62 Keramische Werkstoffe ________________________________________________________________________________________________________________________ 16. Piezoelektrische Keramiken oberfläche auf, die bei geschlossenem Stromkreis zu einem Strom führen. Elektrisches Feld: Alle Materialien zeigen eine kleine Dimensionsänderung. Elektrostriktion: x = xE2 = zD 2 (16.1) x : Elektrostriktions-Koeffizient; D: dielektrische Verschiebung. Einige Materialien zeigen den umgekehrten Effekt, d. h. eine elektrische Polaristation, wenn sie durch eine angelegte Kraft verzerrt werden (Piezoelektrizität). In 1. Näherung ist die Polarisation der angewandten Zug- oder Druck-Spannung proportional. Piezoelektrische Materialien zeigen auch eine Dehnung, die dem angewandten Feld direkt proportional ist. Von den 32 Kristallklassen besitzen 11 ein Symmetriezentrum und sind nicht-polar. Für diese resultiert ein angelegter Druck in einer symmetrischen ionischen Verschiebung, so daß sich das Dipolmoment nicht ändert. Die übrigen 21 Kristallklassen sind nicht-zentrosymmetrisch; 20 davon zeigen den piezoelekttrischen Effekt. Die einzige Ausnahme (kubisches System) besitzt eine Symmetrie-Charakteristik, die kombiniert keinen piezoelektrischen Effekt ergibt. Abb. 16.1.: Polarisation in Richtung P; Kompression führt zu einem transienten Strom in umgekehrter Richtung zu einer Zugspannung. Anlegen einer elektrischen Spannung erzeugt Zug- bzw. Druckspannung. Ladungen treten an der Kristall- Polykristalline Materialien mit willkürlicher Orientierung der Kristallite verhalten sich alle elektrostriktiv (fpr alle Strukturklassen). Piezoelektrische polykristalline Materialien benötigen eine Ausrichtung der Kristallite. Eine „Polung“ kann in einer ferroelektrischen Keramik durch Anlegen eines statischen elektrischen Feldes erreicht werden (mikroskopische Verschiebungen, so daß die spontane Polarisation eine Komponente in Richtung des Feldes aufweist). Einkristalline Ferroelektrika benötigen oft eine Polung, da sie willkürlich orientierte Domänen aufweisen. Piezolektrika: Elektrisches Signal durch Dehnung D = ex oder E = hx (16.2) Dehnung durch elektrisches Signal x = g* D oder x = d*E (16.3) e, h, g*, d*: piezoelektrische Koeffizienten (Tensoren); abhängig von den Richtungen von E, D und x. Werden x und D als kollinear angenommen, so gilt nach (16.1): dx = 2 xEdE = 2zDdD (16.4) In polaren Materialien kann die spontane Polarisation Ps der elektrischen Verschiebung gleichgesetzt werden, wenn eR >> 1, so daß aus (16.4) folgt: dx = 2zPsdD (16.5) Vergleich mit (16.3) zeigt: g* = 2zPs (16.6) d. h., g* wächst mit dem entsprechenden Elektrostriktionskoeffizienten und der spontanen Polarisation an. Beschreibung des piezoelektrischen Effekts durch folgende partielle Ableitungen (X: Zug- / Druck-Spannung) Abb. 16.1. (a) Direkte und (b) indirekte piezoelektrische Effekte. (i) Kontraktion, (ii) Ausdehnung. Die gestrichelten Linien zeigen die Original-Abmessungen. Ê ∂D ˆ Á ˜ =d Ë ∂X ¯ E,T Keramische Werkstoffe 63 ________________________________________________________________________________________________________________________ Ê ∂E ˆ -Á ˜ =g Ë ∂X ¯ D,T Da dF ein vollständiges Differential ist, gilt Ê ∂X ˆ Ê ∂E ˆ Á ˜ =Á ˜ Ë ∂D ¯ x, T Ë ∂x ¯ D ,T Ê ∂D ˆ Á ˜ =e Ë ∂x ¯ E,T Ê ∂D ˆ -Á ˜ =h Ë ∂x ¯ D,T (16.7) (16.16) Analog gilt für die Gibbs-Energie G = U - TS - Xx - ED (16.17) Ê ∂x ˆ Á ˜ = d* Ë ∂E ¯ X,T dG = -SdT - xdX - DdE (16.18) Ê ∂x ˆ Á ˜ = g* Ë ∂D ¯ X,T Ê ∂x ˆ Ê ∂D ˆ Á ˜ =Á ˜ Ë ∂E ¯ X,T Ë ∂X ¯ E ,T (16.19) u.s.w. Ê ∂X ˆ * -Á ˜ =e Ë ∂E ¯ x,T Ê ∂X ˆ * -Á ˜ =h Ë ∂D ¯ x,T (16.8) D = dx + eXE Aus thermodynamischen Gründen gilt (16.9) Ableitung: Zufügen eines Wärmeinkrements dq zu dem System (16.10) Bei reversibler Änderung gilt dq = TdS imd da,ot Tds = dU + DW (16.11) Für ein piezoelektrisches Material ist die an dem System aufgewandte Arbeit dW = -Xdx - EdD (16.12) Wir betrachten die freie Energie F = U - TS (16.13) bzw. dF = dU - TdS - SdT (16.14) Substitution von (16.11) und (16.12) in (16.14) liefert dF = Xdx + EdD - SdT (16.20) und d = d*,g = g*, e = e*,h = h* dq = dU + dW Unter der Annahme, daß d konstant ist, gilt nach (16.7) und (16.8) (16.15) x = sES + dE (16.21) (Indes X, E: konstant gehaltener Parameter) Wegen der nichtlinearen Eigenschaften ferroelektrischer Keramiken werden die Effekte korrekter durch dD = ddX + e XdE (16.22) dx = sE dX + ddE (16.23) beschrieben. d(X,E), e(X,E), s(E) Es müssen die Änderungen der Zug- / Druck-Spannungen in den 3 orthogonalen Richtungen berücksichtigt werden, die zu Kreuz-Koppelungs-Effekten durch die angelegten elektrischen und mechanischen Beanspruchungen führen. Beschreibung durch Tensoren. Die Werte der piezoelektrischen Materialeigenschaften können aus dem Resonanzverhalten bei einem sinusförmigen elektrischen Feld bestimmt werden. Äquivalent-Schaltkreis: Abb. 16.2. (a) (nahe der Resonanz). Abb. 16.2.(b) Äquivalente serielle Komponenten von (a). Charakteristische Frequenzen (Abb. 16.4.) fr: Resonanzfrequenz 64 Keramische Werkstoffe ________________________________________________________________________________________________________________________ k2eff = f 2p - f 2s f 2a - f 2r f 2n - f 2m C1 = ª ª C 0 + C1 f 2p f 2a f 2n (16.24) Die Koeffizienten d und g können aus keff bestimmt werden (s. Literatur). Allgemeine Charakteristik und Herstellung von PZT Abb. 16.2. (a) Äquivalent-Schaltkreis für eine piezoelektrische Komponente, die nahe der Resonanz oszilliert; (b) äuquivalente serielle Komponenten der Impedanz von (a). Abb. 16.3. Die charakteristischen Frequenzen des ÄquivalentSchaltkreises mit hervorgehobenen Unterschieden zwischen fm, fs und fr und zwischen fa, fp und fn. fa: Antiresonanzfrequenz (Xe=0) fp: Frequenz, bei der Re ein Maximum zeigt. fm,n: Frequenzen bei minimaler oder maximaler Impedanz. Kommerzielle Piezokeramik: BaTiO3 (Perowskit); heute meist verwendet: Pb(Ti8Zr)O3 (PZT): Abb. 16.4 Es tritt eine morphotrope Phasengrenze auf, die eine abrupte strukturelle Änderung mit der Zusammensetzung bei konstanter Temperatur darstellt. Bei Zusammensetzungen nahe dieser Linie steigen der Kopplungskoeffizient und eR stark an. Diese Eigenschaft wird für kommerzielle Anwendungen genutzt. Die Domänenstruktur hat einen wichtigen Einfluß. Bei der Abkühlung eines Polykristalls erfolgt die Kontraktion wegen der Zufallsorientierung isotrop. Die einzelnen Kristallite zeigen dagegen die Tendenz, die anisotrope Gestalt durch die Orientierung ihrer Kristallaxen anzunehmen. Dagegen wirkt die isotrope Kontraktion der Räume, die sie besetzen. Als Konsequenz entsteht ein komplexes System unterschiedlich orientierter Domänen, die die eleatischen Deformationsenergien minimieren. Ein ausreichend starkes Feld führt zu einer Orientierrung der Domänen. Feldstärke: 1 - 4 MV / m für mehrere Minuten bei T ≥ 100 °C. „Altern“ spielt für viele Eigenschaften eine wesentliche Rolle. die piezoelektrischen Koeffizienten nehmen um einige %/Dekade ab. Dieser Effekt macht sich besonders bemerkbar, wenn die Konzentration der 0-Leerstellen durch Dotierung oder Erhitzen in leicht reduzierter Ein wichtiger Paramter ist der effektive elektromechanische Kopplungskoeffizient keff: k2eff : = Mechanische Energie, die in elektrische Energie umgewandelt wird zugeführte mechanische Energie oder k2eff : = Elektrische Energie, die in mechanische Energie umgewandelt wird zugeführte eelektrische Energie Es kann gezeigt werden, daß Abb. 16.4. Phasenstabilitäten im System Pb(Ti1-xZrx)O3. Keramische Werkstoffe 65 ________________________________________________________________________________________________________________________ Abb. 16.5. Kopplungsfaktor kp und Durchlässigkeit erentlang dem PZT-Zusammensetzungsbereich. ' ⋅⋅ Atmosphäre erhöht wird. Bildung von Dipolen CoTi - V0 und Ausrichtung in der polaren Richtung durch Bewe⋅⋅ gung von V 0 ? Einfluß aliovalenter Substituenten. Donator-Dotierung mit höherer Wertigkeit als reguläres Kation führt zu Kation-Leerstellen; Akzeptor-Dotierung führt zu Sauerstoff-Leerstellen. Übliche Dotierungen: Tab. 16.1. Sauerstoff-Leerstellen haben in Perowskiten üblicherweise höhere Leitfähigkeiten als Kationen-Leerstellen (Sauerstoff bildet eine kontinuierliche Gitterstruktur). Bildung von Defekt-Paaren, z. B. 2 La oA - V'A' oder Abb. 16.6. Einfluß auf die Beständigkeit von PZT durch Beimengung von Lanthan. - Erzeugung akustischer und Ultraschall-Schwingungen BaTiO3: (heute meist abgelöst durch PZT). Substitution von Ba durch Pb und Ca erniedrigt die Temperatur des Übergangs tetragonal-orthorhombisch. Substitution von Ti durch Zr oder Sn erhöht die Übergänge tetragonalorthorhombisch und orthorhombisch. ' ⋅⋅ 2Fe3+ b - V0 . Orientierung der Dipole in einer gemeinsa- men Richtung bildet ein Feld, das die Domönenstruktur stabilisiert. Dotieren mit La3+: 0.01 La2O3 + Pb(Ti,Zr)O3 Æ (Pb0.97La0.02V0.01) (Ti,Zr)O3 +0.03 PbO↑. La2O3 ersetzt das beim Sinken verlorene PbO. Die Dotierung resultiert in einer markanten Erhöhung des spezifischen Widerstands von PZT (Abb. 16.6). Wichtige kommerzielle Piezokeramiken zur - Erzeugung von Ladungen bei hohen Spannungen - Detektion mechanischer Schwingungen und für Aktuatoren - Frequenzkontrolle Tab. 16.1. Allgemeine aliovalente Substituenten. PbTiO3 weist eine ähnliche tetragonale Struktur wie BaTiO3 auf, aber die c-Axe ist ª 6% länger als die a-Axe. PbZrO3 ist orthorhombal (ähnlich zu BaTiO3). Pb0.94Sr0.06Ti0.47Zr0.53 hat eine hohe Permittivität (1300) und einen k-Wert von 0.58. PbNb2O6. T > 1200 °C: Tetragonale Wolframbronze (Abb. 16.7.). Abschrecken von 1200 auf 700 °C + 2 w/o ZrTiO4 erhält die tetragonale Form. LiNbO3, LiTaO3 besitzen eine nützliche Kombination von piezoelektrischen und elektrooptischen Eigenschaften. 66 Keramische Werkstoffe ________________________________________________________________________________________________________________________ Anwendungen: - Erzeugung hoher Spannungen durch Kompression, z. B. für die Entzündung von Gas in Luft (Gas-Feuerzeug) (Abb. 16.8.). - Erzeugung eines Funkens in 2 Schritten (Abb. 16.9.) i) Kompressive Kraft Æ Längenänderung Æ elektrische Energie Æ Potentialdifferenz U zwischen den beiden Enden des Zylinders. U muß die Durchbruchspannung der Funkenstrecke erreichen. ii) Mit dem Zusammenbruch der Spannung folgt der 2. Schritt der Energieerzeugung. Der Zusammenbruch des Feldes erlaubt die Bewegung der Domänenwände. Die Nachgiebigkeit des Materials erlaubt eine weitere Kompression (dL). Verschiebungs- und Beschleunigungsmesser Verwendung freitragender Arme (Abb. 16.10.). Umgekehrt erzeugt das Anlegen einer Spannung eine kreisförmige Verbiegung. Beschleunigunsmesser: Abb. 16.11. Abb. 16.7. Projektion der Wolfram-Bronze-Struktur in die cEbene. Die Ansicht zeigt die polaren Richtungen in orthorhombischem PbNb2O6: l ≡ M; ° ≡ O. Aktuatoren: Anwendung für Mikropositionierung (Chip-Herstellung, optische Justierung, Autofokus-Kameras, Tintenstrahldrucker etc.) Der piezoelektrische Effekt ist signifikant größer als der Tab. 16.2. Typische Werte der Eigenschaften einiger piezoelektrischer Materialien. Keramische Werkstoffe 67 ________________________________________________________________________________________________________________________ elektrostriktive Effekt. Jedoch Vorteil elektrostriktiver Materialien: Wegen des Fehlens der Domänen Rückkehr zu der ursprünglichen Dimension nach Abschalten des Feldes (Abb. 16.12.); elöektrostriktives Material: 0.9 Pb/Mg1/3Nb2/3O3-0.1 PbTiO3. Abb. 16.11. Beschleunigungsmesser Abb. 16.8. Ein piezoelektrischer Funken-Generator. Abb. 16.12. Abhängigkeit der Spannung auf das elektrische Feld für (a) vollständig polarisiertes und depolarisiertes PLZT und (b) elektrostriktives PMN. Abb. 16.9. Ein piezoelektrischer Zylinder unter axialer Druckkraft. Abb. 16.10. Freitragende Arme, die (a) eine Reihenverbindung und (b) eine Parallelverbindung der Balken zeigen. Abb. 16.13. Anwendung des Dreh-Aktuators: (a) Seitenansicht; (b) Draufsicht, die die polarisierten Segemente zeigt und wie zeitliche und räumliche Phasenunterschiede dargstellt werden. 68 Keramische Werkstoffe ________________________________________________________________________________________________________________________ 17. Pyroelektrische Keramiken Die Temperaturabhängigkeit der spontanen Polarisation Ps polarer Materialien führt zur Pyroelektrizität. Sie tritt deshalb bei ferroelektrischen Materialien auf, sowohl bei einzelnen Domänen von 1-Kristallen und bei gepolten Polykristallen. Änderung der Polarisation Æ Änderung der Oberflächenladung durch intrinsische elektrische Leitung des Materials. v Anwendung eines elektrischen Feldes E auf ein polares Material entlang der polaren Achse führt zur dielektrischen Verschiebung v v D = e 0 E + P total (17.1) v = e 0 E + ( P s + P induziert) (17.2) v = e E + Ps (17.3) v Unter Annahme eines konstanten elektrischen Feldes E folgt für die Temperaturabhängigkeit v ∂D v ∂e ∂Ps =E + ∂T ∂T ∂T (17.4) v ∂Ps ∂D : = p = „wahrer pyroelektrischer Koeffizient“; : ∂T ∂T = pg = „generalisierter pyroelektrischer Koeffizient“. Der pyroelektrische Koeffizient ist i. a. ein Vektor; bei Positionierung der Ableitelektroden senkrecht zur polaren Achse ist er ein Skalar. v ∂e Der 1. Beitrag in Gleichung (17.4), E , tritt bei ∂T allen Dielektrika (ob polar oder nicht) auf. Dieser Wert kann für Ferroelektrika mit dem wahren pyroelektrischen Koeffizienten vergleichbar sein. Pyroelektrische Materialien sind auch piezoelektrisch. Die aus der thermischen Expansion resultierende Verformung führt zu einer Oberflächenladung, die aber selten 10% des ursprünglichen pyroelektrischen Effekts übersteigt. Da Ps am Curie-Punkt auf 0 absinkt, zeigen ferroelektrische Materialien hohe pyroelektrische Koeffizienten gerade unterhalb ihrer Übergangstemperaturen (Abb. 17.1.). Hohe p-Werte treten für Übergänge 2. Ordnung auf, beispielsweise 300 mC / m2K. Die sehr steilen Abfälle der Polarisation bei Übergängen 1. Ordnung (z. B. für (Ba, Sr) TiO3) sind nicht nutzbar, i) wegen der Hysterese und ii) weil das Pyroelektrikum bei hinreichend konstanter Temperatur gehalten werden muß. Die meisten Materialien werden bei deutlich niedrigeren Temperaturen als dem Curie-Punkt angewandt, trotz des niedrigeren p-Werts. Die Änderungen sind kleiner mit der Umgebungstemperatur. Das kleine pyroelektrische Signal muß i. a. verstärkt werden. Meist werden in der 1. Stufe FET´s verwendet. Es ist vorteilhaft Materialien mit geringer Permittivität zu verwenden, wegen der Anpassung an die geringe Eingangskapazität des FETs. Daher sind die Verbindungen mit hohen Permittivitäten, die für Dielektrika und Piezoelektrika verwendet werden, ungeeignet. Infrarot-Detektion. Hauptanwendung pyroelektrischer Materialien: Infrarotstrahlungs-Detektion. Typischerweise werden dünne Scheiben verwendet (1 x 1 x 0,1 mm3), die mit leitenden Eletroden versehen werden. Eine davon ist ein guter Absorber der Strahlung (Abb. 17.2.) Leistungsdichte der eingestrahlten Leistung: Li / A (A: Abb. 17.1. Erscheinungsbild von Ps(T) für verschiedene Klassen von Ferroelektrika. Abb. 17.2. Ein pyroelektrisches Detektorelement. Keramische Werkstoffe 69 ________________________________________________________________________________________________________________________ Elektrodenfläche). Während der Zeit dt absorbierte Energie: E = hL idt Integration (unter Verwendung des Integrationsfaktors exp(t / TT) liefert (17.5) h: Emissivität der Elektrodenoberfläche = Bruchteil der eingestrahlten absorbierten Energie. Die absorbierte Energie führt zu einem Temperaturanstieg DT: hLidt = HdT (17.6) mit H = cAh = Wärmekapazität des Elements (c: spezifische Wärme des pyroelektrischen Materials, r: Dichte, h: Dicke des Elements) Bei Verlust der absorbierten Leistung durch Abstrahlung an die Umgebung, Wärmeleitung und Konvektion mit einer Rate G pro Temperatureinheit oberhalb der Umgebungstemperatur ergibt sich hLidt = GTdt = HdT . { T = GT T ( 1 tT )} + iw -1 (17.12) hL i Pyrostrom: Ip = dQ dT dQ = dt dt dT (17.13) Q: augenblickliche Ladung. Für den polaren Zustand gilt dQ = AdPs = ApdT (17.14) (da p = ∂Ps / ∂T ). Daraus folgt I p = pA dT dt (17.15) Für die sinusförmige Energieänderung (Gleichung 17.12) folgt (17.7) Wird die eingestrahlte Leistung bei t = t0 abgeschaltet, so gilt { ( I p = iw Gt T 1 tT + iw -1 )} pAhLi (17.16) Strom-Responsivität dT H - GT = 0 dt (17.8) r I := Ip = iwpAh Gt T Li { ( 1 tT + iw -1 )} (17.17) und damit Durch Ausmultiplizieren folgt hieraus Ê t ˆ T = T0 exp Á - ˜ Ë tT ¯ (17.9) rI = T0: Temperatur-Überschuß bei t = t0, t t = H / G (thermische Zeitkonstante). Für kontinuierliche Arbeitsweise: Einfallende Strahlung ist gepulst, beispielsweise sinusförmig mit der Amplitude A0. Gleichung (17.7) wird dann H Ip pAhw -1 = (1+ w2 t 2T ) 2 Li G (17.18) Typische Anordnung eines pyroelektrischen Elements, bei dem die Spannung auf das Gate eines FET mit hohem Eingangswiderstand eingespeist wird: Abb. 17.3. RG: Vorwiderstand des FET, CA, RA: Kapazität und Wider- dT + GT = hA 0 exp(iwt) dt (17.10) bzw. dT 1 h T= A 0 exp ( iwt)) dt t T Gt T (17.11) Abb. 17.3. Ein einfaches pyroelektrisches Detektions-System. 70 Keramische Werkstoffe ________________________________________________________________________________________________________________________ tT kann durch Minimierung der Dicke h und der thermichen Kapazität reduziert werden. rv = rv(w): Abb. 17.4. stand des Verstärker-Systems. Spannungsausgang: Maximal bei w = ( t E t T ) Ip U= Y (17.19) Y: Admittanz Y= 1 1 + + iw( C E + C A ) RG R A (17.20) CE: Kapazität des pyroelektrischen Elements. Falls (gewöhnlich) RA >> RG und CA << CE, folgt 1 + iwCE RG (17.21) und 1 1 + w2 T2E RG (17.22) mit t E = RGCE (: elektrische Zeitkonstante des Systems). Die Spannungs-Responsivität ist daher rv = Ip U rI = = Li YL i Y (17.23) rv = ph rcAew R G pAwh ( G 1 + w2 t 2T 1 1 ) (1 + w2t 2E ) 2 2 (17.24) Für maximale Sensitivität sollte G durch thermische Isolierung des Elements minimiert werden. (17.25) (17.26) Einflüsse des Signal-Untergrunds. Für maximale Empfindlichkeit muß das Rauschen minimiert werden. Wichtigste Quellen eines pyroelektrischen Detektors: Johnson-Rauschen, VerstärkerRauschen und thermische Fluktuationen. Angabe des Rauschpegels: eingestrahlte Leistung auf den Detektor, um ein Sinal vR äquivalent zum Rauschen zu erzeugen (NEP: noise equivalent power): NEP = oder pAhRGw G(tE + tT ) Für hohe Frequenzen mit w2 t 2T >>1, w 2t 2E >> 1 folgt aus (17.24) (für CE >> CA): rv = Yª mit geringer Änderung zwischen w = 1/tT und w = 1/tE. Typische Werte für tE und tT: 0.1 - 10 s für hohe Empfindlichkeit. Maximalwert von rv: r v,max = Yª -1 2 DV R rv (17.27) oder Detektivität D= 1 NEP (17.28) Johnson-Rauschen: Thermische Zufallsbewegung der Elektronen erzeugt in einem isolierten Widerstand Fluktuationen der Spannung zwischen beiden Enden für ein großes Frequensband. Mittlerer quadratischer Johnsonstrom für eine Bandbreite Df: DI 2J = 4ktgDf (17.29) (siehe Literatur) k: Boltzmann-Konstante, g: Leitfähigkeit des Rauschgenerators. Ergebnis: p ist zu maximieren, rc, e und tan d sind zu minimieren. Abb. 17.4. Variationen der Spannungs Responsivität rv im Zusammenhang mit der Frequenz. Zu bemerken ist, daß t -1 T w-Werte bezeichnen. Keramische Werkstoffe 71 ________________________________________________________________________________________________________________________ Tab. 17.1. Eigenschaften einiger wichtiger pyroelektrischer Materialien. Thermische Fluktuationen: Thermisches Gleichgewicht mit der Umgebung durch Strahlungsaustausch. Klassische statistische Mechanik oder Quantenmechanik liefern für die mittlere quadratische Leistungsfluktuation DL2T = 16kshT 5ADf (17.30) s: Stefan-Boltzmann-Konstante. Für einen schwarzen Körper (h = 1) mit Einheitsfläche und -bandbreite gilt DL2T = 16ksT 5 (17.31) 1 300k: DL2T = 5,5⋅10 -9 m -1 Hz - 2 W Æ Obere Grenze der Detektivität: 1 D = 1,8 ⋅108 m Hz 2 W -1 . Praktisch erreichbar 1 - 2 Zehnerpotenzen darunter. von e. Endgültige Zusammensetzung Materialien. Fv, FD: „Figure of Merit“: F v = LiTaO3: Herstellung durch Czochralski, stabil (hohe Temperaturen, Vakuum, Feuchte) (SrBa)Nb2O6: Struktur: Wolfram-Bronze-Typ, Herstellung durch Czochralski, hohe p- und D-Werte, aber hohe Permittivität erniedriegt Fv-Wert. PZ (Blei-Zirkonat): Keramit mit mittlerem Fv-Wert. Heißpressen, Sägen, Polieren PZ + 10 m/o PbFe1/2Nb1/2O3: Umwandlung von antiferroelektrischem in ferroelektrisches Material mit geringem e und hohem p. Jedoch: Übergang zwischen 2 ferroelekttrischen rhomboedrischen Strukturen bei 30 - 40 °C Æ Instabilität des pyroelektrischen Signals. Ersatz von 5 m/o Atomen auf B-Plätzen durch Ti Æ Übergang bei 100 °C. Für einige Anordnungen ist eine geringe Resistivität vorteilhaft, da dadurch kein teurer hochohmiger extremer Widerstand benötigt wird. Ersatz von 0,4 - 0,8 m/o Atomen auf B-Plätzen durch 8 11 Uran Æ r = 10 -10 Wm . Gleichzeitig Erniedrigung p , beschreibt „Effekrce tivität“ eines pyroelektrischen Elements. p FD = , beschreibt „Effektivität“, wenn das 1 1 2 rce tan 2 d intrinsische Rauschen durch den dielektrischen Verlust einen dominanten Einfluß hat. Wichtigster Beitrag zu tan d: Domänenwand-Bewegung. TGS: brüchig, wasserlöslich / hoher F-Wert. PVDF: als großflächiger dünner Film leicht verfügbar, mechanisch robust, stabil gegenüber hohen Temperaturen, Vakuum und Feuchtigkeit / geringer F-Wert, hoher tan d-Wert. Pb1.02( Zr 0.58Fe 0.20Nb 0 .2 0Ti0 .0 2 )0 .9 9 4U 0 .0 0 6O3 ("PZFNTU") Anwendungen Pyroelektrische Materialien reagieren auf Änderungen der einfallenden Strahlung. Infrarotstrahlung warmer Körper: l ª mm. Reaktion auf stationäre Objekte: Unterbrechung der Strahlung, z. B. durch Chopper. Kompensation der durch die Beanspruchung erzeugter piezoelektrisher Ladungen: Verwendung eines Duplikats, das vor der Strahlung durch reflektierende Elektroden oder Masken geschützt ist (Abb. 17.5.). 72 Keramische Werkstoffe ________________________________________________________________________________________________________________________ Für die gesamte strahlende Oberfläche AB folgt L hsT4 ª AdW p (17.33) ÆT Abb. 17.5. „Dummy“-Element um piezieletrisch induzierten Strom zu kompensieren. Die Temperatur wird relativ zur Chopper-Oberfläche gemessen. Kommerziell wird für 0 - 600 °C LiTaO3 verwendet. Schadstoff-Sensor (CO2) CO2 absorbiert stark bei 4.3 mm. Vergleich mit Signal mit anderem Filter mit einer Wellenlänge, bei der das Gas transparent ist (Abb. 17.7.). Alarm vor Eindringlingen. Wien´sches Verschiebungsgesetz: lmT = 2944 mmK Abb. 17.6. Radiometrie-Optiken Abb. 17.7. Gerät zur Detektion von gasförmigen Schadstoffen. Serielle Verbindung: Piezoelektrisches Signal hebt sich auf. Radiometrie. In einem Winkel dW von einer kleinen Fläche dA emittierte Strahlungsleistung dL = shT4 dA dW cos f p Kleine Winkel f: dL ª hsT4 dA dW p (17.32) lm: Wellenlänge, die von einem schwarzen Körper der Temperatur T mit maximaler Leistung emittiert wird. Für 300 K folgt lm = 9,8 mm. Verwendung eines Filters, der alle Wellenlänge < 5 mm herausschneidet, um ein Ansprechen durch Licht zu vermeiden. Ein sich bewegendes Objekt verursacht Maxima und Minima der Strahlung (Abb. 17.8.) Thermische Abbildung. Abbildung der IR-Strahlung von Oberflächen mit unterschiedlichen Temperaturen auf eine sensitive Platte wie sichtbares Licht auf photographische Platte. Im IR existieren 2 atmospärische Fenster von 3 - 5 mm und 8 - 14 mm. Wegen der Strahlung eines schwarzen Körpers bei 300 K von ª 10 mm ist die Leistungsdichte 8 - 14 mm-Band ª 25 x Leistungsdichte im 3 - 5 mm-Band. Daher Anwendung des 8 - 14 mm-Bands. Pixelgrße: 20 mm x 20 mm. Dicke: 30 mm, Furchen 5 mm. Auflösung von Temperaturunterschieden von 0,1 K. Keramische Werkstoffe 73 ________________________________________________________________________________________________________________________ 18. Elektrooptische Keramiken Abb. 17.8. Facettenspiegel in einem Störungs-Alarm: m zeigt die Position der Quelle, die maximale Strahlung an den Detektor abgibt. Maxwellsche Gleichungen beschreiben, wie eine elektromagnetische Welle durch eine beschleunigte Ladung hervorgerufen wird uns sich im freien Raum mit einer Geschwindigkeit von 299800 km / s ausbreitet. Emission einer elektromagnetischen Welle im sichtbaren Bereich durch Änderung der Position eines Elektrons relativ zum Rest des Atoms, verbunden mit der Änderung des Dipolmoments. Emission von Licht auch durch eine einzelne Laung, die sich mit hoher Geschwindigkeit unter dem Einfluß eines magnetischen Feldes bewegt (beschleunigte Bewegung und daher strahlend). Synchrotron-Strahlung: natürliche Strahlung aus Gebieten des Universums. v Freier Raum: Elektrisches Feld E ^ , magnetisches v Induktionsfeld B . Strahlung eines einzelnen Atoms (z. B. aus W-FadenLampe) liegt nur für einen Zeitraum von 10-8 s in Phase und polarisiert vor. Dieses Licht enthält eine zufällige Mischung an Polarisationen und Phasen über einen weiten Bereich von Wellenlängen (unpolarisiertes, inkohärentes, weißes Licht). Laser: nicht bestimmter Polarisation; Kohärenz für ª 10-5; Linienbreite < 10 Hz beis zu einer Frequenz von 1014 Hz. Abb. 17.9. Pyroelektrischer Vidicon. v Abb. 18.1. Vektor E einer einzelnen sinusförmigen Welle, die sich in z-Richtung ausbreitet und in der yz-Ebene polarisiert ist (Polarisationsebene). Abb. 17.10. Thermisch isoliertes und vernetztes pyroelektrisches Detektorelement - Teil einer Reihe von Elementen. Abb. 18.2. Die zwei Komponenten einer korrekt elliptisch polarisierten Welle. 74 Keramische Werkstoffe ________________________________________________________________________________________________________________________ Am leichtesten elektrisch zu ändern und optisch zu kontrollieren: Polarisation. Polarisation: Ausbreitung einer polarisierten Welle in z-Richtung: 2 Abb. 18.3. Abhängigkeit elliptisch polarisierten Lichts von der Phasendifferenz d polarisierte Wellen (in xz- und yz- zwischen gerade polarisierten Bestandteilen. Ebene): Abb. 18.2. Zwischen beiden Komponenten kann 2 2 ein Phasenunterschied beispielsweise durch den Ê Ey ˆ Ê Ex ˆ (18.8) Á ˜ +Á ˜ =1 Durchtritt durch ein Medium mit anisotropem Ë E0x¯ Ë E0y¯ Brechungsindex erzeugt werden ( v yz > v xz ). Die yzWelle läuft der xz-Welle um eine Länge Dz voraus Æ Phasenwinkel: Achsen der Ellipse fallen mit x- und y-Achse zusammen ii) d = 0 d = 2p Dz / l Umformen von (18.7) Æ E y = x-Welle des elektrischen Feldes: E x = E0 x sin(kz - wt ) (18.1) y-Welle des elektrischen Feldes: E y = E0 y sin(kz - wt + d ) (18.2) k: Ausbreitungszahl (k = 2p/l) Ort der Spitze des resultierenden elektrischen Feldes bei z = konstant. Für z = 0 gilt nach Gleichungen (18.1) und (18.2) E x = E0 x sin(- wt ) = - E0 x sinwt (18.3) Ey = E0 y sin(- wt + d) = -E0 y sin(wt - d ) (18.4) = E 0 y[ sin(wt )cosd - cos(wt )sind] (18.5) Nach Gleichung (18.3) ist sinwt = -E x / E0 x . Damit gilt nach (18.5): 2 2 Ê Ey ˆ Ê Ex ˆ Ê Ex ˆ Ê Ey ˆ 2 Á ˜ +Á ˜ - 2Á ˜Á ˜ cosd = sin d E E E Ë E0x¯ Ë ¯ 0 y 0 x 0 y Ë ¯ Ë ¯ (18.6) E0 y Ex E0 x Gerade. (Abb. 18.3.). v Polarisierungssinn: Sinn der Rotation von E des ankommenden Lichts. (b: rechts-elliptisch-polarisiertes Licht; f: linls-elliptisch polarisiert, a, e: geradlinig polarisiertes Licht). Polarisatoren: Absorption, die von der Neigung der Polarisationsebene gegenüber einer ausgezeichneten Achse in der Polarisationsebene abhängig ist. Meist wird ª 60% des eingestrahlten, unpolarisierten Lichts absorbiert: der Teil, v der durchgelassen wird, ist in der Ebene polarisiert ( E -Vektoren des transmittierten Lichts ^ hochabsorbierende Richtung) Analysator: Durchlaß abhängig von der Orientierung der Polarisationsachse. Doppelbrechung. Isotrope Dielektrika (z. B. Glas): El. Polarisation || angelegtes elektrisches Feld. Die Suszeptibilität ist ein Skalar. Anisotrope Dielektrika: Polarisation hängt von der Richtung und Stärke des angewandten Feldes ab: P x = e 0 (c 1 1Ex + c1 2Ey + c1 3E z ) y z = Ellipse mit Radien E0y und E0x. Neigung der Hauptachse zw x - Ahcse (a): tan ( 2a ) = 2E0 xE 0 y cos d E20 x - E20 y Spezialfall: i) d = p / 2 (18.9) 2 3 2 3 (18.10) 2 3 oder (18.7) D x = e 1 1Ex + e1 2Ey + e1 3E z ) y z 2 3 2 3 2 3 (18.11) Keramische Werkstoffe 75 ________________________________________________________________________________________________________________________ Abb. 18.4. Ein Hauptabschnitt der Wellenfront-Oberflächen für einen uniaxialen Kristall; die Punkte auf SO repräsentieren die E (und D) Vektoren die senkrecht zur Papierebene verlaufen. Strahlen mit Schwingung der elektrischen Verschiebung in der Fläche des Hauptschnitts (SE): außerordentlicher Strahl (Ausbreitungsgeschwindigkeit von Richtung abhängig). Falls (wie in Abb. 18.4.) die Geschwindigkeit des ordentlichen Strahls < Geschwindigkeit des außerordentlichen Strahls: = negative Durchbrechung. Für die Brechungsindizes gilt n a.o.Strahl - n o.Strahl < 0 . Für CaCO3 gilt ein Wert von -0,18. Für TiO2 (Rutil) gilt + 0,29. Gewöhnliche Ferroelektrika haben Werte von -0,01 bis 0,1. oder abgekürzt Einfluß des relativen Impermeabilitätssensors D i = e ijE j (18.12) ( ) ij B ij: = e -1 r In anisotropen Dielektrika hängt die Phasengeschwindigkeit einer elektromagnetischen Welle sowohl von der Polarisation und der Ausbreitungsrichtung ab. Maxwellsche elektromagnetische Wellengleichungen v v für eine ebene Welle Æ D und H sind ^ zur Wellenausbreitungsrichtung; die Richtung des Energieflusses stimmt damit nicht überein. Klassisches Beispiel eines anisotropen Kristalls: CaCO3. Licht breitet sich mit einer Geschwindigkeit , die von der Orientierung der Polarisationsebene relativ zur Kristallstruktur abhängt, aus. Für eine bestimmte Richtung („optische Achse“) ist die Ausbreitungsgeschwindigkeit unabhängig von der Orientierung der Polarisationsebene. In CaCO3 existiert nur 1 solche Achse: uniaxial. Andere uniaxiale Kristalle: hexagonale, tetragonale und trigonale Kristalle. Biaxiale Kristalle: orthorhombische, monokline und trikline Kristalle. Isotrope Kristalle: kubische Kristalle. Für uniaxiale Kristalle gilt: Abb. 18.4.: s = Quelle monochromatischen Lichts, von der sich 2 Wellenfronten ausbreiten, eine mit einer sphärischen und eine mit einer ellipsoidalen Oberfläche. Wellenfront = Ort von Punkten gleicher Phase (SE, SO). Die Radien sind den Ausbreitungsgeschwindigkeiten direkt und den Brechungsindizes umgekehrt proportional. Abb. 18.4. stellt einen Hauptschnitt der Wellenfrontoberflächen des Materials mit der optischen Achse SY dar. Strahlen und Schwingung der elektrischen Verschiebung im rechten Winkel zum Hauptschnitt (SO) sin d hinsichtlich der Geschwindigkeit richtungsunabhängig: ordentlicher Strahl. (18.13) Es kann gezeigt werden: B ij = B ji und Bijxixj = 1 (stellte eine Oberfläche dar) für i, j = 1, 2, 3. In Bezug auf die Hauptachsen gilt B1 x12 + B2 x22 + B3 x23 = 1 (18.14) Bi sind die relativen Hauptimpermeabilitäten ( ) B i = e -1 = r i 1 n 2i i = 1, 2, 3 (18.15) ni: Brechungsindex für Licht mit der dielektrischen Verschiebung parallel zu xi. Mit (18.15) folgt aus (18.14) x12 x22 x23 + + =1 n12 n22 n23 (18.16) = ellipsoidale Oberfläche (siehe Abb. 18.5 für n1 ≠ n2 ≠ n3) Für eine willkürliche Richtung O2 sind die Hauptachse Abb. 18.5. Der optische Indikatrix. 76 Keramische Werkstoffe ________________________________________________________________________________________________________________________ OE und die Nebenachse OR. Die schraffierte Fläche (^OP) gibt die Brechungsindizes der beiden Wellen, die sich ^OP ausbreiten, an. Die dielektrische Verschiebung D schwingt || zur entsprechenden Achse des elliptischen Schnitts. Beispiel: Falls O x2 die Ausbreitungsrichtung ist, haben die beiden Wellen die Berechnungsindizes n1 und n3. Für uniaxiale Kristalle ist das Ellipsoid (Abb. 18.5) um die Hauptsymmetrieachse des Kristalls (= optische Achse) herum symmetrisch: x12 n 2o.Strahl + x 22 n 2o.Strahl + x23 n2o.Strahl =1 DBij = r ijkE k + R ijklEk El (18.19) oder = f ijkP k + gijklP k P l rijk, fijk: Pockels-Koeffizienten; Rijkl, Koeffizienten. (18.20) gijkl: Kerr- (18.17) Elektrooptischer Effekt. Die bisherige Annahme eines linearen Zusammenhangs v v zwischen P und E gilt nur näherungsweise (obwohl die elektrischen erreichbaren Felder 106 V/m << Felder, die Elektronen in Atomen binden, 1011 V/m) Abb. 18.6. zeigt den tatsächlichen Verlauf. DiePermittivität, die für geringe Änderungen der Spannung um die Vorspannung E0 herum gemessen wird, hängt von E0 ab Æ Brechungsindex hängt ebenfalls von E0 ab. Polynom-Entwicklung: n = n0 + aE 0 + bE20 +K rungen des Ellipsoids Abb. 18.5., fd. h. die Koeffizienten um (18.18) (n0: ohne Feld E0) Falls das Material ein Symmetriezentrum aufweist, darf die Umkehr von E0 keinen Effekt auf n haben Æ a = 0. Falls kein Symmetriezentrum vorliegt, kann a ≠ 0 sein. Kerr (1875): Glas zeigt vom elektrischen Feld induzierte optische Anisotropie mit quadratischer Abhängigkeit von n von E0 (Kerr-Efekt) Röntgen und Kundt (1883): linearer elektrooptischer Effekt in Quarz (Pockels-Effekt) Æ geringfügige Ände- Elektrooptischer Pockels-Effekt. i) 1-kristallines BaTiO3 (T < Tc) Unterhalb Tc ist BaTiO3 tetragonal Æ optisch uniaxial, otische Achse: x3; no. Strahl = 2,416, na.o. Strahl = 2,364. Für willkürliche Richtung gilt ( Bij + DBij )x ix j = 1 (18.21) mit DBij = r ijkE k . Bezüglich der Hauptachsen des ungestörten Ellipsoids ergibt sich Ê 1 ˆ 2 Ê 1 ˆ 2 Ê 1 ˆ 2 Á 2 + r1 kEk ˜ x1 + Á 2 + r 2 kE k ˜ x2 + Á 2 + r 3 kEk ˜ x3 Ë n1 ¯ Ë n2 ¯ Ë n3 ¯ +2x 2 x3 r 4 kE k + 2x3 x1r 5 kE k + 2x1x2 r 6 k Ek = 1 (18.22) k = 1, 2, 3. Aus Gründen der Kristallsymmetrie gilt r23 = r13 und r42 = r51. Außer r33 sind die übrigen 13 Tensorkomponenten = 0. v Für ein elektrisches Feld E in Richtung der x3-Achse (E1 = E2 = 0) folgt aus Gleichung (18.22) mit k = 3: Ê 1 ˆ Ê 1 ˆ Ê 1 ˆ + r 1 3E˜ x12 + Á 2 + r 1 3E˜ x22 + Á 2 + r3 3E˜ x 23 = 1 Á 2 Ë n o.Strahl ¯ Ë no .Strahl ¯ Ë na.o.Strahl ¯ (18.23) Vergleich mit Gleichung (18.21) liefert Ê 1 ˆ DÁ 2 ˜ = r1 3E Ë n o.Strahl ¯ (18.24) Ê 1 ˆ DÁ 2 ˜ = r 3 3E Ë n a.o.Strahl ¯ (18.25) Da Dno .Strahl< <no.Strahl und Dna.o.Strahl <<n a.o.Strahl folgt Dno .Strahl = - 12 n3o.Strahlr1 3E Abb. 18.6. Nicht-Linearität in der D - versus die E-Beziehung. (18.26) Keramische Werkstoffe 77 ________________________________________________________________________________________________________________________ Dna.o.Strahl = - 12 n 3a.o.Strahlr 3 3E (18.27) Daraus folgt für Dn = D ( na.o.Strahl - n o.Strahl ) : Ê ˆ n3 Dn = n a.o.Strahl - Dn o.Strahl = - 12 n3a.o.Strahl Á r 3 3 - 3o.Strahl r 1 3˜ E n a.o.Strahl ¯ Ë (18.28) bzw. Dn = - 12 n3 r c E (18.29) mit Elektrisches Feld in x3-Richtung: E1 = E2 = 0 (isotropter Kristall!) Aus Symmetriegründen gilt auch R11 = R22 = R33, R12 = R13 = R23 = R31 = R32, R44 = R55 = R66; die übrigen Komponenten sind 0. Es gilt daher Ê 1 ˆ Ê 1 ˆ Ê 1 ˆ x12 Á 2 + R1 2E2 ˜ + x22 Á 2 + R1 2E2 ˜ + x23 Á 2 + R 1 1E2 ˜ = 1 Ën ¯ Ën ¯ Ën ¯ (18.32) Für die Brechungsindizes gilt (analog zu oben) n1 = n2 = n + Dn1 = n - 12 n3 R1 2E2 rc = r3 3 - n3o.Strahl r1 3 n3a.o.Strahl (18.34) und für Dn: (rc ª r33 - r13, wenn n ª no. Strahl ª na.o. Strahl) „Figure of merit“ für lineare elektrooptische Materialien: Vp: = Spannung, die an gegenüberliegenden Flächen eines Einheitswürfels angelegt, eine Phasenverschiebung p zwischen dem außerordentlichen und dem ordentlichen Strahl ergibt. ii) Polykristalline Keramik. rc = r33 - r13 Dn = n3 - n1 = - 12 n3 ( R 1 1 - R1 2) E 2 (18.35) ii) Polykristallines Material. Dn = - 12 n3 ( R1 1 - R1 2 )E 2 Werte: vgl. Tabelle 18.1. Quadratischer elektrooptischer Kerr-Effekt. i) 1-kristallines BaTiO3 (T > Tc) Oberhalb 130 °C ist BaTiO3 kubisch; optisch anisotroper Brechungsindex n = 2,42. Strömung durch anlegen eines elektrischen Feldes in willkürlicher Richtung: B ij + DBij = 1 (18.33) (18.31) mit DBij = R ijklE k El . Tab. 18.1. Eigenschaften einiger elektrooptischer Materialien. Transparente Keramiken. Elektrooptisch nutzbare Keramiken müssen transparent sein. Keramische Dielektrika sind gewöhnlich weiß oder opaque; dünne Schichten sind transparent (Streuung an Korngrenzen etc.). Für hohe Transparenz sollten die Keramiken einphasig und dicht sein. Raleigh-Beziehung für die im Winkel q gesteuerte Lichintensität Iq zur einfallenden Intensität I0: I q 1 + cos 2 q 2 Ê r ˆ 4 Ê n p - nm ˆ µ r Á ˜ Á Ë l ¯ Ë n m ˜¯ I0 x2 2 (18.37) r: Radius der dispergierten Teilchen, np: Brechungsindex der dispergierten Teilchen, nm: Brechungsindex der Matrix, x: Abstand von den Teilchen, (r<l). r = 10 -1 Æ 10-2 . Anstieg der l Streuung um Faktor 104. Poren << l haben keinen Effekt auf die Streuung. Für 78 Keramische Werkstoffe ________________________________________________________________________________________________________________________ Æ Dichte Keramiken aus ultrafeinen Pulvern (< 0,1 mm) sind für sichtbares Licht transparent. (lgelb ª mm). Komplikation in ferroelektrischen Materialien: Domänenwände, die Gebiete verschiedener Brechungsindizes erzeugen. Polung reduziert die Konzentration der Domänenwände. Lanthan-substituiertes Blei-Zirkonat-Titanat. Vor 1960: Transparente 1-kristalline Ferroelektrika, z. B. Kaliumdihydrogenphosphat (KDP), BaTiO3, Gd (MoO4)3. Seit den 1960ern: hochtransparentes PbZrO3-PbTiO3La2O3 („PLZT“). Phasendiagramm: Abb. 18.7. ( Pb1- 3 y La y (Ti1-zZr z )O 3 ): 2 B: Gebiet mit linearem elektrooptischem Effekt; C: Quadratischer Effekt. Herstellung von porenfreiem PLZT: Heißpressen in Si3N4 oder SiC-Tiegeln (Abb. 18.8.). Korngröße < 5 mm; Heißpressen bei 1200 °C und 40 MPa Druck, Haltezeit 6h. Sägen, Polieren. Transparente Elektroden: ITO. Messung der elektrooptischen Eigenschaften. Im ferroelektrischen Zustand haben die elektrooptisch nützlichen PLZTs nahezu kubische Struktur (polare Achse c ist nur ª 1% länger als die a-Achse) Æ Transparente Proben sind in keramischer Form leicht möglich. Abb. 18.9.: He-Ne-Laser (l = 0,633 mm) Æ Polarisator P1 Æ Probe mit Elektroden (typische Dicke der Probe: 250 mm; Gold im Abstand von 1 mm). Ohne V: Licht gelangt unverändert zu 2. Polarisator, wo es ausgelöscht wird. Babinet-Kompensator: Quarz ist so angeordnet, daß die optischen Achsen und das Licht Abb. 18.8. Apparatur zum PLZT Heißpressen. zueinander senkrecht stehen. Bewegung zueinander führt zu variabler Verzögerung der horizontalen und vertikalen Komponente. Abb. 18.10. Elektrooptische Charakteristik von PLZT. i) Memory-Gebiet. Zusammensetzung: 8/65/35; Korngröße ª 2 mm. Sättigung der Polarisation bei einem angelegten Feld ª 3Ec (Ec = Koerzitivfeld). Nach Abschalten des Feldes Æ Remanente Zustände PR bzw. - PR. Intermediäre remanente Zustände Pr1, ... durch geeignete Spannungen und Kontrolle der Ladungen. ii) Lineares Gebiet (Pochels-Effekt) PbTiO3-reiches Ende der festen Lösung. PbTiO3 zeigt tetragonale Verzerrung. 8/60/40: c/a = 1.002, 8/40/60: c/a = 1.01 Polung bis zur positiven SättigungsRemaneszenz PR mit einem Feld von 3 MV/m. iii) Quadratischer Bereich Zusammensetzung: 9,5/65/35 nahe der ferroelektrischen rhomboedrischen-tetragonalen Phasengrenze. Niedrige Remaneszenz-Werte. Abb. 18.7. Phasendiagramm von Pb1-3Y/2Lay(Ti1-zZrz)O3: A, Memory; B, linear; C, quadratisch Keramische Werkstoffe 79 ________________________________________________________________________________________________________________________ iv) Longitudinale Effekte (Abb. 18.12.) Streuung). 80 Keramische Werkstoffe ________________________________________________________________________________________________________________________ Die Zusammensetzung 8,2/70/30 ist ohne Feld antiferroelektrisch. Bei Feldern > 1MV/m wird das Material ferroelektrisch (Dn ª -0,05) Æ Lichtstreuung, besonders wenn die Korngröße zwischen 10 und 15 mm liegt. Anwendungen. Blitzschutzgläser (Abb. 18.13.) Pilotenkanzeln, Schweißer-Schutzschilde, usw: Polarisator | PLZT | Polarisator 9,2/55/35, Korngröße 2 mm, Heißpressen. R-Wert ª 4 x 10-16 m2 / V2. Farbfilter (Abb. 18.14. - 17.) Mit Spannungs-Verzögerung. Abb. 18.9. (a) Optisches System zur Messung des elektrooptischen Koeffizienten; (b) Referenzebenen entlang der optischen Achse der Photodiode beobachtet. Abb. 18.11. Herstellung mittlerer Polarisationsstadien Pr1, Pr2 usw. Abb. 18.10. Hysterese- und elektrooptische Charakteristiken der drei PLZT Haupttypen: (a) Memory; (b) linear; (c) quadratisch Abb. 18.12. Variation in P gegen E Hysterese mit Temperaturen für 8.2/70/30 PLZT. Keramische Werkstoffe 81 ________________________________________________________________________________________________________________________ 82 Keramische Werkstoffe ________________________________________________________________________________________________________________________ Abb. 18.13. (a) Anordnung für eine optische Verschlußblende; (b) Detail des ElektrodenAufbaus. Abb. 18.14. Prinzip des PLTZ reflektierenden Displays. Abb. 18.16. Bildspeicherröhren-Gerät: (a) ferroelastische Polarisation; (b) feldinduzierte Polarisation. Abb. 18.17. Optischer Dünnfilm-Schalter mit innerer Gesamtreflektion. 18.15. PLTZ im Streuungsmodus.