Psychosomatik - Dr. Wolfgang Ruf

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Vorlesungsskript
Psychosomatik
DualeHochschuleVillingen-Schwenningen
AusbildungsbereichSOZIALWESEN
Herbst-Winter2016
Dr.WolfgangRuf-Ballauf
FacharztfürPsychosomatischeMedizinundPsychotherapie
FacharztfürInnereMedizin
Psychotherapie–Sozialmedizin-Rehabilitationswesen
www.ruf-ballauf.de
Hinweis:
DiesesSkriptistausschließlichfürdieVerwendunginderVorlesung„Psychosomatik“konzipiert.Eineweitere
VerwendungistnurmitErlaubnisdesAutorsgestattet.EineöffentlicheNutzungistnichterlaubt,damöglicherweiseUrheberrechteDritterverletztwerdenkönnten.
DiesesSkriptkannüberdieInternetseitedesDozenten(s.o.)alspdf-Dateiheruntergeladen
werden(http://www.ruf-ballauf.de/DualeHochschule.html).EswirdauchindieE-learning
PlattformderDHeingestellt.EsenthältdasBasiswisseninPsychosomatikfürdiesozialeArbeit.DieKenntnisdesSkriptswirdvorausgesetzt.InderVorlesungwirdaufdasSkriptnicht
imDetaileingegangen,vielmehrwerdeneinzelneAspektedurchFolienpräsentationundVideo-Fallvorstellungenvertieft.
Wintersemester2016:
Psychosomatik(Modul13):6Termine
Tutorium
14.Oder17.November2016jeweils13:30Uhr
1
Inhalt
Seite
Psychosomatik
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Grundlagen
EntwicklungderMedizin
Spezialistentum
GanzheitlicheMedizin
Wechselwirkungen
Psycho-SomatischeWechselwirkungen
Somato-PsychischeWechselwirkungen
PsychosomatischeStörungenimengerenSinne
AllgemeinePsychosomatik
PsychosomatischeSymptombildung
PsychosomatischeModelle
Schwachstellenkonzept
ModelldervegetativenSpannungen
ModellderDe-undResomatisierung
Konfliktmodell
LerntheoretischesModell
NeurobiologischesModell(„Stresskonzept“)
ChronifizierungPsychosomatischerStörungen
BedeutungderSymptombildung
Psycho-SomatischerTeufelskreis
VermeidungundGratifikation
SpeziellePsychosomatik
SomatoformeStörungen
Essstörungen
Anorexianervosa
Bulimie
PsychosomatikausgewählterFachgebiete
Kardiologie
GynäkologieundSexualstörungen
Neurologie
Krebs
Schmerzstörungen
PosttraumatischeBelastungsstörungen
Behandlungsansätze
KörperbezogeneVerfahren
Trainingstherapie
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Körperwahrnehmung
AndereVerfahren(z.B.Feldenkrais)
Psychotherapie
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DiePsychotherapieverfahrenwerdenimRahmenderVorlesung
„PsychodiagnostikundPsychotherapie“abgehandelt.
Entspannungsverfahren
AutogenesTraining
ProgressiveMuskelrelaxation
AndereVerfahren
ErgänzendeVerfahren
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ErgänzendeVerfahren(z.B.Kreativtherapie,Tanztherapieu.a.werdenim
RahmenderVorlesung„PsychodiagnostikundPsychotherapie“abgehandelt.
BedeutungfürdiesozialeArbeit
ErkennenvonStörungen
UmgangmitpsychosomatischenPatienten/Klienten
VermeidungvonChronifizierung
BeratungüberBehandlungsmöglichkeiten
Epidemiologie
s.EinführungindieGesundheitswissenschaftenausdemletztenSemester
DefinitionundForschungsgegenstand
EpidemiologischeGrundbegriffe
EpidemiologischeStudien,Studientypen
AusgewählteErgebnisseepidemiologischerForschung
BeurteilungderQualitätvonStudien
Literaturliste
Anhang
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Psychosomatik
DiePsychosomatikumfasstalsFachgebietalleStörungenderGesundheit,dieseelischkörperliche(Aus-)Wirkungenhaben.DieUrsachenkönnensowohlimKörperlichen–mitseelischenFolgenundRückwirkungen,alsauchimSeelischen–mitkörperlichenFolgenund
Rückwirkungen–liegen.HäufigistdieprimäreUrsacheauchnichtzufinden:Körperliches
undSeelischessinddannuntrennbarverbundenwiez.B.beidensomatoformenStörungen.
DieBetrachtungpsychosomatischerStörungenumfasstverschiedeneEbenen:
- DiebiologischeEbenederKörperstrukturund–funktion:traditionelleSichtweisedes
MenschenalsSummeseinerEinzelteileundeinzelnenFunktionenderZellenundOrgansysteme;auchseelischeFunktionenwerdenhieruntersubsumiert.DieseEbene
wirdhäufigauchals„objektiveEbene“betrachtet.
- DiepersonaleEbene:hierrücktdiePersönlichkeitdesBetroffenenindenVordergrund.Diese„subjektivenEbene“istgeprägtvoneigenenErfahrungen(Biographie),
Wertungen,EmotionenundKognitionen(Denken),dievonderobjektivenEbene
sehrverschiedenseinkönnen,fürdenBetroffenenaberentscheidendsind.
- DieinterpersonelleEbene:derFokusderBetrachtungliegthierbeidenzwischenmenschlichenAuswirkungenundInteraktionenimZusammenhangmitseelischkörperlichenStörungen.OftsindinteraktionelleKonflikteauchUrsachepsychosomatischerStörungen.InsbesonderefrühkindlicheKonfliktemitsozialenObjekten(Bezugspersonen)könnensichsoverfestigen,dasssiezeitlebenszuGesundheitsstörungenbeitragen(s.Chronifizierung).
- DiesoziokulturelleEbene:Einstellungen,Erlebnis-undVerhaltensweisensindauch
durchgesellschaftlicheNormengeprägt,dieinjederGesellschaftverschiedensind.
Diesbetrifftu.a.dieEinstellungzumeigenenKörperundzurSexualität,dieBedeutungdesfamiliärenZusammenhalts,zurFreizügigkeitusw.
InderPsychosomatikwirdversucht,dieverschiedenenBetrachtungsebenenzueinerGesamtsichtzuintegrieren.StörungenderGesundheitkönnenoftnurdannverstandenwerden,
wennalleAspektebzw.Ebenenberücksichtigtwerden.
InderPsychosomatikwirdderBegriff„Krankheit“sehrhäufigdurchdenBegriff„Störung“
ersetztundweitgehendsynonymverwendet.
DieBedeutungderpsychosomatischenStörungenfürdieSozialarbeitliegtaufderHand:
wegenderChronifizierungstendenzdieserStörungennehmendiePatientInnenhäufigersozialeDiensteinAnspruch,leidenhäufigunterEinschränkungendergesellschaftlichenTeilhabe,
werdennichtseltendiskriminiertundkommenoftmitGratifikationswünschenzurSozialberatung(z.B.Rentenbegehren).
IndersozialenArbeitstelltsichdasProblemdesangemessenenUmgangsmitdiesenKlienten
undihrenWünschen.Fernergehtesdarum,eineweitereChronifizierungzuvermeidenund
dieKlientInnenkompetentzuberatenz.B.überBehandlungsmöglichkeitenaufzuklären.In
diesemSinneisteswichtig,denPatienten/KlientenandierichtigeStellezuverweisen.SozialeArbeitersetztnichtmedizinischeBehandlungoderPsychotherapie,kannjedochdenBoden
dafürvorbereitenundmotivieren!
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Grundlagen
EntwicklungderMedizin
EinkurzerhistorischerRückblicksollzeigen,dassdieganzheitlicheSichtaufStörungenderGesundheit
imLaufederEntwicklungdermodernenMedizinverlorengegangenist.EinederwesentlichenAufgabenderPsychosomatischenMedizinistes,dieGanzheitlichkeitimSinnederIntegrationderverschiedenenBetrachtungsebenen(s.o.)wiederherzustellen.
Spezialistentum
MitdemBeginndernaturwissenschaftlichenMedizinentwickeltesicheinereduktionistische
Betrachtungsweise.Diesegehtdavonaus,dasseinSystemdurchdieEigenschaftenseiner
Teilebestimmtwird.DurchdieEntdeckungdesMikroskopswaresbeispielsweisemöglich,
ZellenalsGrundbausteinevonOrganenoderOrgansystemenzubeschreiben.ImElektronenmikroskopkonnteninnerhalbderZellenweitereStrukturen(Zellorganellen)entdeckt
werden,derenFunktionendurchdieEntwicklungderBiochemie(molekulareEbene)weiter
aufgeklärtwurde.GrundlagedesReduktionismusistdieÜberzeugung,dassalleVorgänge,
alsoauchKrankheiten,erklärtwerdenkönnen,wennmannurtiefgenugindieSubsysteme
undkleinstenEinheiteneindringt(PrinzipderRückführbarkeit).DieseVorgehensweisehatzu
wesentlichenFortschrittenderMedizinbeigetragen,birgtaberdieGefahr,dassderBlickfür
dasGanzeverlorengeht.
GanzheitlicheMedizin
DerursprünglicheAnsatzderMedizinwareinholistischer,d.h.ganzheitlicherAnsatz(Holismus=Ganzheitlichkeitslehre).DiesgehtweitzurückundlässtsichschoninderMedizindes
antikenGriechenlandnachweisen.GrundlageistdieAuffassung,dassdasSystemalsGanzes
die(Struktur-)BeziehungendereinzelnenTeilevollständigbestimmt.
IndermodernenMedizinbestehtzunehmenddieTendenz,sichwiederaufdietraditionelle
ganzheitlicheSichtweisezubesinnenunddiezweifelloswichtigenErkenntnissederreduktionistischenForschungzumganzheitlichenVerständniszunutzen(diesenProzessnenntman
Paradigmenwandel–ParadigmaisteinLehrsatz).
DieWeltgesundheitsorganisation(WHO)definiertGesundheitalseinZustandvollkommenen
körperlichen,geistigenundsozialenWohlbefindens.DieseDefinitionspiegeltdieganzheitlicheSichtweisewiderundistweitgehendmitdemKonstruktvonLebensqualitätidentisch.
GlosseüberSpezialistenundGeneralisten:EinSpezialistweißvonimmerwenigerimmermehr,biser
schließlichvonGarnichtsallesweiß.EinGeneralistweißvonimmermehrimmerweniger,biser
schließlichvonallemnichtsweiß…
Eskommtdaraufan,SpezialwissenzueinerganzheitlichenSichtzuvereinen!
Wechselwirkungen
WirallekennenWechselwirkungenzwischenKörperundSeeleunderlebendiesetäglich.Im
FolgendenwerdendieseWechselwirkungensystematischmitBeispielenerläutert.BeibereitslangedauerndenpsychosomatischenStörungenlässtsichoftnichtmehrfeststellen,ob
ursprünglicheineseelischodereinekörperlicheUrsachebestandenhat.
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ImVolksmundwerdendieseWechselwirkungenhäufigbeschrieben:„DasmachtmirKopfzerbrechen“,„DasgehtmirandieNieren“,„DasschlägtmiraufdenMagen“,„Dasbrichtihm
dasHerz“usw.(vgl.auch„Schwachstellenkonzept“).
Somato-PsychischeWechselwirkungen
Auslöserbzw.primäristeinekörperlicheStörung,dieseelischeAuswirkungenhat.DieseelischenReaktionenwirkensichwiederum(negativ)aufdiekörperlicheBefindlichkeitaus.
Beispiel1:
NacheinemHerzinfarkttritteineDepressionauf,dadieschwerekörperlicheErkrankungseelischnicht
verarbeitetwerdenkonnte.AlskörperlichesSymptomeinerDepressionkannDruckinderBrustauftreten,wasdenBetreffendenzusätzlichängstigtundbelastet.DiesverstärktwiederumdieDepression
undführtzurPassivitätmitVernachlässigungderRehabilitation.
Beispiel2:
EineSchilddrüsenunterfunktionführtzurGewichtszunahmeundzurDepression.Hierdurchwirddie
eigentlicheUrsache(Schilddrüsenerkrankung)häufignichtodersehrspäterkannt.Dieungewollte
GewichtszunahmeverstärktdieDepression
Konsequenz:dieBehandlungderkörperlichenStörungverbessertauchdasseelischeBefinden.
Psycho-SomatischeWechselwirkungen
Auslöserbzw.primäristeineseelischeStörungen,diekörperlicheAuswirkungenhat.Die
körperlichenReaktionenwirkensichwiederum(negativ)aufdieseelischeBefindlichkeitaus.
Beispiel1:
AlsReaktionaufeineEnttäuschungkannvermehrtesEssenauftreten(„Frustessen“).AlsFolgeentstehtÜbergewichtmitentsprechendenseelischenAuswirkungenbishinzurDepression.
Beispiel2:
StresskannzuzahlreichenkörperlichenReaktionenführen,z.B.zuschmerzhaftenMuskelverspannungenodererhöhtemBlutdruck.DiesekörperlichenReaktionenverstärkendasGefühl,„imStresszu
sein“undreduzierendieStresstoleranz.
Konsequenz:dieBehandlungderseelischenStörungverbessertauchdaskörperlicheBefinden.
PsychosomatischeStörungenimengerenSinne
HierunterverstehtmanStörungen,beidenensichkörperlicheundseelischeUrsachenbzw.
Folgennichteindeutigzuordnenlassen(„HenneoderEi?“…).
Beispiel1:
BluthochdruckhatoftabernichtimmerseelischeUrsachen;dieBewältigungeinerchronischenkörperlichenErkrankungistauchvonderseelischenSituationabhängig.StarkschwankendeBlutdruckwertekönnenauchseelischeLabilitätbewirken.UmgekehrtfördertseelischeStabilitätkörperliches
WohlbefindenunddamitbessereBlutdruckwerte.
Beispiel2:-Video-Fallbeispiel„Herzneurose“
Beidensog.somatoformenStörungenistdaskörperlicheSymptomAusdruckderseelischenBefindlichkeit.JedochbestehtbeidenBetreffendenmeisteineDisposition(Schwachstellenkonzept–s.u.),
entsprechendkörperlichzureagieren.DiekörperlicheReaktiongehtparallelmitdemseelischenBefinden–undumgekehrt.
Konsequenz:dieBehandlungmussgleichermaßenkörperlichundseelischerfolgen.
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AllgemeinePsychosomatik
PsychosomatischeSymptombildung
PsychosomatischeSymptomesinddasErgebniseiner/von
- Disposition,dieentwederbiologischerNatur(„angeboren“bzw.genetischfestgelegt)
istoderbiographischdurchfrühkindlichePrägungen(Beziehungsdefizite,Beziehungskonflikte,Traumatisierungen)erworbenwurde
- negativenlebensgeschichtlichenErfahrungenimweiterenVerlaufdesLebens
- nichtgelungenenVerarbeitungbzw.Bewältigung(„Coping“)biographischerErfahrungenoderdurchgemachterKrankheiten
- Auslösungz.B.durchStress,Konflikte,Trennungenu.a.
ÜberdieEntstehungvonSymptomenimSpeziellens.psychosomatischeModelle!
GrundsätzlichkönnenpsychosomatischeSymptomeinallenmedizinischenFachgebieten
vorkommen.BesondershäufigfindensichSymptombildungenindenBereichenInnereMedizin,Orthopädie,NeurologieundGynäkologie.
SeelischeStörungenmitkörperlichenSymptomen(psycho-somatischeWechselwirkung)sind
inderRegelleichtzuerkennen.AllerdingsistausmedizinischerSichtstetszuprüfen,obein
KörpersymptomnichtzusätzlicheinekörperlicheUrsachehat,auchwenneineseelischeStörungbekanntistundmanannehmenkann,dassessichumkörperlicheFolgeerscheinungen
handelt.GelegentlichfällteinepsychischeStörung(fast)ausschließlichdurchkörperliche
ErscheinungenaufunddiepsychischeSymptomatiktrittindenHintergrund.
Beispiele:
- „larvierte“Depression(hierstehtz.B.DruckinderBruststarkimVordergrundund
dieeigentlicheDepression,dasNiedergedrücktsein,trittkauminErscheinungund
wirddeshalbnichterkannt
- Panikstörung(imVordergrundstehtoftanfallsartigesHerzrasenundLuftnotohne
erkennbareUrsache,sodassinersterLinieaneineHerzerkrankunggedachtwird;
Angstgefühlewerdenzumindestanfangsoftnichtwahrgenommen).
WennkörperlichenBeschwerdennichtzweifelsfreieinerseelischenStörungzugeordnetwerdenkönnen,mussstetsundohneEinschränkungeneinekörperlicheAbklärungerfolgen.Erst
wennkörperlicheUrsachensicherausgeschlossensind,könnendieSymptomealspsychosomatischeingeordnetwerden.
KörperlicheStörungenmitseelischenFolgen(somato-psychischeWechselwirkung)sindgelegentlichschwerzuerkennen.Insbesonderedann,wenndieseelischenFolgenganzimVordergrundstehen,wirdmanchmaldiekörperlicheUrsacheübersehen.
Beispiele:
- DepressionbeiSchilddrüsenunterfunktion(hieristeineDepressionsbehandlungnatürlicherfolglos,nurdieVerabreichungvonSchilddrüsenhormonhilft)
- AngstundPanikbeiÜberfunktionderNebenschilddrüse(selten)
Auchhiergilt:körperlicheSymptomemüssenimHinblickaufmöglichekörperlicheUrsachen
abgeklärtwerden.
SymptomekönnenalsHinweisoderWarnungdesOrganismusverstandenwerden.SieerhöhendieAchtsamkeitdesBetroffenenundschützenvorweitererSchädigung(z.B.schmerzbedingteSchonhaltungen).FernermotivierenSymptomezurmedizinischenBehandlung.
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PsychosomatischeSymptomehabennebendiesenEffektennochweitereFunktionenund
Bedeutungen.Siekönnen
- KörperlicherAusdruckseelischerBefindlichkeit(Somatisierung)
- KörperlicherAusdruckeinerGefühlsspannung(vegetativeReaktionen)
- SymbolhaftekörperlicheDarstellungeinesseelischenKonflikts(Konversion)
- AbwehreinesseelischenKonflikts(VerdrängunginsKörperliche)
- NonverbaleKommunikationsformbzw.Mitteilung(„Sprachrohr“)
- Interaktionsform(Beziehungsgestaltung)
sein.FürdasVerständnispsychosomatischerStörungenisteswichtig,diejeweilige,individuelleBedeutungeinerSymptombildungzuklären.ErstdannisteinewirksameTherapie
möglich.AllerdingsistdieseKlärungnichtimmereinfach,dadieBedeutungdemBetroffenen
meistselbstnichtodernichtinvollemUmfangbewusstist.SymptombildungeninderPsychosomatiksindhäufigeinunbewussterVorgang.
PsychosomatischeModelle
Modellesollenerklären,wieeszupsychosomatischenStörungenkommt.Hierbeigibtes
nichteinModell,welchesalleStörungenerklärenkönnte.VielmehrsindeineVielzahlvon
Modellenentwickeltworden,dieaufunterschiedlicheStörungenangewandtwerdenkönnen.SosindsomatoformeStörungenambestendurchdasModellderDe-undResomatisierungerklärbar,KonversionsstörungendurchdasKonfliktmodell,Stressreaktionendurchdas
neurobiologischeModellusw.
NebendenwissenschaftlichmehroderwenigergutuntermauertenModellenhatinderPsychosomatikdassubjektiveKrankheitsmodelleinebesondereBedeutung.JederhateineeigeneVorstellungdarüber,wiebeieinemselbsteineGesundheitsstörungentstandenist,welche
Faktorendafürmaßgebendwaren.DieseeigenenVorstellungenweichenfastimmervonder
medizinischen(Lehr-)Meinungab.
Beispiel1:VieleMenschenmitDepressionhabenSchuldgefühleundhaltendieDepressionfüreine
FolgepersönlichenFehlverhaltens.InWirklichkeitsindSchuldgefühleeinhäufigesSymptomderDepressionundgebenAnlass,fürwiederkehrendeGrübelgedanken.
Beispiel2:AlsUrsachefürHerzinfarktwirdhäufigStressangenommen,nichtetwaRauchen,hoher
Blutdruck,ÜbergewichtunderhöhteBlutfettwerte.InWirklichkeitbekommenstressgeplagteManager
vielseltenereinenHerzinfarktalsz.B.Fließbandarbeiter.
DieeigenenVorstellungenzurKrankheitsentstehungsindgeprägtvonGefühlenunddersubjektivenBedeutung,diedieStörungfürdenBetroffenenhat.DassubjektiveKrankheitserlebenistauchderentscheidendeFaktorbeiderBewältigungvonGesundheitsstörungen.Wenn
icheinebestimmteVorstellungdarüberhabe,wieeineKrankheitentstandenist,habeich
aucheineVorstellungdavon,wieichsieüberwindenkönnte.DieAkzeptanzdersubjektiven
KrankheitstheoriedurchdenPsychosomatikeristeineVoraussetzungfürdasVerständnisdes
Patienten.HäufigisterstdanneinpsychotherapeutischerZugangmöglich.
Schwachstellenkonzept
SoplausibelvieleModelleerscheinen,vermögensiedochseltenbefriedigendzuerklären,
warumbeiEinemderMagenrebelliertundeinAndererineinemähnlichgelagertenFallmit
hohemBlutdruckreagiert.DieswirdmitdemVorhandenseineinerkörperlichenSchwachstelleerklärt.DasSchwachstellenkonzeptistkeinModellansich.VielmehristesBestandteil
zahlreicherModelle.
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DieFrageistalso,warumbeieinemMenscheneinganzbestimmtesOrganfürdieSymptombildung„ausgewählt“wird,beieinemanderenMenschenjedochnicht.
DasSchwachstellenkonzeptbesagt,dassjederMenscheinekörperlicheSchwachstellehat,
mitdererbeiSpannungen,Stressusw.bevorzugtreagiert.Wieobenerwähnt,istdiese
Schwachstelleentwedergenetischdeterminiertoderdurch(frühkindliche)biographische
Erfahrungenerworben.
Beispiele(dasSchwachstellenkonzeptistimVolksmundsehrgebräuchlich):
Ø „dasschlägtmiraufdenMagen“
(Magenbeschwerden,Gastritis)
Ø „dasmachtmirKopfzerbrechen“
(Kopfschmerzen,Benommenheit)
Ø „erhatseineLastzutragen“
(Rückenschmerzen)
Ø „siestehtunterDruck“
(Bluthochdruck,Stressreaktionen)
Ø „dasgehtmirandieNieren“
(Harnwegsprobleme)
Ø …(findenSieweitereBeispiele!)
(…)
EinederartigeSchwachstelleverbleibtlebenslang,mansprichtauchvonkörperlicherVulnerabilität1.TherapeutischesZielinderPsychosomatikkannsein,denUmgangmitden
SchwachstellenzuverbessernundsiealsIndikatorderBefindlichkeitzunutzen.
ModelldervegetativenSpannungen
DanachentstehenpsychosomatischeStörungen,wenneinenachaußengerichteteHandlung
unterlassenwird.AufdieseWeisekanndieemotionaleSpannung,dieAnlasszudieserHandlungist,nichtabgeführtwerdenundzieht-vorallemimWiederholungsfall-einebleibende
AnspannungimvegetativenNervensystemnachsich.LangfristigführtdieszuOrganSchäden.
MankanndieseOrgan-SchädendemnachalsFolgeeinernormalenReaktiondervegetativen
OrganeaufdasAnhalteneinernichtabgeführtenemotionalenSpannungauffassen.
WarumnunbestimmteOrganebetroffensindoderbestimmteSymptomeauftretenwirdmit
dem„Schwachstellenkonzept“(s.o.)erklärt.
FrühersprachmanindiesemZusammenhangvon„Organneurosen“,alsoz.B.von„Herzneurose“,wenndieSchwachstelledasHerzist.DieseBezeichnungistirreführend,denneshandeltsichnichtumeineneurotischeStörung(zumNeurose-Begriffs.Vorlesung„PsychodiagnostikundPsychotherapie“).
AuchderBegriff„funktionelleStörungen“ist/wargebräuchlichundsollausdrücken,dassdie
FunktiondesbetreffendenOrganesgestörtist,jedochkeineOrganschäden(d.h.strukturelle
Veränderung–Schädigung–desOrgansvorliegt,essichalsoumeinereversible(umkehrbare)Störunghandelt.AllerdingskannesbeiwiederholterundanhaltendervegetativerSpannunglangfristigdochzuOrganschädenkommen.Dieswäredannirreversibel.
Beispiel:BlutdruckschwankungenbeivegetativerAnspannung(z.B.alsStressfolge)sindunbedenklich,
anhaltenderhöhterBlutdruckhingegenschädigtlangfristigdieArterien(->Arteriosklerose)undkann
zuHerzinfarktoderSchlaganfallführen.
ModellderDe-undResomatisierung
„SäuglingesindSomatisierer“2.WirkommenrelativhilfloszurWeltundhabenzunächstkeinerleiMöglichkeitenderverbalenKommunikation.UnserSprachrohristderKörper.AlsSäug
1
Danebengibtes„Schwachstellen“imBereichderPersönlichkeitsstruktur,diedurchBindungsdefizite
imerstenLebensjahrundnegativeBindungserfahrungenentstandensind;hiersprichtmandannvon
„strukturellerVulnerabilität“(derPersönlichkeit)
2
Soma(griech.)=Körper
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lingereagierenwirunmittelbarkörperlichaufeineStörungderWohlbefindlichkeit,wir„somatisieren“.DieserdirektekörperlicheAusdruckwirdPrimärprozessgenannt.PrimärprozesshaftesReagierenentsprichtdemLustprinzip.
EinederwesentlichenEntwicklungsaufgabeimzweitenLebensjahristdieDe-Somatisierung.
MitderSprachentwicklunglerntdasKleinkind,Unlustgefühleverbalmitzuteilen,fernerlernt
es,GefühlsspannungenbiszueinemgewissenGradauszuhaltenundBefriedigungswünsche
zeitweiligzurückzustellen.DieseArtderReaktionundKommunikationnenntmanSekundärprozess.DieVeränderungderReaktionsweisevomPrimär-zumSekundärprozessentspricht
derAbkehrvomLustprinzipundHinwendungzumRealitätsprinzip.
DasErgebnisderDe-Somatisierungist,dassseelischeSpannungennichtmehrprimärkörperlicheReaktionenhervorrufen.
Re-Somatisierung:InStress-,Konflikt-oderGefahrsituationenkannesdazukommen,dass
alteMusterderPrimärprozessewiederaktiviertwerdenundunmittelbarkörperlicheReaktionenauftreten.DiesnenntmanRe-Somatisierung.DieVerknüpfungvonAuslöserundKörperreaktionistoftnichterkennbaroderbleibtunbewusst.
Beispiel:EinejungeLehrerinstehtvordemletztenExamen.BeijederLehrprobereagiertsiezuvormit
DurchfällenundBauchkrämpfen.MehrereDarmspiegelungenbrachteneinnormalesErgebnis.Von
ihrerMuttererfährtsie,dasssiealsKleinkindoftmitBauchschmerzenreagierthabe,wennsie(die
Mutter)zurArbeitging.
Konfliktmodell
DasKonfliktmodellgehtauftiefenpsychologische(hiersynonym:psychoanalytische)Erkenntnissezurück.
DiesesModellbesagt,dasseszwangsläufigzuBeziehungskonfliktendesKindesmitdenfrühenBezugspersonen(Objekten3)kommt.EinKonfliktergibtsichausdemgleichzeitigenVorhandenseinoderAufeinandertreffengegensätzlicherEinstellungen,Interessen,Wünschen
oderBedürfnissen.KonflikteergebensichalsoausdemGrundmusterzwischenmenschlicher
Beziehungen.SichwiederholendeKonfliktmusterwerdenimLaufderfrühkindlichenEntwicklungverinnerlicht.AusdenäußerenKonfliktenmitdenfrühenObjektenwerdenaufdiese
WeiseinnereKonflikte,d.h.derursprüngliche(äußere)AnlassdesKonfliktsgerät„inVergessenheit“,erwirdnachinnenverlagert.
InnereKonflikte,diejederMenschindereinenoderanderenForminsichträgt,sindAmbivalenzkonflikte.Diesbedeuteteininneres„Hin-und-Hergerissen-Sein“zwischengegensätzlichenWünschen.
EintypischerAmbivalenzkonfliktistbeispielsweisedasGegensatzpaarAbhängigkeit–Autonomie:es
besteheneinerseitsBindungswünscheundandererseitsWünschenachFreiheit(Autonomie).Bindung
schafftSicherheitaberauchAbhängigkeit,AutonomiegibtFreiheit,istaberhäufigmitÄngstenverbunden.
NurwenneinTeildesKonfliktsverdrängtwurde,alsoinsUnbewussteverschobenwurde,
kommtesu.U.zupsychosomatischenSymptomen.DurchVerdrängungeinesKonfliktanteils
wirdausdemAmbivalenzkonflikteinsog.neurotischerKonflikt.Symptometretenmeistdann
auf,wenninbestimmtenSituationenderKonfliktre-aktualisiertwird.
Beispiel1:(Fallvigniette:HerrM.,45Jahre)
3
InderTiefenpsychologiesind„Objekte“stetssozialeObjekte,d.h.Personen,zudeneneinehinreichendintensiveBeziehungbesteht.InderRegelsinddaszunächstdieprimärenBezugspersonen.
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HerrM.istimBetriebanerkanntunderfolgreich.Erhatsichhochgearbeitet.AlsderbisherigeChefin
denRuhestandgeht,wirddiesePositionwirdvoneinerjüngeren,energischenFraueingenommen.
HerrM.gibtsichMüheundarbeitetzunächsterfolgreichweiter.NacheinemhalbenJahrentwickelter
hohenBlutdruckundwirdnacheinemJahrschließlichwegen(depressiver)Erschöpfungkrankgeschrieben.
AusderLebensgeschichtevonHerrnM.:DasVerhältniszurvielbeschäftigtenMutterwardurchhohe
ErwartungenanPflichterfüllungundLeistunggeprägt.AnerkennungundWertschätzungwurdeüber
Leistungerreicht,Ärgermussteunterdrücktwerden,dadiesZuwendunggefährdethätte.Leistung
bedeutetfürHerrnM.Zuwendung;diesgelingtnurbeigleichzeitigerUnterdrückung(Verdrängung)
aggressiverImpulse(gegenüberderMutter).EsentstehteininnererKonflikt(AuflehnungversusAnpassung).-InderneuenChefinerlebtHerrM.unbewussteineWiederholungdesKonfliktszurMutter.
Erpasstsichan,gibtsichMühe,wirdaberinseiner(unrealistischen)ErwartungbezüglichAnerkennungundWertschätzungfrustriert.DenÄrgerdarüberkannernichtäußern,daerunbewusstbleibt
(VerdrängungaggressiverImpulse).DiesführtinseinemFallzuBluthochdruckundschließlichzurDepression.
Beispiel2:Video-Falldemonstration(PatientinmitpsychogenemStimmversagen)
KonflikteführenhäufigzustarkenemotionalenSpannungenundReaktionenmitdemImpuls
zuhandeln,umdieKonfliktspannungabzubauen.Gelingtdiesnicht,kommteshäufigzukörperlichenSymptomen(vgl.auchModelldervegetativenSpannungen).
InterpersonelleKonfliktesindhäufigFolgeungelöster,weilverdrängter,innererKonflikte.
Weilimo.a.FallbeispielderKonfliktmitderMutternichtgelöstwerdenkonnteundverdrängtwurde,bleibtHerrM.imUmgangmitderneuenChefinbefangen.
InnereKonflikteführenzugesundheitlichenStörungen,wenn
• sienichtgelöstwerdenkönnen,
• dieKonfliktspannunghochist
• undvorallem:wennKonflikteinihrerwirklichenDimensionnichtbewusstsind,d.h.
wenneinTeildesKonfliktesverdrängtwurde,weileingegensätzlicherWunschnicht
akzeptabelist.
LerntheoretischesModell
DiesesModellgehtaufdieErkenntnissederVerhaltensforschungzurückundistGrundlage
derVerhaltenstherapie.Alsintegratives,ganzheitlich-systemischesModellsetztsichheute
dasbio-psycho-sozialeModelldurch.Biologische,psychologischeundsozialeFaktorensowie
dieindividuelleLerngeschichtestehenzueinanderinWechselwirkungundbildeneinBedingungsgefügefürKrankheitsentstehung(Pathogenese)undGesundung(Salutogenese).WelchesOrganvoneinerStörungbetroffenist,wirdalsindividuelleReaktionsbereitschaftverstanden(s.o.Schwachstellenkonzept).
GefühlsvorgängekönnenwiekörperlicheVorgängekonditioniertwerdenundfindenihren
NiederschlagineingefahrenenReaktionendesvegetativenNervensystemsundauchim
Hormonsystem.
DasBedingungsgefügeistdieGrundlagedesindividuellenVerhaltensundBasiseinerVerhaltensanalysezuBeginneinerVerhaltenstherapie.EsumfasstfolgendeFaktoren:
• B
biologische,physiologische,biochemische(medizinische)Bedingungen
• O
sozialeundökologischeBedingungen
• L
Lerngeschichteundsituative(psychologische)Bedingungen
• P
dispositionelle,persönlichkeitsstrukturelle,affektiveundkognitive(psychologische)Bedingungen
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Beispiel:(Fallvigniette:FrauS.,25Jahre)
DieverheiratetePatientinleidetseitvielenJahrenunterBauchschmerzenundDyspareunie(SchmerzenbeimSexualverkehr).ImletztenJahrnahmendieSchmerzenzuundeskamzunächtlichen
Schmerzanfällen.WegenVerdachtaufAppendizitiswirdeineAppendektomie(Blinddarmentfernung)
vorgenommen,diedieSchmerzenjedochnichtbeseitigt.NachausführlicherDiagnostikwirdeine
Milchzucker-Unverträglichkeitfestgestellt.EineLaktose-freieDiäterbringtjedochauchkeineBesserung.BeiderpsychologischenUntersuchungfalleneineSelbstunsicherheitunddieUnfähigkeit“nein”
zusagenauf.FernervermitteltdiePatientindenEindruck,dassihreMutterallesregeltundkeinen
Widerspruchduldet.-AusderBiographieerfahrenwir,dassdiePatientinjahrelangvomEhemannder
älterenSchwestersexuellmissbrauchtwordenist.
DasVerhalten(derPatientin)kanninverschiedenenEbenenbetrachtetwerden:
• B
biologisch-medizinischeZugangs-undBeschreibungsebene
z.B.Beschwerdemuster(Unterbauchschmerzen)
•
A
affektiveEbene
UnfähigkeitzurWahrnehmungundBeschreibungeigenerGefühle(z.B.Angst,Wut…)
•
M
motivationaleEbene
Gehorsam,Pflichterfüllung
•
M
motorisch-verhaltensmäßigeEbene
•
P
perzeptiv-kognitiveEbene
EinschränkungdersozialenKompetenzdurchPassivitätundVermeidungsverhalten
„ichkannmichnichtwehren“,erlernteHilflosigkeit
•
I
interpersonelleEbene
inadäquateKommunikationsmusterinderFolgeeinerverzerrtenWahrnehmunganderer(desEhemannes)
ÜberEinzelheitenderLerntheorie(konditionieren,operantesLernenusw.)informiertdie
Vorlesung„PsychodiagnostikundPsychotherapie“.
NeurobiologischesModell(„Stresskonzept“)
DerStress-Begriffwird(zu)häufiggebrauchtundmusspräzisiertwerden.NichtjedeArtvon
StressistgefährlichundführtzuGesundheitsstörungenoder–schäden.ImneurobiologischenSinnesprichtmanvonkontrollierbaremundnichtkontrollierbaremStress,gemeinhin
auchalspositiverundnegativerStressbezeichnet.DieUnterschiedesindzusammengefasst:
• PositiverStress:Erfolgsaussichtenvorhanden,Eigenmotivationliegtvor,dieSinnhaftigkeitderAufgabeleuchtetein,eskommtAnerkennung,insgesamtergibtsicheine
positiveBewertungderSituation,sozialeUnterstützungistvorhanden,zwischendurchundschlussendlichistEntspannungmöglich.
• NegativerStress:einMisserfolgistwahrscheinlich,FremdmotivationoderFremdbestimmungliegtvor,dieTätigkeiterscheintsinnlos,häufigkommtKritikoderTadel,
insgesamtwirdderSituationnegativbewertet,esfehltdiesozialeUnterstützung,es
kommtzurDaueranspannung.
PositiverStressistnichtgesundheitsgefährdend,vielmehrsteigerterdasLeistungsvermögen
unddieLebenszufriedenheitnacherfolgreichemAbschlusseinerAufgabe.
DernegativeStressführtzueinemRückgangderLeistungsfähigkeitundschließlichzugesundheitlichenStörungenundevtl.zudauerhaftenSchäden.Heuteweißman,welcheVorgängesichdabeiimGehirnundimHormonsystemabspielen:
12
-
AktivierungderHPA-Achse(„Stress-Achse“)
Hypothalamus4-HyPophyse5-ACTH6(->Nebennierenrinde)
Folge:Blutdrucksteigerung,VerschlechterungderImmunabwehr
-
VerringerungderNoradrenalinbildungimGehirn
Folge:VerminderungderAufmerksamkeit,NeigungzuDepressionen
HemmungderBildungvonneurotrophenFaktoren
Folge:VerkümmerungneuronalerNetzwerke
HemmungdesAuswachsensvonNervenzellfortsätzen
Folge:erschwertesLernen,intellektuelleLeistungsinkt
VerkümmerungnoradrenergerNervenbahnenimKortex
Folge:VerminderungderAufmerksamkeit
DegenerationbestimmterNervenzellenimHippocampus(wichtigfürGedächtnis)
Folge:AbnahmederGedächtnisleistung
AbfallvonProduktionundAusschüttungvonSexualhormonenmitneurotrophen
Wirkungen
Folge:sexuelleInappetenz
Modell einer Nervenzelle (Neuron) und einer Kontaktstelle zwischen Nervenzellen (Synapse)
HingegenwerdenbeipositivemStressdievegetativenKontrollzentrendesGehirnsaktiviert,
dieHirndurchblutungundderEnergiestoffwechselgesteigert,dieSignalübertragungzwischendenNervenzellenverbessert,dieBildungvonStoffenangeregt,diedieFunktionvon
Neuronenfördern(„neurotropheFaktoren“),durchNoradrenalinWachheitundKonzentrationgesteigert,dasWachstumderDendritenbäume(Verzweigungen)derNeuronenundderen
Verschaltungengefördert(höhereSynapsendichte),wodurcheszurVerdickungbestimmter
ArealederHirnrindekommtundderenLeistunginsgesamtgesteigertwird.
4
Hypothalamus=TeildesZwischenhirns,RegulationszentrumfürzahlreichevegetativeundhormonelleFunktionen
5
Hypophyse=Hirnanhangsdrüse,bildetzahlreicheHormone,wirddurchdenHypothalamusgesteuert
6
ACTH=AdrenocorticotropesHormon;Hormon,welchesvonderHypophysegebildetwirdunddie
NebennierenrindezurProduktionvonStresshormonenwieCortisolanregt
13
ChronifizierungPsychosomatischerStörungen
ImDurchschnittvergehen5-7Jahre,bevoreinPatientmiteinerpsychosomatischenStörung
ankompetenterStelle(PsychosomatischeKlinik,PsychosomatischerFacharzt,Psychotherapeut)behandeltwird.Diesbedeutet,dassdiemeistenpsychosomatischenStörungenbei
Behandlungsbeginnbereitschronischsind.PsychischeundPsychosomatischeStörungensind
derzweithäufigsteFrühberentungsgrund!AusdiesemGrundisteswichtig,dieStörungen
möglichstfrühzuentdeckenundzubehandeln.HierbeikanndiesozialeArbeiteinenwichtigenBeitragleisten.
BedeutungderSymptombildung
MeististdieBedeutungdespsychosomatischenSymptomsdemBetroffenennichtbewusst.
Zunächstistwichtig,inwelcherSituationSymptomeentstandensind.MöglicheWegeder
Symptombildungsind:
- EinebisherstabileBewältigungsstrategiewirdlabilisiert
DurchäußereEreignissekanndasbisherigeGleichgewicht(zwischenTrieb-Bedürfnissenund
ihrerAbwehr)nichtmehrgehaltenwerden.Beispiel:dieNeigungzumNaschenvonSüßigkeitenkannimStressnichtmehrunterdrücktwerden,Symptom:Gewichtszunahme.
-
EineneueVerarbeitungsstrategieproduziertSymptome
Beispiel:EinsonstaktiverMenschverhältsichnachHerzinfarktplötzlichpassiv(„ichmuss
michschonen“)undhatnegativeKognitionen(„ausgerechnetmirmussdaspassieren“).
Symptom:Depressivität.
-
EinedefizitärePersönlichkeitsstrukturführtzurSymptombildung
Beispiel:ImpulsdurchbrücheundabnormeKränkbarkeitbeiBorderline-Störung.Symptom:
Fremd-oderEigenaggression.
-
NeurotischeSymptombildung:stabileAbwehreinesunbewusstenKonfliktsumden
PreisderEinengungundSymptombildung
Beispiel:DurchausgeprägtesVermeidungsverhaltenbeisituativenÄngsten(Phobien)kann
dieAngstzwarkontrolliertwerden,jedochkanndiekonsequenteVermeidungangstauslösenderSituationeneineerheblicheEinschränkungderLebensqualitätbedeuten.Symptom:
sozialerRückzug,Immobilität,Unfähigkeit,notwendigeDingezuerledigen.
-
NeurotischeSymptombildung:der(neurotischer)Konfliktkannnichtmehrabgewehrtwerden,weilerre-aktualisiertwird
Beispiel:s.Konfliktmodell(FallvignietteHerrM.)
ObenwurdebereitsaufEntstehungundFunktionvonSymptomeneingegangen:Symptome
alsAusdruckvonSomatisierung(VerkörperlichungseelischerBefindlichkeit),vegetativen
Reaktionen,Konversion(körperlicheKonfliktdarstellung),Verdrängung(einesKonfliktsins
Körperliche),NonverbaleKommunikationsform(„Sprachrohr“)undInteraktionsform(Beziehungsgestaltung).
EinebesondereFormderSymptomentstehunginfolgemangelnderBewältigungsmöglichkeitensinddieTraumafolgestörungenentweder(akut)alsposttraumatischeBelastungsstörung
oder(chronisch)alsPersönlichkeitsveränderungnachTraumatisierung.DieSymptomlisteist
vielfältig,beiderchronischenFormstehthäufigSchmerzimVordergrund.
FürdasVerständnisderSymptombildungsinddemnachdieAuslösesituationunddieFunktiondesSymptomsvonBedeutung.DafürbedarfesdetaillierterKenntnissederaktuellenSituation,aberauchdeslebensgeschichtlichenHintergrunds.
SymptomesindWarnhinweiseunderhöhendieAchtsamkeit.AndererseitshabenSymptome
inderPsychosomatikoftstabilisierendeFunktion.WenneinseelischerKonfliktnichtaushalt14
barist,kanndie(körperliche)SymptombildungeineArtEntlastungdarstellen.DemSymptom
kanndurchmedizinischeUntersuchungenBeachtunggeschenktwerden,dadurchtrittder
dahinterstehendeKonfliktindenHintergrundunddieKonfliktklärungwirdvermieden.AllerdingsistderPreishoch:wenndieKonfliktspannungsteigt,müssenu.U.nochmehrkörperlicheSymptome„produziert“werden,umdenKonfliktinSchachzuhalten.DieseSpiralezunehmenderSymptomatikisteinElementderChronifizierungeinerStörung.
DieSymptom“sprache“istdurchdasUnbewussteverschlüsseltundmusszuerstentschlüsselt
werden,umdietatsächlicheBedeutungdesSymptomszuverstehen.
Beispiel(Video-Falldemonstration„PsychogenesStimmversagen“):DurchdieTatsache,dassderEhemannwegenschwererKrankheitvielAufmerksamkeitbeansprucht,könnendietäglichenTelefonate
undhäufigenBesuchebeiderstrengenMutternichtmehrerfolgen.Einschonimmerbestehender
KonfliktzwischenTochterundMutter(AnpassungversusAuflehnung)spitztsichzu.StattdieanstehendeAuseinandersetzungverbalzuführen,versagtderPatientindieStimme,sievermeidetesdamit,
denKonfliktauszutragen(derfreilichimwesentlichauchunbewusstist).Mit„ihrem“Symptomgeht
siezumHNO-Arzt.DasentlastetsiezunächstimHinblickaufdieMutter.DieseEntlastungwährtjedochnursolangedieStimmeversagt.BeiErholungderStimmemüsstesiedenKonfliktdanndoch
ausfechten,derMuttersagen,dasssienunnichtmehrsoofttelefonierenundkommenkönnewegen
derErkrankungdesEhemannes.DieseAuseinandersetzungwürdesienichtdurchstehen,also„darf“
sichdieStimmenichterholen,dasSymptomwirdchronisch.
Psycho-SomatischerTeufelskreis
NebenderdargestelltenSpiralevonKonfliktabwehrundkörperlicherSymptombildunggibt
eshäufigeinenTeufelskreis,beidemsichkörperlicheundseelischeSymptomeimmerweiter
verstärken.
Psycho-somatischer Kreislauf der Symptomverstärkung
Körpersymptom
Selbstbeobachtung
ängstliche
Besorgnis
Psych.
Symptom
Bei psycho-somatischen Störungen stellt sich oft ein Teufelskreis („circulus
vitiosus“) ein, der die Behandlung erschwert, der jedoch
durchbrochen werden muss. Dieser Teufelskreis ist ein wesentliches
Element der Chronifizierung einer Störung.
BeispielPanikstörung:AlsKörpersymptomtrittanfallsartigHerzrasenundLuftnotauf.Dies
wirdmitBesorgnisregistriertundesentstehtz.B.dieAngst,ernsthafterkranktzusein.Aus
dieserAngstresultierteinevermehrteundübergenaueSelbstbeobachtung,beiderjedekörperlicheReaktioninderBrustalsBestätigungderKrankheitsbefürchtunginterpretiertund
verstärktwahrgenommenwird.DieswiederumschürtneueÄngste,usw.
15
VermeidungundGratifikation(Krankheitsgewinn)
Wiebereitserwähnt,fördernSymptomehäufigeinVermeidungsverhalten.DasSpektrum
möglicherVermeidungistbreit.HiereinigeBeispiele:
- BeiPhobien(situativenÄngsten)kanndieauslösendeSituationoftohnewesentliche
Einschränkungvermiedenwerden(z.B.Spinnenphobie,Fahrstuhlphobie…).Natürlich
gibtesSituationen,dienuruntererheblichenEinschränkungengemiedenwerden
können(z.B.kanneinesicheinstellendePhobievordemAutofahreneinenAußendienstmitarbeiterzumWechselderTätigkeitzwingen).
- VermeidungistoftauchdasErgebnisvonVerdrängung.DiesbetrifftinersterLinie
innereKonflikte,diedurchVerdrängungeinesKonfliktanteilszuneurotischenKonfliktengewordensind.VerdrängteKonfliktanteilesindunbewusst,daherdemwillentlichenZugriffentzogen,meistnurdurchHilfevonaußen(Psychotherapie)lösbar.
- VermeidungdurchSymptombildungbetriffthäufigunangenehmeSituationen,die
ÜberforderungendarstellenundalsStressorenwirken.
- AufderinterpersonellenEbenehabenSymptombildungenoftdieFunktion,unangenehmeAuseinandersetzungenzuvermeiden(„jetzt,woesmeinemPartnerso
schlechtgeht,kannichmichdochnichttrennen“).
BeijederKrankheitentstehtein„Krankheitsgewinn“,d.h.VorteiledurchdasKranksein.Man
unterscheidetden
- PrimärenKrankheitsgewinn:dassinddieunmittelbarenVorteiledesKrankseins.
DurchRuhe,SchonungundEntbindungvondenPflichten,diemaneinemKranken
zubilligt,wirddieHeilunggefördert;
- SekundärenKrankheitsgewinn:dassindallemittelbarenVorteilederKrankenrolle.
DiesbetrifftVersorgungdurchAndere,Krankschreibung,evtl.BezugvonKrankengeld,AnerkennungeinerSchwerbehinderung,Rentenbezugu.a.
DersekundäreKrankheitsgewinnverzögertoderverhindertdieGesundung,weil
sonstdieGratifikationverlorenginge.EristeinwichtigesElementderChronifizierungeinerStörung.
InderPsychosomatikspieltdersekundäreKrankheitsgewinneinebesondereRolle.Klienten
mitpsychosomatischenStörungensuchendieSozialberatungnichtseltenwegenGratifikationswünscheni.S.dessekundärenKrankheitsgewinnsauf.EsistAufgabedesSozialarbeiters,
dieszuerkennenund–soweitmöglich-zurVermeidungeinerChronifizierungbeizutragen.
SpeziellePsychosomatik
DerAbschnittspeziellePsychosomatikerhebtnichtdenAnspruch,einevollständigeÜbersichtpsychosomatischerStörungsbilderzugeben.VielmehrsolleninderPraxishäufigvorkommendeStörungenbesprochenwerden.DurchVideo-FalldemonstrationeninderVorlesungwirddievorliegendeDarstellungergänzt.
DiesystematischeKlassifikationvonKrankheitenwirddurchdenICD-10derWHOvorgenommen(InternationalCodeofDiseases,Version10).
DieKapiteldesICD-10inderÜbersicht:
A00-B99:
C00-D48:
BestimmteinfektiöseundparasitäreKrankheiten
Neubildungen
16
D50-D89:
E00-E90:
F00-F99:
G00-G99:
H00-H59:
H60-H95:
I00-I99:
J00-J99:
K00-K93:
L00-L99:
M00-M99:
N00-N99:
O00-O99:
P00-P96:
Q00-Q99:
R00-R99:
S00-T98:
V01-Y98:
Z00-Z99:
U00-U99:
KrankheitendesBlutesundderblutbildendenOrganesowiebestimmteStö-
rungenmitBeteiligungdesImmunsystems
Endokrine,Ernährungs-undStoffwechselkrankheiten
PsychischeundVerhaltensstörungen
KrankheitendesNervensystems
KrankheitendesAugesundderAugenanhangsgebilde
KrankheitendesOhresunddesWarzenfortsatzes
KrankheitendesKreislaufsystems
KrankheitendesAtmungssystems
KrankheitendesVerdauungssystems
KrankheitenderHautundderUnterhaut
KrankheitendesMuskel-Skelett-SystemsunddesBindegewebes
KrankheitendesUrogenitalsystems
Schwangerschaft,GeburtundWochenbett
BestimmteZustände,dieihrenUrsprunginderPerinatalperiodehaben
AngeboreneFehlbildungen,DeformitätenundChromosomenanomalien
SymptomeundabnormeklinischeundLaborbefunde,dieanderenortsnicht
klassifiziertsind
Verletzungen,VergiftungenundbestimmteandereFolgenäußererUrsachen
äußereUrsachenvonMorbiditätundMortalität
Faktoren,diedenGesundheitszustandbeeinflussenundzurInanspruchnah-
medesGesundheitswesensführen
SchlüsselnummernfürbesondereZwecke
PsychosomatischeStörungensindüberwiegendimKapitelFkodiert,könnenaberauchin
denKapitelndereinzelnenOrganevorkommen.
DasKapitelFdesICD-10inderÜbersicht:
F00-F09
F10-F19
F20-F29
F30-F39
F40-F48
F50-F59
F60-F69
F70-F79
F80-F89
F90-F98
F99
Organische,einschließlichsymptomatischerpsychischerStörungen
PsychischeundVerhaltensstörungendurchpsychotropeSubstanzen
Schizophrenie,schizotypeundwahnhafteStörungen
AffektiveStörungen
Neurotische,Belastungs-undsomatoformeStörungen
VerhaltensauffälligkeitenmitkörperlichenStörungenundFaktoren
Persönlichkeits-undVerhaltensstörungen
Intelligenzminderung
Entwicklungsstörungen
Verhaltens-undemotionaleStörungenmitBeginninderKindheitundJugend
NichtnäherbezeichnetepsychischeStörungen
AmhäufigstenfindensichpsychosomatischeSymptomeundStörungeninfolgendenUnterkapiteln:
o
o
o
o
o
o
o
o
o
o
DepressiveStörungenmit„somatischemSyndrom“–F32/F33
Angststörungen,insbesonderePanikstörung-F40/F41
Zwangsstörungen(FolgenvonZwangshandlungen)-F42
sog.Konversionsstörungen(z.B.psychogeneLähmung)–F44
SubstanzmissbrauchundAbhängigkeit–F55
somatoformeStörungen(funktionelleStörungen)–F45
Essstörungen–F50
Schlafstörungen–F51
sexuelleFunktionsstörungen–F52
PsychischeFaktorenbeikörperlichenKrankheiten–F54
ImFolgendenwerdenausgewählteStörungsbilderbesprochen.
17
SomatoformeStörungen
Definition:
o DasCharakteristikumistdiewiederholteDarbietungkörperlicherSymptomeinVerbindungmithartnäckigenForderungennachmedizinischenUntersuchungentrotz
wiederholternegativerErgebnisseundVersicherungderÄrzte,dassdieSymptome
nichtkörperlichbegründbarsind.WennkörperlicheBefundevorhandensind,erklärensienichtdieArtunddasAusmaßderSymptome,dasLeidenunddieinnerliche
BeteiligungdesPatienten.
Eswirdangenommen,dassinDeutschlandca.5,4MillionenMenschenansomatoformen
Störungenleiden.Etwa1/3derPatienteninAllgemeinpraxenweisen(auch)somatoforme
Störungenauf.DamitgehörendiesezudenhäufigstenStörungenüberhaupt.Frauensind
häufigerbetroffenalsMänner.
ManunterscheidetSomatisierungsstörungen,hypochondrischeStörung,somatoformeautonomeFunktionsstörungundanhaltendesomatoformeSchmerzstörung.
Somatisierungbedeutet„Verkörperlichung“(seelischerBefindlichkeit).DieSymptomentstehungwirdambestenmitdempsychosomatischenModellderDe-undResomatisierungerklärt(s.o.).
BeidenSomatisierungsstörungensindvielfältige,wiederholtauftretendeundhäufigwechselndekörperlicheSymptomecharakteristisch,diewenigstenszweiJahrebestehen.Die
meistenPatientenhabeneinelangeundkompliziertePatienten-Karrierehintersich,sowohl
inderPrimärversorgungalsauchinspezialisiertenmedizinischenEinrichtungen,woviele
negativeUntersuchungenundvergeblicheOperationendurchgeführtseinkönnen.DieSymptomekönnensichaufjedenKörperteiloderjedesSystemdesKörpersbeziehen.DerVerlauf
derStörungistchronischundwechselndundhäufigmiteinerlangdauerndenStörungdes
sozialen,interpersonalenundfamiliärenVerhaltensverbunden.
Beispiel:Video-Falldemonstration„ChronifizierteSomatisierungsstörung“
DiehypochondrischenStörungensindgekennzeichnetdurcheinebeharrlicheBeschäftigung
mitderMöglichkeit,aneinerodermehrerenschwerenundfortschreitendenkörperlichen
Krankheitenzuleiden.DiePatientenbeschreibenanhaltendekörperlicheBeschwerdenoder
beschäftigensichständigmitihrenkörperlichenPhänomenen.Normaleoderallgemeine
KörperwahrnehmungenundSymptomewerdenvondembetreffendenPatientenoftalsabnormundbelastendinterpretiertunddieAufmerksamkeitmeistaufnureinoderzweiOrganeoderOrgansystemedesKörpersgerichtet.DepressionundAngstfindensichhäufigals
Begleitstörungen.
Beispiel:
33-jährigerLehrer,Lebensgemeinschaft,keineKinder.SeitderGeburtAnfällevonHerzrasenbeibekannterReizleitungsstörungdesHerzens(sog.WPW-Syndrom),im31.LebensjahrdurchHerzkatheter
EingriffamReizleitungssystem,VerlaufdesEingriffskomplikationsfrei,danachBeschwerdefreiheit.Im
ZugeeinerprivatenKonfliktsituation–dieLebensgefährtinlebtberufsbedingtfüreinigeMonateim
Ausland,derPatienthatinzwischeneineBeziehungzueineranderenFraubegonnen–kamesim
letztenJahrerneutzumAuftretenvonHerzrasenunklarerUrsache,diesmalverbundenmitstarkem
Herzklopfen,DruckgefühlinderHerzgegend,Hyperventilation,Atemnot,Schwitzen,Schwindel,NervositätundTodesangst.NeurologischundkardiologischunauffälligerBefund.DieanfallsartigenkörperlichenBeschwerdeninVerbindungmitpanischerAngsttretenmehrmalswöchentlichabruptauf,
erreicheninnerhalbwenigerMinuteneinMaximumunddauerninderRegel20bis40Minuten.Die
Anfälleereignensichteilsspontan,teilsinSituationenmitängstlicherErwartungshaltung.InderFolge
hatderPatienteinzunehmendesVermeidungsverhaltenentwickeltinSituationenmitgroßenMenschenansammlungen,beikörperlicherBetätigung,beigrößerenEntfernungenvomWohnortundbeim
18
AufsucheneinsamerGegenden(WandernimWald,imGebirge);dieseSituationenwerdenzumeist
vermiedenodernurmitgroßerErwartungsangstundteilweisemAuftretenderanfallsartigenBeschwerdenerlebt.DerPatientbezweifeltdieVersicherungmehrererÄrzte,dasskeineausreichende
organischeUrsachefürdiekörperlichenBeschwerdenvorliegt.Eristüberzeugtdavon,neuerlichan
einerHerzkrankheitzuleiden,undhatindenletzten6MonatenzahlreicheHerzspezialistenaufgesucht.
SomatoformeautonomeFunktionsstörung:DieSymptomewerdenvomPatientensogeschildert,alsberuhtensieaufderkörperlichenKrankheiteinesSystemsodereinesvegetativkontrolliertenOrgans,beispielsweisedesHerz-Kreislauf-Systems,desMagen-Darm-Trakts,der
AtmungoderdesurogenitalenSystems(Nieren,Harnwege,Geschlechtsorgane).Esfinden
sichmeistzweiTypenvonBeschwerden:(1)Beschwerden,dieaufbeobachtbaren(objektiven)SymptomenberuhenundAusdruckdervegetativenErregungsindwieetwaHerzklopfen,Schwitzen,Erröten,Zittern.SiesindAusdruckderFurchtvorundBeeinträchtigungdurch
eine(körperliche)Erkrankung.(2)subjektiveBeschwerdenunspezifischerundwechselnder
Natur,wieflüchtigeSchmerzen,Brennen,Schwere,EngeundGefühle,aufgeblähtoderauseinandergezogenzuwerden,dievomPatienteneinemspezifischenOrganoderSystemzugeordnetwerden.
VoraussetzungderEinordnungalssomatoformeStörungiststets,dasseineorganischeAbklärung
keinenBefunderbrachthat!HäufigvorkommendeStörungensind:„Herzneurose“,„Magenneurose“
(dieseBegriffesindnochgebräuchlich,solltenjedochnichtmehrverwendetwerden,Begründungs.o.
–ModelldervegetativenSpannungen),Luftschlucken,Reizdarm,Blähungen,BeschwerdenbeimWasserlassen,häufigerHarndrang(Reizblase),Reizhusten,Hyperventilation,Magenausgangskrämpfe(Pylorospasmus),Schluckauf,u.a.
Beispiel:Video-Falldemonstration„Blähbauch“
(Anhaltende)somatoformeSchmerzstörung–s.u.unter„Schmerzstörung“
SomatoformeStörungensindaußerordentlichhäufigundführenzueinerübermäßigenInanspruchnahmemedizinischerundsozialerVersorgungssysteme,verursachendadurcherheblicheKostenundbergendieGefahr,durchKomplikationenmedizinischerEingriffeeineSchädigungzuerleiden.
ImRahmendesInanspruchnahmeverhaltenswirdhäufigauchdieSozialberatungaufgesucht.
DaheristesindersozialenArbeitwichtig,dieseStörungsbilderzukennen.Schwereund
chronifizierteSomatisierungsstörungenführenoftzurFrühberentung!
Essstörungen
Anorexianervosa(Magersucht)
DieAnorexiaistdurcheinenabsichtlichselbstherbeigeführtenoderaufrechterhaltenenGewichtsverlustcharakterisiert.AmhäufigstenistdieStörungbeiheranwachsendenMädchen
undjungenFrauen;heranwachsendeJungenundjungeMänner,KindervorderPubertätund
ältereFrauensindseltenbetroffen.DieKrankheitistmitspeziellenVorstellungenüberden
Körperverbunden,wobeidieAngstvoreinemdickenKörperundeinerschlaffenKörperform
alseinetiefverwurzelteüberwertigeIdeebestehtunddieBetroffeneneinesehrniedrige
Gewichtsschwellefürsichselbstfestlegen.EsliegtmeistUnterernährungunterschiedlichen
Schweregradesvor,dieinderFolgezuhormonellenVeränderungenundzukörperlichen
Funktionsstörungenführt.ZudenSymptomengehöreneingeschränkteNahrungsauswahl,
übertriebenekörperlicheAktivitäten,selbstinduziertesErbrechenundAbführenundder
GebrauchvonAppetitzüglernundDiuretika(Entwässerungsmittel).
Manschätzt,dassetwa1%derMädchenundjungenFrauen(12–25Jahre)inEuropaunter
Anorexieleiden.BeiMännernistAnorexieseltener(Männer:Frauenwie8:1).BeiVorliegen
19
obigerSymptomegiltalsdefinitorischeGrenzedesKörpergewichtseinBMI7vonunter17,5.
UnbehandeltistdieTodesrateetwabei15%.WennderBMIauf13abgesunkenist,besteht
akuteLebensgefahr.
AlsUrsachespielennebeneinergewissenDispositionundkulturellenEinflüssen(SchlankheitswahnbeiModels)insbesonderefamilienbiographischeFaktoreneineRolle:Harmoniebedürfnis,Konfliktvermeidung,hoheLeistungsanforderungen,emotionaleKühleundHänseleienüberdieKörperformeninderPubertät.AuchkommtinderVorgeschichtesexueller
Missbrauchhäufigervor.AustiefenpsychologischerSichtliegthäufigeinegestörteMutterTochter-Beziehungvor,beidereinerseitskeineIdentifikationmitderFrauenrollestattfindet,
andererseitsdieLösungvonderMutterundSelbstständigwerdungnichtgelingt.
Beispiel8:
Die15jährigeGymnasiastinM.wog54kgbeieinerGrößevon1,64m(BMI20).ImMaibegannsie
nachHänseleienüberihrAusseheneineDiät.SieaßvermehrtRohkostundverzichteteaufSüßigkeiten.NacheinerGewichtsabnahmevon2kgbegannsiezujoggen,ersteinbiszweimalproWoche,
späterdanntäglichfüreinbiszweiStunden.Sienahmnocheinmal3kganGewichtab.Nachdemdie
ElternimJulierfuhren,dasM.sRegelblutungausblieb,kameszurVorstellungbeimKinderarzt,dervor
einerweiterenGewichtsabnahmewarnte.TrotzmehrfachenBemühensderEltern,ihreTochterzu
einernormalenNahrungsaufnahmezubewegen,aßM.zunehmendnurnochObstundJoghurtund
nahmweiterhinanGewichtab.M.begann,fürihreFamiliezukochen,nahmaberandenMahlzeiten
nichtteil.M.erklärteihrenEltern,dasssiebereitsinderSchuleoderbeiFreundengegessenhätte.
Situationen,beideneninGesellschaftMahlzeiteneingenommenwurden,vermiedsie.DieElternbemerkten,dassihreTochteroftStundenmitdenHausaufgabenverbrachte,dieDingeinihremZimmer
genauestensordnete,nurnochwenigausdemHausgingundsichfastgarnichtmehrmitFreunden
traf.HieraufangesprochenerklärteM.ihrenEltern,dassihreKlassenkameradenalbernundkindisch
seienundsienichtsmehrmitihnenanfangenkönne.ImSommerurlaubstellteM.dasEssenfastvöllig
ein,trankaberbiszu4LiterWassertäglich.TäglichkamesinderFamiliezuzumTeilheftigenAuseinandersetzungenumM.sEssverhalten.NachdemM.imOktobereinenKreislaufkollapserlitt,kames
erneutzurVorstellungbeimKinderarzt.ZudiesemZeitpunktwogsie45kgundverneintevehement,
dasssiezuwenigäße.DerKinderarztverschriebkalorienreicheTrinkpäckchenundempfahldenEltern
beiVerdachtaufMagersuchtdieVorstellungbeimKinder-undJugendpsychiater.M.weigertesich
strikt,erneuteinenArztaufzusuchenundmachteihrenElternheftigeVorwürfe,siealskrankzubezeichnen.NacheinemerneutenKreislaufkollapswurdeM.beieinemGewichtvon41kg(BMI15)in
einerKlinikfürKinder-undJugendpsychiatrieund–psychotherapieaufgenommen.
DiePsychotherapiebeiAnorexieistzumeistlangwierig,umfasstEinzelpsychotherapie(tiefenpsychologischeoderVerhaltenstherapie)oder/undsystemischeTherapie(Familientherapie).Einzelheitens.Vorlesung„PsychodiagnostikundPsychotherapie“.
Bulimie(Ess-Brech-Sucht)
EinSyndrom9,dasdurchwiederholteAnfällevonHeißhungerundeineübertriebeneBeschäftigungmitderKontrolledesKörpergewichtscharakterisiertist.DiesführtzueinemVerhaltensmustervonEssanfällenundErbrechenoderGebrauchvonAbführmitteln.VielepsychischeMerkmaledieserStörungähnelndenenderAnorexianervosa,sodieübertriebeneSorgeumKörperformundGewicht.WiederholtesErbrechenkannzuElektrolytstörungen(StörungenderBlutsalze)undkörperlichenKomplikationenführen.Häufiglässtsichinder
7
BMI=bodymassindex(KörpergewichtinKilogrammdividiertdurchKörpergrösseinMeternzum
Quadrat).Beispiel:Gewicht=45kg,Größe1,60->BMI=17,5
8
DieFallbeispielezuEssstörungensindentnommenausdemDeutschenÄrzteblatt2005102:A50–58
9
UntereinemSyndromverstehtmaneine(typische)KombinationverschiedenerSymptome
20
AnamneseeinefrühereEpisodeeinerAnorexianervosamiteinemIntervallvoneinigenMonatenbiszumehrerenJahrennachweisen.BeidenErkrankungenisteineStörungdesKörperschemasgemeinsam.WährendjedochbeiAnorexieeinüberschlankerKörperalsnormal
angestrebtwird,stehtbeiBulimiedieAngstvorGewichtszunahmeunddieständigeBeschäftigungmitdemThemaEssenimVordergrund.
DieStörungbetrifftfastausschließlichMädcheninderPubertätundjungeFrauen.Indieser
Altersstufeerkranken1-3%.InbestimmtenGruppen(Models,Sportlerinnen,Tänzerinnen…)
istBulimiebesondershäufig.
Beispiel:
Beiderleichtübergewichtigen17jährigenT.(BMI24)bestandenseitdemWechselaufdieweiterführendeSchuleProblemeimsozialenBereich.HäufighattesieAuseinandersetzungenmitMitschülerinnen,dasiesehrimpulsivundheftigaufKritikundKränkungreagierte.InihrerKlassehatteT.nurwenigeFreunde.AuchimfamiliärenRahmenkameshäufigzuStreitmitdenElternundGeschwistern,
infolgedessenT.sichoftangespanntundwütendaufihrZimmerzurückzog.DieWutschlugschnellin
TraurigkeitundHilflosigkeitum.T.fühltesicheinsamundvonniemandenverstanden.IndiesenPhasenbegannsieimAltervon16Jahrenaus„Frust“größereMengenSchokoladezuessen.Innerhalb
vonzweiMonatennahmsie2kganGewichtzu.DiesesverstärkteihrGefühl,unansehnlich,zudick
unddeshalbeinsamzusein.SiebeganneineDiät,hieltdiesejedochnureineWochedurch,ohnedass
eineGewichtsabnahmeeintrat.NachdemderersteFreunddieBeziehungzuihrbereitsnachzwei
Wochenbeendete,kameszueinemheftigenEssanfall,beidemT.innerhalbvon30Minuten3500
kcalhinunterschlang.DerEssanfallverschaffteihrkurzfristigErleichterunginHinblickaufihreinnere
AnspannungundihrGefühlvonEinsamkeit.SchnelltratjedocheineausgeprägteAngstvoreinerGewichtszunahmeauf,aufgrunddererT.unbemerktvondenElternaufderToiletteerbrach.ImVerlauf
tratennunzunehmendhäufiger(bisdreimalproTag)Ess-Brech-Anfälleauf.T.aßmorgensundmittags
fastgarnichtsmehr.AmNachmittagundamAbendkonntesieihrHeißhungergefühlnichtmehrkontrollieren.AusSchamverheimlichtesiedieEssattackenunddasErbrechengegenüberFamilieund
Freunden.DieMutterbemerktezwar,dassLebensmittelfehlten,eineErklärunghattesieabernicht.
ErstnachdemT.imAltervon17,5Jahrendabeibeobachtetwurde,wiesieGeldausihremPortemonnaieihrerMutternahm,umNahrungsmittelzukaufen,erzähltesieihrerMuttervonihrerKrankheit.
DiesesführtezurEinleitungeinerambulantenPsychotherapie.
EtwadieHälftederFällekanndurchPsychotherapiegeheiltodererheblichgebessertwerden.
PsychosomatikausgewählterFachgebiete
PsychosomatischeSymptomeundStörungenkönneninfastallenFachgebietenderMedizin
auftreten.HierwerdennurdiehäufigstenStörungendargestellt.
Kardiologie(Herz-Kreislauf-Erkrankungen)
ImRahmeneinerSomatisierungsstörungbzw.einersomatoformenautonomenFunktionsstörung(„Herzneurose“könnenHerzbeschwerdenauftreten,dieswurdebereitsbesprochen.
Angststörungen,spezielldiePanikstörung,machensichebenfallsdurchHerzbeschwerden
bemerkbar.BeiPanikattackenkommteszuanfallsartigemHerzrasen,Zittern,Luftnot,
Schweißausbruch,SchwindelundHyperventilation.DaeinunmittelbarerAuslösermeistnicht
erkennbarist,scheinendieAnfälleunerklärlich.VieleBetroffeneglaubenaneineHerzkrankheitundsuchenzunächstdenInternistenbzw.Kardiologenauf.Erstwennentsprechende
Untersuchungennegativsind,wirdaneineseelischeUrsachegedacht,diefürdieBetroffenenabernichtersichtlichist,ofterstdurchPsychotherapieaufgedecktundbearbeitetwerdenkann.
21
BeispielPanikstörung
DiehäufigsteHerzerkrankung,diekoronareHerzkrankheit(KHK),trägtwesentlichzurTodesursacheNr.1,denHerz-Kreislauf-Erkrankungen,bei.HierbeihandeltessichumeineVerengungundVerstopfungvonHerzkranzarterien(s.Skript„EinführungindieGesundheitswissenschaften“S.18),diezumHerzinfarktführenkann.
NebeneinerReihevonkörperlichen(Rauchen,Bluthochdruck,hoheBlutfettwerte,Übergewicht,Zuckerkrankheit)undbiologischenRisikofaktoren(AlterGeschlecht,Vererbung)sind
eineReihevonpsychischenundsozialenFaktorenbekannt,denenimmernochzuwenigBeachtunggeschenktwird.
PsychischeFaktoren.BeidenPersönlichkeitsfaktorenistFeindseligkeit(„hostility“)zunennen.DamitisteinemisstrauischeundfeindseligwirkendeGrundeinstellunganderenMenschengegenübergemeint.EshandeltsichumPersönlichkeiten,dieAnderenmeistnegative
Absichtenunterstellen.BeidenemotionalenFaktorenistalserhöhtesRisikoDepressivität
undausgeprägtephobischeAngstwissenschaftlichgesichert.Auch„vitaleErschöpfung“(also
dasvölligeAusgelaugtseinübereinenlängerenZeitraum)wirdgenannt.
SozialeFaktoren.SozialeIsolierung,niedrigersozioökonomischerStatusundberuflicheDistressbelastung(Distress=negativerStress,s.o.)sinddieentscheidendensozialenFaktoren.
EntgegenfrühererMeinungistderHerzinfarktkeineManagerkrankheit,ertrittbeiungelerntenArbeiterndreimalhäufigerauf!
NachHerzinfarktistdasAuftreteneinerDepressionhäufig.Diesführtzueinerverzögerten
KrankheitsverarbeitungundkanneinenpsychosomatischenTeufelskreis(s.o.)inGangsetzen.AufgabederSozialarbeitinnerhalbeinerAkutklinik,aberauchnachEntlassung,istes,
zurRehabilitationzumotivierenunddiesekonkretindieWegezuleiten.
GynäkologieundSexualstörungen
Eswirdgeschätzt,dassmehrals1/3derFrauen,dieden/dieGynäkologInaufsuchen,unter
psychosomatischenStörungenleiden.
AuchhierlassensichdreiGruppenvonStörungenabgrenzen:
- PrimärkörperlichegynäkologischeErkrankungenmitseelischenFolgen
z.B.DepressionundSexualstörungennachlangegehegtem,aberunerfülltemKinderwunschoderAngststörungnachKrebserkrankung
- PrimärseelischeUrsachengynäkologischerBeschwerden
meistUnterbauchbeschwerdeninfolgeKonfliktsituationenz.B.beiinneren(Ambivalenz-)Konflikten,Identitätskonflikten(RollealsFrau),Selbstwertkonflikten,sexuellen
KonfliktenoderPartnerkonflikten
- PsychosozialeUrsachengynäkologischerBeschwerden
aktuelleoderfrühereBelastungenausdemUmfeldz.B.durchsexuellenMissbrauch,
EntwertungundDiskriminierung,aktuelleDoppelbelastung(FamilieundBeruf),SituationalsAlleinerziehende,belastendeLebensereignisseu.a.
Zudenhäufigengynäkologisch-psychosomatischenSymptomengehörenUnterbauchschmerzenohneorganischeErklärung,Menstruationsstörungen,Ausfluss(gefühl),JuckreizundSexualstörungen.
BeidenMenstruationsstörungensindzunennen:Dysmenorrhoe(schmerzhafteRegelblutung),prämenstruellesSyndrom(imWesentlichen:StimmungslabilitätunddepressiveReizbarkeitindenTagenvorderRegelblutung)undsekundäreAmenorrhoe(vollständigesAusbleibenfrühernormalerRegelblutungen–häufigbeiAnorexie).
22
BeidensexuellenFunktionsstörungentretenhäufigauf:MangeloderVerlustansexuellem
Verlangen(„Frigidität“),sexuelleAversionundmangelndesexuelleBefriedigung,Versagen
genitalerReaktionen(ErrektionsstörungenbeiMännern,mangelndesexuelleErregungbei
Frauen),Orgasmusstörung(starkverzögerteroderfehlenderOrgasmus)undDyspareunie
(schmerzhafterSexualverkehr–s.FallbeispielS.11).
Auchhiergilt:einekörperlicheErkrankungmussausgeschlossenwerden!
DieBehandlungrichtetsichnachderjeweiligen(psychischenoderpsychosozialen)Ursache.
EidenpsychotherapeutischenVerfahrensindnebenEinzelpsychotherapieinsbesonderestörungs-bzw.symptomspezifischeGruppentherapieundPaartherapiezunennen.
Neurologie
NebeneinembreitenSpektrumansomatoformenStörungengibtesinderNervenheilkunde
Störungsbilder,diekörperlich-neurologischeBeschwerdenaufweisen,jedochneurologisch
völligunerklärlichsind.DiemeistanfallsartigauftretendenStörungenwurdenfrüherals„hysterischeAnfälle“oderHysteriebezeichnet,heutewirddieserBegriffvermieden(oderdurch
denBegriff„histrionisch“ersetzt).ImICD-10werdendieseStörungenalsKonversionsstörungenoderdissoziativeStörungenbezeichnet.Wieerwähnt,stelltKonversiondieUmwandlung
oderVerschiebungeinesseelischenKonfliktsbzw.einerseelischenBelastungssituationins
Körperlichedar,trittmeistinderFolgeinterpersonalerSchwierigkeitenauf.
Beispiel1:Video-Falldemonstration„Stimmverlust“
Beispiel2:Eine46-jährigeHausfrauwurdevomPsychiaterihresManneszurKonsultationüberwiesen.ImVerlaufderErörterungbestimmterEhekonflikte,dieermitseinerFrauhatte,hattederMann
die„Schwindelattacken“seinerFrauerwähnt,diesiesehrbehinderten.InderKonsultationbeschrieb
dieFrau,siewerdevieroderfünfAbendeproWochevonextrememSchwindel,begleitetvonleichter
Übelkeit,überwältigt.WährenddieserAttackenerscheineihrdasZimmerumsieherum„schimmernd“undsiehabedasGefühlzu„schweben“unddasGleichgewichtnichthaltenzukönnen.UnerklärlicherWeisetratendieAttackenfastimmernachmittagsumvierUhrauf.Gewöhnlichmusstesie
sichaufdieCouchlegen,undoftgingesihrerstumsiebenoderachtUhrabendswiederbesser.DanachverbrachtesiedenRestdesAbendsmeistvordemFernseher,undsehroftschliefsieimWohnzimmereinundgingerstumzweioderdreiUhrmorgensinsSchlafzimmerundzuBett.IhrInternist,
einNeurologeundeinHNO-SpezialisthattendiePatientinmehrfachfürkörperlichgesunderklärt.Eine
Unterzuckerungwarausgeschlossenworden.AufdieFragenachihrerEhebeschriebdieFrauihren
MannalsäußerstanspruchsvollenTyrannen,dersieundihrevierKinderverbalmisshandelte.Siegab
zu,dasssietäglichseineRückkehrvonderArbeitfürchtete,weilsiewusste,dasserdasHausalsSaustallbezeichnenundihmdasEssen,wenneseinesgab,nichtschmeckenwürde.SeitdemBeginnihrer
Attackenginger,wennsienichtinderLagewar,dasAbendessenzuzubereiten,mitdenvierKindern
zuMcDonaldsoderineinePizzeria.DanachrichteteersichimSchlafzimmerein,umeinBaseball-Spiel
anzuschauen,undsieunterhieltensichkaummiteinander.TrotzihrerSchwierigkeitenbehauptetedie
Patientin,sieliebeihrenMannundbraucheihnsehr.
DissoziationwirddefiniertalsteilweiserodervölligerVerlustdernormalenIntegrationder
ErinnerungandieVergangenheit,desIdentitätsbewusstseins,derWahrnehmungunmittelbarerEmpfindungensowiederKontrollevonKörperbewegungen.DissoziationheißtTrennungoderSpaltung;GemeintistdieTrennungvonGefühlundInhalteinerbelastendenSituation,oftausgelöstoderinderFolgeeinerTraumatisierung.DadurchistdieErinnerungandie
Situationzumeistgestört(dissoziativeAmnesie).Menschen,diesichaneinschwerwiegendes
Ereignisnichterinnern,obwohlsiewachundansprechbarwaren,habenvermutlichdissoziiert.DerMechanismusderDissoziationermöglichtzunächst,dasseineExtrembelastungerträglichwird,verhindertjedochdieVerarbeitungderSituation(s.u.posttraumatischeBelas23
tungsstörung,PTBS).AllerdingsentwickeltnichtjederMensch,derinderaktuellenSituation
dissoziierthat,spätereinePTBS.
Beispiel:Eine23-jährigeFrauwirdschuldlosineinenschwerenVerkehrsunfallverwickelt,beidem
einMenschstirbtundzweiweitereschwereVerletzungenerleiden.Sieselbstbleibtwiedurchein
Wunderunverletzt.WieUmstehendespäterberichten,verhältsichdiejungeFrauruhigundzielgerichtet,alarmiertdieRettungsdiensteundkümmertsichumdieVerletzten.NachdemAbtransportder
Verletztenerscheintsiezunehmendteilnahmslosunddistanziert.SiebittetdiePolizisten,erstspäter
ihreAussagemachenzudürfen,momentanseisiezuverwirrt.DiePolizistenfahrensienachHause,
kommenamnächstenVormittagwiederundstellenzuihrerÜberraschungfest,dasssichdiejunge
FrauandasUnfallgeschehennichterinnernkann,obwohlsiedirektnachdemUnfallAnderenden
Unfallherganggeschilderthatte.ImweiterenVerlaufgehtesderFraugut,dieErinnerungandenUnfallkommtjedoch(zunächst)nichtwieder.
Krebs
KrebserkrankungsindstetsschwerwiegendeLebensereignisse,derenBewältigungnichtimmergelingt.IndenletztenJahrenhatsicheinFachgebietentwickelt,welchesaufdiepsychosomatischeSeitederKrebserkrankungenfokussiert:diePsycho-Onkologie10.
DieMitteilungeinerKrebsdiagnosekanntraumatischeReaktionenauslösen.Manspricht
auchvomDiagnose-Schock.InderFolgebeginnteineAuseinandersetzung,derenStrategie
zwischenLeugnen(„dasistnureinböserTraum,ausdemichirgendwannaufwache“)und
übermäßigerBeschäftigungmitdemThema(depressivesGrübelnohneErgebnis)alleVariantenenthält.Krebs,aberauchandereschwereKrankheiten,werdenhäufigalsBedrohungund
BeschädigungdesKörpersunddesgesamtenSelbsterlebt.NachdemDiagnoseschocktritt
meisteinePhasemitausgeprägtenStimmungsschwankungenzwischenEuphorieundVerzweiflungein,dieschließlicheinemindividuellenBewältigungsstilPlatzmacht.DieserBewältigungsstil(Coping)kannvonpassiverHilflosigkeitbiszuübertriebenerAktivitätreichen.
AuchwerdenfrühereErfahrungenundKonflikteu.U.re-aktualisiertunderschwerendieBewältigung.Auffallendist,dasswährendderKrebstherapie(Operation,Chemotherapie,Bestrahlung)einhohesBewältigungspotentialvorzuliegenscheint:diePatientenertragendie
schwierigstenEingriffemitOrganentfernungenunddiehärteste„Chemo“.Dieswirddamit
erklärt,dassdurchdieKonzentrationaufdieKrebstherapiedieeigentlicheAuseinandersetzungmitderKrankheitvermiedenwird.ImtiefenpsychologischenSinnesprichtmanvon
Externalisierung:durchdieVerlagerung„nachaußen“wirddieAuseinandersetzung„imInnern“vermieden.Psychotherapeutischistesnichtimmersinnvoll,KrebspatientenzurAuseinandersetzungmitihrerKrankheitzuzwingen.ManchmalsinddiesePatientenauchmit
Vermeidungsstrategienbesserbedient.
DerDozenthateswährendseinerärztlichenTätigkeithäufigererlebt,dassnacheinemausführlichen,
offenenundeinfühlsamenAufklärungsgesprächüberdieKrebsdiagnosePatientenspätergegenüber
Angehörigensteifundfestbehaupteten,manhabenichtmitihnengesprochen,sieseiennichtaufgeklärtworden.DiesistalsHinweisaufeineStrategiederVermeidungundVerleugnungzuverstehen
undsollteakzeptiertwerden.U.U.handeltessichauchumeindissoziativesPhänomen.
Belastungsfaktoren,diedasCopingerschwerensindfolgende:
– UnsichereHeilungschancen,vielfachchronischesLeidenund(ca.50%)Unheilbarkeit
/Heilbarkeit
– BelastendeTherapie,UnvorhersagbarkeitdesKrankheitsverlaufs
– VermindertekörperlicheundgeistigeLeistungsfähigkeit,seelischeLabilität
10
Onkologie=Krebsheilkunde
24
– AbhängigkeitvonmedizinischenSpezialisten
– KrankenhausaufenthalteundTrennungvonAngehörigen
– persönlicheundsozialeEinbußen
– begrenzteZukunftsperspektive
DieAbmilderungvonBelastungsfaktorenkannauchz.T.AufgabesozialerArbeitsein.
Schmerzstörungen
InDeutschlandleiden6MillionenMenschenanchronischenSchmerzen!Schmerzsyndrome
sindhäufigeGesundheitsstörungenundkönnenverschiedensteUrsachenhaben.NebeneinerreinkörperlichenUrsache(z.B.Verletzung)odereinerausschließlichseelischenUrsache
(somatoformeSchmerzstörung)kommeneherMischformenvor.SelbstbeiursprünglichorganischerUrsache(z.B.Bandscheibenvorfall)kannesimVerlaufzuseelischerBeteiligung
kommen.ChronischeSchmerzen,d.h.Schmerzen,diemindestensseit½Jahrbestehen,habenmeisteineseelischeundkörperlicheKomponente.AuchseelischbedingterSchmerz
kannzukörperlichenReaktionenführen(z.B.stressbedingteMuskelverspannungen).
WarumausakutemSchmerzhäufigeinchronischerSchmerzwird,istnichtimmerzuklären.
Maßgebendsind:
- EntwicklungeinerSchmerzgewohnheit
- SchmerzgedächtnisdesKörpers
- SchmerzalsAusdruckeinesseelischenKonflikts
- SchmerzalsFolgeeinerTraumatisierung
- SekundärerKrankheitsgewinn
- ReaktionderUmwelt
HierbeispieltdieArtderSchmerzverarbeitungeinewichtigeRolle.WiestarkeinSchmerz
empfundenwird,hängtvonzahlreichenFaktorenab,wiez.B.
NichtbeeinflussbareFaktoren
StärkedesSchmerzreizes(SchweregradeinerSchädigung)
biologischeFaktoren(Vererbung)
BeeinflussbareFaktoren
Gefühlszustand(verstärkteSchmerzwahrnehmungz.B.beiAngstoderDepressivität)
Motivation(verminderteWahrnehmungz.B.beiSportlernimWettkampf)
subjektiveBewertung(z.B.katastrophisierendeDeutungdesSchmerzes)
KonzentrationoderAblenkungvermindertSchmerzempfinden
erlerntesSchmerzempfinden(pädagogischerUmgangmitSchmerz)
Gewohnheit(„ichhabeindieserSituationstetsRückenschmerzen,alsoauchheute“)
Anspannungverstärkt,EntspannungvermindertdenSchmerz
EinespezielleundhäufigeFormderchronischenSchmerzstörungenistdiesog.anhaltende
somatoformeSchmerzstörung.DievorherrschendeBeschwerdeisteinandauernder,schwererundquälenderSchmerz,derdurcheinenKörpervorgangodereinekörperlicheStörung
nichtvollständigerklärtwerdenkann.ErtrittinVerbindungmitemotionalenKonfliktenoder
psychosozialenBelastungenauf,dieschwerwiegendgenugseinsollten,umalsentscheidendeursächlicheFaktorengeltenzukönnen.DieFolgeistmeisteinebeträchtlichgesteigerte
persönlicheodermedizinischeHilfeundUnterstützung.SchmerzzuständedieanderepsychischeStörungenbegleitenkönnen(z.B.beiDepressionoderSchizophrenie),sindhiernicht
gemeint.
Beispiel:Video-Falldemonstration„SchmerzenbeimGehen“
25
SchmerzstörungenhabenmeistAuswirkungenimkörperlichen,psychischenundsozialen
Bereich.EineumfassendeTherapiemussdaheralledreiBereicheberücksichtigen.Insoweit
istsozialeArbeithäufigeinewichtigeErgänzungzumedizinischerTherapieundPsychotherapie.InsbesonderekannesauchzuMedikamentenmissbrauch(Schmerzmittel)undSucht
(Morphin,Opiate)kommen.
PosttraumatischeBelastungsstörungen(PTBS)
Dieseentstehtalseineverzögerteoder/undverlängerteReaktionaufeinbelastendesEreignisodereineSituationkürzereroderlängererDauer,mitaußergewöhnlicherBedrohungoder
katastrophenartigemAusmaß,diebeifastjedemeinetiefeVerzweiflunghervorrufenwürde.
BeiwelchenMenschennacheinemtraumatischenEreigniseinePTBSausgelöstwird,lässt
sichnichtvorhersagen.PrädisponierendeFaktorenwiebestimmtePersönlichkeitszügeoder
neurotischeStörungeninderVorgeschichtekönnendieSchwellefürdieEntwicklungdieses
SyndromssenkenundseinenVerlauferschweren,aberdieletztgenanntenFaktorensind
wedernotwendignochausreichend,umdasAuftretenderStörungzuerklären.Auchistder
(objektive)schweregraddesTraumasnichtentscheidend,sonderndiesubjektiveBedeutung
fürdieBetroffenen.VonMenschenverursachteTraumata(„manmadetrauma“),z.B.Gewalterfahrungen,disponiereneheralsNaturkatastrophen.
DieHäufigkeitderPTBSwirdwiefolgtangegeben:Vergewaltigung(55%),Konzentrationslager(50%),Kriegserfahrungen(39%),MisshandlungeninderKindheit(35%),Vernachlässigung
inderKindheit(22%),sexuelleBelästigung(19%),AndrohungvonWaffengewalt(17%),Verkehrsunfälle(11%),ZeugevonGewalttaten(7%),Naturkatastrophen(5%).
TypischeMerkmalesinddaswiederholteErlebendesTraumasinsichaufdrängendenErinnerungen(Intrusionen11,Flashbacks12),TräumenoderAlpträumen,dievordemHintergrund
einesandauerndenGefühlsvonBetäubtseinundemotionalerStumpfheitauftreten.Ferner
findensichGleichgültigkeitgegenüberanderenMenschen,TeilnahmslosigkeitderUmgebung
gegenüber,FreudlosigkeitsowieVermeidungvonAktivitätenundSituationen,dieErinnerungenandasTraumawachrufenkönnten(sog.Triggersituationen).MeisttritteinZustandvon
vegetativerÜbererregtheitmitVigilanzsteigerung13,einerübermäßigenSchreckhaftigkeit
undSchlafstörungenauf.AngstundDepressionsindhäufigmitdengenanntenSymptomen
undMerkmalenassoziiertundSuizidgedankensindnichtselten.Erschüttertes(Selbst)VertrauensowieSchuld-undSchamgefühlesindhäufigundhaltenvorallemKinderund
Jugendlichedavonab,sichErwachsenenmitzuteilen.
DerBeginnfolgtdemTraumamiteinerLatenz,diewenigeWochenbisMonatedauernkann.
DerVerlaufistwechselhaft,inderMehrzahlderFällekannjedocheineHeilungerwartet
werden.IneinigenFällennimmtdieStörungübervieleJahreeinenchronischenVerlaufund
gehtdannineineandauerndePersönlichkeitsänderung(F62.0)über.Diesbetrifftvorallem
MenschenmitwiederholtenGewalterfahrungenübereinenlängerenZeitraum.Beidiesen
chronischenVerläufensprechendiePsychotraumatologenauchvon„komplexerposttraumatischerBelastungsstörung“.
11
IntrusionensindNachallerinnerungen,d.h.sichaufdrängendeErinnerungen,diewillentlichnicht
gesteuertoderunterdrücktwerdenkönnen
12
Flashbackistdasintensive(emotionale)WiedererlebendesTraumas
13
Vigilanz=WachheitimSinnedesErregungsniveausdeszentralenNervensystems;eineSteigerung
derVigilanzwirdimFachjargonauchals„Hyperarousal“(Schreckhaftigkeit)bezeichnet
26
DieBehandlungistFachleuten(PsychotherapeutInnenmitAusbildunginPsychotraumatherapie)vorbehalten.BeichronifiziertenVerläufenistdieTherapielangwierigundschwierig.
Siegliedertsichin3Phasen:Sabilisierungsphase(AufbaueinervertrauensvollentherapeutischenBeziehung,VermittlungvonTechnikenzurSelbstberuhigung),Traumabearbeitungsphase(strukturiertes,dosiertesundkontrolliertesWiedererlebendesTraumas;dadurchwird
derVerarbeitungsprozessdertraumatischenErlebnissegefördert)unddieIntegrationsphase
(IntegrationdesTraumasindieGesamtpersönlichkeit).WeitereEinzelheitens.Vorlesung
„PsychodiagnostikundPsychotherapie“.
BeispielfüreineakutePTBS(aus:http://www.poliklinik.uos.de/index.php?page=ptbs)Die22-jährige
StudentinMajaK.besuchtihreFreundin,dieineineranderenStadtwohnt.Sieübernachtetbeider
FreundininderenDachgeschoßwohnung.AlssieabendsnacheinemKinobesuchschlafengehenwollen,bemerkensieRauchinderWohnung.NacheinigemSuchenentdeckensie,dassderRauchaus
demTreppenhauskommt.SiekönnennochdieFeuerwehralarmieren,aberdasichdieWohnung
rasendschnellmitRauchfüllt,geratenbeideinPanikundstehenTodesängsteaus,obsievonder
Feuerwehrrechtzeitiggerettetwerdenkönnen.SiewerdenbeidevonderFeuerwehrüberDrehleitern
evakuiertundüberstehendenBrandsoweitunbeschadet.EinigeWochennachdemErlebnisstellen
sichbeiMajaersteSymptomeeinerposttraumatischenBelastungsstörungein.RauchartigeGerüche,
aberauchscheinbarneutraleSituationenlösenbeiihrIntrusionenaus,denensiesichhilflosausgeliefertfühlt.SiehatgroßeSchwierigkeitensichlängerinhöherenEtageneinesGebäudesaufzuhalten.
Überallwosieist,überlegtsiewiesieimFalleeinesFeuersflüchtenkönnte.StändigmeintsieBrandgeruchzuriechen.SieleidetunterstarkenSchlafstörungenundAlpträumen.WennsieinderFerneein
Martinshornhört,gerätsieinPanik.SieverspürtdauerndeinestarkeinnereUnruheundistsehr
schreckhaft.MajaentwickelteinVermeidungsverhalteninBezugaufSituationen,diesieandieBrandsituationerinnern,wiez.B.derAufenthaltinhöherenEtagen.Dadurchwirdsiesehreingeschränkt.Da
dieSymptomeüberWochenfortbestehen,fühltsiesichsehrstarkbeeinträchtigt.
IndersozialenArbeitergebensichdesÖfterenKontaktemittraumatisiertenMenschen.
AuchwerdenSozialarbeiterInnenvoralleminderKinder-undJugendarbeithäufigermit
traumatisiertenKindernzutunhaben.DaheristdieKenntnisdesStörungsbildeswichtigund
derVerweisaneine(n)PsychotraumatherapeutInentscheidend.
BehandlungsansätzeinderPsychosomatik
PsychosomatischeBehandlungbasiertmeistaufmehrerenSäulen,mansprichtauchvon
multimodalerTherapie.EineeingleisigeStrategieführtbeidenüberwiegendchronischen
StörungenseltenzumErfolg:wederausschließlichPsychotherapienochalleinigemedizinischeBehandlungisthilfreich,vielmehristeseineKombinationuntenaufgeführterMöglichkeiten.
SelbstverständlichmusseinemedizinischeBehandlungnachaktuellemStandarderfolgen,
soweitdieserforderlichist.WennderBlutdruckzuhochist,mussermedikamentösgesenkt
werden,auchwenneinepsychogeneUrsacheangenommenwird.WenneineschwereDepressionvorliegt,müssenebenfallsMedikamenteeingesetztwerden,dasonstdieSuizidgefahrzugroßunddasLeidenzuintensivwäre.IndengenanntenFällenwäreesgeradezufahrlässig,Medikamentevorzuenthalten.BeiSchmerzstörungenkannesvorübergehenderforderlich,Schmerzmittelzugeben,umdieKonzentrationaufdenSchmerzzudurchbrechen
undüberhaupteinenZugangzumPatientenzubekommen.BeiPanikattackenkanneserforderlichsein,einBeruhigungsmittelzugeben(oftreicht„diePillefürdenNotfall“inderTascheaus,umdieAngstvoreinemneuenAnfallzunehmen!).
27
NacherfolgreicherTherapieeinschl.PsychotherapiekönnendanndieMedikamenteoftreduziertoderabgesetztwerden.DiessolltederFacharztgemeinsammitdemPatientenentscheiden.
KörperbezogeneVerfahren
DainderPsychosomatikstetsderKörpermitbeteiligtist,mussinderTherapiedemKörper
entsprechendeBeachtunggeschenktwerden.PositiveErfahrungenmitkörperorientierten
TherapieformenschaffenneuesVertrauenindieKörperfunktionenundmildernkörperliche
Beschwerdenhäufigab.
Trainingstherapie
EinregelmäßigesAusdauertrainingvonFormvonJogging,(nordic)Walking,Radfahren,
Schwimmen,Wandern,Tanzen(!)u.a.fördertnichtnurdieFitness,sondernhatpositiveseelischeWirkungen:
- DieErfahrung„meinKörperfunktioniertjanoch“istwichtigundhilfreich
- AlsTrainingseffektbessernsichsomatoformeStörungenofterstaunlich
- DasallgemeineKörpergefühlwirdpositivgesteigert
- DurchverbesserteFitnessfälltVielesleichter
- AusdauertrainingsteigertdieImmunabwehr(wenigerInfekte)
- Ausdauertrainingwirkanti-depressiv:mittlerweileerwiesenist,dasseineDepression
durchAusdauertrainingschnellerzurückgehtundwenigerhäufigwiederkommt
- Ausdauertrainingwirktentängstigend:PatientenmitÄngstenfassenwiederZutrauen
zuihreneigenenFähigkeiten
InpsychosomatischenKlinikenwirdAusdauertrainingregelmäßigangeboten.AlsFaustregel
gilt:mindestensdreimalwöchentlich½bis¾Stunde–jehäufigerdestobesser.Allerdings
mussvorübertriebenemSportgewarntwerden.EskommthiernichtaufbesondereLeistung
an,dieIntensitätsolltedenTrainingspuls14nichtüberschreiten.
Körperwahrnehmung
VielepsychosomatischeStörungensindmiteinermangelndenodergestörtenKörperwahrnehmungverbunden.AuchStörungendesKörperbildes(z.B.beiEssstörungen)sindhäufig.
DeshalbistesinpsychosomatischenKlinikenüblich,GruppenzuKörperwahrnehmunganzubieten.HerbeigehteseinerseitsumdieKonzentrationaufdeneigenenKörper,dernach
innengerichtetenWahrnehmungvonKörperzuständenund–reaktionen,andererseitsum
denKörperalsKommunikationsmitteldurchKörperhaltung,Gestik,Bewegungsverhalten
usw.SchließlichwerdeninderKörperwahrnehmungauchPartnerübungendurchgeführt,um
KörperreaktionenalsBeziehungserfahrungenzuspüren.
AndereVerfahren(z.B.Feldenkrais)
EsgibteineReiheweitererkörperorientierterVerfahrenwiez.B.Ausdruckstanz,QiGong,Tai
Chiu.a.,diehiernichtbesprochenwerden.
ErwähntwerdensolldieFELDENKRAIS-Methode,dieoffiziellalspädagogischeMethodeund
nichtalsTherapiebezeichnetwird.DennochergebensichwesentlichetherapeutischeEffek
14
TrainingspulsistdiebeimTrainingerreichteHerzfrequenz,diealsFaustregel2/3desWertes(220
minusLebensalter)beiHerzgesundennichtüberschreitensollte.DiegenaueFormelist
Trainingspuls=Ruhepuls+2/3*(Maximalpuls–Ruhepuls)
28
te.Körperbewegungen,Körper“handlungen“,Körperempfinden,Körperhaltungenusw.verlaufennachgewohnheitsmäßigenSchemata,diehäufignichtoptimalsindundanderAufrechterhaltungvonBeschwerdenbeteiligtsind.BeiderFeldenkrais-Arbeitgehtes–vereinfachtgesagt–umneueWege,neueErfahrungen,Körpervorgängeauchandersgestaltenzu
können,herauszubekommen,wasgünstigeristundsomitwenigerBeschwerdenzuhaben,
sichkörperlichwohlerzufühlen.Diese(neue)innereHaltung–OffenseinundAusprobieren
neuerWege–istauchimübertragenenSinneeinepositiveWendungfürvieleMenschen,die
einechronifiziertepsychosomatischeStörungunddieimmergleichenkörperlichenBeschwerdenhaben.
Psychotherapie
DiePsychotherapieverfahrenwerdenimRahmenderVorlesung
„PsychodiagnostikundPsychotherapie“abgehandelt.
Entspannungsverfahren
EntspannungsverfahrenhabeneinenhohenStellenwertinderTherapiepsychosomatischer
Störungen.InpsychosomatischenFachklinikenwirddaraufWertgelegt,dassjederPatient
zumindesteinEntspannungsverfahrenerlernt.
DerDozentempfiehltallenStudentInnen,dienochkeinEntspannungsverfahrenerlernthaben,dieszu
tunz.B.durchdenBesuchvonKursen,diedieUniversitätoderVolkshochschuleanbietet.
AutogenesTraining
AutogenesTraining(AT)istdasbekanntesteautosuggestiveVerfahren,welcheseinesystematischeEntspannungundBeruhigungdesgesamtenKörperseinschließlichseinervegetativenFunktionen(Atmung,Herz,Bauch)ermöglicht.DievollständigenÜbungendersog.
GrundstufeumfassenauchdieBeruhigungderGedanken(„kühleStirn“).
Eswurdeinden20-igerJahrenvomArztJohannHeinrichSchulzinDresdenundBerlinentwickelt.DurchsichwiederholendeEntspannungsformelnwerdeninnereBildervonEntspannungundRuheerzeugt,diepsycho-physiologischeWirkungenhaben,d.h.dieVorstellungskraftkannunsereKörperfunktionenbeeinflussen.NebeneinerallgemeinenEntspannung
kanndasATauchzurgezieltenBesserungvonBeschwerdenangewandtwerden.DiesgeschiehtdurchbestimmteVorsatzbildungen(suggestiveFormeln),dieindieÜbungeneingebautwerden.
Beispiel1:beiAsthmakanndieFormel„Atmungjederzeitleichtundfrei“Erleichterungbringen
Beispiel2:beisomatoformenHerzbeschwerdenkönntedieFormel„Herzschlagistruhig,gleichmäßig
undstark“verwendetwerden.
DieGrundstufeumfasstfolgendenÜbungsreihenfolge:Schwereübung–Wärmeübung-Atmung–Herzschlag–Bauch(Sonnengeflecht)–Stirn.DieDauersollte15minnichtüberschreiten,eswirdempfohlen,lieberöfterundkurz,alsseltenundlangzuüben.OhneÜbung
funktioniertdasATnicht!BeieinigermaßenkonsequenterÜbungsprechenetwa85%der
MenschenaufATan.BeinichtsuggestiblenMenschen(z.B.Zwangscharaktere)versagtdas
AT.
Indersog.OberstufedesATwerdenÜbungenmitFarben,Muster,konkretenundAbstrakten
Bilderdurchgeführt.HierergebensichstarkeParallelenzumeditativenTechniken.
ProgressiveMuskelrelaxation
29
FürMenschen,denenruhigesLiegenoderSitzenschwerfälltunddieEntspannungseffekte
rascherlebenwollen,istdieprogressiveMuskelrelaxation(PMR)eingeeignetesVerfahren.
Eswurdeebenfallsinden20-igerJahrenvomamerikanischenArztundPhysiologenEdmund
JacobsoninHarvardentwickelt.
DasPrinzipistfolgendes:durchgezielteAnspannungeinzelnerMuskelgruppenwirdderen
SpannungkörperlichspürbarunddieanschließendeEntspannung(willentliches„Loslassen“)
ebensokörperlicherfahrbar.DieserEntspannungseffekt,erzeugtdurchvorangehendeAnspannung,istfürvieleMenscheneinekonkreteErfahrung,dieihnenimAlltagabhanden
gekommenist.DerEffektüberträgtsichimÜbrigenvonderWillkürmuskulaturaufdievegetativenFunktionen.PMR-Übungenkönnensehrgutauch„zwischendurch“z.B.imZugoder
Busgemachtwerden.
AndereVerfahren
HieristdiefunktionelleEntspannung(FE)nachMarianneFuchsausden40-igerJahrenzu
nennen.BewussteundruhigeAtmungausVoraussetzungzurEntspannungwerdenvon
kleinstenKörperbewegungengefolgt,dieeinefeinereKörperwahrnehmungundinsgesamt
verbesserteSelbstwahrnehmungbewirkensollen.Dadurchwürden„innereBlockaden“gelöstundeinZugangzubisherverdecktenProblembereichen(Konflikten)geschaffen.
WeitereEntspannungsverfahrensindz.B.dieHypnose(alsEntspannungshypnosei.Ggs.zur
therapeutischenHypnose),meditativeVerfahren(Meditation,Yoga),imaginativeVerfahren
(ErzeugunginnererBildermitEntspannungscharakter)undbewegungsorientiertVerfahren,
diegleichwohlentspannen(QiGong,TaiChiu.a.).
ErgänzendeVerfahren
ErgänzendeVerfahren(z.B.Kreativtherapie,Tanztherapieu.a.werdenim
RahmenderVorlesung„PsychodiagnostikundPsychotherapie“abgehandelt.
BedeutungfürdiesozialeArbeit
SozialarbeiterinnenundSozialarbeiterkommenhäufiginKontaktmitpsychosomatischerkranktenKlientInnen.SeiesimRahmeneinerklinischenTätigkeit(z.B.psychosomatische
Reha-Klinik),beiderTätigkeitineineranderenInstitutiondesGesundheitswesens(z.B.Krankenkassen,Gesundheitsämter)oderimRahmeneinerBeratungstätigkeit(städtisch,kirchlicheoderfreigemeinnützigeBeratungsstellen).
DieAufgabendersozialenArbeitindiesemZusammenhangsind:
- Störungenerkennen(soweitdiesmöglichist)
- PsychosomatischeTeufelskreisedurchbrechen,Chronifizierungverhindern
- DiepsychosozialenAuswirkungeneinerStörungmildern
- Andie„richtige“StelleverweisenundzurTherapiemotivieren
- DieBalancezwischennotwendigerUnterstützungunderforderlicherAbgrenzung
wahren
- Kompetentberaten(z.B.beiLeistungsbegehrenwieSchwerbehinderungoderBerentungswunsch)–ohnedadurcheineChronifizierungzufördern
- Therapie-unterstützendeAngeboteimpsychosozialenBereichumsetzen(z.B.Expositionsübungenbegleiten,Ämtergängeunterstützenu.a.)
NatürlichsindauchbeidieserKlientelalleübrigensozialarbeiterischenAufgabenzuerledigen.InsbesonderesolltenauchpräventiveAngeboteGegenstandsozialerArbeitsein.Ver30
gleichehierzudenAbschnitt„AusgewählteErgebnisseepidemiologischerForschung“:psychosozialeRisikofaktoreninderKindheitundGesundheitimErwachsenenalter).
Beispiel:AufgabenderSozialberatungineinerpsychosomatischenReha-Klinik
BeratungeninsozialenundsozialrechtlichenFragenwiez.B.Schwerbehindertenrecht,Sozialhilferechtetc.Leistungenbzgl.DRV;AA;KK;Sozialamtusw.
BeratungbeispeziellenrechtlichenFragenwiez.B.
Scheidungsrecht;Familienrecht
Kündigung;Arbeitsrecht;
Wohnungs-undMietrechtusw.
BeruflicheundgesellschaftlicheWiedereingliederungvorzubereiten(wiez.B.Leistungenzur
TeilhabeamArbeitsleben,VermittlungvonSelbsthilfegruppenetc.)
KoordinationmitRehaberatern,RentenberaternundA-und-B(Auskunfts-undBeratungs-)
StellenderDRV,heutesinddiesdiegemeinsamenServicestellen
KontaktaufnahmemitÄmtern;Behörden;Arbeitgebern(wiez.B.Sozialamt,Arbeitsamt,
Krankenkassenetc.)
VorbereitungderEntlassung(wiez.B.IRENA,StufenweiseWiedereingliederung,Vermittlung
vonTagesklinikenetc.)
AllgemeineRentenfragen;Rentenartenarten,-Vorraussetzungen;Erwerbsminderungsrente
ErkennenvonStörungen
PsychosomatischeDiagnostikimengerenSinnewieauchTherapieistnichtAufgabedersozialenArbeit.Dennochisteswichtigzuerfassen,dasseineStörungvorliegt(nichtwelcheStörungesist)unddieKlientInneneinerfachkompetentenDiagnostikzuzuführen.
DennochbleibtdiepsychosozialeDiagnostikeineAufgabedersozialenArbeit.
ImAnhangistderFragebogenmitsoziodemographischenDatenundzurpsychosozialenLage,
dieimRahmenderBasisdokumentationeinerPsychosomatischenFachklinikverwendetwird,
dargestellt.DieswirdalsScreening-InstrumentvondenSozialarbeiterInnenderKlinikgenutzt,um„Problempatienten“schnellerzuidentifizieren,zurBeratunggezielteinzuladen
unddenTherapeutendieszukommunizieren.
Injeder(qualitätsgesicherten)EinrichtungsolltenähnlicheFragebogenverwendetwerden.
UmgangmitpsychosomatischenPatienten/Klienten
ImUmgangmitpsychosomatischenPatientenstelltsichhäufigdasProblemderAngemessenheit(PsychosomatischePatienten„wollenmehr“).SiesindinihrenWünschenundForderungengelegentlich„unersättlich“,möchtenrundumversorgtwerden.AlsFolgeeinerStörungkommteshäufigzurRegression,d.h.einemZurückgehenaufeinfrüheresEntwicklungsniveaumit(kindlichen)Wünschen,Bedürfnissenund(unrealistischen)Erwartungen.Es
istdieKunst,aufdieseumfassendenWünscherealitätsorientierteinzugehen,ohnedieKlientInnenzurückzuweisen.WichtigistdieMotivierungzueinemaktivenVerhalten.
GenerellstelltsichdasProblemderAbgrenzung.DieEntwicklungderFähigkeitzurangemessenenAbgrenzungistVoraussetzung,ummitdiesenKlientInnenlangfristigarbeitenzukönnen.
HäufigwirdSozialberatungimZusammenhangmiteinemsekundärenKrankheitsgewinnz.B.
einemLeistungsbegehrensaufgesucht.Hiergiltesherauszufinden,inwieweitGratifikationswünschetatsächlichberechtigtsind(Krankengeld,Schwerbehinderung,Berentung)oder
überwiegendderAufrechterhaltungeinessekundärenKrankheitsgewinnsdienen.Oftkann
diesnurnachRücksprachemitdenbehandelndenÄrztenundTherapeuteneingeschätzt
31
werden.HierbeigehtesauchdarumeinerChronifizierungderStörungentgegenzuwirken
(s.u.).
SozialberatungersetztnichtTherapie!DieserGrundsatzistallenSozialarbeiterInnenklar,
dennoch„verführen“geradepsychosomatischePatientenimmerwiederdazu,diesenGrundsatzzuverletzen,indemsieagieren(„Sieverstehenmichwirklich,abermeineTherapeutin…“).ImtiefenpsychologischenSinnebedeutetdies,dassdieSozialarbeiterInindie(psychotherapeutische)AbwehrdesPatienteneinbezogenwird.DiesesAgieren,wasdieBetroffenenunbewusst(!)tun,hatdenZweck,verschiedeneBeteiligtegegeneinanderauszuspielenundvondereigenenProblematikabzulenken,therapeutischenFortschrittzuverhindern.
FolgendeGrundsätzeimUmgangmitpsychosomatischerkranktenKlientInnenwerdenempfohlen:
o GleichbleibendeAufmerksamkeit,d.h.scheinbareNebensächlichkeitengenausobeachten
o Ruhiges„empathisches“Zuhören
o Verständnisäußern,dennochneutralbleiben,keineParteiergreifen,keineWerturteilefällen
o Sichnichtinstrumentalisieren(„benutzen“)lassen
o Gegenübertragung15kontrollieren,d.h.fürsympathischeundunsympathischeKlientInneneingleichesEngagementzeigen
o Sichangemessenabgrenzen,umdem„burnout“vorzubeugen
o BeratungundVorschläge,diezueinerAktivierungführen(dieDingeselbstindie
Handnehmen)
o PrivateKontaktegeltenalsunprofessionell
VermeidungvonChronifizierung
Wieobenausgeführt,neigenpsychosomatischeStörungenzurChronifizierung.Diewirdbegünstigtdurch
Ø LangwierigemedizinischeAbklärungenvorderDiagnosestellung
Ø DasSymptomwird„benötigt“(zurEntlastung,umAufmerksamkeitzuerhalten,…)
Ø DieeigentlichenKonfliktewerdennichtgelöstodersindnichtlösbar
Ø DasSymptom„steuert“interpersonaleBeziehungen
Ø SpiralevonkörperlicherundseelischerBeeinträchtigung(„psychosomatischerTeufelskreis“–s.o.)
Ø SekundärerKrankheitsgewinnmit
Ø Gratifikationserwartungen
FürdiesozialeArbeitisteswichtig,dieseZusammenhängezukennenundandenSchnittstellenvonsozialerArbeitundTherapieeinerChronifizierungentgegenzuwirken.
BeratungüberBehandlungsmöglichkeiten
SchließlichsuchenvielepsychosomatischgestörteMenschenprimärdieSozialberatungauf
underwartenvondortHilfe.EntwedersindsiesichnichtdarüberimKlaren,dassessichum
einepsychosomatischeStörunghandeltodersieleugnendiesausScham-oderSchuldgefüh
15
Gegenübertragung(tiefenpsychologisch)istdieSummederbewusstenundunbewusstengefühlsmäßigenReaktionendesTherapeutenaufeinenPatienten
32
lenheraus.AuchkommenvieletraumatisierteMenschenprimärindieSozialberatung.InsbesonderebetrifftdiesMenschenmitMigrationshintergrund.
HiergehtesumdasErkennenderStörung(s.o.),dieeinfühlsameBeratung(„Ichhabeden
Eindruck,dassessichauchumeinseelischesProblemhandeltundichüberlege,wieichSie
ambestenunterstützenkann“)unddieVermittlungineinefachkompetenteTherapie.Dazu
müssendiegrundsätzlichentherapeutischenVerfahrenbekanntseinundesmussvorallem
eineInformationdarübervorliegen,welcheMöglichkeiteninderRegionvorgehaltenwerden.
Epidemiologie-„StudiumüberdasVolk“
ErgänzungdesVorlesungsskripts„EinführungindieGesundheitswissenschaften“des2.Semesters.WirdinderVorlesung„Psychosomatik“ausZeitgründennichtbesprochen.Lernstoff
fürdieKlausur:Studientypen.
DefinitionundForschungsgegenstand
o EpidemiologieistdieUntersuchungderVerteilungundderDeterminantenvon
KrankheitshäufigkeiteninumschriebenenBevölkerungsgruppenalsGrundlagefürdie
PlanungvonmedizinischenLeistungenundzurLösungvonGesundheitsproblemen.
EpidemiologischeMethodenwerdenmitmehrerenZielrichtungenangewendet:
1. GewinnenvonstatistischenDatenüber(Krankheits-)HäufigkeitenundderenVerteilungz.B.innerhalbsozialerSchichten
Beispiele:Kankheitsstatistiken,Todesursachenstatistik,schichtspezifischeMorbidität…
2.
IdentifikationvonRisikofaktorenundRisikogruppen:hierbeigehtesummedizinische
aberauchpsychosozialeRisiken
Beispiel:Risikofaktorensindz.B.Rauchen,Fehlernährung,Armut;Risikogruppensindz.B.AngehörigeunterersozialerSchichten,Alleinerziehende,Homosexuelle…
3.
Nachweisvonursächlichen(kausalen)Zusammenhängenzwischenzweiodermehr
BedingungenoderFaktoren
Beispiele:ZusammenhangzwischenPilleneinnahmeundThrombosen,zwischenTraumatisierungenundSuizid,zwischenArmutundKrankheit…
4.
EvaluationinterventionellerStrategien
Beispiele:PrüfungneuerMedikamente,WirksamkeitbesondererTherapieangebote,Prüfung
vonpräventivenStrategien…
DieZielgruppeepidemiologischerForschungistnichtdasIndividuum,sondernstetseine
GruppeoderTeilgruppederGesellschaft.ErgebnissesagendaherüberdaseinzelneIndividuumnichtsaus,bestätigenjedochdasRisiko,demsichdasIndividuumaussetzt:
- NichtjederRaucherbekommtBronchialkrebs,jedochistBronchialkrebsbeiRauchern
10-malhäufigeralsbeiNichtrauchern
- NichtjederHomosexuelleistHIV-infiziert,jedochistdieInfektionsquotebeiHomosexuellenhöheralsbeiHeterosexuellen
- NichtjedeFrau,die„diePille“(Ovulationshemmer)einnimmt,entwickelteineBeinvenenthrombose,jedochsindThrombosenbei„Pille“häufigeralsohnePilleneinnahme
- Nichtjede(r)Alleinerziehendeverarmt,jedochistArmutbeiAlleinerziehendenwesentlichhäufigerusw.
33
AuchwennErgebnisseepidemiologischerForschungkeinekonkreteAussagebezogenauf
denEinzelnenerlauben,soistestrotzdemsinnvoll,interventionelleStrategienbzw.präventiveKampagnen(z.B.AufklärungskampagnenüberHIV-Infektion)daraufaufzubauen.
Beispiel:EntwicklungderHIV-ErstinfektioneninDeutschland1999-2008getrenntnach(Risiko-)Gruppen,absoluteZahlen(=Inzidenz).
Abkürzungen:MSM:Männer,dieSexmitMännernhaben-IVD:KonsumentenintravenösverabreichterDrogen-
Hetero:Heterosexuelle-HPL:PersonenausHochprävalenzländern-k.A.:keineAngabe
Quelle:RKI(Robert-Koch-InstitutBerlin)
AusdenZahlenlässtsichableiten,dassinderHochrisikogruppe(MSM)dieZahlderNeuinfektionenin
denletztenJahrenwiederdeutlichzugenommenhat(nachdemsiezuvormerklichzurückgegangen
war).DieshätteAnlassgebenkönnen,eine(erneute)KampagnemitZielgruppeMSMzukonzipieren.
DieFrageistallerdings,obdieZunahmebeiderMSM-GruppeaufmangelndesWissenüberdieInfektionswegezurückzuführenist,oderobdieMSM-Gruppe(wieder)risikobereitergewordenist.Diese
Überlegungzeigt,dassdiereinenZahlen(Inzidenz-undPrävalenz)nochnichtsüberdieUrsachenvon
Veränderungenaussagen.HierzumüsstenweitereUntersuchungenerfolgen.
EpidemiologischeGrundbegriffe
Morbidität16
MorbiditätistdieErkrankungshäufigkeitbzw.–wahrscheinlichkeit.DieAngabeeinerhohen
Morbiditätbesagt,dasseineKrankheithäufigunddieWahrscheinlichkeitihresAuftretens
damitsehrhochist.BeiInfektionskrankheitenbedeuteteinehoheMorbiditätaucheinhohes
Ansteckungsrisiko.MorbiditätsangabensindeherallgemeinerNaturundlassenkaum
Schlüssezu.DerBestandanErkrankten(Prävalenz),Neuerkrankungen(Inzidenz)undKrankheitsdauersindParameter,dieindieGesamtmorbiditäteingehenunddahergenauerbetrachtetwerdensollen.
Prävalenz
PrävalenzistdasMaßfürdenBestandanKranken
Ø zueinemdefiniertenZeitpunkt(Punktprävalenz)oder
Ø Zeitraum(Periodenprävalenz)
16
Morbus(lat.)=Krankheit
34
DadieabsolutenZahlenzwarwichtigsind,aberz.B.zwischengroßenundkleinenGruppen
oderLändernkaumverglichenwerdenkönnen,wirdhäufigdiePrävalenzrateangegeben.
DiesistdieZahlderErkranktenproBevölkerungsanteil(z.B.Krankepro100.000Menschen)
oderderAnteilderErkranktenin%derBevölkerungoderBevölkerungsgruppe.
Beispiel1:ImsüdlichenAfrikalebten200525,8MillionenHIV-infizierteMenschen(Inzidenz);dies
entsprach60%allerweltweitInfizierten,abernur10%derWeltbevölkerung.DiePrävalenzrate
(„Durchseuchung“)warweltweit1,1%,imsüdlichenAfrika7,2%(Quelle:Bundeszentralefürpolitische
Bildung).
BeiAngabeeinerPeriodenprävalenzistderZeitraumeinesJahresüblich.
Beispiel2:EinjahresprävalenzfürDepressionenist14%(ErwachseneinDeutschland),Lebenszeitprävalenz25%.
DiePrävalenznimmtzudurch:
• bessereErfassung(Diagnose,Registrierung)
• VerbesserungderPrognose(bessereTherapieund/oderNachsorge,Abnahmeder
LetalitäteinerErkrankung)
• ZunahmederInzidenz(exogenes/endogenesRisikosteigt)
• ZuwanderungvonFällen
• AbwanderungGesunder
DiePrävalenznimmtabdurch:
• AbnahmederInzidenz(exogenes/endogenesRisikosinkt)
• ZunahmederLetalität
• VerbesserungderHeilungsrate
• ZuwanderunggesunderPersonen
• AbwanderungvonFällen
Inzidenz
InzidenzistdasMaßfürdieAnzahlderNeuerkrankungenineinemdefiniertenZeitraum,ggf.
innerhalbeinerdefiniertenPopulation(Gruppe),Region,Landusw.
UmInzidenzzahlenverschiedenerGruppenoderRegionenmiteinandervergleichenzukönnen,wirdmeistdieInzidenzrateangegeben,d.h.dieAnzahlderNeuerkrankungenineinem
bestimmtenZeitraum–meist1Jahr-pro100.000derBevölkerung(sgruppe).Angabenin%
wiebeiderPrävalenzfindetmanseltener.
BeispielHerzinfarktrate(jährlichpro100.000Einwohner):
Deutschlandetwa300
Japan<100
Mittelmeer,Schweiz,Frankreich<200
Skandinavien300-400
England,Ungarn400-500
UmInzidenz-undPrävalenzratenzwischenBevölkerungsgruppenundLändernvergleichen
zukönnen,mussgeprüftwerden,obdieuntersuchtenGruppenbezogenaufandereParametervergleichbarsind.Wennz.B.eineErkrankungeinestarkeAltersabhängigkeitaufweist,
müssendiezuvergleichendenBevölkerungsgruppendieselbeAltersstrukturbesitzen.
ZwischenInzidenzundPrävalenzbestehteinZusammenhang.SowerdendurchdiePeriodenprävalenznichtnurdiebereitsErkranktenerfasst,sondernauchdieNeuerkrankungenim
Erhebungszeitraum,d.h.dieInzidenzistinderPrävalenzenthalten,diePrävalenzistdaher
immerhöheralsdieInzidenz.WennbeispielsweisebeideZahlenfastgleichwären,würde
35
diesbedeuten,dassessichumeineKrankheitvonsehrkurzerDauerhandelt.Andersausgedrückt:Prävalenz=InzidenzmalKrankheitsdauer.
Beispiel:InzidenzratevonHerzinfarktnachAltersklassen
Inzidenzraten– AltersabhängigkeitamBeispielHerzinfarkt
Quelle:AugsburgerMONICA-Projekt(Herzinfarktregister)
DieInzidenznimmtzudurch:
• bessereErfassung(Diagnose,Registrierung)
• ZuwanderungvonPersonenmithöheremKrankheitsrisiko
• Zunahmedesexogenen(z.B.Umweltbelastung)und/oderendogenen(z.B.Disposition)Risikos
DieInzidenznimmtabdurch:
• AbwanderungvonPersonenmithöheremRisiko
• PrimäreundsekundärePrävention
• Abnahmedesexogenenund/oderendogenenRisikos
Mortalität
AlsMortalitätwirddieZahlderTodesfälleineinemZeitraum,ggf.innerhalbeinerdefinierten
Population,Regionusw.bezeichnet.InderRegelwirdauchhierdieMortalitätsratepro
100.000Einwohneroderin%angegeben.
Manunterscheidet:
Ø Gesamtmortalität:
ZahlderTodesfälleineinemZeitraum/Bevölkerungsumfang
Ø ursachenspezifischeMortalität:
ZahlderTodesfälleineinemZeitraumnachUrsache/Bevölkerungsumfang
Ø altersspezifischeMortalität:
ZahlderTodesfälleineinerbestimmtenAltersklasse/Bevölkerungsumfangindieser
Altersklasse
BeispielSuizidmortalitätinDeutschland2005(2002):
10.260(11.163)proJahr,entsprechend1,2%derTodesursachen
Männer7.523(8.149)
Frauen2.737(3.014)
SuizidrateinEuropa(Suizidepro100.000Einwohner)–ausgewählteLänder
36
Griechenland 3,5
Deutschland 17,5 (zumVergleich:inderNS-ZeitlagdieQuotebei28,3)
Ungarn
38,6
Letalität
UnterLetalitätverstehtmandie„Tödlichkeit“einerErkrankung.SieisteineVerhältniszahl,
dieTodesfälleundNeuerkrankungeninBeziehungsetzt:
Letalität=Todesfälle/Neuerkrankungen
bezogenaufdieselbeErkrankungimselbenZeitraum.
BeispielweiseistdieLetalitätvonKrebserkrankungenetwa0,5.D.h.,jederZweite,deran
Krebserkranktist,stirbtauchdaran(dashängstnatürlichauchvonderKrebsartab).
WenndieLetalitätsichdemWert1nähert,bedeutetdies,dassfastjeder,derdieseErkrankungbekommt,auchdaranstirbt.WenndieLetalitätgegen0geht,heißtdas,dieseKrankheit
wirdstetsüberlebt.
EpidemiologischeStudien,Studientypen
DieDurchführungvonStudiengeschiehtinfolgendenSchritten:
• FormulierungdesUntersuchungsziels
• FestlegungderParameter(zuuntersuchendeGrößen)
• WahldesStudiendesigns(Studientyp,s.u.)
• Datenerhebung
• StatistikundBerechnungderZielgrößen
• BewertungderErgebnisse
• Konsequenzen
DiewichtigstenStudientypenwerdennochmalsvorgestellt:
Querschnittsstudien
DieseStudienvermittelneineMomentaufnahme(„Schnappschuss“oder„Blitzlicht“)der
untersuchtenepidemiologischenDaten.DurchdieEinmaligkeitderepidemiologischenDaten
sinddieausderStudiegezogenenkausalenZusammenhängezurEntstehungeinerErkrankungoderzurBedeutungeinerExposition(wieRauchen)schwachunddienenmehrderGenerierungvonHypothesenalsderenVerifizierung.
Beispiel:DiePunktprävalenzdesaktuellenRauchensinderdeutschenErwachsenenbevölkerungim
Altervon25bis74Jahrenbetrug37,6ProzentbeiMännernund28,2ProzentbeiFrauen.DieAnalysen
ergabeneinebesondershohePrävalenzvonaktuellemZigarettenkonsuminderjüngerenostdeutschenErwachsenenbevölkerungsowiebeiFraueningroßstädtischenRegionen.
Fragen:welcheHypothesenwürdensieausdiesenAngabenableiten?DurchwelcheArtvon
StudienwärendieseHypothesenzuprüfen?
Längsschnittstudien
SieentsprechenperiodischdurchgeführtenQuerschnittsstudienundsindeinÜberbegrifffür
Studien,dieregelmäßigDatenderStudienpopulationübereinenlängerenZeitraumhinweg
erheben.Immerwennesdarumgeht,denzeitlichenVerlaufeinerZielgrößezuerfassen,wird
dieserStudientypangewandt.
Beispiel1:HIV-NeuinfektioneninDeutschland1999-2008(s.GrafikS.34)
Beispiel2:EntwicklungderRaucherquotebeiFrauenundMännern,EntwicklungderInzidenzvon
Bronchialkrebs(s.Vorlesungsfolien).
DemographischeVeränderungenwerdenebenfallsmitLängsschnittstudienerfasst.
Beispiel:AltersaufbauderBevölkerunginDeutschlandentsprechenddergestiegenenLebenserwartung1910–2050(Quelle:statistischesBundesamt)
37
Kohortenstudien
KohortenstudienuntersuchendefinierteGruppenvonMenschenmitundohneExposition
einemRisikofaktorgegenüberübereinelängereZeitundmessenamEndedesBeobachtungszeitraumsdenErkrankungsstatus.
Beispiel.ManbeobachtetRaucherundNichtraucherübereinendefiniertenZeitraumundprüftam
EndedieHäufigkeitvonBronchialkrebs.Manwirdfeststellen,dassRaucher/Raucherinnenetwa10malhäufigerBronchialkrebsentwickelthabenalsNichtrauerInnen.DamiteinegesicherteAussage
möglichist,muss1)derZeitraumderBeobachtunglangegenugsein(dasichKrebslangsamundnicht
sofortentwickelt,dürfteeinZeitraumvon10–20Jahrenerforderlichsein)und2)einehinreichend
großeStudienpopulation(ZahlanStudienteilnehmerInnen)vorliegen.WiehochdieZahlseinsollte,
hängtvonderInzidenzab.JeniedrigerdieInzidenz,destogrößerdieStudienpopulation.
ÜberlegensiedieVor-undNachteilediesesStudientyps!ÜberlegenSie,welcheEinflüsse
evtl.möglichsind,wennderStudienleiterRaucheroderNichtraucherist!
Fall-Kontrollstudien
Fall-KontrollstudiengehenmethodischdenumgekehrtenWegeinerKohortenstudie.Bei
einerFall-KontrollstudieistderKrankheitsstatusbekanntunddieExpositionunbekannt.Die
StudienpopulationderFall-KontrollstudiebestehtausErkranktenundGesunden(beiden
KohortenstudienbestehtsieausExponiertenundnichtExponierten).
Fall-Kontrollstudienhabenu.a.denVorteil,dassEinflüsseodergarManipulationenderDaten
durchdenUntersucherkaummöglichsind.
Beispiel:ManerfasstalleanBronchialkrebserkrankenMenscheneinerRegion(Prävalenz)undvergleichtdiesemiteineretwagleichgroßenGruppenichtErkrankter.DieVergleichsgruppesollteidentischzusammengesetztsein(Alters-undGeschlechtsverteilung,übrigeRisikofaktoren,sozialeSchichtungusw.).DanachwirddieRaucherquoteinderBronchialkrebsgruppeundinderGesundengruppe
bestimmt.Damiterhältman4Gruppen:
Kranke
Raucher
Gesunde
Raucher
Gesunde
Nichtraucher
Kranke
Nichtraucher
38
FolgendeAussagensindmöglich:WahrscheinlichkeitanBronchialkrebszuerkrankenalsRaucherund
alsNichtraucher,fernerdieAngabe,wiestarksichdasBronchialkrebsrisikodurchRauchenerhöht.
Überlegensieauchhier,Vor-undNachteiledesStudientyps!
Interventionsstudien
verfolgeneinePopulationentlangderZeit,wobeimandenEinflusseinerspezifischenIntervention,meisteineneueBehandlungodereinneuesMedikament,aufdasKrankheitsrisiko
messenmöchte.VorderStudiewirddiePopulationindenInterventionszweigunddenKontrollzweiggeteilt.WährendderStudiewirddannaktivdieseIntervention(z.B.Medikament)
gegeben,währenddieKontrollpopulationunbehandeltbleibt,bzw.einenicht-wirksameBehandlungbekommt(z.B.Placebo).DamitderartigeStudiennichtverfälschtodermanipuliert
werdenkönnen,wird
Ø dieStudienprospektivdurchgeführt(alsonichtinderRückschau)
Ø dieZuweisungzudenStudienarmen(InterventionoderPlacebo)randomisiertvorgenommen(=zufällig)
Ø dieStudie„doppelblind“durchgeführt,d.h.wederStudienteilnehmernochDurchführendewissen,obPlacebooderMedikamentverabreichtwird,nurbeimStudienleitersinddieCodeshinterlegt.
InderFachsprachewirddieseFormderInterventionsstudienauchRCT(randomisedcontrolledTrial)genanntundgiltals„Goldstandard“(s.u.–QualitätvonStudien).
Beispiel:EinneuesMedikamentgegenBluthochdrucksollgetestetwerden.Eswerden100Menschen
mithohemBlutdruckindieStudieeingeschlossen;sieerhaltendasneueMedikamentoderPlaceboin
einem„doppelblinden“Studiendesign.DieBlutdruckwertewerdentäglichgemessen.Nach2Wochen
wirdderZuweisungscodeeröffnetunddieBlutdruckwerteunterMedikamentgegenPlaceboausgewertet.
Frage:welche(ethischen)ProblemesindmiteinersolchenStudieverknüpft?
OftsinddieEndpunkte(Zielgröße,Ereignisse)einerStudiestrittig:sollenz.B.beieinerStudie
überBluthochdruckeherdieBlutdruckwerteoderdiespätereZahlvonSchlaganfällenerfasst
werden,alsodieLangzeitfolgen?
Aufgabe:
IneinemsozialenproblematischenStadtteilwirdeinneuesPräventionsangebotfürJugendlichezur
Gewaltlosigkeitgeplant.DasProjektsollwissenschaftlichbegleitetundevaluiertwerden.Wiekann
eineentsprechendeStudiekonzipiertwerden?Istesüberhauptmöglich,mitdieserFrageeinekontrollierteInterventionsstudiedurchzuführen?
Meta-Analysen
Metaanalysensind„Sekundärstudien“undinzwischenweitverbreitet.EineMetaanalyseist
diezusammenfassendeAuswertungmöglichstvielerPrimärstudienzurselbenFragestellung,
siestelltdie„AnalysederAnalysen“dar.DurchdieBetrachtungvielerStudienergebnissemit
einerinsgesamthohenProbandenzahlsinddieAussagemöglichkeitengrößerbzw.dieIrrtumswahrscheinlichkeitgeringer.SystematischeFehler(dersog.BIAS–regionaleEinflüsse
oderländerspezifischeAbweichungen)einzelnerStudienwerdendadurchweitgehendeliminiert.
AusgewählteErgebnisseepidemiologischerForschung-
RisikofaktorenmodellesindinderRegeldasErgebnisepidemiologischerStudien.AufpsychosozialeRisikofaktorenbeiHerzinfarktwurdebereitsobenverwiesen.
39
HiersollendiepsychosozialenRisikofaktorendargestelltwerden,dieausKindheitundJugenddieGesundheitimErwachsenenalterbeeinträchtigenkönnen.FolgendeFaktorendurch
epidemiologischenUntersuchungengesichert:
Ø NiedrigersozioökonomischerStatus
Ø SchlechteSchulbildungderEltern
Ø Arbeitslosigkeit
Ø GroßeFamilienmitwenigWohnraum
Ø KontaktemitEinrichtungendersoz.Kontrolle
Ø KriminalitätoderDissozialitäteinesElternteils
Ø MütterlicheBerufstätigkeitimerstenLebensjahr(AbwesenheitderMutter)
Ø AlleinerziehendeMutter
o 20%allerKinderwachsenmiteinemElternteilauf
o 90%derAlleinerziehendensindMütter
o Sozialhilfequotebeträgt39%gegenüber2,5%
o ErhöhtegesundheitlicheGesamtbelastung
Ø VerlustderMutter
Ø LängereTrennungenvondenElternindenersten7Lebensjahren
Ø ChronischeDisharmonieinderPrimärfamilie
Ø UnsicheresBindungsverhaltendesKindesnach12.oder18.Lebensmonat
Ø PsychischeoderschwerekörperlicheErkrankungeinesElternteils
Ø HäufigwechselndefrüheBeziehungen
Ø StreitderElternnachTrennung
Ø SchlechteKontaktezuGleichaltrigeninderSchule
Ø Altersabstand<18MonatezumnächstenGeschwister
Ø Jungenvulnerabler(verletzlicher)alsMädchen
o JungenbenötigenmehrdieUnterstützungdurchandereMenschen
o fürMädchensindeherpersönlicheEigenschaftenvonBedeutung
o Erziehungsfaktoren:
§ RisikofürJungen:HaushalteohneklareRegeln,keinRollenmodell
(fehlenderMannimHaushalt)
§ beiMädchenprotektiv:BetonungvonUnabhängigkeit,weibliche
Führungsperson
o ReaktionaufGeschwister
o erstgeboreneMädchenprofitierenvonderGeburteinesGeschwisters
o erstgeboreneJungenreagiereninderBeziehungzurMutternegativ
FolgendeGesundheitsstörungentretenimErwachsenenalteralsFolgedieserRisikofaktoren
vermehrtauf:
SeelischeStörungen
• DepressiveStörungen
• Angststörungen
• Essstörungen(v.a.Bulimie)
• PTBS(posttraumatischeBelastungsstörung)
• DissoziativeundKonversionsstörungen
• SchwerePersönlichkeitsstörungen
• Suchterkrankungen
• SexuelleFunktionsstörungen
40
KörperlicheErkrankungen
• Herz-Kreislauf-Erkrankungen
• Schlaganfall
• Virushepatitis
• ChronischobstruktiveLungenerkrankung
• Typ-2Diabetes(Zuckerkrankheit)
• Osteoporose(Knochenschwund)
Esistwichtig,auchdieSchutzfaktorenfüreinestabileGesundheitzukennenundimRahmen
sozialarbeiterischerTätigkeitgezieltzufördern:
• Individuell:IQ,Aktivitätsgrad,gutesSozialverhalten,guteSpracheundLesen,internaleKontrollüberzeugungen17
• Beziehungen:stabilundeinfühlsamzumindestenseinemElternteil,GeschwisteroderspäterauchPartner,dieinKrisenstützen
• UnterstützendeSystemevonaußenwelchezurFörderungindividuellerFähigkeiten
undzurEntwicklungeinerpositivenLebenseinstellungbeitragen(Schule,Arbeit,
kirchlicheBezügeu.a.)
BeurteilungderQualitätvonStudien
DieAussagekraftvonStudienhängtzunächstvomStudiendesignab.
WenneslediglichumstatistischeDatenerfassunggehtwieLebenserwartung,Todesursachenstatistik,Raucherquoteusw.rechtdieErfassungvonPrävalenz,InzidenzundMortalität.
DiesrechneteherzumBereich„Gesundheitsberichtserstattung“.
IndenallermeistenStudiengehtesjedochdarum,eineRisikoreduktionnachzuweisen,d.h.
dieWirksamkeiteinesneuenMedikaments,einerneuenBehandlungsmethode,einesneuen
Beratungsangebotes,einerneuenPräventionsstrategieusw.zubelegen.
StudienohneKontrollgruppen,etwaVerlaufs-oderBeobachtungsstudien,könnenmethodischeinwandfreidurchgeführtwordensein,dochbleibtihreAussagekraftoftbegrenzt.Es
gibtjedochStudien,woessichausethischenGründenverbietet,eineKontrollgruppeeinzurichtenz.B.wenneingesetzlichgarantiertesRechteingeschränktwürdeoderwennderKontrollgruppeeinealswirksambekannteBehandlungvorenthaltenwürde.Auchdann,wenn
dieKontrollbedingungoffensichtlichist,machteinKontrolldesignkeinenSinn.
Dortwomöglich,solltenStudienimKontrolldesign(alsomitKontrollgruppe)durchgeführt
werden.FürdieQualitätsbeurteilungwichtigsindfolgendePunkte:
Ø PräziseFragestellung
Ø DefinierteEinschlusskriterien
Ø Randomisierung(ZufallsverteilungaufInterventions-undKontrollgruppe)
Ø „Verblindung“(StudienteilnehmerundDurchführendewissennicht,zuwelcher
Gruppesiezugeordnetwurden
Ø SinddieTeilnehmergruppenrepräsentativfürdieFragestellung?
Ø AusreichendeStichprobengröße,ausreichendlangeBeobachtungsdauer
Ø AngabevonStudienausfällen(„dropouts“)
Ø AnwendunggeeigneterInstrumente(Fragebogen,Tests),diegutdokumentiertund
reproduzierbarseinmüssen
17
EinehoheinternaleKontrollüberzeugungliegtdannvor,wenneinMenschdavonüberzeugtist,die
eigeneGesundheitwesentlichselbstbeeinflussenzukönnen(Selbstwirksamkeit)
41
RelevanteundklardefinierteEndpunkte
UmfassendeLiteratursucheundBewertungrelevanterfrühererStudienzumThema
PräsentationderErgebnisse:welchesRisikomaßwirdverwendet?(s.u.)
AnwendbarkeitundÜbertragbarkeitderErgebnisse;sinddieErgebnissefürandere
Rahmenbedingungen(andereRegionen,andereLänder,andereAltersgruppen,anderesozialeGruppenusw.)ebenfallsgültig(externeValidität)?
AlsRisikomaßwirdentwederdasabsoluteoderrelativeRisikobzw.dieabsoluteoderdie
relativeRisikoreduktion(„riskreduction“,RR)angegeben.AberVorsicht!
Ø
Ø
Ø
Ø
Beispiel:DieInzidenzratevonSchlaganfällenliegtinderGruppeder60-64-Jährigenbei1,3%.Angenommen,dieInzidenzratekanndurcheinegeeignetePräventionsstrategieum1/3gesenktwerden
(wasbereitseinguterEffektwäre).DannwäredieabsoluteRisikoreduktionetwa0,4%,dierelative
Risikoreduktionjedoch33%.DiealleinigeAngabederrelativenRRlässtdenEffektgrößererscheinen,
schöntalsodieErgebnisse.
EinstatistischesUnterschiedsmaßistdieSignifikanz.HiergehtesumdieIrrtumswahrscheinlichkeit,inwieweitsichdieErgebnisseinbeidenStudienarmenzufälligunterscheidenoder
nicht.DieSignifikanzwirdmeistaufdem5%-,1%-oder0,1%-Niveauangegeben(ausgedrückt
alssog.p-Wert:p<0,05,p<0,01oderp<0,001;p=Irrtumswahrscheinlichkeit,<heißt„kleiner
als“).UnterhalbeinerIrrtumswahrscheinlichkeitvon5%(p<0,5)hältmanUnterschiedefür
relevant.RechnerischhängtdieserWertabvonderStichprobengröße,derEffektstärke(also
demMittelwertunterschiedderbeidenGruppen)undderStreubreitederWerte(alsodem
Messfehlerbzw.derbiologischenVarianz).Eskannsein,dassein„signifikantesErgebnis“
trotzgeringemEffektnurdeshalbzustandekommt,weildieStudienpopulationsehrgroßist
unddieVarianzder(Mess-)Wertegering.AlsoVorsicht!
Evidenz
DieEvidenzistdasklarErkennbare,dasUnbezweifelbareeinerStudie.InwelchemMaßeine
Studieevidentist,wirddurchdenEvidenzgradangegeben,dersichwiederumausderangewandtenMethodeergibt.DerEvidenzgradsagtnichtsausüberden„Wahrheitsgehalt“der
Ergebnisse!Erwirdwiefolgteingeteilt(Ihöchster,IVniedrigsterGradderEvidenz):
o KlasseIa:EvidenzdurchMeta-Analysenvonmehrerenrandomisierten,kontrollierten
Studien.
o KlasseIb:Evidenzaufgrundvonmindestenseinerrandomisierten,kontrolliertenStudie.
o KlasseIIa:Evidenzaufgrundvonmindestenseinergutangelegten,jedochnichtrandomisiertenundkontrolliertenStudie.
o KlasseIIb:EvidenzaufgrundvonmindestenseinergutangelegtenquasiexperimentellenStudie(d.h.nichtZuweisungzuKontroll-undInterventionsgruppe
aufGrunddefinierterKriterien)
o KlasseIII:Evidenzaufgrundgutangelegter,nicht-experimentellerdeskriptiverStudienwieetwaVergleichsstudien,Korrelationsstudien18oderFall-Kontroll-Studien.
o KlasseIV:EvidenzaufgrundvonBerichtenderExperten-AusschüsseoderExpertenmeinungenbzw.klinischerErfahrunganerkannterAutoritäten.
18
Korrelationisthierder(statistische)ZusammenhangzweierVariablen(z.B.korrelierenGrößeund
Körpergewicht)
42
LITERATUR(Auswahl)
allgemeinverständlich:
WenndieSeeledurchdenKörperspricht.PsychosomatischeStörungenverstehen
undheilenvonHansMorschitzkyundSigridSator,233Seiten,EUR16,-
Verlag:Walter-Verlag;Auflage:1(August2004)
ISBN-10:3530401625ISBN-13:978-3530401622
Wenn die Seele den Körper leiden lässt von Thomas Loew, Peter Joraschky
und Volker Köllner, 176 Seiten, EUR 17,95
Verlag:Trias(Oktober1998)
ISBN-10:389373418XISBN-13:978-3893734184
Körperschmerz-Seelenschmerz.DiePsychosomatikderBewegungssysteme.Ein
LeitfadenvonHildegundHeinlundPeterHeinl,217Seiten,EUR19,95
Verlag:Kösel(September2004)
ISBN-10:3466344786ISBN-13:978-3466344789
KrankheitalsSprachederSeele.Be-DeutungundChancederKrankheitsbildervon
RüdigerDahlke,446Seiten,EUR10,-
Verlag:Goldmann(Dez.1999)
ISBN-10:3442162408ISBN-13:978-3442162406
WegeausdemgoldenenKäfig.AnorexieverstehenundbehandelnvonAlexaFranke,198Seiten,EUR14,90
Verlag:Beltz(Auflage:2.,überarbeiteteAufl.Februar2008)
ISBN-10:3407221436ISBN-13:978-3407221438
Fachbuch:
PsychosomatischeMedizinundPsychotherapie(SpringerLehrbuch-Taschenbuch)
vonKurtFritzscheundMichaelWirsching,292Seiten,EUR19,95
Verlag:Springer,Berlin;Auflage:1.A.(September2005)
ISBN-10:3540218777ISBN-13:978-3540218777
SpeziellesFachbuch:
NeurotischeStörungenundPsychosomatischeMedizinvonSvenO.Hoffmann,Gerd
HochapfelundAnnegretEckhardt-Henn,
498Seiten,EUR26,95
Verlag:Schattauer;Auflage:7.,neubearb.u.erw.Auflage(April2004)
ISBN-10:3794523253ISBN-13:978-3794523252
43
Anhang:BeispielSozialfragebogeneinerpsychosomatischenReha-KlinikderDeutschenRentenversicherungBund
REHA-Klinik Hüttenbühl
PsyBaDo-Sozialbogen
(Pat.Aufkleber)
Aufnahme-Nr.:
Datum:
SOZ01
Wie ist Ihr aktueller Familienstand?
m
2m
3m
4m
1
SOZ02
verwitwet
In welcher Partnersituation leben Sie?
kurzfristig kein Partner
langfristig / dauerhaft kein Partner
fester Partner (Ehepartner)
m
2m
3m
4m
5m
im Haushalt der Eltern / Schwiegereltern
Wohngemeinschaft
sonstiger Haushalt
Wie viele Kinder leben im Haushalt?
Anzahl
__________
Wie viele leibliche Kinder haben Sie?
Anzahl
__________
SOZ06 Welchen höchsten Schulabschluss haben
Sie?
m
2m
3m
4m
5m
6m
7m
1
noch in der Schule
kein Schulabschluss
Sonderschulabschluss
Hauptschul-/Volksschulabschluss
Realschulabschluss / mittlere Reife / POS
Abitur / Fachhochschulreife
Sonstiges / unbekannt
SOZ07 Welchen höchsten Berufsabschluss haben
Sie?
m
2m
3m
4m
5m
6m
1
m
6
m
noch in der Berufsausbildung
Lehre / Fachschule
Meister
Fachhochschule / Universität
ohne Berufsabschluss
Sonstiges
01.01.2006
einfacher Angestellter / Beamter
mittlerer Angestellter / Beamter im mittleren Dienst /
höher qualifizierter Angestellter, Beamter im gehohochqualifizierter / leitender Angestellter, Beamter im
höheren Dienst
7
m
selbständiger Handwerker, Landwirt, Gewerbetreibender (kleiner Betrieb)
8
m
eigener Haushalt (mit Partner)
eigener Haushalt (ohne Partner)
Facharbeiter, nicht selbständiger Handwerker
benen Dienst
fester Partner (nicht Ehepartner)
In wessen Haushalt leben Sie?
un- / angelernter Arbeiter
einfache Leitungsfunktion
5
offene / wechselnde Partnerschaft
1
SOZ05
m
2m
3m
4m
1
geschieden
m
2m
3m
4m
5m
SOZ04
SOZ08
verheiratet
1
SOZ03
Wie lautet Ihr derzeitig (oder zuletzt) ausgeübter Beruf?
ledig
selbständiger Handwerker, Landwirt, Gewerbetreibender (mittlerer Betrieb)
9
m
selbständiger Akademiker, Freiberufler, größerer
Unternehmer
m
11 m
10
SOZ09
m
2m
3m
4m
5m
6m
7m
8m
9m
10 m
11 m
12 m
13 m
14 m
15 m
16 m
17 m
18 m
19 m
1
nie erwerbstätig
unbekannt / unklar
Wie ist Ihre jetzige berufliche Situation?
berufstätig, Vollzeit
berufstätig, Teilzeit
berufstätig, gelegentlich
mithelfender Familienangehöriger, nicht berufstätig
Hausfrau / -mann, nicht berufstätig
Ausbildung
Wehr- / Zivildienst/freiwilliges soziales Jahr
beschützt beschäftigt
arbeitslos, stellenlos
Erwerbs- / Berufsunfähigkeitsrente auf Dauer
Erwerbs- / Berufsunfähigkeitsrente auf Zeit
Witwenrente
anderweitig ohne berufliche Beschäftigung
Zweiter Arbeitsmarkt / Minijob
berufsfördernde Maßnahme
Altersteilzeit
anderes
unbekannt / unklar
Rente/Teilrente und beschäftigt
44
Dauer der Krankschreibung bei Aufnahme
SOZ10
Dauer in Wochen
SOZ20 Äußere Umstände (z.B. Umstrukturierung)?
m nein
1 m ja
8 m trifft nicht zu
0
__________
Dauer der Krankschreibung in den letzten 12 Monaten
SOZ11
Dauer kumuliert in Wochen
0 = nicht krank geschrieben
SOZ21 Arbeitsplatz bedroht aus sonstigen Gründen?
__________
m nein
1 m ja
8 m trifft nicht zu
0
Abwesenheit von Erwerbsarbeit/Ausbildung
SOZ12
Dauer in Monaten
__________
0 = zuletzt gearbeitet
999 = nicht in Arbeit/Ausbildung
SOZ13
m
1m
2m
3m
4m
5m
0
Gibt es einen Rentenwunsch?
nein
m
1m
2m
3m
SOZ22 Warum kein Arbeitsplatz?
m Wird nicht benötigt und nicht gesucht
1 m Kurzzeitarbeitslos (bis 1 Jahr) wg. äußerer Umstände
2 m Kurzzeitarbeitslos (bis 1 Jahr wg. eigener Problematik
0
Altersrente
halbe Erwerbsminderung
volle Erwerbsminderung
sonstige Rentenwünsche
bereits Rentner / Rentnerin
SOZ14 Rentenantrag bei Aufnahme?
0
WENNKEINARBEITSPLATZVORHANDEN:
(psychisch/körperlich, Mobbing)
m Langzeitarbeitslos (ab 1 Jahr) wg. äußerer Umstände
4 m Langzeitarbeitslos (ab 1 Jahr) wg. eigener Problematik
3
(psychisch/körperlich, Mobbing)
8
nein / trifft nicht zu
Rentenantrag geplant
Rentenantrag gestellt
Rentenstreit / Sozialgerichtsverfahren
SOZ15 Probleme am Arbeitsplatz?
m entfällt, kein Arbeitsplatz
1 m Arbeitsplatz vorhanden, aber keine Probleme
2 m Arbeitsplatz vorhanden, folgende Probleme
0
WENNARBEITSPLATZVORHANDENUNDPROBLEME:
m trifft nicht zu
SOZ23BedeutungeinesfremdbezahltenArbeitsplatzes
(unabhängigdavon,obArbeitsplatzbestehtoder
nicht)
m nicht bedeutsam (z.B. Hausfrau, -mann)
1 m Existenzsicherung
2 m Selbstverwirklichung (nicht zwingend zur Existenzsiche0
rung)
Anmerkungen:
SOZ16 Häufige Fehlzeiten?
m nein
1 m ja
8 m trifft nicht zu
0
besprochen:
SOZ17 Arbeitsplatzkonflikt?
m nein
1 m ja
8 m trifft nicht zu
0
eingegeben:
SOZ18 Überforderung durch Arbeitsanfall oder –stil?
m nein
1 m ja
8 m trifft nicht zu
0
SOZ19 Überforderung durch Arbeitsinhalt und –aufgaben?
m nein
1 m ja
8 m trifft nicht zu
0
01.01.2006
45
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