MA-Programm Einführung in die Finanzwissenschaft Allgemeine Steuerlehre Sem. SS WS Tab. 0.1 WS 2008/09 • Vorlesung (6 Guthabenpunkte): Einführung in die Finanzwissenschaft • Vorlesung / Seminar (6 Guthabenpunkte): “Finanz- und Steuerpolitik der Europäischen Union” 5 6 1.1 Staatsaufbau 1 Der Staat im Überblick Was gehört zum Staat? 1.1.1 Körperschaften • Wer oder was ist “der Staat”? → 1.1 • Gebietskörperschaften und deren Zusammenschlüsse • Was tut der Staat? → 1.2 Bund und Sondervermögen des Bundes (z.B. Fonds deutsche Einheit, Bundeseisenbahnvermögen) Länder und Sondervermögen der Länder (z.B. Kliniken) Gemeinden, Gemeindeverbände (Landkreise, Verwaltungsgemeinschaften), Zweckverbände Europäische Union • Welche Ziele hat der Staat? → 1.3 • Sozialversicherungen: Gesetzliche 7 Krankenversicherung Unfallversicherung Rentenversicherung Arbeitslosenversicherung Pflegeversicherung 8 • Kammern, z.B. Abgrenzungskriterien Industrie- und Handelskammern Handwerkskammern • Erfüllung öffentlicher Aufgaben • Unternehmen die (teilweise) im Eigentum von Gebietskörperschaften stehen, z.B. • Finanzierung aus Einnahmen mit Zwangscharakter 1.1.2 Individuen Europäische Zentralbank, Bundesbank Kommunale Versorgungsunternehmen Sparkassen Bahn, Post, Telekom Lufthansa • Bürger als staatliche Akteure Wähler Mitglieder der Sozialversicherungen Interessengruppen • Kirchen • Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände • Bürger als Adressaten des Staatshandelns • Sonstige werden durch Gesetze begünstigt oder belastet, zahlen Abgaben, erhalten Geld- und Sachleistungen und dürfen öffentliche Einrichtungen nutzen. öffentlich-rechtliche Fernsehanstalten Technische Überwachungsvereine von Bund oder Ländern finanzierte Forschungsinstitute 9 • Personen und Gruppen, die staatliches Handeln ausführen 10 • Finanzpolitik Politiker, Parteien Öffentlicher Dienst Einnahmen: Steuern, Sozialversicherungsbeiträge, Kreditaufnahme, ... Ausgaben: Personal, Sachaufwand, Transfers, Zinszahlungen, Tilgung, ... 1.2 Staatstätigkeit • Regulierung und Finanzpolitik haben oft gleiche Wirkungen. Wie handelt der Staat? 1.2.2 Statistischer Überblick 1.2.1 Formen der Staatstätigkeit → Tab. 1.1 - 1.2, Abb. 1.1 - 1.4 • Regulierung Gesetze, die die Handlungsfreiheiten der Bürger einschränken Beispiele: Strafgesetzbuch, Bundesimmissionsschutzgesetz, Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, ... 11 12 Ausgaben des Staates nach Ebenen 2005 Mio. € Öffentlicher Gesamthaushalt 2006 Mio. € Einnahmen des Staates nach Ebenen v.H. gegenüber Vorjahr 2006 Mio. € v.H. gegenüber Vorjahr 1.002.584 1.002.496 - 0,0 Öffentlicher Gesamthaushalt 945.598 987.165 + 4,4 281.483 282.788 + 0,5 Bund 250.043 254.548 + 1,8 Sondervermögen des Bundes 12.285 13.384 + 8,9 Sondervermögen des Bundes 16.310 12.859 - 21,2 EU-Anteile 21.036 21.181 + 0,7 EU-Anteile 21.036 21.181 + 0,7 Sozialversicherung 470.283 467.004 - 0,7 Sozialversicherung 466.995 487.489 + 4,4 Länder 259.299 258.718 - 0,2 Länder 235.301 248.731 + 5,7 Gemeinden/Gemeindeverb. 153.346 155.705 + 1,5 Gemeinden/Gemeindeverb. 151.060 158.642 + 5,0 Bund Tab. 1.1. Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen. 13 Ausgaben und Einnahmen des Staates Ausgaben des Staates nach ausgewählten Aufgabenbereichen (2004) 1 2% 3% 8% 19% 1% 1% 900 2% 800 3% 2% 700 1% 19 91 19 92 19 93 19 94 19 95 19 96 19 97 19 98 19 99 20 00 20 01 20 02 20 03 20 04 20 05 600 Bereinigte Ausgaben A Bereinigte Einnahmen A Bereinigte Ausgaben B Bereinigte Einnahmen B Abb. 1.1. Quelle: Statistisches Bundesamt. A einschließlich, B ohne Krankenhäuser und Hochschulkliniken mit kaufmännischem Rechnungswesen. 15 14 Tab. 1.2. Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen. 1000 Mrd. € 2005 Mio. € 58% 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 Abb. 1.2. 1 Verteidigung; 2 Öffentliche Sicherheit und Ordnung, Rechtschutz;3 Schulen, Hochschulen, übriges Bildungswesen; 4 Wissenschaft, Forschung, Entwicklung außerhalb der Hochschulen; 5 Kultur, Kirchliche Angelegenheiten; 6 Soziale Sicherung; 7 Gesundheit, Umwelt, Sport und Erholung; 8 Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung; 9 Wirtschaftsförderung;10 Verkehrs- und Nachrichtenwesen; 11 Sonstige. Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen. 16 Staatsquoten seit 1988 40 30 Schweden Niederlande Abb. 1.4. Quelle: OECD. Abb. 1.3. Quelle: OECD. Frankreich USA 20 04 20 02 20 00 19 88 20 19 98 20 50 19 96 30 60 19 94 40 70 19 92 50 80 19 90 Staatsausgaben / BIP (%) 60 Ko re a Irl an d U SA Ja p S an O EC pa D nie ge n sa m t N U or K N we ge ie de n D rla eu nd ts ch e la nd Ita Fr l an ien kr Sc ei hw ch ed en Staatsausgaben / BIP (%) Staatsquoten im internationalen Vergleich (2004) Deutschland Irland 17 18 • Zahlungsbereitschaft jedes Landwirts: 4 1.3 Staatstheorien • Gesamtkosten: 6 Warum handelt der Staat? • Jeder, der sich am Bau der Straße beteiligt, muß den gleichen Kostenanteil bezahlen. 1.3.1 Der Staat maximiert die Wohlfahrt der Bürger. • Auszahlungsmatrix: • Staatliches Handeln findet statt, wenn privates Handeln (Verträge, Märkte) nicht zu Pareto-Effizienz führt. Obermeier • Marktversagen ist notwendig und hinreichend für staatliches Handeln. Beispiel In einem Dorf leben die beiden Landwirte Obermeier und Untermeier. Es wird überlegt, ob eine Straße in die Kreisstadt gebaut werden soll. 19 baut baut nicht Untermeier baut baut nicht (1, 1) (−2, 4) (4, −2) (0, 0) Tab. 1.3 • Gleichgewicht: baut nicht, baut nicht“ ” • Pareto-effiziente Lösung baut, baut“ ” • Der Staat erzwingt Effizienz. 20 • Politiker und/oder Bürokraten werden durch Wahlen und Gesetze nur unzureichend kontrolliert. Fragestellungen der Finanzwissenschaft Welche Staatsaktivitäten führen zu Pareto-Effizienz? Staatsversagen im Beispiel • Positive Theorie: Es wird angenommen, daß der Staat sich in diesem Sinne optimal verhält. Mehrheitsentscheidung • Normative Theorie: Die Wissenschaft empfiehlt dem Staat, sich so zu verhalten. • Im Dorf lebe ein dritter Landwirt Mittermeier, dessen Zahlungsbereitschaft für die Straße 0 beträgt. 1.3.2 Staatliche Akteure sind eigennützig. • Gesamtkosten: 9 Staatliches Handeln findet statt, wenn es den Personen oder Gruppen nutzt, die den Staat beherrschen. • gleicher Kostenanteil für alle Landwirte • Nutzen jedes Wählers Staatsversagen • Der Staat will die Bürger so weit wie möglich unterwerfen. “Leviathan“ =⇒ Maximierung der Steuereinnahmen Obermeier Mittermeier Untermeier • Die Mehrheit beutet die Minderheit aus. Straße wird gebaut nicht gebaut 1 0 −3 0 1 0 Tab. 1.4 21 • Obermeier und Untermeier beschließen den Bau der Straße. 22 Teil I: Ausgaben und Einnahmen des Staates • Die Gesamtkosten der Straße übersteigen ihren Gesamtnutzen. Politiker und Verwaltung Marktversagen und Staatseingriff • Alle Dorfbewohner haben Zahlungsbereitschaft von 0 für die Straße. • Bürgermeister und Gemeinderäte seien Bauunternehmer. • Märkte sind effizient. → Mikroökonomische Theorie • Dann wird die Straße gebaut, auch wenn sie nutzlos ist. • Formen von Marktversagen öffentliche Güter → Kapitel 2 externe Effekte → Kapitel 4 Fragestellungen der Finanzwissenschaft • Anwendung der Theorie öffentlicher Güter auf Hochschulen → Kapitel 3 • Welche politischen Entscheidungsregeln führen zu welchen Ergebnissen? • Wie sollten Entscheidungsregeln (z.B. in der Verfassung) festgelegt werden, um den Eigennutz der staatlichen Akteure zu begrenzen? 23 • Konsequenz aus Marktversagen: Staatliche Ausgaben • Finanzierung der Staatsausgaben: Steuern → Kapitel 5 24 Ausschluss durch den Konsumenten 2 Öffentliche Güter • Verzicht auf den Konsum ist möglich. 2.1 Eigenschaften öffentlicher Güter • Zwangskonsum Warum führt privatwirtschaftliches Handeln im Beispiel aus Abschnitt 1.3.1 nicht zu einer effizienten Entscheidung? Ausschlusskosten • Kosten für den Anbieter, um Nicht-Zahler auszuschließen Nicht-Ausschließbarkeit vom Konsum • Kosten für die Nutzer, um die Ausschlusstechnologie zu überwinden Nutzer, die nicht für ein Gut bezahlen, können vom Anbieter oder Eigentümer des Gutes nicht vom Konsum dieses Gutes ausgeschlossen werden. technisch räumlich Konsequenzen der Nicht-Ausschließbarkeit • Freifahrerverhalten, Trittbrettfahrerverhalten • zu geringes Angebot 25 26 Produktionskosten und Nutzerzahl Konsequenzen aus der Nicht-Rivalität im Konsum Gegebene Menge und Qualität eines Gutes für jeden Nutzer • Gemeinsamer Konsum des Gutes bringt Kostenvorteile. • Beispiel: ein Brötchen für jeden im Hörsaal • Ausschluss ist nicht effizient. Gewicht, Geschmack, Nährwert konstant Die Kosten sind proportional zur Zahl der Hörer. Übersicht • Beispiel aus Abschnitt 1.3.1 Es stört Obermeier nicht, wenn Untermeier auch auf der Landstraße fährt. Die Kosten sind unabhängig davon, ob einer oder beide die Straße nutzen. ja Ausschluss nein Nicht-Rivalität im Konsum Die Zahl der Nutzer eines Gutes kann erhöht werden, ohne dass zusätzliche Kosten aufgewendet werden müssen oder dass die für alle Nutzer zur Verfügung stehende Menge oder Qualität zurück geht. 27 Rivalität ja nein Private Güter Mautgüter Beispiel: Brötchen Beispiel: Kabelfernsehen Allmendegüter Reine öffentliche Güter Beispiel: Hochseefischgründe Beispiel: Küstenschutz Tab. 2.1 28 Beispiele 2.2 Die effiziente Menge eines öffentlichen Gutes Ist bei folgenden, typischerweise vom Staat bereit gestellten Gütern, Auschluss vom Konsum möglich? Ist Rivalität im Konsum gegeben? Effiziente Produktion und effizienter Konsum eines privaten Gutes Gut Ausschließbarkeit • Nützt die letzte produzierte Einheit mehr als sie kostet? Rivalität Straßen • Wird die letzte konsumierte Einheit von anderen höher geschätzt als von demjenigen, der sie konsumiert? Innere Sicherheit • Bei einem von zwei Haushalten konsumierten privaten Gut erfüllt die effiziente Allokation die Bedingung Privatrechtsordnung Grenzzahlungsbereitschaft des Haushalts 1 Gesundheit = Grenzzahlungsbereitschaft des Haushalts 2 = Grenzkosten • grafische Lösung → Abb. 2.1 Theater Tab. 2.2 29 30 Effiziente Bereitstellung eines privaten Gutes Effiziente Produktionsmenge eines öffentlichen Gutes • Ein nicht-rivales Gut kann von allen Mitgliedern der Gesellschaft genutzt werden. Zahlungsbereitschaft ch Na • Die gesellschaftliche Wertschätzung ergibt sich deshalb aus der gesamten Zahlungsbereitschaft aller Nutzer. e frag Ge sa Na • Bei einem von zwei Haushalten genutzten öffentlichen Gut erfüllt die effiziente Produktionsmenge die Bedingung Na 1 ge ra a lt f ch ush Ha m te ch fra ge Grenzzahlungsbereitschaft Grenzzahlungsbereitschaft + des Haushalts 1 des Haushalts 2 Grenzkosten = Grenzkosten ha us Ha • grafische Lösung → Abb. 2.2 lt 2 Konsum Haushalt 1 Abb. 2.1 Konsum gesamter Haushalt 2 Konsum Menge 31 32 Effiziente Bereitstellung eines öffentlichen Gutes Analytische Lösung Güter Zahlungsbereitschaft Ge s • ein privates Gut (“Geld”), ein öffentliches Gut am te N ac hfra N ac ge hfra ge • G Na ch fra Hau Menge des öffentlichen Gutes • c Kosten pro Einheit des öffentlichen Gutes, gemessen in Einheiten des privaten Gutes ge Grenzkosten sha lt Hau sha Haushalte 2 • h = 1, 2 lt 1 • uh(xh, G) Nutzenfunktion des Haushalts h • yh Einkommen des Haushalts h = Anfangsausstattung des Haushalts h mit dem privaten Gut Abb. 2.2 gesamter Konsum = Konsum Haushalt 1 = Konsum Haushalt 2 Menge Konsum des privaten Gutes durch Haushalt h 33 eines öffentlichen Gutes Ansatz zur Bestimmung der Pareto-effizienten Menge G max u1(x1, G) u.d.B. u2(x2, G) = ū2 x1 ,x2 ,G • xh x1 + x2 + cG = y1 + y2 34 Notwendige Bedingungen für ein Maximum ∂L ∂x1 ∂L ∂x2 ∂L ∂G (Erreichbarkeitsbedingung) Lagrangefunktion L = u1(x1, G) + μ u2(x2, G) − ū2 + λ y1 + y2 − x1 − x2 − cG ∂u1 −λ=0 ∂x1 ∂u2 = μ −λ=0 ∂x2 ∂u1 ∂u2 = +μ − λc = 0 ∂G ∂G = (2.1) (2.2) (2.3) Aus (2.1) und (2.2) folgt λ = μ = 35 ∂u1 ∂u2 =μ ∂x1 ∂x2 ∂u1 ∂x1 ∂u2 ∂x2 (2.4) (2.5) 36 Ersetzen von λ und μ gemäß (2.4) und (2.5) in (2.3) liefert nach Division durch ∂u1/∂x1 die Samuelson-Bedingung Interpretation 2.3 Private Bereitstellung Beispiel aus Abschnitt 1.3.1 ∂u2 ∂u1 ∂G + ∂G = c ∂u1 ∂u2 ∂x1 ∂x2 (2.6) • Weil man nicht von der Nutzung ausgeschlossen werden kann, lohnt es sich für keinen der beiden Landwirte, selbst die Landstraße zu bauen. • Trittbrettfahrerverhalten • Das Angebot des öffentlichen Gutes “Landstraße” ist zu gering. M RS1 + M RS2 = M RT In einer Pareto-effizienten Allokation ist die Summe der Grenzraten der Substitution beider Haushalte für das öffentliche Gut so groß wie die Grenzrate der Transformation. 2.3.1 Allgemeiner Ansatz Private Beiträge zur Bereitstellung eines öffentlichen Gutes Bedingung für Pareto-Effizienz bei privaten Gütern • gh ≥ 0 M RS1 = M RS2 = M RT Menge des öffentlichen Gutes, die der Haushalt h bereit stellt. • G = g1 + g2 Gesamtmenge, die von beiden genutzt wird In einer Pareto-effizienten Allokation stimmen die Grenzraten der Substitution der beiden Haushalte überein und sind gleich der Grenzrate der Transformation. 37 38 Notwendige Bedingungen für ein Nutzenmaximum mit g1 > 0 Private Entscheidung und Gleichgewicht ∂L ∂x1 ∂L ∂g1 • Haushalt 1 bestimmt seinen Beitrag g1 unter der Annahme, dass Haushalt 2 einen Beitrag g2 bereit stellt und diesen nicht ändert. • Haushalt 2 verhält sich symmetrisch dazu. • Beide Entscheidungen müssen miteinander vereinbar sein. x1 ,g1 u.d.B. ∂u1 ∂G = c ∂u1 ∂x1 M RS1 = M RT u1(x1, g1 + g2) x1 + cg1 = y1 = ∂u1 −λ=0 ∂x1 ∂u1 − λc = 0 ∂G (2.7) (2.8) Aus (2.7) und (2.8) folgt Optimierung durch Haushalt 1 max = (Budgetbeschränkung) (2.9) Grenzzahlungsbereitschaft des Haushalts 1 = Grenzkosten Lagrangefunktion L = u1(x1, g1 + g2) + λ(y1 − x1 − cg1) 39 40 Reaktionsfunktionen Nash-Gleichgewicht → Abbildung 2.3 • Auflösen von (2.9) und der Budgetbeschränkung nach g1 liefert den für Haushalt 1 optimalen Beitrag. Ein Paar (g1∗, g2∗) von Beiträgen ist ein Nash-Gleichgewicht, wenn gilt g1∗ = ρ1(g2∗) • Je nach Höhe des Beitrags g2 des Haushalts 2 ergibt sich ein anderer optimaler Beitrag g1 für den Haushalt 1. und • Die Reaktionsfunktion ρ1(g2) gibt an, welcher Beitrag g1 = ρ1(g2) für den Haushalt 1 optimal ist, wenn Haushalt 2 den Beitrag g2 leistet. • ρ2(g1) g2∗ = ρ2(g1∗) . • Die Beiträge beider Haushalte sind optimal, gegeben der jeweils vom anderen Haushalt vorgesehene Beitrag. Reaktionsfunktion des Haushalts 2 • Typischerweise verlaufen die Reaktionsfunktionen fallend. • Die der eigenen Entscheidung zu Grunde liegende Annahme über den Beitrag des anderen wird bestätigt. • Keiner der Haushalte hat einen Anreiz, von sich aus vom Beitrag im NashGleichgewicht abzuweichen. 41 42 Private Bereitstellung eines öffentlichen Gutes • Vergleich der Optimalitätsbedingungen (2.9) und (2.6) • Bei privater Bereitstellung wird die Zahlungsbereitschaft des anderen Haushalts nicht berücksichtigt. n tio nk 1 fu ts ns al ti o s h ak au Re s H de Beitrag des Haushalts 2 Ineffizienz des Nash-Gleichgewichts • Die Indifferenzkurven schneiden sich. → Abbildung 2.3 • Eine Erhöhung der gesamten Menge des öffentlichen Gutes würde beide besser stellen. Nash-Gleichgewicht • Unterversorgung Pareto-Verbesserungen Rea des ktions Hau funk sha tion lts 2 g*2 g*1 Abb. 2.3 Beitrag des Haushalts 1 43 44 • Im Nash-Gleichgewicht gilt 2.3.2 Verdrängung privater Beiträge durch staatliche Bereitstellung g1∗ = ρ1(g2∗ + Γ) Symmetrisches Modell g2∗ = ρ2(g1∗ + Γ) • u 1 ≡ u2 identische Nutzenfunktionen • y1 = y2 identische Anfangsausstattungen Symmetrisches Gleichgewicht • ⇒ symmetrische Reaktionsfunktionen ρ1 ≡ ρ2 ≡ ρ • Im symmetrischen Gleichgewicht trägt jeder Haushalt die selbe Menge bei, g1∗ = g2∗ = g ∗. Staatliche Bereitstellung • Γ≥0 • Weil für die Reaktionsfunktionen ρ1 ≡ ρ2 ≡ ρ gilt, erfüllt der Beitrag g ∗: staatlich bereitgestellte Menge des öffentlichen Gutes • G = g1 + g2 + Γ g ∗ = ρ(g ∗ + Γ) . (2.10) insgesamt verfügbare Menge des öffentlichen Gutes • Die gesamte Menge des öffentlichen Gutes ist im Gleichgewicht G∗ = 2g ∗ + Γ . (2.11) 45 46 Verdrängung privater Beiträge durch staatliche Bereitstellung Aus (2.10) folgt d g ∗ = ρ · (d g ∗ + d Γ) ⇒ = ρ 1 − ρ g2 (2.12) U( d g∗ dΓ ) g2 Grafische Darstellung → Abb. 2.4 Aus (2.11) folgt mit (2.12) U( = dg* (g U = 1+ *) (g U d g∗ +1 dΓ 2ρ +1 1 − ρ 1 + ρ 1 − ρ = 2 ) +* g2 d G∗ dΓ 45° 1) Abb. 2.4 dg* 47 g1 48 Die Steigung der Reaktionsfunktion bestimmt, wie stark die Gesamtmenge des öffentlichen Gutes durch den staatlichen Beitrag steigt. ρ = 0 ⇒ 0 > ρ > −1 ⇒ ρ = −1 ⇒ 2.3.3 Experimentelle Evidenz Schram, A. (2002): Experimental Public Choice, Discussion Paper 02-106/1, Tinbergen Institute, Rotterdam, S. 4-6. d G∗ =1 dΓ d G∗ <1 0< dΓ d G∗ =0 dΓ Typisches Experiment • Gruppen von H Teilnehmern, meist H = 4 oder H = 5 • Jeder Teilnehmer erhält eine Ausstattung von Punkten. Ergebnis • Punkte können auf ein privates Konto eingezahlt werden. Der Ertrag von A Punkten pro eingezahltem Punkt gehört dem Teilnehmer alleine. • Staatliche Bereitstellung verdrängt (teilweise) die private Bereitstellung. • Alternativ dazu können Punkte auf ein öffentliches Konto eingezahlt werden. Dies bringt für jeden Teilnehmer einen Ertrag B pro eingezahltem Punkt. • Anwendungen • B < A < HB ⇒ Freifahrerverhalten ist die optimale Entscheidung; Einzahlung auf das öffentliche Konto ist effizient. Mäzene und staatliche Kulturförderung caritative Einrichtungen und staatliche Sozialpolitik Finanzierung von Hochschulen durch Alumni und Unternehmen 49 • Das Spiel wird mehrmals wiederholt. 50 2.4 Staatliche Bereitstellung: Lindahl-Gleichgewicht • Am Ende des Spiels wird für die Punkte echtes Geld bezahlt. Wie kann der Staat eine Pareto-effiziente Menge des öffentlichen Gutes herbeiführen? Regularitäten im Verhalten der Teilnehmer • Am Anfang werden 40-60% der Ausstattung in das öffentliche Gut investiert. • Nach einigen Wiederholungen sinken die Beiträge auf 0-30%, aber meist nicht bis auf 0%. Preisnehmerverhalten und individuelle Kostenanteile • Kostenaufteilung “wie im Markt” • Die Beiträge sind um so niedriger, je höher A/B ist. • Jeder bezahlt pro Einheit des öffentlichen Gutes einen Preis in Höhe seiner Grenzzahlungsbereitschaft. • Die Beiträge sind um so größer, je größer die Teilnehmerzahl H ist. Umsetzung • Viele Teilnehmer teilen ihre Punkte zwischen beiden Konten auf. • ch individueller Preis (Kostenanteil) des Haushalts h für eine Einheit des öffentlichen Gutes • Das Verhalten der Teilnehmer ist sehr heterogen. • Für Haushalt h ist der individuelle Preis ch gegeben. 51 52 Das Lindahl - Gleichgewicht • Budgetbeschränkung des Haushalts h: xh + chG = yh • G = Gh(ch) vom Haushalt h zum individuellen Gesamtmenge des öffentlichen Gutes (2.13) Preis ch gewünschte Zahlungsbereitschaft Ge s • Bei der aus Sicht des Haushalts h optimalen Menge Gh(ch) gilt M RSh = ch. Nac hfra (2.14) c Lindahl-Gleichgewicht → Abb. 2.5 Ein Lindahl-Gleichgewicht ist ein Paar von individuellen Preisen (c1, c2) und eine Menge des öffentlichen Gutes GL so dass c1 + c2 = c G1(c1) = G2(c2) = GL (2.15) c2 am te N ac ge hfra ge Na ch fra Hau ge sha lt Hau sha 2 lt 1 c1 (2.16) GL Menge Abb. 2.5 54 53 Lindahl-Gleichgewicht und Effizienz Lindahl-Gleichgewicht und Wettbewerbsgleichgewicht • Addieren der Budgetbeschränkungen (2.13) für beide Haushalte h = 1, 2 liefert mit (2.15) und (2.16) die Erreichbarkeitsbedingung • Analogie x1 + x2 + cGL = y1 + y2 . Preisnehmerverhalten Die Zahlungsbereitschaften sind so groß wie die Preise. • Unterschiede • Addieren der Optimalitätsbedingungen (2.14) für beide Haushalte h = 1, 2 liefert mit (2.15) und (2.16) die Samuelson-Bedingung (2.6) M RS1 + M RS2 = c . Lindahl: individuelle Preise, identische Menge Wettbewerb: identischer Preis, individuelle Mengen Wer legt die Kostenanteile fest? • Der Markt? Ergebnis Jeder Haushalt erhält einen anderen Preis. Deshalb besteht keine Konkurrenz zwischen den Haushalten. Das Lindahl-Gleichgewicht ist eine Pareto-effiziente Allokation. 55 56 • Der Staat? 2.5 Nutzen-Kosten-Analyse Die individuellen Nachfragefunktionen sind nicht bekannt. Die Haushalte haben Anreize, bei einer Befragung ihre Zahlungsbereitschaften zu niedrig anzugeben, da dann der individuelle Kostenanteil sinkt. Zielsetzung • Die Nutzen-Kosten-Analyse bestimmt die Vorteilhaftigkeit staatlicher Maßnahmen aus gesellschaftlicher Sicht. Ergebnis Wenn Zahlungsbereitschaften private Information der Haushalte sind, dann kann der Staat das Lindahl-Gleichgewicht nicht implementieren. • ein praktikabler Ansatz zur Bewertung öffentlicher Güter, insbesondere von staatlichen Investitionen • angesprochen im deutschen Haushaltsrecht (§ 6 Abs. 2 HGrG): Für alle finanzwirksamen Maßnahmen sind angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen durchzuführen. Nutzen-Kosten-Analyse und Investitionsrechnung • Kriterium für die Vorteilhaftigkeit ist der Kapitalwert, aber ... • ... basierend auf gesellschaftlichen, nicht privaten Erträgen und Kosten. 57 • r Marktzinssatz • i = 0, 1, 2, ..., I 58 Gesellschaftliche Erträge Perioden • In Periode 0 wird eine staatliche Investition durchgeführt, die bis Periode I nutzbar ist. gesellschaftlicher Kapitalwert Einige pragmatische Wege zur Messung der Zahlungsbereitschaften für das öffentliche Gut Eingesparte Kosten • Senkung der Produktionskosten bei privaten Unternehmen, z.B. technisches Wissen durch universitäre Forschung gesellschaftliche Erträge gesellschaftliche Kosten − I in Periode i in Periode i = i (1 + r) i=0 • geringere Kosten für Haushalte, z.B. geringerer Benzinverbrauch durch Straßenbau Kosten der Inanspruchnahme Gesellschaftliche Kosten • Alle Faktoreinsätze müssen mit dem Wert der besten alternativen Verwendung bewertet werden. → Opportunitätskosten • In der Regel spiegeln Marktpreise diese Kosten wider. • Der Nutzer muss selbst Kosten aufwenden, um das öffentliche Gut zu nutzen. • Beispiel: Preis der Busfahrkarte zum Naherholungsgebiet • Die Kosten sind eine Untergrenze für die Zahlungsbereitschaft des Nutzers. 59 60 Hedonische Grundstückspreise Beispiele • Grundstücke in der Nähe attraktiver öffentlicher Einrichtungen erzielen höhere Preise. • Stadtentwicklungsprojekte der Weltbank → Tab. 2.3 Sotomayor, M. (2003), Economic Analysis of Urban Upgrading Projects, World Bank en breve 30, Sept. 2003. • Beispiele: Parks, Autobahnanschluss • Der durch ein öffentliches Gut ausgelöste Anstieg der Grundstückspreise misst die Zahlungsbereitschaften aller Nutzer für das öffentliche Gut. • Wie viel wäre den Deutschen der Gewinn der Fußball-Weltmeisterschaft wert gewesen? Rätzel, S. und J. Weimann (2006): Der Maradona Effekt: Wie viel Wohlfahrt schafft die deutsche Nationalmannschaft?, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 7, 257-270. Hypothetische Befragung (contingent valuation) • Den Nutzern werden verschiedene Szenarien der Bereitstellung öffentlicher Güter vorgelegt. • Jeder wird gefragt, wie viel Geld ihnen der Übergang von einer Situation zur anderen wert ist. 61 62 Ansätze zur Analyse von Stadtentwicklungsprojekten Projekt und Bestandteile Methode zur Nutzenschätzung Kapitalwert (Tausend US $) Interne Verzinsung Caracas Slum Upgrading Project: Wasser, Abwasser, Erreichbarkeit, Gemeindezentren, Beleuchtung, Elektrizität Trinkwasser Befragung 19 645 a) - Abwasser Befragung 1 863 a) - Erreichbarkeit Reisezeit und Fahrzeugkosten 44 829 a) - Anzahl Befragte Mittelwert Median 95%-Konfidenzintervall Reisezeit und Fahrzeugkosten 122 300 25 % Stadtentwicklung Hedonische Grundstückspreise 13 624 60 % Hedonische Grundstückspreise 51 079 38 % Umsiedelung aus risikobehafteten Gegenden Hedonische Grundstückspreise 2 380 25 % Wasser Preise 8 238 37 % Tab. 2.3. a) Kalkulationszinssatz 10 %, sonst 12 %. Quelle: nach Sotomayor (2003). (Zahlungsbereitschaft für den WM-Titel) 58 C 34,97 C 10,00 C 19,47 – C 50,48 Hochrechnung auf die erwachsene deutsche Bevölkerung Recife Urban Upgrading Project: Wasser, Abwasser, Beleuchtung, Verkehr, Erholung Stadtentwicklung in Regionen mit niedrigem Einkommen willingness to pay Tab. 2.4 Bogotá Urban Services Project: Verkehrsinfrastruktur, Wasser, Abwasser Mobilität willingness to accept (Entschädigung für Verzicht auf den WM-Titel) 256 C 255,34 C 50,00 C 194,29 – C 316,38 63 Die deutsche Bevölkerung müsste mit C 17,1 Mrd. für den Verlust eines WM-Titels entschädigt werden. Die deutsche Bevölkerung würde C 2,3 Mrd. für den Gewinn des WM-Titels bezahlen. 64 3 Bildungspolitik Rivalität im Konsum Grenzkosten eines zusätzlichen Studenten • Ist die Universität ein öffentliches Gut? • fiskalische Kosten der Ausweitung des Lehrangebotes • Sind Studiengebühren effizient? • Nutzeneinbuße bei anderen Studenten überfüllte Hörsäle schlechtere Betreuung weniger Lehrbücher 3.1 Die Universität als Mautgut Ausschließbarkeit • geringere Forschung • Ausschluss nicht zahlender Studenten wird nicht praktiziert, ... Kostenfunktion • ... ist aber problemlos möglich. • G Qualität der Hochschule • H Studentenzahl • C(G, H) Kosten der Bereitstellung der Universität 65 • Ausmaß der Rivalität im Konsum nicht-rivales Gut: (teilweise) rivales Gut: vollständig rivales Gut: 66 • y−x • u(x, G) ∂C =0 ∂H ∂C >0 ∂H C(G, H) = H · C(G, 1) Studiengebühr Nutzenfunktion jedes Studenten Optimierungsaufgabe max x,G,H • ∂C/∂H marginale Überfüllungskosten bei gegebener Qualität • ∂C/∂G tenzahl Grenzkosten der Qualitätsverbesserung für unveränderte Studen- u.d.B. u(x, G) Hx + C(G, H) = Hy (3.1) Lagrangefunktion L = u(x, G) + λ Hy − Hx − C(G, H) Optimale Studentenzahl und optimale Studiengebühr Einkommen und Präferenzen • y Einkommen jedes Studenten • x privater Konsum jedes Studenten 67 68 Mit λ > 0 impliziert (3.4): y − x = ∂C/∂H. Die Erreichbarkeitsbedingung (3.1) lässt sich schreiben als y − x = C/H. Es folgt Notwendige Bedingungen für ein Maximum ∂L ∂x ∂L ∂G ∂L ∂H ∂u − λH = 0 ∂x ∂u ∂C = −λ =0 ∂G ∂G ∂C = λ y−x− =0 ∂H = (3.2) (3.3) (3.4) = = C H Ergebnisse • Die optimale Studiengebühr ist so groß wie die marginalen Überfüllungskosten, die ein Student verursacht. (3.2) und (3.3) liefern die Samuelson-Bedingung für die optimale Qualität: ∂u H · ∂G ∂u ∂x H · M RS ∂C ∂H Wenn die Universitäten überfüllt sind, dann sind Studiengebühren effizient. Wenn kostenloses Studium optimal ist, dann sind die Universitäten offenbar nicht überfüllt. ∂C ∂G • Die optimale Studentenzahl ist erreicht, wenn die Kosten pro Student minimiert werden. = M RT 69 70 Optimale Universitätsgröße Fall 1 → Abb. 3.1 • Die optimale Universitätsgröße ist klein relativ zur Gesamtzahl der Studenten. Kosten • Es werden viele Universitäten in optimaler Größe gegründet. • Die optimale Studiengebühr orientiert sich an den Durchschnittskosten. Fall 2 → Abb. 3.2 • gegebene Zahl von Universitäten, die die optimale Größe nicht erreichen. Fixkosten einer Universität • Die Grenzkosten sind niedriger als die Durchschnittskosten. Grenzkosten = Durchschnittskosten • Finanzierung der Fixkosten aus Steuermitteln. Überfüllungskosten • Universitäten sollten zusammengelegt werden. ^ H 71 Abb. 3.1 ^ 2H ^ 3H Studentenzahl 72 Unterausgelastete Universität 3.2 Empirische Untersuchungen zu den Kosten der Hochschulausbildung Kosten Kennzahlen zu Hochschulausgaben • im internationalen Vergleich → Abb. 3.3-3.4 • im Ländervergleich in Deutschland → Abb. 3.5-3.6 Schätzungen der Kosten der Hochschulausbildung Grenzkosten < Durchschnittskosten Lüdeke, R. und K. Beckmann (1998), Social Costs of Higher Education: Production and Financing, Discussion Paper Universität Passau. Kosten pro Student und Jahr (1994, DM) alle Gesamte Anzahl der Studenten 30.061 Studentenzahl Kunst Math. u. Naturwiss. 20.855 18.630 Agrar- und Forstwiss. 34.754 Ingenieurwiss. 22.828 Medizin 217.287 73 74 Ausgaben für tertiäre Bildung, 2004 Kosten bis zum Studienabschluss pro Absolvent (1994, DM) 287.066 Sozialwiss. 10.915 Tab. 3.1 Abb. 3.2 alle Geisteswiss. 14.374 Geisteswiss. 186.527 Sozialwiss. 102.944 Kunst 196.677 Math. u. Naturw. 316.587 Agrar- und Forstwiss. 252.690 Ingenieurwiss. 200.541 Medizin 3% gesamte OECD 1.730.596 Deutschland 2% Tab. 3.2 Diskussion • umfassender Kostenbegriff, z.B. einbezogen: 1% kalkulatorische Gebäudekosten implizite Pensionsverpflichtungen • Opportunitätskosten durch entgangene Arbeitslöhne staatlich • keine Unterscheidung von Grenz- und Durchschnittskosten USA KOR DEN FIN SWE AUS NZE POL FRA NOR NED JAP BEL SPA MEX ICE AUT HUN IRE GRE CZE GBR ITA SVK Student der Sozialwissenschaften pro Jahr: 52.057 DM Absolvent der Sozialwissenschaften bis zum Studienabschluss: 260.808 DM TUR POR 0% privat Abb. 3.3. Anteil der Ausgaben für tertiäre Bildung am BIP. Quelle: OECD. 75 76 Tertiäre Bildung im Staatshaushalt, 2004 Hochschulausgaben der Länder, 2004 5% 500 OECD - Durchschnitt € pro Einwohner 4% Deutschland 3% 2% 400 300 200 100 1% NOR DEN FIN MEX SWE SWI USA ICE GRE AUT GBR FRA KOR CZE POR JAP ITA 0% Abb. 3.4. Anteil der Ausgaben für tertiäre Bildung an den gesamten Staatsausgaben. Quelle: OECD. Br an de n R bur he g i Sc nl.hl Pf. . M -Ho ec ls Sa kl.-V t. ch o se rp. nAn h. N ie de r H s. es se B n ay e Sa rn ar Th lan ür d in ge S ac n N hse or dr n h B .-W ad en . H W. am bu rg B er B lin re m en 0 Abb. 3.5. Unmittelbare Ausgaben im Aufgabenbereich Hochschulen pro Einwohner. Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen. 77 Budgetanteil der Hochschulausgaben, 2004 78 De Groot, H., W.W. McMahon und J.F. Volkswein (1991), The Cost Structure of American Research Universities, Review of Economics and Statistics 73, 424-431. 12% Schätzansatz 10% 8% • 143 Hochschulen in den USA mit Promotionsrecht 6% • endogene Variable: Kosten der Hochschule 4% laufende Ausgaben des Jahres 1983 ohne Kosten für Immobilien und Kapital 2% • quadratische Mehrproduktkostenfunktion Br an de nb M ur ec g kl .-V Sa or ch p. se nAn h. R he in l.Pf Sc . hl .-H ol st . Sa ar la nd Th ür in ge n N ie de rs . H es se n Sa ch se n Ba ye rn N or dr h. -W Ba . de nW . 0% Abb. 3.6. Anteil der unmittelbaren Ausgaben im Aufgabenbereich Hochschulen an den gesamten unmittelbaren Ausgaben. Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen. Erklärende Variablen • Outputs Zahl der undergraduate-Studenten (Vollzeitäquivalente) Zahl der graduate-Studenten (Vollzeitäquivalente) 79 80 Forschung, gemessen durch die Anzahl der Publikation 1978-1980 Optimale Hochschulgröße • Existenz einer Medizinischen Fakultät • private oder staatliche Hochschule • Wenn die durchschnittliche Outputstruktur zu Grunde gelegt wird, ist die optimale Studentenzahl größer als 50.000. Einige Ergebnisse • Wenn die Outputstruktur der privaten Spitzenuniversitäten zu Grunde gelegt wird, ist die optimale Studentenzahl 17.000. • Ausgehend vom durchschnittlichen Outputvektor erhöhen sich die Kosten unterproportional bei einer gleichmäßigen Steigerung der drei Outputs. Grenzkosten pro Jahr, in US-$ von 1983 • Die Grenzkosten jedes Outputs sind steigend. • ein zusätzlicher undergraduate-Student: • Es gibt Verbundvorteile (economies of scope) zwischen der Lehre von undergraduates und graduates. • ein zusätzlicher graduate-Student: • Verbundvorteile zwischen der Lehre von graduates und der Forschung sind statistisch nicht signifikant. • Universitäten mit medizinischer Fakultät sind teurer. $ 2.500 $ 10.000 • zum Vergleich: durchschnittliche Studiengebühren (undergraduates und graduates): $ 3.700 • eine zusätzliche Publikation: $ 96.000 81 82 Kraus, Margit (2004), Schätzung von Kostenfunktionen für die bundesdeutsche Hochschulausbildung: Ein konzeptioneller Ansatz im empirischen Test, ZEW Discussion Paper 04-36 Exogene Variablen Schätzansatz • Studiendauer • wirtschaftswissenschaftliche Fachbereiche der staatlichen Universitäten; ohne Gesamthochschulen, Universitäten der Bundeswehr • Anzahl der Studenten • Focus-Professorenurteil über die Qualität des Fachbereichs • Drittmitteleinnahmen als Indikator der Forschungsleistung • endogene Variable Kostenstruktur im Ein-Output-Fall Ein-Output-Fall: Kosten der Lehre Zwei-Output-Fall: Kosten für Lehre und Forschung • jährliche Fixkosten: • berücksichtigte Kosten laufende Ausgaben der Jahre 1996-1999 ohne Gebäude- und Kapitalkosten Im Ein-Output-Fall werden 65,2% der Gesamtausgaben als lehrbezogene Ausgaben berücksichtigt. 4,5 Mio DM • optimale Fachbereichsgröße: 3.274 Studenten • zum Vergleich: mittlere Fachbereichsgröße: 2.198 Studenten • Kosten pro Student und Jahr bei optimaler Fachbereichsgröße: 3.100 DM • quadratische Kostenfunktion 83 84 4 Externe Effekte und Umweltpolitik Weitere Ergebnisse im Ein-Output-Fall • Eine längere Studiendauer senkt die Kosten pro Student. • Eine Verbesserung des Professorenurteils vom Mittelfeld in die Spitzengruppe erfordert zusätzliche lehrbezogene Ausgaben von ca. 1,4 Mio. DM (13,86%). Ergebnisse im Zwei-Output-Fall • Fixkosten: Beispiele • Ein Eigenheimbesitzer pflanzt Rosen in seinem Garten, an denen sich auch der Nachbar erfreut. 6,0 Mio DM • optimale Fachbereichsgröße bei gleichmäßiger Ausdehnung von Forschung und Lehre: 3.113 Studenten • Kosten pro Student und Jahr bei optimaler Fachbereichsgröße: 4.1 Das Allokationsproblem • Ein Nichtraucher fühlt sich von einem Raucher gestört. • Ein Kohlekraftwerk emittiert CO2 und trägt zur Klimaerwärmung bei. 3.518 DM • Eine Erhöhung der Studentenzahl alleine verursacht steigende Grenzkosten. Der Begriff des externen Effekts • Auf Grund der hohen Fixkosten treten Verbundvorteile auf. Ein externer Effekt liegt vor, wenn der Nutzen oder der Gewinn eines Wirtschaftssubjekts durch den Konsum oder die Produktion eines anderen Wirtschaftssubjektes beeinflusst werden, ohne dass dieser Einfluss über einen Markt abgewickelt wird. • Das Professorenurteil hat keinen statistisch signifikanten Einfluss auf die Kosten, wenn die Forschungstätigkeit berücksichtigt wird. 85 86 • Negative externe Effekte entstehen durch die Nutzung eines Allmendegutes. Positive und negative externe Effekte • positiver externer Effekt: Der Nutzen oder Gewinn eines Wirtschaftssubjektes wird durch die Aktion eines anderen erhöht. • negativer externer Effekt: Der Nutzen oder Gewinn eines Wirtschaftssubjektes wird durch die Aktion eines anderen reduziert. Atemluft in einem Raum mit Rauchern und Nichtrauchern Wasser eines Flusses Hochseefischgründe Konsequenzen externer Effekte • Derjenige, der einen externen Effekt auslöst, berücksichtigt den Einfluss nicht, den sein Verhalten auf den Gewinn bzw. Nutzen anderer hat. Externe Effekte und öffentliche Güter • Positive externe Effekte entstehen dadurch, dass jemand ein öffentliches Gut privat bereitstellt: Der Gartenbesitzer kann vom Nachbarn nicht verlangen, dass er einen Preis für den Anblick der Rosen zahlt. 87 • Aktivitäten, die positive externe Effekte auslösen, werden zu wenig durchgeführt. • Aktivitäten, die negative externe Effekte auslösen, werden zu sehr ausgeweitet. 88 Externe Effekte und Eigentumsrechte Pekuniäre “externe Effekte” • Externe Effekte entstehen, weil an an einem knappen Gut kein handelbares Eigentumsrecht definiert ist. • Preisveränderungen auf Grund veränderter Knappheit • Beispiele • Beispiele Der Gewinn der Daimler AG sinkt, wenn BMW ein erfolgreiches neues Modell auf den Markt bringt. Die Nachfrage nach Automobilen geht zurück, wenn der Ölpreis steigt. Die Löhne im Inland sinken auf Grund von Immigration. Recht auf rauchfreie Luft — Recht zu rauchen Recht auf sauberes Wasser — Recht zur Einleitung von Abwasser Recht auf stabiles Klima — Recht der Emission von CO2 • Diese Effekte werden über den Markt vermittelt. Das Coase-Theorem • Nur technologische externe Effekte sind Marktversagen. Wenn Eigentumsrechte eindeutig definiert sind und wenn keine Transaktionskosten vorliegen, dann führen privatwirtschaftliche Vereinbarungen zu einer effizienten Allokation. 89 90 Wettbewerbsgleichgewicht und effiziente Allokation Umweltexternalität Beispiel → Abb. 4.1 Preis q(x) • ein repräsentatives Unternehmen, z.B. Papierfabrik an einem Fluss • x Produktionsmenge eines Gutes, z.B. Papier • C(x) • q C´(x) + '´(x) Produktionskosten, mit C (x) > 0, C (x) ≥ 0 effizienter Preis Preis des Gutes • q(x) inverse Nachfragefunktion (Preis-Absatz-Funktion), mit q (x) < 0 • Δ(x) Umweltschaden, z.B. Kostensteigerung oder Ertragsschmälerung bei einem Fischzuchtbetrieb am Unterlauf des Flusses C´(x) Gleichgewichtspreis ^x Abb. 4.1 91 x* Menge 92 Gewinnmaximierung der Papierfabrik Die effiziente Menge x̂ des umweltschädigenden Gutes erfüllt q(x̂) = C (x̂) + Δ(x̂) qx − C(x) max x Preis = (private) Grenzkosten + Grenzschaden ⇒ q = C (x) Grenzzahlungsbereitschaft Im Wettbewerbsgleichgewicht gilt q = q(x), also erfüllt die gleichgewichtige Menge x∗: q(x∗) = C (x∗) . (4.1) = gesellschaftliche Grenzkosten Ergebnis • Das umweltschädigende Gut erscheint billiger, als es tatsächlich ist. Effizienzkriterium Konsumentenrente x q(ξ)dξ − q(x)x 0 (4.2) + + Produzentenrente q(x)x − C(x) − − • Es wird zu viel von dem Gut produziert. Umweltschaden Δ(x) • Vollständige Vermeidung der Umweltverschmutzung ist i.d.R. nicht effizient. 93 94 Pigou - Steuer 4.2 Umweltsteuern und -subventionen Preis Beispiel Papierfabrik – Fischzucht C´(x) + '´(x) q(x) • Es wird eine Mengensteuer in Höhe von t Geldeinheiten pro verkaufter Einheit des Gutes x erhoben. • tx C´(x) + t Steuerzahlung der Papierfabrik t Gewinnmaximierung der Papierfabrik max x Bruttopreis C´(x) qx − C(x) − tx ⇒ q = C (x) + t t Steuerzahlung • Wenn t = Δ(x̂) gesetzt wird, dann folgt mit q = q(x), dass im Gleichgewicht die Effizienzbedingung (4.2) erfüllt ist. → Abb. 4.2 Nettopreis • Pigou-Steuer ^x Abb. 4.2 95 x 96 • Wenn z = Δ(x̂) gesetzt wird, dann folgt mit q = q(x), dass im Gleichgewicht die Effizienzbedingung (4.2) erfüllt ist. → Abb. 4.3 Subventionen für Umweltschutzmaßnahmen Ein umweltschädigendes Unternehmen wird dafür suventioniert, dass es den externen Effekt absenkt. • Die Wahl der Referenzmenge xref ändert nicht die am Markt gehandelte Menge, beeinflusst aber die Höhe des Gewinns des Unternehmens. • Subvention in Höhe von z Geldeinheiten pro Mengeneinheit, um die die Produktion des umweltschädigenden Gutes x unter eine Referenzmenge xref abgesenkt wird. • z(xref − x) • In Abb. 4.3 ist als Referenzmenge die ursprüngliche Gleichgewichtsmenge gewählt worden, xref = x∗. Subventionszahlung an die Papierfabrik Vergleich Umweltsteuer – Umweltsubvention • Steuer und Subvention erreichen die effiziente Allokation. Gewinnmaximierung der Papierfabrik max x • Die dazu notwendigen optimalen Steuer- und Subventionssätze sind identisch und gleich dem Grenzschaden in der effizienten Allokation. qx − C(x) + z(xref − x) ⇒ q = C (x) + z • Aber: Steuern sind Staatseinnahmen, Subventionen sind Staatsausgaben. Subventionierung verhindert Marktaustritt und induziert Marktzutritt. 97 98 Pigou - Subvention Preis Ökologische Steuerreform in Deutschland Grundgedanke: Besteuerung des Energieverbrauchs ... C´(x) + '´(x) q(x) • ... schafft Anreize zu umweltfreundlichem Verhalten, • ... erbringt ein Steueraufkommen, das zur Senkung der Rentenversicherungsbeiträge verwendet werden kann. C´(x) + z Maßnahmen der ökologischen Steuerreform C´(x) z Subventionsbetrag z • Erhöhung des Satzes der Mineralölsteuer um 6 Pf (3,07 ct) pro Jahr zwischen 1999 und 2003. → Abb. 4.4 • Einführung einer Stromsteuer zum Satz DM 20 pro MWh im Jahre 1999; bis 2003 jährliche Erhöhungen des Satzes um DM 5 pro MWh; jetziger Regelsatz C 20,50 pro MWh (§ 3 StromStG). ^x Abb. 4.3 x* x 99 100 Mineralölsteuersätze • Ausnahmeregelungen für das produzierende Gewerbe Steuersatz C 8,20 pro MWh bis Jahresverbrauch 25 MWh (§ 9 Abs. 5 StromStG) danach ermäßigter Steuersatz C 12,30 pro MWh (§ 9 Abs. 3 StromStG) bei hohem Verbrauch Erstattung gemäß § 10 StromStG 0,70 0,60 0,50 Steuersatz für Benzin in €/Liter Jan 07 Jan 03 Jan 02 Jan 01 Apr 99 Jan 00 Jul 91 Jan 94 Jan 91 Apr 88 Jan 89 Apr 87 Jan 86 Apr 85 Jul 73 0,00 Apr 81 • Gerade energieintensive Branchen haben ein hohes Potential zur Verbesserung der Umweltqualität. Jan 67 0,10 Mrz 72 • eingeschränkte ökologische Lenkungswirkung Jan 64 0,20 Apr 60 • Wettbewerbsfähigkeit, Arbeitsplätze Mai 55 0,30 Jun 53 Diskussion der Ausnahmeregelung Jan 51 0,40 Steuersatz für Diesel in €/Liter Abb. 4.4. Quelle: BMF. • Die Ökologische Steuerreform ist i.w. eine weitere Mineralölsteuererhöhung. • Böhringer, Christoph und Robert Schwager (2003): Die Ökologische Steuerreform in Deutschland - ein umweltpolitisches Feigenblatt, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 4, 211-222 101 102 • Der Staat legt die Menge der Zertifikate fest, der Preis bildet sich endogen. 4.3 Umweltzertifikate • Die Geschädigten beteiligen sich i.d.R. nicht am Markt für Zertifikate. Handelbare Verschmutzungsrechte • Der Staat legt die gesamte zulässige Menge der Umweltverschmutzung fest. • Es werden Zertifikate im Gesamtumfang dieser Menge ausgegeben. • Der Staat muss die effiziente Umweltverschmutzung kennen und genau diese Menge an Zertifikaten ausgeben, damit die effiziente Allokation erreicht wird. Vorteile von Zertifikaten gegenüber Auflagen • Diese werden entweder versteigert oder an die Unternehmen verschenkt. • Zertifikate werden von denjenigen Unternehmen erworben, für die es am teuersten ist, die Umweltverschmutzung zu vermeiden. • Die Zertifikate dürfen frei gehandelt werden. • Es entsteht ein Markt für Umweltzertifikate. • Im Gleichgewicht ist der Preis für ein Zertifikat so groß wie die Grenzkosten der Vermeidung der Umweltverschmutzung. • Die Grenzkosten der Vermeidung von Umweltverschmutzung werden zwischen den Unternehmen angeglichen. • Ein gegebenes Niveau an Umweltschutz wird mit minimalen Kosten erreicht. • Es bestehen Anreize, nach kostengünstigeren Vermeidungstechnologien zu suchen. Zertifikate und Eigentumsrechte • Bei einem vollständigen Eigentumsrecht bilden sich Preis und Menge der Umweltverschmutzung endogen. 103 104 Emissionsziele des Kyoto-Protokolls Das Kyoto-Protokoll • internationale Vereinbarung zur Reduktion der Treibhausgase, vor allem Kohlendioxid (CO2) Land Ziel Land Australien 108% Japan Ziel Land Ziel 94% Portugal 92% • am 11.12.1997 abgeschlossen Belgien 92% Kanada 94% Rumänien Bulgarien 92% Kroatien 95% Russische Föderation • noch nicht von allen Vertragsparteien ratifiziert, insbesondere nicht von den USA Dänemark 92% Lettland 92% Schweden 92% Deutschland 92% Liechtenstein 92% Schweiz 92% 92% Slowakei 92% Estland 108% Litauen 92% 100% Inhalt Europäische Gemeinschaft 92% Luxemburg 92% Slowenien 92% • Jeder Staat erhält eine Emissionsmenge zugeteilt, die er in den Jahren 2008-2012 nicht überschreiten darf. Finnland 92% Monaco 92% Spanien 92% Frankreich 92% Neuseeland • Die Emissionsmengen sind definiert als vom-Hundert-Sätze der Emissionen eines Basisjahres, meist 1990. → Tab. 4.1 Griechenland 92% Niederlande Irland 92% Norwegen • Emissionsrechte sind vollständig handelbar. Island 110% Österreich Italien 105 92% Polen 100% Tschechische Republik 92% 92% Ukraine 92% 101% Ungarn 94% 92% Vereinigtes Königreich 92% 94% Vereinigte Staaten 92% Tab. 4.1. Zulässige Emissionen in v.H. des Basisjahres. Quelle: Kyoto-Protokoll. 106 Effektive Emissionsziele des Kyoto-Protokolls Diskussionspunkte Tab. 4.2. Quelle: Böhringer (2003). Emissionen ohne Kyoto-Protokoll (MtC) • volle Handelbarkeit Region Ist 1990 • hohe Emissionsrechte für Osteuropa und die ehemaligen Sowjetunion Australien und NZ • fehlende Teilnahme der USA • Kohlendioxid-Senken (Wälder), die nach 1990 entstanden sind, werden auf die geforderte Senkung der Emissionen angerechnet. Projektion 2010 angestrebte Veränderung der Emissionen MtC gegenüber 2010 % ge% gegenüber genüber 2010 1990 88 130 - 33 + 10,2% - 25,4% Kanada 127 156 - 28 + 7,9% -17,0% Europa (OECD-Mitgl.) 929 1041 - 160 - 5,2% - 15,4% Projektion der Emissionen → Tab. 4.2 Japan 269 331 - 64 - 0,8% - 19,4% • Böhringer, C. (2003): The Kyoto protocol: A review and perspectives, Oxford Review of Economic Policy 19, 451-466. Mittel- und Osteuropa 301 227 + 62 - 3,9% + 27,5% Ehemalige UdSSR 1036 713 + 389 + 6,4% + 54,6% Insgesamt, ohne Teilnahme der USA 2750 2607 + 166 (- 0,5%) + 3,8% USA 1347 1809 - 505 - 3,2% - 27,9% Insgesamt, mit Teilnahme der USA 4097 4416 - 339 - 0,5% - 7,7% • Projektion der Emissionen bis 2010 ohne Maßnahmen (“business as usual ”) • Ohne Teilnahme der USA führen die Emissionsziele nicht zu einer Senkung der Emissionen. 107 108 Preisentwicklung für EU Emissionsrechte Emissionshandel in der Europäischen Union • Richtlinie 2003/87/EG zur Umsetzung der Ziele des Kyoto-Protokolls in der Europäischen Union • Unternehmen in bestimmten Sektoren benötigen Zertifikate, damit sie Treibhausgase emittieren dürfen: Energieumwandlung und -umformung Eisenmetallerzeugung und -verarbeitung Mineralverarbeitende Industrie Herstellung von Zellstoff, Papier, Pappe • Beginn des Emissionshandels am 1. Jan. 2005 • Die Zuteilung der Emissionsrechte erfolgte zu mindestens 95% (ab 2008 90%) kostenlos. • Preisentwicklung Oktober 2006 - September 2007 → Abb. 4.5 Abb. 4.5. Spotmarktpreis für 1 EUA = Emissionsrecht für 1t CO2. Quelle: EEX. 110 109 4.4 Meritorische Güter Individualistische Fundierung des Begriffs der (de)meritorischen Güter Private Güter, von denen die Haushalte nach Ansicht des Staates zu wenig konsumieren, z.B. • Individuum 2 freut sich über den (bzw. stört sich am) Konsum eines Gutes durch Individuum 1, auch wenn Individuum 2 nicht physisch davon betroffen ist. • Kultur • Der Nichtraucher leidet nicht am Rauch, den er selbst einatmet, sondern daran, dass der Raucher seine eigene Gesundheit schädigt. • Bildung • Derartige “moralische Externalitäten” können sich auf jede Verhaltensweise oder Eigenschaft des anderen beziehen, z.B. • Gesundheitsleistungen Demeritorische Güter, z.B. • Alkohol • Rauschgifte Musikgeschmack Einkaufen am Sonntag Umweltschäden, die sich weit entfernt vom Wohnort ereignen religiöse Praktiken oder Überzeugungen Aussehen ... Die Theorie der externen Effekte kann für sehr weitreichende Eingriffe in die Entscheidungsfreiheit des einzelnen verwendet werden. 111 112 5 Steuern Abgaben • Steuer: Abgabe, die jeder leisten muss , der einen bestimmten Tatbestand erfüllt, ohne dass er dafür eine spezielle (individuelle) Gegenleistung erhält. 5.1 Grundlagen • Beitrag: Abgabe, die von jedem erhoben wird, der eine Leistung des Staates in Anspruch nehmen kann; die tatsächliche Inanspruchnahme ist nicht relevant. 5.1.1 Was sind Steuern? Legaldefinition von Steuern aus § 3 Abs. 1 AO: • Gebühr: Abgabe, die als Entgelt für die Inanspruchnahme einer speziellen Gegenleistung des Staates gezahlt werden muss. Steuern sind Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft; die Erzielung von Einnahmen kann Nebenzweck sein. Beispiele • Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge zur Gesetzlichen Rentenversicherung • Rundfunkgebühren? • Studienbeiträge 113 114 Steuereinnahmen in Deutschland: Gesamtübersicht Wesentliche Merkmale der Steuer • Zwangsabgabe • ohne individuelle, spezifische Gegenleistung Besteuerungsziele Steuern insgesamt (Mio €) • Fiskalziel vH gegenüber Vorjahr • Umverteilungsziel BIP, nominal (Mrd €) • Lenkungsziel vH gegenüber Vorjahr Statistischer Überblick → Tab. 5.1, Abb. 5.1 - 5.4 Steuerquote 115 2005 2006 2007 2005 452.079 488.444 534.309 447.921 2008 2006 555.321 457.437 2,1 8,0 9,4 1,1 3,9 2,1 2.241,0 2.307,2 2.400,3 2.243,5 2.489,2 2.284,4 1,5 3,0 4,0 1,3 3,7 1,8 20,17 21,17 22,26 19,97 22,31 20,02 Tab. 5.1. Quelle: BMF, Steuerschätzung Mai 2007. 116 Steuereinnahmen (2006) Verteilung der Steuereinnahmen (2006) 9% EU 5% Gemeinden 14% Einkommenst. 2% 8% Körperschaftst. 33% Solidaritätsz. 3% Bund 41% Gewerbest. Umsatzsteuer Tabaksteuer Energiest. Grundsteuer 5% 30% Länder 40% sonstige 2% 8% Abb. 5.1. Quelle: BMF, Steuerschätzung Mai 2007. Abb. 5.2. Quelle: BMF, Steuerschätzung Mai 2007. 117 118 Steuer- und Abgabenquoten 2003 Abgabenquoten seit 1965 60 55 50 50 40 45 % 30 % 40 35 20 30 10 25 0 20 nd hla c uts De UK Abgabenquote A US n pa Ja Steuerquote o xik Me 19 65 19 68 19 71 19 74 19 77 19 80 19 83 19 86 19 89 19 92 19 95 19 98 20 01 ch en rei ed k w n h a Sc Fr Abb. 5.3. Quelle: OECD. 119 Schweden Frankreich Abb. 5.4. Quelle: OECD. Deutschland Irland USA 120 5.1.2 Besteuerungsprinzipien Leistungsfähigkeitsprinzip Äquivalenzprinzip Die Lasten der Besteuerung sollen “gerecht” verteilt werden. Die Steuerzahlung soll so groß sein wie die vom Staat empfangene Gegenleistung. Maßstäbe der Leistungsfähigkeit • Einkommen • kostenmäßige Äquivalenz → marginale Überfüllungskosten, Kap. 3.1 • Vermögen • nutzenmäßige Äquivalenz → Lindahl-Gleichgewicht, Kap. 2.4 • Konsum Dimensionen des Leistungsfähigkeitsprinzips Diskussion des Äquivalenzprinzips • horizontale Gerechtigkeit (gleichmäßige Besteuerung): Zwei Steuerpflichtige mit der gleichen Leistungsfähigkeit müssen gleich besteuert werden. • Rechtfertigung von Besteuerung überhaupt • Einstimmigkeit ist prinzipiell erreichbar. • vertikale Gerechtigkeit: Wer leistungsfähiger ist, soll stärker besteuert werden. • Keine Umverteilung • Im Einkommen steigende Steuern sind dennoch möglich. 121 Gleichmäßige Besteuerung 122 Opfertheorien • gleiches absolutes Opfer: • Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG Abs. 1 GG): • gleiches relatives Opfer: Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. • gleiches marginales Opfer: • Urteile zur Vermögensteuer BVerfG, 2 BvL 37/91 vom 22.6.1995 (BStBl. II 1995, S. 655 ff.) zur Besteuerung von Renten und Pensionen BVerfG, 2 BvL 17/99 vom 6.3.2002 Einkommen • T Steuer • u(y) Nutzenfunktion, [u(y) − u(y − T )]/u(y) = const. u(y − T ) = const. 5.1.3 Steuertarife Definition Vertikale Gerechtigkeit • y u(y) − u(y − T ) = const. T : y → T = T (y) • y Bemessungsgrundlage • T Steuerschuld u(y) > 0, u(y) ≤ 0 123 124 • Durchschnittssteuersatz Beispiele für progressive Steuertarife T (y) y • Grenzsteuersatz T (y) = • Tarif mit Freibetrag yf (→ Abb. 5.5) 0 falls y ≤ yf T (y) = a(y − yf ) falls y > yf d T (y) dy • Tarif der Einkommensteuer in Deutschland (→ Abb. 5.6) Progression Ein Steuertarif heißt progressiv (proportional, regressiv), wenn der Durchschnittssteuersatz mit zunehmender Bemessungsgrundlage steigt (konstant bleibt, sinkt). Proportionaler Tarif Progressionswirkungen • Kalte Progression • Degressionswirkung T (y) = ay mit a > 0 125 126 Freibetrag Der Einkommensteuer-Tarif Einkommensteuer Tarif 2008 % T 45 0 45,0 42,0 T(y) T(y2) Grenzsteuersatz Durchschnittssteuersatz 26,82 23,97 a T(y1) 15,0 yf y1 y2 7,76 y 7664 12739 Abb. 5.6 Abb. 5.5 127 52151 zu versteuerndes 250001 Ei k Einkommen (€) 128 5.2 Steuerinzidenz Spezielle Verbrauchsteuer Steuertarif Verteilungswirkung von Steuern: Inzidenz • Bemessungsgrundlage: gehandelte Menge • Zahllast und Traglast • proportionaler Tarif zum Satz t [C pro Mengeneinheit] • Überwälzung • Brutto- und Nettopreis • formale und materielle Inzidenz q Analyse der Steuerinzidenz = p+t Bruttopreis = Nettopreis + Steuerbetrag Konsumentenpreis = Produzentenpreis + Steuerbetrag • Budgetinzidenz • differentielle Inzidenz Gleichgewicht → Abb. 5.7 • spezifische Inzidenz • S(p) Angebotsfunktion • D(q) Nachfragefunktion 129 Überwälzung einer speziellen Verbrauchsteuer Preis p, q Nachfrage bei t = 0 130 Überwälzung einer speziellen Verbrauchsteuer Preis p, q Nachfrage bei t = 0 Angebot bei t > 0 Nachfrage bei t > 0 q*(t ) q*(0) = p*(0) p*(t ) Angebot bei t = 0 q*(t ) q*(0) = p*(0) p*(t ) t x*(t ) x*(0) t x*(t ) x*(0) Menge x Abb. 5.7 Menge x Abb. 5.8 131 132 Vollständige Überwälzung auf die Nachfrager • Gleichgewichtspreise Preis p, q Preis p, q S (t > D S (t > 0) q*(t ) • Bei unendlich elastischem Angebot oder vollkommen unelastischer Nachfrage liegt die Steuerinzidenz vollständig bei den Nachfragern. → Abb. 5.9 t q*(0) q*(t ) = Spezialfälle 0) D • Das Gleichgewicht hängt nicht davon ab, welche Marktseite die Steuer zahlt. → Abb. 5.8 q*(0) S (t = 0) • Bei unendlich elastischer Nachfrage oder vollkommen unelastischem Angebot liegt die Steuerinzidenz vollständig bei den Anbietern. → Abb. 5.10 0) S(p∗(t)) = D(q ∗(t)) (t so daß S p∗(t) und q ∗(t) = p∗(t) + t t x*(t ) x*(0) Menge x Abb. 5.7a x*(0) Menge x = x*(t ) Abb. 5.7b 134 133 Vollständige Überwälzung auf die Anbieter 0) S Anwendungen S (t 0) (t= t > Je elastischer eine Markseite auf Preisänderungen reagiert, desto weniger Steuerlast trägt sie. D Preis p, q Preis p, q Schlussfolgerung = (t • international gehandelte Güter S p*(0) 0) p*(0) (t > 0) D t • lang- und kurzfristige Betrachtung D • Subventionen p*(t ) p*(t ) x*(t ) Abb. 5.8a x*(0) = x*(t ) x*(0) Menge x Menge x Abb. 5.8b 135 136 Die Zusatzlast der Besteuerung 5.3 Besteuerung und Effizienz Preis Gesamtwirtschaftliche Kosten der Besteuerung Zusatzlast • Welche Steuern bevorzugen die Steuerpflichtigen? • Erhebungs- und Entrichtungskosten q*(t ) • Zusatzlast = Nutzenentgang der Besteuerten – Steuereinnahme • Beispiel: Erdrosselungsteuer p*(t ) Angebot T t Lineares Modell → Abb. 5.11 Nachfrage D(q) = a1 − a2q = a1 − a2(p + t) • Nachfragefunktion • Angebotsfunktion S(p) = a3p x*(t ) x*(0) • a1, a2, a3 > 0 Menge Abb. 5.11 138 137 • Gleichgewicht ⇒ Schlussfolgerung D(q) = S(p) = x a1 − a2t p (t) = a2 + a3 ∗ ; • Das Steueraufkommen wächst weniger als linear im Steuersatz. a1 − a2t x (t) = a3 · a2 + a3 ∗ • Die Zusatzlast wächst quadratisch im Steuersatz. • Niedrige Besteuerung vieler Güter erscheint besser als hohe Steuersätze auf wenige Güter. Steuer und Zusatzlast • Steueraufkommen tx∗(t) = a3 · • Zusatzlast t· a1t − a2t2 a2 + a3 a2a3t2 x∗(0) − x∗(t) = 2 2(a2 + a3) 139 140 Teil II: Entscheidungsverfahren und Organisation des Staates 6 Abstimmungsverfahren 6.1 Mögliche Abstimmungsverfahren und ihre Grenzen Wie kommen staatliche Entscheidungen zustande? Problemstellung • Analyse von Abstimmungsverfahren → Kapitel 6 • Eine Gesellschaft muss aus N Alternativen eine politische Entscheidung treffen, die für alle gilt. • Auswirkungen des Eigennutzes staatlicher Akteure Haushalte, Bürger, Wähler → Kapitel 6 Parteien, Politiker → 7.1 Interessengruppen, Lobbies → 7.2 Bürokratie, Öffentlicher Dienst → 7.3 • Dabei sollen die individuellen Präferenzen berücksichtigt werden. 141 6.1.1 Beispiele für Abstimmungsverfahren • Pluralitätswahl: Die Alternative, die für die meisten Wähler die erste Präferenz darstellt, gewinnt. • Binominalregel: Jeder Wähler gibt seiner ersten und zweiten Präferenz eine Stimme. Die Alternative, die die meisten Stimmen erhält, gewinnt. • Mehrheitswahl: Eine Alterantive, die für mehr als die Hälfte der Wähler die erste Präferenz darstellt, gewinnt. • Stichwahl: Die beiden erstplatzierten Alternativen der Pluralitätswahl werden gegeneinander zur Wahl gestellt. Sieger ist die Alternative, die bei dieser Wahl die meisten Stimmen erhält. 143 142 • Borda-Regel: Jeder Wähler gibt seiner meistpräferierten Alternative N Punkte, der zweiten Präferenz N − 1 Punkte, der dritten N − 2 u.s.w. bis zur letzten Präferenz, die einen Punkt erhält. Die Alternative mit den meisten Punkten gewinnt. Beispiel (Corneo 2007, S. 253) Wählertyp Anzahl erste Präferenz zweite Präferenz dritte Präferenz vierte Präferenz Typ 1 4 A B D C Typ 2 4 B A D C Typ 3 9 C D A B Typ 4 2 B D A C Tab. 6.1 144 Stimmen und Abstimmungsergebnisse Alternative Verfahren A Berlin oder Bonn? B C D Sieger Pluralitätswahl Leininger, Wolfgang (1993), The Fatal Vote: Berlin versus Bonn, Finanzarchiv N.F. 50, 1-20. • Eine Fallstudie zu Abstimmungsregeln Binominalregel • Abstimmung im Bundestag über die zukünftige Hauptstadt Deutschlands am 20. Juni 1991 Mehrheitswahl • kein Fraktionszwang Stichwahl 1. Wahlgang Alternativen 2. Wahlgang • A “Konsensantrag Berlin/Bonn”: Bundestag in Berlin, Bundesregierung in Bonn Borda-Regel • B “Vollendung der Einheit Deutschlands”: Bundestag und Bundesregierung in Berlin Tab. 6.2 145 146 • C “Bundesstaatslösung”: Bundestag und Bundesregierung in Bonn • Anwendung verschiedener Abstimmungsverfahren auf die ermittelten Präferenzen Wahlgänge Ergebnisse 1. Alternative A • erste Präferenzen: 2. “Sitz des Deutschen Bundestages und der Bundesregierung dürfen örtlich nicht voneinander getrennt werden.” • Die Mehrheitswahl zwischen allen drei Alternativen hätte keinen Sieger hervorgebracht. 3. B gegen C • Die Pluralitätswahl wäre von Alternative C, d.h. Bonn, gewonnen worden. A: 147 B: 221 C: 290 • Stichwahl hätte zur Alternative B, d.h. Berlin, geführt. Vorgehen von Leininger (1993) • Rekonstruktion der Präferenzprofile aller 659 Abgeordneten Für jeden Abgeordneten liegen Informationen über das Abstimmungsverhalten in den drei Wahlgängen vor. Es werden plausible Hypothesen über die zu Grunde liegenden Präferenzen formuliert. 147 • Bei Anwendung der Borda-Regel hätte der Sieger C oder B sein können, je nachdem, wie man das Verhalten derjenigen interpretiert, die in den beiden ersten Wahlgängen mit “nein” gestimmt haben. • In einer Binominalwahl zwischen allen drei Alternativen hätte auch A, d.h. räumliche Trennung von Parlament und Regierung, gewinnen können. 148 6.1.2 Aggregation von Präferenzen Definition: Eigenschaften gesellschaftlicher Präferenzrelationen Individuelle und gesellschaftliche Präferenzen • Es gibt H ≥ 2 Bürger (Individuen). • Jeder Bürger hat eine strikte Präferenzrelation bezüglich einer endlichen Anzahl von Alternativen. • Es sind für jeden Bürger eine Vielzahl von möglichen Präferenzrelationen denkbar. • Eine Liste, bestehend aus je einer möglichen Präferenzrelationen für jeden Bürger, ist ein Präferenzprofil. • Jedem Präferenzprofil wird gemäß einer Aggregationsregel eine gesellschaftliche Präferenzrelation zugeordnet. • “Die gesellschaftliche Präferenzrelation ist diktatorisch”: Die gesellschaftliche Präferenzrelation stimmt immer mit der individuellen Präferenzrelation eines Individuums überein. • “Die gesellschaftliche Präferenzrelation hat unbeschränkten Definitionsbereich”: Die Aggregationsregel definiert für alle möglichen Präferenzprofile eine soziale Präferenzrelation, mit der sich alle Alternativen ordnen lassen. • “Die gesellschaftliche Präferenzrelation beachtet das Pareto-Prinzip”: Wenn alle Bürger dieselbe Präferenz bezüglich zweier Alternativen haben, dann ordnet auch die gesellschaftliche Präferenzrelation diese zwei Alternativen genau so wie die Individuen. • Die gesellschaftliche Präferenzrelation gibt an, wie die Gesellschaft die politischen Alternativen bewertet. 149 150 • “Die gesellschaftliche Präferenzrelation ist unabhängig von irrelevanten Alternativen”: Die gesellschaftliche Präferenz zwischen zwei Alternativen hängt nur von den individuellen Präferenzen bezüglich diesen beiden Alternativen ab. • Binominalregel: Wenn bei Typ 3 die Präferenzreihenfolge in D, A, C, B geändert wird, dann gewinnt Alternative A anstelle von Alternative D, obwohl sich die individuellen Präferenzen bezüglich A und D bei keinem Typ verändert haben. Satz (Unmöglichkeitstheorem von Arrow): • Borda-Regel: Wenn bei Typ 1 die Präferenz bezüglich der Alternativen B und D getauscht wird, dann gewinnt Alternative D anstelle von A, obwohl sich die individuellen Präferenzen bezüglich A und D bei keinem Typ verändert haben. Es gebe mindestens drei Alternativen und die Zahl der Bürger sei H ≥ 2. Dann ist jede gesellschaftlich Präferenzrelation mit unbeschränktem Definitionsbereich, die das Pareto-Prinzip beachtet und von irrelevanten Alternativen unabhängig ist, diktatorisch. ⇒ Keine dieser Aggregationsregeln ist unabhängig von irrelevanten Alternativen. Unabhängigkeit von irrelevanten Alternativen im Beispiel (→ Tab. 6.1) • Pluralitätswahl: Wenn bei Typ 1 die Präferenz bezüglich der Alternativen A und B getauscht wird, dann gewinnt Alternative B anstelle von C, obwohl sich die individuellen Präferenzen bezüglich B und C bei keinem Typ verändert haben. 151 152 • Budgetausgleich (institutionelle Kongruenz): Die Gesamtheit der Wähler finanziert die von ihnen beschlossenen Ausgaben. 6.2 Mehrheitswahl Grundmodell • Paarweise Abstimmung: Es werden jeweils zwei Alternativen zur Abstimmung gestellt. Definition (Condorcet-Sieger): Eine Politik, die jede andere mögliche Politik in einer paarweisen Abstimmung besiegt, ist Condorcet-Sieger. • Mehrheitsentscheidung: Die Alternative, die die Mehrheit der Stimmen erhält, gewinnt die Abstimmung. 6.2.1 Zyklische Mehrheiten • Offene Agenda: Eine Politik-Alternative, die eine paarweise Abstimung gegen eine andere Alternative gewonnen hat, tritt gegen eine neue Alternative an. Alle möglichen Alternativen sind zur Abstimmung zugelassen. Beispiel • Ehrliches Abstimmungsverhalten: Unabhängig davon, welches Abstimmungsverhalten er von den anderen Wählern erwartet, stimmt jeder Wähler für die Politik, die ihm den größten Nutzen stiftet. • (x1, x2, x3) • h = 1, 2, 3 Wähler (Haushalte) • Es gibt eine Gesamtausstattung von 120 Einheiten eines privaten Gutes. • xh Politik = Verteilung des privaten Konsums Konsum des Wählers h. 153 • Budgetausgleich: Ergebnis: Das Condorcet-Paradoxon x1 + x2 + x3 = 120 • Die Abstimmungen verlaufen zyklisch. • Es werden nur drei Alternativen betrachtet: x1 x2 x3 Alternative A 30 30 60 Alternative B 40 40 40 154 • Es gibt keinen Condorcet-Sieger. Alternative C 50 20 50 • Bei offener Agenda wird jede Mehrheitsentscheidung durch eine andere Mehrheitsentscheidung ersetzt. Tab. 6.3 Wann existieren dennoch Gleichgewichte bei Mehrheitsentscheidungen? Abstimmungen • spezielle Abstimmungsverfahren → 6.2.2 1. Alternative A gegen Alternative B: Alternative B gewinnt mit den Stimmen der Wähler 1 und 2 gegen 3. • spezielle Politik-Entscheidungen und spezielle Präferenzen → 6.2.3 2. Alternative B gegen Alternative C: Alternative C gewinnt mit den Stimmen der Wähler 1 und 3 gegen 2. Anmerkung Gemäß Leininger (1993) wäre Alternative B, d.h. Berlin, unter plausiblen Hypothesen der Condorcet-Sieger für die ermittelten Präfenzen der Abgeordneten. 3. Alternative C gegen Alternative A: Alternative A gewinnt mit den Stimmen der Wähler 2 und 3 gegen 1. 155 156 6.2.2 Geschlossene Agenda Gleichgewicht Beispiel • Wähler 1 benötigt nur einen weiteren Wähler, der seinem Vorschlag zustimmt, damit dieser gewählt wird. Abstimmungsregeln • Mit diesem Wähler bildet Wähler 1 eine minimale Siegerkoalition. • Deshalb enthält der optimale Vorschlag x2 = 0 oder x3 = 0. • drei Wähler 1,2,3 • Die Wähler h = 2, 3 stimmen dem Vorschlag zu, wenn xh ≥ yh gilt. • Insgesamt sind 120 Einheiten eines privaten Gutes zu verteilen. • (y1, y2, y3) 120. Status-Quo-Verteilung des privaten Konsums, y1 + y2 + y3 = • Der Agenda-Setter (Wähler 1) macht einen Vorschlag x so dass x1 +x2 +x3 = 120. • Wenn dieser Vorschlag eine Mehrheit erhält, wird er umgesetzt, ansonsten bleibt es beim Status Quo. • Der Wähler h = 1 in der Siegerkoalition erhält nur so viel, dass er dem Vorschlag zustimmt. • Auszahlung des Wählers 1 Falls Wähler 2 in der Siegerkoalition ist: Falls Wähler 3 in der Siegerkoalition ist: 120 − y2, 120 − y3. 157 • Der optimale Vorschlag ist 6.2.3 Das Medianwählertheorem (x1, x2, x3) = 158 (120 − y2, y2, 0) (120 − y3, 0, y3) falls y2 ≤ y3 falls y2 > y3 Einschränkung der zur Abstimmung stehenden Politik-Alternativen • eindimensionale Politik-Entscheidung Q ∈ Q, Q Ergebnisse • Beispiel: Höhe des Bildungsetats; nicht: Struktur des Gesamthaushalts • Der Agenda-Setter erhält x1 = 120 − min{y2; y3} • Ein Wähler, der nicht die Agenda bestimmt, wird um so eher in der Siegerkoalition sein, je schlechter der Status Quo für ihn ist. Präferenzen • Eine schwache Verhandlungsposition kann günstig sein. • vh(Q) (indirekter) Nutzen des Wählers h • Qh die vom Wähler h am meisten geschätzte Politik • vh(Qh) ≥ vh(Q) für alle Q ∈ Q, Q 159 160 Eingipflige Präferenzen Definition: Eingipflige Präferenzen → Abb. 6.1 Wähler h hat eingipflige Präferenzen, wenn ausgehend von Qh der Nutzen in beide Richtungen monoton fällt: vh(Q) < vh(Q) falls Q < Q < Qh vh(Q) > vh(Q) falls Qh < Q < Q vh vh Wenn vh(Q) differenzierbar ist, bedeutet dies: ∂vh(Q) >0 ∂Q ∂vh(Q) <0 ∂Q für alle für alle Q ≤ Q < Qh Qh < Q ≤ Q Q _ Q Qh _ Q = Qh Q Q Q Abb. 6.1a: Beispiele für eingipflige Präferenzen. 162 161 Nicht-eingipflige Präferenzen vh Medianwähler • Die Wähler seien aufsteigend nach den meistpräferierten Entscheidungen geordnet: Q1 ≤ Q2 ≤ ... ≤ Qh ≤ Qh+1 ≤ ... ≤ QH vh • Der Medianwähler m ist der Wähler in der Mitte dieser Liste. Wenn H ungerade ist, dann gilt m= Q _ Q = Qh Q Q Qh _ Q Q H +1 2 Beispiel h Qh 1 10 2 11 3 13 4 30 5 50 ⇒ Qm = 13 Tab. 6.4 Abb. 6.1b: Beispiele für nicht-eingipflige Präferenzen. 163 164 Kontinuum von Wählern Mehrheitsentscheidung über ein öffentliches Gut • Die am meisten präferierten Entscheidungen sind gemäß der Verteilungsfunktion Φ(Qh) verteilt. Haushalte • h = 1, 2, ..., H • Der Median ist definiert durch Φ(Qm) = 1/2. • xh privater Konsum des Haushalts h • yh = y Gut Satz (Medianwählertheorem) Wenn die Menge der Politik-Alternativen eindimensional ist und und wenn jeder Wähler eingipflige Präferenzen hat, dann ist die vom Medianwähler am meisten präferierte Politik Qm der Condorcet-Sieger. Beweis: Es sei Q < Qm gegen Qm zur Wahl gestellt. Wegen der Eingipfligkeit der Präferenzen gilt für alle h > m: vh(Q) < vh(Qm). Das sind nach der Definition des Medians mindestens 50%. Es sei Q > Qm gegen Qm zur Wahl gestellt. Nun gilt vh(Q) < vh(Qm) für alle h < m. Das sind ebenfalls mindestens 50%. In beiden Fällen stimmen mindestens 50% der Wähler für Qm. • G • c Haushalte identische Anfangsausstattung jedes Haushalts h mit dem privaten Menge eines reinen öffentlichen Gutes Kosten pro Einheit des öffentlichen Gutes in Einheiten des privaten Gutes • quasilineare Nutzenfunktion des Haushalts h: uh(G, xh) = βhb(G) + xh , (6.1) mit βh > 0, b(G) > 0 und b(G) < 0 165 • Ordnung der Haushalte nach der Stärke der Präferenz für das öffentliche Gut β1 ≤ β2 ≤ ... ≤ βh ≤ βh+1 ≤ ... ≤ βH 166 Die von Haushalt h am meisten präferierte Politik Gh löst max G Staatsbudget vh(G) = βhb(G) + y − cG H Notwendige Bedingung → Abb. 6.2 • Jeder Haushalt zahlt denselben Anteil an den Kosten des öffentlichen Gutes. • privater Konsum xh = y − cG H (6.2) • Einsetzen von (6.2) in (6.1) liefert die indirekte Nutzenfunktion cG vh(G) = βhb(G) + y − H (6.3) βhb(Gh) = c H Aus b < 0 folgt Eingipfligkeit ∂vh(G) c = βhb(G) − ∂G H >0 <0 falls G < Gh falls G > Gh • Durch die Berücksichtigung des Staatsbudgets wird die Entscheidung eindimensional. 167 168 Mehrheitsentscheidung über ein öffentliches Gut Zahlungsbereitschaft Ge s Na c hfra Gemäß dem Medianwählertheorem wird G = Gm beschlossen. Dies wird bestimmt durch c (6.4) βmb(Gm) = H Abb. 6.2. am te ge H Na ch fra des öffentlichen Gutes Vergleich mit der Pareto-effizienten Menge G → Abb. 6.2 ge Samuelson-Bedingung (2.6) Summe der M RSh = c Grenzkosten H aus halt 3 h=1 Nachf rage H ausha lt 2 Nachfra ge Hau shalt 1 G1 = c βhb(G) H ⇐⇒ Grenzkosten / 3 ^ Gm G G3 Menge h=1 βh H = b (G) c H (6.5) 169 170 7 Akteure der Politik Aus (6.4) und (6.5) folgt: ⎧ ⎫ ⎧ ⎫ ⎨ < ⎬ ⎨ < ⎬ H β h=1 h wenn βm = = Gm G ⎩ ⎩ ⎭ ⎭ H > > 7.1 Parteien und Politiker Das Modell der repräsentativen Demokratie von Downs • A, B Ergebnisse • Direkt-demokratische Entscheidung führt im allgemeinen nicht zu Paretoeffizienter Bereitstellung eines öffentlichen Gutes. • Es kommt zu Unter- (Über-) versorgung mit dem öffentlichen Gut, wenn der Median-Wähler eine geringere (stärkere) Präferenz für das öffentliche Gut hat als der Durchschnitt aller Wähler. zwei Parteien (oder zwei Politiker) • Jede Partei legt die Menge GA, GB des öffentlichen Gutes fest, die sie bereitstellt, wenn sie gewählt wird (Programme der Parteien). • Die Wähler entscheiden sich für eine der beiden Parteien. • Die Partei, die mehr als 50% der Stimmen erhält, stellt die Regierung. • Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los zwischen den Parteien. • Die gewählte Regierung führt das angekündigte Programm durch. Die Ankündigung des Parteiprogramms ist verbindlich. Effektiv wird die Entscheidung über die Politik vor der Wahl getroffen. 171 172 Betrachtete Ziele der Partei Entscheidung des Wählers h • Stimmenmaximierung • Wähler h stimmt für Partei A (bzw. B), wenn • Maximierung der Wahrscheinlichkeit, die Regierung zu stellen. vh(GA) > vh(GB ) bzw. vh(GA) < vh(GB ). • Keine weiteren Ziele außer Machtgewinn bzw. -erhalt 7.1.1 Parteienwettbewerb und Medianwähler • Wenn vh(GA) = vh(GB ), dann stimmt Wähler h mit der Wahrscheinlichkeit 1/2 für jede der beiden Parteien. Präferenzen der Wähler (→ Abschnitt 6.2.3) • Die Wahlentscheidungen der Wähler, die zwischen beiden Parteien indifferent sind, sind stochastisch unabhängig voneinander. • sehr große Anzahl (Kontinuum) von Wählern h • vh(G) • Gh Satz (Downs-Wettbewerb): indirekter Nutzen des Wählers h; eingipflige Präferezen Zwei Parteien, die die Zahl der Stimmen oder die Wahrscheinlichkeit des Wahlsieges maximieren, entscheiden sich im politischen Nash-Gleichgewicht beide für die vom Medianwähler präferierte Politik, GA = GB = Gm. vom Wähler h präferierte Menge des öffentlichen Gutes • Gh steigt in h. • m Median 173 Beweis: 174 Politischer Wettbewerb : Das Downs-Modell Gibt es ein Gleichgewicht, in dem eine Partei etwas anderes als Gm ankündigt? • Es gebe ein solches Gleichgewicht. • Wenn in diesem Gleichgewicht eine der beiden Parteien weniger als 50% der Stimmen erhält, dann kann diese Partei ihren Stimmenanteil auf mindestens 50% erhöhen, indem sie Gm ankündigt. Damit steigert sie die Wahrscheinlichkeit des Wahlsieges von 0 auf mindestens 1/2. → Abb. 7.1 • Wenn in diesem Gleichgewicht beide Parteien 50% der Stimmen erhalten, dann kann jede der beiden Parteien ihren Stimmenanteil über 50% erhöhen, indem sie Gm ankündigt. Diese Partei steigert die Wahrscheinlichkeit des Wahlsieges von 1/2 auf 1. Wählerdichte Stimmenanteil Partei A < 50% 50% • Eine Abweichung zu Gm erhöht also in jedem Fall für mindestens eine Partei den Stimmenanteil und die Wahrscheinlichkeit des Wahlsieges. GA GB Gm Abb. 7.1 175 meistpräferierte Menge des öffentlichen Gutes Gh 176 Sind die Programme GA = GB = Gm ein Gleichgewicht? Ergebnis • Bei diesen Programmen erhalten beide Parteien 50% der Stimmen. • Der Wettbewerb zwischen ausschließlich machtorientierten Parteien setzt die vom Medianwähler präferierte Politik um. • Eine Partei, die davon abweicht, reduziert ihren Stimmenanteil unter 50%. Sie senkt somit die Wahrscheinlichkeit des Wahlsieges von 1/2 auf 0. • Die Entscheidung für Gm ist also für beide Parteien optimal. • Politiker treffen die Entscheidung, die die Wähler selbst auch treffen würden. • Wenn die Wähler identische Interessen haben, dann führt politischer Wettbewerb zu einem effizienten Ergebnis. • Chicago-Schule der Theorie des politischen Wettbewerbs Spezialfall: Interessenharmonie zwischen allen Wählern für alle h. • Es sei Gh = G Einschränkungen für alle h. • Dann gilt Gh = Gm = G • Das Ergebnis kann nicht auf drei oder mehr Parteien verallgemeinert werden. • Im Downs-Wettbewerb folgt GA = GB = G. • Die Voraussetzungen des Medianwählertheorems müssen erfüllt sein: eindimensionale Politik, eingipflige Präferenzen. 177 178 7.1.2 Stochastisches Wahlverhalten Stimmenanteile → Abb. 7.2 Das Verhalten der Wähler ist aus Sicht der Parteien nicht mit Sicherheit vorhersagbar. • Anteil der Wähler der Partei A an den Wählern des Typs h Φh vh(GA) − vh(GB ) Wähler • h = 1, 2, 3 • H Typen von Wählern • Φh Gesamtzahl der Wähler Verteilungsfunktion der Parteienpräferenz in der Wählergruppe h. • φh ≡ Φh Dichte • Jeder Typ stellt ein Drittel der Wählerschaft. • Zur Vereinfachung sei Φh eine Gleichverteilung, so dass φh konstant ist. • Die Wähler betrachten den indirekten Nutzen aus der Politik GA bzw. GB ... • Parteipräferenzen sind stochastisch unabhängig zwischen den Wählertypen. • ... und haben darüber hinaus Präferenzen für die Parteien: Ideologie, regionale Verbundenheit, persönliche Sympathie für den Spitzenkandidaten bzw. die Spitzenkandidatin. 179 180 Stochastisches Wahlverhalten Der gesamte Stimmenanteil der Partei A ist 1 1 1 πA = Φ1 v1(GA)−v1(GB ) + Φ2 v2(GA)−v2(GB ) + Φ3 v3(GA)−v3(GB ) . 3 3 3 Dichte der Parteipräferenzen )1(v1(GA) – v1(GB)) I1 )2(v2(GA) Zielfunktionen der Parteien )3(v3(GA) – v3(GB)) • Partei A maximiert ihren Stimmenanteil πA. • Partei B maximiert ihren Stimmenanteil πB = 1 − πA. I3 – v2(GB)) Optimales Programm I2 v1(GA) – v1(GB) v3(GA) – v3(GB) v2(GA) – v2(GB) • Die optimale Politik der Partei A erfüllt 1 ∂v1(GA) 1 ∂v2(GA) 1 ∂v3(GA) ∂πA + φ2 + φ3 =0 = φ1 ∂GA 3 ∂G 3 ∂G 3 ∂G vh(GA) - vh(GB) (7.1) Abb. 7.2 181 • Die Ableitung ∂πB /∂GB führt auf das gleiche Ergebnis: ∂πB ∂GB 182 Mit der indirekten Nutzenfunktion (→ Abschnitt 6.2.3) ∂(1 − πA) ∂GB 1 ∂v1(GB ) 1 ∂v2(GB ) 1 ∂v3(GB ) − φ2 − φ3 = − − φ1 3 ∂G 3 ∂G 3 ∂G vh(G) = βhb(G) + y − = = folgt 1 ∂v1(GB ) 1 ∂v2(GB ) 1 ∂v3(GB ) φ1 + φ2 + φ3 3 ∂G 3 ∂G 3 ∂G cG H c ∂vh(G) = βhb(G) − ∂G H (7.2) Einsetzen von (7.2) in die Bedingung (7.1) liefert für GA = GS c 1 c 1 φ1 β1b (GS ) − + φ2 β2b (GS ) − 3 H 3 H c 1 + φ3 β3b (GS ) − = 0 3 H (φ1 + φ2 + φ3) c 1 · φ1β1 + φ2β2 + φ3β3 b(GS ) = =⇒ 3 3 H Symmetrisches Gleichgewicht • Beide Parteien wählen das gleiche Programm, GA = GB = GS . • Dieses Programm erfüllt (7.1). 183 184 Mit der Definition φ := φ1 + φ2 + φ3 /3 für die durchschnittliche Dichte folgt H 3 φ2 φ3 φ1 β1 + β2 + β3 b(GS ) = c φ φ φ (7.3) des öffentlichen Die Samuelson-Bedingung (2.6) für die effiziente Menge G Gutes lautet hier H H H M RS1 + M RS2 + M RS3 = M RT 3 3 3 H = c =⇒ β1 + β2 + β3 b(G) 3 (7.4) Durch Vergleich von (7.3) und (7.4) folgt: ⎧ ⎫ ⎨ > ⎬ = G GS ⎩ ⎭ < ⇐⇒ ⎧ ⎫ > ⎬ φ2 φ3 ⎨ φ1 = β1 + β2 + β3 β1 + β2 + β3 . φ̄ φ̄ φ̄ ⎩ < ⎭ Ergebnisse • Alle drei Gruppen zusammen bestimmen die Politik, nicht nur die Mediangruppe h = 2. • Die Einschätzung der Politik durch die Gruppe h geht um so stärker in das Parteiprogramm ein, je größer φh ist. • Wechselwähler haben stärkeren Einfluss auf die Politik als überzeugte Gegner und überzeugte Anhänger einer Partei. • Im Vergleich zur effizienten Menge wird mehr (bzw. weniger) vom öffentlichen Gut bereitgestellt, wenn Gruppen mit starker (bzw. schwacher) Präferenz für das öffentliche Gut besonders schnell die Partei wechseln. 185 186 7.2 Interessengruppen, Lobbies Fragestellungen Gruppen und Organisationen, die versuchen, die Politik zu beeinflussen • Warum und in welcher Weise weicht die tatsächlich gewählte Politik vom Medianwählergleichgewicht ab? Zusammensetzung der Staatsausgaben Höhe und Wachstum der Staatsausgaben • Branchen- und Berufsverbände • Arbeitgeberverbände • Welche Interessengruppen haben besonders großen Einfluss? • Gewerkschaften • Nicht-Regierungsorganisationen 7.2.1 Stimmentausch • Studentenvertretungen Theorie des Stimmentauschs von G. Tullock • “Gesellschaftlich relevante Gruppen” • Warum gelingt es Minderheiten in einer Demokratie, auf Kosten der Mehrheit Vorteile zu erlangen? • Mehrere Minderheiten schließen sich zusammen. • Die Vertreter einer Minderheit stimmen auch für die Vergünstigung für die andere Minderheit. 187 188 • Die Staatsausgaben sind zu hoch und ihre Struktur ist ineffizient. Mehrheitsentscheidung • Virginia-Schule der politischen Ökonomie • Die Kosten werden gleich unter den drei Landwirten verteilt. Beispiel (vgl. Abschnitt 1.3.2) • Status Quo: keine Straße • Landwirte Obermeier, Mittermeier und Untermeier. Abstimmung über eine Straße, z.B. die Straße zum Hof von Obermeier • Die Höfe liegen isoliert voneinander und weit von der Kreisstadt entfernt. • Nutzen jedes Landwirts • Von jedem Hof aus kann eine Straße in die Kreisstadt gebaut werden. • Kosten einer Straße: 6 • Nutzen der Straße, die zum eigenen Hof führt, für jeden Landwirt: Obermeier Mittermeier Untermeier 5 Straße zu Obermeier wird gebaut wird nicht gebaut 3 0 -2 0 -2 0 Tab. 7.1 Private Entscheidung • Nur Obermeier stimmt für die Straße. • Jede Straße ist ein privates Gut. • Keine Straße wird gebaut, da die Kosten größer als der Nutzen sind. 189 Gleichzeitige Abstimmung über die Straßen zu den Höfen von Obermeier und Mittermeier Obermeier Mittermeier Untermeier Durchsetzung der Vereinbarung zum Stimmentausch • Abstimmungspakete • Nutzen jedes Landwirts Straßen zu Obermeier und Mittermeier werden gebaut werden nicht gebaut 1 0 1 0 -4 0 190 • Folge von Abstimmungen mit Möglichkeiten zur Bestrafung • persönliche Beziehungen Stimmentausch in der direkten und in der repräsentativen Demokratie Tab. 7.2 • Transaktionskosten zum Abschluss und zur Überwachung einer Vereinbarung • Eine Mehrheit von Obermeier und Mittermeier beschließt beide Straßen. • Stimmentausch ist praktisch nur in der repräsentativen Demokratie möglich. Stabilität des Abstimmungsergebnisses? Anwendungen • Das Ergebnis ist kein Condorcet-Sieger. • Subventionen, Subventionsabbau • Obermeier und Mittermeier müssen eine Vereinbarung treffen, dass keiner von beiden mit Untermeier zusammen das Ergebnis der Abstimmung rückgängig macht. • Arbeitsrecht, Tarifvereinbarungen und Sozialpolitik 191 • Ministerrat der Europäischen Union 192 7.2.2 Wettbewerb zwischen Interessengruppen Gleichgewicht Ansatz von G. Becker • Jede Gruppe wendet so lange Kosten auf, bis der Grenzertrag der politischen Einflussnahme so groß ist wie die Grenzkosten. • Auch die Gruppen, die durch ein Ausgabenprogramm oder durch eine Regulierungsmaßnahme belastet werden, versuchen, die Politik zu beeinflussen. • Die entgegengesetzten Lobbyaktivitäten gleichen sich aus, so dass keine Vorteile verbleiben, die über die Lobbykosten hinausgehen. • Befürworter und Gegner einer Politik wenden Ressourcen auf, um ihre Ziele durchzusetzen. • Chicago-Schule des politischen Wettbewerbs Kosten der politischen Einflussnahme Fordern Interessengruppen öffentliche Güter oder Transfers? • monetäre Kosten • Transfers und Subventionen erreichen die Zielgruppe meist genauer als die Bereitstellung öffentlicher Güter, aber ... Propaganda Parteispenden Bestechungsgelder • ... die Beitstellung öffentlicher Güter kann effizienzfördernd sein. • ... die Begünstigung einer Gruppe durch öffentliche Güter ist weniger offensichtlich als die Zahlung von Geldleistungen. • Arbeitszeit der Lobbyisten • Wohlfahrtsverluste, die durch ineffiziente Politik enstehen 193 194 Beispiele Freifahrerverhalten und Gruppengröße • Ausweitung der Lehrerstellen anstelle von Lohnerhöhungen • Die private Bereitstellung öffentlicher Güter gelingt in kleinen Gruppen meist besser als in großen Gruppen. • Staatliche Beschaffung anstelle von Subventionen • Subventionen für die Produktion werden eher gewährt als direkte Einkommensbeihilfen. • Der einzelne trägt mehr zur Gesamtmenge des öffentlichen Gutes bei. • Die Kontrolle von Absprachen ist einfacher. 7.2.3 Die Bildung von Interessengruppen (M. Olson) Eine Interessengruppe ist um so leichter zu organisieren, ... Welche Interessengruppen gibt es? • ... je einheitlicher die Interessen innerhalb der Gruppe sind, • Der Ertrag der politischen Einflussnahme steht allen Mitgliedern der begünstigten Gruppe zur Verfügung. • ... je spezieller die Interessen sind und • ... je wichtiger die Interessen für das einzelne Gruppenmitglied sind. • Lobbyaktivität ist aus Sicht der Gruppenmitglieder ein öffentliches Gut. • Jedes Gruppenmitglied hat einen Anreiz, weniger Lobbykosten aufzuwenden als es aus Sicht der Gruppe optimal wäre. 195 196 Ergebnisse 7.3 Bürokratie und öffentlicher Dienst • Produzenten sind regelmäßig besser organisiert als Konsumenten. 7.3.1 Der Einfluss der Verwaltung auf die Staatstätigkeit Marktzugangsbeschränkungen Protektionismus Die Bedeutung des öffentlichen Dienstes in Deutschland • Kleine, eng abgegrenzte Branchen vertreten ihre Interessen besonders erfolgreich. • Anzahl → Tab. 7.3, Abb. 7.3 • Die Steuerzahler haben geringeren Einfluss auf die Politik als diejenigen, die von Staatsausgaben profitieren. • politischer Einfluss → Tab. 7.4 • Krankenstand → Abb. 7.4 Zweistufiges Prinzipal-Agenten-Verhältnis • Kontroll- und Anreizproblem • Wähler beauftragen Politiker. • Politiker beauftragen Bürokraten. • Bürokraten stellen öffentliche Güter bereit. 197 198 Öffentlicher Dienst in Deutschland Personal in der Verwaltung 5,00% Beschäftigte am 30.06.2005 Bund 4,00% 481.372 Länder 2.076.852 3,00% Gemeinden/ Gemeindeverbände 1.277.795 2,00% Zweckverbände 60.002 Bundeseisenbahnvermögen 51.033 Mittelbarer öffentlicher Dienst Insgesamt 1,00% 0,00% 1913 1928 1930 1933 1950 1960 1970 1980 1990 1995 2000 2003 652.371 Anteil der Vollbeschäftigten in der Verwaltung an der Wohnbevölkerung 4.599.425 Tab. 7.3. Quelle: Statistisches Bundesamt. Abb. 7.3. Quelle: Blankart (2006), eigene Berechnungen. 199 200 Abgeordnete des Deutschen Bundestages (15. Wahlperiode) Krankenstand nach Branchen, 2004 (%) Bundesdurchschnitt Unselbständige Tätigkeiten Banken / Versicherungen Öffentlicher Dienst Beamte Handel Land- und Forstwirtschaft Dienstleistungen Energie / Wasser /Bergbau 149 Verwaltung 56 Lehrer 54 Sonstiges 39 Angestellte Verarbeitendes Gew. Verkehr / Transport 416 228 79 Verwaltung 38 Bildung, Lehre, Forschung 32 Sonstiges Baugewerbe Politische und gesellschaftliche Organisationen, Mitarbeiter bei Abgeordneten Öff. Verwaltung / Sozialvers. 3 4 5 Wirtschaft (einschl. Verbände) 6 Tab. 7.4. Abb. 7.4. Quelle: Fehlzeitenreport. nicht standardisiert Sonstiges 9 66 102 20 standardisiert 202 201 Ursachen des Einflusses der Verwaltung auf die Staatsausgaben Selbständige Tätigkeiten Wirtschaft (einschl. Verbände) Freie Berufe Sonstiges 22 Keine Angaben Abgeordnete der 15. Wahlperiode • Die Verwaltung definiert den Umfang der öffentlichen Ausgaben. 103 81 Hausmann, Hausfrau, Ausbildung • Monopolstellung der Behörde 46 Rechts-, wirtschafts- und steuerberatende Berufe Sonstiges • Informationsvorsprung der Verwaltung über die Kosten öffentlicher Güter 150 • Die Politik kann die Vorschläge der Verwaltung nur in engen Grenzen ändern. 7.3.2 Budgetmaximierung 1 Der Ansatz von W.A. Niskanen 6 29 • Die Verwaltung strebt ein möglichst großes Budget G an. • Ansehen, Macht, Einkommen des Behördenleiters steigen mit der Zahl der Untergebenen bzw. dem Ausgabenvolumen. 601 • v(G) = b(G) − cG/H Tab. 7.4 (Fortsetzung). Quelle: Kürschners Volkshandbuch. Stand 20.08.2004. indirekte Nutzenfunktion der Regierung • v(0) = b(0) = 0, v (0) = b(0) − c/H > 0, v = b < 0. 203 204 des öffentlichen Gutes erfüllt • Das effiziente Niveau G Budgetmaximierung Indirekter Nutzen der Regierung = b(G) − c =0 v G H Indifferenzkurve der Behörde Entscheidungsverfahren Indifferenzkurve der Behörde Indifferenzkurve der Behörde • Die Verwaltung macht einen Budgetvorschlag. • Die Politik kann nur annehmen oder ablehnen. • Bei Ablehnung wird kein öffentliches Gut bereit gestellt, G = 0. vh(G) Entscheidung → Abb. 7.5 • Die Politik wird den Vorschlag akzeptieren, solange v(G) ≥ v(0) ist. • Die Verwaltung wählt unter diesen Niveaus des öffentlichen Gutes das größte. • Es wird zu viel öffentliches Gut bereit gestellt: GV > G. ^ G 0 • Dieses Niveau GV erfüllt v(GV ) = v(0), also v(GV ) = 0. GV Menge des öffentlichen Gutes Abb. 7.5 206 205 7.3.3 X-Ineffizienz • Die Menge des öffentlichen Gutes wird mit unnötig hohen Kosten produziert. X-Ineffizienz Rente der Verwaltung • Die überhöhten Kosten stellen eine Rente für die Behörde dar. • Beispiele luxuriöse Büroausstattung touristische Dienstreisen überzähliges Personal RX X-Ineffizienz und Bereitstellung des öffentlichen Gutes → Abb. 7.6 • uX (G, R) • R Zielfunktion der Behörde, mit ∂uX /∂G > 0 und ∂uX /∂R > 0 Rente der Behörde • Die Regierung akzeptiert einen Vorschlag, wenn der Nutzen b(G) abzüglich der notwendigen Kosten cG/H und der Rente R größer ist als v(0) = 0. ch its e r be gs ten n lu o s ah e K Z = d ig G) wen ( v h ot -n 0 aft Indiffe renzku Indiffe rve de renzku r Behö rve de rde r Behö rde ^ G GX GV Menge des öffentlichen Gutes Abb. 7.6 207 208 Entscheidung der Behörde uX (G, R) max G,R ∂uX ∂G ∂uX ∂R M RSX cG − R = v(G) − R ≥ 0 b(G) − H u.d.B. Lagrangefunktion Aus (7.5) und (7.6) folgt L = uX (G, R) + λ [v(G) − R] = = ∂uX + λv (G) = 0 ∂G ∂uX −λ=0 ∂R = −v (GX ) Interpretation notwendige Bedingungen ∂L ∂G ∂L ∂R = −v (GX ) • M RSX Rente, auf die die Behörde verzichten würde, wenn eine zusätzliche Einheit des öffentlichen Gutes bereit gestellt wird (7.5) (7.6) • −v (G) Nutzenverlust der Regierung, wenn eine zusätzliche Einheit des öffentlichen Gutes bereit gestellt wird • Das öffentliche Gut ist für die Regierung und die Behörde gleich viel wert. 209 210 Ergebnisse 7.4 Verfassungsregeln zur Begrenzung politischer Macht • Da v (GX ) = −M RSX < 0, wird mehr öffentliches Gut produziert als bei als bei effizienter Bereitstellung: GX > G. Beschränkungen der Einnahmen • Typischerweise wird weniger öffentliches Gut bereit gestellt als bei reiner Budgetmaximierung: GV > GX . • In diesem Fall kommt es zu unnützen Kosten: RX > 0. • Beschränkungen der Steuereinnahmen Beschränkung der Grundsteuersätze durch Proposition 13 in Kalifornien Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG) • Beschränkungen der Verschuldungsmöglichkeit Kritik, Erweiterungen • Der Wettbewerb zwischen Politikern schafft Anreize zur Reduzierung des Informationsvorsprungs. • Konkurrenz zwischen verschiedenen Behörden um Steuermittel • Interessengegensatz zwischen Politik und Verwaltung? → Tab. 7.4 211 Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG: “Die Einnahmen aus Krediten dürfen die Summe der im Haushaltsplan veranschlagten Ausgaben für Investitionen nicht überschreiten; Ausnahmen sind nur zulässig zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts.” Stabilitäts- und Wachstumspakt (Art. 104 EGV) 212 Anhang zu Einführung in die Finanzwissenschaft SS 2008 Verfahrensmäßige Beschränkungen politischer Macht • Koppelung von Ausgaben- und Einnahmenentscheidungen Verzeichnis der verwendeten Notation • Zweckbindung von Steuereinnahmen Symbol Bedeutung a, a1 , a2 , ... Parameter b(·) Bestandteil einer quasilinearen Nutzenfunktion c Grenzkosten ch Kostenanteil des Haushalts h zur Bereitstellung eines öffentlichen Gutes gh von Haushalt h bereit gestellte Menge eines öffentlichen Gutes gh∗ von Haushalt h im Nash-Gleichgewicht bereit gestellte Menge eines öffentlichen Gutes ∗ g im symmetrischen Nash-Gleichgewicht von jedem Haushalt bereit gestellte Menge eines öffentlichen Gutes h Haushaltsindex i Konsumgüterindex, auch für Periodenkonsum m Median p Produzentenpreis p∗ (t) gleichgewichtiger Produzentenpreis q Konsumentenpreis q ∗ (t) gleichgewichtiger Konsumentenpreis q(x) Preis-Absatz-Funktion r Zinssatz t Mengensteuersatz u(·) Nutzenfunktion uh Nutzen des Haushalts h uh (·) Nutzenfunktion des Haushalts h uX (·) Nutzenfunktion der Behörde ū2 vorgegebener Nutzen des Haushalts 2 v(·) indirekte Nutzenfunktion vh (·) indirekte Nutzenfunktion des Haushalts h x Konsum, Menge eines Konsumgutes x̂ effiziente Menge x∗ gleichgewichtige Menge ∗ x (t) gleichgewichtige Menge in Abhängigkeit vom Steuersatz xh Konsum bzw. verfügbares Einkommen des Haushalts h y Einkommen, Sozialprodukt, identische Ausstattung • Qualifizierte Mehrheiten, Zweikammersystem • Befristete Gesetzgebung Föderalisierung und Dezentralisierung der Staatsausgaben • Bürgernähe • Abwanderungsmöglichkeit Referenden, direkte Demokratie • Vereinbarungen zum Stimmentausch werden schwerer durchsetzbar. • Volksabstimmungen und Referenden senken die Staatsausgaben. verwendet in 5 67 267 2 2 2 2 2 2 6 5 5 4 5 4 2 4 3 2 2 7 2 7 6 3 4 4 5 2 3 67 7 5 5 5 7 45 6 56 1 213 Symbol yf yh z Bedeutung verwendet in Freibetrag 5 Bruttoeinkommen, Anfangsausstattung des Haushalts h 2 6 Subventionssatz 4 Symbol Bedeutung A Alternative, Partei B Alternative, Partei C Alternative C(·) Kostenfunktion D(·) Nachfragefunktion G Menge eines öffentlichen Gutes, Staatsausgaben G Pareto-effiziente Menge eines öffentlichen Gutes GA Programm der Partei A GB Programm der Partei B Gh von Haushalt h präferierte Menge eines öffentlichen Gutes Gh (·) Lindahl-Nachfragefunktion des Haushalts h Gm vom Medianwähler präferierte Menge eines öffentlichen Gutes GL Menge des öffentlichen Gutes im Lindahl-Gleichgewicht G∗ Menge des öffentlichen Gutes im Nash-Gleichgewicht GS Menge des öffentlichen Gutes bei stochastischem Wahlverhalten GV Menge des öffentlichen Gutes bei Budgetmaximierung durch die Verwaltung GX Menge des öffentlichen Gutes bei X-Ineffizienz H Anzahl der Haushalte H optimale Nutzerzahl eines Mautgutes I Zeithorizont L Lagrangefunktion M RSh Grenzrate der Substitution des Haushalts h M RSX Grenzrate der Substitution der Behörde M RT Grenzrate der Transformation N Anzahl der Politik-Alternativen Q Politik-Alternative Q , Q Politik-Alternativen Q Unterschranke für eindimensionale Politik Q Oberschranke für eindimensionale Politik Qh von Haushalt h präferierte Politik-Alternative R bürokratische Rente RX optimale Rente der Verwaltung S(·) Angebotsfunktion T Steuerzahlung T (·) Steuertarif 2 verwendet in 267 267 6 34 5 2367 267 7 7 67 2 67 2 2 Symbol βh λ μ ξ πA πB ρh φ φh Symbol Γ Δ(·) Φ(·) Φh (·) Bedeutung Parameter der Zahlungsbereitschaft des Haushalts h für ein öffentliches Gut Lagrangeparameter Lagrangeparameter Menge eines Gutes als Integrationsvariable Stimmenanteil der Partei A Stimmenanteil der Partei B Reaktionsfunktion des Haushalts h durchschnittliche Dichte Dichte der Parteipräferenzverteilung der Wählergruppe h, Parameter für die Wechselbereitschaft der Wählergruppe h Bedeutung staatlicher Beitrag zum öffentlichen Gut Umweltschadensfunktion Verteilungsfunktion Verteilungsfunktion der Parteipräferenz der Wählergruppe h 7 7 7 2 3 2 2 2 7 2 6 6 6 6 6 6 7 7 5 5 5 367 37 67 7 3 verwendet in 67 237 2 4 7 7 2 7 7 verwendet in 2 4 6 7 Lehrbücher Quellenangaben Kapitel in der Vorlesung Literaturangaben 1 Blankart, Kap. 1 Connolly/Munro, Kap. 1 Hindriks/Myles, Kap. 1, 3, Abschnitte 4.1-4.3 2 Blankart, Kap. 4, 6, Abschnitte 7A, 7B, Kap. 20 Connolly/Munro, Kap. 4, 7 Corneo, Kap. II Hindriks/Myles, Kap. 5 3 Blankart, Abschnitt 4F Connolly/Munro, Kap. 20 Corneo, Abschnitt II.6 4 Blankart, Kap. 24 Connolly/Munro, Kap. 5 Corneo, Kap. III Hindriks/Myles, Kap. 7 Homburg, § 37 5 Blankart, Kap. 10, 11, 16 Connolly/Munro, Kap. 10, 11 Hindriks/Myles, Kap. Abschnitte 8.5, 8.6, 14.1, 14.2, 15.1, 15.2 Homburg, §§ 1, 2, 16, 17, 20-24, 30, 39, 41 6 Blankart, Abschnitte 7C, 9A, 9B Connolly/Munro, Kap. 8 Corneo, Kap. XII Hindriks/Myles, Abschnitt 4.3, Kap. 10 Persson/Tabellini, Kap. 2 7 Blankart, Abschnitte 7D, 9C, 9D, Kap. 23 Connolly/Munro, Kap. 9 Hindriks/Myles, Abschnitt 4.4, Kap. 11 Persson/Tabellini, Abschnitte 3.1-3.4 Blankart, C. (2006): Öffentliche Finanzen in der Demokratie, 6. Auflage, München. Connolly, S. und A. Munro (2000): Economics of the Public Sector, London. Corneo, G. (2007): Öffentliche Finanzen: Ausgabenpolitik, 2. Auflage, Tübingen. Hindriks, J. und G. Myles (2006): Intermediate Public Economics, Cambridge und London. Abbildung Quelle Abb. 1.1 Statistisches Bundesamt (2007a), Tabelle “Entwicklung der öffentlichen Finanzen in Mio EUR” Abb. 1.2 Statistisches Bundesamt (2007a), Tabelle “Ausgaben der öffentlichen Haushalte nach ausgewählten Aufgabenbereichen”, eigene Berechnungen Abb. 1.3 OECD (2006), Annex Table 25 Abb. 1.4 OECD (2006), Annex Table 25 Abb. 3.3 OECD (2007), Table B2.4 Abb. 3.4 OECD (2007), Table B4.1 Abb. 3.5 Statistisches Bundesamt (2006b), Tab. 8, Statistisches Bundesamt (2006a), Tab. 3.1, eigene Berechnungen Abb. 3.6 Statistisches Bundesamt (2006b), Tabelle 8, eigene Berechnungen Abb. 4.4 BMF (2005), S. 7 Abb. 4.5 European Energy Exchange (2007) Abb. 5.1 BMF (2007), Tab. 1 Abb. 5.2 BMF (2007), Tab. 2, 3; eigene Berechnungen Abb. 5.3 OECD (2005), Tab. 1, 2, S. 66 Abb. 5.4 OECD (2005), Tab. 3, S. 67-68 Abb. 7.3 Blankart (2006), Tab. 23.1, S. 528, eigene Berechnungen Abb. 7.4 Vetter/Küsgens/Bonkass (2006), Abb. 12.1.11., S. 260 Tabelle Quelle Tab. 1.1 Statistisches Bundesamt (2007a), Tabelle “Ausgaben der öffentlichen Haushalte”, eigene Berechnungen Tab. 1.2 Statistisches Bundesamt (2007a), Tabelle “Einnahmen der öffentlichen Haushalte”, eigene Berechnungen Tab. 2.4 nach Sotomayor (2003), S. 4 Tab. 2.5 Rätzel/Weimann (2006), Tab. 2, S. 268 Tab. 3.1 Lüdeke/Beckmann (1998), Tab. 1, S. 10 Tab. 3.2 Lüdeke/Beckmann (1998), Tab. 2, S. 15 Tab. 4.1 Kyoto Protocol to the United Nations Framework Convention on Climate Change, Annex B Tab. 4.2 Böhringer (2003), Tab. 2, S. 458 Tab. 5.1 BMF (2007), Tab. 1 Tab. 6.1 Corneo (2007), S. 253 Tab. 7.3 Statistisches Bundesamt (2007b), Tab. 1.1 Tab. 7.4 Kürschners Volkshandbuch Deutscher Bundestag (2004), S. 292-293, eigene Berechnungen Homburg, S. (2007): Allgemeine Steuerlehre, 5. Auflage, München. Persson, T. und G. Tabellini (2000): Political Economics, Cambridge, Mass. 4 5 Weiterführende Literatur bung 2005, Wiesbaden. Böhringer, C. (2003): The Kyoto protocol: A review and perspectives, Oxford Review of Economic Policy 19, 451-466. Statistisches Bundesamt (2006b): Fachserie 14, Reihe 3.1: Finanzen und Steuern: Rechnungsergebnisse des öffentlichen Gesamthaushalts, Jahrgang 2004, Wiesbaden. Böhringer, C. und R. Schwager (2003): Die Ökologische Steuerreform in Deutschland - ein umweltpolitisches Feigenblatt, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 4, 211-222. Bundesministerium der Finanzen (2005): Entwicklung der Mineralöl- und Stromsteuersätze in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin, verfügbar unter http://www.bundesfinanzministerium.de/cln 03/nn 31916/DE/Steuern/ Energiebesteuerung/Mineraloel und Strombesteuerung/node.html nnn=true Bundesministerium der Finanzen (2007): Ergebnis der 129. 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