H A N D B U C H WASSER PFLANZEN Jörg BAUMHAUER Carsten SCHMIDT Klaus VAN DE WEYER ERKENNEN VERWENDEN PFLEGEN PATZER VERLAG Berlin-Hannover Inhalt 1 2 Vorwort Grundlagen 7 9 5 Reinigungsleistung von Wasserpflanzen 36 5.1 Sumpfpflanzen 36 5.2 Untergetauchte Pflanzen 36 5.3 Schwimmblattpflanzen 37 Verwendung und anthropogener Nutzen 38 2.1 Begriffe/Definitionen 2.2 Unterschiedliche Gewässertypen und Standortfaktoren 2.3 Nährstoffe und Trophie 10 6 2.4 pH-Wert 13 6.1 Wasserpflanzen in der Mythologie 38 2.5 Wasserhärte 13 6.2 Wasserpflanzen als Heilpflanzen 39 2.6 Makrophyten und Salz (Salinität) 15 6.3 2.7 Wasserbewegung 16 Wasser- und Sumpfpflanzen in der Ernährung 42 2.8 Lichtangebot 17 6.4 2.9 Substrate 17 Wasser- und Sumpfpflanzen als Bau- oder Hilfsstoffe 43 2.10 Füllwasser 18 2.11 Wuchsformen der Makrophyten 19 7 Pflanzenauswahl in der Praxis 45 2.12 Wuchsverhalten/Konkurrenz 22 7.1 Kultivierung und Pflanzenqualitäten 45 2.13 Epiphyten 23 7.2 2.14 Reproduktion 25 Versand und Umgang mit der Pflanze auf der Baustelle 45 2.15 Fische 25 7.3 Vorgehen bei der Pflanzenauswahl 45 Natürliche Gewässer als Vorbilder 26 8 Pflanzenmatrix mit Anmerkungen 47 Pflanzengesellschaften als Vorbild für die Planung künstlicher Gewässer Anmerkungen zu der Pflanzenmatrix 47 26 Wasserpflanzen und Umweltbedingungen Pflanzenbeschreibungen 57 26 Wasserpflanzen in natürlichen Flachseen 9.1 Vorbemerkungen 57 27 9.2 Emerse Pflanzen 57 9.3 Submerse Pflanzen und Schwimmblattpflanzen 103 Musterpflanzenlisten 128 3 3.1 3.1.1 3.1.2 9 9 8.1 9 3.1.3 Exkurs: Schilf 28 3.2 Funktionen von Wasser- und Sumpfpflanzen 30 3.3 Wasserpflanzen und ihre Lebensräume 30 10 3.4 Neophyten 31 10.1 Vorbemerkungen 128 3.5 Geschützte Arten (FFH Anhang-Arten) 33 10.2 Oligo- /mesotroph, weich – mittelhart 128 10.3 Oligo- /mesotroph, mittelhart – hart 129 10.4 Oligo- /eutroph, mittelhart – hart 129 10.5 Eu- /hypertroph 130 4 Beispielhafte Gewässer und deren Eigenschaften 34 5 Inhalt 10.6 Fließendes Wasser (Fließgeschwindigkeit 0,15–1,0 m/s) 11.9.2 Mangelerscheinungen 138 130 11.9.3 Tierische Schädlinge 139 10.7 Schattiger Standort 130 11.9.4 Schnecken 141 10.8 Bodenkörper, schnell durchströmt, nährstoffarm 11.9.5 Wasservögel 141 131 11.10 Winterhärte 141 11 Pflege 132 12 Literatur 142 11.1 Allgemeines 132 12.1 11.2 Algen 133 Allgemeine Literatur (Limnologie, Schwimmteiche) 142 12.2 Bestimmumgsschlüssel 142 Spezielle Literatur 142 11.3 Chemische Wasserparameter/Wasseranalysen 134 12.3 11.4 Düngung 135 12.3.1 Nährstoffe/Trophie 142 11.5 Sedimente 135 11.6 Verringerung der Einträge 136 12.3.2 Naturschutz, Wasser-Rahmen-Richtlinie 143 11.7 Pflanzenschnitt 136 12.3.3 Makrophyten 143 11.7.1 Ufer-/Flachwasserpflanzen 136 12.3.4 Schilf 144 11.7.2 Untergetauchte Pflanzen 137 12.3.5 Anthropogener Nutzen 144 11.7.3 Schwimmblattpflanzen 137 11.8 138 12.3.6 Beschreibung der Sumpf- und Wasserpflanzen 145 12.3.7 Fischbesatz 145 12.3.8 Literatur Epiphyten 145 12.3.9 Internetquellen 145 11.9 Pflege der Pflanzenbestände Pflanzenschädlinge/ Pflanzenkrankheiten und Gegenmaßnahmen 11.9.1 Allgemeines 6 138 138 1 Vorwort Schon wieder ein neues Wasserpflanzenbuch? Es gibt doch schon genug davon am Büchermarkt, wird sich der ein oder andere Leser dieses Vorwortes denken. Und da stimmen wir, die Autoren ihm zu. Es gibt viele Bücher über Wasserpflanzen, die für die unterschiedlichsten Zielgruppen geschrieben wurden. Die Zielgruppe, an die sich dieses Buch richtet, ist der Verwender von Wasserpflanzen. Das sind Garten- und Landschaftsbauer, Planer von künstlichen und natürlichen Gewässern und private Bauherrn, die sich den Traum vom Teich oder Schwimmteich erfüllen möchten. Für uns, die Autoren, sind Gewässer nur mit Wasserpflanzen vollständig. Und doch sind Wasserpflanzen sehr viel mehr als nur schmückendes Beiwerk zum Gestalten von Gewässern. Sie dienen als Baustoffe, Nahrungsund Arzneimittel, haben teilweise sehr spezifische Anforderungen an ihre Lebensbereiche und sind andererseits so anpassungsfähig, dass sich die Verwender oftmals fragen: Wieso wächst die Wasserpflanze hier? Eigentlich sind ihre Ansprüche an Wasserqualität und Standort doch völlig anders! An diesem Punkt soll dieses Buch Hilfestellung geben. Es gewährt einen Einblick über die Verwendung von Wasserpflanzen in künstlichen Gewässern, zeigt Grenzen und Möglichkeiten auf und unterstützt den Verwender bei der Auswahl von Pflanzen für sein Gewässer. Einbezogen sind auch die Sumpfpflanzen, die eine starke Bindung an Gewässer aufweisen und für die vorliegende Fragestellung sehr wichtig sind. In der Wissenschaft werden die Wasser- und Sumpfpflanzen als Makrophyten bezeichnet. Wir haben uns als Autoren mit den unterschiedlichsten Verfahren zur Auswahl von Wasser- und Sumpfpflanzen zur Bepflanzung von Gewässern auseinandergesetzt und diese zum Teil kritisch hinterfragt. Denn viele Wasser- und Sumpfpflanzen lassen sich nur schwerlich durch starre Raster und Muster zu „der“ Bepflanzungsliste auswählen. Dem Leser möchten wir durch die entsprechenden Hintergrundinformationen die Auswahl an Wasser- und Sumpfpflanzen erleichtern und zusätzlich durch eine detaillierte Beschreibung der Pflanzung eine Kontrolle der gelieferten Pflanzen ermöglichen. Denn oft unterscheiden sich Arten einer Gattung nur in Details, haben jedoch gänzlich andere Standortansprüche. Das Buch ist also kein Bildband über die Schönheit der Wasser- und Sumpfpflanzen, sondern ein praktischer Ratgeber für die Auswahl von Makrophyten für künstliche Gewässer. In Hinblick auf eine bessere Lesbarkeit des Buches wurde im Text weitgehend auf Literaturzitate verzichtet. Im Literaturverzeichnis finden sich viele Hinweise für die unterschiedlichen Themen, die in diesem Buch behandelt werden. März 2014 Jörg Baumhauer Carsten Schmidt Dr. Klaus van de Weyer 7 4 Beispielhafte Gewässer und deren Eigenschaften Neu angelegter Badeteich mit beginnender Pflanzenentwicklung. Foto: Carsten Schmidt Die Matrix (Gewässermatrix) gibt einen Überblick über klassische, im Garten- und Landschaftsbau gebaute Gewässer. Den Gewässern sind typische Eigenschaften zugeordnet, die dem Planer und Ausführenden helfen soll, das geplante Bauvor- Pflanzenfilter einer Naturbadeanlage. 34 Foto: Carsten Schmidt Pflanzenzone nach natürlichem Vorbild mit Ufer- und UnterwasserFoto: Carsten Schmidt bepflanzung. haben entsprechend einzustufen und eine passende Pflanzenauswahl zu finden. Da nahezu alle Gewässer eine große Bandbreite an Bauweisen aufweisen, sind die Darstellungen exemplarisch zu verstehen und können projektbezogen variieren. Die Gewichtung der einzelnen Faktoren mit –/0/+ sind Anhaltspunkte für die Relevanz der Parameter für die exemplarisch gewählten Gewässertypen. „Minus“ = keine Relevanz „Null“ = kann relevant sein, muss aber nicht „Plus“ = ein bedeutender Parameter, der unbedingt zu beachten ist bzw. dem große Wichtigkeit zukommt. Die Unterwasserbepflanzung ist für den technischen Schwimmteich nicht relevant, jedoch für die Funktion eines Pflanzenbeckens wichtig und unbedingt zu berücksichtigen. Abweichende Bedeutungen sind in der Tabelle dargestellt (Kopfzeile). Beispielhafte Gewässer und deren Eigenschaften 4 Schwimmblattpflanzen/Seerosen Unterwasserpflanzen Röhrichtbepflanzung Artenvielfalt Blühaspekt Technikeinsatz Relevanz der Pflanze zur Wasseraufbereitung Wasserbewegung (– = keine/kaum Wasserbewegung, + = hohe Fließ-/ Strömungsgeschwindigkeit) Trophie (– = nährstoffarm, + = nährstoffreich) Pflanzzone vorhanden Kosten Unterhalt (– = geringer Kostenaufwand, + = hoher Kostenaufwand) Kosten Herstellung (– = geringer Kostenaufwand, + = hoher Kostenaufwand) Beispielhafte Gewässer und deren Eigenschaften Schwimmteich technisch, Naturpool – – 0 – 0 + 0 0/+ –/0 0 + + Schwimmteich naturnah + + + + + 0 + –/0 –/0 (+) + 0 + Ohne/mit wenig Technik, Pflanze dient auch der Wasseraufbereitung Gartenteich, ohne Umwälzung + + + + + – + – 0/+ + – 0 Biotop, mit Pflanzen, ohne Fischbesatz Gartenteich, wenig Umwälzung + + + + + 0 0 –/+ 0/+ 0/+ 0 0 Biotop mit Wasserspiel oder kleinem Skimmer, ohne Fische Fischteich 0 0 + 0 0 + 0 0/+ +/++ –/0 + + Zierteich mit leichtem Fischbesatz, Filteranlage vorhanden 0/+ – 0 0 0 + – + +/++ –/0 + + Teich mit hohem Fischbesatz und intensiver Filterung/Umwälzung Pflanzenbecken ohne Wasserbewegung, 1 m Tiefe + + – 0 0 0 + – –/+ + 0 0 Zierbecken mit Pflanzen, ohne Technik Architektonisches Becken, bis 50 cm Tiefe 0 0 0 0 0 0 0 –/+ –/+ 0 0 0 Gestaltungsbecken, ohne effektive Filtertechnik Technisches Becken – – 0 0 0 + – + –/+ – + + Gestaltungsbecken, Aufbereitung technisch, keine nennenswerte Biologie Bachlauf – –/0 0/+ 0 0/+ 0/+ –/0 + –/0 0 0 0/+ Fließgeschwindigkeit < 1 m/Sekunde Durchströmter Bodenfilter – – –/+ –/0 –/0 + 0 0/+ 0/+ –/+ 0 0/+ Zwangsdurchströmter Substratkörper, fallweise mit Bepflanzung, z. B. Pflanzenkläranlage 0/+ 0/+ + + + –/0 0 –/0 –/0 0/+ 0 0/+ Moorgewässer unterschiedlicher Ausprägung Gewässer/Gestaltung Koiteich Moorgewässer Anmerkungen/Hinweise Aufbereitung vorwiegend durch Technikeinsatz/Filter/Bodenfilter, Pflanze fallweise vorhanden 35 5 Reinigungsleistung von Wasserpflanzen Den einzelnen Pflanzen/Pflanzengruppen kommen unterschiedliche Funktionen hinsichtlich der Wasseraufbereitung und ihres jeweiligen Nutzens für das Gewässer zu. Für Gewässer, in denen die Wasserreinigung durch die Bepflanzung erfolgen soll, sind die jeweiligen Anforderungen der einzelnen Pflanzen zu berücksichtigen und in der Planung umzusetzen. Der Übersicht halber erfolgt die Unterteilung im Folgenden in Helophyten, untergetauchte Pflanzen und Schwimmblattpflanzen, die aus Sicht der Autoren auch den größten Praxisbezug hat. Die einzelnen aufgeführten Punkte sind teilweise gattungs-/artabhängig unterschiedlich relevant. 5.1 Sumpfpflanzen · Eine gut ausgeprägte Helophytenbepflanzung · · · · (Sumpfpflanzen) sorgt für eine Verringerung der Einträge von außen (eingewehtes Laub) und ein optisch ansprechendes, naturnahes Erscheinungsbild einer Teichanlage. Die Nährstoffaufnahme erfolgt über die Wurzel, was zu einem Nährstoffverbrauch in der Flachwasserzone führt. Durch das Aerenchym der Pflanzen (Luft führendes Gewebe) wird Sauerstoff in den Bodenkörper eingebracht und Faulgase können entweichen. Daher stellt diese Pflanzengruppe einen Gasaustausch zwischen Wasser und Luft sicher, was gerade im Winter, bei zugefrorener Wasserfläche relevant ist. Verdunstung Lebensraum: Zahlreiche Insekten, Amphibien und andere Lebewesen finden in der Bepflanzung der Ufer- und Flachwasserbereiche ihren Lebensraum und den Raum zur Laichablage und Vermehrung (Kröten, Frösche, Libellen usw). 5.2 Untergetauchte Pflanzen · Untergetaucht lebende Pflanzen weisen oftmals Uferbereich eines künstlich angelegten Gewässers einige Monate Foto: Carsten Schmidt nach der Bepflanzung. 36 eine hohe Photosyntheserate und damit eine hohe Sauerstoffproduktion auf. Sie sorgen für eine gute Sauerstoffversorgung des Wasserkörpers. · Durch einen hohen Nährstoffverbrauch stellen die untergetauchten Pflanzen unmittelbare Konkurrenten zu den Algen dar. Eine Nährstoffaufnahme kann sowohl über die Wurzel als auch über Blätter/Stängel erfolgen. Dies ist arten-, aber auch situationsabhängig. Je nach Nährstoffangebot, Konkurrenz und Jahreszeit können einzelne Pflanzenarten auch kurzfristig den R e i n i g u n g s l e i s t u n g v o n Was s e r p f l a n z e n Potamogeton lucens und Characeen – eine wirkungsvolle Kombination Foto: Carsten Schmidt für Nährstoffverbrauch und Sauerstoffproduktion. Weg der Nährstoffaufnahme umstellen und anpassen. · Gerade in durchströmten Zonen findet sich innerhalb der Makrophytenbestände eine deutlich größere Zooplanktondichte als im Freiwasser (bis zur dreifachen Individuendichte). · Eine übermäßige UV-Bestrahlung kann die untergetauchten Pflanzen in ihrem Wachstum hemmen. Sie sorgt dafür, dass die Photosyntheserate deutlich zurückgeht oder gar ausbleibt (Photosynthesehemmung). Zur Ansiedlung sind daher Wassertiefen in den Pflanzbereichen von > 80 cm ratsam. · Für eine gesunde Pflanzenentwicklung sind feinkörnige Substrate erforderlich. Eine Wurzelbildung in groben Kieskörnungen (8 bis 16 mm, 16 bis 32 mm) ist nicht möglich oder deutlich eingeschränkt. Characeen rasen 5 Foto: Carsten Schmidt bevorzugt diese beschatteten Bereiche als seinen Lebensraum und zieht sich dorthin zurück. · Für viele Teichbesitzer gehört die Blüte der Seerose zu einem Teich zwingend dazu. Oft liegen die Blüten der Schwimmblattpflanzen über dem Wasserspiegel. · Neben Schwimmblättern weisen viele Arten der Schwimmblattpflanzen auch Unterwasserblätter auf. Jahreszeitlich bedingt kommen den unterschiedlichen Blättern angepasste Funktionen zu (Photosynthese, Nährstoffaufnahme aus dem Wasser, Atmung). 5.3 Schwimmblattpflanzen · Schwimmblattpflanzen wie Seerosen, Seekannen oder Laichkrautarten sorgen mit ihren Blättern für eine Beschattung der Wasserfläche und damit für Bereiche mit verminderter UVBestrahlung. Dies ist in Zonen/Lagen mit starker Sonneneinstrahlung von besonderer Bedeutung (exponierte Lagen, Mittelmeerraum, warme Klimazonen usw.) Das Zooplankton Persicaria amphibia, eine ansprechende und robuste Pflanze, die Foto: Carsten Schmidt Schwimmblätter ausbildet. 37 6 Verwendung und anthropogener Nutzen „Die Bachbunge ist von warmer Natur und wer daraus ein Mus kocht unter Beigabe von Fett oder Öl, und sie so isst, der erleichtert seinen Bauch durch Abführen wie mit einem Trank. Und auch unterdrückt sie die Gicht.“ Hildegard von Bingen. Dieser Ausspruch einer großen Pflanzenheilkundlerin und Klosterfrau macht deutlich, wie groß das Wissen schon in früher Zeit um die Wirkung von Pflanzen für unsere Gesellschaft war. Und ist. In der Ernährung, Heilkunde und Mythologie spielen Pflanzen seit Jahrtausenden in allen menschlichen Kulturen eine große Rolle. Besonders wichtig sind ihre Inhaltsstoffe, die eine große Rolle in der Medizin spielten und noch heute spielen. Heute erleben viele dieser Pflanzen eine Renaissance. Nicht nur durch die traditionelle chinesische Medizin und den Trend zur ganzheitlichen Medizin und Homöopathie. Schon allein deshalb, weil man in ihnen neue, hochwirksame Substanzen entdeckt hat. Es entbrennt weltweit ein regelrechter Patentkrieg um Pflanzeninhaltsstoffe und ihre Vermarktung. In Deutschland werden zurzeit ca. nur rund 75 Arzneipflanzen angebaut, die ca. 10 % des innerdeutschen Bedarfs decken. Die restlichen 90 % decken Importe ab. Auch einige Wasser- und Sumpfpflanzen haben einen anthropogenen Nutzen. Sie dienen als Zeigerpflanzen zur Beurteilung von Wasser- oder Bodenqualitäten, denn sie reagieren als hochspezialisierte Pflanzen sehr empfindlich auf Veränderungen des Standorts. Erkennbar sind diese Reaktionen an Veränderungen im typischen Habitus, der Blühfreude, der Blattfarbe und der gesteigerten Anfälligkeit gegenüber Krankheiten. Die Wasser- und Sumpfpflanzen fungieren als 38 Heil- und Gewürzpflanzen oder als Baustoff. Die folgenden Kapitel widmen sich diesen vielfältigen Funktionen der Wasserpflanzen. 6.1 Wasserpflanzen in der Mythologie Pflanzen spielten als Symbole in der Mythologie stets eine große Rolle. Selbst in Höhlenmalereien sind Pflanzen als Zauberkräuter abgebildet. Auch einigen Sumpf- und Wasserpflanzen wiesen unsere Vorfahren sagenhafte Kräfte zu. Wie z. B. das Himmelsschlüsselchen (Primula veris), das den Verstorbenen das Tor in den Himmel aufschließen sollte. Anderseits sollte es aber auch die eigene Schönheit (der Frauen) erhalten, sofern „frau“ es ständig trug, und ungewollte Besucher fern halten. Bis heute ist allerdings der keltische Brauch bekannt, Himmelschüsselchen als Frühlingsboten zu betrachten. Oder der Frau- Die Guttationstropfen auf den Blättern des Frauenmantels (Alchemilla mollis) sollten nach Meinung der Weisen zum Stein der Foto: Jörg Baumhauer Weisen führen. Verwendung und anthropogener Nutzen Das Himmelsschlüsselchen (Primula veris ) sollte den Verstorbenen den Weg in den HimFoto: Jörg Baumhauer mel erleichtern. Der Seerose (Nymphaea ) sprach man vielfältige Eigenschaften zu, von Antiaphrodisakum bis Mittel gegen Schwindelgefühle. 6 Die stark riechenden Rhizome der Pestwurz (Petasites officinalis ) sollten die Pest vertreiFoto: Jörg Baumhauer ben können. Foto: Jörg Baumhauer enmantel (Alchemilla mollis), auch Gewittergras genannt: Kränze aus Frauenmantel an Fenstern, Türen oder auf dem Dach sollten vor Blitzeinschlag schützen und die Alchimisten im Mittelalter glaubten mit Hilfe der Guttationstropfen auf den Blättern des Frauenmantels den Stein der Weisen zu finden. Einigen Pflanzen wurden wahre Wunderkräfte zu gedacht. So sollten die stark riechenden Wurzeln der Pestwurz (Petasites officinalis) die Pest vertreiben. Die richtige Verwendung der Kukuckslichtnelke (Lychnis floscuculi) sollte einen wichtigen Hinweis auf den nächsten Lebens- und Liebespartner geben, galt aber in manchen Gegenden auch als Synonym für den Teufel oder eine Hexe. Selbst dem Inbegriff für Wasserpflanzen, der Seerose (Nymphaea alba), kam als große Bedeutung in der Kirche zu. Extrakte aus den Blüten sollten gegen unkeusche Gedanken helfen und dienten in Klöstern lange Zeit als Antiaphrodisiakum, um bei Nonnen und Mönchen den Sexualtrieb zu hemmen. Zurück zuführen ist das wohl auf eine Quelle bei Plinius, einem römischen Gelehrten. Die Ernte der Blüten war eine gefährliche Sache, denn laut den Überlieferungen warteten zwischen den Seerosen die Nixen, um unbedachte Sammler in die Tiefe zu ziehen. In Wahrheit war es wohl so, dass die wenigsten Menschen schwimmen konnten und sich bei der Ernte in den langen Stängeln verhakten und ertranken. Andere Quellen berichten, dass ein Rhizom, an die Wand gehängt, gegen einen Schwindel durch bloßes Betrachten helfen soll. Schon die Sumerer und Ägypter nutzten den Kalmus (Acorus calamus) als Räucherwerk. Die Cree-Indianer ebenso wie die slawischen Völker sahen im Kalmus einen Glücksbringer und ein Stimulans, oft als Aphrodisiaka. Der Grund ist wahrscheinlich das Beta-Asaron, dem laut RÄTSCH, (1988), eine berauschende Wirkung zukommt. 6.2 Wasserpflanzen als Heilpflanzen Die Wirkung von Heil- und Gewürzpflanzen basiert auf unterschiedlichen Inhaltsstoffen. Eine medizinische Wirkung ist nicht immer wissenschaftlich nachgewiesen. Daher sei explizit in diesem Zusammenhang erwähnt, dass die folgenden Erläuterungen nur einen Überblick geben können. Bewusst haben wir auf Rezepte oder Hinweise zur Produktion von Tee, Tinkturen oder Ähnlichem verzichtet. Wer sich darin versuchen möchte, wende sich an Arzt, Apotheker oder Heilpraktiker, die das entsprechende Hintergrundwissen dafür haben. 39 9 Pflanzenbeschreibungen G a t t u n g : Nymphaea Nymphaea alba G a t t u n g : Nymphaea Art: N. alba Deutscher Name: Weiße Seerose Erkennungsmerkmale: · Blüte weiß · Schwimmblätter am Rand völlig glatt, häufig länger als breit · Blattstiel rundlich · keine Unterwasserblätter ausbildend · Seitennerven der Schwimmblätter bis weit unterhalb des Blattrandes miteinander verbunden (vgl. Nuphar lutea). Verwechslungsmöglichkeiten: · Sorten und Züchtungen von Nymphaea · Nuphar lutea: Gelb Seitennerven der Schwimmblätter nicht oder nur sehr nahe am Blattrand miteinander verbunden. Anmerkungen/Besonderheiten: · in Deutschland weit verbreitet · Im Handel existieren zahlreiche Hybriden. G a t t u n g : Nymphoides Art: N. peltata Deutscher Name: Seekanne 116 Erkennungsmerkmale: · kleine, seerosenähnliche Blätter. Mit den Seerosen nicht verwandt · Schwimmblätter kreisrund, 3 bis10 cm groß, nicht gelappt oder efeuartig · Blüte gelb, am Rand fransig bewimpert. Verwechslungsmöglichkeiten: Hydrocharis morsus-ranae (Wasserschweber, wurzelt nicht im Sediment und hat weiße Blüten). Anmerkungen/Besonderheiten: am Naturstandort gefährdet. G a t t u n g : Persicaria Art: P. amphibia Deutscher Name: Wasserknöterich Alter Name: Polygonum amphibium Erkennungsmerkmale: · Schwimmblätter fiedernervig, Hauptseitennerven gehen in Abständen nacheinander vom Mittelnerv ab. Schwimmblätter oval bis lanzettlich, bis 7 cm breit. · Blätter am Rand schwach behaart · Blüten weiß-rosa · Blätter schmecken nicht nach Pfeffer (Blätter von P. hydropiper schmecken nach Pfeffer, Verwechslungsmöglichkeit) · Blätter wechselständig, Spross unverzweigt Pflanzenbeschreibungen 9 G a t t u n g : Nymphoides Nymphoides peltata G a t t u n g : Persicaria Persicaria amphibia · Emerse Form: 30 bis 75 cm hoch und bogigaufsteigend wachsend. Blätter kurz gestielt (1 cm) oder sitzend. Verwechslungsmöglichkeiten: · Persicaria hydropiper · Potamogeton natans und andere P.–Arten: Schwimmblätter sind hierbei nicht fiedernervig, sondern parallel- oder bogennervig (Hauptseitennerven gehen bereits alle am Blattgrund von der Mittelrippe ab), Blüten grün-braun. Anmerkungen/Besonderheiten: gut zu verwendende Pflanze für mittlere Wassertiefen. 117 11 Pflege 11.1 Allgemeines Im Zuge der Sukzession haben Gewässer die Tendenz zur Verlandung. Es sammelt sich immer mehr organische Substanz und Biomasse an, die Produktion der Pflanzen und Algen nimmt zu und die freie Wasserfläche wächst immer weiter zu. Diese Entwicklung würde auch ein künstlich angelegter Teich durchlaufen, sie ist aber von dessen Planer und Besitzer meist nicht gewünscht. Die Hauptaufgabe einer Gewässerpflege besteht darin, den voranschreitenden Prozess der Eutrophierung zu unterbrechen und das Gewässer in einem nährstoffarmen Zustand zu halten. Zu unterscheiden sind hierbei die Vorgänge von Nährstoffeintrag – Nährstofffestlegung – Nährstoffentzug. Der Nährstoffeintrag erfolgt im Wesentlichen durch: · Füllwasser/Nachfüllwasser · Oberflächenwasser · nährstoffhaltige Baumaterialien, Kiese, Steine · Badegäste · Laub, Blütenstaub · atmosphärische Einträge · abgestorbene organische Masse innerhalb des Gewässers (Produkte der Mineralisierung) · Bau-/Planungsfehler (Randausbildung, Filterkonzeption, Bepflanzung usw.). Die Nährstofffestlegung wird erreicht durch die Bildung von Biomasse innerhalb des Gewässers: · Wachstum von Pflanzen · Wachstum von Algen · Produktion von Biofilm, oftmals gezielt in Filterkörpern · Sedimentation. Entzogen werden die festgelegten Nährstoffe durch entsprechende Pflegemaßnahmen: 132 Bildung fädiger Grünalgen als Folge eines Nährstoffüberschusses. Foto: Carsten Schmidt · Pflanzenschnitt · Entfernen von Algen · Absaugen von Sedimenten · Verringerung des Eintrages von außen (Laubschutznetz, Skimmerbetrieb, Kescher u. Ä.) · Entfernen von aufgewachsenem Biofilm, zum Beispiel durch Rückspülung von Filterkörpern. Es sei hier darauf hingewiesen, dass eine fachgerechte Planung und Bauausführung den Grundstein für ein nährstoffarmes und pflegeleichtes Gewässer darstellt. Hierzu gehören Überlegungen zur Platzierung der Anlage, einer fachge- Pflege 11 rechten Teichrandausbildung und eine ausreichende Berücksichtigung der Vorgaben zu Füllwasser, Baumaterialien, Sediment, Pflanzenverwendung und Filtertechnik. 11.2 Algen Algen gehören zu den unliebsamen Bewohnern des Teiches und sind oftmals Anlass für Streitigkeiten zwischen Bauherr und Planer/Ausführungsbetrieb. Zunächst sei erwähnt, dass auch Algen zu einem biologisch aufbereiteten Gewässer dazugehören. Sie erfüllen wesentliche Aufgaben wie Sauerstoffproduktion und Nährstoffverbrauch. Die vielen tausend existenten Algenarten lassen sich nur von Experten sicher bestimmen und unterscheiden. Schwebealgen sind zu dem Phytoplankton zählende, pflanzliche Kleinstlebewesen, die ein Gewässer trüben oder einfärben. Ursächlich für beispielsweise eine Grünfärbung eines Teiches sind die Schwebealgen. Hiervon zu unterscheiden sind fädige Algen. Dies sind mehrzellige, fädige Strukturen, die oft auf Substrat- oder Steinoberflächen aufwachsen. Die Länge der einzelnen Algenfäden ist ebenso unterschiedlich wie die Konsistenz der Algen. Bei erhöhtem Nährstoffangebot bilden sich zähe, griffige Algenstrukturen, die sich problemlos durch Abfischen entfernen lassen (z. B. Cladophora). In eher oligotrophen – mesotrophen Verhältnissen finden sich fädige Algenarten, die eher als „Wolken“ wahrzunehmen sind (z. B. Mougeotia). Diese lassen sich nicht von Hand oder mit einem Kescher entfernen, da ihre Konsistenz schleimig ist. Unter den Algen finden sich Spezialisten für nahezu alle biologischen Nischen. Selbst bei extremer Nährstofflimitierung finden sich Algenarten, die diesen Lebensraum besiedeln. Entscheidend ist das Maß der Algenbildung und deren Quantifizierung. Hierzu gibt es bislang keine standardisierte und objektive Bewertungsmethode. Algen können bei übermäßiger Entwicklung das Wachstum der Wasserpflanzen beeinträchtigen. Fädige Algen in oligo-mesotrophen Verhältnissen. Foto: Carsten Schmidt Sedimentauflagen am Boden des Teiches stellen ein Nährstoffdepot Foto: Carsten Schmidt dar. Eine Trübung durch Phytoplankton verhindert das Eindringen von UV-Licht in den Wasserkörper und somit die Entwicklung von Pflanzenbeständen in größeren Wassertiefen (Seerosen, untergetauchte Pflanzen). Fädige Algen können sich flächig auf den Pflanzen/Pflanzenteppichen ansiedeln und somit ebenfalls deren Entwicklung schädigen. Das Absammeln/Abfischen von fädigen Grünalgen ist eine effektive Art, Nährstoffe aus dem Wasser zu bekommen. Hierbei ist gerade bei neu angelegten Teichen mit entsprechender Sorgfalt vorzugehen, damit nicht auch die jungen Wasserpflanzen mit entfernt werden. 133