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1. Klassische Nacht am 27. Juli 2001
auf dem Rathausplatz
Friedrich Mack (Bariton)
und Kathrin Schwarz (Flügel)
Nachleseauszug aus dem
31.07.2001 von Heinz Böhler
Teckbote
vom
Das Gold Italiens liegt in den Stimmen seiner Sänger, den Liedern seiner
Komponisten, die sich den Stoff alter Mythen und des täglichen Lebens
zum Zweck nahmen, Lebenslust und -launen in Melodien zu formen.
Guiseppe Verdi war einer der populärsten von ihnen und Europa feierte mit
seinem hundertsten Todestag in diesem Jahr einen Meilenstein in der
Tonkunst des Landes, in dem bekanntlich die Zitronen blühen. Da wollte
auch der Verein kultur ecce e.V. nicht hintan stehen und machte den neu
gestalteten Rathausplatz im Zentrum seines Wirkungskreises Dettingen für
einen Abend zum Zentrum der mediterranen Canzone. Friedrich Mack,
dessen Bariton auf europäischen Bühnen ebenso erklingt, wie in StudioProduktionen auf CD’s eingebrannt, führte am vergangenen Freitag ein
dankbares und zahlreiches Publikum in die musikalische Welt des mit
einem Stiefel verglichenen Mittelmeerlandes ein. Eingebettet ins Tal der
leis’ murmelnden Lauter vor den Toren Kirchheims gelegen, schützend
überragt von den schütteren Höhen des Hörnle und Käppele, in Sichtweite
der alten Zähringer-Brug Teck liegt das Dorf, dessen Ursprünge ein
Dreivierteljahrtausend zurückliegen. Mittendrin ein Platz, den die alte
Kirche beherrscht, eine breite Freitreppe gibt einer Bühne Raum, die auf
einen Brunnen herabblickt, der bronzen-langhörnigen Stierköpfen als
symbolische Tränke dient. Dazwischen schafft der von einer charmanten
Vorsitzenden, Sabine Leins, geführte Kulturverein des Dorfes ein für etwa
zweihundert Zuhörer arrangiertes Auditorium. Am Flügel, gestellt von einer
der Kirchengemeinden, begleitete Kathrin Schwarz das feinfühlig chronologisch gewählte Programm des versierten Opernbaritons, Friedrich Mack.
Ohne Unterstützung einer Verstärkeranlage vertraute der an diesem Abend
als Interpret angetretene Sänger der Kraft seiner Stimme. Dem Ausdruck
der Lieder, von Barock bis Neuzeit, tat dies auch kaum je einen Abbruch,
lediglich seine Interpretationen gingen ein wenig unter für alle diejenigen,
die ihren Platz nicht direkt vor der Bühne gefunden hatten. Die ausgehende
Renaissance fand mit dem “Amarilli” des Komponisten der ersten
bekannten Oper Giulio Caccini aus Florenz den Eingang in die Geschichte
der italienischen (und europäischen) Musikdramatik. Auch Carissimis
“Vittoria” und ein Stück von Alessandro Scarlatti waren sozusagen noch in
den “Versuchslaboratorien” der Mehrakter der Folgezeit entstanden,
während ein sehr eindringlich vorgetragenes Liebeslied von Liebeslied von
Guiseppe Giordani, Zeitgenosse Mozarts, schon deutlich auf die folgenden
zwei Jahrhunderte italienischer Opernkultur hingewiesen. Seit seiner Mitarbeit in Purcells Vertonung von Shakespeares “Sommernachtstraum” ist
Mack auch in Nürtingen kein Unbekannter mehr und eine Interpretation des
britischen Dramatikers aus Verdis Feder kam auch am Freitagabend in
Dettingen zum Tragen und das außerordentlich tragisch. Musste doch
Macbeth, am Ende seines mörderischen Seiltanzes, feststellen, dass er
seine Existenz -”Pieta rispetto, amore” - den völlig falschen Prämissen
unterjocht hatte. Einen wichtigen Anstoß zur Beseitigung der
bourbonischen Königsherrschaft in Frankreich spielte ein Stück des
französischen Dramatikers und Waffenschiebers Pierre Augustin Caron
des Beaumarchais, die schnell sehr populäre Geschichte des Sevillaner
Friseurs, der die hierarchische Strukturen des ausgehenden Absolutismus
verhöhnt. Als Diener aller Herren der feinen Gesellschaft sagn sich
Friedrich Mack - “Trallalalera-Trallalala” in die Herzen seiner Zuhörer und
mischte sich -”figaro, figaro,figaro” -flugs unters Volk. Donizetti und Bellini
hatten Arien verfasst, die Mack wie auf die Stimmbänder geschrieben zum
Besten gab.
Den
verschmähten Liebhaber,
der
aus dem
Schlachtengetümmel zurückgekehrt, die Braut in den Armen des anderen
findet, der Doktor, der die eigene Schwester als Ware auf dem
Heiratsmarkt anpreist, die Bariton-Rollen der romantischen Opern sind
nicht die des Helden, sind Nebenfiguren, sind meist Verlierer. Tenöre
spielen erfolgreich, sind populär - und langweilig. Friedrich Mack gab den
Stimmen Ausdruck, die in Aufführungen der großen Musikdramen zwar in
der zweiten Reihe stehen, denen aber oft - kaum bemerkt - die besondere
Aufmerksamkeit der Komponisten zuteil wurde. Ein verzweifelter Vater, der
seinen Sohn vor dem moralischen Moloch Paris bewahren will, indem er
ihm die Schönheit der Provence versucht ans Herz zu legen (La Traviata)
oder - aus neuerer Zeit - ein Liebeslied, das die Stimme eines (wohl
männlichen) Herzens, übernimmt, das nach der Geliebten ruft, dem
symphatischen Sänger flogen am Freitagabend auf dem Dettinger
Rathausplatz die Herzen seines Publikums zu, daran ließ der Beifall keinen
Zweifel. Was Wunder, dass er eine der, seiner Meinung nach, schönsten
Kompositionen des vergangenen Jahrhunderts, im Zugabenteil noch
einmal mit aller Hingabe dargebrachte: “O sole mio”.
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