40 SAMSTAG/SONNTAG, 12./13. NOVEMBER 2011 „Wenn 13,7 Milliarden Lichtjahre sichtbar sind, wie groß ist dann erst Gott?“ Wissenschaft CHRISTOPH GERHARD, BENEDIKTINERPATER Benediktinerpater Christoph Gerhard hinter seinem Teleskop, hinter dem er nächtens manche Stunde verbringt. Das rechte Bild zeigt eine von Gerhards Fotografien, die auch in Fachzeitschriften veröffentlicht werden. Fotos: M. Schneider/Christoph Gerhard Von Sternenhaufen, Galaxien und göttlicher Weite Der Benediktinermönch Pater Christoph Gerhard lässt in Münsterschwarzach eine alte Klostertradition wiederaufleben: Er betreibt eine kleine Sternwarte und erforscht das Universum. ASTRONOMIE MICHAELA SCHNEIDER Münsterschwarzach — Mit den Augen des Glaubens blickt er in die Schöpfung, mit der Naturwissenschaft erklärt er sie: Für den Benediktinerpater Christoph Gerhard bilden Astronomie und Theologie keinen Widerspruch. In der unterfränkischen Abtei Münsterschwarzach betreibt der 47-Jährige eine kleine Sternwarte und lässt damit eine uralte Tradition wiederaufleben. Viele Klöster erforschten im Mittelalter das Universum und betrachteten den Blick in die Schöpfung als Weg zu Gott. Zudem hatten Sternwarten laut Gerhard die ganz praktische Aufgabe, genaue Gottesdienstzeiten zu bestimmen. Auch im Barock erkundeten Mönche weiter das Weltall. Erst mit der Aufklärung und der Säkularisation sollte es im 19. Jahrhundert zum Bruch zwischen katholischer Kirche und Naturwissenschaft kommen. Sternwarten wurden geschlossen oder gingen in weltlichen Besitz über. „Eine Trennung von Astronomie und Religion ist weder sinnvoll, noch gab es sie früher“, sagt Gerhard. Seine kleine Sternwar- Eine Trennung von Astronomie und Religion ist weder sinnvoll, noch gab es sie früher. Christoph Gerhard Benediktinerpater te liegt abgelegen, inmitten der weitläufigen Ländereien der Abtei – dort, wo es nachts am finstersten ist und Sterne am hellsten leuchten. Fast jede klare Nacht ist der Münsterschwarzacher Prior hier anzutreffen – mal abends nach der Komplet, meist in den frühen Morgenstunden noch vor der Morgenhore. Das alles geschieht neben seinen eigentlichen Aufgaben als Prior, Geschäftsführer der Vier-Türme- oft. Wie klein sei der Mensch – und andererseits wie groß, dass er dies versteht? Gerhard will Theologen und Naturwissenschaftler gleichermaßen motivieren, über den Tellerrand zu schauen – auch wenn dies sehr mühsam sei, da es meist keine schnellen Antworten auf offene Fragen gebe. „Der Mensch ist nicht einfach nur ein Zellhaufen. Das merkt ein Neurobiologe spätestens, wenn er selbst Vater wird“, veranschaulicht Gerhard Grenzen, an die Naturwissenschaftler stoßen können. Neben dem Blick auf die messbare, berechenbare Welt fordert der Benediktinermönch auf, sich mit offenen Fragen jenseits dieser Welt auseinanderzusetzen. Der astronomische Blick in die Unendlichkeit zeige die Grenzen menschlicher Wahrnehmung und Erkenntnis besonders deutlich auf. Diese Erfahrungen will der Mönch nun teilen: Am EgbertGymnasium in Münsterschwarzach plant er ein Astronomieseminar mit der Physikfachschaft und ab Anfang Dezember ist eine Auswahl seiner Fotografien in der inzwischen zweiten Astronomie-Ausstellung im Kloster in Münsterschwarzach zu sehen. GmbH und Verantwortlicher Andromeda-Galaxie berechnete des Energieprojekts. – jenem am weitesten entfernten mit bloßem Auge sichtbaren GeMessier-Objekte im Visier bilde im Weltall. Durch Linsen- und NewtonteleZudem konzentriert sich der skop beobachtet er, mit zwei Ka- Benediktinermönch auf Deepmeras und Laptop entstehen Fo- Sky-Objekte, das heißt, auf jene tografien. Dabei konzentriert Körper und Gebilde, die mit blosich der Benediktinermönch un- ßem Auge nicht zu sehen sind. ter anderem auf die sogenannten Gerhard beobachtet auch, wie Messier-Objekte. „Eigentlich sich Sterne verändern, denn deerforschte der französische As- ren Farbe hängt mit ihrer Temtronom Charles Messier im peratur zusammen. Jung und 18. Jahrhundert Kometen. Da- heiß leuchten sie bei über 10 000 bei kamen ihm aber immer wie- Grad Celsius blau, unsere Sonne der andere Objekte ins Blick- indes bringt es „nur“ auf eine feld“, erklärt Gerhard. Galaxi- Oberflächentemperatur von en, Sternenhaufen oder Nebel rund 5500 Grad. Einige von Gerzum Beispiel. Diese verzeichne- hards Fotografien wurden mittte er im nach ihm benannten Ka- lerweile in Fachzeitschriften talog. Und Pater Christoph Ger- veröffentlicht.Ein gutes Bild pro hard hat es sich nun zur persönlichen Aufgabe gemacht, die uuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuu Galileo Galilei und die Kirche – Astronomie und Glaube mehr als 100 Objekte immer besser abzulichten. Wie jeder Hobbyastronom träume er dabei 1633 verurteilte die römische punkt des Universums. men werden sollten. Das Traginatürlich auch davon, als erster Kirche den Astronomen Galileo sche dabei ist: Galilei selbst war überhaupt einen Kometen oder Galilei für seine Abhandlung über 350 Jahre Erst dreieinhalb tiefgläubig und vertrat die Übereine Supernova zu entdecken. das heliozentrische Weltbild, in Jahrhunderte später sollte Papst zeugung, die Werke Gottes durch Zudem befasst sich der 47-Jährider er die Richtigkeit dieses SysJohannes Paul II. Galileo Galilei Experiment und Logik erklären zu ge mit mathematischen Berechtems beweisen wollte. Die Planerehabilitieren. Der Konflikt zwikönnen. Sein Kontrahent Papst nungen, hat zum Beispiel mittels ten bewegten sich um die Sonne, schen dem Naturwissenschaftler Urban VIII. dagegen glaubte, Naeigener mehrwöchiger Beobachso Galileos zentrale Aussage. und der Kirche trug entscheiturerscheinungen, die der Herr tungen und Messungen nachNach damaligem kirchlichem dend dazu bei, dass Astronomie bewirke, entzögen sich dem bevollzogen, wie einst Edwin Weltbild stand jedoch die Erde und Glaube über Jahrhunderte schränkten Verstand der MenHubble die Entfernung der als Schöpfung Gottes im Mittelals Widerspruch wahrgenomschen. misc uuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuu VON UNSERER MITARBEITERIN klarer Nacht lautet dabei seine Zielsetzung. Dafür richtet er Teleskope aus und Kameras ein, Fotografien entstehen dann computergesteuert. Trotzdem harrt der Benediktinermönch auch bei Minusgraden viele Stunden in seiner offenen Sternwarte aus und blickt ins Universum, macht sich Gedanken über die Schöpfungstheologie, sucht Berührungspunkte zur Naturwissenschaft und stößt auf Grenzen. In dem Büchlein „Astronomie und Spiritualität. Der Stern von Bethlehem“ hat der Benediktinermönch einige Überlegungen niedergeschrieben. Dabei definiert er sich selbst eher als Naturwissenschaftler, hat vor Theologiestudium und Eintritt ins Kloster Elektrotechnik studiert. Und kaufte sich schon im jungen Alter von 15 Jahren vom schwer verdienten Geld sein erstes Teleskop, um Jupiter, Saturn oder Orionnebel in den Fokus zu nehmen. „Die Astronomie ist für mich ein Stück meiner Gottsuche als Mönch“, so der 47-Jährige. Sie ermögliche ihm den Blick in die Weite und auf die Schönheit der Schöpfung. „Wenn 13,7 Milliarden Lichtjahre sichtbar sind, wie groß ist dann erst Gott?“, frage er sich MARSMISSION TIERSCHUTZ Neuer Super-Rover „Curiosity“ der Nasa ist startklar Weißer Kiwi kommt nicht frei Washington — Ein neuer, technisch hochgerüsteter Marsrover der Nasa ist startklar. Wenn nichts Unvorhergesehenes geschehe, werde „Curiosity“ (Neugier) planmäßig am 25. November auf die Reise zum Roten Planeten geschickt, teilte die US-Weltraumbehörde mit. Demnach sitzt der mit allen technischen Schikanen ausgerüstete Roboter bereits eingehüllt in einer Kapsel an der Spitze seiner Trägerrakete in Cape Canaveral (Florida). „Curiosity“ ist etwa so groß wie ein Geländewagen und soll Wellington — Ein seltener weißer Kiwi soll in Neuseeland nicht wie sonst geplant in die Wildnis entlassen werden. Manukura – aus der Maori-Sprache übersetzt etwa: Im Rang eines Anführers – sei dort zu großen Gefahren ausgesetzt, teilte das Vogelschutzzentrum Pukaha Mount Bruce auf der Nordinsel am Freitag mit. Stattdessen soll der Vogel in ein Gehege kommen, in dem Besucher ihn anschauen können. „Eigentlich ist das Ziel des Brutprogramms, eine bleibende Kiwi-Population in der Wildnis zu etablieren“, sagte der Spre- im August 2012 auf dem Mars landen, um dort zwei Jahre lang nach organischen Materialien zu suchen – den Grundzutaten für Leben. „Es ist kein Rover, wie man ihn bisher kannte“, erläuterte Doug McCuistion, Direktor des Marsprogrammes der Nasa. „Curiosity“ sei das komplexeste von Menschenhand geschaffene Objekt, das jemals auf der Oberfläche eines anderen Planeten platziert wurde. Der Wissenschaftler bezog sich dabei auf die Fülle ausgeklügelter Instrumente, mit denen die Sonde auf Rädern ausgerüstet ist. Dazu gehören ein Bohrer zur Erforschung von Gesteinsschichten, ein Strahlungsmessgerät und ein Laser, der die chemische Zusammensetzung des Marsbodens in einem Radius von rund sechs Metern erfassen kann. Es könnte Wasser gegeben haben Geplanter Landeplatz auf dem Planeten ist der Gale-Krater, ein Schlund mit einem Durchmesser von 154 Kilometern, von dessen Boden ein Berg fast 5000 Meter hoch aufragt. Am Fuße dieses Berges soll „Curiosity“ aufsetzen und zu seiner Erkundungs- tour aufbrechen. Der Krater, benannt nach dem australischen Astronomen Walter Gale, bietet der Nasa zufolge gleich aus mehreren Gründen die besten Voraussetzungen für eine Mission mit reicher wissenschaftlicher Ausbeute. Gesteinsformationen und Sedimente am Grund deuteten darauf hin, dass es hier einmal Wasser gegeben habe. Das wiederum eröffne die Möglichkeit, dass sich tief unter der Oberfläche noch lebende Mikroben befänden. Aber erst einmal muss „Curiosity“ heil ankommen. dpa cher des Zentrums, Jasen Kerehi. „Manukura wird aber als besonderes Geschenk angesehen und soll deshalb besonders geschützt werden.“ Der Vogel wäre wegen seines weißen Gefieders in der Wildnis besonders gefährdet. Manukura, ein Weibchen, ist kein Albino, sondern gehört zu einer sehr seltenen Kiwi-Art. Sie ist nach Angaben des Zentrums der erste weiße Kiwi, der je in einem Brutprogramm geschlüpft ist. Manukura war vor drei Wochen krank geworden und kam in den Zoo von Wellington. dpa