Strategische Unternehmenskommunikation 4.5 Integrierte Kommunikation Der verschärfte Kommunikationswettbewerb zwingt Unternehmen dazu, ihre Botschaften und Kanäle verstärkt aufeinander abzustimmen. Um zu untersuchen, wie mittelständische Unternehmen kommunizieren und welche Ansprüche dadurch an die Kommunikatoren gestellt werden, dürfen die Kommunikationsdisziplinen PR, Marketing und Werbung nicht isoliert voneinander betrachtet werden. Alle drei sind entscheidende Erfolgsfaktoren für Unternehmen. Wichtig ist dabei aber das Bewusstsein dafür, dass die einzelnen Kommunikationsdisziplinen unterschiedliche Ziele verfolgen: PR Marketing Werbung Positionierung des Unternehmens in der Öffentlichkeit (gesellschaftspolitische Ausrichtung) Positionierung des Unternehmens am Absatzmarkt (fragt nach Möglichkeiten der Absatzsteigerung) setzt am Produkt an präsentiert das Unternehmen als Ganzes produktbezogene Kommunikation (oft über Preispolitik, z. B. Sonderangebote) will Kaufentscheid herbeiführen und ist damit kurzfristig angelegt zielt auf Glaubwürdigkeit ab, nicht auf den Absatz (dabei ist die Glaubwürdigkeit eines Unternehmens natürlich absatzfördernd) ist langfristig angelegt Überzeugung statt Überredung ist überredende Kommunikation dialogorientiert meistens Ein-WegKommunikation PR, Marketing und Werbung im Vergleich (in Anlehnung an Wienand/Röttger 2003) 66 Fischbach/Mack, Mittelstandskommunikation Copyright by UVK 2008 Strategische Unternehmenskommunikation Übergeordnetes Ziel aller Kommunikationsdisziplinen ist der langfristige, wirtschaftliche Erfolg eines Unternehmens. Dabei schafft PR-Arbeit die Voraussetzung für die Positionierung der Produkte am Markt, indem sie das ganze Unternehmen als glaubwürdigen Absender positioniert. Die Marketing- und Werbemaßnahmen setzen dann direkt bei der Absatzförderung an. Hier wird schon deutlich, wie wichtig ein funktionierendes Zusammenspiel ist. Sie müssen immer wieder miteinander abgestimmt werden, da sie ein gemeinsames Ziel verfolgen. Der Einsatz verschiedener Kommunikationsinstrumente ist nur dann sinnvoll, wenn sie widerspruchsfrei sind. Integrierte Unternehmenskommunikation wird definiert als »[…] Prozess der Analyse, Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle, der darauf ausgerichtet ist, aus den differenzierten Quellen der internen und externen Kommunikation von Unternehmen eine Einheit herzustellen, um ein für die Zielgruppen der Kommunikation konsistentes Erscheinungsbild des Unternehmen zu vermitteln.« (Bruhn 2006, 17) Eine Integration muss auf operationaler und strategischer Ebene erfolgen, also bei den Kommunikationshandlungen und im Bereich des Kommunikationsmanagements. Einzelne Kommunikationsinstrumente werden so eingesetzt, dass eine einheitliche Kommunikation entsteht. Eine Abstimmung der Handlungen sollte dabei • inhaltlich durch einheitliche Leitmotive und Kernbotschaften mit Bezug zur Gesamtstrategie, • formal durch einheitliche Gestaltungsprinzipien (Schrifttypen, Farben, Logos) für alle Kommunikationsaktivitäten und • zeitlich durch Kontinuität und langfristige Kommunikation in allen drei Teilbereichen erfolgen (vgl. Bogner 1999). Integrierte Kommunikation ist ein Managementprozess und somit Führungsaufgabe: »Strategie, Kommunikation und Image können langfristig nur im Verbund existieren. Alle drei Bereiche müssen als Aufgabe des Verwaltungsrates (Aufsichtsrat und Vorstand) einer Firma definiert werden. Integrierte Unternehmenskommunikation wird so zur Aufgabe einer gut funktionierenden Unternehmensführung, welche die langfristig optimale Leitung des Unternehmens verfolgt.« (Kirchner 2001, 50) 67 Fischbach/Mack, Mittelstandskommunikation Copyright by UVK 2008 Strategische Unternehmenskommunikation Je nach Größe, Branche und Beziehungen des Unternehmens kann sich die Bedeutung der einzelnen Kommunikationsdisziplinen verschieben. Auf Grund meist knapper personeller oder finanzieller Ressourcen findet man im Mittelstand nicht selten PR, Marketing und Werbung in einer Person, was für einen Ansatz der Integrierten Kommunikation spricht. Jede Kommunikationsdisziplin verfolgt bestimmte Ziele und hat ihre Berechtigung. Aufgabe der Unternehmenskommunikation ist es, dies zu berücksichtigen und die jeweiligen Kommunikationsaktivitäten zu koordinieren und aufeinander abzustimmen. Nur so kann ein Unternehmen von seiner Umwelt einheitlich wahrgenommen werden. Die Integrierte Kommunikation gilt als eine der zentralen Herausforderungen der Kommunikationsarbeit. Über die Notwendigkeit eines Zusammenspiels der unterschiedlichen Kommunikationsdisziplinen mit dem Ziel, Organisationshandlungen effizienter und effektiver zu gestalten, sind sich Vertreter aus Wissenschaft und Praxis seit Jahren weitgehend einig. Die Abstimmung bietet großes Optimierungspotenzial, die Nutzung von Synergieeffekten und die Bündelung von Kosten. Das Verständnis von Integrierter Kommunikation hingegen ist sehr unterschiedlich – u. a. begründet in der Tatsache, dass jede der verschiedenen Disziplinen (Public Relations, Marketing, Werbung) die Federführung bei der Gesamtkommunikation, der Vernetzung der verschiedenen Instrumente und Bereiche, für sich beansprucht. Die Modelle sind – je nach Autor – Marketing-, PRoder CI-zentriert. Die unterschiedlichen Definitionen erschweren zum einen die Antwort auf die Frage ›Was ist eigentlich Integrierte Kommunikation?‹ und machen zum anderen die Umsetzung problematisch. Dabei sind Modelle der Integrierten Kommunikation interessant, die eine einseitige Betrachtungsweise ausklammern und stattdessen eine gleichwertige Vernetzung der verschiedenen Kommunikationsdisziplinen vorsehen. Beispiele hierfür ist Bogners Wiener Modell der Integrierten Kommunikation (1999): Marketing, Öffentlichkeitsarbeit und Corporate Identity mit ihren Teilbereichen bilden die Kernfächer, die bei der Vernetzung als gleichwertig und gleichrangig behandelt werden. Beim Vernetzen (Ineinanderschieben) ergibt sich ein Kernbereich, in dem sich die drei Disziplinen überlappen. Dieser Bereich stellt für Bogner die strategische Kommunikation dar, der er auch die interne Kommuni68 Fischbach/Mack, Mittelstandskommunikation Copyright by UVK 2008 Strategische Unternehmenskommunikation kation zuordnet. Wie die Vernetzung der einzelnen Kommunikationsdisziplinen in der KMU-Praxis aussehen kann, zeigt folgendes Beispiel: Eine Verantwortliche und viele Brillen Bei dem mittelständischen Tierfutter-Hersteller Petmeal ist eine Mitarbeiterin für den gesamten Bereich der Unternehmenskommunikation zuständig. Sie ist in dieser Funktion direkt den beiden Geschäftsführern unterstellt und dafür verantwortlich, dass sämtliche kommunikativen Aktivitäten des Unternehmens aufeinander abgestimmt werden. Dazu gehören u. a. die Organisation von Messen, die Produktion sämtlicher Werbebroschüren und einer Kundenzeitschrift sowie die Pflege der Homepage, außerdem die Kontakte zu den lokalen Medien und Fachzeitschriften, die Redaktion und Umsetzung der Mitarbeiterzeitschrift und der jährlichen Mitarbeiterveranstaltungen. Die tägliche Herausforderung ist es, trotz der Alleinverantwortung und eines besonders vielfältigen und anspruchsvollen Aufgabengebiets, die verschiedenen Perspektiven der Unternehmenskommunikation gleichberechtigt zu betrachten und je nach konkreten Anforderungen entsprechend in den Mittelpunkt zu stellen. Dafür ist der regelmäßige Austausch mit Kollegen aus anderen Abteilungen, beispielsweise Personalabteilung, Produktion und Verkauf, aber auch die Unterstützung durch externe Dienstleister, von großer Bedeutung. Im Praxisteil dieses Buches wird zum einen das Zusammenspiel von PR, Werbung und Marketing, das Verständnis über die verschiedenen Kommunikationsdisziplinen sowie die Grenzen und Überschneidungen betrachtet und abgefragt. Zum anderen wird ein Modell vorgestellt, wie die Umsetzung einer Integrierten Kommunikation in mittelständischen Unternehmen aussehen kann (Kapitel 6). Zuvor soll noch dargestellt werden, wer nun eigentlich für die Unternehmenskommunikation verantwortlich ist. 69 Fischbach/Mack, Mittelstandskommunikation Copyright by UVK 2008