REISEANDENKEN DER ANDEREN ART Parasitäre und vektorübertragene Zoonosen als Reisekrankheiten aus der Sicht des Veterinärmediziners Anja Joachim Univ. Prof. Dr. med. vet. Institute für Parasitologie Department für Pathobiologie Veterinärmedizinische Universität Wien Bedeutung Zoonoseerreger: werden von Wirbeltieren auf den Menschen übertragen fast 60 % der etwa 1400 bekannten Krankheiterreger des Menschen Todesfälle/Jahr durch Zoonosen (Quelle: INRA, 2012) 2 Verbreitung Mitteleuropa: etablierte und wirksame Bekämpfungsund Hygienemaßnahmen zoonot. Infektionen meist beschränkt auf Erreger mit Wildtierreservoirs (Borreliose, alveoläre Echinokokkose) (sub-)tropische Länder: evtl. erhöhtes Risiko der Infektion mit zoonotischen Erregern erhöhtes Vorkommen schlechtere Kontrolle ungenügende Kenntnisse bei Reisenden/Ärzten? 3 Übertragung Übertragung: Ausscheidungen, direkter Kontakt, durch wirbellose Vektoren oder durch den Verzehr tierischer Lebensmittel 4 http://www.bushmeat.org/bushmeat_and_wildlife_trade/what_is_the_bushmeat_crisis Reisende - Einheimische Das Risiko einer Zoonoseinfektion wird bestimmt durch Lebensraum Verzehrsgewohnheiten persönliche Hygiene kann verändert werden durch Aufenthaltsdauer Kontaktrate zu Erregern/Überträgern Verhalten 5 http://weisbergerinvietnam.tumblr.com/ Risiko lebensmittelübertragener Infektionen Trichinen (Trichinella spiralis u.a.) Schweinfinnenbandwurm (Taenia solium / Cysticercus cellulosae, T. asiatica) Rinderfinnenbandwurm (Taenia saginata) Fischfinnenbandwurm (Diphyllobothrium latum u.a.) Heringswurm (Anisakis simplex u.a.) 6 Trichinellose (Trichinose) durch den Verzehr von rohem Fleisch versch. Tierarten weltweit verbreitet domestische und silvatische Zyklen traditionelle Fleisch-US oder Zertifizierung trichinenfreier Bestände 7 Gottstein B et al. Clin. Microbiol. Rev. 2009;22:127-145 World map showing the distribution areas of Trichinella nativa (Tna), Trichinella britovi (Tb), Trichinella murrelli (Tm), Trichinella nelsoni (Tne), Trichinella genotype T6 (T6), Trichinella genotype T8 (T8), and Trichinella genotype T9 (T9). Gottstein B et al. Clin. Microbiol. Rev. 2009;22:127-145 World map showing the distribution areas of Trichinella spiralis (Tsp), Trichinella pseudospiralis from north America (TpsN), T. pseudospiralis from Europe and Asia (TpsP), T. pseudospiralis from Tasmania (TpsA), Trichinella papuae (Tpa), and Trichinella zimbabwensis (Tzi). Gottstein B et al. Clin. Microbiol. Rev. 2009;22:127-145 T. spiralis: domestischer Zyklus hoch infektiös für Menschen und Schweine! seit dem 2. Weltkrieg keine Berichte mehr aus Schweinehaltungen in Kanada, USA, Westeuropa aktiv in Südfinnland, einigen Regionen Spaniens, Osteuropa, sporadisch in Mittel- und Südamerika (Argentinien, Chile, Mexiko), Ostasien (China, Thailand, Laos, Malaysien, Myanmar 10 ISS: International Trichinella Reference Center 11 Schweinefinnenbandwurm T. solium / T. asiatica / C. cellulosae Täniose / Zystizerkose Infektion durch rohes, finnenhaltiges Fleisch (T. s.), Leber (T. a.), Aufnahme von Oncosphären (C.c.) Schlachtkörper-US: Untauglichkeit bei Finnenbefall Verbreitung: T. solium: Lateinamerika, Indien, SO-Asien; südl. Afrika, China T. asiatica: Taiwan, Korea, China, Vietnam, Philipinen, Indonesien, Thailand 12 Schweinefinnenbandwurm Risikofaktoren: Schweinehaltung mit Zugang zu menschl. Fäzes oder Latrinen, keine Latrinen/Kläranlagen; Verzehr von rohem/ungenügend gegartem Schweinefleisch; Hausschlachtung ohne Untersuchung 13 Zystizerkose v.a. in ländlichen Gegenden (Schweinehaltung), kommt aber auch im urbanen Bereich (Südamerika) vor! !Vorkommen auch in Patienten, die kein Schweinefleisch verzehren => Risiko eines Proglottidenausscheiders in der Familie/Gemeinde! Gilt in ME und Nordamerika als erloschen, aber: Importparasitose! 14 Rinderfinnenbandwurm T. saginata Täniose Infektion durch Verzehr von rohem, finnenhaltigem Rindfleisch (Risikofaktor!) Schlachtkörper-US: Untauglichkeit bei Finnenbefall Verbreitung: weltweit, v.a. Äthiopien, Bali, Tibet; Europa, Australien: endemisch mit geringer Prävalenz Weitere Risikofaktoren: Rinderhaltung (einschl.Yak), mangelnde persönl. Hygiene 15 Risiko arthropodenübertragener Infektionen Zecken und Mücken als Hauptüberträger, seltener Flöhe, Milben, Wanzen Verbreitungsgebiete veränderlich, v.a. bei Mücken! Impfungen teilw. möglich, auch Chemoprophylaxe Repellens-Anwendung! Bei Erregern die von Haustieren übertragen werden: Befallsprophylaxe bei Haustieren! 16 Krim-KongoHämorrhagisches Fieber zeckenübertragen (Hyalomma anatolicum u.a.) Mortalität bis >30% Tierwirte: Rinder u.a. Wdk., Strauss, erkranken klinisch nicht Reservoirs: Feldhase! In Afrika: Igel, Vielzitzenratten 17 CCHF-endemische Gebiete Afrika, Europa (Albanien, Bulgarien, Kosovo, Russland, Türkei, Griechenland), Nahost (Iran), Asien (Pakistan, China, Kasachstan, Tajikistan, Usbekistan) 18 Von Zecken übertragene Rickettsien (Ausw.) Fieberhafte Erkrankungen m/o Lymphadenopathien oder Hautveränderungen Nordamerika: R. rickettsii: Rocky-MountainFleckfieber; Amblyomma, Dermacentor, Ixodes Mittelmeerraum: R. conorii: Mittelmeer-Fleckfieber, Rhipicephalus sanguineus Australien: R. australis, R. honei: Queensland Zeckentyphus, Flinders Island Fleckfieber, Ixodes, Aponemma Afrika: R. africae: S. Afrika, Karibik, Indien, Ambylomma 19 RMSF-Verbreitung D M O A T N Arkansas, Delaware, Missouri, North Carolina, Oklahoma, Tennessee Ausserdem in Kanada und Mittel- und Südamerika 20 RMSF bei Hunden Schwere Allgemeinerkrankung Symptomatik ähnl. Menschen Koagulopathien => tödlicher Ausgang 21 Vorbeugemaßnahmen 22 Tsutsugamushi-Fieber „Scrub typhus“ Überträger: Milben der Gattung Leptotrombicula Grippeähnliche Symptome mit Hautveränderungen, mild bis tödlich verlaufend Tierwirt: Ratten! Vorkommen: „TsutsugamushiDreieck“ Asiens Vermehre Meldungen nach Tsunami 2011 23 www.infectionlandscapes.org/2011/06/typhus.html Bartonella bacilliformis Carrión-Krankheit, Oroya Fieber, „Peruvianische Warze“ (chron. Form) Übertragung durch Sandmücken (Anden, v.a. Peru, 1000-3000 m ü.M.: Lutzomyia) Tierwirt: Affen? Nager? 24 Flöhe als Überträger von Zoonoseerregern Rickettsia felis: Katzenfloh-Typhus Bartonella henselae: Katzenkratzkrankheit kommen auch in Europa vor, aber Hauskatzen tragen weniger Flöhe als Streunerkatzen Meist Ctenocephalides felis (Europa, USA, SAmerika, Asien, Afrika, Australien) Flöhe häufiger in wärmeren Regionen 25 B. henselae: Katzenkratzkrankheit In bis zu 40% untersuchter Katzen! v.a. Streuner Lymphadenitis, Angiomatose Übertragung durch Kratzverletzungen und FLÖHE!!! 26 aapredbook.aappublications.org Flöhe als Zoonoseerreger 27 Durch Ausscheidungen übertragene Zoonoseerreger Kryptosporidiose Giardiose Toxoplasmose Echinokokkose Toxokarose Kapillariose Angiostrongylose …… Bruzellose VTEC Mykobakteriose Tularämie Leptospirose Influenza Q-Fieber …… nicht ausschließlich Reiseparasiten, aber durch höhere Infektionsraten / mangelnde Bekämpfung bei Tieren / stärkere Kontamination der Umwelt => höheres Risiko! Streunertiere 29 Enger Kontakt 30 Mexiko, Agua Azul 31 Schadnager 32 Nutztiere 33 Wildtiere 34 Persönliche Hygiene macht den Unterschied! 35 Praktikum mit Berggorillas Vet. Praktikum Nicaragua 36 www.Vidavoluteerstravel.org; www.veterinarylegacy.blogspot.co.at/2011/09/veterinary-students-summer-experience.html Giardia und der Fall der „Reversen Zoonose“ Giardia duodenalis: Assemblagen => zoonotische (Assemblage A = G. duodenalis, B = G. enterica) und nicht zoonotische Arten (G. canis, G. cati, G. bovis, G. simondi) verursacht GI-Störungen, v.a. in Kindern auch häufig bei Tieren (Hund, Katze, Kalb, Lamm…) ubiquitär, meist nicht zoonotisch ABER: Eintrag zoonotischer Arten in unbewohnte Gebiete => Amplifikation durch Wildtiere! „Beaver Fever“ Source: Wikimedia.org 39