Bergische Universität Wuppertal Fachbereich E Elektrotechnik, Informationstechnik, Medientechnik Lehrstuhl für Elektronik Elektronische Bauelemente (Bachelor ET) Grundzüge der Elektronik (Bachelor IT) Grundzüge der Elektronik II (Hauptstudium Diplom II) Überarbeitetes Skriptum Stand: Oktober 2000 Dozent: Prof. Dr. rer. nat. Ludwig Josef Balk Kapitel 1 -1- Kapitel I STRUKTUR VON WERKSTOFFEN 1. Die chemische Bindung Das Entstehen eines (in der Regel festen) Werkstoffes ist bedingt durch das Bestreben der Einzelatome, sich zu energetisch begünstigten Einheiten (Molekülen) zu verbinden. Es existieren folgende Bindungsarten: Primäre Bindungstypen: - Ionenbindung - Elektronenpaar- oder kovalente Bindung - Metallische Bindung Sekundäre Bindungstypen: - Van-der-Waals-Bindung - Wasserstoffbrückenbindung Während die primären Bindungen auf Ladungsaustausch basieren, beruhen die sekundären Bindungstypen auf Dipolwechselwirkung und sind somit im Vergleich zu den primären Typen als schwach anzusehen. Primäre und sekundäre Bindungen können parallel zueinander existieren. Das Ziel der Einzelatome ist das Erreichen der Edelgaskonfiguration. Edelgaskonfiguration heißt, daß auf dem äußeren Elektronenniveau (gekennzeichnet durch die Hauptquantenzahl n) die beiden Unterniveaus der s- und p-Elektronen aufgefüllt sind. Alle anderen Unterniveaus sind leer. Edelgaskonfiguration: ns 2 np 6 Beispiel n = 3: .... 3s 2 3p 6 Ausnahmen sind die Elemente H, He, Li, Be und B bzw. ihre Ionen, deren Edelgaskonfiguration mit 1s 2 gegeben ist. Zur Beschreibung der Elektronenhülle wird das wellenmechanische Atommodell verwendet, das im Gegensatz zum Bohrschen Atommodell auch den Magnetismus und die Struktur der Atome erklären kann. Ist die Aufenthaltswahrscheinlichkeit eines Elektrons auf der s-Schale noch einfach als Kugelschale zu beschreiben, so ergeben sich schon für die Elektronenbahnen des p-Zustandes kompliziertere Verhältnisse. Beim p-Zustand z. B. existieren drei hantelförmige Orbitale mit verschiedenen Raumlagen (m = -1, 0, 1). Die ausgeprägte Richtungsabhängigkeit der p-Elektronen ist auch in den Bindungen wiederzufinden, da sie entscheidend den Bindungswinkel bei mehratomigen Molekülen beeinflußt. -2- Abb. 1.1-1: Radiale Aufenthaltswahrscheinlichkeit eines Elektrons für verschiedene Zustände Abb. 1.12:Dreidimensionale angulare Aufenthaltswahrscheinlichkeit eines 2p-Elektrons Abb. 1.1-3: Aufenthaltswahrscheinlichkeit des 2p-Elektrons innerhalb der (willkürlich gewählten) xy - Ebene Kapitel 1 -3- 1.1 Kapitel 1 Primäre Bindungstypen 1.1.1 Ionenbindung Die Ionenpaarbindung ist besonders begünstigt, wenn Atome der Hauptgruppe I und VII des Periodensystems beteiligt sind, da dann durch Aufnahme bzw. Abgabe nur eines Elektrons bereits die Edelgaskonfiguration erreicht werden kann. Beispiel: Kochsalz (NaCl) Na (Z=11) 1s 2 2s 2 2 p 6 3s → Na + 1s 2 2s 2 2 p 6 Cl (Z=17) 1s 2 2s 2 2 p 6 3s 2 3p 5 → Cl − 1s 2 2s 2 2 p 6 3s 2 3p 6 Aufgrund der Elektronengaskonfiguration ist die Ladungsverteilung der beiden Ionen näherungsweise als kugelsymmetrisch zu betrachten, so daß man hier von einer isotropen Situation ausgehen kann. Die Anziehungskräfte zwischen den Ionen und somit die Bindung selbst sind ungerichtet. Bei Elementen, die zum Erreichen der Edelgaskonfiguration zwei oder drei Elektronen aufnehmen bzw. abgeben müssen, nimmt der Anteil der Ionenbindung ab, so daß die Bindung ganz oder teilweise auf Elektronenpaar- oder kovalenter Bindung beruht. Die Ionenbindung führt zur Ausbildung kubisch-flächenzentrierter Kristallgitter, relativ weicher Kristalle mit sehr hoher Packungsdichte (74%) . 1.1.2 Elektronenpaar- oder kovalente Bindung Bei Molekülen, gebildet aus Atomen der Hauptgruppen II und VI (z. B. ZnSe) sowie entsprechend aus Gruppen III und V (z. B. GaAs) tritt neben der Ionenbindung (Zn 2+ + Se 2− bzw. Ga 3+ + As 3− ) noch anteilig die kovalente Bindung auf. Das hat zur Folge, daß sich je ein Elektron des einen Atoms an ein Elektron des anderen Atoms lagert, so daß beide statistisch zu beiden Elektronenhüllen gehören (somit ergeben sich für das ZnSe zwei, für das GaAs drei Elektronenpaare). Die Elektronenpaarbindung tritt immer auf, wenn sich Atome desselben Elementes miteinander binden. Dies ist dann der Fall, wenn sich durch die geometrische Anordnung weniger Atome (meist zwei oder drei) die Edelgaskonfiguration für alle beteiligten Atome ergibt. In Abb. 1.1-4 ist als Beispiel für die kovalente Bindung das Wasserstoffmolekül dargestellt, bei dem sich durch die gemeinsame Nutzung der 1sElektronen für beide H-Atome die Edelgaskonfiguration ergibt. In gleicher Weise binden sich die Halogenatome untereinander. Abb. 1.1-4: ElektronenaufenthaltsWahrscheinlichkeit im H 2 - Molekül Kapitel 1 -4- Beispiel: Ist die Edelgaskonfiguration bereits erreicht, wenn zwei Atome eine Elektronenpaarbindung eingehen, so bleibt (meistens) ein gasförmiger Zustand erhalten (Ausnahme: Brom flüssig). Sind mehrere Atome an der Elektronenpaarbindung beteiligt, ergibt sich der Festkörperzustand. Wesentliche Eigenschaft der kovalenten Bindung ist ihre starke Richtungsabhängigkeit, die beim Aufbau von Kristallstrukturen entscheidend ist. Bei kleinen Atomen (kleine Ordnungszahl z) ist die Richtungsorientierung der p-Orbitale besonders hoch . Elemente der IV. Hauptgruppe des Periodensystems bilden nicht nur untereinander, sondern auch in Verbindung mit anderen Atomsorten ausschließlich kovalente Bindungen. So benötigt Kohlenstoff [C (z=6) 1s 2 2s 2 2 p 2 ] viele Atome in regelmäßiger Anordnung, da zum einen vier Bindungspartner benötigt werden, zum anderen berücksichtigt werden muß, daß die Elektronen der äußeren Schale gleichstarke Bindungen ausbilden, jedoch wegen der Aufenthaltswahrscheinlichkeit der p-Elektronen stark richtungsabhängig sind. So ergibt sich für Kohlenstoff in rein kovalenter Bindung mit sich selbst die Diamantstruktur bzw. mit einem zusätzlichen Anteil metallischer Bindung amorphe Kohle bzw. Graphit. Aufgrund der starken Richtungsabhängigkeit der kovalenten Bindung ergibt sich - eine starke Richtungsfestlegung des Kristallgitters, - eine hohe Festigkeit und Härte, - eine niedrige Packungsdichte (Bsp.: Diamant 34 %). Die Richtungsfestlegung erzwingt für die Bindung charakteristische Winkel, von denen einige in folgender Tabelle aufgeführt sind. Element Winkelbeschreibung P P-P-P As As-As-As Sb Sb-Sb-Sb Bi Bi-Bi-Bi S S-S-S Se Se-Se-Se Te Te-Te-Te H2S H-S-H H2O H-O-H NH3 H-N-H Tab. 1.1-1: Bindungswinkel bei kovalenter Bindung Bindungswinkel 99° 97° 96° 94° 107° 104° 104° 92° 104° 107° Anmerkung zum Winkel 104°: Dieser Winkel ist in einem Kristallgitter nicht präzise gegeben. Dies wird z. B. bei gefrorenem Wasser insofern kompensiert, als sich die Kristallstruktur ständig ändert. So kommt es zur Ausbildung der verschiedensten Kristallgitter (vgl. "Eisblumenbildung" im Winter). -5- Kapitel 1 1.1.3 Metallische Bindung Der Ursprung der metallischen Bindung ist das Bestreben von Atomen mit nur einem (maximal drei) Elektron auf der äußersten Schale untereinander eine kovalente Bindung zu realisieren. Zu diesem Zweck sind jedoch eine große Zahl von Elektronenpaarbindungen aufzubauen. Beispiel: Na (Z=11) 1s 2 2s 2 2 p 6 3s1 Da jedes 3s-Elektron von 8 Atomen gleichzeitig zur Bildung eines Elektronenpaares genutzt werden muß, verliert es den Bezug zu seinem ursprünglichen Atom und verhält sich quasi wie ein freies Elektron (Literatur: quasi-freies Elektron). Somit ist nur eine geringe Ionisierungsenergie für diese Stoffe notwendig. Dieser Zusammenhang wird in der "Freie-Elektronen"-Theorie von Drude beschrieben. Die ionisierten Atomrümpfe besitzen wieder eine Edelgaskonfiguration, so daß eine isotrope Situation vorliegt. Somit kristallisieren die Metalle, bei denen ausschließlich diese Bindung vorliegt, in einer dichtesten Kugelpackung (2/3 aller Metalle sind kubisch flächenzentriert). "Schaumgummi-Modell": Man kann die metallische Bindung mit einem Schwamm vergleichen, bei dem der Atomverband dem Schwamm und die quasi freien Elektronen dem Wasser entsprechen. 1.2 Sekundäre Bindungstypen Bei den sekundären Bindungstypen erfolgt kein Ladungsaustausch. Die sekundären Bindungen beruhen auf elektrostatischen Dipolwechselwirkungen. Man unterscheidet zwischen Bindungen über fluktuierende Dipole und Bindungen über permanente Dipole. Die sekundäre Bindungswirkung ist gegenüber den anderen Bindungsarten als schwach einzuordnen . 1.2.1 Die Van-der-Waals-Bindung Dieser immer vorhandene Bindungstyp tritt auf durch die Wechselwirkung fluktuierender Dipole. Diese Fluktuation läßt sich statistisch erfassen und beschreiben. Da die bei der Van-der-Waals-Bindung auftretenden Kräfte sehr gering sind, müßten alle anderen Bindungstypen gleich oder fast null sein, damit die Van-der-WaalsBindung zum Tragen kommt. Da ausschließlich (zeitlich) fluktuierende Dipole eines im zeitlichen Mittel jedoch symmetrischen Atoms die Kräfte zwischen den Atomen bewirken, ist die Van-der-Waals-Bindung praktisch isotrop. Dies kommt z. B. bei Edelgasen zum Tragen, die in der Nähe des absoluten Nullpunktes in der dichtesten Kugelpackung kristallisieren (alle anderen Bindungstypen sind bei diesen Elementen nicht vorhanden). -6- Kapitel 1 1.2.2 Wasserstoffbrückenbindung Die Wasserstoffbrückenbindung erfolgt über die Wechselwirkung permanenter Dipole. So bildet das H-Atom im Rahmen einer kovalenten Bindung einen Dipol mit dem Restmolekül. Beispiel: Wassermolekül Beim Wasser z. B. ist das O 2− - Atom der negative Ladungsschwerpunkt, während die H + - Atome gemeinsam den positiven Ladungsschwerpunkt bilden. Diese Dipole lagern sich über elektrostatische Wirkung wegen ihrer endlichen Ausdehnung in gerichteter Form an den jeweiligen Bindungspartner an, wodurch die Wasserstoffbrückenbindung stark anisotrop ist. Die Wasserstoffbrückenbindung wirkt entscheidend bei allen organischen Verbindungen, wie z. B. Kunststoffen, da diese viele polare OH-Gruppen besitzen. Durch diesen Umstand und die Hantelgeometrie des H 2 O - Moleküls ergeben sich die verschiedenen Kristallstrukturen bei der Eisbildung. Abb. 1.1-5: Dipolkräfte zwischen polaren Molekülen a) zeigt die Richtung der Wechselwirkungen zwischen H 2 O - Molekülen b) zeigt die Richtung der Wechselwirkungen zwischen HF-Molekülen -7- 2. Kapitel 1 Die Struktur von Kristallen Im folgenden Kapitel sollen kristalline Stoffe betrachtet werden. Bildet sich aus einer oder mehreren Atomsorten ein kristalliner Stoff, also ein regelmäßig geordneter Fest körper, so läßt sich dessen Struktur mit dem Kristallgitter beschreiben. Das Kristallgitter ist ein mathematisches Modell, in das chemische Grundlagen eingehen. Das Streben von Stoffen nach einer idealen Kristallstruktur wird durch äußere Einflüsse gestört, so daß Defekte im realen Kristall auftreten. Bei realen Kristallen treten immer Störungen auf, die auf den Einfluß von Temperatur und Schwerkraft sowie auf Verunreinigungen zurückzuführen sind. Eine weitere Störung ist die Oberfläche, da hier die ideale Struktur abrupt aufhört, wodurch es zu Veränderungen der Gitterstruktur kommt. Für kubische Gitter sowie auch für zusammengesetzte kubische Gitter gilt für alle ihrer richtungsabhängigen Eigenschaften: → → → a = M⋅ b ⇒ → → a = m⋅ b m 0 0 → Hierbei geht der Tensor M = 0 m 0 in ein Skalar über, d. h. kubisch 0 0 m kristallisierende Stoffe zeigen isotropes Verhalten. 1. Kristallgitter = Gitter (mathematisch) + Basis (chemische Formel pro Gitterplatz) 2. Als "reines" Material bezeichnet man Stoffe von weniger als 0,1 ppb (engl.: part per billion = 1:10 9 ). 2.1 Ideale Kristalle Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, einen Kristall zu beschreiben: a) mit Hilfe der Elementarzelle; b) mit Hilfe der Einheitszelle. Definition Elementarzelle: Unter einer Elementarzelle versteht man die kleinste Struktur, durch die bei regelmäßiger Fortsetzung ein Kristall aufgebaut werden kann, d. h., daß diese Struktur nur einen Gitterplatz benötigt, das kleinste Volumen und die kleinste Oberfläche besitzt. Definition Einheitszelle: Eine Einheitszelle besteht aus mehr als einem Gitterplatz pro Zelle. Ihre Struktur gibt die Werkstoffeigenschaften des Stoffes wieder. -8- Abb. 1.2-1: Kapitel 1 Darstellung von Einheits- und Elementarzelle für kfz-, krz- und hex-Gitter, wobei die durchgezogenen Linien die Elementar-, die gestrichelten Linien die Einheitszellen darstellen Alle Elemente ohne richtungsabhängige Bindungsanteile sind bestrebt, in einer Struktur größter Packungsdichte zu kristallisieren. Die Packungsdichte D ist gegeben durch D= Volumen der Atome pro Einheitszelle Volumen der Einheitszelle Die größte Packungsdichte ist 74 %. Sie tritt auf beim kubisch-flächenzentrierten (kfz) Gitter [engl.: face-centered cubic (fcc)] , sowie beim hexagonalen (hex) Gitter [engl.: hexagonal closed package (hcp)]. Bedingt durch geringe Bindungseinflüsse unterscheiden sich die beiden Strukturen nur in der Stapelfolge, so daß das kfz-Gitter richtungsunabhängig bleibt, während das hex-Gitter eine Richtungsabhängigkeit besitzt. Abb. 1.2-2: Dichteste Kugelpackung mit 74 % Packungsdichte für a) das hexagonale Gitter mit der Stapelfolge AB AB ... b) das kubisch flächenzentrierte Gitter mit der Stapelfolge ABC ABC... Kapitel 1 -9- Zwei Drittel aller Metalle kristallisieren mit höchster Packungsdichte. Beispiel: kfz-Gitter hex-Gitter Aluminium Kupfer Nickel Gold Magnesium Zink Kobalt Durch Temperatureinwirkung sind zum Teil Übergänge zu einem anderen Gitter möglich (siehe Abb. 1.2-3). Beispiel: Fe: < 911°C krz (α-Eisen) 911°C < t < 1400°C kfz (γ-Eisen) > 1400°C krz (δ-Eisen) Abb. 1.2-3: Darstellung der Kristallisationsart bei Fe in Abhängigkeit von der Temperatur Ist die Bindung bei Metallen geringfügig durch einen kovalenten Einfluß richtungsabhängig, so ist die stapelmäßig günstigste Anordnung nicht mehr gegeben. Hieraus ergibt sich der Übergang zum kubisch raumzentrierten (krz) Gitter [engl.: body-centered cubic (bcc)] mit einer Packungsdichte von 68 %. Diese Kristallstruktur ergibt sich für das restliche Drittel aller Metalle. Beispiel: krz-Gitter Lithium Molybden Niob Kalium Natrium Anisotropes Verhalten liegt grundsätzlich bei hex-Gittern vor, da die Hauptachsen des Tensors nie mit den Achsen des Kristalls übereinstimmen können. Elemente, die kovalent gebunden sind, zeigen eine starke Richtungsabhängigkeit. Daraus ergeben sich niedrigere Packungsdichten und kompliziertere Anordnungen. Zu erwähnen sind die kovalent gebundenen Elemente der IV. Hauptgruppe (Kohlenstoff, Silizium, Germanium), die im Diamantgitter kristallisieren. Silizium kristallisiert ausschließlich im Diamantgitter, wohingegen Kohlenstoff z. B. auch als Graphit (hex) oder amorph vorkommen kann. Das Diamantgitter entspricht zwei kfz-Untergittern, die um ein Viertel entlang der Raumdiagonalen verschoben sind. - 10 - Kapitel 1 Für Kristalle mit einer mehratomigen Basis ergeben sich entsprechende Strukturen. Bei einer stark ionischen Bindung ergibt sich eine einfache dicht gestapelte Kristallstruktur. Diese tritt hauptsächlich bei Elementen der I. und VII. Hauptgruppe auf. Abb. 1.2-4: Diamantstruktur (bei Atomen gleicher Art) bzw. Zinkblendestruktur (ZnS) (bei zweierlei Atomarten). Zwei kubisch flächenzentrierte Untergitter, die um ein Viertel der Raumdiagonalen gegeneinander verschoben sind. Beispiele dafür: Diamantstruktur-Typ: Si, Ge ZnS-Typ: GaAs, InSb Am Beispiel NaCl bedeutet dies: Da keine Richtungsabhängigkeit besteht, bilden die großen Cl − -Ionen die dichteste Kugelpackung (kfz). Die kleinen Na + -Ionen werden in die noch freien Lücken eingebettet und bilden ebenfalls ein kfz-Untergitter. Dieses ist um (1/2, 0, 0) verschoben. Abb. 1.2-5: Kristallstruktur von NaCl. Die Atome sind zur Verdeutlichung verkleinert. Treten nennenswerte Anteile kovalenter Bindung auf, so ist auch bei Ionenkristallen eine losere Packungsdichte festzustellen. Dieses gilt besonders bei Elementen der III. und V. Hauptgruppe, die den Elementen der IV. Hauptgruppe des Periodensystems sehr nahe kommen (z. B. für GaAs oder InP). GaAs besitzt praktisch das gleiche Gitter wie Silizium. Ein wesentlicher Unterschied ist jedoch, daß die Untergitter mit verschiedenen Ionensorten besetzt sind (Ga 3+ , As 3− ). Beim Übergang zu komplexeren Verbindungen ergeben sich Kristallgitter, die zum Teil Hybride der bislang besprochenen Gitter darstellen können. Beispiel: Perowskitgitter. In dieser Struktur sind krz- und kfz-Gitter als Folge unterschiedlicher Ionendurchmesser vereint. Ein Kristallgitter dieser Art bildet z.B. CaTiO3 und SrTiO3 . Kapitel 1 - 11 - Abb. 1.2-6: Perowskitgitter ( CaTiO 3 ). Die Atome sind zur Verdeutlichung in verkleinerter Form dargestellt. 2.1.1 Harte Werkstoffe Harte, kristalline Werkstoffe , die sich aus nur einer Atomsorte zusammensetzen (z.B. Diamant), weisen immer eine Diamantgitterstruktur auf . Weist der Stoff mehr als ein Element auf, so spricht man von einem Zinkblendegitter (z.B. GaAs). Zu den Elementen, die zur Bildung harter, bzw. superharter Werkstoffe verwendet werden, gehören B , C , N und Si (z.B. Si3N4). 2.2 Reale Kristalle Der reale Kristall unterscheidet sich vom idealen Kristall, da er in seinen Ausmaßen begrenzt ist und Kristalldefekte besitzt. Als Kristalldefekte sind folgende Störungen möglich: 0-dim. Fehler: Punktdefekte - substitutionelle Defekte - interstitielle Defekte 1-dim. Fehler: Liniendefekte (Versetzungen) - Stufenversetzung - Schraubenversetzung 2-dim. Fehler: Flächendefekte - Stapelfehler - Korngrenzen - Oberfläche 3-dim. Fehler: Raumdefekte - Einschlüsse - Blasen - (Lunker) Kapitel 1 - 12 - Wesentlich für die Mikroelektronik sind die Linien- und Punktdefekte, die eine Dotierung erst ermöglichen und die elektrischen Eigenschaften entscheidend beeinflussen. Zu den Flächendefekten zählen u. a. auch Ober- und Grenzflächen (engl.: Interface). Raumdefekte, wie z. B. Lunkerbildung, finden in der Mikroelektronik keine Anwendung. Die Anwendung von gewünschten Fehlern wird als "defect engineering" bezeichnet. 2.2.1 Punktdefekte Punktdefekte sind die wichtigste Defektart, da es durch sie erst möglich ist, Halbleiter in ihren Eigenschaften zu beeinflussen. Abb. 1.2-7: Mögliche Punktdefekte im Elementkristall (z. B. Si) Man kann die Punktdefekte unterscheiden in: - Einbau von Fremdatomen auf Gitterplätzen (substitutioneller Einbau) - Einbau von Fremdatomen auf Zwischengitterplätzen (interstitieller Einbau) - Einbau von Eigenatomen auf Zwischengitterplätzen - Gitterleerstellen Die Möglichkeit der Dotierung ist dann gegeben, wenn sich Fremdatome mit ungefähr dem gleichen Durchmesser einlagern. Bsp.: Ga und Si kristallisieren in dem gleichen Gitter und besitzen ungefähr die gleichen Durchmesser. Entsprechen sich in etwa die Durchmesser, so kommt es zu keinen größeren Gitterstörungen (Verzerrungen) (siehe Bild A). Die Zahl der Leerstellen ist temperaturabhängig, d. h. je mehr die Temperatur zunimmt, desto eher kann ein Atom an die Oberfläche springen. Dies führt zu einer Leerstellenbildung mit Volumenvergrößerung (siehe Bild B). Die Zunahme der Leerstellen mit der Erwärmung ist proportional zu exp −W B kT - 13 - Kapitel 1 Die Situation für Ionenkristalle ist komplizierter, da die unterschiedlichen Ionensorten auch im Nahfeld auf möglichst niedriges elektrisches Potential geordnet werden, d. h., daß z. B. oft eine Kationenleerstelle durch eine Anionenleerstelle in unmittelbarer Nähe kompensiert wird (Komplexbildung; einfachster Fall: Schottky-Paar-Defekt). Dieser Defekt wird bei der Dotierung als Fehlstellenproduzent genutzt. Abb. 1.2-8: Punktdefekte im Ionenkristall Ein zusätzliches Atom bzw. Ion auf einem Zwischengitterplatz bezeichnet man als Frenkeldefekt. 2.2.2 Liniendefekte Unter Liniendefekten versteht man im wesentlichen Versetzungen. Man unterscheidet zwei Fälle: - die Stufenversetzung - die Schraubenversetzung - 14 - Abb. 1.2-9: Kapitel 1 Gestörter Kristallbereich a) Stufenversetzung b) Wanderung der Versetzung unter dem Einfluß einer Kraft (Pfeile) Durch Wärmeeinwirkung kann eine Versetzung ausgeheilt werden, da sie in Richtung des gedehnten Bereiches wachsen kann. Dieses bedeutet, daß man eine Versetzung in ihrer Lage beeinflussen kann. Eine Stufenversetzung entsteht durch eine Gitterebene, die zusätzlich bis zur Versetzungslinie eingebaut wird. Eine Schraubenversetzung entsteht durch Verdrehung des Kristalls in der Form, daß man ähnlich einer Wendeltreppe bei einem Umlauf entlang der Versetzungslinie um eine Gitterebene höher kommt. Abb. 1.2-10: a) Stufenversetzung b) Schraubenversetzung - 15 - Kapitel 1 Ein qualitatives Maß für den relativen Anteil an Stufen- bzw. Schraubenversetzung stellt der Burgers-Vektor dar. Ist dieser Vektor senkrecht zur Versetzungslinie, so liegt reine Stufenversetzung vor. Ist er jedoch parallel zur Versetzungslinie, so liegt reine Schraubenversetzung vor. Gemischte Versetzungen ergeben eine schiefwinklige Beziehung zwischen Burgers-Vektor und Versetzungslinie. Abb. 1.2-11: Burgers-Vektor Versetzungen werden z. B. über hochaufgelöste Elektronenmikroskopie oder Tunnelmikroskopie abgebildet. Problematisch ist jedoch, daß das Tunnelmikroskop selbst Versetzungen hervorrufen kann, die vorher nicht vorhanden waren. Vorgehensweise, um Defekte eindeutig identifizieren und lokalisieren zu können: - Umlauf starten in dem Bereich, von dem man annimmt, daß dort der Fehler vorliegt. - Kommt man bei dem Umlauf nicht genau an dem Ausgangspunkt an, so ist dieses ein Zeichen dafür, daß der gesuchte Fehler in dem umschlossenen Bereich liegt. - Um den Ort des Fehlers genauer lokalisieren zu können, muß man die Masche immer enger ziehen und wie oben gezeigt verfahren. - 16 - Kapitel 1 a) b) Abb. 1.2-12: Anwendung des Burgers-Vektors a) geschlossener Umlauf bei einem idealen Kristall b) geschlossener Umlauf um eine Störung; um den Umlauf zu schließen, ist ein → Vektor ae einzufügen, der dem Burgers-Vektor entspricht Liniendefekte wirken sich meist störend auf das Verhalten von Werkstoffen in der Mikroelektronik aus. An Versetzungen können sich Ladungskonzentrationen bilden : Abb. 1.2-13 : Bildung von Ladungskonzentrationen - 17 - Kapitel 1 2.2.3 Flächendefekte Von den Flächendefekten besitzen im Bereich der Mikroelektronik nur die Korngrenzen eine Bedeutung, und zwar beim Einsatz polykristalliner Werkstoffe wie z. B. polykristallinem Silizium. Beschreibbar sind die Korngrenzen als eine Vielzahl regelmäßig angeordneter Versetzungen (vgl. Abb. 1.2-13). Abb. 1.2-13: Kippkorngrenze Kippkorngrenzen sind aus Stufenversetzungen aufgebaut. Neben den Kippkorngrenzen gibt es auch Drehkorngrenzen, die aus Schraubenversetzungen aufgebaut sind. 2.3 Die Kristalloberfläche Die Eigenschaften eines Werkstoffes werden wesentlich durch seine Oberfläche, d. h. Grenzschicht zu Luft oder Vakuum, und durch seine Grenzschicht zu anderen Werkstoffen bestimmt. Der Abbruch der Periodizität an der Oberfläche führt zu speziellen elektronischen Eigenschaften. Der Einsatz von Grenzschichten ermöglicht heute die Realisierung - schnellster elektronischer und optoelektronischer Bauelemente (≈ 300 GHz) (zur Verarbeitung großer Informationsdichten), - zweidimensionaler oder auch eindimensionaler Quantentröge bzw. -drähte (gezielte, gerichtete Leitungen). Alle Grenzschichten, insbesondere aber die Oberfläche, sind Flächendefekte. - 18 - Kapitel 1 Durch den Abbruch des periodischen Aufbaus entstehen "Fehler", die ihrerseits zusätzliche elektronische Niveaus verursachen können und die dann das Bauelement entscheidend beeinflussen (z. B. kann ein im Volumen isolierender Kristall eine ausgeprägte elektrische Leitfähigkeit an der Oberfläche besitzen). Die durch den Abbruch des Gitters entstehenden freien Bindungen (Valenzen), auch "dangling bonds" genannt, versucht der Kristall dadurch zu kompensieren, daß die ursprüngliche Struktur aufgegeben wird und es zur Bildung einer speziellen Oberflächengitterstruktur kommt. Diese wird beschrieben in zweidimensionalen Einheiten, sogenannten Oberflächenmaschen (entsprechend Einheitszellen im Dreidimensionalen). Abb. 1.2-14: GaAs-Gitter Ein GaAs-Gitter besteht aus zwei kfz-Untergittern, die um ein Viertel der Raumdiagonalen gegeneinander verschoben sind. Das vorliegende Gitter ist ein Zinkblendegitter. Abb. 1.2-14 zeigt einen Kristall mit einer nicht rekonstruierten Oberfläche, d. h. die letzte Atomlage ist so geordnet wie im Volumen. Nun existieren hier viele nicht abgesättigte Bindungen. Es bestehen folgende Möglichkeiten zur Beseitigung dieser "dangling bonds": - Umstrukturierung des eigenen Kristallgitters (Rekonstruktion in den oberen Monolagen); dieses tritt im Vakuum auf. - Ausgleich durch adsorbierte Fremdatome, z. B. aus der Luft (engl.: adatoms); dieses tritt an der Luft auf. Abb. 1.2-15a: Rekonstruktion der reinen Oberfläche - 19 - Kapitel 1 Abb. 1.2-15b: 2x2-Masche a) Die Galliumatome drücken sich in die Oberfläche ein, d. h., daß sie sich nicht mehr in der obersten Schicht befinden. Dies führt zu einer Umstrukturierung des Kristalls. b) Die Umstrukturierung des Kristalls kann man in dieser Abbildung, die die Projektion auf die Oberfläche darstellt, erkennen. Durch die Rekonstruktion entsteht eine Masche als neue Einheit, aus der die Oberfläche aufgebaut wird. Wie lange dauert die vollständige Besetzung der Oberfläche? Bei z. B. 10 ist. −7 mbar benötigt man eine Sekunde, bis die Oberfläche mit einer neuen Lage vollständig bedeckt Abb. 1.2-16: Ausgleich der "dangling bonds" durch Adatome T1 , T2 : Anwachsen auf Gitterplatz H 3 : Anwachsen auf Zwischengitterplatz Schaut man von oben auf die Ebene (1 1 1), so befinden sich die größeren Atome oben und die kleineren unten. - 20 - Kapitel 1 Adatome können auf ein oben angeordnetes Atom, zwischen Atome oder in ein Loch (Oberflächenpunktdefekt) gesetzt werden. Die Möglichkeiten T2 und H 3 sind bezüglich einer strukturell glatten Oberfläche besonders geeignet. Als Folge der Möglichkeiten, die in Abb. 1-2.16 dargelegt sind, entsteht z. B. eine 7x7-Masche auf Silizium (Abb. 1.2-17). Abb. 1.2-17: 7x7-Masche auf Silizium Diese zweidimensionale Einheitszelle besteht aus 7 x 7, d. h. 49 Gitterplätzen. Dies stellt die kleinste Einheit dar, die notwendig ist, um den Kristall vernünftig zu beschreiben. Hier treten auch schiefe Winkel auf. Daher benötigt man eine große Anzahl an Atomen, bis sich der Kristallaufbau wiederholt. Je nachdem, welche äußeren Einflüsse (Luft/Temperatur) vorliegen, ergeben sich verschiedene Maschensysteme. Als Dimer-Bindung bezeichnet man die kovalente Bindung ungesättigter Elektronen zwischen zwei Oberflächenatomen. Abb. 1.2-18: Abbildung von 7x7-Maschen auf Silizium mit dem Rastertunnelmikroskop. Die atomaren Stufen haben jeweils eine Höhe von ca. 2-3 nm. - 21 - Kapitel 1 - 22 - Kapitel 1 Abb. 1.2-19: 3 × 3 -Masche 3. Flüssigkristalle Flüssigkristalle sind Stoffe, die den Zustand zwischen flüssiger und fester Phase umfassen. Sie haben eine mehr oder minder ausgeprägte Ausrichtung ihrer Moleküle zu einer Vorzugsachse, dem sogenannten Direktor. Die Stärke dieser Ausrichtung ähnelt je nach Phase mehr dem kristallinen oder dem flüssigen Zustand. In aller Regel bilden die Flüssigkristalle Texturen aus. Abb. 1.3-1: Der Aggregatzustand eines Flüssigkristalls kann nur in einem kleinen Temperaturbereich auftreten. Die Eigenschaften der Flüssigkristalle beruhen auf Wechselwirkungen von: Dipol - Dipol, Dipol - Quadrupol, Quadrupol - Quadrupol. Die gleichen Wechselwirkungen existieren z. T. auch bei Flüssigkeiten (z. B. Wasser), sind dort aber zu schwach, um eine ausgeprägte Ausrichtung zu erzielen. - 23 - Kapitel 1 Man unterscheidet drei Zustände: - die nematische Phase, - die smektische Phase, - die cholesterische Phase. Bei Stoffen der nematischen Phase richten sich die Moleküle parallel zum Direktor aus. In der smektischen Phase stehen die Moleküle senkrecht zum Direktor. In der cholesterischen Phase richten sich die Moleküle auch parallel zum Direktor aus, jedoch sind hier die Direktoren von einer Moleküllage zur anderen leicht gegeneinander verdreht. Abb. 1.3-2: Struktur eines Flüssigkristalls mit (von links nach rechts) smektischer, nematischer und cholesterischer Phase Durch Anlegen eines elektrischen Feldes ist es nun möglich, die Ausrichtung der Moleküle zu verändern, wodurch sich auch der optische Brechungsindex ändert. Diese Eigenschaft ist Grundlage der LCD-Anzeigen. Abb. 1.3-3: Die elektrische Funktion einer nematischen Flüssigkristallanzeige beruht auf der Streuung des Lichts durch ungeordnete Moleküle. - 24 - 4. Kapitel 1 Amorphe Werkstoffe Amorphe Stoffe verfügen über keinerlei Fernordnung, d. h. regelmäßigen Aufbau. Im Nahbereich (ungefähr 7 - 10 Atome) kann jedoch eine Ordnung, z. B. durch Dipolwechselwirkung wie beim Wasser, vorliegen. Amorphe Werkstoffe sind meist flüssig, manche aber auch fest. Zu den amorphen Festkörpern gehören insbesondere Gläser. Glas ist nicht kristallin. Es kann auch als "unterkühlt erstarrte Flüssigkeit" definiert werden. Jeder Stoff wird sich irgendwann ordnen, wenn genügend Zeit vergangen ist und die richtige Temperatur vorliegt. Werden amorphe Stoffe nicht schnell genug abgekühlt, so können kristalline Bereiche entstehen. Abb. 1.4-1: Amorphe Werkstoffe a) kristallines SiO 2 b) SiO 2 -Glas (amorph) c) Natriumsilicatglas (amorph) - 25 - 5. Nano- und nanokristalline Strukturen 5.1 Nanokristalline Materialien Kapitel 1 Nanokristalline (oder neuerdings nach Konvention nanostrukturierte) Materialien sind Festkörper, in denen eine große Anzahl (ungefähr 50 %) von Kristallbaufehlern eingebracht wird. Sie unterscheiden sich somit von Stoffen kristalliner oder glasartiger Struktur. Aufgrund dessen weisen sie in den Bereichen der atomaren Struktur und der Thermodynamik sowie in den chemischen, elektrischen, magnetischen, mechanischen und optischen Gebieten andere Eigenschaften auf. Ursache dafür ist, daß die interatomaren Abstände und / oder Bindungswinkel um größere Beträge verändert werden. Bekanntlich charakterisieren gerade diese Größen das Verhalten fester Stoffe. Der physikalische Grund liegt in der relativ kurzen Reichweite interatomarer Wechselwirkungskräfte. Eine gezielte Reduktion der interatomaren Wechselwirkung führt also dazu, daß Stoffe mit typischem Festkörperverhalten (starke Wechselwirkung zwischen den Atomen) sowie auch Stoffe, die Einzelatomverhalten (schwache Wechselwirkung, da die Atome weit auseinander liegen) aufweisen, hergestellt werden können. Abb. 1.5-1a: Nanokristalline Struktur offene Kreise: Atome in den Grenzflächen geschlossene Kreise: Atome im Kern der Kristalle Resümee: Nanokristalline Materialien sind gekennzeichnet durch Abbrüche der Kristallperiodizität. Es entsteht eine Oberfläche aus Kristallkörnern, die durch Grenzschichten voneinander getrennt sind. Die Oberflächeneigenschaften können z.B. zum Steuern der Leitfähigkeit genutzt werden. Abb. 1.5-1b: Nanokristalline Struktur - 26 - Kapitel 1 Die Herstellung nanoförmiger Lamellen, die einen Stromfluß richtungsabhängig machen, ist ebenfalls möglich: Abb. 1.5-1c : 5.2 Nanoschalen Als wesentliches Beispiel für Nanoschalen sind Fullerene aufzuführen. Fullerene sind eine geschlossene Klasse von reinen Kohlenstoffmolekülen. Wichtigster Vertreter der Fullerene ist das Molekül C60, welches auch als Fußballmolekül oder Buckyball bezeichnet wird. Das aus 60 Kohlenstoffatomen bestehende Molekül in Fußballform ist strenggenommen die reinste Form des Elementes Kohlenstoff. Es besitzt nämlich im Gegensatz zu den beiden bisher bekannten Formen des reinen Kohlenstoffs, dem Graphit und dem Diamant, keine Ränder. Das Fehlen der Randstörungen ist Grund für eine enorm hohe kinetische Stabilität des C60-Moleküls. Abb. 1.5-2 Buckyball - C60-Molekül Elektrisch gesehen ist das C60-Molekül im Gegensatz zum Diamant (Isolator) und dem Graphit (Leiter) ein halbleitendes Material. Es könnte somit in der Mikroelektronik Anwendung finden. Denkbar wäre ein Einsatz in der Photovoltaik, da das Molekül sich durch Licht sehr leicht anregen läßt und Energie an andere Moleküle weitergeben kann. - 27 - Kapitel 1 Weiterhin ist das C60-Molekül modifizierbar. Es ist möglich, Trennatome oder Moleküle im Inneren einzuschließen, anstelle von C-Atomen einzubauen oder außen anzudocken. den Ein Fullerenkristall selbst besteht aus einem kfz-Gitter, d.h., daß an den Ecken und Seitenmitten des Kubus C60-Moleküle sitzen. Diese üben eine schwache Wirkung zueinander aus, worauf die geringe Härte des Kristalls zurückzuführen ist. Herstellung: Zwischen zwei Graphitelektroden wird in einer Heliumatmosphäre ein Lichtbogen gezündet. Das Graphit verdampft und scheidet sich als fullerenhaltiger Ruß ab. 5.3 Nanopartikel bzw. Nanolöcher Abb. 1.5-3: Nanopartikel Ziel ist das Einsperren von Elektronen in Nanolöchern, wobei sogenannte Lichtkäfige entstehen. Mögliche Anwendungsgebiete: Durch Einfangen von Lichtquanten sollen Leuchtdioden, evtl. Laserdioden beliebiger Frequenz, realisiert werden. 6. Quasikristalle 6.1 Begriff der verbotenen Symmetrien Um eine Fläche oder einen Raum mit Zellen auszufüllen, müssen sich ganz bestimmte Bindungswinkel zwischen den einzelnen Atomen ausbilden. Es ist offensichtlich, daß kristalline Strukturen aus regulären Polygonen (Vielecken) bestehen können, die bezüglich eines freigewählten Gitterplatzes rotationssymmetrisch sind (zweidimensionale Betrachtung). Im Allgemeinen gilt, daß ein n-eckiges reguläres Polygon den Raum ausfüllen kann, wenn 2n / (n-2) zu einem geradzahligen Ergebnis führt. Der jeweilige Bindungswinkel ergibt sich dann zu π (n-2) / n. - 28 - Kapitel 1 Abb. 1.6-1: Bindungswinkel verschiedener regulärer Vielecke Wie aus der Abbildung bzw. der Tabelle ersichtlich, können drei-, vier- und sechseckige reguläre Vielecke den gesamten Raum ausfüllen, wohingegen dies mit einer fünfzähligen Symmetrie nicht möglich ist. 6.2 Das Penrose-Muster Quasikristalle besitzen eine sich wiederholende Struktur, die nicht durch die periodische Ordnung der klassischen Kristallsysteme beschrieben werden kann. Es ist trotzdem möglich, ihre physikalischen Eigenschaften zu beschreiben und Modelle bzw. Muster ihrer Anordnungen anzufertigen. Sie sind im Gegensatz zu den bisher bekannten Strukturen nicht in ihre Elementarzellen zerlegbar, da sich ihr Muster aus mehreren Zellen zusammensetzt. Ein typisches Beispiel hierfür ist das PenroseMuster. Theoretisch könnten Quasikristalle zwischen periodisch geordneten Kristallen und ungeordnetem Material angesiedelt werden. - 29 - Kapitel 1 Abb. 1.6-1: Penrose-Muster Bei näherer Betrachtung des Penrose-Musters fallen Zehnecke auf, die alle gleiche Orientierung (ihre Seiten sind parallel zueinander) besitzen. Weiterhin existiert im Muster eine Art fünfzählige Symmetrie, so daß es um 72° gedreht werden kann, ohne daß es verändert wird. Resümee: Quasikristalle besitzen eine fünfzählige Symmetrie, die durch ein Penrose-Muster beschrieben werden kann. Sie entstehen, wenn geschmolzene Metallegierungen so schnell abgekühlt werden, daß die einzelnen Atome keine Zeit haben, ein Kristallgitter aufzubauen. - 30 - Kapitel 2 Kapitel II BÄNDERSCHEMA In einem Festkörper (Kristall) befindet sich das Elektron in einem komplizierten elektrostatischen System mit periodischem Untergrund. Charakteristika des Kristallgitters sind : - periodisches Gitterpotential - begrenzter Bereich, "Käfig" (Bauelementgrenze) Im Vakuum ist das Elektron als Partikel oder Welle beschreibbar. Im Festkörper darf diese Betrachtung nicht mehr erfolgen. Da das Kristallgitter in der Größenordnung des Elektrons liegt, ist das Teilchenbild nicht mehr voll gültig. - Wegen der Periodizität im Subnanometerbereich (nm=10-9 m) folgt: Das Elektron darf nicht mehr als Partikel beschrieben werden, sondern es ist auch der Wellencharakter zu berücksichtigen. Werden diese drei Punkte berücksichtigt, muß ein Formalismus ähnlich dem VakuumFormalismus als Ergebnis folgen. Vorgriff auf das Ergebnis : Der alte Formalismus kann beibehalten werden unter der Definition einer neuen, effektiven Elektronenmasse. ⇒ effektive Masse des Elektrons im Werkstoff : me* Der Vorteil dabei ist, daß die alten Gleichungen erhalten bleiben. Die Eigenschaften der effektiven Masse sind : - Energieabhängigkeit innerhalb von Leitungs- und Valenzband. - Sprunghafte Massenänderungen (in Energie) möglich. Beispiel : Laufzeitbauelemente Durch die Massenänderung ist eine sprunghafte Beschleunigungsänderung möglich : * → me ⋅ a = e ⋅ E - worst case : Masse kann sogar negativ werden. Erklärbar ist dies dadurch, daß die effektive Masse nur eine fiktive Masse darstellt. - Im allgemeinen gilt : In vielen Fällen ist me* < me0 ,d.h. die effektive Masse ist kleiner als die für Vakuumbedingungen (Beispiel : Si : 0,16 me0). Theoretisch einsichtiger : Das Elektron ist im Kristallgitter langsamer. In der Realität jedoch reagiert das Elektron im Vakuum langsamer auf ein Feld als im Festkörper. Dies ist ein Grund dafür, daß die Röhren durch Transistoren abgelöst wurden (fGrenz,Röhre : 100 GHz, Transistor : weitaus höhere Frequenzen problemlos möglich). Zur Herleitung der das Elektron im Festkörper beschreibenden Gleichungen dient Kapitel II. Kapitel 2 - 31 - 1. Freies Elektron Das Elektron hat eine duale Natur, es besitzt Teilchen- und Wellencharakter. Man kann die Teilcheneigenschaften im Wellenbild durch die Wellengruppe darstellen, welche die Superposition einer Vielzahl benachbarter Wellen ist. Die in der klassischen Physik präzise Angabe von Größen wird durch Wahrscheinlichkeitsannahmen der Quantenphysik ersetzt. Aus der Heisenbergschen Unschärferelation → → ∆ p⋅ ∆ r > h ⋅ 1 ≡ h mit h = 4,15 ⋅ 10-15 eVs 2π (Plancksches Wirkungsquantum) → p Impuls r Ort wurde eine zweite Relation abgeleitet : ∆W ⋅ ∆t > h mit W : Energie t : Zeit Versucht man eine der jeweiligen Größen der Heisenbergschen Unschärferelation zu bestimmen, so wird automatisch die andere Größe unscharf. Das Elektron ist nicht mehr mit einer Welle zu beschreiben, sondern mit einem Wellenpaket : Im Wellenbild wird das Elektron durch eine Funktion beschrieben, die seine Zustände (Energie, Impuls) und die Wahrscheinlichkeit, daß diese angenommen werden, erfaßt. Diese Funktion Ψ(x,y,z,t) ist die Lösung der Schrödingergleichung. Ψ(x,y,z,t) ist also eine Wellenfunktion, die das Elektron beschreibt, wobei Ψ eine komplexe Größe ist. Die Wahrscheinlichkeit, ein Elektron am Ort ( x 0 , y 0 , z 0 ) zur Zeit t 0 zu finden, wird durch das Betragsquadrat der Wellenfunktion beschrieben . Aufenthaltswahrscheinlichkeit : Ψ ⋅ Ψ∗ = Ψ = Ψ( x 0 , y 0 , z 0 , t 0 ) 2 2 (2.1-1a) 2 0≤ Ψ ≤1 Vergleich zwischen klassischer und quantenmechanischer Betrachtung (zunächst keine Zeitabhängigkeit und nur eindimensional) : Für ein freies Elektron im Raum (d.h. es ist kein äußeres Potential vorhanden) gilt: − wobei d 2 Ψ( x) 2 ⋅ m = 2 ⋅ W ⋅ Ψ( x) dx 2 h h= h 2π Schrödingergleichung h: Plancksches Wirkungsquantum m: Masse des Elektrons W: Energie (2.1-1b) (2.1-2) Kapitel 2 - 32 - Lösung durch Eigenwert : Ψk ( x) = A ⋅ e jkx mit der Nebenbedingung W = Dies entspricht klassisch : 1 W= ⋅ p2 2⋅m / W= h2 ⋅k2 2⋅m (2.1-3) p: Impuls \ 1 ⋅ m⋅ v2 2 ( m ⋅ v) 2 = p 2 → k = Wellenvektor [3 dim .] mit p = m ⋅ v = h ⋅ k → v = (eindimensionale Bezeichnung : Wellenzahl k) k hat die Bedeutung eines Impulses ! p m Zeitabhängigkeit : Ψ( x, t ) = Ψk ( x) ⋅ e − jωt Ψ( x, t ) = A ⋅ e j( kx−ωt ) ω(k ) = 2 ⋅ π ⋅ f = Wk denn : W = h ⋅ ω = h ⋅ f h (2.1-4) (2.1-5) (2.1-6) Da ein Wellencharakter besteht , kann man die De-Broglie-Wellenlänge λ einführen : λ= 2⋅π k (2.1-7) Bei freien Elektronen ist k kontinuierlich . Es sind zwei Geschwindigkeiten definiert : Phasengeschwindigkeit : Die Phasengeschwindigkeit ergibt sich als Vph = Weg λ 2 ⋅ π 2⋅π ω ω = = ⋅f = ⋅ = k k 2⋅π k Zeit T (2.1-8) T: Periodendauer Diese Geschwindigkeit gibt die Geschwindigkeit des einzelnen Wellenzuges an. Die Phasegeschwindigkeit kann größer werden als c . Gruppengeschwindigkeit des Elektrons : Kapitel 2 - 33 - v= dω dk dabei: dω ≤c dk (2.1-9) Die Beschreibung eines Teilchens erfolgt durch die Gruppengeschwindigkeit. Ihr Maximalwert ist die Lichtgeschwindigkeit c, da hier ein reales Teilchen vorliegt. Aus W = h2 2 ⋅ k läßt sich eine Dispersionsbeziehung herleiten (Abb. 2.1-1) : 2m freies Elektron Abb. 2.1-1: Elektron auf vorgegebenem Potential Dispersionsbeziehung. Es besteht ein parabolischer Zusammenhang, da W∼ k 2 Es wird das Ziel sein, diesen Zusammenhang für einen Festkörper geeignet zu modifizieren. Herleitung der Gleichungen für Festkörper: 1. Begrenzung durch Potentialtopf. 2. Verhalten bei periodischem Untergrund. 2. Elektron im Potentialtopf Wir nehmen an, daß das Elektron in einem Metallblock festgehalten wird (Potentialtopftheorie). Die prinzipiellen Eigenschaften eines Elektrons im Potentialtopf lassen sich durch ein eindimensionales Modell beschreiben . Kapitel 2 - 34 - Abb. 2.2-1: Definition des Potentialtopfes Man setzt die Vakuumenergie gleich null. Daraus ergibt sich, daß die Energie im Topf negativ ist. Am Rand muß die Aufenthaltswahrscheinlichkeit null sein, da sie sich nicht sprunghaft ändert. Außen ist sie gleich null. Sofern WElektron < Wpot ist, existiert Ψ nur für 0 ≤ x ≤ L ( nur ohne Berücksichtigung des Tunneleffektes). Die Gesamtenergie des Elektrons ist WElektron = Wpot + Wkin. . Wegen der Randbedingung Ψ(0) = Ψ(L) = 0 ergeben sich nur noch diskrete Werte für den Wellenvektor k : Alle Lösungen für ψ müssen sich periodisch in den Potentialtopf einpassen. Daraus läßt sich folgern : Es sind nur noch diskrete Werte für die Wellenlänge und damit für k erlaubt ! k = ± n ⋅ ( π / L) mit n=1,2, ...... (2.2-1) Der wesentliche Unterschied zu den freien Elektronen besteht darin, daß die k-Werte in ihrer Wahl begrenzt sind . Man spricht hier von einer Quantelung bzw. Diskretisierung von Energieniveaus. Abb. 2.2-2: Ψ-Funktion (schematisch) im Potentialtopf - 35 - Kapitel 2 Abb.2.2-3: Diskrete Energieniveaus Für jedes n erhält man eine Ψ - Funktion, zu der ein jeweils diskretes Energieniveau gehört. Während die k-Werte äquidistant zueinander sind, steigen die W-Werte quadratisch an, da W ∼ k 2 ist. Die Bedeutung der Beziehung (2.2-1) für die unterschiedlich breiten Potentialtöpfe ist wie folgt : Gebundenes Elektron L klein (atomare Dimension; ≈ nm , z.B. Elektron in einer dünnen Epitaxieschicht) → große "Abstände" der k-Werte, d.h. auch große Unterschiede der zugehörigen Energien Verkleinert man den Potentialtopf soweit, daß der Radius des Elektrons ≥ L ist, so besitzt das Elektron nur noch die Möglichkeit, sich parallel zur Topfwand zu bewegen (siehe Abb. 2.2-4). Moderne Bauelemente nutzen diese Effekte aus und haben Strukturen in der Größenordnung 5 - 20 nm. Quasi-freies (metallisches) Elektron L groß (makroskopisch, z.B. Elektron im Metallblock; ≈ cm) → sehr kleine "Abstände" der k-Werte, d.h. quasi kontinuierliche kbzw. W(k)-Werte . Abb.2.2-4 : Durch Einschnürung der Potentialtöpfe wird die Beweglichkeit der Elektronen um Größenordnungen höher, da sie sich nur noch zweidimensional bewegen können. Der Ladungsschwerpunkt verschiebt sich in Richtung höherer Energieniveaus, wodurch Elektronen unter Emission von Licht in das Leitungsband diffundieren können . - 36 - Kapitel 2 Wir betrachten nun das Diffundieren und Rekombinieren von Ladungsträgern . Abb. 2.2-5 : Rekombination von Ladungsträgern WL − WV = h⋅c λ ∆W : Farbe des emittierten Lichtes In Abb. 2.2-5 ist das Rekombinieren von Elektronen dargestellt. Während des Rekombinationsvorganges emittieren die Elektronen Licht, dessen Wellenlänge von dem Elektron zu überbrückenden Bandabstand ∆W abhängt. Im Potentialtopf selbst befinden sich die Ladungsträger auf ganz bestimmten, also diskreten Energieniveaus, die durch den Wellenvektor k definiert sind. Eine Rekombination der Elektronen ist nur auf solche Energieniveaus möglich. 3. Elektron in einem periodischen Potential Das Elektron wird nun nicht mehr im Potentialtopf, sondern im Atomverband betrachtet. Es existiert ein Feld von positiven Ionenrümpfen, die aus der Ionisation der Metallatome entstehen. Die Valenzelektronen dieser Atome sind beim Ionisieren in das Leitungsband übergegangen und befinden sich nun im Feld der positiven Ionen. Zwischen den Elektronen und Ionen bestehen bedingt durch ihre unterschiedlichen Ladungen Anziehungskräfte. Diese sind abhängig von dem Abstand zwischen den Elektronen und den benachbarten Ionen. Dies führt zu einer Modulation der potentiellen Energie der Elektronen mit dem periodischen Feld des Gitters. - 37 - Kapitel 2 Abb. 2.3-1 zeigt die potentielle Energie U(x) und die möglichen Energiezustände von Elektronen im periodischen Ionengitter. Dementsprechend ist die Wahrscheinlichkeit, ein Elektron am Ort x zu finden, mit dem Gitter moduliert. 2 Ψ = Ψ ⋅ Ψ∗ Abb. 2.3-2: Potentielle Energie der Leitungselektronen 2 und Wahrscheinlichkeitsfunktion Ψ 2 Ψ = sin 2 : Die Wahrscheinlichkeit, ein Elektron am Gitterplatz anzutreffen, ist minimal. Ψ = cos : Die Wahrscheinlichkeit, ein Elektron am Gitterplatz anzutreffen, ist maximal. 2 2 Wie man in Abb. 2.3-2 sehen kann, entstehen Potentialberge, die durch b ⋅ W0 definiert sind, wobei W0 = e ⋅ U 0 ist. Kapitel 2 - 38 - Abb.: 2.3-3: Modell zur Berechnung von Ψ im periodischen Potential nach KronigPenney Der in Abbildung (a) dargestellte Verlauf ist zwar realistisch, jedoch schwer zu berechnen. Daher nähert man den Verlauf einer Kastenfunktion an (b). Da auch diese Situation nur schwer rechenbar wird, haben Kronig und Penney eine Annäherung dadurch eingeführt, daß b → 0 und W0 → ∞ so tendieren, daß b ⋅ W0 = const. bleibt. Daraus ergibt sich die δ-Funktion für W(x) an allen Stellen n ⋅ (a+b) bzw. an allen Stellen n ⋅ a , da b gegen 0 strebt. Die Lösung Ψ muß sowohl Eigenschaften des Potentialtopfes (für ein begrenztes Gitter vgl. Kap.2), als auch die Periodizität der Potentialwälle besitzen. Dies wird erfaßt durch: Ψ( x) = u k ( x) ⋅ e jkx (Blochwelle) u k ( x) spiegelt die Periodizität der Ionenanordnung [mit u k ( x) = u k ( x + (a + b)) ] wieder k a+b muß gequantelt sein (wegen Potentialtopf) Abstand der nächsten Nachbaratome (2.3-1) Kapitel 2 - 39 - Diese Lösung ist für − π π ≤k≤ ausreichend definiert, a+b a+b da sich danach die Lösung periodisch wiederholt. Im Normalfall (d.h. nicht atomare Dimension) ist k dabei quasikontinuierlich. Abb. 2.3-4: W(k)-Verlauf für b→0, a = Wandabstand (= Atomabstand oder Gitterkonstante) Am Beispiel makroskopischer Körper ergibt sich: Ψ verhält sich wie eine ebene Welle, die mit der Gitterperiodizität moduliert ist. Problem: k= π ⋅n a+b n = 1, 2, . . . . (2.3-2) a + b ≈ Gitterkonstante d in bestimmten Kristallrichtungen Für diese Werte verschwindet die Lösung von Ψ (d.h. Ψ = 0). Folge hiervon ist, daß dann kein Elektron mit diesem k-Wert existiert und somit in der W(k)-Kurve eine Unterbrechung eintritt. Kapitel 2 - 40 - Experimentell wird dies bewiesen durch die Röntgenbeugung (Braggsche Beziehung): n ⋅ λ = 2 ⋅ d ⋅ sinΘ k = 2π (2) in (1) eingesetzt: 1 2π →λ= λ k (1) (2.3-3) (2) (2.3-4) 2π = 2 ⋅ d ⋅ sinΘ k n⋅π k= d ⋅ sinΘ n⋅ (2.3-5) d: Gitterkonstante; Θ : Reflexionswinkel Die Beziehungen 2.3-2 und 2.3-5 sind identisch, wenn sin Θ = 1, d.h. Θ = 90° ist. Für diesen Fall kann sich die Welle nicht ungehindert durch den Kristall fortsetzen. Die Welle wird vollständig reflektiert. Es existiert keine Lösung für Ψ im Kristall. Ohne Herleitung ist festzustellen, daß an der Unterbrechung gelten muß: dW =0 dk k = π⋅n a+ b Abb. 2.3-5: Änderung des in Abb. 2.3-2 skizzierten W(k)-Verlaufs durch das Verschwinden von Ψ an den Stellen k i = π ⋅n a+b - 41 - Aufgrund Kapitel 2 dW = 0 an der Unterbrechung entstehen sogenannte verbotene Zonen, die dk sogenannte erlaubte Bereiche voneinander trennen. Dies sind quasikontinuierliche Energiebänder. Ein verbotenes Band im Energiebereich entspricht einer Zahl im k-Bereich. Abb. 2.3-6: W(k)--Werte im periodischen Gitter Definition der erlaubten und verbotenen Bereiche innerhalb der [-π /a,π/a] Zone k ist Wellenvektor entlang einer Kristallrichtung. Die prinzipielle Änderung des W(k)-Verlaufs ist an den verbotenen k-Werten unterschiedlich, je nachdem ob iogene oder kovalente Bindungen vorliegen. Begründet wird dieses wie folgt: Bei einer Ionenbindung wird ein schmales Rumpfpotential angesetzt (kurze Reichweite). Bei dieser Bindung liegen "schmale" verbotene Bereiche vor (vgl. Abb. 2.3-5). Bei einer kovalenten Bindung bilden sich breite Rumpfpotentiale aus (weite und gerichtete Ankoppelung). Hier entstehen breite verbotene Zonen (vgl. Abb. 2.3-6). - 42 - Abb. 2.3-7: Schmale verbotene Bänder bei Ionenbindung Abb. 2.3-8: Breite verbotene Zonen bei kovalenter Bindung Kapitel 2 - 43 - Kapitel 2 Bei Metallen kann dieser verbotene Abstand praktisch verschwinden, da er durch die Überlappung von Bändern kompensiert wird. Abb. 2.3-9: Überlappung von Bändern (typisch bei zweiwertigen Metallen). W2 / und W1 / gehören zu verschiedenen Brillouin-Zonen (siehe unten). (vgl. hierzu Kapitel V "Metalle") Den kleinsten k-Werte-Bereich, für den die W(k)-Dispersion ausreichend definiert ist, bezeichnet man als 1. Brillouin-Zone. Im Eindimensionalen ist diese definiert durch: − π π ≤k≤ d d mit d = a+b; d =Gitterkonstante Brillouin-Zonen höherer (n-ter Ordnung) sind entsprechend definiert durch: − n⋅π n⋅π ≤k≤ d d Diese für Eindimensionalität formulierte Definition kann entsprechend auf mehrere Dimensionen erweitert werden. Abb. 2.3-10: Brillouin-Zonen im Zweidimensionalen - 44 - 4. Kapitel 2 W(k)- und W(x)-Verläufe am Beispiel verschiedener Materialien Abb. 2.4-1: a) Isolator bzw. Halbleiter bei T = 0 b) Metall Im realen Kristall sind die W(k)-Verläufe der einzelnen Bänder sehr viel komplizierter, als sie hier behandelt werden. Die W(k)-Verläufe unterscheiden sich auch in der Kristallrichtung. Dieses darzustellen, erfordert dreidimensionale Diagramme. Abb.2.4-2: Schematisch vereinfachte Darstellung des W(k)-Verlaufes über der (k x , k y )-Ebene Abb. 2.4-3: a) W(k)-Verlauf für Silizium in [1 1 1]-Richtung b) W(k)-Verlauf innerhalb der ( k x , k y )-Ebene, bezogen auf die [1 1 1]- Richtung - 45 - Kapitel 2 Besonders wichtig sind zwei prinzipielle Erscheinungsformen bei Halbleitern (bzw. Isolatoren): Das Minimum des Leitungsbandes hat denselben k-Wert wie das Maximum des Valenzbandes (direkter Übergang). Das Minimum des Leitungsbandes befindet sich an einem anderen k-Wert als das Maximum des Valenzbandes (indirekter Übergang). Abb. 2.4-4: W(k)-Verlauf für direkte und indirekte Halbleiter Abb. a) stellt das Bändermodell eines direkten Halbleiters dar. Ein direkter Rekombinationsprozeß liegt dann vor, wenn ein Elektron des Leitungsbandes direkt in das Valenzband übergeht und der Kristallimpuls erhalten bleibt. Diese Bedingung bedeutet, daß beim direkten Rekombinationsprozeß die Elektronen aus einem Energieniveau des Leitungsbandes bei einem bestimmten Wellenzahlvektor k in ein Energieniveau des Valenzbandes bei dem gleichen Wellenzahlvektor k übergehen. Bei der Rekombination müssen Impuls- und Energieerhaltungssatz erfüllt sein. Da bei direkter Rekombination der Impuls erhalten bleibt, kann der Energieaustausch "strahlend" (d. h. unter Lichtabgabe) durch Emission von Photonen geschehen. Ein Vertreter der direkten Halbleiter ist z. B. GaAs. Abb. b) stellt das Bändermodell eines indirekten Halbleiters dar. Bei einem indirekten Rekombinationsvorgang gehen ebenfalls Elektronen aus dem Leitungsband in das Valenzband über. Bei diesem Übergang tritt neben der Energieänderung auch noch eine Impulsänderung auf. Da auch hier wieder der Impuls und Energieerhaltungssatz gelten muß, ist der Energieaustausch mit Photonen nur bedingt möglich. Bei der indirekten Rekombination geschieht der Energieaustausch "nichtstrahlend" unter der Beteiligung von Phononen. Vertreter der indirekten Halbleiter sind z. B. Silizium und Germanium. Die oben beschriebenen Bändermodelle für direkte und indirekte Halbleiter sind nochmals in Abb. 2.4-5 aufgetragen. Dabei gelten a) und b) für indirekte Halbleiter und c) für direkte Halbleiter. Die verschiedenen Kurven im Valenzband berücksichtigen die Anpassung in unterschiedlichen k-Bereichen über eine W~k 2 -Charakteristik. - 46 - Kapitel 2 Abb. 2.4-5: W(k)-Verlauf für Leitungs- und Valenzband für Ge, Si und GaAs Vergleich zum W(x)-Verlauf x: Ortskoordinate im Kristall Abb. 2.4-6: W(k)- und W(x)-Verlauf im Kristall Der W(x)-Verlauf kann auch ohne W(k)-Betrachtung hergeleitet werden, indem man die Wechselwirkung benachbarter Atome aus dem Atomkernschema heraus betrachtet. - 47 - Kapitel 2 Abb. 2.4-7: Aufspaltung von Energieniveaus Die Einzelniveaus spalten sich auf, da die Elektronen nicht mehr nur das Feld des ihnen zugeordneten Kerns erfahren, sondern auch die Felder der Nachbaratome. Dieses führt zu einer Aufspaltung in sechs Niveaus bei sechs Nachbarn. Die Änderung der mittleren "Energie" der Niveaus ist bedingt durch die Überlappung der Elektronenhüllen der einzelnen Atome. Im Festkörper tritt eine Wechselwirkung mit einer Vielzahl von Atomen ein, so daß praktisch unendlich viele W(k)-Aufspaltungen vorliegen. Dies ergibt dann ein quasikontinuierliches Band. - 48 - Abb. 2.4-8: W(x) für Festkörper Kapitel 2 Kapitel 2 - 49 - 5. Bändermodell (Oberfläche) Abb. 2.5-1: Potentialverlauf im Oberflächenbereich (die Oberfläche ist durch x = 0 gekennzeichnet) An der Oberfläche müssen in jedem Fall sowohl der Potentialtopf als auch die Gitterperiodizität berücksichtigt werden. Voraussetzung: WSurface > WElektron > e ⋅ U 0 mit e ⋅ U 0 = Potentialhöhe im Gitter WSurface << ∞ Die genannten Bedingungen gelten innerhalb des Festkörpers. Für x ≤ 0 gilt: e ⋅ U = W = const. Mit diesen Randbedingungen liefert die Schrödingergleichung für x ≤ 0 eine von Null verschiedene Lösung. Ψη ( x) = c ⋅ e ηx mit η= 1 ⋅ 2 m( WSurface − WElektron ) h (2.5-1) Je größer η, d. h. je größer die Differenz WSurface − WElektron wird, desto schneller fällt Ψ ab. - 50 - Kapitel 2 Abb. 2.5-2: Ψ(x)-Verlauf Dieses bedeutet aber auch, daß die x-Werte, bei denen noch eine nennenswerte Wahrscheinlichkeit existiert, das Elektron wiederzufinden, um so kleiner werden (unendlich hoher Wall → Ψ = 0 für x < 0, d. h. es befinden sich keine Elektronen außerhalb). Das Elektron kann bei ausreichender Energie in einen Energieberg hinein- bzw. hindurchtunneln, d. h. es kann den Festkörper verlassen. Betrachtung der Randbedingungen: Die Ψη ( x) -Funktion muß glatt in die entsprechende Ψk -Funktion innerhalb des Volumens übergehen. Dies ist für reale k-Werte immer möglich, da es immer zwei Blochfunktionen einer Energie W(k) gibt, mit +k und -k (Grund: W ~ k 2 ). Durch eine Linearkombination dieser Funktion läßt sich dann eine Anpassung der beiden Funktionen durchführen. Daraus folgt, daß die erlaubten Niveaus innerhalb eines Bandes nicht von der Oberfläche beeinflußt werden. Anders hingegen ist es in der verbotenen Zone. In dieser existieren keine realen k-Werte. Eine Beschreibung durch komplexe k-Zahlen ist hingegen möglich. Auch hier besteht die Möglichkeit einer Anpassung der Wellenfunktion innerhalb und außerhalb des Volumens. Diese Anpassung ist jedoch nur für einen bestimmten k-Wert möglich, wodurch im verbotenen Band ein zusätzlicher Zustand geschaffen wird. Zusammenfassend kann man festhalten, daß als Folge der Begrenzung des Gitters zwischen den erlaubten Energieniveaus (d. h. in der verbotenen Zone) ein zusätzlicher Zustand (Tamm-Zustand = Oberflächenzustand) an der Oberfläche entsteht, die Zustände in den Bändern aber unverändert bleiben. Der Tamm-Zustand ist ausschließlich bedingt durch den Abbruch der Periodizität. Diese Berechnung wurde von Schockley mit realistischen Potentialverläufen verbessert (Abb. 2.5-3). Abb. 2.5-3a: Potentialverläufe nach Schockley Kapitel 2 - 51 - Abb. 2.5-3b: Bildliche Verdeutlichung Die oben dargestellten Sachverhalte sind der Grund dafür, daß Nichtleiter an der Oberfläche leitend werden können. Ebenfalls kann das Entstehen von Kriechströmen an der Oberfläche damit erklärt werden. 6. Relevante Größen für Elektronenbewegungen im Band Als relevante Parameter der Elektronenbewegung gelten: - Bandverlauf - Geschwindigkeit - "Beschleunigung" durch E-Feld - Masse eines Elektrons Eindimensionale Betrachtung: Bandverlauf: W(k) Gruppengeschwindigkeit: v= 1 dW dω W ; ω= ; v = ⋅ dk h h dk Kraft eines elektrischen Feldes auf ein Elektron der Geschwindigkeit v: x: Ortskoordinate → dW = −q ⋅ E dx dW dt 1 dW ⋅ = −q ⋅ E = ⋅ dt dx v dt Kraft = q = -e dW dx bzw. (2.6-1) Kapitel 2 - 52 - dW dk dk dW( k ) = −q ⋅ ν ⋅ E = ⋅ = h ⋅ ν⋅ dk dt dt dt (2.6-2) q dk = − ⋅E dt h (2.6-3) Die Änderung des Impulses k ist proportional zu der Feldstärke und da k ~V ist, wird das Elektron beschleunigt. k~E k ~V Vergleiche zu freiem Elektron: dv ∼E dt dp ∼E ; dt jetzt: dk ∼E dt Die Masse des Elektrons im Freien beträgt m 0 und ist nicht relativistisch. Beschleunigung a (von engl. acceleration): dv 1 d dW 1 d dk dW 1 d 2 W dk a= = ⋅ ⋅ = ⋅ ⋅ ⋅ = ⋅ ⋅ dt h dt dk h dt dk dk h dk 2 dt 1 d 2W q a= ⋅ ⋅ − ⋅ E h dk 2 h 1 a = −q ⋅ E ⋅ h 2 2 2 d W / dk also: a= (2.6-4) −1 Elektron im Gitter (2.6-5) Elektron im freien Raum (2.6-6) 1 ⋅e⋅E m∗ a = −q ⋅ E ⋅ 1 m Kapitel 2 - 53 - Vergleich liefert: d 2W m = h ⋅ 2 dk ∗ −1 2 (2.6-7) m∗ : effektive Masse des Elektrons im jeweiligen Band m∗ ~ ( Krümmung des Bandes) −1 m∗ : im Festkörper m = m 0 im Freien Der Unterschied m 0 zu m* ist nichts anderes als der Einfluß des Kristallgitters auf das sich bewegende Elektron. m* ist verschieden im Leitungs- und Valenzband. Je stärker das Band gekrümmt ist, desto leichter wird das Elektron. Das Vorzeichen der Masse ändert sich dann, wenn sich die Krümmung des Bandes im Vorzeichen ändert. Abb. 2.6-1: Elektronen können bei Bandverläufen, die Haupt- und Nebenminima besitzen, unter Einwirkung eines elektrischen Feldes in eine "Mulde" mit geringerer Krümmung fallen, wobei sich ihre Masse (sie werden schwerer) verändert. Beispiel: GaAs m* = m(k) Abb. 2.6-2: Kapitel 2 - 54 - m∗0 ⇒ E = 0 m∗ ⇒ E ≠ 0 m∗ > m∗0 b : Beweglichkeit b( m∗ ) < b( m∗0 ) v=b⋅E Die Beweglichkeit der Elektronen nimmt mit steigendem elektrischen Feld (bedingt durch die größer werdende Masse) ab. Daraus folgt, daß sich die Schaltgeschwindigkeiten von HL-Bauelementen (z.B. FETs) bei zu hohem elektrischen Feld verringern. Abb. 2.6-3: Hinweis: Krümmung einer Kurve y = f(x): k= (d 2 y / dx 2 ) dy 1 + dx 2 Abb. 2.6-4: Relationen W(k), v(k) und m*(k) für freies Elektron (gestrichelt) und Festkörperelektron 3 2 - 55 - Kapitel 2 Die bislang durchgeführten Betrachtungen gelten für Elektronen und damit für Fermionen (halbzahliger Spin: 1/2, 3/2, . . .). Dies bedeutet, daß alle W(k)-Werte nach der Fermi-Statistik besetzt werden. Ein wesentlicher Unterschied zu den Supraleitern besteht darin, daß dort die Ladungsträger keine Fermi-Teilchen, sondern Bosonen (ganzzahliger Spin: 0,1, . . .) sind. Bosonen sind z. B. Elektron-Elektron-Paare (Cooper-Paare). Die einzelnen Materialien unterscheiden sich in ihren Bändermodellen: a.) Isolator b.) Halbleiter c.) quasi Metall Wg >> kT Wg > kT Wg < kT d.) Metall bei überlappenden Bändern e.) Metall bei halbvollem Band Abb. 2.6-5: Materialeinteilung in Abhängigkeit des Bandabstandes Kapitel 3 - 56 - Kapitel III HALBLEITER 1. Einleitung Der Unterschied zwischen Isolatoren und Halbleitern ist fließend. So sind "typische" [ ] Dielektrika, wie z.B. BaTiO 3 Wg ≈ 3,4eV , sehr wohl als Halbleiter zu beschreiben und auch zu nutzen. Umgekehrt sind "typische" Halbleiter, wie z.B. ZnO [W g ] ≈ 3,2eV , auch als Dielektrika zu nutzen. Des weiteren lassen sich Halbleiter anhand ihrer Bandübergänge in direkte und indirekte Halbleiter unterteilen . Abb. 3.1-1 : W(k)-Verlauf bei direkten und indirekten Halbleitern 2. Besetzungsstatistik und Ladungsträgerkonzentration Ausgangspunkt für die Betrachtung der Ladungsträgerdichte ist : Effektive Masse: m∗ m∗e =effektive Elektronenmasse m∗p =effektive Löchermasse Die effektive Elektronenmasse ist eine Funktion der Bandkrümmung. m e = f(Bandkrümmung) m e0 = konstant m e0 = Ruhemasse des Elektrons m∗e < m e 0 folgt : Die Beschleunigung eines Elektrons im Festkörper ist in der Regel größer als im Vakuum - 57 - Kapitel 3 Energie: p2 h2 ⋅ k 2 = (3.2-1) 2 m∗ 2 m∗ W≡kinetische Energie (potentielle Energie wird zunächst ignoriert) W (k ) = Verfügbarkeit von Ladungsträgern: n=Elektronenkonzentration b=Beweglichkeit der Ladungsträger p=Löcherkonzentration Abb.3.2-1: σ = q n ⋅ n ⋅ bn + q p ⋅ p ⋅ bp Frage: σ = elektrische Leitfähigkeit Wie groß ist die Dichte der Elektronen im Leitungsband ? Wie groß ist die Dichte der Löcher im Valenzband ? Zunächst Betrachtung für Eigenleitung. (n = p wegen Paargeneration von Elektronen und Löchern) Elektronendichte im Leitungsband: Es gilt : n= WLo ∫S WLu L ( W) ⋅ f ( W ) dW S L ( W) : Zustandsdichte der Elektronen bei (W,dW) f(W) Vereinfachung : : Besetzungswahrscheinlichkeit der Elektronen für den Zustand (W,dW) Da f(W) sehr schnell gegen null geht, erfolgt der Übergang WLo → ∞ und WLu ≡ WL ∞ n = ∫ S L ( W) ⋅ f ( W) dW (3.2-3) WL Löcherdichte im Valenzband : Die Wahrscheinlichkeit ein Loch anzutreffen, ist identisch mit der Wahrscheinlichkeit, kein Elektron vorzufinden. WV Es gilt: p = ∫ S V ( W) ⋅ [1 − f ( W) ] dW −∞ S V ( W) : Zustandsdichte der Löcher im Valenzband [1-f(W)]: Wahrscheinlichkeit für Löcher im Valenzband (3.2-3) Kapitel 3 - 58 - Vereinfachung : Da f(W) sehr schnell gegen eins und somit [1-f(W)] gegen null geht, erfolgt auch hier der Übergang WLu → −∞ und WLo ≡ WV f(W) : Fermi-Funktion f(W) ist gleichbedeutend mit einer Aussage über die Wahrscheinlichkeit, daß ein Elektron im Energieintervall (W,dW) wiederzufinden ist. Die Fermi-Funktion bestimmt die Besetzungswahrscheinlichkeit von Fermi-Teilchen als Funktion der Energie. Fermi-Teilchen sind diejenigen Teilchen, die einen Spin von 1/2 besitzen. Auch Elektronen sind Fermi-Teilchen . Im Falle stark verdünnter Konzentrationen geht die Fermi-Statistik in die Boltzmann-Statistik über. f ( W) = 1 1+ e WF : Fermi-Energie W − WF kT (3.2-4) Die Fermi-Energie ist diejenige Energie, bei der die Besetzungswahrscheinlichkeit 1/2 beträgt.Die Fermi-Funktion ist temperaturabhängig. [1 − f ( W)] = 1 − [1 − f ( W)] = e [1 − f ( W)] = T>0 0, W >> WF 1 ( ) f W = , W = WF 2 1, W << WF f ( WF ) = 1 / 2 für alle T − 1 1+ e ( W− WF ) kT W − WF kT 1 +e = e W − WF kT 1+ e W − WF kT ( W− WF ) −( W− WF ) kT 1 1+ e (3.2-5) WF − W kT T=0 0, W > WF 1 ( ) f W = , W = WF 2 1, W < WF bei null Kelvin ist die Fermi-Funktion eine Stufenfunktion. Abb.3.2-2 : Besetzungswahrscheinlichkeit bei T = 0 und T > 0 Kapitel 3 - 59 - Abb. 3.2-3 : Fermi-Funktion eines intrinsischen Halbleiters Beispiel: Die Besetzungswahrscheinlichkeit der Elektronen im Leitungsband ist durch die Temperatur steuerbar. Bei T = 0 Kelvin ist die Wahrscheinlichkeit, Elektronen im Leitungsband anzutreffen, gleich null. Die Betrachtung hat sich bis jetzt auf die Besetzungswahrscheinlichkeiten beschränkt. Im folgenden soll nun darauf eingegangen werden, wie die Zustandsdichte S L ( W) der Elektronen zu berechnen ist. An den Bandkanten (bei WL ) liegt praktisch ein rein parabolischer W(k)-Verlauf vor. Deswegen kann die Betrachtung für ein "Elektron im Potentialtopf" durchgeführt werden, und zwar dreidimensional. 1 h2 k 2 2 m∗e bisher: W( k ) = jetzt: Da die Dichte auf das Volumen bezogen wird, erfolgt die dreidimensionale Herleitung: k 2y k2 1 2 k 2x W = h ∗ + ∗ + ∗z 2 me me me x Kubisches System: y z m∗e = m∗e = m∗e = m∗e x y z Aus der Potentialtopfbetrachtung folgen gequantelte k-Werte. k x = ±n x ⋅ 2π 2π 2π ; k y = ±n y ⋅ ; k z = ±n z ⋅ Lx Ly Lz Lx,Ly,Lz sind die äußeren Abmessungen des Topfes. (3.2-6) Kapitel 3 - 60 - Die Zahl der Zustände, für die k im Element ( dk x ⋅ dk y ⋅ dk z ) liegt, ist demnach gleich: Ly Lx ⋅ Ly ⋅ Lz Lx L dk x ⋅ dk y ⋅ z dk z = dk x ⋅ dk y ⋅ dk z 2π 2π 2π 8π 3 Eine zusätzliche Berücksichtigung des Spins liefert (da pro k-Wert 2 Spineinstellungen): Lx ⋅ Ly ⋅ Lz Volumen dk x ⋅ dk y ⋅ dk z = dk x ⋅ dk y ⋅ dk z 3 4π 4π 3 Die Dichte der Zustände im Element dk x ⋅ dk y ⋅ dk z ergibt sich zu : S L ( k) = Zahl der Zustä nde Volumen S L ( k ) dk = ( 1 dk x ⋅ dk y ⋅ dk z 4π 3 ) (3.2-7) Diese Aussage subsummiert, daß der Begriff "Dichte" überhaupt zulässig ist. Dies gilt im wesentlichen nur für solche Systeme, bei denen L x , L y und L z makroskopischer Natur sind, d.h. eine enge Quantelung der k-Werte vorliegt. In diesen Fällen können die Elektronen sich in allen drei Raumrichtungen frei bewegen. Mit: 4πk 2 dk = dk x ⋅ dk y ⋅ dk z folgt: k2 S L ( k ) dk = 2 dk π (3.2-8) Gesucht war aber eigentlich S L ( W) . Wir erweitern die gefundene Gleichung mit dW/dW: S( W) dW = k 2 dk dW π 2 dW dk/dW und k müssen noch durch W ausgedrückt werden: k2 π2 = 8me∗ k =2 π h dk π = dW h Aus W(k)-Relation W (k ) h2 W (k ) = 2me∗W (3.2-9) 2 2 h k ∗ ∗ 2 (2π ) 2me 2me∗ 2me∗W S (W )dW = 8me∗ Wπ h2 h 2me∗ 2me∗W 8πm ∗ S (W )dW = 3 e 2me∗W dW h dW Jetzt wieder zurück zur tatsächlichen Situation: Elektron im Leitungsband. Das Band entsprach dem Potentialtopf, also hat W die Rolle von ( W − WL ) übernommen: Kapitel 3 - 61 - Zustandsdichte für Elektronen im Leitungsband : 8π m∗e S L ( W) = 2 m∗e ( W − WL ) h3 (3.2-10) Dies gilt nur für den Fall, daß sich die Elektronen in allen drei Raumrichtungen frei bewegen können. Die Herleitung erfolgt entsprechend für Löcher. Zustandsdichte für Löcher im Valenzband: 8π m∗p S V ( W) = 2 m∗p ( WV − W) h3 (3.2-11) Berechnung der Ladungsträgerkonzentrationen n, p ∞ n = ∫ S L ( W) f ( W) dW = WL 3 ∞ 1 4π ∗ 2 2 ( ) ( ) 2 m W − W f ( W) dW ∫ e L h3 W L WV p = ∫ S V ( W) [1 − f ( W) ] dW = −∞ 3 1 4π ∗ 2 2 ( 2me ) ∫ ( WV − W) [1 − f ( W)] dW h3 −∞ WV Diese Gleichungen sind dann zu beachten, wenn eine hohe Ladungsträgerdichte vorliegt (d.h., daß gegebenfalls ein Elektron einen Platz nicht besetzen kann, weil er schon besetzt ist (ab 1020 cm-3 aufwärts). Für niedrige Besetzungsdichten (die meistens vorliegen) wird folgende Vereinfachung durchgeführt : f ( W ) ≈ exp − W − WF kT (Da Pauli-Prinzip nicht bedeutsam wegen der niedrigen Besetzungsdichte) W − WF >> kT Hinweis: Wg ≈ 1eV kT 300 K ≈ 1 eV 40 Dann geht die Fermi-Verteilung in die Maxwell-Boltzmann-Verteilung über. (Die MaxwellBoltzmann-Verteilung berücksichtigt nicht, ob ein Teilchen einen Spin besitzt oder nicht.) f ( W) ~ e − W − WF kT [1− f ( W)] ~ e W − WF kT Setzt man diese Formeln in die entsprechenden Integrale ein, so erhält man als Lösungen: Kapitel 3 - 62 - Elektronenkonzentration im Leitungsband: 3 n = NL ⋅e WL − WF − kT 2π m∗e kT 2 mit N L = 2 h2 (3.2-12) Löcherkonzentration im Valenzband: 3 p = NV ⋅e WF − WV − kT 2π m∗p kT 2 mit 2 h2 (3.2-13) Die Gleichungen (3.2-12) und (3.2-13) sind allgemein gültig!! Für die Eigenleitungsdichte gilt: n = p = ni n ⋅ p = n 2i Massenwirkungsgesetz W − WF + WF − WV n 2i = n ⋅ p = N L ⋅ N V ⋅ exp − L kT W − WV n 2i = N L ⋅ N V ⋅ exp − L kT (3.2-14) W n i ~ exp − G kT (3.2-15) WL − WV = WG Die Eigenleitungsträgerkonzentration ist unabhängig von der Lage des Fermi-Niveaus. wegen n = p folgt : Für WF ergibt sich bei der Eigenleitung : − WL − WF kT − WF − WV = N V e kT W − WF W − WV = ln( N V ) − F ln( N L ) − L kT kT N −WF + WV + WL − WF −2WF + WL + WV = ln L = kT kT NV NL e WF = N 1 1 ( WV + WL ) − kT ln L 2 2 NV (3.2-16) Kapitel 3 - 63 - Einsetzen der Werte für N L und N V liefert: 3 m∗ 2 1 1 WF = ( WV + WL ) − kT ln ∗e 2 2 mp (3.2-17) Für m∗e = m∗p liegt WF für alle Temperaturen in der Mitte des verbotenen Bandes. Für m∗e ≠ m∗p ergibt sich ein geringer linearer Anstieg bzw. Abfall mit der Temperatur. Zusammenfassung der bis jetzt erbrachten Ergebnisse: m∗e , m∗p = f ( W( k ) ) damit verbunden auch die Beweglichkeit der Ladungsträger b~ 1 m∗e Λ b~τ b~τ τ = mittlere Lebensdauer von Ladungsträgern z.B. für Elektronen: bn = e ⋅ τe m∗e χ : Leitfähigkeit χ = q n ⋅ n ⋅ bn + q p ⋅ p ⋅ bp ( χ = e n ⋅ bn + p ⋅ bp ) q n = e− , q p = e Ziel ist das Modifizieren der Leitfähigkeit von Halbleiterbauelementen. Beweglichkeitsänderungen von Ladungträgern sind begrenzt und lösen nicht das Problem der Steuerung der Leitfähigkeit. → → → ⇒ Steuerung von κ durch Änderung von n( r ) und p( r ) , wobei r = ( x, y, z) Hiervon bedeuten üblicherweise (x,y) die Oberfläche des Halbleiters und z die Tiefe . Möglichkeiten, n und p zu variieren: - Dotieren: z.B. B (Bor) in Si ⇒ p-Dotierung P (Phosphor) in Si ⇒ n-Dotierung - Bandverbiegung, d.h. Veränderung des W(z)-Verlaufes durch äußere Potentiale - Änderung des Halbleitersystems, d.h. Erzeugung von Schichtsystemen - Änderung der Dimensionalität des Leitungsmechanismuses, z.B. Übergang zu zweidimensionalem Elektronengas 3. Störstellen- bzw. extrinsischer Halbleiter Kapitel 3 - 64 - 3.1 Bändermodell Abb. 3.3-1: W(x)-Verlauf N D bzw. N A übernehmen eine ähnliche Rolle wie die Zustandsdichte im Band. Hier gilt es jedoch für ein festes Energieintervall. D → D+ + e− A → A − + p+ Neutralitätsbedingung: n + N −A = p + N +D [ ] [ N L f ( WL ) + N A f ( WA ) = N V 1 − f ( WV ) + N D 1 − f ( WD ) f ( WA ) : ] Wahrscheinlichkeit, ein Elektron bei WA zu finden, also e − + A → A − [1 − f ( W )] : D Wahrscheinlichkeit, ein Loch bei WD zu finden, also D → D + + e − Bis auf WF in der Fermi-Funktion sind alle Größen bekannt. Dieses WF ist nur noch über komplizierte numerische Verfahren bestimmbar und ist eine Funktion der Temperatur. - 65 - Beispiel: Kapitel 3 n-Halbleiter: Abb. 3.3-2: Abhängigkeit des Ferminiveaus von der Temperatur Abb. 3.3-3 : Lage des Fermi-Niveaus im extrinsischen Halbleiter (Ge in Abhängigkeit von der Temperatur und Dotierung) 3.2 Majoritäts- und Minoritätsträgerkonzentration Bei Eigenleitung gilt: n = N L N V e 2 i − WL − WV kT (vgl. 3.2-14) Jetzt werden niedrigere Temperaturen betrachtet, so daß keine Eigenleitung mehr vorliegt. Kapitel 3 - 66 - Dann ergeben sich in entsprechender Weise für den Bereich der Störstellenreserve : n2 = N L N D e n~e − − p = NV NA e − (3.3-1) WL − WD 2 kT 2 p~e WL − WD kT − WA − WV kT WA − WV 2 kT (3.3-2) Abb. 3.3-4 : Temperaturverlauf der Ladungsträgerkonzentration n im n-Halbleiter Wie verläuft die Minoritätsträgerkonzentration p im Bereich der Störstellener schöpfung ? − WG 2 kT Es gilt immer : n ⋅ p = n ; ni ~ e Störstellenerschöpfung : n = ND 2 W n 2i − 2WkT − p= ~ e ~ e kT ND 2 i G G (3.3-3) Daraus kann man den ebenfalls in obiger Zeichnung dargestellten Verlauf der Minoritätsträgerkonzentration herleiten. Die Fermi-Energie ist innerhalb des Werkstoffes im thermodynamischen Gleichgewicht konstant, da andernfalls die Ladungsträger so lange fließen würden, bis überall das gleiche Nivea f(W) = 1/2 existieren würde. Diese Aussage gilt auch an der Oberfläche ! - 67 - Kapitel 3 Die Folge hiervon ist, daß durch Abbruch des Gitters entstandene (Tamm-) Zustände oder auch durch Absorption und Rekombination gebildete Oberflächenzustände sich auf die Form der Bandstruktur an der Oberfläche auswirken. Vereinfacht kann man festhalten : Durch Zustände oder durch angelegte Potentiale wird nicht die Fermi-Energie, sondern das Band verbogen. 4. Bandverbiegung 4.1 Bandverbiegung als Folge des elektrischen Feldes Die nachfolgend dargestellte Zeichnung verdeutlicht das Entstehen der Bandverbiegung als Folge eines angelegten elektrischen Feldes : Abb.3.4-1 : MetallHalbleiter-Übergang → → ∫ Dd A = ∫ D⋅ A = D⋅ A = Q A → A → D⊥d A U U0 − US Q = εr ε0 E = εr ε 0 S = ε0 A zS z0 US z U0 − US ⇒ = S − ε0 U 0 − U S εr z 0 z0 ≈ e ⋅ nb ⋅ z S n b = Dichte der freien Ladungsträger im Volumen für intrinsische Halbleiter gilt: n b = n i (3.4-1) Kapitel 3 - 68 - - Beispiel Kondensator: mit Metallplatten mit Metallplatten und Isolator z z Abb.3.4-2: Zum Vergleich: Kondensator - Beispiele für andere Übergänge Halbleiter - Halbleiter PN-Übergang Abb. 3.4-3: Metall - Halbleiter FET Kapitel 3 - 69 - Abb. 3.4-4: Bandverlauf im Bereich der Oberfläche ⇒ zS ~ ε rε 0 US nbe zS ~ ( n b ) − 1 2 (3.4-2) D. h., je hochohmiger das Material ist, um so größer wird der Bereich der Bandverbiegung. Die Form der Verbiegung ergibt sich durch die Poisson-Gleichung; Voraussetzung dafür ist jedoch, daß sich keine freien Ladungsträger in der Raumladungszone befinden. d2U e N 2 = − ε 0ε r D dz ⇒ U( z) = U S + E 0 z − U( z) ~ z 2 N D = Donatorendichte eN 2 z 2ε r ε 0 (3.4-4) → ; E( z) ~ z linearer Abfall des Feldes im Halbleiter Abb. 3.4-5: Feldverteilung in der Raumladungszone (3.4-3) Kapitel 3 - 70 - Die Raumladungszone (0 < z < z S ) entsteht durch die Differenz der Konzentration an freien und festen Ladungsträgern. Die Ladung der ortsfesten Akzeptoren und Donatoren wird normalerweise jeweils durch ein Loch oder Elektron kompensiert. Dieses ist in der Übergangszone nicht mehr der Fall, weshalb eine Raumladungszone entsteht. In dieser Übergangszone befinden sich nur noch sehr wenig bewegliche Ladungsträger (im Leitungsband: Elektronen), und man kann von einer Verarmungszone sprechen. Diese Verarmung drückt sich bei einem n-Halbleiter dadurch aus, daß im Bändermodell das Leitungsband geringfügig nach oben gebogen wird. Hinweis auf die Grundlagen der Theoretischen Elektrotechnik: r d 2U dE ≈ ρ ( z ) ; ∇ 2 U ≈ ∇E ≈ ρ 2 ≈ dz dz ρ ( z) = const ., 0 ≤ z ≤ zs E ( z ) = bx − a U ( z) = − ∫ E ( z ) dz b U ( z ) = − x 2 + ax ± c 2 Abb. 3.4-6: Raumladung, Feld, Potential 4.1.1 Metall-Isolator-Halbleiter-Struktur Abb. 3.4-7: Bandverbiegung und Ladungsträgerbewegung an der Oberfläche 4.1.1.1 Beispiel Feldeffekttransistor Kapitel 3 - 71 - Abb. 3.4-8: Feldeffekttransistor Das Vakuum zwischen Metall und Halbleiter wird durch ein Dielektrikum, z. B. SiO 2 , ersetzt. Dies geschieht im wesentlichen aus konstruktiven Gründen. Man kann dann leicht einen Abstand im µm-Bereich einstellen. Diese Vorgehensweise findet bei den Feldeffekttransistoren Anwendung . Im folgenden soll der Einfluß verschiedener Gatespannungen auf die Bandverbiegung an dem Metall (Gate)-Halbleiter-Kontakt (mit zwischenliegender SiO 2 -Schicht) behandelt werden. Die Betrachtung erfolgt für einen n-Halbleiter. Das Fermi-Niveau des Metalls und das des nHalb-leiters sollen auf gleicher Höhe liegen. Weiter soll a priori keine Bandverbiegung der Oberfläche vorliegen. U Gate = 0: Es findet keine Bandverbiegung statt ⇔ Flachband ∞ U=0 n = ∫ S L ( W) f ( W) dW WL U Gate < 0: Es findet eine Bandaufwölbung statt. In dieser Randzone befinden sich keine beweglichen Elektronen mehr, sondern nur noch die ionisierten ortsfesten Atomrümpfe. Gleichzeitig befindet sich das Valenzband noch so weit von WF entfernt, daß praktisch keine Löcher vorhanden sind. Dies bedeutet, daß an der Oberfläche eine Verarmung an beweglichen Ladungsträgern vorliegt. Diese Randzone wird somit als Verarmungszone bezeichnet. ∞ U < 0 an der Oberfläche: n= ∫S WLS U Gate > 0: L ( W) f ( W) d W Es findet eine Bandabwölbung statt. Es gelangen mehr Elektronen vom Metall in den Halbleiter. Es bildet sich eine negative Halbleiter-Randschicht aus. Diese Randschicht wird als Anreicherungsrandschicht bezeichnet, da sie mit beweglichen Ladungsträgern angereichert wird. - 72 - Kapitel 3 Realisierung eines kapazitiven Schalters durch Rauf- und Runterschieben der Band verbiegung. Abb. 3.4-9: Bandverbiegung bei verschiedenen Gatespannungen (ohne Oberflächenzustände zu berücksichtigen; Idealfall) Als nächstes wird der Fall U Gate << 0 bei "Verarmung" betrachtet: Die Oberfläche wird hier dennoch leitend, da nun das Valenzband weiter hochgebogen wird und sich der Fermi-Energie nähert. Dadurch tritt eine höhere Löcherkonzentration auf. Daraus ergibt sich, daß die Leitfähigkeit von Löchern getragen wird, d. h., daß im ursprünglichen nHalbleiter eine positive, p-leitende Schicht entsteht. Diese Schicht bezeichnet man als Inversionsschicht. Aus dieser idealisierten Struktur wird folgendes Bauteil realisiert: MOS-FET Abb. 3.4-10: Schema eines Feldeffekttransistors - 73 - Kapitel 3 Durch die Bauart ergeben sich folgende Nachteile: 1) Oxidschicht notwendig: - 2) relativ hohe Steuerspannung Kosten Begrenzte Frequenz: - hohe Gate-Kapazität begrenzt die Frequenz Der Abstand zwischen Source und Drain definiert die minimal notwendigeLaufzeit der Ladungsträger und damit die Frequenz. Abb. 3.4-11: Je kleiner der Abstand d ist, desto höhere Frequenzen sind zu erreichen. Hieraus ergibt sich die Forderung, daß d zu minimieren ist. Richtwerte: d = 0,5 µm ⇒ f max = 30 GHz für GaAs d = 0,2 µm ⇒ f max = 100 GHz Problem: Der Abstand zwischen Source und Drain ist aber nicht beliebig klein zu machen, da der Strom "herangeführt" werden muß. Beispiel für einen Gate-Anschluß: Es werden T-Gates oder Mushroom-Gates verwendet. - Die Oxidschicht kann nicht beliebig klein gemacht werden, denn für lim z E → 0 liegt ein Schottky-Kontakt vor. - 74 - Kapitel 3 4.1.1.2 Technologie Abb. 3.4-12: Oberflächenrauhigkeit von Substraten Für eine Welligkeit ∆z > 0,5 µm kann man die optische Lithographie mit einer Auf lösung von 0,5 µm (Schärfentiefe) nicht mehr verwenden. Als Ausweg kann die Elektronenstrahlbelichtung angewendet werden. Photolack: PMMA (Plexiglas) Abb. 3.4-13: Schematisch laterale Strukturierung mit Elektronenstrahlbelichtung 5. Oberflächenbauelement (Metall-Halbleiter-Kontakt) Bislang wurde folgende Struktur untersucht: Metall Isolator ← −−−−− → ∆z → 0 Halbleiter (ohne Oberflächenzustände) Im folgenden sollen die noch offenen Fragen behandelt werden: 1. Was passiert bei ∆z → 0 ? Welche Analogien ergeben sich hier zum direkten Metall-Halbleiter-Kontakt? 2. Was passiert an der Oberfläche bei Existenz von Oberflächenzuständen (ohne Vorhandensein der obigen Kondensator- bzw. Feldeffektanordnung)? 3. Wie beeinflussen ∆z → 0 und die Existenz von Oberflächenzuständen das Verhalten der obigen Anordnung? Kapitel 3 - 75 - 5.1 Grundlagen Zunächst betrachten wir den spezifischen Widerstand für das Volumen und die Oberfläche: Gegeben sei folgender Quader: An der Oberfläche besteht eine Leitfähigkeit, der man eine Oberflächenleitfähigkeit zuordnen kann und somit auch einen spezifischen Oberflächenwiderstand. Abb. 3.5-1: Skizze zur Verdeutlichung des Oberflächenwiderstandes und der Oberflächenleitfähigkeit R⋅A l ; [ ρ∗ ] = Ωm d l ; [ρ ] = Ω Volumen: ρ∗ = Oberfläche: ρ∗Ω = R Ω ∗ Ω (3.5-1) ; [κ ] = Ω Ω −1 (3.5-2) R Ω : Widerstand, der an der Oberfläche gemessen wird (Oberflächenanteil) ρ∗Ω : kann Vorzeichen wechseln, da es als "Differenzwert" zum Volumenverhalten definiert ist Die Fermi-Niveaus werden auf das gleiche Maß gebracht. (a) (b) (c) Abb. 3.5-2: a) Metall und Halbleiter ohne Kontakt b) Metall und Halbleiter miteinander verbunden c) Metall und Halbleiter miteinander verbunden, jedoch mit kürzerem Abstand Unterschiedliche Austrittsarbeiten für Metall und Halbleiter führen ebenfalls zur Ausbildung einer Potentialstufe. Werden beide Materialien an den "Rückseiten" leitend miteinander verbunden, fließen so lange Ladungsträger, bis sich die Fermienergien beider Materialien ausgeglichen haben. - 76 - Kapitel 3 5.2 Oberflächenzustände Eine Bandverbiegung kann auch die Folge von Oberflächenzuständen sein. Im folgenden sollen Oberflächenzustände bei einer MIS- oder MOS-Struktur betrachtet werden. Unter Oberflächenzuständen versteht man besetzbare Energieniveaus in der verbotenen Zone. Diese Zustände können wie Akzeptoren oder Donatoren wirken, d.h., sie können Elektronen einfangen oder abgeben. Oberflächenzustände entstehen durch den Gitter-abbruch an der Oberfläche (Tamm-Zustand), durch Verunreinigungen oder durch Gitterbaufehler. Zunächst sollen Oberflächenzustände bei einer Energie Wt eingeführt werden. χ = Elektronenaffinität Abb. 3.5-3: Bandverbiegung durch Oberflächenzustände a), c): Band unmittelbar nach Einbringen der Zustände (fiktiv); b), d): Band, nachdem Elektronen in die bzw. aus den Störstellen geflossen sind Die Einführung von Oberflächenzuständen bewirkt je nach relativer Lage zum Fermi-Niveau eine Generation von positiv bzw. negativ geladenen "Oberflächenplätzen", so daß eine Oberflächen-raumladung entsteht, die ihrerseits eine Bandverbiegung hervorruft. Oberflächenzustände sind in der Regel unerwünscht! Diese Bandverbiegung kann eine Änderung des Leitfähigkeitstyps auf der Oberfläche hervorrufen. Kapitel 3 - 77 - W 1 2 1 2 z=0 z Abb. 3.5-4: Bandverbiegung als Folge von Oberflächenzuständen [ ] definiert schematisch die energetische Lage der Oberflächenzustände Da die Oberflächenzustände mit der Bandverbiegung wandern, folgt: [1] Es befnden sich keine Elektronen in den Oberflächenzuständen, da die Zustände oberhalb des Ferminiveaus liegen. [2] Es sind alle Oberflächenzustände mit Elektronen besetzt, da sie sich komplett unterhalb der Fermienergie befinden. Oberflächenzustände können nur mit Elektronen besetzt sein, wenn sie sich unterhalb der Fermienergie befinden. Problem: Die Oberflächenzustände werden beim Überschreiten des Ferminiveaus umgeladen. Findet dieser Vorgang beim Schalten statt, verlangsamt sich der Schaltprozeß. Störende Oberflächenzustände entstehen beim Abbruch des Gitters, wenn Verbindungen mit fremden Atomen, Molekülen aus der Luft stattfinden. Ionisierende Strahlung (z. B. Röntgenstrahlung) führt ebenfalls zu unerwünschten Oberflächenzuständen. Kapitel 3 - 78 - Abb. 3.5-5: Beeinflussung des Metall-Halbleiter-Kontaktes durch Oberflächenzustände a) Metall- und Halbleiter getrennt, Halbleiter mit Oberflächenzuständen (Bandverbiegung) b) Metall und Halbleiter verbunden (Potential als Differenz der Fermi-Energien) c) Metall und Halbleiter verbunden, jedoch kurzer Abstand Die Bandverbiegung kann so weit gehen, daß an der Oberfläche der Leitfähigkeitstyp wechselt, d.h., daß bei einem n-Halbleiter an der Oberfläche p-Leitung auftritt. Dieses bezeichnet man als Inversion. a) b) W(x) W(x) Leitungsband Valenzband Valenzband x W <W L x V Abb. 3.5-6: Bandmodell für Metalle (T = 0) a) Einwertige Metalle, d. h., der Valenzzustand ist nur mit einem Elektron besetzt (ungerade Zahl). Das Valenzband ist halbvoll und ist gleichzeitig auch das Leitungsband. b) Der Übergang von dem Valenz- in das Leitungsband erfolgt ohne Energiegewinnung (nicht temperatur-abhängig). Es tritt sowohl als Elektronen- als auch als Löcherleitung auf. Dieses ist nur bei zweiwertigen Metallen möglich. Die obigen Betrachtungen für die Bandverläufe können analog übernommen werden für den Fall, daß der Abstand Metall-Halbleiter gegen Null geht. Der so entstandene Kontakt kann dann entweder ohmsche oder gleichrichtende Eigenschaften haben. Im ersten Fall liegt ein ohmscher Kontakt mit einer linearen U-IKennlinie und im zweiten ein Schottky-Kontakt mit einer nichtlinearen U-I-Kennlinie vor. - 79 - Kapitel 3 5.3 Austrittsarbeiten Erinnerung: Die Austrittsarbeit ist diejenige Arbeit, die ein Elektron verrichten muß, um vom Ferminiveau ins Vakuum zu gelangen. φ = WVakuum − WF n-Halbleiter: Ist die Austrittsarbeit des n-Halbleiters geringer als die des Metalls, so können mehr Elektronen von dem Halbleiter in das Metall gelangen als von dem Metall in den Halbleiter. Die Elektronen fließen so lange aus der HL-Oberfläche hinaus, bis die Fermi-Niveaus auf gleicher Höhe sind. Dieses hat eine negative Vorspan-nung des Metalls gegenüber dem Halbleiter zur Folge. Die Halbleiterrandzone ist somit an Elektronen verarmt. In diesem Gebiet dominieren die ortsfesten Donatorrümpfe. Somit hat sich an der Randzone eine Verarmungsschicht ausgebildet. Bildet sich eine Verarmungszone aus, so liegt ein Schottky-Kontakt vor (vgl. Abb.3.5-7). Ist die Austrittsarbeit des Halbleiters größer als die des Metalls, so können mehr Elektronen aus dem Metall in den Halbleiter gelangen als umgekehrt. Dies führt zu einer positiven Vorspannung des Metalls gegenüber dem Halbleiter. Die Randzone des n-Halbleiters wird also mit Elektronen angereichert, und es bildet sich eine Anreicherungsschicht aus. Die Ausbildung der Anreicherungsschicht bedeutet, daß sich ein ohmscher Kontakt gebildet hat (vgl. Abb. 3.5-9). p-Halbleiter: Ist die Austrittsarbeit des Halbleiters geringer als die des Metalls, so bildet sich in der Randzone des p-Halbleiters eine Anreicherungsschicht aus. Somit liegt ein ohm-scher Kontakt vor (vgl. Abb.3.5-9). Ist die Austrittsarbeit des Halbleiters größer als die des Metalls, dann bildet sich eine Verarmungszone aus, und es liegt ein Schottky-Kontakt vor (vgl. Abb. 3.5-8). Abb. 3.5-7: Metall-Halbleiter-Kontakt (n-HL) mit Metallaustrittsarbeit > HLAustrittsarbeit (Schottky-Kontakt) Kapitel 3 - 80 - p-Halbleiter Metall W W W L φ 2 W W W -W φ 2 W W φ 1 F A V B Abb. 3.5-8: Metall-Halbleiter-Kontakt (p-HL) mit Metallaustrittsarbeit < HLAustrittsarbeit (Schottky-Kontakt) Abb. 3.5-9: L W φ 1 Metall-Halbleiter-Kontakt als ohmscher Kontakt a) n-HL: Metallaustrittsarbeit < HL-Austrittsarbeit b) p-HL: Metallaustrittsarbeit > HL-Austrittsarbeit F V - 81 - Kapitel 3 Abb. 3.5-10: Metall-Halbleiter-Kontakt (n-HL) als Schottky-Kontakt mit Vorspannung a) U = 0 b) U < 0 c) U > 0 Der in Abb. 4.5-10 dargestellte Kontakt kann genauso als Oberflächenbauelement gesteuert werden wie eine MIS- bzw. MOS-Struktur (ähnlich FET). - 82 - 6. Volumenbauelement (Halbleiter-Halbleiter-Kontakt) 6.1 Grundlagen Kapitel 3 Der pn-Übergang Abb. 3.6-1: pn-Übergang An einem pn-Übergang stoßen n- und p-leitendes Material aufeinander. Aufgrund der unterschiedlichen Elektronen- und Löcherkonzentration liegt ein Konzentrationsunterschied vor, der einen Diffusionsstrom der freien Ladungsträger zur Folge hat. Die Löcher diffundieren ins n-Gebiet und die Elektronen in das p-Gebiet. Die einzelnen Randzonen sind an beweglichen Ladungsträgern verarmt. Dort befinden sich hauptsächlich nur noch die ortsfesten Donator- und Akzeptorrümpfe. Als Folge des Diffusionsstromes entstehen Raumladungen. Abb. 3.6-2: Verlauf der LöcherKonzentration an einem pn-Übergang Der Abfall der Minoritätsträgerkonzentration im n-Gebiet erfolgt ohne angelegte Spannung gemäß p( x) = p p ⋅ e − x Lp , wobei Lp: Diffusionslänge der Minoritätsträger im n-Gebiet Dieser Abfall wird näherungsweise durch das Kastenprofil der Raumladungen erfaßt. Es entsteht eine Raumladungszone, die praktisch frei von beweglichen Ladungsträgern ist (Verarmungszone). Kapitel 3 - 83 - a) p n + D N N ND NA A + ND + eN A + p+ d) E(x) b) ND NA n p ND NA n x p e) x Φ(x) c) ρ(x) x + x - Abb. 3.6-3: a) pn-Übergang allgemein b) Dotierungs- und Ladungsträgerkonzentration c) Raumladungsdichte d) elektrische Feldstärke e) Potential Kapitel 3 - 84 - 6.2 Bändermodell Raumladungszone RLZ a) + n Halbleiter N -N + ++ + ++ D Donatordicht N x D p A - - - - p Akzeptordichte N A ε x u U D x b) - qU - W W - Photon D W L F W _W hν > + g g + W V + RLZ Ln Lp W q(U - U) - W L D F n qU W + +++ W V c) Metall n - Halbleiter B qφ Abb. 3.6-4: Bändermodelle des pn-Überganges und des Schottky-Kontaktes - - W W L hν + F W hν g + RLZ + W V F p Kapitel 3 - 85 - p-Halbleiter x 2 x n-Halbleiter 1 W L U O Abb. 3.6-5: Bandmodell eines pn-Überganges + W W W Elektronen W W W L D - F F A V Löcher W V x 1 und x 2 bilden die Raumladungszone. Die Ausdehnung der Raumladungszone ist unterschied-lich. Sie ist von der Dotierung abhängig. Ist das n-Gebiet höher dotiert als das pGebiet, so ist die Ausdehnung der p-seitigen RLZ größer als die der n-seitigen. Man kann also sagen, daß sich die p- und die n-seitigen Ausdehnungen der Raumladungszonen umgekehrt wie ihre Dotierungen verhalten. - 86 - Abb. 3.6-6: Bandmodell eines pn-Übergangs im Gleichgewichtszustand (B), in Sperrichtung vorgespannt (A) und in Flußrichtung vorgespannt (C) Kapitel 3 Kapitel 3 - 87 - 6.3 Diodenkennlinie 10 -2 Flußrichtung I in A 10 -3 10 -4 __ eU I = I ( e kT - 1 ) O 10 -5 Sperrichtung 10 -6 10 -7 10 - 3 10 - 2 - 1 10 U in V 1 10 Abb. 3.6-7: Diodenkennlinie für den Fluß- und Sperrbereich 6.4 Beschreiben des pn-Überganges als Schichtgrenze Die Abhängigkeit der Raumladungszonenbreite von der Dotierung und dem Spannungs- bzw. Feldverlauf innerhalb der Raumladungszone ist bereits in den Grundlagen behandelt worden. Im folgenden wollen wir das Aneinanderfügen eines p-leitenden und eines n-leitenden Halbleiters betrachten. Kapitel 3 - 88 - Beispiele: 1) pn-Übergang: W W W W L L W F W F W W V V n - HL p - HL Abb. 3.6-8: p-HL und n-HL vor dem Zusammenbringen (beide Halbleiter sind gleich stark dotiert) Da die Fermi-Energien von p- und n-Halbleitern voneinander verschieden sind, finden beim Zusammenbringen der Grenzflächen Ausgleichsvorgänge statt. W p - HL n - HL W W L F W V x Abb. 3.6-9: p-HL und n-HL bilden einen pn-Übergang im Gleichgewichtszustand 2) Transistor: Kapitel 3 - 89 - W L W F W W W F p - HL V F p - HL n - HL W W L W W F V p n p x Abb. 3.6-10: p-n-p-Halbleiter vor und nach dem Zusammenbringen pn-Übergänge von Halbleitern mit unterschiedlichen Bandabständen Bisher sind wir davon ausgegangen, daß die Bandabstände der Halbleiter gleich groß sind. Nun betrachten wir pn-Übergänge von Halbleitern, die unterschiedliche Bandabstände besitzen. (Genaueres bei Mischhalbleitern) n - HL p - HL W L 1 W W L 2 W W G 1 W F 1 F 2 G 2 1 W V 2 W V 1 Abb. 3.6-11: p-HL und n-HL mit unterschiedlichen Bandabständen vor dem Zusammenbringen Kapitel 3 - 90 - a) p-Halbleiter und n-Halbleiter besitzen gleiche Elektronenaffinität Erinnerung: Die Elektronenaffinität ist diejenige Arbeit, die ein Elektron verrichten muß, um vom Leitungsband ins Vakuum zu gelangen. χ = WVakuum − WL W χ W >W G 1 G 2 e W ~ V a k χ Mit WL kontinuierlich: Spike-Barriere im Valenzband e W G 1 W L W W F G 2 W V Spike-Barriere n - Gebiet p - Gebiet Abb. 3.6-12: p-HL und n-HL mit unterschiedlichen Bandabständen und gleichen Elektronenaffinitäten nach dem Zusammenbringen b) p-Halbleiter und n-Halbleiter besitzen unterschiedliche Elektronenaffinität W W <W χ > χ G 1 G 2 e 1 χ e 2 e 1 W ~ V a k χ e 2 W W G 1 L W p - Gebiet W F G 2 W V n - Gebiet p-HL und n-HL mit unterschiedlichen Bandabständen und unterschiedlichen Elektronenaffinitäten nach dem Zusammen bringen Die entstandene Barriere wird Spike-Barriere genannt. Sie stellt eine "Grenze" für den Stromfluß dar und ist aufgrund ihrer Symmetrie als ohmsch anzusehen. Die Barriere ist nur Nanometer dick. Elektronen sind in der Lage durch die Barriere zu tunneln. Abb. 3.6-13: - Mit WV kontinuierlich: Spike-Barriere im Leitungsband Kapitel 3 - 91 - diskrete Niveaus quasi kontinuierlich Abb. 3.6-14: Spike-Barriere Erinnerung: Potentialtopfmodell mit diskreten Energieniveaus W ~ k2 k=± 2π n L Ist L sehr klein, folgt eine große Diskretisierung in bestimmte Energieniveaus. Die Breite des Topfes liegt in der Größenordnung des Platzbedarfes eines Elektrons. Folge: 2-dimensionale Bewegung des Elektrons (keine Bewegung in x-Richtung). Dieser Zustand wird mit zweidimensionalem Elektronengas bezeichnet. Womit kann eine Bauelementkonzipierung erfolgen? Wahl des Grundelementes: • unipolar Schottky-Diode, Feldeffekttransistor • bipolar pn-Übergang, Bipolartransistor Wahl des Halbleitertyps bezüglich W(k)-Verlauf: • direkt GaAs, InP, ZnSe • indirekt Si, Ge Wahl des Bandabstandes: • Wg ≤ 1 eV Si, Ge • Wg > 1 eV GaAs, InP, ZnS, Diamant (5,4 eV) Wahl der Elektronenaffinität bei pn-Übergängen • Wgp < Wgn und χep < χen : Spike-Barriere • Wgp > Wgn und χep > χen : Zusatzbarriere Wahl der Dotierung n+, n, i, p, p+ (zum Teil nicht immer möglich) - 92 - 7. Mischhalbleiter (ternäre Halbleiter) 7.1 Grundlagen Kapitel 3 Moderne Bauelemente nutzen sowohl Oberflächen bzw. Grenzschichteigenschaften (FET, Schottky-Kontakt) als auch Volumeneigenschaften (pn-Übergang) zur Erzielung besonderer Leistungsfähigkeit. Im folgenden seien zwei Beispiele genannt: 1. Optoelektronik: Laserdiode 2. Mikrowellenelektronik: zweidimensionales Elektronengas (2 DEG) und daraus folgend 2-DEG-FET-Strukturen Bei der Modellierung solcher Bauelemente nutzt man aus, daß sich folgende Größen (weitgehend) unabhängig voneinander einstellen lassen: • Bandabstand (Brechungsindex: großer Bandabstand = kleiner Brechungsindex) • Dotierung (Art und Dichte) • Austrittsarbeit Diese Maßnahmen sind möglich durch die Verwendung sogenannter ternärer Halbleiter. Ternäre Halbleiter sind Stoffe, in denen einer der beiden Komponenten teilweise durch ein Element der gleichen Gruppe ersetzt wird. Im folgenden beschränken wir uns auf die Betrachtung von III-V-Halbleitern. Bsp.: Ausgangsmaterial: GaAs ein ternäres Material hierzu: Ga x Al 1− x As x: Mischungsparameter 0 ≤ x ≤ 1 x = 0: AlAs x = 1: GaAs Mit dem Mischungsparameter ändert sich die chemische Zusammensetzung linear. Der Bandabstand ändert sich allerdings nur monoton und besteht aus Kurventeilen, die zu unterschiedlichen Übergängen gehören (direkter oder indirekter Bandübergang). Problem: Bei ternären Halbleitern ändert sich die Gitterkonstante mit dem Mischparameter → Gitterfehler an Grenzen von Schichtstrukturen, Verspannung von Schichten. Abhilfe: quaternäre Halbleiter, III-V-Halbleiter, bei denen sowohl die Kationen als auch die Anionen aus gemischten Spezies bestehen, z. B. Al x Ga 1− x As y P1− y , mit x = Mischparameter für Kationen und y = Mischparameter für Anionen. Kapitel 3 - 93 - Γ 0,8 0,6 0,4 3,4 indirekt X 1,8 Γ direkt 3,2 n 1,6 direkt 0,2 0 0 0,2 InAs 0,4 direkt 0,6 0,8 1,0 x GaAs 3,0 1 -x 1,4 0 GaAs 3 T=300 K GaAs P eV eV x 2,5 W= 2,251 g g Bandabstand W 2,0 Brechungsindex n (λ = 0,9 µm) g Bandabstand W 1,0 2,0 300 K eV 300 K 1,2 3,6 2,2 Energie Bandabstand W g eV 1,4 0,2 0,4 0,6 0,8 2,9 1,0 AlAs X = 1,0 0,85 0,65 2 0,4 X 0 Γ hν 1 W = 1,977 X = 0,45 X g Γ 0 1,5 W= direkt 1,424 indirekt g 0 0,2 GaAs 3,0 indirekt 0,4 0,6 0,8 Valenzband Γ x k 1,0 GaP Abb. 3.7-1: Abhängigkeit des Bandabstandes von der Zusammensetzung Erläuterungen zu Abb. 3.7-1: Für GaInAs kann man den dargestellten Verlauf als nahezu linear bezeichnen. Die Verläufe für GaAlAs und GaAsP weisen einen Knick auf. Dieses kann man dadurch erklären, daß der Übergang von direkt nach indirekt wechselt. Der direkte Bandübergang zeichnet sich dadurch aus, daß er unter Lichtaussendung abläuft. Bei dem indirekten Übergang ist dieses nicht möglich. Dieser Übergang geschieht unter Phononenbeteiligung. Ist der Mischungsparameter x = 0, so liegt GaAs vor, und der Übergang erfolgt direkt. Für x = 1 liegt GaP vor, das sich durch indirekten Übergang auszeichnet. Welcher Übergang beim jeweiligen Mischungsparameter stattfindet, kann in der obigen Abbildung abgelesen werden. Kapitel 3 - 94 - Das absolute Minimum des Leitungsbandes entscheidet über die Art des Überganges. Im Falle x = 0 liegt das linke Minimum unter dem rechten, im Falle von x = 1 liegt das rechte unter dem linken. Der Übergang von einem direkten zu einem indirekten Übergang liegt an der Stelle, an der beide Minima gleich hoch sind. Zusatzbetrachtung: Bringt man zwei Halbleiter unterschiedlicher Austrittsarbeiten, aber gleichen Bandabstandes in eine Halbleiter-Isolator-Halbleiter-Anordnung, so tritt ein Potentialverlauf gemäß folgender Skizze ein (qualitativ): W(z) Halbleiter Isolator Halbleiter W L W i W W F V W Bandverbiegung i z ohne Kontakt mit Kontakt nach Einstellen des thermodynamischen Gleichgewichts Abb. 3.7-2: Halbleiter-Isolator-Halbleiter-Anordnung Bringt man beide Halbleiter in direkten Kontakt zueinander (d. h. läßt man die Dicke des Isolators gegen null gehen), so ergibt sich eine Situation analog zum Feldeffekt und zum Schottky-Kontakt (einziger Unterschied: beidseitig). Kapitel 3 - 95 - W >W χ < χ W χ G 1 G 2 e 1 e 2 e 1 ~ W V a k W χ G 1 e 2 W G 2 n - Gebiet p - Gebiet Abb. 3.7-3: pn-Übergang mit Barriere Wird der pn-Übergang in Durchlaßrichtung vorgespannt, fließt ein Löcherstrom. Der Elektronenstrom bzw. Leckstrom ist sehr klein und vernachlässigbar, da die Barriere den Stromfluß behindert. Vereinfachte Darstellung: + W --- G 1 W - L W G 2 + W V Abb. 3.7-4: pn-Übergang mit Barriere in Durchlaßrichtung vorgespannt Die Fälle χ e1 = χ e 2 χ e1 ≠ χ e 2 WG1 > WG2 WG1 < WG2 wurden schon in Kapitel 6 (Halbleiter-Halbleiter-Kontakt) gebracht. 7.2 Heteroübergänge Im folgenden sollen Heteroübergänge betrachtet werden (siehe Abb. 3.7-5). Bild 3.7-5a zeigt zwei n-dotierte Halbleiter mit unterschiedlichen Bandabständen und Austrittsarbeiten. Nach dem Zusammenbringen der Halbleiter (Bild 3.7-5b) bildet sich eine Spike-Barriere, ähnlich wie beim pn-Übergang, aus. Es ist festzustellen, daß sich je nach relativer Lage des Bandabstandes und des Fermi-Niveaus (d. h., ob Übergang von größerem zu kleinerem Bandabstand erfolgt oder umgekehrt) zwei verschiedene Typen von Verläufen ergeben. Kapitel 3 - 96 - Funktionsweise eines Doppelhetero-Struktur-Lasers: a) b) W W v a k v a k q U = ∆W D χ W 1 1 W W W - - L 1 ∆W F χ 2 L χ 2 χ 2 1 ++ -W W W W L ∆W L 2 F L F W g 1 W ∆W ∆W +∆W~ ∆W W ∆W N "isotyp" n Ort x "Confirementschichten" aktive Schicht n N d) φ= ∆W+ ∆W L hν ∆W GaAlAs L W W GaAs GaAlAs ~ ∆W W W L g L F V + ∆W hν V V V V 1 c) W W g V V V 2 ∆W- ∆W F L + n "anisotyp" W p koharente Strahlung hν ~ ∆W + + + V N g n N: n-Halbleiter mit größerem Bandabstand n: n-Halbleiter mit kleinerem Bandabstand Brechzahl V Strahlungsdichte L n n A + + + p "elektrisches Confinement" d Hinweis: Bandsprung auf beiden Bändern (∆ W ; ∆ W ) qU la s 2 n =n 1 3 1 "optisches Confinement" Γ D Ort x Abb. 3.7-5 a, b, c, d: Energiebänderdiagramme von Heteroübergängen im thermischen Gleichgewicht Kapitel 3 - 97 - AlAs Ga Al As x 1 -x GaAs Ga Al As x 1 -x AlAs electrical confinement optical confinement Eigenschaften von Spike-Barrieren (für n-Halbleiter) Elektronen können die Spike-Barrieren entweder thermisch überwinden oder diese durchtunneln. Als Folge kann man feststellen, daß sich experimentell ein quasiohmsches Verhalten ergibt und die Gleichrichtung fehlt. In Bild 3.7-5c wird zusätzlich der Dotierungstyp verändert. Hier ist der Übergang von einem n-Gebiet mit einem kleineren Bandabstand zu einem p-Gebiet mit einem höheren Bandabstand dargestellt. Einen pn-Übergang, bei dem man gleichzeitig den Bandabstand und die Dotierung ändert, nennt man pn-Heteroübergang. In Bild 3.7-5d wird zu dem in c) betrachteten nP-Übergang noch ein N-Gebiet vorgeschaltet (Großbuchstaben kennzeichnen hier das Material mit dem höheren Bandabstand). Der hier dargestellte Verlauf gilt für eine angelegte Spannung in Flußrichtung. Dieses hat zur Folge, daß die ursprüngliche Barriere wegfällt. Die hier dargestellte Doppelheterostruktur wird bei Laserdioden verwendet. Die Elektronen werden durch ein Feld von - nach + beschleunigt und die Löcher entsprechend von + nach -. Die Elektronen werden an der Rückseite der GaAs-Schicht reflektiert, da sie die Potentialschwelle nicht überwinden können. Die Löcher können die GaAs-Mittelschicht in Gegenrichtung ebenfalls nicht verlassen, da sie die Potentialschwelle auch nicht überwin-den können. Die elektrische Struktur stellt eine Begrenzung für die Ladungsträger dar. Dieses bezeichnet man als Ladungsträger-Confinement. In dieser Struktur werden durch Injektion von Ladungsträgern in ein Confinement hohe Ladungsträgerdichten erzielt. Durch paarweise Rekombination wird Licht erzeugt. Wir hatten festgehalten, daß bei großem Bandabstand der Brechungsindex klein und bei kleinem Bandabstand groß ist. Daraus folgt, daß in der hier vorliegenden Struktur der Band abstand der GaAs-Schicht kleiner als der der umgebenden GaAlAs-Schichten ist. Somit ist der Brechungs-index der Mittelschicht größer als der der anderen. Die Medien am Rand sind also optisch dünner, und es tritt Totalreflektion bei dem Übergang von GaAs zu GaAlAs auf. Kapitel 3 - 98 - Den mittleren Bereich bezeichnet man als optisches Confinement (nur abhängig vom Bandabstand). Das Licht bleibt also in der Struktur erhalten. Bei dem Doppelheterostruktur-Laser, der in der optischen Nachrichtentechnik Anwendung findet, liegen Schicht -dicken von 100 - 200 nm vor. Man kann also damit Laser realisieren, die nur geringe elektrische Leistung benötigen. Die "Lichtdichten" sind besonders groß, wenn die Schicht sehr klein ist. Abb. 3.7-6: Darstellung in dreidimensionaler Form GaAlAs GaAlAs GaAs N 8. Schaltverhalten 8.1 Grundlagen p n Die Ein- und Ausschaltvorgänge sollen bei einer FET-Struktur betrachtet werden. S Abb. 3.8-1: Prinzipdarstellung einer FET-Struktur G D Kanal Kanallänge Die Kanallänge bestimmt das Frequenzverhalten. Ist der Kanal kurz, so handelt es sich um ein schnelles Bauelement. Im HF-Bereich gilt näherungsweise: 30 GHz 60 GHz ~ ~ Schaltzeit ~ Kanallänge 0,5 µm 0,2 µm Die Kanallänge ist eine rein geometrische Größe. Das Schaltverhalten wird jedoch neben der reinen Geometrie auch durch den Werkstoffparameter Beweglichkeit der freien Ladungsträger beeinflußt. Kapitel 3 - 99 - 8.2 Beweglichkeit 8.2.1 Grundlagen Zunächst betrachten wir einige grundlegende Herleitungen: → → → S = Sn + Sp Stromdichte: S n : Elektronenstrom Sp : Löcherstrom → → → → (3.8-1) S n = n ⋅ q n ⋅ b n ⋅ E ; q n = −e mit Sp = p ⋅ q p ⋅ b p ⋅ E ; q p = e (3.8-2) b: Beweglichkeit Die Elektronenbeweglichkeit b n ist eigentlich negativ. Der Einfachheit halber wird im weiteren gesetzt: bn = bn ⇒ ( ) ( S = e n bn + p bp E wobei gilt : bn = ) κ = e n bn + p bp = e τ ; m∗e e bp = e τ m∗p p 1 ρ (3.8-3) (3.8-4) κ: Leitfähigkeit τ : Relaxations- bzw. Rekombinationszeit der Majoritäts- bzw. Minoritätsträger Die Beweglichkeit b wird von allen Größen beeinflußt, die τ verändern, d. h. durch Stöße an Diskontinuitäten. Folgende Größen beeinflussen b: • Phononen: b Ph • Störstellen, z. B. Dotieratome ( N ST ): b St 3 b Ph ~ T − 3 2 T2 ; b St ~ N St Kapitel 3 - 100 - Die Gesamtheit der Beweglichkeit ist: 1 1 1 = + b bSt bPh also: (3.8-5) 3 3 1 − = a 1 N St T 2 + a 2 T 2 b (3.8-6) 10 Abb. 3.8-2: Temperaturabhängigkeit der Beweglichkeit b in m2 / Vs T -3/2 3.0 reines Material 1.0 0.3 30 40 50 60 80 100 Temperatur T in K 0.12 Abb. 3.8-3: Abhängigkeit der Beweglichkeit von Verunreinigungen b in m2/Vs 0.10 0.08 0.06 0.04 0.02 0 10 22 10 23 10 24 10 25 10 26 NSt in m -1 Um eine hohe Leitfähigkeit zu erhalten, wünscht man sich eine hohe Ladungsdichte und eine hohe Beweglichkeit. Diese Prozesse sind jedoch gegenläufig. Normalerweise führt eine hohe Konzentration von Dotieratomen zu einer niedrigen Beweglichkeit! Bei einer räumlichen Trennung von freien Ladungsträgern und den Störstellen (Dotieratome) entfällt der erste Term in Gleichung (4.8-6), und es ergibt sich eine hohe Beweglichkeit. Kapitel 3 - 101 - Verknüpfung der Beweglichkeit mit der Diffusionskonstanten D: Einstein-Beziehung Die folgenden Betrachtungen gelten nur für Elektronen. Sie sind analog für Löcher durchzuführen. Im thermodynamischen Gleichgewicht muß gelten, daß bei inhomogenen Halbleitern Feldströme und Diffusionsströme sich gegenseitig aufheben. Also: J E : Feldstromdichte ; J N : Diffusionsstromdichte J E = J N ; J E = κ E ; J N = −e D n e bn E = − e D dn dx (3.8-7) dn dx b E dn =− n n dx D (3.8-8) Integration von Gl. (3.8-8) muß liefern: n = C⋅e − eEx kT Grund: Durch das E-Feld wird über die Strecke x eine Energie e E x zugeführt: ⇒ dn eE =− n dx kT (3.8-9) Aus Gl. (3.8-8) und Gl. (3.8-9) folgt: eE b n E = kT D Also: Dn = kT b Diffusionskonstante für Elektronen e n (3.8-10) Elektronenbeweglichkeit b n : bn = e τ m∗e e (3.8-11) Die Elektronenbeweglichkeit kann beeinflußt werden durch Veränderung von τ e und durch Veränderung von m∗e . Kapitel 3 - 102 - 8.2.2 Beeinflussung der Beweglichkeit 8.2.2.1 Änderung der Relaxationszeit τ e τ e läßt sich maximieren durch eine räumliche Trennung von Dotieratomen und freien Ladungsträgern. Dies soll am Beispiel des HEMFET (high electron-mobility field effect transistor) näher betrachtet werden (s. Abb. 3.8-4a). Gate Source z=0 Oberfläche Abb. 3.8-4a: Schottkyverarmung ohmsch Schematischer Aufbau eines HEMFET ohmscher Kontakt x Schottky kontakt n Drain n -Kontaktdiffusion + + 2-DEG-Anreicherungskanal Heteroverarmungsschicht Schottkyverarmungsschicht + + + + ++ W + + +++ + + + + ---- - --+ W - - - -W --N =Ge ----- 2-D Elektronengas L Oberfläche W Anreicherungsschicht Heteroverarmungsschicht semiisolierendes Substrat F G D - W GaAs Substrat semiisolierend Kanal x V + N Ga Al As:Ge x = 0,65 - 0,8 x 1 - x n GaAs GateKontakt(Al) Abb. 3.8-4b: Energiebandstruktur eines HEMFET Durch die Heterostruktur werden zunächst im GaAlAs sehr viele Elektronen von den Donatoren ins Leitungsband freigesetzt. Von dort überwinden sie die Spike-Barriere entweder thermisch oder durch Tunneln. Sie gelangen dann in die sehr niedrig dotierte n-GaAs-Schicht, in der sie sich dann in einem dünnen Potentialtopf befinden. Die Dicke des Potentialtopfes ist kleiner als die Elektronenwellenlänge (deswegen: 2DEG-Bauelemente). Kapitel 3 - 103 - Hier kann man davon ausgehen, daß praktisch keine Störstellen vorhanden sind und die Beweg-lichkeit somit hoch ist. Wegen der geringen räumlichen Ausdehnung des Potentialtopfes kommt es zu einer diskreten Quantelung der Elektronenzustände. Dieses hat ebenfalls eine höhere Be-weglichkeit zur Folge. Grund: Wir haben anfangs folgende Formel hergeleitet: (vgl. 2.2-1) 2π k=n L Damals hatten wir einen endlichen Potentialtopf mit einer Dicke von L>mm betrachtet. Die k-Werte ordneten sich quasikontinuierlich an. Bei der jetzigen Betrachtung liegt die Dicke in der Größenordnung von L=nm. Nun existieren nur noch wenige Werte, die von den Elektronen besetzt werden können. Im normalen Halbleiter bestimmt die Zahl der Stöße mit den Störstellen und Phononen die Be-weglichkeit. Mit abnehmendem Abstand der Elektroden bzw. mit abnehmender Schichtdicke nimmt die Zahl der Stöße relativ ab, so daß die Beweglichkeit zunimmt und somit auch die effektive Geschwindigkeit der Ladungsträger. Sie erreicht ein Maximum für eine Dicke, die gerade klein genug ist, damit kein Stoß mehr eintritt. Dieses bezeichnet man als ballistischen Transport. Dieser nimmt danach wieder ab, da dann die Störungen der Grenzschicht (durch fehlangepaßte Gitter) entscheidend werden. b) a) ballistisch 2,1 eV 300K 15kV/cm GaAs InP Energie Geschwindigkeit v D cm/s 4,0 2,0 Stöße überwiegen Si 0 0 0,1 0,5 1,0 Abstand 1,5 µm 2,0 1,9 1,7 1,5 0 10 20 30 Abstand 40 50 nm 60 Abb. 3.8-5: Mikrostruktureffekte und Abhängigkeit Wg von der Schichtdicke Dieser ballistische Effekt tritt bei GaAs bereits bei Abständen von 0,2 µm auf, während bei Silizium dieses erst für << 0,1 µm der Fall ist. Eine Schichtbegrenzung stellt immer eine Störung dar. Daher dürfen Schichtdicken auch nicht zu dünn werden, da dann die Grenzschicht wie eine eigene Schicht wirkt. Durch die beschriebenen Methoden (Trennung von Ladungsträgern und Störstellen, dünne Schichten, 2DEG) können heute Beweglichkeiten in GaAs (und auch in InP) in der Größen ordnung 10 6 cm 2 / Vs erzielt werden. Der normale Wert für Elektronenbeweglichkeit in intrinsischem GaAs bei T=300 K liegt in der Größenordnung von 8000cm² / Vs und kann bei dotiertem bis 5000 cm² / Vs zurückgehen. Als Folge daraus lassen sich Bauelemente mit Schaltzeiten von wenigen Pikosekunden herstellen. Weitere Verbesserungen von Bauelementen, mit dem Ziel eine höhere Beweglichkeit zu erhalten, lassen sich durch Übergitter erreichen. Kapitel 3 - 104 - b) a) GaAlAs GaAs GaAlAs GaAlAs GaAs GaAlAs GaAs GaAlAs GaAs n i n i i GaAs GaAs ++ V - - - ++ ++ W effektiv Potentialwall - - - Elektron + + + + - - - + + Donatorstrom G 1,72eV W 1,42eV L G W W W effektiv Leitungsminibänder Valenzminibändet Ort x Abb. 3.8-6: Energiebandstrukturen von Übergittern 8.2.2.2 Veränderung der effektiven Massen me ∗ Problem: Bei hohen Feldstärken fällt die anfangs hohe Beweglichkeit der Elektronen in GaAs wieder ab. Dies gilt auch für andere Materialien, hier jedoch speziell. cm/s 4 GaAs GaAs ballistisch Elektronengeschwindigkeit in Abhängigkeit des elektrischen Feldes Geschwindigkeit vD Abb. 3.8-7: T=300 K 3 Ga0.47In0.53As InP GaAs 2 1 Ge Si 0 0 5 10 15 kV/cm 20 elektrisches Feld E Grund für die Abnahme der Beweglichkeit: Die experimentell bestimmte Beweglichkeit und die damit verbundene Elektronengeschwindig-keit ist ein Integralwert aus den Elektronen, die sich im Hauptminimum des Leitungsbandes (k=0) und im Nebenminimum (k≠0) befinden. W F Kapitel 3 - 105 - W(k) LB Hauptminimum Nebenminimum VB k Abb. 3.8-8: W(k)-Verlauf 9. Als Folge des Feldes kann sich der k-Wert ändern. Dieses führt dazu, daß immer mehr Elektronen ins Nebenminimum gelangen und sich so andere effektive Massen ergeben. Bei niedrigen Feldstärken befinden sich die meisten Elektronen im Hauptminimum. Bei hohen Feldstärken haben alle Elektronen einen Impuls durch das Feld bekommen, so daß sie sich im Nebenminimum befinden. Da die Krümmung des Bandes an den beiden Minima unterschiedlich ist, resultieren demzufolge unterschiedliche effektive Massen me*. Probleme bei der praktischen Realisierung von Heterostrukturen Bsp.: Ga x Al 1− x As x: Mischungsparameter Das wesentliche Problem ist, daß bei diesen ternären Halbleitern die Gitteranpas-sung nicht mehr gewährleistet ist. Dieses soll an einigen Beispielen verdeutlicht werden. Beispiel 1: GaAs: Gitterkonstante 0,565 nm AlAs: Gitterkonstante 0,566 nm d. h.: Dieses System ist sehr günstig, da die Al-Anteile verändert werden können, ohne die Gitterstruktur stark zu beeinflussen (Gitterkonstanten unterscheiden sich nur in 3. Stelle hinter dem Komma). Dennoch kann selbst diese geringe Unterschei-dung der Gitterkonstanten schon zu Problemen führen. Beispiel 2: GaAs: Gitterkonstante 0,565 nm GaP: Gitterkonstante 0,545 nm d. h.: Diese Anpassung ist nicht so gut ausgelegt. Hier liegt eine Fehlanpassung vor. Fehlanpassungen führen zu Gitterfehlern innerhalb der Grenzschicht und dann auch in den Epitaxieschichten selber. Dieses hat negative Auswirkungen auf die Leitfähigkeit bzw. die Beweglichkeiten und auch auf das optoelektrische Verhalten, da niedrige Anteile an strahlender Rekombination eintreten können. Solange eine Fehlanpassung vorliegt, bilden sich Gitterfehler aus, die von Verspannungen und Versetzungen bis zu einer geringfügigen Amorphisierung reichen können. Diese Fehler kann man vermeiden. Abhilfe 1: (nur teilweise) Verwendung von Übergittern zur "Abschottung" von Kristalldefekten aus Substrat und zur stufenweisen Verbesserung der Schichtanpassung mit zunehmender Zahl an Schichten. Bei der Verwendung von Übergittern wachsen bei schichtweisem Aufwachsen die Gitterkonstanten immer passender aufeinander. Daher ergibt sich ein angepaßtes Gitter. Kapitel 3 - 106 - 10 nm Ga0.4Al0.6As 3,4 nm GaAs GaAlAs b) c) WL abrupt GaAs graduiert W a) Übergitter Anpassungsschicht a1 d) graduiert GaAlAs Substrat GaAl1-xAsx x=0 1 GaAs a2 Abb. 3.9-1: Übergitter Abhilfe 2: Einsatz quaternärer Materialien, da hierdurch der Bandabstand bei gleichzeitiger Fixierung der Gitterkonstanten verändert werden kann. Kapitel 3 - 107 - Ga x In 1− x As y P1−y Beispiel: (GaIn / AsP) = III-V-HL Durch Mischen kann jede beliebige Kombination von Bandabstand und Gitterkonstante eingestellt werden. Halbleiter Elemente: Si Ge Verbindungen IV-IV: α-SiC III-V: AlP GaP InP AlAs AlSb GaAs InAs GaSb InSb II-VI: CdS Wg λg Beweglichkeit cm2V-1s-1 eV µm bn 2) indirekt indirekt 1,11 0,67 1,11 1,85 indirekt 2,8 bis 3,2 0,44 bis 0,39 indirekt indirekt direkt indirekt indirekt direkt direkt direkt direkt direkt 2,45 2,26 1,34 2,16 1,62 1,43 0,36 0,73 0,18 2,42 0,51 0,55 0,92 0,57 0,75 0,87 3,44 1,70 6,88 0,51 Bandübergang Brechzahl bp 2) 1350 3900 480 3,45 1900 4,0 0,543 0,565 100 2,63 2,63 a: 0,308 80 150 4500 280 200 8000 22600 2000 105 350 direkt 3,66 0,34 140 β-ZnS CdTe direkt 1,5 0,83 1000 IV-VI: PbS direkt 0,41 3,02 610 1) Die Datenangaben beziehen sich auf verschiedene Literaturquellen 2) b (b ) Beweglichkeit der Elektronen (Löcher) n p 120 150 ≈100 330 400 200 800 1700 15 3,2 3,36 3,4 3,1 3,4 3,6 3,5 3,9 3,9 2,5 5 2,4 80 2,8 620 3,7 Tab. 3.9-1: Halbleitermaterialien mit den wichtigsten Eigenschaften Erläuterungen zu obiger Tabelle (3.9-1): indirekte Übergänge: nichtstrahlende Übergänge direkter Übergang: strahlender Übergang E g : Bandabstand λ g : zum Bandabstand gehörende Wellenlänge a, c stehen für hexagonale Gitter Kristallgitterkonstante nm c: 1,511 0,545 0,545 0,587 0,566 0,614 0,565 0,606 0,609 0,648 a: 0,414 c: 0,671 0,542 0,648 0,593 - 108 - Kapitel 3 10. Herstellung von dünnen Schichten 10.1 Grundlagen Zur Erzielung der oben besprochenen Eigenschaften müssen die zu erzeugenden Schichten - extrem dünn (bis hin zu wenigen Monolagen), - extrem scharfkantig (Grenzschicht sollte nur eine Monolage bei abrupten Übergängen betragen), - extrem fehlerfrei und vor allem einkristallin sein. Probleme bei quaternären Systemen: 1) Präzises Einstellen der Mischparameter, 2) Präzise Dotierung (1-10 ppm), 3) Präzise Lokalisierung, 4) a) Möglichst schnelle Entwicklungsphase, b) Möglichst billige Massenproduktion. Dies ist mit der normalen Halbleitertechnologie nicht mehr zu erreichen. Hierzu gibt es drei neue Methoden zur Schichtherstellung. 10.2 Methoden zur Schichtherstellung: - Molekularstrahlepitaxie (molecular beam epitaxy: MBE) (Epitaxie = Schichtwachstum unter der Einhaltung der Gitterstruktur des Substrats) Es sind folgende Voraussetzungen zu erfüllen: - Gallium muß verdampfbar sein. - In der Apparatur dürfen sich keine Gasmoleküle mehr befinden,es muß also Ultrahochvakuum (UHV) herrschen Zur UHV: Das geforderte Vakuum wird mittels Ionenpumpen (Elektronen ionisieren Atome, die in geeignetem Material absorbiert werden (z.B. Titan als Gettermaterial)) oder Turbopumpen erzeugt. In Schiffchen werden die Einzelelemente meist über Elektronenstrahlen verdampft und schlagen sich dann auf dem ca. 50 cm entfernten Substrat nieder. Durch Heizleistungen der einzelnen Elektronen wird die Stöchiometrie (chemische Zusammen-setzung) gesteuert. Kapitel 3 - 109 Substrat Heizplatte Kristallisationszone des Substrates Mischzone der Einzelteilchen Generationszone des Molekularstrahles individueller Shutter Dotierungsmaterial B Dotierungsmaterial A Emissionszelle Abb. 3.10-1: Verdeutlichung der MBE Vorteil: extrem gute Steuerbarkeit - Metallorganische Gasphaseneopitaxie (metal organic vapor phase epitaxy: MOVPE) Zur schnellen Produktion wird ein halboffenes System gefordert. Es dürfen keine Vakuumbedingungen mehr bestehen, d.h. es muß ein Schutzgas eingesetzt werden. Metallorganische Verbindungen werden in einem Trägergas (z. B. H 2 ) über die Substratoberfläche geleitet und zersetzen sich, wobei sich die organischen Anteile verflüchtigen und der Metallanteil sich abscheidet. Den Gastransport für Elemente der III-Hauptgruppe übernehmen Trimethylverbindungen, wie z.B. Trimethylgallium ((TMG) Ga(CH3)3 ). Ga( CH 3 ) 3 + AsH 3 → GaAs + 3 CH 4 Der Gastransport für V-Hauptgruppe geschieht über H3-Verbindungen (z.B. Arsin (AsH3)und Phosphin (PH3)) Vorteil: Nachteil: hohe Reinheit der Schichten und gute Schichtgrenzen hohes Produktionsrisiko, da diese Verbindungen extrem giftig sind - MOMBE (metal organic molecular beam epitaxy) Die Vorteile der beiden oben genannten Verfahren werden in diesem Verfahren vereinigt.Hier werden die metallorganischen Verbindungen innerhalb einer MBE als Materialquellen genutzt. _______ MOVPE Glasrohr bzw. Quarzrohr Schutzoxid Schutzgas: hochreiner Wasserstoff (H ) Substrate 2 Graphitboot Kapitel 3 - 110 - 10.3 Maßnahmen zur Bauelementherstellung Die senkrecht zur Oberfläche möglichen Maßnahmen sind: • Dotieren Z.B. Einschießen von Ionen einer bestimmten Sorte, wie B+-Ionen in Silizium zur p-Dotierung • Ätzen, also einen Materialabtrag vornehmen (z.B. durch zur Oberfläche streifenden Einschuß von Ionen, die dann Substratatome herausschlagen). • Schichten aufwachsen → Einfache Aufdampfschichten durch z.B. Metallisierung oder Oxide. → Epitaxieschichten mit gewünschten Bandabständen und Dotierungen. x B Dotieren durch Ionenimplantation + - O 2 Si Ge Ge y p-dotiert z Abtragen bzw. Auftragen z: Vertikalstrukturierung (x-y)-Ebene: Lateralstrukturierung Ausgangssubstrat HL Es ist eine laterale Strukturierung des Bauelementes nötig. Metallbahn P2 P1 hochdotierter Bereich Beispiel: Die laterale Strukturierung hat ein Grundschema: Beispiel einer Lateralstrukturierung: "Ein Prozeßschritt": 1.) Es sei der Prozeßschritt i beendet. 2.) Das Substrat ist mit Lack beschichtet, der strahlungsempfindlich ist. (die Beschichtung ist sehr gleichmäßig durch Auftrag eines flüssigen Lackes in Zentrifugen. Die Wahl der Lackdicke kann hier wichtig werden!) Kapitel 3 - 111 - 3.) Belichtung des Lackes an den Stellen, an denen der Prozeßschritt stattfinden soll. Blende HL belichteter Bereich 4.) "Entwicklung" des Lackes in einem geeigneten Lösungmittel führt zum Ablösen an der belichteten Stelle (da dort veränderte chemische Struktur des Lackes) 5.) Durchführen der gewünschten Maßnahme, z.B. Aufwachsen einer Metallschicht. Al Al Al Al-Schicht 6.) Ablösen des übrigen Lackes (mit einem anderen Lösungsmittel) Al-Schicht 10.4 Belichtungstechniken oder Lithographie Verfahren Probleme: - Eine schnelle Entwicklung ist widersprüchlich zur Massenproduktion - Der Trend geht zu immer kleineren Dimensionen (neue Technologie besitzt Flankensteilheiten von 0,1 µm (konventionell: 2 µm). Die Flankensteilheit entscheidet die Wahl der bei der Lithographie verwendeten Strahlung. - Licht (→UV,wegen kürzerer Wellenlänge) : λ ≈1 -0,3 µm - Röntgenstrahlung : λ ≈ 0,01 - 0,001 µm (typisch: 0,01 µm) - hochenergetische Elektronenstrahlen mit λ ≈ λRöntgen Kapitel 3 - 112 - Wahl des Verfahrens: • Belichtung durch Masken (Blenden) hindurch (vergleichbar Diaprojektion (s/w)). Hierbei handelt es sich um einen sehr schnellen Prozeß, jedoch ist die Herstellung der Masken sehr aufwendig, d.h. die Entwicklungszeiten für die Masken ist lang. • Direktschreiben mit fokussierender Strahlung (z.B. Laser-Scanner oder Elektronenstrahl).Dieses Verfahren ist sehr flexibel, da keine Masken nötig sind. Es liegt reine Softwaresteuerung vor. Nachteil: Der Schreibprozeß ist extrem langsam. 10.5 Belichtungsverfahren 10.5.1 Belichtung mit Masken "paralleles Licht" Maske Maske Probe Welligkeit der Probe Eine Auflösung von 5000 Linienpaaren/mm gilt als normal. Ein Problem bei diesem Verfahren ist die Welligkeit der Probe. Durch die Welligkeit kommt es zu einer geringen Schärfentiefe. Daher muß die Welligkeit kleiner als die Schärfentiefe sein: Welligkeit < 0,2 µm, damit auch kleinste Strukturen von 0,2 µm erreicht werden können. 10.5.2 Direktbelichtung mit fokussierender Strahlung Zeilenweises belichten (10 ....10 ) - e 5 6 Strahlschalter zum Strahlschalter Linsen 5V x-y-Adressierung hohe Schärfentiefe (Welligkeit kein Problem) Strahldurchmesser ~ 5 nm Bei diesem Verfahren ist eine Zeitersparnis durch variablen Fokus möglich: Bei quadratischen Strukturen kann mit einem größeren Strahldurchmesser und höherer Intensität geschrieben werden. Dies führt zu einer deutlich höheren Schreibgeschwindigkeit. Kapitel 3 - 113 - Zum Testen von Bauelementen wird ein ähnliches Verfahren angewendet: CAD e-beam Litho Rechner e-beam Tester U(r,t) Bauelement Mit den oben genannten Verfahren liegt die "Design-Redesign-Phase in der Größenordnung von Tagen. Vorteil: Reine Softwaresteuerung Nachteil: Hohe Kosten in der Größenordnung von ca. 20 Mio. DM Dieses System ist optimal geeignet zur Entwicklung von Bauelementen, jedoch ungeeignet für die Massenproduktion, da die Belichtungszeit im Bereich von Minuten (Stunden) liegt. Ausweg: Belichtung mit Röntgenstrahlen Vorteile: hohe Schärfentiefe, hohe Ortsauflösung. Probleme: Masken für Röntgenstrahlung. Die Herstellung der Masken erfolgt mit der Elektronenstrahlbelichtung. Aufbau einer Röntgenmaske: Röntgenmaske hohe Ordnungszahl z (z.B. Au) Si N (kleine Ordnungszahl, damit transparent) 3 4 Siliziumnitrit besitzt hohe Festigkeit und Maßhaltigkeit Die Herstellung der Röntgenstrahlung geschieht entweder mit Röntgenröhren oder Speicherringen (Synchrotron). Im zweiten Fall findet die Produktion entweder an bestehenden Speicherringen statt, oder es werden kleine Synchrotrone (Durchmesser: 8m) verwendet. Mit der Röntgenstrahlbelichtung sind bestenfalls Strukturen bis 0,15 µm realisierbar. Strukturierung im unteren Nanometerbereich: Elektronenstrahlbelichtung mit höherer Schreibgeschwindigkeit. Um die Belichtungszeit zu verkürzen, werden mehrere Elektronenkanonen verwendet. Kapitel 4 - 114 - Kapitel IV Isolatoren 1. Eigenschaften von Isolatoren Isolatoren werden aufgrund ihrer Eigenschaften eingesetzt 1. zur Isolation elektrischer Signale (z. B. in Kabeln). Hier sind ein hoher elektrischer Widerstand und eine niedrige relative Permittivität (= Dielektrizitätszahl) notwendig. 2. zur Realisierung von Kondensatoren. Hier werden eine hohe Durchschlagsfestigkeit und eine hohe relative Permittivität benötigt (Verwendung von Bariumtitanat und Strontiumtitanat). 3. zur Herstellung von Passivierungsschichten. Hier werden eine niedrige relative Permittivität (aufgrund der Feldveränderung an der Oberfläche) und eine hohe mechanische Festigkeit gefordert. Die Passivierungsschicht sollte möglichst den gleichen Wärmeausdehnungskoeffizienten besitzen wie das Bauelement, um ein Abplatzen der Schicht bei Erwärmung zu verhindern. (Gute thermische Leitfähigkeit ist bei Bauelementen mit einem hohen Energieumsatz von Bedeutung.) Passivierungsschichten werden als mechanische Schutzvorrichtung verwendet. Sie nehmen jedoch auch auf die elektrischen Eigenschaften Einfluß. 4. Als elektromechanische Wandler Alle Dielektrika zeigen elektromechanische Effekte. Mechanische Änderungen lassen sich in elektrische Signale umwandeln. Der umgekehrte Prozeß ist ebenfalls möglich (Sensor-Aktor).Im niederfrequenten Bereich Anwendung z.B. als Waage, im hochfrequenten Bereich als Ultraschallmikroskop (ca. 2 Ghz) oder als Konvolver zur Lösung von Faltungsintegralen mit 3-4 GHz. Ein weiteres Anwendungsgebiet liegt im Bereich der akustischen Sensoren und Aktoren. In allen drei Fällen ist die genaue Kenntnis dielektrischer Eigenschaften der Isolatorenwichtig, d. h. das Verhalten der Permittivität als Funktion der übrigen Systemgrößen (z. B. Feldstärke oder Frequenz). 2. Dielektrisches Verhalten Unter dielektrischem Verhalten versteht man die Abhängigkeit der dielektrischen → → Verschiebungsdichte D von der elektrischen Feldstärke E . Alle Stoffe, in denen eine von Null verschiedene elektrische Feldstärke existiert, zeigen ein dielektrisches Verhalten. Kapitel 4 - 115 → → Die allgemeine Beziehung D = f D ( E) hängt in ihrer Struktur von den Materialeigenschaften ab und kann sehr unterschiedlich ausfallen. Man kann folgende prinzipielle Unterschiede feststellen: → → D( E) -Proportionalität → → → D = ε E = ε 0ε r E ε 0 : Permittivität des Vakuums ε 0 = 8,8542 ⋅ 10 −12 As( Vm) −1 ε r : relative Permittivität (Materialgröße) Diese Beziehung gilt nur für homogene isotrope oder kubische hysteresefreie Werkstoffe. ε r ist dabei ein reeller Skalar. - nichtlineare Beziehung (beispielsweise bei starken Feldern möglich, z. B. D ~ E 2 , wird jedoch nicht in der Vorlesung behandelt) - Bei nichtkubischen Kristallen ist ε r richtungsabhängig und wird zum zweistufigen Tensor (symmetrische Matrix), d. h. → ↔ → D = εr ε0 E Dies gilt wiederum nur für homogene und hysteresefreie Werkstoffe. → → Daraus folgt, daß D nicht mehr notwendig parallel zu E sein muß (der Winkel kann sogar bis zu 90° betragen). Für diesen Fall ist immer noch eine eindeutige lineare Beziehung gegeben. - hysteresebehaftete Werkstoffe → → D ≠ f ( E) Diese Beziehung gilt für alle hysteresebehafteten Dielektrika, gleichgültig, ob das Material kubisch, homogen oder inhomogen ist. Eine eindeutige Definition eines ε r ist dann nicht mehr möglich! Z.B. bei : Ferro-Elektrika und Ferri-Elektrika. → Für bestimmte Fälle kann näherungsweise ein ε r ( E) -Verlauf angegeben werden (z. B. bei Voll- oder Kleinsignalaussteuerung einer Hystereseschleife). Kapitel 4 - 116 - Abb. 4.2-1: Hystereseschleife eines Ferroelektrikums → → In allen Fällen ist der D( E) -Verlauf bei Hystereschleifen prinzipiell von der Materialtemperatur abhängig. 3. Beschreibung hysteresefreier homogener Materialien 3.1 Grundbegriffe → ↔→ ↔ → D = ε E = ε0 εr E (4.3-1) Für kubische - folglich isotrope - Materialien gilt: ↔ εr → εr [D] = Asm −2 → → → → D = ε 0ε r E → → DE → D = ε 0 E+ P [E] = Vm −1 (4.3-2) [P] = Asm −2 [ε 0 ] = As( Vm) −1 → → → Dabei kennzeichnet ε 0 E den Vakuumanteil der Verschiebungsdichte D und P den materialspezifischen Polarisationsteil. Veranschaulichen kann man das Ausrichten von Dipolen besonders leicht am Beispiel eines Plattenkondensators. In Abb. 3.3-1 fällt auf, daß die Ladungen auf den Kondensatorplatten, bezogen auf die Plattenfläche, äquivalent zu den Dipolen, bezogen auf das Kondensatorvolumen, sind. Es gilt allgemein: Ladungen äquivalent Dipole ← → Fläche Volumen Kapitel 4 - 117 - P + + + + + + + + + Minuspol (Metall) E + , + + + : Dipole : Ladungen + Pluspol (Metall) Abb. 4.3-1: Verdeutlichung am Beispiel eines Kondensators Bei der Polarisation eines Werkstoffes werden im ganzen Volumen die positiven und negativen gebundenen Ladungen (dies können positive oder negative Ionen sein und / oder positive Kerne und negative Elektronenhüllen) zueinander verschoben. Weiterhin werden, falls vorhanden, schon existierende Dipole in Feldrichtung ausgerichtet. Ziel ist es, ein Maß zu finden, das den Polarisationseinfluß des Materials beschreibt. → → D~E fo lg t → → P~E → ↔ → ↔→ ↔ → P = ε 0 (ε r − 1 ) E aus Gleichung 4.3-2 folgt: (4.3-3) oder P = ε0 χ E mit χe = εr − 1 = 1 P ε0 E (4.3-4) χ e : elektrische Suszeptibilität Die elektrische Suszeptibilität ist ein Maß für die Polarisation, die bei einem bestimmten elektrischen Feld im Material auftritt. ↔ ↔ χ e : In allen kubischen Gittertypen ist χ e = χ e ein Skalar, ebenso in amorphen Materialien und näherungsweise texturfreien Vielkristallen. Kapitel 4 - 118 - Für eine einzige Dipolsorte gilt: → → P= Np N: Zahl der Dipole pro Volumeneinheit (4.3-5) → p : Dipolmoment → p entsteht im allgemeinen aus mehreren Ladungen. → M → pi = ∑q j r j=1 j = 1, . . . . . , M bei M-Ladungen (4.3-6) Beispiel: M=2 q 1 = 1e q 2 = 1e r j = r1 = r2 → → → p = q 1 r1 + q 2 r2 Liegen mehrere Dipole vor, dann gilt allgemein: → z → P = ∑ N i pi i = 1, ......, Z i =1 (4.3-7) Z : Zahl der Dipolarten → P : makroskopisch definierte Polarisation → p i : mikroskopisch vorliegende Dipolmomente → Bei Orientierungspolarisation wird unter P die feldbedingte Änderung der Lage des bereits vorhandenen Dipols verstanden. - 119 - Kapitel 4 Abb. 4.3-2: Skizze zur Verdeutlichung Abb. 4.3-3: In Volumen induzierte Dipole Dipole können innerhalb eines Volumens induziert werden oder sie sind bereits vorhanden, wie es z.B. bei Wasser der Fall ist. Die Wassermoleküle sind nicht einheitlich ausgerichtet, sondern in alle Richtungen verteilt. Eine Vektoraddition führt zu null. Legt man jedoch ein Feld an, so richten sich die Dipole aus und man erhält bei der Addition ein Dipolmoment. Bei GaAs und NaCl werden Dipole insofern induziert, als sich die negativen Ionen der Anode und die positiven der Kathode versuchen anzunähern. Abb. 4.3-4: Ein Atom stellt keinen permanenten Dipol dar, da entweder die Schwerpunkte der posi tiven und negativen Ladungen ineinanderfallen (bei symmetrischer Elektronenhülle) oder aber die Schwerpunktslage der Elektronenhülle im zeitlichen Mittel mit der Kernposition übereinstimmt (bei nichtsymmetrischer Hülle). Durch Anlegen eines Feldes kommt es jedoch zu einer Verschiebung, was zu einem "atomaren Dipol" führt. - 120 - 3.2 Kapitel 4 Frequenzspektrum Man unterscheidet drei mögliche Polarisationsmechanismen: 1. Elektronenpolarisation: Polarisation des Atoms (Verschiebung Hülle - Kern), gilt auch für Ionen 2. Ionenpolarisation: Polarisation von Ionen zueinander 3. Orientierungspolarisation: Drehung existierender elektrischer Dipole Bei der Elektronen- und Ionenpolarisation werden Dipole induziert, wohingegen bei der Orientierungspolarisation Dipole ausgerichtet werden. Die Elektronenpolarisation tritt bis zu höchsten Frequenzen auf. Die Orientierungs polarisation hingegen tritt nur bei niedrigeren Frequenzen auf (Wassermolekül z.B. kann nicht beliebigen Frequenzen folgen, da es zu träge ist). Elektronen- und Ionenpolarisation sind ein Resonanzeffekt, die Orientierungspolarisation hingegen stellt eine Relaxation dar. Relaxation: Resonanz: Sie tritt ein, wenn Dipole auch schon ohne Feld vorhanden waren und beschreibt das Nachhinken des Polarisationsvorganges hinter dem angelegten Feld. Sie tritt ein, wenn Dipole erst durch ein Feld erzeugt werden müssen. Der Abstand der Ladungen verändert sich mit dem angelegten elektrischen Feld. Abb. 4.3-5: Resonanz und Relaxation In einem Festkörper tritt die Elektronenpolarisation immer additiv zu den anderen Polarisationsmechanismen auf. Im ganz allgemeinen Fall, d.h., daß alle drei Mechanismen gleichzeitig auftreten, ergibt sich schematisch folgende Situation: Kapitel 4 - 121 - Abb. 4.3-6: Prinzipieller Verlauf der drei möglichen Polarisierungsanteile ε r∞ = 1 = Vakuum Alle drei Mechanismen sind voneinander unabhängig und addieren sich linear. Dieses Prinzipbild wird bei unterschiedlichen Dipolen, Ionen und Atomen komplizierter, da dann auch noch weitere ωOr , ωI und ωe auftreten. 3.3 Dipolmoment und Polarisation Betrachtung der Dipolmomente: → M → pi = ∑q j r (vgl. 4.3-6) j=1 Im einfachsten Fall gilt: → → p i = q j rj Dieses Dipolmoment ist mit dem elektrischen Feld verknüpft über die Polarisierbarkeit. → ↔ → p i = α i ⋅ E loc ,i → E loc : lokales E-Feld (4.3-8) ↔ α i : Polarisierbarkeit Für nicht zu starke Felder ist das induzierte Dipolmoment proportional dem lokalen → elektrischen Feld E loc am Ort des Dipols (d.h. z.B. des polarisierten Atoms). Dieses Feld → → E loc ist nicht notwendig gleich dem von außen angelegten Feld E . Kapitel 4 - 122 - Allgemein gilt: → → p = α ⋅ E loc (4.3-9) → [ p ] = As ⋅ m → [ E loc ] = V ⋅ m −1 → [α] = As ⋅ m 2 ⋅ V −1 = F ⋅ m 2 Die Polarisation ergibt sich bei isotropem Verhalten zu: → → → P = ε 0 ⋅ (ε r − 1) ⋅ E = ε 0 χ e E → → → (4.3-10) → P = Pe + Pi + Po → → → = ∑ N i ⋅ α E ,i E loc ,i + ∑ N k ⋅ α I ,k E loc ,k + ∑ N l ⋅ α Or ,l E loc ,l + Grenzflächenpolarisation → i k l Pe : Elektronenpolarisation → Pi : Ionenpolarisation → Po : Orientierungspolarisation Beispiele für Polarisation: 1. einfachster Fall: Silizium Es liegt nur eine Atomsorte und damit nur Elektronenpolarisation vor. → → P = Nα E E loc (4.3-11) 2. nächste Stufe: GaAs Es liegen zwei Atomsorten und sowohl Elektronen- als auch Ionenpolarisation vor. → → → → P = Nα E ,Ga E loc.Ga + α E ,As E loc ,As + Nα I E loc → ( ) (4.3-12) → P = N α E ,Ga + α E ,As + α I E loc mit : NGa = NAs = N Eloc,Ga = Eloc,As = Eloc und der Vereinfachung - 123 - 3.4 Kapitel 4 Polarisierbarkeiten Im folgenden soll die Polarisierbarkeit statisch und dynamisch (Frequenzverhalten) betrachtet werden. 3.4.1 Elektronische Polarisierbarkeit αE 3.4.1.1 Statische Betrachtung αEstatisch Abb. 4.3-7: Modell eines kugelsymmetrischen Atoms ohne und mit angelegtem Feld In Abbildung (a) liegt der Schwerpunkt der Elektronenladung bei der durch x = 0 gekennzeichneten Position des positiven Kerns. Die Elektronen werden als Ladung -Z⋅e mit Schwerpunkt bei x = 0 ohne Feld behandelt. Unter Ansatz einer kugelsymmetrischen Ladungsverteilung ergibt sich bei angelegtem Feld eine Trennung der Ladungsschwerpunkte um den Abstand, d. h. es tritt ein Dipolmoment auf. p=Z⋅e⋅x (4.3-13) Es existieren zwei Kräfte im Gleichgewicht: → Einerseits tritt die Feldkraft FF auf: → → FF = Z ⋅ e ⋅ E loc (4.3-14) und andererseits die Coulombkraft: → → FCoul. → Z2e2 x e x 1 = ⋅ 4π ⋅ ε 0 R3 (4.3-15) e x : Einheitsvektor in x-Richtung Die Elektronenladung ist beschreibbar durch die Dichte ρ= − Z⋅e 4 ⋅ π ⋅ R3 3 mit R : Radius der Hülle. (4.3-16) Kapitel 4 - 124 → → FF und FCoul. müssen sich im Gleichgewicht befinden. Gleichsetzen der beiden Ausdrücke liefert: 4π ⋅ ε 0 ⋅ R 3 x= E loc Z⋅e (4.3-17) Mit Gleichung (4.3-13) folgt: p = Z ⋅ e ⋅ x = 4π ⋅ ε 0 ⋅ R 3 ⋅ E loc (4.3-18) Durch Substitution ergibt sich: p = α E ⋅ E loc stat Definition : Statische elektronische Polarisierbarkeit α E = 4π ⋅ ε 0 ⋅ R 3 (4.3-19) stat wobei R = "Effektiver" Atomradius Durch (4.3-18) gibt der statische Wert der Elektronenpolarisation direkt den Radius der Elektronenhülle wieder. χe = Aus 1 P ⋅ = (ε r − 1) ε0 E stat mit P = N ⋅p bzw. P = N ⋅ α E ⋅ E loc stat (nur eine Teilchensorte) folgt dann : χe = E loc N αE E ε0 (4.3-20) stat Für Eloc = E (d. h. bei Gasen und verdünnten Flüssigkeiten) gilt: χe = stat N α ε0 E stat N: Teilchendichte χ e = 4π ⋅ N ⋅ R 3 stat (4.3-21) Experimentelle Bestimmung des Atomradius: Bestimmung von E = Eloc, also gasförmiger Zustand, z. B. bei Normalbedingung : (bei Normaldruck: 22,4 Liter entsprechen 1 mol, d. h. in 22,4 Litern sind 6 ⋅ 1023 Teilchen) somit ist 6 ⋅ 10 23 l 6 ⋅ 10 20 1 N= ⋅ = ⋅ −3 22,4 l 22,4 cm Kapitel 4 - 125 - Abb. 4.3-8: Messung der Kapazität mit Meßbrückenschaltung Entsprechend ergibt sich für die Kapazitätsmessung: C= also ist: χe stat ε0 ⋅ εr ε ⋅ A bzw. C = 0 (χ e + 1)A d d C d = ⋅ −1 A ε0 Es ergibt sich eine exzellente Übereinstimmung mit anderen Meßverfahren 3.4.1.2 Dynamische Betrachtung (frequenzabhängig) αE(ω) Periodische Felder bewirken eine erzwungene Schwingung der Ladungsschwerpunkte (positiv: Kern; negativ: Hülle) des Atoms. Die beteiligten Kräfte sind die - Feldkraft (ortsunabhängig), - Rückstellkraft (über die Coulombkraft; ortsabhängig), - z. T. auch eine Dämpfung (geschwindigkeitsabhängig). Letzteres gilt insbesondere für die Elektronen der äußeren Niveaus. Für die inneren Niveaus ist die Dämpfung sehr gering (vgl. Übung "Röntgenstrahlen"). Gesamtkraft, die auf ein Teilchen wirkt, liefert: Der Kern bleibt in erster Näherung ortsfest. Abb. 4.3.-9: Modell des gedämpften harmonischen Oszillators für gebundene Elektronen im Kern Kapitel 4 - 126 - Bewegungsgleichung: •• • Z e ⋅ m e ⋅ x = −C F ⋅ x + Z ⋅ e ⋅ E loc − Z ⋅ m e ⋅ γ ⋅ x •• • Z e ⋅ m e ⋅ x+ Z ⋅ m e ⋅ γ ⋅ x+ C F ⋅ x = Z ⋅ e ⋅ E loc Dabei entspricht: Ze : Ordnungszahl CF ⋅ x einer ortsabhängigen Rückstellkraft me : Elektronenmasse Z ⋅ e ⋅ Eloc einer ortsunabhängigen Feldkraft CF : "Federkonstante" Z ⋅ m e ⋅ γ ⋅ x einer geschwindigkeitsabhängigen Eloc : Feld am Ort des Atoms Kraft, deren Summe die Gesamtkraft Z e ⋅ m e ⋅ x ist γ: Dämpfungskonstante für ein Elektron • •• •• • x+ γ ⋅ x + CF e ⋅x = ⋅ E (t) Z ⋅ me m e loc (4.3-22) Differentialgleichung einer gedämpften erzwungenen Schwingung Jetzt folgt zunächst die formale Einführung der Frequenz ω0 als Abkürzung: ω0 2 = CF Z ⋅ me mit CF = 1 z2e2 ⋅ 4 πε 0 R 3 (4.3-23) Diese übernimmt jedoch später die physikalische Bedeutung einer Resonanzfrequenz. Durch (4.3-23) ergibt sich: •• • x+ γ ⋅ x + ω0 2 ⋅ x = e ⋅ E (t) m e loc (4.3-24) Mit den vereinfachenden Ansätzen p=Z⋅e⋅x P=N⋅p=N⋅Z⋅e⋅x folgt hieraus durch Multiplizieren mit (N ⋅ Z ⋅ e): •• • P + γ ⋅ P + ω0 2 ⋅ P = Zusammen mit (4.3-25) P = N ⋅ αE (t) ⋅ Eloc(t) und den Ergebnissen aus der Übung folgt: αE = Mit Eloc = E gilt: N ⋅ Z ⋅ e2 ⋅ E loc ( t ) me Z ⋅ e2 1 ⋅ 2 2 m e ωo − ω + j ⋅ γ ⋅ ω (4.3-26) Kapitel 4 - 127 - χe = ε r −1 = mit A = A (4.3-27) ω0 − ω + j ⋅γ ⋅ω 2 2 Z ⋅ e2 ⋅ N me ⋅ ε 0 ω ist die variable Kreisfrequenz des angelegten bzw. des lokal vorliegenden Feldes, dagegen ist ω0 fest und atomsortenabhängig. Definitionen in Gleichung (4.3-27): χe = εr − 1 ε r = ε r ` − jε r `` → χ e` = ε r ` − 1 χ e = χ e ` − jχ e `` → χ e `` = ε r `` Erweitert man Gleichung (4.3-27) konjugiert komplex, dann erhält man: (ω0 2 − ω2 − j ⋅ γ ⋅ ω) χe = ⋅A (ω0 2 − ω2 ) 2 + γ 2 ⋅ ω2 Realteil: ′ ′ χe = εr −1 = A Imaginärteil: χ e `` = ε r `` = A (ω 0 2 ω02 − ω 2 − ω 2 )2 + γ 2 ⋅ω 2 (4.3-28) γ ⋅ω (ω 0 − ω 2 ) 2 + γ 2 ⋅ ω 2 (4.3-29) 2 Kramers-Kronig-Relation: 2 Durch Ellimination von A folgt : χ ′e ω 0 − ω 2 = χ ′′e γω χ ′′e = γω ⋅ χ ′e ω0 − ω2 2 (4.3-30) Hinweis: Der Imaginärteil wird aus technischen Gründen "negativ" definiert. Da γ und ω immer "positiv" sind, ist χe'' ≥ 0. Kapitel 4 - 128 - Abb. 4.3-10: Kurvenverläufe von χe'(ω) und χe''(ω) εr'(ω) und εr''(ω) Phasenverschiebung zwischen P und E: P = χ e⋅ ε 0 ⋅ E E = Eloc E loc = Êloc ⋅ ejωt P = P ⋅ ej(ωt+ϕ) Bereich I: Phasenverschiebung ϕ gering (0 < ϕ < π/2) P und E in Phase Bereich II: Phasenverschiebung groß (π/2<ϕ<π) (vgl. 4.3-10) (4.3-31) P und E sind für ω > ω0 gegenphasig, denn ab ω0 können die Dipole dem Feld nicht mehr folgen. Für ω = ω0 sind P und E um π/2 verschoben. Kapitel 4 - 129 - Experimenteller Nachweis der Elektronenpolarisation Der optische Brechungsindex n ist mit der Permittivität verknüpft durch: mit µr' = 1 folgt: oder n2 = εr' ⋅ µr' n2 = ε r ' µr: magnetische Permeabilität (4.3-32) n = εr` (4.3-33) Wasserkühlung Prisma lichtdurchlässiges Fenster x Abb. 4.3-11: Versuchsaufbau (Woodscher Versuch) lichtdurchlässiges Fenster weisses Licht Natriumdampf z Sichtschirm Heizung Natrium besitzt im Gelben eine Resonanzlinie der Elektronenpolarisation. Durch das Anheizen des Natriums bildet sich Natriumdampf in dem Gefäß aus. Es stellt sich ein Konzentrationsgefälle ein, da die Natriumkonzentration am Boden des Gefäßes (wegen des Heizvorganges im Gegensatz zum Abkühlen am Deckel ) geringer als im oberen Bereich ist. Die sich einstellende Natriumkonzentration entspricht qualitativ folgenden Bildern: Abb. 4.3-12: Zur Verdeutlichung des Konzentrationsgefälles Das Konzentrationsgefälle wirkt sich wie ein Prisma aus. Somit könnte man den Versuchsaufbau mit Hilfe zweier hintereinander aufgestellter Prismen durchführen. Durch das Glasprisma wird das Licht linear in seine Spektralfarben aufgeweitet. Durch das Natrium, welches bei Frequenzen, die dem gelben Licht entsprechen, ein Resonanzverhalten aufweist, wird das Spektrum gemäß Abbildung 4.3-12 auseinandergezogen. Blaues Licht, d.h. hohe Frequenzen, werden nur geringfügig abgelenkt, rotes Licht (kleine Frequenzen) hingegen wird stärker abgelenkt. Das Auftreten zweier gelber Bereiche, bedingt durch die Resonanz in diesem Bereich, läßt sich auch an den auf Seite 66 dargestellten Kurvenverläufen ablesen. - 130 - Kapitel 4 Abb. 4.3-13: Brechungsindex in Abhängigkeit von der Spektralfarbe des Lichts dargestellt durch die unterschiedlich starke Ablenkung des Lichtstrahls auf dem Bildschirm 3.4.2 Ionenpolarisation und ionische Polarisierbarkeit Die Ionenpolarisation verhält sich ähnlich wie die Elektronenpolarisation. Sie ist in gleicher Weise wie eine erzwungene Schwingung zu behandeln. Ein wesentlicher Unterschied ist jedoch, daß jetzt positive und negative Ionen zueinander bewegt werden. Abb. 4.3-14: Harmonischer Oszillator als Modell für die ionische Polarisierbarkeit Die quantitative Behandlung erfolgt analog zur Betrachtung der Elektronenpolarisation. Folgende Annahmen werden gemacht: - Die Felder an Orten der Ionen sind gleich (d. h. die lokalen Felder sind gleich). Eloc1 = Eloc2 = Eloc Kapitel 4 - 131 - - Die Dämpfungsfaktoren beider Ionen sind gleich: γ1 = γ2 = γ - Statt des ursprünglichen x-Wertes ist jetzt die Differenz der Verschiebungsvektoren zu berücksichtigen. Bewegungsgleichungen: •• • → → → → → M 1 x 1 + M 1 γ x 1 + f ( x 1 − x 2 ) = q E loc •• • → → → → (4.3-34) → M 2 x 2 + M 2 γ x 2 + f ( x 2 − x 1 ) = −q E loc f q q → f → → ( x 1 − x 2 ) = E ( x1 − x 2 ) + γ ( x1 − x 2 ) + + + M1 M 2 M 1 M 2 loc (4.3-35) 1 1 1 = + M M1 M 2 (4.3-36) •• → Def.: •• • → → • → Nur eindimensional betrachtet, ergibt sich: •• •• • • ( x1 − x 2 ) + γ ( x1 − x 2 ) + q f ( x 1 − x 2 ) = E loc M M (4.3-37) Das induzierte Dipolmoment ist: p = q ⋅ ( x1 − x 2 ) , die Polarisation: P = N ⋅ p = N ⋅ q ⋅ ( x1 − x 2 ) Erweitert man Gleichung (4.3-37) mit N ⋅ q, so ergibt sich: •• • P + γ ⋅ P + ω0 I mit ω0I 2 = 2 N ⋅ q2 ⋅P = E loc ( t ) M 1 1 f = f + M M1 M 2 (Vgl. mit 4.3-25/26 "Elektronenpolarisation") Ansatz: ^ P = P⋅ exp( j(ωt + ϕ)) Aus Gleichung (4.3-38) ergibt sich: N ⋅ q2 (−ω + jγω + ω0I ) P = E loc M 2 2 (4.3-38) Kapitel 4 - 132 - Der Vergleich mit P = N ⋅ αI ⋅ Eloc liefert die ionische Polarisierbarkeit: q2 1 αI = ⋅ 2 M ω0 I − ω2 + j ⋅ γ I ⋅ ω (4.3-39) γI: Ionendämpfung Das Frequenzverhalten von αI ist entsprechend dem von αE, jedoch wegen der höheren Masse der Ionen zu kleineren Frequenzen hin verschoben. ω0I < ω0E Zum Vergleich mit Elektronenpolarisation: Z ⋅ e2 1 ⋅ αE = 2 m e ω0 E − ω2 + j ⋅ γ E ⋅ ω Z ⋅ Z ⋅ e2 Z ⋅ me ( Z ⋅ e) 2 bzw. Z ⋅ me (= Ladung aller Elektronen)2 (= Masse aller Elektronen) Z ⋅ me: Gesamtmasse der Elektronen 3.4.3 Orientierungspolarisation 3.4.3.1 Langevin-Theorie und statische Betrachtung Die Orientierungspolarisation entsteht durch Drehen bereits vorhandener elektrischer Dipole in Feldrichtung. Sie tritt bei sogenannten polaren Werkstoffen (z. B. Wasser) auf. → Dabei erfahren die Dipole ein Drehmoment TD , gegeben durch → → → TD = p× E loc d. h. TD = p ⋅ E loc ⋅ sinϑ → → ϑ = ∠ ( p , E loc ) dW = T(ϑ ) ⋅ dϑ = p ⋅ E loc sin ϑdϑ ϑ W = ∫ p ⋅ E loc ⋅ sinϑdϑ 0 Wählt man den Energienullpunkt bei ϑ = 90° folgt : → W = − p ⋅ E loc ⋅ cosϑ = − p⋅ E loc (4.3-40) Kapitel 4 - 133 - Man setzt ein Ensemble freibeweglicher Dipole gleicher Art vereinfachend voraus. Bei einer Temperatur T ≠ 0 K erfahren die Dipole durch die thermische Energie eine Bewegung und wechselwirken untereinander, so daß ohne Feld eine isotrope Winkelverteilung vorliegt. Durch Anlegen eines Feldes wird ein Drehmoment ausgeübt, das ordnend wirkt und dadurch eine Anisotropie bewirkt. Temperatur und Feld arbeiten praktisch gegeneinander. Dies bedeutet, daß die durch das Feld erzeugte Ordnung temperaturabhängig ist. Als effektive Polarisation ergibt sich hierbei die Summe aller Dipolmomente in Richtung der Feldachse oder die mittlere Dipolkomponente in Feldrichtung. Daraus ergibt sich, daß zur Bestimmung des Anteils der Orientierungspolarisation der statistische Mittelwert des Dipolmomentes in Feldrichtung zu ermitteln ist. Für die Orientierungspolarisation gilt: → → POr = N p ; → p : Statistischer Mittelwert der Dipolmomente in Feldrichtung → (4.3-41) → → POr = N p cosϑ für Komponenten in Feldrichtug , wenn P parallel → zu Eloc und p symmetrisch zur Feldrichtung Zur Beschreibung des Dipols ist der Winkel ϑ zunächst ausreichend, da für nicht zu große elektrische Felder der Betrag des Dipolmomentes konstant ist. Hinweis zur Mittelwertbildung: ∫ " eigentliche" Größe ⋅ Wahrscheinlichkeit dx 〈Größe〉 = Geltungsbereich von x Der statistische Mittelwert einer Größe a(x) bezogen auf eine Variable x ergibt sich zu : a ( x) = B∫ a ( x) f ( x)dx B : Proportionalitätsfaktor x Mit der Normierungsbedingung B∫ f ( x)dx = 1 folgt für den statistischen normierten x Mittelwert : a ( x) = Hinweis: 1. ∫ a( x) ⋅ f ( x)dx ∫ f ( x)dx ∫ f ( x)dx ist eine nicht notwendige normierte x Wahrscheinlichkeitsfunktion. 2. B∫ f ( x)dx = 1 ist gleichbedeutend mit der hundertprozentigen Wahr x scheinlichkeit für die Existenz der Funktion f(x). Kapitel 4 - 134 - Erinnerung: Um die Dipolkomponente der Orientierungspolarisation in Feldrichtung zu bestimmen, benötigen wir den statistischen Mittelwert der Funktion f(x) = cos(x). π Es folgt: cosϑ = ∫ cosϑ ⋅ n(ϑ)dϑ 0 π ∫ n(ϑ)dϑ 0 n(ϑ) ist die Wahrscheinlichkeit, den Winkel ϑ im Element (ϑ, dϑ) wiederzufinden. π Ist n(ϑ) betragsmäßig schwierig zu definieren, kann mit ∫ f (ϑ )dϑ = kons tan t normiert 0 werden. Abb. 4.3-15: Veranschaulichung des Intervalls (ϑ, dϑ) anhand der Einheitskugel Herleitung der Wahrscheinlichkeitsfunktion: Die Wahrscheinlichkeit, den Winkel ϑ zu finden, ist proportional zur - Zustandsdichte - Besetzungswahrscheinlichkeit Wahrscheinlichkeit für einen Zustand = Zustandsdichte⋅Besetzungswahrscheinlichkeit 2π sin ϑ dϑ : W(ϑ ) : exp − kT W(ϑ) : Zustandsdichte der Winkel Boltzmann-Faktor Zustandsenergie, die dem Dipol für den Winkel ϑ durch das Feld zugeführt wird. Kapitel 4 - 135 - Die Besetzungswahrscheinlichkeit ergibt sich aus der Boltzmann-Statistik . W(ϑ ) dϑ n(ϑ ) = B ⋅ 2π ⋅ sin ϑ ⋅ exp − kT mit der Gleichung (3.3-40) W(ϑ) = - p Eloc ⋅cos ϑ folgt : p ⋅ E loc ⋅ cosϑ dϑ n(ϑ )dϑ = B ⋅ 2π sin ϑ ⋅ exp kT mit a= p ⋅ E loc kT Hinsichtlich der Polarisation kann Eloc als ordnende Größe verstanden werden. Die Temperatur T hingegen wirkt gegen Eloc. Der statistische Mittelwert ergibt sich somit zu: π cosϑ = ∫ cosϑ ⋅ sin ϑ ⋅ e a ⋅cos ϑ dϑ 0 π ∫ sin ϑ ⋅ e a ⋅cos ϑ dϑ 0 cosϑ = coth(a ) − 1 = L(a ) a Langevin-Funktion Abb. 4.3-16: Darstellung der Langevin-Funktion → → Die Orientierungspolarisation POr = N p läßt sich jetzt ausdrücken durch: in Feldrichtung: POr = N ⋅ p ⋅ L(a ) mit a= p ⋅ E loc kT (4.3-48) Kapitel 4 - 136 - Fallunterscheidung: a > 1: für große Feldstärken; dieser Fall soll hier jedoch nicht betrachtet werden a < 1: typische Werte für a sind: a ≈ 10-3 ... 10-2; mit einer Reihenentwicklung folgt: L(a) ≈ a/3 → N ⋅ p2 → POr = E loc = N ⋅ α Or ,stat ⋅ E loc 3kT p2 α Or ,stat = 3kT → (4.3-49) (4.3-50) Die Orientierungspolarisation ist, wie aus der Polarisierbarkeit aOr,stat ersichtlich, eindeutig temperaturabhängig. Rückblick: Elektronenpolarisation ist eindeutig temperaturunabhängig. Ionenpolarisation ist in geringem Maße, bedingt durch das Ändern der Gitterkonstanten, termperaturabhängig. Die Herleitung ist hier nur prinzipiell erfolgt. In einem realen Festkörper lassen sich die Dipole nicht in alle Richtungen drehen, und es gibt nur bestimmte Winkeleinstellungen. Der Komplexität wegen kann diese Betrachtung hier nicht erfolgen. Ebenso ist zu erwähnen, daß ein elektrischer Dipol in einem elektrischen Feld nicht konstant ist, sondern bei hohen Feldstärken auseinandergezogen werden kann. 3.4.3.2 Dynamisches Verhalten der Orientierungspolarisation Im dynamischen Bereich können zwei verschiedene Betrachtungen ausgeführt werden: - Ein- und Ausschalten des Feldes: Zeitverhalten, - harmonische Felder: Frequenzverhalten. 3.4.3.2.1 Zeitverhalten bei Ein- und Ausschaltvorgängen Dieses Verhalten tritt auch bei Stufenfunktionen und digitalen Signalen auf. Abb. 4.3-16: Einschalten Kapitel 4 - 137 - PS = Pstatisch PS = P(t → ∞) P∞ = P(t → 0) Hochfrequenzwert (ω → ∞) P ∼ Ps - P(t) mit : • P= 1 ( P − P) τ S POr(t) = P(t) - P∞ POr(t → ∞) = Ps - P∞ mit τ als Relaxationszeit und 1/τ als Proportionalitätsfaktor und der Randbedingung hierzu: P(t = 0) = P∞ − t folgt : P = P∞ + ( PS − P∞ ) ⋅ (1 − e τ ) (4.3-51) Ausschalten: Abb. 4.3-17: Ausschalten • P ~ PS − P P = ( PS − P∞ ) ⋅ e P( t = 0) = PS − P∞ − t τ (4.3-52) Kapitel 4 - 138 - 3.4.3.2.2 Frequenzverhalten der Orientierungspolarisation für harmonische Felder Folgende Vereinfachungen werden getroffen: als τ ∧ - eindimensional, ein Frequenzverhalten des E-Feldes gemäß E⋅ e jωt - E = Eloc, d. h. alle Anteile der Polarisation dürfen addiert werden - Es existiert nur eine Relaxationszeit für die Orientierungspolarisation (ein Dipol kann jedoch auch verschiedene Relaxationszeiten besitzen). - Die Elektronen- und Ionenpolarisation besitzen Zeitkonstanten, die sehr viel kürzer sind. D.h. die Elektronenpolarisation und die Ionenpolarisation können dem E-Feld direkt folgen (praktisch ohne Phasenverschiebung). • P= mit • 1 ( PS − P) + P∞ τ ( ⋅ (ε P∞ hier variabel und folgt dem E-Feld (4.3-53) ) − 1) ⋅ E PS = ε 0 ⋅ ε r − 1 ⋅ E und P∞ = ε 0 wird hieraus S r∞ ( • ) ( ) • P + τ ⋅ P = ε0 ⋅ εr − 1 ⋅ E + τ ⋅ ε0 ⋅ εr − 1 ⋅ E S ∞ (4.3-54) Voraussetzung: Das Feld ist niederfrequent genug, daß P harmonisch folgen kann. Daraus läßt sich ein Lösungsansatz herleiten: P( t ) = P∞ ( t ) + POr ( t ) P∞ : Elektronen- und Ionenpolarisation P( t ) = P∞ ( t ) + P⋅ e j(ωt +ϕ) ϕ : Phasendifferenz zwischen P und E ∧ (4.3-55) Aus Gleichung (4.3-54) und Gleichung (4.3-55) ergibt sich: ε 0 ⋅ (ε r − 1) ⋅ E + POr + jωτ ⋅ POr = ε 0 ⋅ (ε r − 1) ⋅ E = PS POr (1 + jωτ ) = ε 0 ⋅ (ε r − ε r ) ⋅ E ∞ S ∞ S (4.3-56) Vergleich mit POr = ε 0 ⋅ χ e ⋅ E : (ε r − ε r ) ⋅ (1 − jωτ ) (4.3-57) 1 + ω2 ⋅ τ 2 Einführung von ε r (ω) = ε`r (ω) − jε``r (ω) liefert für die Orientierungspolarisation: χ e ,Or = ε r ,Or − 1 = ∞ S εr − εr 1 + ω2 τ 2 ω⋅ τ ε``r (ω) = ε − ε r 1 + ω2 τ 2 r ε``r (ω) = ε`r (ω) − ε r ⋅ ω ⋅ τ ε`r (ω) = ε r + ∞ S ∞ ( [ ∞ S ∞ ] ) } Debye-Gleichungen (4.3-58) Kramers-Kronig-Relation (4.3-59) - 139 - Verlustfaktor : tan δ = Kapitel 4 ε``r ε`r Abb. 4.3-18: Darstellung der Debye-Gleichungen Die Debye-Gleichungen lassen sich auch als Funktion in der komplexen Ebene darstellen, dem Cole-Cole-Diagramm. Abb. 4.3-19: Darstellung des Cole-Cole-Diagramms Kapitel 4 - 140 - 4. Das lokale elektrische Feld Eloc Einfluß des lokalen elektrischen Feldes Eloc auf das dielektrische Verhalten Zunächst wird das lokale elektrische Feld für kubische oder für isotrope Materialien betrachtet. Die Berücksichtigung des lokalen elektrischen Feldes erfolgt durch die Erfassung der Wirkung aller Dipole innerhalb eines Werkstoffes auf ein Atom oder Ion an einem bestimmten Ort. Voraussetzung: Der Werkstoff füllt den Bereich des E-Feldes voll aus. → Die angelegte Feldstärke E0 ist gleich der Feldstärke E im Inneren des Werkstoffes (← in Maxwell-Gleichung). → Die makroskopische Größe E ist nicht notwendig gleich der am Ort eines Atoms → wirksamen mikroskopischen Größe, der lokalen Feldstärke E loc . → Die Berechnung von E loc erfolgt durch Aufspaltung in die Kontinuumrechnung (für entfernte Bereiche) und für einzelne Dipole (im Nahbereich): → → N −1 → E loc = E+ ∑ E Dipol i =1 wäre eine riesige Summe (4.4-1) N = alle Dipole (da die Wirkung des Atoms auf sich selbst entfällt: N - 1) Stattdessen wird folgendes Modell zur Näherung herangezogen: Man faßt die Wirkung der entferntesten Dipole wie die eines dielektrischen → Kontinuums mit der Polarisation P auf, welches am Ort des betrachteten Teilchens A ein Lorentzfeld hervorruft. Abb. 4.4-1: Zusammenhang des lokalen und makroskopischen Feldes und der Polarisation im Werkstoff Kapitel 4 - 141 - Der Radius der Kugel sei groß genug, damit alle außerhalb befindlichen Dipole als nicht mehr auflösbar betrachtet werden dürfen und damit über ausreichend viele Dipole summiert werden darf. N −1 ∑E i =1 → Dipol ,i → → = E L + ∑ E Dipol ,i U (4.4-2) Summe innerhalb der Kugel über Umgebung Herleitung des Lorentzfeldes für eine Kugel: → → Abb. 4.4-2: Angelegte elektrische Feldstärke E 0 und Feldstärke E im Inneren des Werkstoffes → E 0 : angelegtes homogenes elektrisches Feld → E : tatsächliche Feldstärke; diese ist nur im Inneren eines Rotationsellipsoids → homogen; für alle anders geformten Einschlüsse ist E nirgends homogen! E S : Streufeld des Rotationsellipsoids → E d : Depolarisierungsfeld → P : Polarisation → → Für das Rotationsellipsoid werden das Streufeld und damit E d und E L homogen innerhalb des Ellipsoids. Es gibt verschiedene Möglichkeiten für Rotationsellipsoide: 1. Alle drei Hauptachsen sind gleich → Kugel 2. Zwei Hauptachsen sind begrenzt und eine unendlich → Draht 3. Zwei Hauptachsen sind unendlich und eine begrenzt → Platte Für ein Rotationsellipsoid gilt: → → → E = E0 + Ed → mit E d homogen und gegeben durch (4.4-3) → P Ed = − N ε0 → ↔ ↔ N :Depolarisationstensor Kapitel 4 - 142 - Bei Hauptachsenform: N a 0 0 N = 0 N b 0 0 0 N c ↔ Fall 1: langer Stab mit Na + Nb + Nc = 1 Fall 2: dünne Platte N a = N b = 1 / 2; Nc = 0 Fall 3: Kugel Na = N b = 0; Nc = 1 Na = Nb = Nc = 1/ 3 → P Ed = − 3ε 0 → Kugel: Dies ist das Feld der "herausgeschnittenen" Kugel (4.4-4) → P EL = + 3ε 0 → → Lorentzfeld (siehe Abb. 4.4-2). Es ist dem Feld aller Dipole außerhalb der Kugel entgegengesetzt. Dies wird von allen Dipolen außerhalb der Kugel (4.4-5) ausgeübt. Summation von Dipolen im kubischen Gitter innerhalb der Kugel: Abb. 4.4-3: Feldlinien eines Dipols, wobei z der Feldrichtung entspricht Potential eines Dipols: → → ϕ= p⋅ r 4π ⋅ ε 0 ⋅ r 3 (4.4-6) → → → → E Dipol (4.4-7) → 3( p⋅ r ) r − r 2 ⋅ p 1 = −∇ϕ = ⋅ 4π ⋅ ε 0 r5 → → Es existiert nur die Komponente in Feldrichtung, da p und E parallel sind. Kapitel 4 - 143 - Somit ist für unser Beispiel aus Abb. 3.4-3 nur die z-Komponente zu betrachten: E Dipol = z 1 3⋅ p z ⋅ z2 − p z ⋅ r 2 4π ⋅ ε 0 r5 pz 3 ⋅ z i − ri ∑ E Dipol = ⋅∑ i z 4π ⋅ ε 0 i ri 5 2 2 (4.4-8) im kubischen Gitter gilt: ∑x ⇒ ∑r i = ∑ yi 2 = ∑ zi 2 2 i 2 = ∑ 3z i 2 (4.4-9) Durch Einsetzen von Gleichung (4.4-9) in Gleichung (4.4-8) ergibt sich: E Dipol ,i = 0 ∑ z i , was nur im kubischen Gitter gilt. Bei kubischen (und auch isotropen) Werkstoffen gilt: → → E loc P = E+ 3ε 0 → → ←→ → P = ε 0 (ε r − 1) E (4.4-10) 4.1 Betragsmäßige Erfassung der Permittivität für Eloc ≠ E (1) 10) → → → → → P = χ e ⋅ ε 0 ⋅ E = ε 0 ⋅ (ε r − 1) ⋅ E (vgl. 4.3- P = N ⋅ α ⋅ E loc (2) Kubisch: → P E loc = E+ 3ε 0 → → 1 E loc = (ε r + 2) E 3 → → Aus (1) und (2) folgt: → → 1 E loc = (ε r + 2) E 3 → → 1 P = Nα (ε r + 2) ⋅ E 3 Gleichung (4.3-10) und Gleichung (4.4-11) liefern: 1 N ⋅ α ⋅ ⋅ (ε r + 2) = ε 0 ⋅ (ε r − 1) 3 (4.4-11) Kapitel 4 - 144 - εr − 1 N ⋅α = εr + 2 3⋅ ε0 1. Clausius-Mosotti-Gleichung (4.4-12) Eine alternative Herleitung ist: → → P = N ⋅ α ⋅ E loc → → → P χ e ⋅ ε 0 ⋅ E = N ⋅ α ⋅ ( E+ ) 3ε 0 → → Da E und P parallel zueinander sind, kann man statt mit Vektoren mit Beträgen weiterrechnen. χe = N ⋅α N ⋅α P + 3⋅ ε0 ε0 ⋅ E ε0 α : Polarisierbarkeit χe = N ⋅α N ⋅α ⋅ χe + 3⋅ ε0 ε0 N: Dichte der Atome/Dipole N ⋅α ε0 χe = εr − 1 = N ⋅α 1− 3⋅ ε0 2. Clausius-Mosotti-Gleichung (4.4-13) Für unterschiedliche Teilchensorten und Polarisierbarkeiten gilt: N ⋅ α = ∑ N i ⋅ α E ,i + ∑ N j ⋅ α I , j + ∑ N k ⋅ α Or ,k i j (4.4-14) k Wichtig: Im Festkörper müssen die unterschiedlichen Anteile der Polarisations mechanismen nach der Clausius-Mosotti-Gleichung berücksichtigt werden. Sie dürfen bis auf einige Sonderfälle also nicht einfach miteinander addiert werden. Besonderheit: "Polarisationskatastrophe" für χe (N ⋅ α) Abb. 4.4-4: Verlauf der elektrischen Suszeptibilität in Abhängigkeit von Nα Dieser Effekt tritt bei Ferroelektrika an der Curie-Temperatur ein, da für diesen Wert N⋅α = 3⋅ε0 wird (durch N(T)-Abhängigkeit (als Folge der thermischen Ausdehnung)). Kapitel 4 - 145 - 4.2 Einfluß von Eloc auf das Frequenzverhalten von (εr` , εr``) Dieser soll am Beispiel der Elektronenpolarisation und für kubische Materialien betrachtet werden. Es wurde hergeleitet: N ⋅ Z ⋅ e2 P P + γ ⋅ P + ω0 ⋅ P = ⋅ E loc ; E loc = E + 3⋅ ε0 me •• • 2 2 N ⋅ Z ⋅ e2 N ⋅ Z ⋅ e2 ⋅ P = P + γ ⋅ P + ω 0 − ⋅E 3 ⋅ m eε 0 me •• • Beim Übergang von E zu Eloc ergibt sich eine neue Resonanzfrequenz w0' , die kleiner ist als w0. Außer der Resonanzverschiebung ändert sich am Frequenzverhalten nichts. A ω0 ` = ω0 − 3 2 2 (4.4-15) (ω 0 `2 −ω 2 ) ⋅A (ω 0 `2 −ω 2 ) 2 + γ 2ω 2 (4.4-16) γ ⋅ω ⋅A (ω 0 ` −ω 2 ) 2 + γ 2 ⋅ ω 2 (4.4-17) χ e `= ε r `−1 = χ e "= ε r "= mit N ⋅ Z ⋅ e2 A= me ⋅ ε 0 2 Die Einführung von Eloc liefert eine Verringerung des Wertes der Resonanzfrequenz. 5. Materialien mit Orientierungspolarisation (im Vergleich zu unpolaren Stoffen) Beispiel : Polymere ∨ Polare Polymere (mit Orientierungspolarisation) : ∨ Low loss Polymere (ohne Orientierungspolarisation): Polyvinylidenfluorid (PVF) (Sensormaterial für Schall) Polyethylen (PE) Polyvinylidendiffluorid (PVDF) Polypropylen (PP) Polymethylmetacrylat (PMMA) (Plexiglas; Strukturmaterial; "Photolack" bei Elektrobelichtung) Polytetrafluorethylen (PTFE) ← TEFLON Polyamid (PA) - 146 - PVF und PTFE Abb. 4.5-1: PVF (Relative Permittivität in Abhängigkeit von der Frequenz) Abb. 4.5-2: PTFE (Verlauf der relativen Permittivität in Abhängigkeit von der Frequenz) Kapitel 4 Kapitel 4 - 147 - 6. Dielektrische Verluste Abb. 4.6-1: Plattenkondensator mit Dielektrikum Momentane Verlustleistung: P ∗ ( t ) = u( t ) ⋅ i ( t ) • • = d ⋅ E ( t ) ⋅ Q( t ) = d ⋅ E ( t ) ⋅ A ⋅ D( t ) ; • = E ( t ) ⋅ D( t ) ⋅ V (4.6-1) E sei harmonisch: ∧ E( t ) = E⋅ e jωt ; ∧ D( t ) = D⋅ e j(ωt +ϕ) • D( t ) = j ⋅ ω ⋅ D( t ) = j ⋅ ω ⋅ ε 0 ⋅ ε r ⋅ E ( t ) • ∧ D( t ) = j ⋅ ω ⋅ ε 0 ⋅ (ε r `− j ⋅ ε r ") ⋅ E⋅ e jωt (4.6-2) Abb. 4.6-2: Komplexe Darstellung • von D( t ) • • Q( t ) = D( t ) ⋅ A Kapitel 4 - 148 ∧ tan δ = ω ⋅ ε 0 ⋅ ε r "⋅ E ∧ ω ⋅ ε 0 ⋅ ε r `⋅ E ⇒ tan δ = εr " εr ` (4.6-3) Hinweis: tan δ ist nur nennenswert ≠ 0 im Bereich der Resonanzfrequenzen (ω0E, ω0I und ω0OR). 7. Passivierungsschichten Eine Passivierungsschicht soll folgende Eigenschaften mitbringen: Sie soll - 1. ein guter Isolator sein, d.h. sie muß einen hohen spezifischen Widerstand (ca. 1014 Ωcm) und hohe Durchbruchsfeldstärken (ca. 108 V/m) besitzen; 2. ein gutes Dielektrikum sein, d. h. ein kleines εr,stat und ein niedriges εr'' (möglichst kleine Verluste) besitzen; 3. mechanisch stabil, d.h. bruch- und stoßfest sein; des weiteren soll der Ausdehnungs koeffizient gleich dem des Substrates sein; 4. chemisch stabil, d. h. korrosionsfest sein (zum Einsatz bei unterschiedlichen Gasen /Atmosphären); 5. thermisch stabil sein, einen hohen Schmelzpunkt und einen Ausdehnungskoeffizienten haben, der dem des Substrats entspricht. Eigenschaften der Passivierungsschichten sind Gegenstand der heutigen Forschung. Beispiel: Kapitel 4 - 149 - 7.1 Dielektrische Eigenschaften Depositionsverfahren Meßfrequenz Schichtdicke ----RF-TriodenSputtern " " " Reaktives Sputtern Reaktives Sputtern RF-Sputtern RF-Sputtern --- 1 kHz 1 MHz 10 kHz ----300 nm 3,75-4,1 3,7 5,84 4 MHz 10 kHz 4 MHz 1 kHz 300 nm 375 nm 375 nm --- 1 kHz 1 kHz 1 kHz --- Quelle Bemerkungen 0,0002 0,0001 --- (4) (7) (1) kristallin kristallin --- 5,7 5,2 5,15 3,9 0,01 0,01 0,006 0,0003 (1) (1) (1) (3) --------- --- 3,8 0,0001 (4) --- ------- 4,0 4,0 3,8-3,9 0,001 0,002 --- (4) (5) (2) ----amorph r tan Tab. 4.7-1: Relative Dielektrizitätszahl εr und Verlustfaktor tan δ von Si02-Schichten im Vergleich zum kristallinen Si02 Depositionsverfahren ----RF-Trioden-Sputtern Reaktives Sputtern Reaktives Sputtern Ed in V/cm 5*106 4*106 2*108-4*108 6*106-1*107 1,5*106-1*107 Quelle (2) (7) (1) (3) (4) Bemerkungen kristallin kristallin ------- Tab. 4.7-2: Durchbruchsfeldstärke Ed von Si02-Schichten im Vergleich zum kristallinen Si02 Kapitel 4 - 150 - Depositionsverfahren --RF-Trioden-Sputtern " " " Reaktives Glimmentladungs-Sputtern Reaktives Sputtern Reaktives Sputtern RF-Sputtern RF-Sputtern RF-Sputtern Ionenstrahl-Sputtern Meßfrequenz 1kHz 10kHz 4MHz 10kHz 4MHz --- Schichtdicke ----180 nm 180 nm 300 nm 300 nm 10kHz 2-10kHz 1kHz 1kHz 1kHz 1kHz ------------- r tan 9,4 --10,5 0,18 10,1 <0,01 8,3 0,04 8,0 <0,01 6,2-6,8 --6,5 6-7 8,5 6,8 9,0 9,9 ----<0,01 0,001 0,0001 0,14 Quelle Bemerkungen (8) (1) (1) (1) (1) (2) kristallin ----------- (10) (9) (3) (4) (5) (6) ------------- Tab. 4.7-3: Relative Dielektrizitätszahl εr und Verlustfaktor tan δ von Si3N4 Schichten im Vergleich zum kristallinen Si3N4 Depositionsverfahren --------Reaktives Sputtern Reaktives Sputtern Reaktives IonenstrahlSputtern Temp./°C 25 500 25 500 400 500 --- cm 1015 1013 1014 2*1013 1015 2*1013 (2-4)1012 Quelle (2) (2) (2) (2) (10) (10) (6) Tab. 4.7-4: Spezifischer Widerstand von Si3N4 -Schichten Bemerkungen kristallin kristallin amorph amorph ------- Kapitel 4 - 151 - Depositionsverfahren RF-Trioden-Sputtern RF-Sputtern Reaktives Sputtern Reaktives Sputtern Ed in V/cm Quelle 2,2⋅108 - 2,8⋅108 106 2⋅105 - 7⋅106 107 (1) (4) (9) (10) Tab. 4.7-5: Durchschlagfeldstärke Ed bei Si3N4 -Schichten Durch das Aufbringen von Passivierungsschichten werden die dielektrischen Eigen schaften von Bauteilen stark beeinflußt. So liegt z. B. ohne Passivierungsschicht ein εr von 1 (Luft) vor. Nach dem Aufbringen kann dann ein εr von 9 vorliegen. Die Kapazität ändert sich. Somit erhält man ein neues Resonanzverhalten. Dies führt z. T. zu drastischen Änderungen, die besonders groß werden, wenn die Dimensionen des Bau - teils klein sind. 7.2 Passivierungsmaterialien im Vergleich Siliziumoxid (SiO2) besitzt ein deutlich besseres dielektrisches Verhalten als Silizium nitrit (Si3N4) (siehe Tab. 3.7-1 bis 3.7-5). Bei der Deposition einer Siliziumnitritschicht auf den Baustein (z. B. auf das Halbleitersubstrat) wird dieser wegen der relativ niedrigen Prozeßtemperaturen weniger geschädigt (besonders bei GaAs). Die Haftung von Si3N4 ist besser, da die thermischen Ausdehnungskoeffizienten besser übereinstimmen. Ein weiteres Passivierungsmaterial ist Polyamid. den Besitzt das Halbleitersubstrat einen anderen Wärmeausdehnungskoeffizienten als die Passivierungsschicht, so platzt diese weg, da in der Regel das Halbleitersubstrat um Faktor 100 bis 1000 dicker ist. Kapitel 4 - 152 - 8. Elektrischer Durchbruch Die Kenngröße ist die Durchschlagsfeldstärke, die z. B. von folgenden Größen abhängig ist: - Temperatur - Dimension (vor allem Dicke des Dielektrikums) Praktische Probleme treten häufig in folgenden Gebieten auf: - Hochspannungstechnik: Hier kommt es oft zu Kabeldurchbrüchen (Bsp.: treeing). - Mikroelektronik: ESD (electrostatic defects) Hierbei werden Elektronen aufgrund hoher Feldstärken so stark beschleunigt, daß sie in die Passivierungsschicht hineinschießen und diese zerstören. Als Folge der Miniaturisierung treten sehr hohe Feldstärken auf; damit verbunden kommt es zu Durchbrüchen. Typische Durchbruchfeldstärke: Bsp.: 1 V auf 0,1 mm 107 bis 108 V/m Elektrische Durchbrüche treten in der Mikroelektronik besonders häufig bei FETStrukturen und MOS-Transistoren auf. 8.1 Selbstheilender Durchbruch Abb. 4.8-1 Für ein zu großes U bricht der Isolator durch. großer Strom, → lokale Erwärmung der Probe → Metall des Gate schmilzt und wirft sich wegen der Oberflächenspannung der Schmelze zu einem Wall auf - 153 - Kapitel 4 Abb. 4.8-2: Darstellung in "dreidimensionaler" Form Abb. 4.8-3: Seitenansicht Man unterscheidet Durchbruch bei Dielektrika mit sehr großem und mittlerem Bandabstand. 8.2 Durchbruch bei Dielektrika mit sehr großem Bandabstand Diese Art des Durchbruches ist meist irreversibel, d. h. sie ist mit mechanischer Zer störung verbunden. Man unterscheidet wiederum mehrere Durchbruchmechanismen: 1. Thermischer Durchbruch Durch Ionenströme wird das Material stark erhitzt, so daß es zu einem lokalen Schmelzen kommt. Dadurch setzt eine hohe Ionenbeweglichkeit ein. 2. Elektrolytischer Durchbruch An Kristallbaufehlern (Versetzungen) z. B. können die Ionen unter dem Einfluß eines Feldes entlanggleiten. Dies führt zu einem Stromfluß entlang der Fehlerstruktur (gilt auch bei nichtionischen Dielektrika; so kann z. B. Kapitel 4 - 154 - eine Versetzung in einem Si-Thyristor einen vorzeitigen Durchbruch hervorrufen → versetzungsfreies Material bei Kraftwerksthyristoren verwenden). 3. Dipoldurchbruch Hier werden durch die felderzeugten Dipole Zustände innerhalb des verbotenen Ban des erzeugt. Über diese findet dann ein Stromfluß statt. 4. Stoßdurchbruch Hier werden geladene Teilchen (Ionen oder Elektronen) in das Dielektrikum so eingeschlossen, daß sie Ladungsträger auslösen. Diese lösen dann ebenfalls wieder Ladungsträger aus usw. (ähnlich Lawinendurchbruch). 5. Gasentladungsdurchbruch Bei Vorhandensein kleiner Gasbläschen im Dielektrikum werden die Gasmoleküle ionisiert und gewinnen im Feld Energie. Diese übertragen sie dann in Stoßbzw. Ätz prozessen auf das umgebende Material. Bei ausreichend hoher Störung bricht dann der Werkstoff durch. 8.3 Durchbruch bei Dielektrika, die einen mittleren Bandabstand (ca. 3-5 eV) haben Diese Dielektrika können als Halbleiter betrachtet werden. Man unterscheidet folgende Möglichkeiten: 1. Zenerdurchbruch (Tunneleffekt) Elektronen treten ohne zusätzliche notwendige Energie vom Valenzins Leitungsband. Abb. 4.8-4: Zenerdurchbruch 2. Lawinendurchbruch Kapitel 4 - 155 - Ein Elektron gewinnt im Feld so viel Energie, daß es ein Elektron-Loch-Paar produziert, ohne dabei selber vernichtet zu werden. Danach produzieren wieder beide Elektronen jeweils ein neues Elektronen-Loch-Paar usw. (also 4 ... → 2n) Abb. 4.8-5: Lawinendurchbruch Skizzen zum schiefen Bandverlauf: 9. Hysteresebehaftete Werkstoffe Bei diesen Werkstoffen liegen a priori Dipole vor, die in kleinen Bereichen sogenannten "Domänen" - einheitlich orientiert sind. Diese Domänen können durch Feldeinfluß wachsen, bei hohen Feldern können auch die Dipolrichtungen innerhalb der Domäne gedreht werden. → → → Ferroelektrische Werkstoffe (hier: ferroelektrische Domänen) Ferrielektrische Werkstoffe Antiferroelektrische Werkstoffe - 156 - Kapitel 4 Weiterhin liegt anisotropes Verhalten vor, woraus folgt, daß unterschiedliche Hysteresekurven für verschiedene Kristallrichtungen existieren. Dies gilt in diesem Fall auch für kubische Kristall- systeme. Ferroelektrika sind eine Untergruppe der Pyroelektrika, deren Domänenstruktur durch ein HFeld beeinflußt werden kann. Zusammenhang zu S. 83: "Polarisationskatastrophe" Kapitel 4 - 157 - N ⋅α ε0 χe = εr − 1 = N ⋅α 1− 3⋅ ε0 (Clausius Mosotti-Gleichung für kubisches Material) Ausnahmen: Es sei nur die Orientierungspolarisierbarkeit αOr entscheident, da stark polares Material vorliegt. Die Teilchendichte N sei keine Funktion der Temperatur. N = N(T) wird vernachlässigt. Verweis: S. 74 (3.3.50) : α Or folgt: p2 = 3kT mit N ⋅ p2 =C 3k ⋅ ε 0 C T = C χe = C C 1− T− 3kT 3 χe = C T − TC (3.9-1) TC = N ⋅ p2 C = 3 6 ⋅ ε0 ⋅ k Gleichung (3.9-1) beschreibt das Curie Weißsche Gesetz. Es hat Gültigkeit für Temperaturen oberhalb von Tc. Erläuterungen bzw. Vergleich zu Kapitel VI: Ferromagnetismus: Unaufgefüllte innere Elektronenschalen führen zu gleichgerichteten Spin momenten. Im Kristall bilden sich Bereiche, die man Weißsche Bezirke nennt. Anlegen eines äußeren Feldes führt zum parallelen Ausrichten der Bezirke, wobei eine Temperaturerhöhung diesem Prozeß entgegenwirkt. TC ist die Temperatur, ab der die unordnenden gegenüber den ordnenden Prozessen überwiegen. Oberhalb von TC liegt rein paramagnetisches Verhalten vor. 10. Elektromechanisches Verhalten von Dielektrika 1. Elektrostriktion (atomarer Effekt) ist direkt mit der Elektronenpolarisation verkoppelt, d. h. mit der Verformung der Atome im E-Feld → tritt also bei allen Werkstoffen auf Bei diesem Effekt gilt: - Feld verursacht Längenänderung }→ E2 ~ ∆l l - mechan. Druck/Spannung verursachen kein Feld 2. Piezoelektrizität tritt auf bei Ionenkristallen ohne Symmetriezentrum, d. h. bei Druck/Spannung tritt eine Trennung der positiven und negativen Ladungsschwerpunkte auf (Piezoelektrizität ist richtungsabhängig, z. B. können bestimmte Richtungen völlig ohne Piezoeffekt sein, andere dagegen schon [typ.: GaAs].) - 158 - Kapitel 4 Anwendung: interdigitaler Transducer, "akustische Filter" Abb. 4.10.1 Wenn die Abstände der Metallisierungsfinger mit der akustischen Wellenlänge (zur Frequenz des Sinusgenerators f) passen, dann kann kohärente Interferenz der mechanischen (∆l / l) Änderung erfolgen und aus einem elektrischen Signal ein akustisches werden und umgekehrt. Vereinfacht gilt (da Piezoeffekt umkehrbar): ∆l ~E l kristalline Eigenschaft Bisher wurden nur die Volumeneigenschaften der Piezoelektrizität betrachtet: Abb. 4.10-2 : Anwedungsgebiet : z.B. Verzögerungsleitung Nun soll der Übergang zu akustischen Oberflächenwellen durchgeführt werden. → SAW-Devices (Surface-Acoustic-Waves) - 159 - Kapitel 4 Abb 4.10-3: An der Oberfläche : Ausbildung einer Transversal-Welle (Rayleigh-Welle), deren Intensität exponentiell in z-Richtung abklingt. Typischerweise ist der Existenzbereich der Welle in die Tiefe nach einer akustischen Wellenlänge abgeklungen. Wenn der "vertikale" Effekt wegen zu großer Probendicke vernachlässigt werden kann, findet die Ausprägung einer reinen Oberflächenwelle statt. Die Wechselspannung bewirkt ein mechanisches "Auf und Ab" der Oberfäche, also eine akustische Welle, die sich mit Schallgeschwindigkeit entlang der Oberfläche ausbreitet. 1. Es entstehen soviele individuale Schallquellen, wie Elektroden vorhanden sind. 2. Alle Wellen überlagern konstruktiv, wenn der Abstand gleichgerichteter Schallquellen genau einer Wellenlänge entspricht ! - 160 - Kapitel 4 3. Für das in obiger Abbildung eingezeichnete λ ergibt sich eine maximale SAW-Amplitude! (inklusive einer eindeutigen Sinuswelle; kleine Fremdfrequenzen u.s.w.) 4. Je mehr Elektroden verwendet werden, um so schärfer wird die Frequenzantwort dieser Anordnung! D.h., die sich ausprägende Frequenz wird immer genauer definiert. Technische Realisierung: Beispiel dazu: Lithiumniobat (LiNbO3) Oberflächengeschwindigkeit: vsaw = 3600 m/s Ziel: f = 100 MHz → λ = 36 µm Abstände bzw. Leiterbahnbreite = 9 µm Anderes Beispiel: f = 1 GHz → Abstände = 0,9 µm Da die Abstände 0,9 µm betragen, muß die Technologie zur Herstellung besser als 0,2 µm sein! Ein Problem bei hohen Frequenzen stellt der Skin-Effekt dar → Konsequenz: hohes AspektVerhältnis (h>>0,9 µm) Anwendungen: Verzögerungsbauelement (interdigital transducer (IDT)) Ein Abstand der interdigitalen Transducer von 1 cm führt zu einer Verzögerungszeit von tDelay = 2,8 µs - 161 - Transversale SAW-Filter: Cn: Überlappungskoeffizient Die Transfer-Funktion für diese IDT-Filter lautet: N −1 H (ω ) = ∑ C n e − jωnTd n=0 1. Fall: alle Cn = 1 N −1 → H (ω ) = ∑ e − jωnTd mit n=0 Td = 1 f0 (f0 entspricht λ aus geometrischer Definition) Die Amplitude ist proportional zu ∆f f0 ∆f Nπ f0 sin( Nπ N⋅ N: Anzahl der Elektronenpaare ∆f: Abweichung von f0 (der Zentralfrequenz) Beispiel: Bandpässe mit 100 dB - Unterdrückung von Fremdfrequenzen: Filtergüte: f ≈ 105 f0 Durch geeignete Wahl der Cn - Komponenten lassen sich beliebige Filterfunktionen realisieren Kapitel 4 - 162 - Kapitel 4 → Matched Filter Space Charge Coupled SAW Devices Voraussetzung: Das Piezomaterial ist gleichzeitig Halbleiter. Dann ist mit der Erzeugung von elektrischen Feldern eine damit korrelierende Erzeugung von Raumladungen und damit von Ladungsträgerkonzentrationen verbunden, d.h. es entsteht eine Fluktuation von Elektronen und Löchern (lokale hochfrequente Anreicherung und Verarmung mit freien Ladungsträgern). Existieren zwei Schallquellen, die aufeinander zulaufen, so interferieren diese aufgrund der elektroakustischen Kopplung in nichtlinearer Weise. Dieses kann man (in unterschiedlicher Realisierung) zum Bau eines Convolver-Bauelementes nutzen. Convolution: Faltung Convolver: Bauelement, das ein Faltungsintegral in Echtzeit löst. - 163 - Space charge coupled SAW convolver. Die Ladungsträgerwellen erzeugen bei Interferenz ein akustisches Signal bei 2ω. (zwei identische IDT zur Signaleingabe) Die überlappenden Wellen lassen sich beschreiben durch: x f ( t − ) exp j(ωt − kx) v dabei: v = vSAW (Schallgeschwindigkeit) x g( t + ) exp j(ωt + kx) v Aufgrund der nichtlinearen Kopplung ergibt sich bei 2ω eine Amplitude von + L 2 x x t+ L 2v ∫ f (t − v ) ⋅ f (t + v ) dx = v ⋅ ∫ f (τ ) g (2t − τ )dτ − L 2 t− L 2v L : Abstand der Eingangstransducer 3. Elektromechanische Kopplungsgleichungen bei Piezoeffekt gilt allgemein folgender Beziehungssatz: mit für SE : εT: d : S : T: D: E: Elastizitätskonstante für E = konst Permittivität für T = konst piezoelektrische Ladungskonstante relative Dehnung ≡ ∆l / l (→ strain) mechanische Spannung (→ tension) dielektrische Verschiebungsdichte E-Feld S = SE ⋅ T + d ⋅ E D = d ⋅ T + εT ⋅ E Wichtiges Piezomaterial: PZT : Keramik aus Blei (Pb) - Zirkonat (Z) - Titanat (T) Kapitel 4 Kapitel 5 - 164 - Kapitel V Metalle 1. Grundlagen Metalle sind solche Stoffe, die bei jeder Temperatur (also auch bei T = 0 K) eine elektrische Leitfähigkeit aufweisen. Metalle können flüssig und fest sein, im festen Zustand kristallin, polykristallin oder amorph. Mikroskopisch bedeutet dies, daß in einem Metall immer eine von Null verschiedene Ladungsträgerkonzentration vorliegt. Es gibt zwei Möglichkeiten, dies zu realisieren: Einwertiges Metall (ungerade Zahl an Valenzen): Da jedes Band erst durch Doppelbesetzung (Spin: ↑ und ↓ ) voll besetzt ist, folgt bei nur einem Valenzelektron ein halbvolles Valenzband. n ≠ f (T) Es liegt nur Elektronenleitung vor. Abb. 5.1-1: W(x)-Verlauf bei einwertigen Metallen Zweiwertiges Metall (gerade Zahl an Valenzen): Diese Gruppe entspricht prinzipiell einem Halbleiter oder Isolator. Die Bandlücke Wg ist jedoch negativ! Im Falle einer Nichtüberlappung der Bänder wäre bei T = 0 K das Leitungsband leer und das Valenzband voll. Tatsache ist jedoch, daß die Elektronen im Valenzband, die eine Energie W > WF besit zen, ohne zusätzliche Energiezufuhr (bereits bei T = 0 K) Abb. 5.1-2: W(x)-Verlauf bei zweiwer- ins Leitungsband gelangen, und zwar so tigen Metallen lange, bis das Leitungsband aufgefüllt ist bzw. bis das Valenzband bis zur Energie WF leer ist. WF ist dann die Grenze, bis zu der sich Elektronen energetisch befinden können! Die Folge davon ist, daß es bereits bei T = 0 K eine von Null verschiedene Zahl an freien Ladungsträgern gibt, und zwar sowohl Elektronen als auch Löcher. Dies bedeutet, daß in diesem Metalltyp sowohl eine Löcher- als auch eine Elektronenleitung vorliegt! Es ist darauf hinzuweisen, daß hier prinzipiell auch eine Änderung der Konzentrationen n und p mit der Temperatur durch thermisch induzierte Elektronen-Lochpaar-Bildung möglich ist. Dieser Effekt ist jedoch gering. Als Näherung kann man auch hier verwenden: n bzw. p = const. 2. Elektrische Leitfähigkeit von Metallen Kapitel 5 - 165 - Zur Vereinfachung werden nur Metalle mit halbvollem Band betrachtet, also nur Elektronen. Man muß sich die Frage stellen, welche Elektronen zur Leitfähigkeit beitragen. Hierzu sei noch einmal auf das Bändermodell bzw. das Elektron im Potentialtopf hin gewiesen: (vgl. Gl. 4.2-7) 2 k z2 1 k x2 k y W = h ∗ + ∗ + ∗ 2 me me me x y mit ( ( p2 = h2 k x2 + k y2 + k z2 → p2 = h2 k ; x y z z p2 1 1 h ∗ k x2 + k y2 + k z2 ∗ = 2 ⋅ me 2 me ⇒ m∗e = m∗e = m∗e = m∗e ) ) mit k i = ± n i 2π ; i = x, y , z L → k =k (5.2-1) (5.2-2) Abb. 5.2-1: Auf der Oberfläche der Kugel mit dem Radius k befinden sich alle Elektronen mit der Energie W, d. h., im k-Raum liegt auf der Kugeloberfläche eine konstante Energie vor. Betrachtet man die Besetzung des k-Raumes, so stellt man fest, daß das gesamte Volumen innerhalb der Kugel mit dem Radius kF (→ WF: Fermi-Energie) bei T = 0 K voll besetzt ist. Der Grund dafür ist, daß die Fermi-Statistik für W < WF die volle Besetzung aller Zustände vorsieht. kF: Wellenvektorbetrag zur Fermi-Energie WF Im Energiebereich gilt: n(W) = ∫ S(W) f (W)dW W0 - 166 - Kapitel 5 Abb. 5.2-2: Skizze zur Verdeutlichung (5.2-3) Abb. 5.2-3: Besetzungswahrscheinlichkeit und Elektronenverteilung zu T = 0 und T ≠ 0 Anmerkungen: Die Aufweitung der Grenze zwischen "besetzt" und "unbesetzt" ist, verglichen mit der Energie WF selbst, nur gering (bei normaler Temperatur). Somit können nur solche Elektronen zur Leitfähigkeit beitragen, die überhaupt in der Lage sind, Energien aufzunehmen. Dies sind diejenigen, die sich in der Randschicht der Kugel mit dem Radius kF (im k-Raum) befinden. Alle anderen sind aufgrund des Pauli-Prinzips nicht in der Lage, Energie zu absorbieren, da der dann notwendige Zustand durch ein anderes Elektron besetzt ist. Abb. 5.2-4: Veranschaulichung im n(W)-Diagramm Das E-Feld wird in x-Richtung angelegt. vx ist die durch die Energie gegebene Geschwindigkeit, bei WF ist dies die Fermi-Geschwindigkeit (tatsächliche Geschwindigkeit der Elektronen). Praktisch tragen nur die Elektronen mit WF bzw. vF zur Leitfähigkeit bei ! Das heißt, daß nur die oberflächennahen Elektronen zur Leitfähigkeit beitragen. Dies wird zur Verdeutlichung anhand eines Vergleiches zwischen Halbleiter und Metall dargestellt. - 167 - Kapitel 5 Elektronen existieren nur in einem engen Energieintervall. Alle Elektronen tragen zur Leitfähigkeit bei. Abb. 5.2-5: W(x)-Verlauf eines Halbleiters Nur die obere Schicht der Elektronen im Leitungs (= Valenz-) band kann zur Leitfähigkeit beitragen. Der Grund ist, daß nur die oberen Elektronen durch das E-Feld so viel Energie gewinnen können, daß sie über das Fermi-Niveau hinaus können. Alle anderen Elektronen können keinen Zustandswechsel durchführen (wegen Pauli-Prinzip). Im folgenden wollen wir die Größen betrachten, zu denen die Leitfähigkeit in einem Metall proportional ist. Dieses wird nur für Elektronen betrachtet. Abb. 5.2-6: W(x)-Verlauf bei einem einwertigen Metall Die Leitfähigkeit von Metallen ist proportional - zur Konzentration der "wirksamen" Elektronen: n ≠ n (T) - zur Beschleunigung, die die Elektronen im Feld erfahren F = m∗e ⋅ a = −e ⋅ E ⇒ a= −e e also >> − ∗ ∗ E me me (5.2-4) a: Beschleunigung - zur Ladung der Elektronen: - e - zur Zeitdauer τ , bis zu der die Elektronen frei beschleunigt werden (bevor sie einen Stoß erleiden), also damit auch zur sogenannten freien Weglänge l, für die gilt: l = vF τ mit vF: Fermi-Geschwindigkeit. e2 κ = ∗ nτ me e2 1 bzw. κ = ∗ n me v F Achtung! Es gilt: vF >> vthermisch >> vDrift Als Formel für die Leitfähigkeit einwertiger Metalle ergibt sich: (5.2-5) - 168 - κ = n ⋅ e ⋅ bn ; bn = τ e m∗e (vgl.4.8-4) e: Elementarladung n: Konzentration der Elektronen im Leitungsband bn: Beweglichkeit der Elektronen, die sich aus der Driftgeschwindigkeit berechnet → bn = vD → E Kapitel 5 Kapitel 6 - 169 - Kapitel VI MAGNETISMUS 1. aus- Einführung Magnetische Werkstoffeigenschaften basieren auf der Existenz der magnetischen Momente von Atomkernen und -hüllen und auf der Wechselwirkung zwischen den magnetischen Momenten der Atomhüllen benachbarter Atome. Das magnetische Moment des Kerns ist wesentlich kleiner als das magnetische Moment der Hülle. Daraus ergibt sich, daß das magnetische Moment des einzelnen Atoms in erster Näherung schließlich durch das magnetische Moment der Elektronenhülle bestimmt wird. Die Beschreibung kann also auf Elektronen beschränkt werden. Für ein einzelnes Elektron gibt es zwei Momente: Bahnmoment l, welches die Rotation des Elektrons um den Kern beschreibt; Spinmoment s, welches den Eigendrehimpuls beschreibt. Diese Momente bilden das Gesamtmoment → → → j → j = s+ l (6.1-1) Bei mehreren Elektronen der Hülle (n-Elektronen) treten folgende Momente auf: ### Bahnmoment n → → L = ∑li (6.1-2) i =1 → n → S = ∑ si ### Spinmoment i =1 (6.1-3) Das Gesamtmoment ergibt sich dann zu: → → → J = S+ L → (6.1-4) l = n − 1, n − 2,...0 s= ± 1 2 n: Hauptquantenzahl Daraus kann man ersehen, daß Elektronen Fermiteilchen sind. Entscheidend für das magnetische Verhalten sind die Elektronen der Hülle. Bsp.: VI. O − VII Cl zeigen das gleiche magnetische Verhalten Elemente, die in Edelgaskonfiguration vorliegen, sind magnetisch inaktiv, da sich die Bahnmomente und Spins zu null kompensieren. Silizium als Atom bildet keine Edelgaskonfiguration, da sich die Spins nicht zu null kompensieren können. Liegt Silizium jedoch als Kristall vor, so ist dieses Material diamagnetisch. Die Spins kompensieren sich innerhalb einer Bindung zu null. Unabhängig davon, durch welche Bindungstypen sich eine Edelgaskonfiguration ergibt, erhalten die Atome eine ideale magnetische Struktur und die Momente entfallen. Man unterscheidet zwei Effekte: Kapitel 6 - 170 - 1. Effekt: Atome, die als Individuum keine abgeschlossene Edelgaskonfiguration besitzen, erhalten diese in der chemischen Bindung. Dies gilt insbesondere für Festkörper. Bsp.: Si-Atom ist paramagnetisch Si-Kristall ist diamagnetisch 2. Effekt: (der nicht immer auftritt) Bei dichter Packung (Festkörper oder auch Flüssigkeit) tritt außerdem bei bestimmten Systemen eine Kopplung zwischen benachbarten Atomen auf, die eine Parallel- bzw. auch Anti parallelstellung benachbarter magnetischer Momente bewirkt (Austauschintegral, Austausch kopplung). Dies bedeutet, daß jedem Atom magnetische Momente zugeordnet werden können, die parallel oder antiparallel stehen. Daraus ergibt sich eine magnetische Ordnung. ### Ferromagnet (*) ### Ferrimagnet (*) ### Antiferromagnet (*) wesentlicher Bestandteil in der Elektrotechnik Grundbeziehungen → → B = µ⋅ H → → B = µr ⋅ µ0 ⋅ H → → → B = I + B Vakuum → → (6.1-5) [H,M] = A/m (6.1-6) M = χm ⋅ H → = µ 0 ⋅ M+ µ 0 ⋅ H → ### = Permeabilität → → µ 0 ⋅ H : Vakuumanteil; µ 0 ⋅ M : Materialanteil. Dieser kann sowohl durch H-Feld erzeugt sein, als auch a priori vorliegen. → → B = µ 0 (1 + χ m ) ⋅ H µ = µ0µ r µr = 1+ χ m ###m : Suszeptibilität ###r : relative Permeabilität (6.1-7) (6.1-8) ###r ist bei Ferro- und Ferrimagnetika keine eindeutige Größe mehr, sondern von den Randbedingungen abhängig (### Hysterese). Prinzipiell ist ###r ein Tensor zweiter Stufe. µ1 ....... µ13 µ r = : : µ 31 ....... µ 33 ↔ Im kubischen Gitter kann dieser Tensor aufgrund der Symmetrieeigenschaften -immer auf Hauptdiagonalform gebracht werden und - reduziert sich dann wegen ###11=###22=###33 zu einem Skalar, allerdings dann und → ↔ → ↔ → nur dann, wenn eine eindeutige B = µ⋅ H = µ 0 ⋅ µ r ⋅ H - Beziehung vorliegt. Kapitel 6 - 171 - Insbesondere gilt dieses nicht bei Vorliegen einer Hysterese, d. h., z. B. kubische Ferromagnetika zeigen Anisotropie! Bringt man ein Medium (Atom, Molekül, Flüssigkeit, Festkörper) in ein Magnetfeld, so treten zwei prinzipielle Effekte auf: Alle Atome (Stoffe), die über nicht abgeschlossene Elektronenschalen verfügen, können durch ein H-Feld so beeinflußt werden, daß die nicht kompensierten elektronischen Dipolmomente zu einem von Null verschiedenen atomaren Dipolmoment zur Unterstützung des H-Feldes ausgerichtet werden: Paramagnetismus. Alle Atome (Stoffe) mit abgeschlossenen Schalen haben diese Eigenschaft nicht, statt dessen wird aber durch "Wirbelströme" ein atomares Dipolmoment erzeugt, das dem H-Feld entgegenwirkt: Diamagnetismus. Der Paramagnetismus ist vom Betrag her etwa 1000 mal größer als der Diamagnetismus.Ist ein Atom Atom diamagnetisch, so ist auch der Festkörper diamagnetisch. Beim Paramagnetismus kann jedoch im Festkörper Diamagnetismus vorliegen. 2. Grundlagen Magnetisches Moment magnetisches Dipolmoment eines Ringstromes (z. B. Elektron auf einer Kreisbahn): → → → 1 p m = µ0 ⋅ i ⋅ A = µ0 ⋅ ⋅ e ⋅ ω ⋅ r 2 ⋅ n 0 2 magnetischer Drehimpuls: → → (6.2-1) → l Dreh = ( r × m e v ) (6.2-2) Mit (6.2-1) und (6.2-2) erhält man: → p m = −µ 0 ⋅ → m=− → e ⋅ l Dreh 2me → e ⋅ l Dreh 2me magn. Dipolmoment (6.2-3a) magn. Bahnmoment (6.2-3b) Den Faktor e/2me bezeichnet man als gyromagnetisches Verhältnis ###B der Elektronen→ → bahn. Somit lassen sich p m und m vereinfacht schreiben: → → p m = −µ 0 ⋅ γ B ⋅ l Dreh (6.2-4a) m = − γ B ⋅ l Dreh (6.2-4b) → → Analog kann die Eigenrotation (Spin) des Elektrons betrachtet werden, so daß sich ergibt: → p m = −µ 0 ⋅ S → → e ⋅ l Dreh me → p m = −µ 0 ⋅ γ S ⋅ l Dreh S (6.2-5) mit γS = e me (6.2-6) Kapitel 6 - 172 - Warum γS = 2 gilt, ist zur Zeit ungeklärt. γB Bewegung eines magnetischen Dipols im homogenen H-Feld Das mechanische Drehmoment ist gegeben durch: → T= d → l dt Dreh (6.2-7) Die magnetische Ursache des Momentes stellt sich wie folgt dar: → → → T = pm× H (6.2-8) Setzt man (6.2-4a) und (6.2-8) in (6.2-7) ein, ergibt sich: → → d → l Dreh = −µ 0 ⋅ γ B ⋅ l Dreh × H dt (6.2-9) → Berücksichtigt man bei der Lösung, daß l Dreh = const., so folgt: 1. 2. → d → l Dreh ⊥ l Dreh dt → → → d l Dreh = ωL × l Dreh dt (6.2-10) → → → mit ωL = γ B ⋅ B = µ 0 ⋅ γ B ⋅ H (6.2-11) ###L ist die sogenannte Larmorwinkelgeschwindigkeit, die ausschließlich Funktion von →→ ω L H . → H ist Wenn Elektronen mit einem von null verschiedenen Bahnmoment ins H-Feld gebracht werden, erfolgt eine induzierte Elektronenbewegung. Hierbei handelt es sich um eine → → Präzessionsbewegung des l Dreh - Vektors auf einem Kegel um die H - Achse mit der Winkel geschwindigkeit ###L. Abb. 6.2-1: Bewegung des Bahndreh→ Impulses l im homogenen → Magnetfeld H Kapitel 6 - 173 → Das Ergebnis der Präzessionsbewegung im homogenen H -Feld ist ein induzierter magne tischer Dipol. → → → e p m = − µ0 2 ⋅ ⋅ γ B ( r ) 2 H 2 (6.2-12) ind → p m ist gegen das H-Feld gerichtet und versucht, dieses abzuschwächen. r ist der mittlere ind → Abstand zur H -Achse bzw. mittlerer Radius. Der Effekt des induzierten magnetischen Dipols tritt immer auf und ist gleichzeitig mit dem Begriff des Diamagnetismus verbunden. Er ist betragsmäßig klein und kann durch andere Magnetisierungseffekte überlagert werden. Für die Larmorfrequenz ergibt sich (ohne Beweis) aufgrund von γ B = ωL =2ωL s 1 γ : 2 s B Für den Gesamtdrehimpuls: → → → j = l Dreh + s → j = (6.2-13) j( j +1) ⋅ h (6.2-14) j: Quantenzahl des Gesamtdrehimpulses Als makroskopisches Bild der Magnetisierung ergibt sich: → → M = ∑ mi N (6.2-15) i → Liegen unterschiedliche p mi vor, ergibt sich: → → M = ∑ N i mi bzw. i → → I = ∑Ni pm i i (6.2-16) wobei Ni = Dichte der Sorte i Es gibt: 1. vorhandene magnetische Dipole, die durch das H-Feld in ihrer Richtung beeinflußt werden 2. durch das H-Feld induzierte Dipole Durch den Bahndrehimpuls der Elektronen ergibt sich das Gesamtbahnmoment: → → L = ∑ l Dreh i → → l Dreh : l Dreh eines Elektrons i i Durch den Eigendrehimpuls der Elektronen ergibt sich das Gesamtspinmoment: → → S = ∑ si i Das Gesamtmoment des Atoms ist: → → → J = L+ S → → si : s eines Elektrons Kapitel 6 - 174 - Das magnetische Gesamtmoment ergibt sich zu: → pm Atom = µ 0 ⋅ µ B ⋅ g ⋅ J (J +1) mit g =1+ (6.2-17) J (J +1)+S(S +1)− L( L +1) 2J (J +1) µB :Bohr'sches Magnetron g: Landé-Faktor 3. Diamagnetismus Der Diamagnetismus ist gleichbedeutend mit dem Anteil der Summe aller induzierten Dipole und tritt demzufolge in jedem Werkstoff auf (vgl. in dieser Hinsicht mit Elek tronenpolarisation bei dielektrischen Eigenschaften). Die induzierten Dipole sind mit der Formel (6.2-12) beschrieben: → → → e p m = −µ 0 2 ⋅ ⋅ γ B ( r ) 2 H 2 ind → γB = e 2me → p m ist parallel zu H , unabhängig davon, welchen Zustand (z. B. "Rotationsrich ind tung") ein Elektron hat (siehe Abb. 6.3-1). → Bei H handelt es sich, streng genommen, um das lokale Magnetfeld. Abb. 6.3-1: Modell eines diamagnetischen Atoms Kapitel 6 - 175 → → Da laut (6.2-15) M = ∑ m i N gilt, müssen alle Elektronen eines Atoms berücksichtigt i werden und dann über alle Atome summiert werden. Die einzige für die Berechnung → maßgebliche Größe ist r , also der effektive Abstand des Elektrons vom Kern. Somit ergibt sich für das i-te Elektron eines Atoms: → pm ind i für ein Atom: pm → → e = −µ0 2 ⋅ ⋅ γ B ( ri ) 2 H 2 → ind Atom → → e = −µ 0 2 ⋅ ⋅ γ B ∑ ( ri ) 2 H 2 i für den Werkstoff: → I = N ⋅ pm Da gilt: resultiert: (6.3-1) → → N = Atomdichte ind Atom (6.3-2) → I = µ0χ m H χ m = −µ 0 ⋅ (6.3-3) 2 e ⋅ N ⋅ ∑ ( ri ) 2 4me i → (6.3-4) Der Diamagnetismus tritt in reiner Form nur auf, wenn die Summe der vorhandenen Dipole null wird. Dies ist der Fall bei Edelgaskonfigurationen (z. B. He, Na+, Clusw.). Die Edelgaskonfiguration muß auch für innere Schalen gelten (beispielsweise sind die 3d-Elektronen bei Eisen nicht vollständig und laut Hundscher Regel in maxi maler Spinmultiplizität). Beim Diamagnetismus gilt für χm: a) χm < 0 b) χm ist weitgehend temperaturunabhängig [χm ≠ f(T)] c) χm ist proportional zum Quadrat des Atomdurchmessers 4. Paramagnetismus Bei der folgenden Betrachtung wird der Diamagnetismus vernachlässigt. Dieser tritt zwar immer auf, ist jedoch sehr klein. Beim Paramagnetismus sind die Dipole ent scheidend, die durch Bahndrehimpulse und Eigendrehimpulse verursacht werden. Typischerweise sind die Größen im Atom gequantelt, so daß nur bestimmte Einstell winkel der Dipole zum Feld möglich sind [→ Brillouin-Theorie]. Für Paramagneten kann man die Brillouin-Theorie bei nicht zu großen H-Feldern bzw. bei von null Kelvin verschiedenen Temperaturen vernachlässigen, d. h. klassisch rechnen und da mit alle Einstellwinkel zulassen [→ Langevin-Theorie]. Beide Theorien kommen bei "normalen" Systemen zum gleichen Ergebnis. 4.1 Langevin-Theorie → p m sei ein a priori vorhandener magnetischer Dipol. Der Anteil dieses Dipols an der magnetischen Polarisation ist: → → I anteilig = N p m → p m : statistischer Mittelwert (6.4-1) → bzw. für mehrere Dipole p mi mit Ni (wobei alle Atome erfaßt werden): → → I = ∑Ni pm i i (6.4-2) Kapitel 6 - 176 → p m teilt sich folgendermaßen auf (siehe Abb. 6.2-1): p m =0 x p m =0 y p m = p m cosϑ z [Jetzt folgt eine zu Kapitel III 4.4.3.1 identische Betrachtung.] 1 cosϑ = coth(a )− = L(a ) a pm ⋅ H wobei a = k⋅T L(a) wird Langevin-Funktion genannt. Im Normalfall gilt: a << 1 Die Reihenentwicklung liefert dann: L(a )= Somit ergibt sich: → I H = N pm ⋅ (6.4-3) (6.4-4) a 3 a 3 (6.4-5) → → Da I H , folgt nach Einsetzen von (6.4-4): → I = N⋅ p m2 → ⋅H ; 3kT → M = µ0 ⋅ N ⋅ m2 → ⋅H 3kT (6.4-6) Aus der Beziehung I = µ 0 χ m H ergibt sich danach für χm: N ⋅ pm2 χm = 3µ 0 kT (6.4-7) Die Suszeptibilität χm ist immer positiv und des weiteren von der Temperatur abhängig. Die Temperaturabhängigkeit ist gegeben als: c χm = T c wird Curie-Konstante genannt. mit N ⋅ p m2 c= 3µ 0 k Kapitel 6 - 177 - 4.2 Brillouin-Theorie des Paramagnetismus Da die Dipole im Atom gequantelt betrachtet werden, gibt es nur diskrete Werte für → → ( p m ,H ) . Es gilt nach (6.2-17): → pm = µ 0 ⋅ µ B ⋅ g J (J +1) Atom (6.4-8) wobei der Landé-Faktor g Werte im Bereich 1 < g ≤ 2 annehmen kann. µB ist das Bohr'sche Magneton, das die Elementareinheit des magnetischen Dipolmomentes darstellt. µB = eh =9,27⋅10 − 20 Acm 2 2me Für die magnetische Polarisation ergibt sich: I = N ⋅ µ 0 ⋅ µ B ⋅ g ⋅ I ⋅ B(α) quantenmechanisch B(α) α B(α) ist definiert als: B(α)= mit (6.4-9) ↔ ↔ mechanisch L(α) α 2J +1 2J +1 1 α coth α − coth 2J 2J 2J 2J J⋅H α = µ0µ Bg kT (6.4-10) In den meisten Fällen entfällt der Einfluß der Bahnmomente. Dann wird typischer weise J = 1/2 und außerdem strebt g → 2 . Damit erhält man B(α) J= 1 2 = tanh α Für kleine α ergibt sich eine entsprechende Reihenentwicklung wie bei der LangevinTheorie für die Suszeptibilität: χ m = N ⋅ µ0 ⋅ µB2 ⋅ g2 J (J +1) 3kT bzw. aufgrund der Vereinfachung J = χ m = N ⋅ µ0 ⋅ µB2 (6.4-11) 1 und g = 2: 2 1 kT Somit ist χm nur noch von der Temperatur abhängig: (6.4-12) Kapitel 6 - 178 - χ m = f (T)= c T mit c = N ⋅ µ0 ⋅ µB2 1 k (6.4-13) Für "normale" Temperaturen und Feldstärken liefern Brillouin- und Langevin-Theorie das gleiche Ergebnis. H -Verhältnisse (große H- bzw. kleine T-Werte) ist nur die BrillouinT Für große Theorie zulässig. Kapitel 6 - 179 - 5. Geordnete magnetische Systeme 5.1 Gegenüberstellung von Silizium und Eisen Zum Einstieg werden je ein Atom Silizium und Eisen gegenübergestellt. Silizium (Si) (z = 14) 1s2 2s2 2p6 3s2 3p2 Eisen (Fe) (z = 26) 1s2 2s2 2p6 3s2 3p6 3d6 4s2 Nach der 1. Hundschen Regel muß der maximale Wert des Gesamtspins vorliegen, der durch das Pauli-Prinzip zugelassen ist. Spinrichtung: (3p2) ↑↑ (3d6) ↑↑↑↑↑↓ Die Beiträge der Bahnmomente können weitgehend unberücksichtigt bleiben, da sie sich ganz oder (siehe bspl) oder zumindest teilweise kompensieren und zusätzlich der Anteil wegen des Landé-Faktor um einen Faktor 2 kleiner ist ml = {-1, 1} ml = {-2, -1, 1, 2} Beide Einzelatome sind paramagnetisch, da grundsätzlich alle Atome mit nicht ver schwindenden l- und s-Werten paramagnetisch sind. Nun wird der Übergang zu Festkörpern gemacht: Bei Si geschieht dies über Bei Fe geschieht dies über kovalente Bindung. metallische Bindung. Äußerste Schale: 3s2 3p2 4s2 → Die Einzelatome bilden mit ihren → Die 4s2-Elektronen verlieren ihre BinNachbaratomen eine Edelgaskonfiguration. dung zum Atom und verhalten sich im Festkörper wie quasifreie Elektronen. Somit sind auch keine Bahnanteile bzw. Spinanteile gegeben. Die 4s2-Elektronen liefern keinen Beitrag zum Paramagne tismus. Es verbleiben die 3d-Elektronen, die zu sammen einen Spinanteil von 4 µB haben. Der Bahnanteil entfällt wieder, d. h., zu nächst müßte der Fe-Kristall paramagnetisch sein . Tatsächlich ist er unter der Der Si-Kristall ist diamagnetisch, da alle (noch zu behandelnden) Curie-TemperaUnterschalen abgesättigt sind. tur ferromagnetisch und oberhalb von ihr paramagnetisch. Kapitel 6 - 180 - 5.2 Ordnungsschema Ursache für den Magnetismus bei geordneten magnetischen Systemen ist die Aus tauschkoppelung benachbarter magnetischer Momente. parallele Kopplung Ferromagnetismus parallele Anordnung gleich großer magnetischer Momente ↑↑↑↑ antiparallele Kopplung Ferrimagnetismus Antiferromagnetismus antiparallele Anordnung antiparallele Anordnung verschieden großer magne- gleich großer magnetischer Momente tischer Momente ↑¯↑¯ (=↑) ↑↓↑↓ (=0) Éähnliches magnetisches VerhaltenÊ 5.3 keine Hysterese Ferromagnetismus Ferromagnetismus tritt nur in Festkörpern auf. Ursache für den Ferromagnetismus ist die Austauschkoppelung zwischen benachbarten magnetischen Momenten. Die beim Ferromagnetismus auftretende parallele Ausrichtung ist nur signifikant für eine begrenzte Anzahl von Elementen: Fe, Co, Ni. Die magnetische Suszeptibilität χm ist keine eindeutige Größe mehr, sondern von den Randbedingungen abhängig. Daher treten in Tabellen verschiedene Definitionen auf (z. B. die Anfangssuszeptibilität χmA, die an Voraussetzungen gebunden ist). Elektronenhülle Abb. 6.5-1: Verdeutlichung der Überlappung der Elektronenhüllen Kern Kapitel 6 - 181 - δ Abb. 6.5-2: Domänenausbildung Domänenwand → Im folgenden wird die Wirkung des magnetischen Feldes H betrachtet. → H =0 : Die ferromagnetischen Werkstoffe verfügen über nicht vollbesetzte Unterschalen, deren Momente sich im Festkörper deswegen zueinander ausrichten, weil sie sich aufgrund des geringen Atomabstandes räumlich überlappen (Abb. 6.5-1). Dies geschieht nicht über den gesamten Festkörper einheitlich, sondern innerhalb von Domänen (Abb. 6.5-2). Integriert man über ein größeres Volumen, so erhält man eine resultierende Magne → tisierung von M =0 . Typische Domänengrößen liegen in der Größenordnung von 100 - 200 µm. Abb. 6.5-3: I = f(H) - 182 - Kapitel 6 Abb. 6.5-4: B = f(H) → H ≠0 : Legt man ein H-Feld an, so können zwei verschiedene Prozesse auftreten: 1. Wandverschiebungen 2. Drehung der magnetischen Momente Integriert man nun über ein größeres Volumen, so erhält man eine Magnetisierung → M ≠0 Beide Prozesse können reversibel und irreversibel erfolgen. Dies ist auch der Grund für die Hysterese. Ein irreversibler Prozeß liegt z. B. vor, wenn eine Domänenwand über die Versetzung rutscht und dann festhängt. Bei Sättigung liegt der Eindomänenzustand vor, d. h., alle Wände sind aufgelöst und die magnetischen Momente zeigen in eine Richtung. Man kann folgende Beziehung aufstellen: → → → B = I + µ0 H ; mit → → I = µ0 ⋅ M I : magnetische Polarisation B : magnetische Induktion (6.5-1) - 183 - Abb. 6.5-5: Kapitel 6 a) Wandverschiebung b) Drehung der magnetischen Momente Die Polarisation der Domänen bezeichnet man als spontane Polarisation Ps. Die spontane Polarisation ist betragsmäßig einheitlich in allen Domänen und ist außerdem die größtmög liche Polarisation des Werkstoffes. (Eindomänenzustand nach Schließen der Hystereseschleife) Die spontane Polarisation Ps liegt auch ohne H-Feld vor. Der Versuch, das Lorentzfeld für die Kopplung der magnetischen Momente verantwortlich zu machen, scheitert an der hier notwendigen Größenordnung, da es zu klein ist. Der Ansatz über Hloc = H + HL ist nicht möglich. Dennoch wird ein ähnlicher Ansatz herangezogen. Hw ≈ 103 HL Hloc = H + Hw (6.5-2) Hw: Weißsches Feld Mit diesem Ansatz gelingt die Theorie. Warum dies so ist, konnte bis jetzt noch nicht geklärt werden. Man führt ein Feld Hw ein: ~ H w = w⋅ M ~ w : Weißscher Faktor Bei Ferromagnetismus spielt das Bahnmoment keine Rolle. Da Hw sehr groß ist, kommt die Brillouin-Theorie zum Tragen. Somit folgt dann: B(α) → B(α) J= 1 2 (6.5-3) Kapitel 6 - 184 → ~ → H loc = H = w⋅ M M = N ⋅ µ B tanh α (6.5−4) ~ 1 ( H + w⋅ M ) kT N : Dichte der Spinmomente M: pauschale Magnetisierung mit α = µ 0 µ B Die Saettigungsmagnetisierung M s ergibt sich zu Ms = N ⋅ µB Aus (6.5−4) und (6.5−5) fo lg t : M = tanh α Ms (6.5−5) (6.5−6) Das obige Formelpaket kann nicht mehr näherungsweise gelöst werden wegen a >> 1. Dieses transzendente Gleichungspaket kann jedoch graphisch gelöst werden. Temperaturabhängigkeit Die Eigenschaft des Ferromagnetismus gilt nur für Temperaturen von T < TC TC: ferromagnetische Curie-Temperatur Für Temperaturen T > TC liegt Paramagnetismus vor. Die Temperatur wirkt der Ordnung entgegen. Daraus ergibt sich, daß die Koppelung nur bis zu einer bestimmten Temperatur aufrechterhalten werden kann. Abb. 6.5-6: Temperaturabhängigkeit der magn. Suszeptibilität bei Ferromagnetismus Kapitel 6 - 185 - Es gilt: 1 Ms k χm = 1Ä T − µ o µ B wM s k 1 C = µ 0µ B M s mit k 1Ä TC = µ 0µ B wM s k C χm = Curie-Weiß-Gesetz des Ferromagnetismus T − T0 µ 0µ B ⇒ (6.5-7) (6.5-8) mit C : Curie-Weiß-Konstante Sättigungsmagnetisierung Die Sättigungsmagnetisierung MS(T) besitzt folgende Eigenschaften: - Ihr Maximum liegt bei T = 0. - Sie ist bis Raumtemperatur weitgehend konstant. - Sie fällt bei hohen Temperaturen aufgrund von "Unordnungseinflüssen" der thermischen Bewegung stark ab. Abb. 6.5-7: Temperaturabhängigkeit der Sättigungsmagnetisierung und der Sättigungspolarisation Kapitel 6 - 186 - Analog zur Elektrostriktion Magnetostriktion. ∆l ∆l ≈ E 2 bezeichnet man die Abhängigkeit ≈ H 2 als l l Die wichtigsten Daten der ferromagnetischen Werkstoffe sind in Tabelle 6.5-1 zusammengefaßt. Ordnungszahll Anzahl der 3d-Elektronen Anzahl der 4d-Elektronen Spinorientierung der 3d-Elektronen nach der Hundschen Regel magnetisches Moment pro Atom nach Hundscher Regel magnetisches Moment pro Atom berechnet aus den experimentellen Sättigungswerten bei T= 0K ferromagnetische Curietemperatur TC in °C TC in K paramagnetische Curietemperatur T0 in K Sättigungsmagnetisierung MS0 in 106 A/m spontane Magnetisierung MS300 in 106 A/m Sättigungspolarisation IS0 in T spontane Polarisation I300 in T Fe 26 6 2 5 1 Co 27 7 2 5 Ni 28 8 2 5 4µB 3µB 2µB 2,2µB 1,7µB 0,6µB 770 1043 1093 1120 1393 1428 358 631 650 1,73 1,71 2,18 2,16 1,44 1,42 1,81 1,78 0,51 0,49 0,64 0,61 Tab. 6.5-1: Wichtige Kenndaten der ferromagnetischen Werkstoffe Fe, Co, Ni 5.4 Ferrimagnetismus Der Ferrimagnetismus zeigt ein ähnliches Verhalten wie der Ferromagnetismus und tritt ebenfalls nur in Festköpern auf. Für die beiden Spinrichtungen existieren unterschiedliche Beträge für das atomare magnetische Moment. Durch die antiparallele Ausrichtung ergibt sich in der Summe die gleiche magnetische Situation wie für den Ferromagnetismus. Abb. 6.5-8: Ausrichtung der Momente Kapitel 6 - 187 - Beispiel: Granate mit Yttrium-Substituierung 3Y2 O 3 ⋅ 5X 2 O X: 3wertige Metallione z.B. Fe3+; Al3+ 3Y2 O 3 ⋅ 5Fe2 O 3 : YIG (Yttrium-Iron-Garnet) 3Y2 O 3 ⋅ 5Al2 O 3 : YAG (Yttrium-Aluminium-Garnet) Für die magnetische Anfangssuszeptibilität cmA gilt: 103 > cmA >> 0 Die magnetische Suszeptibilität cm der Ferrimagnete ist deutlich kleiner als die der Ferro magnete. Dementsprechend ist auch die Sättigungspolarisation kleiner. IsFerri < IsFerro ca. Faktor 2 . . 5 kleiner Trotz der kleineren Werte besitzen Ferrimagnete folgende Vorteile: hoher spezifischer Widerstand geringe Wirbelstromverluste gutes Frequenzverhalten (Einsatz auch in GHz-Bereich; Ferromagnete meistens bei 50 Hz) Temperaturabhängigkeit Hier gilt das gleiche Gesetz wie bei den Ferromagneten, und zwar das Curie-WeißGesetz: (vgl. 6.5-8) Es ergibt sich jedoch ein anderes Verhalten oberhalb der Curie-Temperatur. Hier ist jedoch zu beachten, daß To < 0 ist. - 188 - Kapitel 6 Abb. 6.5-9: Temperaturabhängigkeit der magnetischen Suszeptibilität bei Ferrimagnetika Die ferrimagnetische Curie-Temperatur Tc sagt aus, wann der Übergang von dem Ferri- zum Paramagnetismus stattfindet. Die paramagnetische Curie-Temperatur To ist dagegen nur eine Rechengröße. Sie liegt im Bereich To < 50 K. Die Sättigungsmagnetisierung verhält sich analog zu der bei Ferromagneten. Die Sättigungspolarisation wird schon bei niedrigeren Temperaturen 0. Da hier mehrere Atome überlappen, wird dieser Verbund leichter gestört. Abb. 6.5-10: Temperaturabhängigkeit der Sättigungspolarisation für einige Ferrite Kapitel 6 - 189 - 5.5 Antiferromagnetismus Der Antiferromagnetismus tritt ebenfalls nur in Festkörpern auf und wird als Sonderfall des Ferrimagnetismus angesehen, bei dem die antiparallelen magnetischen Mo mente betragsgleich sind. Hierdurch wird das magnetische Verhalten absolut unter schiedlich zu Ferro- und Ferrimagnetismus: 1. 2. 3. 4. Es existiert keine Hysterese. Das Verhalten ist linear. Es existiert keine spontane Magnetisierung. Das Verhalten für Felder parallel bzw. senkrecht zur Orientierung der magnetischen Momente ist unterschiedlich. Die magnetische Suszeptibilität cm ist immer > 0, aber sehr klein und abhängig vom Winkel des H-Feldes zur Spinorientierung (magnetisches Moment). Auch hier liegt eine Domänenstruktur vor. Die Domänen ändern sich nach Anlegen eines H-Feldes mit dem Ziel, einen Eindomänenzustand zu erreichen. Jedoch zeigen Antiferromagnete keine Hysterese, sondern lineares Verhalten. Es ist jedoch zu unterscheiden, ob das H-Feld senkrecht oder parallel angreift. H=0 H H parallel zu Spins (A) H=0 senkrecht zu Spins (B) Abb. 6.5-11: Ausrichtung der magnetischen Momente bei H = 0 und H - 0 Im Fall A zeigt die Mehrzahl der Spins gegen das Feld. Eine Ausrichtung ist in diesem Fall sehr viel schwieriger als im Fall B, bei dem schon eine kleine Drehung eine Aus richtung bewirkt. Kapitel 6 - 190 - Es ergibt sich: Abb. 6.5-12: Magnetische Polarisation in Abhängigkeit von der magnetischen Feldstärke bei Antiferromagnetika Antiferromagnetismus am Beispiel MnO MnO weist sowohl kovalente als auch ionogene Bindung auf. Kovalente Bindung: Elektronenpaar Pauli-Prinzip => Elektronenpaare haben einen antiparallelen Spin O2- : 1S2 2s2 2p6 Iogene Bindung: diamagnetisch Mn2+: 1s2 2s2 2p6 3s2 3p6 3d5 abgeschlossene Schalen 5µB: 3d paramagnetisch Spinanordnung für die an der Bindung beteiligten Elektronenpaare O Mn O Mn O resultierendes atomares magnetisches Moment Abb. 6.5-13: Verdeutlichung der Überlappung der Elektronenhüllen Mn - 191 - Kapitel 6 Abb. 6.5-14: Antiferromagnetische Spinanordnung im kubiSchen MnO-Kristall r Die Temperaturabhängigkeit ist je nach Richtung des H -Feldes unterschiedlich. Im Fall A (Abb. 6.5-11) nimmt χ m mit der Temperatur ab. Im Fall B (Abb. 6.5-11) liegt eine Temperaturabhängigkeit vor. Man erhält dann: Abb. 6.5-15: Temperaturabhängigkeit der magnetischen Suszeptibilität bei Antiferromagneten Kapitel 6 - 192 - 6. Magnetische Domänen Alle drei Werkstoffe mit magnetischer Ordnung (Ferro-, Ferri-, Antiferromagnetika) besitzen Bereiche einheitlicher magnetischer Ausrichtung. Diese Bereiche bezeichnet man als Domänen. Auch noch gebräuchlich ist der veral tete Begriff der Weißschen Bezirke. Der Begriff Domäne ist völlig unterschiedlich von dem Begriff Körner (dies ist eine Kristalleigenschaft) und darf keinesfalls verwechselt werden. Abb. 6.6-1: Domänenstruktur 6.1 δ Experimenteller Nachweis von Domänen a) Bitter-Technik Abb. 6.6-2: Kontrastierung von Blochwänden durch ferromagnetische Teilchen Ist die Richtung der Magnetisierung der Domäne parallel zur Probenoberfläche, dann tritt an den Blochwänden eine zur Oberfläche senkrechte Magnetisierungskomponente auf. Diese senkrechte Magnetisierungskomponente kommt durch die Drehung der Magnetisierungsrichtung innerhalb der Blochwand zustande. Bringt man nun auf die Oberfläche eine Suspension ferromagnetischer Teilchen, so wirkt auf diese Teilchen im inhomogenen Feld der Blochwand eine Kraft in Richtung der höchsten Feldstärke, die genau in der Wandmitte vorliegt. Die ferromagnetischen Teilchen sammeln sich daher an den Blochwänden an, so daß die Domänenstruktur durch den resultierenden Kontrast im Lichtmikroskop sichtbar gemacht werden kann (siehe Abb. 6.6-2). Kapitel 6 - 193 - b) Faraday-Effekt -θ Abb. 6.6-3: +θ Verdeutlichung zum Faraday-Effekt: Reflektion von gedrehtem, polarisiertem Licht an einem lichtundurchlässigen Substrat Die Polarisationsrichtung des Lichtes wird am Substrat entsprechend der Magnetisierung gedreht! Die Drehung kann mit einem Polarisationsfilter bestimmt werden (Drehwinkel). Da die spontane Magnetisierung, d.h. die Magnetisierung innerhalb der Domänen, betragsmäßig immer gleich ist, ist der Drehwinkel proportional zur Richtung der Magnetisierung. Bei bekannter Übertragungsfunktion kann durch die Lichtschwächung der Winkel festgestellt werden. Analysator Abb. 6.6-4: Faraday-Methode bei transparenten Substraten Bild der Probe transparente magnetische Probe gedrehte Polarisationsebene Polarisator linear polarisiertes Licht einfallendes natürliches Licht Dieses Verfahren bietet folgende Vorteile: für dynamische Messungen (gepulste Laser, Stroboskopie) geeignet keine Oberflächenverunreinigungen hohe Ortsauflösung (ca. 1 µm) - 194 - 6.2 Kapitel 6 Entstehen von Domänen Ursache für das Entstehen von Domänen ist die Minimierung der Gesamtenergie in nerhalb und außerhalb des Werkstoffes. Beispiel: offene Spule Die magnetische Energie im geschlossenen Magnetkreis ist gegeben durch u2 r Wm = µ 0 v M ∫ H dM (6.6-1) u1 und die Spulenfeldenergie durch H2 r r WSp = µ 0 v M ∫ H dH (6.6-2) H1 VM: Volumen des Werkstoffs Die Form der Spule bestimmt die Entmagnetisierungsenergie (vgl. hierzu die Entelektrisierungsenergie.) Die Entmagnetisierungsenergie ergibt sich zu: H2 v r Went = µ 0 v M ∫ NM dM (6.6-3) H1 N: Entmagnetisierungsfaktor Diese drei Terme zusammen sind zu minimieren. Dies geschieht im wesentlichen durch Änderung der Magnetisierungsenergie WM. Die Erzeugung kleinerer Bereiche einheitlicher Magnetisierung im Inneren (d.h. Domänen) führt zu einer kleineren Energie für das Magnetfeld. Demgegenüber wird durch die Domänen eine Störung der idealen magnetischen Struktur im Grenzbereich zwischen den Domänen (der sog. Domänenwand) hervorgerufen, die die Magneti sierungsenergie erhöht. Daraus ergibt sich, daß eine Erhöhung der Magnetisierungsenergie WM und eine Erniedrigung der Spulenfeldenergie Wsp durch Minimierung der Summe eine stabile Domänenkonfiguration liefert. Im Gegensatz zu Wsp und Went ist WM immer anisotrop! Dies ist u. a. der Grund für die Anisotropie der M(H)- bzw. der B(H)-Kurve bei Ferro- bzw. Ferrimagneten. Die Magnetisierungsenergie WM setzt sich aus drei prinzipiell anisotropen Anteilen zusammen. Diese sind: Kristallanisotropie WK: besagt, daß WM unterschiedlich entlang der verschie denen Richtungen im Kristallgitter ist; auch im kubi schen. Spannungsanisotropie WS: Magnetostriktion (Volumenänderung, z. B. durch Verspannung) Diffusionsanisotropie WD: Diffusion von unterschiedlichen chemischen Anteilen WM = WK + WS + WD Innerhalb des Werkstoffes ergibt sich die Energie: (6.6-4) Kapitel 6 - 195 - Win = Wsp + WM + Went + WA (6.6-5) WA: Austauschenergie Die Austauschenergie WA ist minimal innerhalb der Domäne, d. h. im geordneten Zustand. Sie nimmt bei Fehlordnungen zu. Eine dieser Fehlordnungen stellt die Domänenwand dar. Verringert man Wsp durch Einführung von Domänen, so vergrößert sich die Austausch energie und umgekehrt. Es stellt sich ein Gleichgewicht ein. Daraus ergibt sich, daß WA und Wsp Anzahl und Größe der Domänen bestimmen. NNNN NN SS SN SN SS SS SS NN NS NS Abb. 6.6-5: Feld- und Domänenverteilung In Abb. 6.6-5 kann man sehen, daß bei zunehmender Anzahl an Domänen das Feld außerhalb kleiner wird und innerhalb zunehmend gestört wird. Wesentliche Wandtypen: a) 180°-Wand Bei einer 180°-Wand sind die Spins antiparallel ausgerichtet. b) 90°-Wand Bei einer 90° -Wand stehen die Spins senkrecht zueinander. Die 90°-Wand hat oft die Funktion einer "Abschlußwand". Sie bildet ein minimales äußeres Streufeld aus. Abb. 6.6-6: Verdeutlichung der 90°- und der 180°-Wand; linkes Ende: 180°-Wand rechtes Ende: 90°-Wand Kapitel 6 - 196 - Abb. 6.6-7: Darstellung der Domänen des Eisens in Bitter-Technik Quantitative Beschreibung der Wand: Beim Übergang von einer Domäne zur anderen müssen die Dipole über mehrere Gitter konstanten hinweg in die richtige Richtung gedreht werden. Ein sofortiges Umklappen der Polarisierungs- bzw. Spinrichtung innerhalb einer Gitterkonstanten ist energetisch nicht möglich. Der Grund hierfür ist, daß die Austauschkoppelung zu große Winkelunterschiede verbietet. Man unterscheidet die Bloch- und die Néelwand. Bei der Blochwand rotieren die magnetischen Dipole um eine Achse senkrecht zur Wand. Bei der Néelwand hingegen rotieren die magnetischen Dipole um eine Achse parallel zur Wand. Die Achse liegt in der Wand. Mischformen zwischen Bloch- und Néelwand sind möglich. Hilfsebene zur Verdeutlichung der räumlichen Rotation δ Abb. 6.6-8: Darstellung der Blochwand δ : Wanddicke Kapitel 6 - 197 - Hilfsebene entspricht auch der physikalischen Rotationsebene δ : Wanddicke δ Abb. 6.6-9: Darstellung der Néel-Wand Die Wanddicke wird bei kubischen Gittern bestimmt durch δ= r µ0G m π 2 (6.6-6) k 1a a: Gitterkonstante k1: (eine) Anisotropiekonstante G: "Wechselwirkungskonstante", die (weitgehend) der Stärke der Austauschwechselwirkung entspricht Natürlich gilt auch: δ = n⋅ a , wobei n die Zahl "gestörter" Momentorientierungen ist. 7. (6.6-7) Der Magnetisierungsprozeß Ferro- und Ferrimagneten weisen beim Magnetisierungsprozeß eine Hystereseschleife auf. Die Hysterese hat keinen stetigen Verlauf, sondern besitzt treppenartige Sprünge. Diese Barkhausensprünge verlaufen unregelmäßig und sind nicht reproduzierbar. M Eindomänenzustände Abb. 6.7-1: Hystereseschleife H Barkhausensprünge Kapitel 6 - 198 - Bei diesem Magnetisierungsprozeß wird durch das zusätzliche äußere Magnetfeld die ener getische Situation im Werkstoff so verändert, daß die zuvor eingestellte Domänenkonfigu ration sich ändert. Es gibt folgende Möglichkeiten der Änderung: a) Wandverschiebungsprozesse (für kleine H-Werte) Die Orientierungen der einzelnen Domänen liegen in Richtung von Vorzugsachsen ("leichte Richtung", "leichte Achse"). Dies ist auch der Grund, warum im kubischen Gitter 90°- bzw. 180°-Wände vorliegen. Eine Anpassung des Werkstoffes an das äußere Feld kann am ehesten durch Wandverschiebungen erfolgen, da dann nur die ohnehin gestörten Wandbereiche in ihrer Richtung verändert werden müssen. H=0 H=0 H H H H Eindomänenzustand (entspricht Sättigungsmagnetisierung) Abb. 6.7-2: Verdeutlichung der Wandverschiebung Die Domäne in Feldrichtung wird vergrößert, bis der Eindomänenzustand erreicht wird. (Der Eindomänenzustand kann in diesem hier gezeigten Beispiel vollständig über Wandverschiebung erreicht werden, da das Magnetfeld in Vorzugsrichtung anliegt.) b) Drehprozesse (für hohe H-Werte) Diese treten notwendigerweise dann auf, wenn die Vorzugsrichtungen des Kristalls für die Magnetisierung nicht parallel zum Feld stehen. Dann müssen alle magnetischen Momente gedreht werden. Kapitel 6 - 199 - H H H Abb. 6.7-3: Erreichen des Eindomänenzustandes mittels Drehprozessen Die Form der Hysterese wird beeinflußt durch das Überschreiten von Gitterfehlern bei der Wandverschiebung. Diese Prozesse sind irreversibel. Auch Drehprozesse können teilweise irreversibel erfolgen. Meist sind diese jedoch reversibel. 8. Anwendungen 8.1 Transformator-Bleche Um einen möglichst hohen Wirkungsgrad zu erzielen, müssen die Energieverluste minimiert werden: Wirbelstromverluste: Minimierung durch den Einsatz von extrem dünnen Blechen (die elektrisch isoliert sind), zur Absenkung der Leitfähigkeit Dotierung mit 3-4% Silizium. Ummagnetisierungsverluste innerhalb des Materials (M(H)-Kurve): Verwendung von Material mit möglichst schlanker Hysterese (Abweichung der beiden Äste um wenige %. Durch geeignetes Walzen Herstellung von Goss-Texturen, so daß die einzelnen Kristallite im Fe-Vielkristall ungefähr in [111]-Richtung liegen (ca. 6 % Abweichung). Verwendung amorpher Bleche, da amorphes Eisen fast hysteresefrei ist. Ummagnetisierungsverluste des äußeren Magnetfeldes: Minimierung möglich durch Verringerung der Domänenabmessungen und durch mechanische Verspannung entlang der Blechoberfläche (durch magnetomechanische Kopplung). Eine Verspannung kann erreicht werden durch Aufbringen von Forsterit aus einer flüssigen Lösung auf das Blech. Kapitel 6 - 200 - 2 µm Forsterit Blech Bei der Trocknung versucht sich das Forsterit wie ein Klebstoff zusammenzuziehen. Dies hat eine verspannung der Oberfläche zur Folge, die eine Verkleinerung der Domänen bis auf 10-20 µm bewirkt. Eine mechanische Begrenzung der Domänen ist möglich durch gezieltes Erzeugen von Defekten (sogar: Löcher) mittels Laserscratching. Laserscratch Blech 8.2 Magnetische Datenspeicherung Als Medium verwendet man z. B. eine Magnetschicht auf einer Platte oder einer Folie (Mylar). Magnetschichten sind z. B.: CrO2, Fe, Co:P, Co:Cr. Diese Schichten können magnetisiert werden und die Magnetisierung bleibt erhalten. Damit der Magnetisierungszustand erhalten bleibt und nicht leicht verändert werden kann, legt man diese Schichten hartmagnetisch aus. Je größer die Koerzitivfeldstärke Hc ist, desto sicherer ist die Platte, da 2 mal Hc aufgebracht werden muß, um eine Magnetisierungsänderung zu bewirken. Realiesieren ließe sich dies mit einem Material, das nur im Eindomänenzustand existiert, oder nur eine Magnetisierungsrichtung zuläßt. Die Realisierung von Rechteck-Hysterese-Schleifen ist durch die Dünnschichttechnik möglich, da in dünnen Schichten nur eine Magnetisierungsrichtung möglich ist. Der Gesamtbedarf für ein Bit ist die Domänenlänge + die Domänenwand (Bloch oder Neelwand). Die Breite der Wand ist ausschließlich durch Materialparameter bestimmt (dadurch konstant). Der Platzbedarf für die Wände (Breite der Wände) bei der Vertikalmagnetisierung ist sehr viel geringer als bei der Horizontalmagnetisierung. Daher ist es das Ziel, Speicher auf vertikaler Basis zu entwickeln. Ein Problem stellt dabei die Mechanik dar. Kapitel 6 - 201 - A B Breite ∆x des Übergangs x : Lage des Magnetisierungsübergangs ü ü Substrat B A M M M M x y z Abb. 6.8-1: Schematische Darstellung der Rechteckaufzeichnung Diese Aufzeichnung ist prinzipiell digital. Die Wanddicke bestimmt die maximal mögliche Anzahl von Flußwechseln pro Längen einheit. Benutzt man ein Material, welches zu dicke Wanddicken besitzt, dann ist eine Aufzeichnung unmöglich. Abb. 6.8-2: Prinzip der Magnetaufzeichnung Kapitel 6 - 202 - Das Magnetfeld aus Abb. 6.8-2 bestimmt ebenfalls die Möglichkeit an räumlichen Fluß wechseln. Ein Flußwechsel muß mindestens einen Abstand zum nächsten besitzen, der der effektiven Ausbreitung des Kopffeldes entspricht. Dabei gehen folgende Größen ein: - Breite des Kopfspaltes, - Abstand Kopf - Medium. Für moderne Datenspeicher gilt: Kopfspalt: 0,1 ... 0,5 µm Abstand: 0,1 ... 0,4 µm M a) H b) Abb. 6.8-3: Unterschiede bei Hystereseschleifen a) Material ist für Trafobleche geeignet b) Material (z. B. CrO2) ist für Datenspeicher geeignet Bauformen für Schreib-Lese-Köpfe: Schreib-Lese-Köpfe werden in Planartechnik gefertigt. Die Herstellung erfolgt in mikroelek tronischer Technologie. In Abb. 6.8-5 wird der prinzipielle Aufbau eines Lesekopfes gezeigt. Kapitel 6 - 203 - horizontale Feldstärke . . Permalloy-Kern Luftspalt . Permalloy-Kern Abb. 6.8-4: Verteilung der magnetischen Feldstärke in beiden Richtungen und der Amplitude nahe an einem Dünnschichtkopf Abb. 6.8-5: Magnetischer Dünnfilmkopf mit zugehörigem Flugkörper Anhang A Phononen Mechanische Schwingungen treten ähnlich wie die Schwingungen des Lichtes in gequantelter Form, d.h. diskret, auf. Übergänge von einem Schwingungszustand zum anderen lassen sich schreiben als: Wn2 - Wn1 = (n2 - n1) ⋅ h ⋅ f f: h: n1, n2: charakteristische Frequenz Plancksches Wirungsquantum ganzzahlig (in der Regel n2 - n1 = 1) D.h., der Übergang von Wn2 nach Wn1 erfordert die Absorption (Wn2 > Wn1) bzw. die Emission (Wn2 < Wn1) einer Energiemenge h ⋅ f. Wegen der Analogie zum Licht wird diese Energiemenge als Phonon bezeichnet. Vorteil dieser Beschreibung ist, daß sich die mechanischen Schwingungen in gleicher Form wie die elektrischen beschreiben lassen. Demzufolge ist auch eine gemeinsame Beschreibung möglich, wenn eine Wechselwirkung zwischen elektromagnetischen Wellen (z.B. Licht oder Elektronen) mit mechanischen (z.B. dem thernisch angeregten Schwingen des Kristallgitters erfolgt. Eine Temperaturerhöhung wirkt sich für den Kristall im wesentlichen darin aus, daß die Zahl der Phononen (mit jeweils charakteristischer Energie h ⋅ f) zunimmt. Dieses ist letztlich gleichbedeutend mit einer Zunahme an Schwingungen einzelner Gitterplätze. Es muß darauf hingewiesen werden, daß sich f ebenfalls verschiebt. Abb. B-1: Während sich für T = 0 die Blochwelle (des Elektrons) weitgehend ungestört ausbreiten kann, tritt bei T ≠ 0 eine Wechselwirkung mit den Phononen ein. Dieses führt zu einer Störung der Ausbreitung und wird als "Stoß mit einem Gitteratom" bezeichnet. Ψ 2 x Ähnlich wie die freie Weglänge der freien Ladungsträger (z.B. Elektronen) die elektrische Leitfähigkeit bestimmt, ist die thermische Leitfähigkeit des Kristallgitters bestimmt durch die freie Weglänge der Phononen (~ 1nm...10nm, d.h. sehr kurz). Diese kurze freie Weglänge ist der Grund für die schlechte Wärmeleitfähigkeit λ von Isolatoren. Bei Metallen wird die Wärmeleitfähigkeit hauptsächlich von den Leitungselektronen getragen, so daß diese hohe λ-Werte besitzen. Weiter gilt: λ ~ κ, und zwar λ = (L ⋅ T) ⋅ κ Wiedemann-Franz-Gesetz T: absolute Temperatur L: Lorentzzahl (L = 2,45 ⋅ 10-8 WΩK-2) Anhang B: Beschreibung von Bauelementen Das Verhalten elektrischer Bauelemente oder Systeme wird über folgende Beschreibung erfaßt: U (t), I (t) 0 U (t), I (t) 0 1 1 Bauelement Dies ist ein "rein elektrisches" Bauelement. Ein allgemeines Bauelement ist im folgenden dargestellt: X (t) X (t) i0 j1 Bauelement X :Satz von unterschiedlichen physikalischen Größen i,j Beispiele für allgemeine Bauelemente: Xi0 Xj1 mech. Kraft K(t) Ultraschall X(t) U0(t), I0(t) Piezokraftaufnehmer Ultraschallsensor LED-Laser U1(t), I1(t) U1(t), I1(t) Lichtwelle Die allgemeinen physikalischen Zusammenhänge im Inneren der Bauelemente werden erfaßt durch die Größen - elektrische Feldstärke - elektrische Polarisation, - magnetische Feldstärke, - magnetische Polarisation. Diese Größen sind über die Maxwellschen Gleichungen miteinander verknüpft. Für das Vakuum gilt: → → → → • → rot E = − B rot H = S + D div B = 0 div D = ρ → Innere Feldeigenschaften → Verknüpfung mit der Materie Zur Beschreibung des Einflusses der Materie reichen diese Gleichungen allerdings nicht aus. Vielmehr müssen noch weitere Materialgleichungen berücksichtigt werden. Dabei ist es notwendig, diese Gleichungen nicht nur makroskopisch (also gemittelt über einen Bereich) zu definieren, sondern auch ein mikroskopisches Verständnis (im atomaren Bereich) herbeizuführen. Ergänzend zu den Beziehungen für das Vakuum lassen sich die Materialgleichungen im allgemeinen so beschreiben: → → D = fD ( E ) → → S = fs ( E ) → → B = fB ( H ) ← z.B. Isolatoren ← z. B. Halbleiter ← z. B. magn. Werkstoffe → S : Stromdichte