25 Jahre Welterbestadt - Arbeitsgemeinschaft Historische Städte

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Heft 108 / November 2012
Lübeck plant und baut
25 Jahre Welterbestadt
Fachbereich Planen und Bauen
25 Jahre UNESCO-Welterbestätte „Lübecker Altstadt“
UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
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Organisation
der Vereinten Nationen
für Bildung, Wissenschaft
und Kultur
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Fachbereich Planen und Bauen
Lübeck plant und baut
Heft 108 / November 2012
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Hansestadt Lübeck
Welterbe seit 1987
25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
25 Jahre Welterbestadt
UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Impressum
Herausgeber:
Hansestadt Lübeck, Fachbereich Planen und Bauen
Projektleitung:
Christine Koretzky, Welterbekoordination
Birgit Maaß, Altstadtsanierung
Redaktion:
Christian Rubinstein (bfö Büro für Öffentlichkeitsarbeit e.K.)
Christine Koretzky
Birgit Maaß
Textbeiträge und Textgrundlagen:
Bereich Archäologie
Prof. Dr. Manfred Gläser
und Denkmalpflege:
Dr. Irmgard Hunecke
Dr. Michael Sabbotka
Bereich Stadtplanung: Annette Bartels-Fließ
Karl-Heinz Bresch
Horst-Dieter Gust
Achim Körber
Christine Koretzky
Birgit Maaß
Wolfgang Weber
Bauforschung:
Dr. Michael Scheftel
KWL:
Hauke Guttenberg,
Satz und Layout:
Christine Koretzky
Fotonachweis:
Einen herzlichen Dank dem Fotografen Thomas Radbruch,
der für diese Festschrift eine Auswahl seiner Fotos zur Verfügung
gestellt hat.
Einzelnachweis siehe Seite 79
Druckerei:
Buch- und Offset-Druckerei Taubert KG, Lübeck
Lübeck, November 2012
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Inhalt
Grußworte
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Fünf Anmerkungen zu 25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Dr. Horst Siewert, Bereichsleiter Denkmalpflege a.D.
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Herausforderung Welterbe
Christine Koretzky, Welterbebeauftragte der Hansestadt Lübeck
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Zwei Stiftungen mit Herz für das Lübecker Welterbe
Interview mit Renate Menken, Vorsitzende der Possehl-Stiftung und
Titus Jochen Heldt, Vorsitzender der Gemeinnützigen
Sparkassenstiftung zu Lübeck
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Investitionsprogramm Nationale Welterbestätten
27
Altstadtsanierung
43
Arbeitsgemeinsschaft Historische Städte
53
Welterbe- und Gestaltungsbeirat
61
Wettbewerbe und Gutachterverfahren
71
Ausblick Hansemuseum
76
Fotonachweis
79
Unser besonderer Dank gilt der Gemeinnützigen Sparkassenstiftung zu Lübeck, die die verschiedenen Veranstaltungen im Jubiläumsjahr sowie diese Festschrift unterstützt
hat.
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Grußwort aus dem Rathaus
Vor ziemlich genau 25 Jahren, im Dezember 1987, hat das Welterbe-Komitee der UNESCO
erstmals in Nordeuropa mit dem mittelalterlichen Stadtkern der Hansestadt Lübeck einen
ganzen Stadtbereich als Welterbe anerkannt und damit begründet, dass die „Altstadt als
Gesamtkunstwerk ein hervorragendes Beispiel eines Siedlungsgebietes darstellt, dass
einen bedeutsamen Abschnitt in der Entwicklung der Menschheit versinnbildlicht“.
Diese Anerkennung stellt sowohl eine große Ehre aber auch eine große Herausforderung
dar, denn es verbindet sich bis heute damit auch die Verpflichtung, dieses einzigartige
baukulturelle Erbe zu erhalten und zu pflegen. Mit dem außergewöhnlichen Potenzial,
das der Welterbestatus in sich birgt, werden gleichzeitig nachhaltige Impulse für die touristische und wirtschaftliche Entwicklung gegeben und eine identitätsstiftende Wirkung
ausgestrahlt, die weit über die Grenzen der Hansestadt Lübeck hinausgeht.
Bernd Saxe
Bürgermeister
Neben dem hohen universellen Wert unseres Welterbes, der sich aus den herausragenden Gebäuden der Hansezeit und dem noch heute ablesbaren Stadtgrundriss als einem
harmonischen Gesamtkunstwerk und der von weitem sichtbaren einzigartigen Silhouette
zusammensetzt, ist Lübeck vor allem aber auch lebendiges Welterbe, in dem gewohnt
und gearbeitet, zur Schule gegangen, studiert und eingekauft, gebummelt und gestaunt
wird. Besonders bemerkenswert und eine glückliche Fügung ist, dass trotz der schweren
Schäden, die der Altstadt im 2. Weltkrieg zugefügt wurden, die grundlegende Stadtstruktur, bestehend aus Patrizierhäusern des 15. und 16. Jahrhunderts, den öffentlichen Denkmalen wie dem Holstentor, den Kirchen und den Salzspeichern unverändert geblieben ist.
Die bestehende und einzigartige Kombination aus Tradition und Moderne gilt es daher zu
bewahren und den vielschichtigen Anforderungen und Ansprüchen aller Bürgerinnen und
Bürger, aller Gäste und Touristen Rechnung zu tragen, so dass die Hansestadt Lübeck
auch in der Zukunft ihren besonderen Status behalten kann.
Freuen Sie sich mit uns auf die kommenden Veranstaltungen, mit denen wir gemeinsam
das 25jährige Jubiläum „UNESCO-Welterbe Lübecker Altstadt“ feiern werden.
Gabriele Schopenhauer
Stadtpräsidentin
Lübeck im November 2012
Gabriele Schopenhauer
Stadtpräsidentin
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Bernd Saxe
Bürgermeister
25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Grußwort aus dem Baudezernat
25 Jahre UNESCO-Welterbe Lübecker Altstadt sind ein Anlass, einmal kurz inne zu halten,
um zu rekapitulieren, was sich in diesen Jahren ereignet hat.
Die jüngsten Anforderungen der UNESCO, wie der 2010 beschlossene Managementplan
UNESCO Welterbe „Lübecker Altstadt“, ist nur ein Glied in einer langen Kette von Bausteinen, die den Lübecker Welterbestatus begründen.
Mit dem Investitionsprogramm Nationale Welterbestätten wurden erstmals in Deutschland Welterbestätten konkret gefördert. Lübeck ist mit der Finanzierung der Projekte
Gründungsviertel, Salzspeicher, Katharinenkirche, Burgkloster und Kranenkonvent sehr
großzügig unterstützt worden.
Ohne die seit den 1970er Jahren mit Intensität betriebene und fortwährende Stadtsanierung wäre das Lübecker Stadtbild nicht das, was es heute ist. Dank der Stadtsanierung
war der authentische Erhalt der Altstadt mit ihrem mittelalterlichen Gefüge erst möglich.
Die Arbeitsgemeinschaft Historische Städte blickt mittlerweile auf eine fast 40-jährige
Zusammenarbeit zurück. Neben dem regen fachlichen Austausch werden in regelmäßigen Abständen die hier vorgestellten Bauherrenpreise in den sechs Mitgliedsstädten
ausgelobt.
Als Ergebnis der vielschichtigen Diskussionen um das P&C-Gebäude am Markt ist letztendlich der Welterbe- und Gestaltungsbeirat eingerichtet worden.
Seitdem ist die so viel zitierte Baukultur ein wesentlicher Bestandteil der Stadtentwicklung in Lübeck. Zahlreiche Wettbewerbe auf der Altstadtinsel, die Neugestaltung
der Obertrave und die Umgestaltung der zentralen Fußgängerachse „Mitten in Lübeck“
stehen im engen Zusammenhang mit der durch den Gestaltungsbeirat geförderten intensiven Auseinandersetzung mit der gebauten Umgebung.
Diese Festschrift bietet einen kleinen Einblick in die Stadtsanierung, die Arbeit der AG
Historische Städte und des Welterbe- und Gestaltungsbeirates, den Ergebnissen der
letzten Wettbewerbe sowie den Projekten aus dem Investitionsprogramm Nationale
Welterbestätten.
25 Jahre Welterbe Lübecker Altstadt ist nicht nur ein Anlass zu feiern, sondern auch
Danke zu sagen an den Sanierungsträger, die MitarbeiterInnen der Denkmalpflege und
der Stadtplanung, die die Sanierung über diesen Zeitraum überzeugend geleitet haben,
an die Stiftungen, das Land und den Bund für die finanzielle Unterstützung, an die EigentümerInnen und auch an jene, die die Sanierung kritisch begleitet haben.
Auch in Zukunft wird Lübeck die Welterbestadt Deutschlands bleiben, weil ich mir sicher
bin, dass auch unsere NachfolgerInnen den Erhalt des Welterbes mit gleichem Engagement betreiben werden.
Franz-Peter Boden
Bausenator
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Fünf Anmerkungen zu 25 Jahre
UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Dr. Horst Siewert
1. Vorgeschichte
Als man in Lübeck in den 70er Jahren des 20. Jhs. von der Neubebauung der Innenstadt
zur Entwicklung der historischen Altstadt im Bestand wechselte, wurde die Erhaltung der
historischen Bausubstanz als kulturelles Erbe Allgemeingut. Damit begann eine Stadtentwicklung ganz besonderer Qualität. Dieser Bewusstseinswandel führte allerdings zu
heftigen Diskussionen unter denen, die an der Altstadterhaltung beteiligt und von ihr betroffen waren. Diese Diskussionen begleiten die Altstadtentwicklung mehr oder weniger
bis heute. Der Konsens, die Altstadt zu erhalten, hat dennoch zugenommen. Der fachliche
Diskurs über die Frage, wie eine moderne Stadtentwicklung mit den unterschiedlichen
Bedürfnissen und Meinungen sowie der jeweils subjektiven Betroffenheit zu verbinden
sei, befördert dabei immer wieder wichtige Projekte.
2. Die Eintragung in die Welterbeliste und ihre Wirkung
Lübeck wurde 1987, also vor 25 Jahren, als erstes Deutsches Stadtdenkmal in die Liste des Weltkulturerbes eingetragen, auf der bis dahin nur deutsche Einzelbauwerke
verzeichnet waren. Nachdem das bekannt wurde, setzte in der Hansestadt eine heftige
Kontroverse darüber ein, wem diese Ehre zu verdanken sei. Den Verdienst nahmen sowohl das Baudezernat wie auch der Sanierungsträger für sich in Anspruch. Aber auch
die Innenstadtwirtschaft behauptete, ihren Beitrag zu dieser ehrenhaften Auszeichnung
geleistet zu haben. Dass unsere Vorfahren als Erbauer dieses Erbes, dass auch die Bürgerinitiativen als Streiter für das Bauerbe und dass die Denkmalpflege als Anwalt der
Baudenkmale damit etwas zu tun haben könnten, kam kaum jemandem in den Sinn.
Auch übersah man bei der Suche nach der Ehre vielfach die Verantwortung, die mit der
„ehrenvollen“ Eintragung verbunden war.
Von der Denkmalpflege wurde erwartet, dass sie ihr Handeln nunmehr nach ganz neu-
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
en Grundsätzen ausrichten würde. Ihr war zwar bewusst, dass die Lübecker Altstadterhaltung künftig in einen internationalen Verantwortungsrahmen gestellt war, sah in der
Eintragung aber auch eine Bestätigung ihres bisherigen denkmalpflegerischen Wirkens.
Mit der UNESCO im Rücken, fühlte sie ihre Position gestärkt und forderte nun die gemeinsame Verantwortung aller Beteiligten für das Weltkulturerbe. Aber auch die BIRL
(Bürgerinitiative Rettet Lübeck) verwies unüberhörbar auf die Verantwortung, die mit der
Eintragung Lübecks in die Welterbeliste verbunden war. Sie konnte das deshalb mit radikaler Konsequenz tun, weil sie keinem öffentlichen oder privaten Auftraggeber verpflichtet war und setzte nicht nur die Denkmalpflege, sondern auch die Politik und alle von der
Altstadterhaltung Betroffenen wiederholt in mehr oder weniger konstruktive Unruhe.
3. Denkmalpflege als städtebauliches Konzept
Schon durch die Hinwendung zur erhaltenden Stadtsanierung wurde die Frage nach
einem neuen Sanierungskonzept relevant. Mit der Eintragung der Lübecker Altstadt in
die Welterbeliste spitzte sich diese Frage noch einmal zu. Erhaltung und Nutzung der
Altstadt durften nicht länger als zwei nebeneinander gestellte Ziele der Stadtentwicklung verstanden, sondern mussten zu einem gemeinsamen Konzept zusammen gefasst
werden. Außerdem wurde immer deutlicher, dass die Altstadt nicht mehr als eine Summe
von besonderen Einzeldenkmalen verstanden werden konnte, sondern dass es um eine
Gesamtheit der Altstadt ging, die von der Kirche über das Bürgerhaus bis zur Gangbude
reichte und auch das Altstadtgefüge einschließen musste.
Die Einsicht in diese Zusammenhänge führte schließlich dazu, dass die Bauverwaltung der
Hansestadt Lübeck die Grundsätze der Denkmalpflege in den 1990er Jahren zur Grundlage ihres Planens und Handelns machte, diese aber nach den Gesichtspunkten einer
erhaltenden Stadterneuerung auslegte. Obwohl damit das notwendige Gesamtkonzept
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
noch nicht verwirklicht war, entwickelte sich ein gewisses Einvernehmen zwischen der
Bauverwaltung und der Denkmalpflege, das in Verbindung mit der Städtebauförderung
zur Grundlage einer erfolgreichen Altstadtsanierung wurde. Dabei motivierte die Städtebauförderung manchen Bürger und Geschäftsmann, sich an der Altstadterhaltung zu
beteiligen und half manchen Widerstand zu überwinden, ohne damit den grundsätzlichen
Konflikt mit den Altstadtverwertern zu lösen. Die Lübecker Altstadtsanierung aber wurde
trotz vieler Brüche und Widersprüche zu einem Erfolgsmodell und zu einem vielfach beachteten Vorbild.
4. Ist die Sorge um das Weltkulturerbe noch zeitgemäß
Das Thema der Altstadterhaltung wurde zum Ende des 20. Jhs. zunehmend von Problemen der Wirtschaft, der Arbeitslosigkeit, den Anliegen des Umweltschutzes sowie einer
kommunalen Armut überlagert. So wurde z.B. den Politikern der Vorwurf gemacht, dass
sie den Zustand der städtischen Kanalisation zu Gunsten des Denkmalschutzes vernachlässigten. Es wurde öffentlich darüber nachgedacht, ob man die Kommunen möglicherweise gerichtlich zu einer Kursänderung zwingen müsse, wozu es dann ohne Gerichtsurteil kam. In Lübeck führte diese Kursänderung zwar nicht zu einer grundsätzlichen
Abkehr von der Altstadterhaltung, aber auch hier stand sie nicht länger im Zentrum des
politischen Interesses.
Mit der Vereinigung der beiden Deutschen Staaten zu einer „neuen“ Bundesrepublik
verlagerte sich das Interesse an der Altstadterhaltung noch einmal, und zwar diesmal
sowohl konzeptionell, wie auch geographisch. Das zeigte sich am deutlichsten darin, dass
die Städtebauförderung auf die Erhaltung der ostdeutschen Altstädte konzentriert wurde, um so deren jahrzehntelange Vernachlässigung aufzufangen und dort, wo es noch
möglich war, deren Individualität zu retten. Eine damals sicher notwendige und richtige
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Entscheidung.
Das hatte u.a. zur Folge, dass die Fördermittel für die Altstadterhaltung in den „alten“
Bundesländern, also auch in Lübeck, spürbar reduziert wurden. Als die Lübecker Denkmalpflege um die Mitte der 90er Jahre des letzen Jahrhunderts bei der Deutschen Stiftung
Denkmalschutz einen Antrag auf finanzielle Unterstützung stellte, wurde dieser zunächst
mit dem Hinweis abgelehnt, dass z.Zt. nur ostdeutsche Anträge berücksichtigt würden.
Erst der Hinweis, das Lübeck damals das einzige deutsche Stadtdenkmal auf der Liste
des Weltkulturerbes war, führte zu einem positiven Bescheid.
Die Entwicklung der letzten Jahrzehnte hat gezeigt, dass die Rücksicht auf unser kulturelles Bauerbe das Erscheinungsbild und die Lebensqualität unserer Städte positiv
beeinflusst. Trotzdem hat sich der Konflikt zwischen „moderner Stadtentwicklung“ und
„historischer Altstadt“ nicht in einer gemeinsamen Konzeption auflösen lassen. Auf
dieses Problem reagiert die Politik mit einem zunehmenden Desinteresse an der Altstadterhaltung. Damit droht eine inhaltliche Verdrängung des Themas zu Gunsten einer
zunehmenden Spardebatte. Auch die Altstadterhaltung wird darunter leiden, dass unsere
Gesellschaft jahrelang über ihre finanziellen Verhältnisse gelebt hat und nun nicht weiß,
wie sie das Problem sinnvoll und sozial ausgewogen lösen soll.
Durch die Vereinigung der beiden deutschen Staaten hat sich auch das öffentliche Geschichtsinteresse gewandelt, wodurch sich die Bedingungen für Denkmalpflege und
Altstadterhaltung nicht gerade vereinfacht haben. Immer mehr rücken Großprojekte der
Denkmalerhaltung in das Zentrum des politischen Interesses, wie z.B. die Berliner Museumsinsel. Aber auch die Rekonstruktion verlorener Baudenkmale, wie z.B. des Berliner
Schlosses, finden zunehmende Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit und politische Unterstützung. Dadurch wird der Alltag der Denkmalerhaltung stark belastet. Auch wenn
man in Lübeck diesem allgemeinen Trend nicht unmittelbar folgte, so macht er sich auch
hier, nicht zuletzt durch die Reduzierung der Fördermittel, bemerkbar.
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Nachdenklich macht auch, dass einerseits die politische und finanzielle Unterstützung
der Altstadterhaltung nachlässt, andererseits die Lust nach möglichst vielen Eintragungen in die Welterbeliste zunimmt. Auch bei der Eintragung in die Welterbeliste sollte vor
allem die Frage nach der besonderen Qualität und nicht die der „Weltkulturehre“ stehen.
Es macht auch keinen Sinn, wenn die Politik die Denkmallisten der Bundesländer aus
wirtschaftlichen Überlegungen begrenzt, die Liste des Weltkulturerbes dagegen unkritisch ausweitet. Eine Inflation ist auch nicht für die Liste des Weltkulturerbes wünschenswert und fördert den Verlust der Glaubwürdigkeit.
5. Die Wirkungskraft unseres Kulturerbes
„Die Weltgeschichte ist eine Blutspur. Sie hat auf dem Weg der Menschheit meistenteils
Blut, Tränen, Betrug, Verrat, Dreck und Eiter hinterlassen. … … Die wirklichen Werte der
Kultur, meist Zeugnisse der Kunst, stehen einsam im ganzen Meer von Leid und Brutalität.“ (H. Rosendorfer, Deutsche Geschichte, 1999) Aber diese einsamen Zeugnisse von
Zivilisation und Kultur sind ein Fundament der menschlichen Gesellschaft. Sie geben ihr
Zusammenhalt, Identität, Würde und eine historische Verbundenheit über die Generationen hinweg.
Historisch betrachtet war Deutschland meist ein gespaltenes Land, das nur schwer zu
seiner nationalen Einheit gefunden hat und Mühe hatte, diese Einheit in Würde zu wahren. Es wurde nach 1945 wieder geteilt, in zwei Staaten mit unterschiedlicher Gesellschaftsordnung, mit unterschiedlichen sozialen und kulturellen Entwicklungszielen. Die
gemeinsame kulturelle Tradition konnte dadurch aber nicht aufgehoben werden, auch
wenn versucht wurde, die gemeinsame Kulturgeschichte unterschiedlich zu deuten. Diese kulturgeschichtliche Gemeinsamkeit hat Deutschland trotz seiner Teilung über alle
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Gegensätze hinweg zusammengehalten und war eine Voraussetzung für eine Vereinigung
der beiden deutschen „Staaten“ zu einem neuen Deutschland. Der Wille zur und die Freude über die neue Einheit ist unlösbar mit dem gemeinsamen Kulturerbe verbunden, wie
es sich auch in unserem Bauerbe manifestiert.
Es ist schon beeindruckend, welch starke Wirkung die „einsam im Meer von Leid und
Brutalität“ stehenden „wirklichen Werte der Kultur“ entfalten können. Dabei wirken diese
Werte, egal, ob wir sie als zeitgemäß achten oder versuchen, das Bemühen darum als
Last zu verdrängen. Wie die deutsche Geschichte gezeigt hat, kann aber ihre Missachtung
zur gesellschaftlichen Katastrophe führen. Achten wir also auch nach „25 Jahre Weltkulturerbe Lübecker Altstadt“ darauf, dass uns diese Werte weiter erhalten bleiben.
Die Probleme, die aus der hier angesprochenen Entwicklung entstehen, liegen nicht in
der alleinigen Verantwortung der Kommunen. Daher wird deren Bewältigung nur gelingen, wenn der Bund und die Länder ihrer Mitverantwortung gerecht werden und u.a.
die Städtebaufördermittel auf das notwendige Maß erhöhen, sowie dafür sorgen, dass
die Anstrengungen einer nachhaltigen Altstadtsanierung und eines wirksamen Denkmalschutzes nicht durch unzulängliche gesetzliche Rahmenbedingungen und unangemessene bürokratische Vorschriften eingeschränkt werden.
Dr. Horst Siewert war Bereichsleiter der Denkmalpflege bis 2007
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Aktuelle Anforderungen
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Welterbebereich Lübecker Altstadt
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Aktuelle Anforderungen
Herausforderung Welterbe
Christine Koretzky
Im Dezember 1987 hat das Welterbe-Komitee der UNESCO mit dem mittelalterlichen
Stadtkern der Hansestadt Lübeck ein ganzes Stadtquartier als Welterbe anerkannt. Die
durch Jahrhunderte gewachsene und durch viele hervorragende Einzelbauten geprägte
Bausubstanz in der Altstadt weist Lübeck als architektonisches Erbe von weltweiter Bedeutung aus. Ausschlaggebend für die Aufnahme war die markante und unverwechselbare Stadtsilhouette mit den sieben Türmen der monumentalen Kirchen, der planmäßig
angelegte Stadtgrundriss mit den historischen Raumgefügen der Straßen und Plätze und
die historische Bausubstanz in den unzerstörten Altstadtbereichen. Diese erhaltenen
Gebiete der Hansestadt Lübeck veranschaulichen entsprechend dem Kriterium (iv) der
UNESCO-Kriterien mit hervorragenden Beispielen eines Typus von Gebäuden die Macht
und die historische Rolle der Hanse. Die Hansestadt Lübeck sieht den Erhalt ihres einzigartigen baukulturellen Erbes als vorrangige Aufgabe. Dieses Erbe beinhaltet ein außergewöhnliches Potential und ist Impulsgeber für die touristische und wirtschaftliche
Entwicklung der Hansestadt Lübeck mit einer identitätsstiftenden Wirkung weit über die
Grenzen der Hansestadt Lübeck hinaus.
Abgrenzung Welterbebereich und Pufferzone
Das Welterbekomitee der UNESCO tritt einmal im Jahr zusammen, um über neue Anträge,
bestehende und aktuelle Probleme zu beraten und die inhaltliche Ausrichtung zu diskutieren. So wurde 2004 beschlossen, die Abgrenzung der einzelnen Welterbebereiche für
alle europäischen Welterbestätten klar und einheitlich zu definieren und eine Pufferzone
auszuweisen.
In Lübecks Nominierungsunterlagen aus 1983 befand sich lediglich ein maßstäblich ungenauer Stadtplan mit einer groben Umrandung des Welterbeareals. Lübeck wurde, wie alle
anderen Welterbestätten die zwischen 1978 und 1998 in die Liste aufgenommen worden
sind, aufgefordert, das Welterbegebiet und die Pufferzone parzellenscharf auszuweisen
und der UNESCO zu übermitteln.
Lübeck hatte sich bereits 1983 mit der gesamten
Altstadtinsel um den Welterbestatus beworben.
Aufgrund des erheblichen Verlustes an historisch
wertvoller Bausubstanz und einem Wiederaufbau,
der den historischen Stadtgrundriss und seine
kleinteilige Parzellenstruktur teilweise rigoros verletzte, wurde Lübeck 1987 in einem zweiten Anlauf
mit drei historisch intakten Teilbereichen Welterbe.
Den Welterbebereich heute auf die gesamte Altstadtinsel auszuweiten entspräche einer signifikanten Grenzänderung nach § 164 und 165 der Operational Guidelines der UNESCO und käme im Umfang
und Verfahren einem Neuantrag gleich.
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Aktuelle Anforderungen
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Managementplan
UNESCO-Welterbestätte „Lübecker Altstadt“
Pufferzone
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der Vereinten Nationen
für Bildung, Wissenschaft
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UNESCO Welterbebereich „Lübecker Altstadt“ und Pufferzone
Fachbereich Planen und Bauen
Lübeck plant und baut
Heft 107/ November 2011
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Hansestadt Lübeck
Welterbe seit 1987
25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Aktuelle Anforderungen
Managementplan
Die Vorraussetzung für die Aufnahme in die Welterbeliste bestand in den 80er Jahren in
erster Linie im ausführlichen Nachweis der außergewöhnlichen bauhistorischen Bedeutung. Der Inhalt und Aufbau der Bewerbungsunterlagen unterlag keinem vorgeschriebenen Regelwerk. Die Anforderungen sind seither kontinuierlich gestiegen. Heute müssen
alle Antragssteller einen aussagekräftigen Managementplan zur Nominierung einreichen.
Dieser trifft weitreichende Aussagen zum Schutz und dauerhaften Erhalt der Welterbestätte im Geiste der UNESCO-Konvention und enthält die Beschreibung der Authentizität
und Integrität der Welterbestätte. Auch ältere Welterbestätten sind verpflichtet einen Managementplan zu erstellen und dem Welterbezentrum in Paris vorzulegen.
Die Grundsätze im Umgang mit dem Welterbe sowie die Ziele und Maßnahmen zum
Schutz, zur Pflege, Nutzung und Entwicklung der Lübecker Welterbestätte wurden zwischen 2008 und 2010 in einem umfänglichen Beteiligungsprozess mit den betroffenen
Institutionen, Behörden und der Öffentlichkeit in dem Managementplan UNESCO Welterbe „Lübecker Altstadt“ festgelegt und durch die Lübecker Bürgerschaft beschlossen.
Als verbindliches Planungsinstrument der Stadt soll der Managementplan den dauerhaften Erhalt und die Wahrung der Authentizität und der Integrität des Welterbes bei der zukünftigen Stadtentwicklung gewährleisten. Auf der Sitzung des Welterbekomittees in St.
Petersburg 2012 wurde der Managementplan, bis auf minimale statistische Ergänzungen,
angenommen.
Erklärung zum außergewöhnlichen, universellen Wert
Um einen klaren und übersichtlichen Überblick über die Eintragungsgründe einer Welterbestätte zu erhalten, ist den Nominierungsunterlagen seit 2007 obligatorisch die sogenannte Erklärung zum außergewöhnlichen, universellen Wert - kurz OUV (Declaration of
Outstanding, Universal Value) - beizulegen. Auf der 35. Sitzung des Welterbekomitees in
Paris wurde 2011 beschlossen, dass die Entwürfe für die Erklärung zum außergewöhnlich universellen Wert für die Stätten, die zwischen 1978 und 2006 in die Welterbeliste
eingeschrieben wurden und bislang ein solches Statement noch nicht angefertigt haben,
diese Erklärung bis zum 1. Februar 2012 vorlegen müssen. Diese Erklärungen wurden auf
Basis und als Exzerpt der jeweiligen Nominierungsunterlagen und in Abstimmung mit der
deutschen Vertretung der Kultusministerkonferenz im Welterbekomittee der UNESCO,
Frau Dr. Birgitta Ringbeck, erarbeitet und beim Welterbezentrum in Paris eingereicht.
Die Grundaussagen der OUV entsprechen dem außergewöhnlichen, universellen Wert,
aufgrund dessen eine Welterbestätte eingetragen wurde. Ist die Authentizität (historische Echtheit) oder Integrität (Unversehrtheit) gefährdet, ist auch der Welterbestatus
gefährdet.
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Aktuelle Anforderungen
Lübecks Erklärung zum außergewöhnlichen,
universellen Wert :
1143 von Heinrich dem Löwen nahe der Ostseeküste Norddeutschlands gegründet, war
Lübeck von 1230 bis 1535 eine der führenden Städte der Hanse, einer Vereinigung von
Warenhandel treibenden Städten, der es gelang sich das Handelsmonopol für Ost- und
Nordsee zu sichern.
Der Stadtgrundriss von Lübeck ist gekennzeichnet durch zwei parallel zueinander auf
dem Kamm der Insel laufenden Hauptstraße, von denen Querrippen abzweigen. Er geht
in die Gründungszeit zurück und ist Zeugnis des raschen Wachstums der Stadt, die die
Drehscheibe des Handels in Nordeuropa war.
Im Westen lag das Viertel mit den Kontor- und Wohnhäusern der wohlhabenden Kaufleute, im Osten das Viertel der Kleingewerbetreibenden und Handwerker.
Die sehr ausgeprägte wirtschaftliche und gesellschaftliche Differenzierung wurde darüber hinaus auch deutlich in der Anordnung der „Buden“, kleiner Werkstätten, die sich auf
dem rückwärtigen Teil der Grundstücke der Kaufmannshäuser befanden und zu denen
ein enges Netz von „Gängen“ Zugang verschaffte.
Lübeck blieb ein charakteristisches Stadtdenkmal mit kennzeichnenden historischen
Strukturmerkmalen. Allerdings wurde die Altstadt im zweiten Weltkrieg stark beschädigt
und zu fast 20 % zerstört, dazu zählen die berühmtesten Denkmäler wie der Dom, die
Petrikirche, die Marienkirche und vor allem das Gründungsviertel mit den Giebelhäusern
der reichen Kaufleute.
Der Wiederaufbau erfolgte selektiv und führte zum Wiederaufbau der wichtigsten Kirchen und Denkmäler. Unter Auslassung derjenigen Gebiete die vollkommen rekonstruiert worden sind, beinhaltet das Welterbe mehrere bedeutsame Bereiche für Lübecks
Geschichte:
Zone 1: Das Gelände des Burgklosters - eines dominikanischen Klosters, das in Erfüllung
eines Gelübdes während der Schlacht von Bornhöved (1227) erbaut wurde - beinhaltet
die Originalfundamente der Burg, die von Graf Adolf von Schauenburg auf dem Buki isthmus errichtet wurde. Das Gebiet um den Koberg bewahrt eine städtebauliche Nachbarschaft aus dem Ende des 18. Jahrhunderts. Der öffentliche Platz wird von zwei wichtigen
Denkmälern, der Jakobikirche und dem Heiligen-Geist-Hospital, begrenzt.
Die Abschnitte zwischen Glockengießerstraße und der Aegidienstraße haben ihre ursprüngliche Anordnung beibehalten und beherbergen eine bemerkenswerte Anzahl mittelalterlicher Bauwerke.
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Aktuelle Anforderungen
Zone 2: Zwischen den beiden großen Kirchen, die auch die Grenze der Zone markieren der Petrikirche im Norden und dem Dom im Süden - umfaßt dieses Gebiet Straßenzüge
mit großartigen Patrizierhäusern aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Die Enklave am linken Traveufer mit ihren Salzspeichern und dem Holstentor verstärkt den monumentalen
Aspekt eines Viertels, das auf dem Höhepunkt der Hansezeit, als Lübeck den Handel in
Nordeuropa beherrschte, vollständig umgebaut wurde.
Zone 3: Die Marienkirche, das Rathaus und der Markplatz im Herzen der mittelalterlichen Innenstadt tragen die tragischen Narben der schweren Bombenangriffe während
des Zweiten Weltkriegs.
Kriterium (iv) :
Mit herausragenden Beispielen eines Typs von Gebäuden veranschaulichen die authentischsten Gebiete der Hansestadt Lübeck die Macht und die historische Rolle der Hanse.
Integrität:
Das Herz der Altstadt wird von allen Seiten von Wasser umgeben und, in Teilen, durch
Wallanlagen und Grünflächen. Bis zum heutigen Tag ist ihr Stadtgrundriss als ein harmonisches Gesamtkunstwerk klar ablesbar und ihre einzigartige einheitliche Silhouette von
weitem sichtbar.
Authentizität:
Trotz der Schäden, die sie während des Zweiten Weltkriegs davon getragen hat, blieb
die grundlegende Struktur der Altstadt, die hauptsächlich aus Patrizierhäusern des 15.
und 16. Jahrhunderts, öffentlichen Denkmälern (das berühmte Holstentor), Kirchen und
Salzspeicher bestehen, unverändert.
Schutz- und Managementanforderung:
Die Gesetze und Verordnungen der Bundesrepublik Deutschland und des Landes Schleswig-Holstein garantieren den konsequenten Schutz der Hansestadt Lübeck. Die große
Anzahl Baudenkmale sowie die gesamte Altstadtinsel als Grabungsschutzgebiet unterliegen dem Denkmalschutzgesetz Schleswig-Holsteins. Der Denkmalplan der Lübecker
Altstadt ist Grundlage für Einzel- und städtebauliche Planungen. Die Altstadt von Lübeck
wird weiter durch eine Erhaltungssatzung (Baugesetzbuch) sowie eine Gestaltungssatzung (Landesbauordnung) geschützt. In den die Altstadt umgebenden Gründerzeitquartieren des 19. Jhd. der Pufferzone sind weitere Erhaltungssatzungen in Kraft. Der Schutz
der Sichtachsen auf die Silhouette der Lübecker Altstadt wurde im Landesentwicklungsplan Schleswig-Holstein 2010 berücksichtigt.
Das Management der Welterbestätte leistet die Hansestadt Lübeck. Die Welterbekoordination mit Welterbebeauftragten ist in die bestehenden Verwaltungsstrukturen verankert, um eine umfassende Einbindung in die Planungsprozesse und ein integratives Monitoring zum Erhalt und der nachhaltigen Entwicklung des Welterbes zu gewährleisten.
Ergänzt durch den Managementplan garantiert dieses differenzierte Schutzsystem eine
effiziente Erhaltung der historischen Substanz des Welterbes.
Darüber hinaus tagen regelmäßig externe Experten in Form eines Gestaltungs- und Welterbebeirates, um sowohl Qualitätskonstanz als auch geeignete Lösungen in Stadtplanung und Baupraxis zu gewährleisten.
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Aktuelle Anforderungen
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Aktuelle Anforderungen
Lübecker Sichtachsen
Die Lübecker OUV verdeutlicht, dass die Lübecker Silhouette ein wesentlicher Bestandteil
des Lübecker Welterbestatus ist. Planungen im Sommer 2011 im Rahmen der Teilfortschreibung der Regionalpläne wiesen Windkrafteignungsflächen im Lübecker Becken aus.
Die Planung von Windkraftanlagen an anderen Welterbestätten wie im Bereich des Mont
St. Michel in Frankreich oder in der Nähe der Wartburg bei Eisenach mit den sich daran
anschließenden Auseinandersetzungen bis in die UNESCO Gremien zeigen die Brisanz im
Zusammenhang mit der visuellen Integrität einer Welterbestätte.
Um den Schutz möglicher Sichtbeziehungen auf die Lübecker Silhouette aus dem Umland
auf eine nachvollziehbare und belegbare Grundlage zu legen wurden im Lübecker Becken
die Sichtbeziehungen auf die sieben Türme der Altstadtkirchen flächendeckend erhoben.
Vorraussetzung für eine Sichtbeziehung waren und sind die öffentliche Zugänglichkeit der
Sicht von einer zumindest klassifizierten Straße oder die Veröffentlichung als Aussichtspunkt von touristischem Interesse in publizierten Kartenwerken.
Die Ergänzung des Managementplanes um das Kapitel: „Sichtachsen, Silhouetten- und
Panoramaschutz aus dem Lübecker Umland“ wurde im November 2011 von der Lübecker
Bürgerschaft beschlossen.
Demnach dürfen bauliche Anlagen in den Sichtachsen in ihrer Höhenentwicklung den
Blick auf die Altstadtsilhouette nicht beeinträchtigen.
Im Lübecker Becken sind aufgrund des Schutzes der visuellen Integrität der Altstadtsilhouette des UNESCO Welterbes „Lübecker Altstadt“ Windenergieanlagen nur außerhalb
aufgeführter Sichtachsen zulässig. Windenergieanlagen, die Sichtachsen tangieren bedürfen des gutachterlichen Nachweises der Verträglichkeit.
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Aktuelle Anforderungen
Blick in die Mengstraße
Beckergrube
Mengst
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Aktuelle Anforderungen
Periodische Berichterstattung
In Artikel 29 des UNESCO-Übereinkommens zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der
Welt werden die Unterzeichnerstaaten aufgefordert, regelmäßig über die Anwendung der
Konvention und den Zustand der Welterbestätten zu berichten. Auf der Generalversammlung der Vertragsstaaten der Welterbekonvention wurde 1997 beschlossen, dass diese
Berichte alle sechs Jahre dem Welterbekomitee vorgelegt werden sollen.
Der nächste Zyklus der periodischen Berichterstattung findet für Europa und Nordamerika zwischen 2012 und 2014 statt.
Die Berichte bestehen aus zwei Teilen. Während im ersten Teil zentral für Deutschland
generelle Fragen zur Erfassung und zum Schutz der Welterbestätten, zu gesetzlichen und
finanziellen Rahmenbedingungen sowie zur Aus- und Fortbildung in den relevanten Bereichen und zu internationalen Kooperationen zu beantworten sind, wird im zweiten Teil auf
jede Welterbestätte spezifisch eingegangen.
Die Vertragsstaaten, darunter auch Deutschland, und die Welterbestätten sollen durch
die periodische Berichterstattung in die Lage versetzt werden, Stärken und Schwächen
zu analysieren, Schutz und Management der Stätten und ihrer Werte zu optimieren, nationale und regionale Strategien zu entwickeln und strategische Partnerschaften zwischen
Vertragsstaaten, Organisationen und Agenturen, Stiftern, Spendern und Interessengruppen zu stärken (aus: Die Monitoring-Instrumente der Welterbekonvention, Deutsche
UNESCO Kommission e.V.)
Die Periodische Berichterstattung wird erstmals mittels eines vorgefertigten knapp 100
Seiten umfassenden Onlinefragebogens durchgeführt. Jede Welterbestätte muß hier detaillierte Angaben zu den einschlägigen UNESCO-Kriterien, zu Authentizität und Integrität,
zu Grenzen und Pufferzonen, zu Management und Finanzierung sowie zu Forschung, Vermittlung und Öffentlichkeitsarbeit machen - Daten, die zum großen Teil aus dem aktuellen
Managementplan UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“ übernommen werden können.
Da der Fragebogen alle Facetten jeder Welterbestätte weltweit abdeckt, ist tatsächlich
nur ein Teil der Fragestellungen für Lübeck relevant.
Im Rahmen der Periodischen Berichterstattung wird eine „minor modifications of the
boundary“ (geringfügige Grenzangleichungen) entsprechend § 163 der Operational Guidelines der UNESCO angestrebt, um die bereits im Mangementplan erwähnten historisch erhaltenen Altstadtquartiere entlang der Straße „An der Untertrave“ zwischen Fischergrube und Alfstraße und deren hochkarätigen Denkmalsubstanz auf authentischem
Stadtgrundriss in den Welterbeumgriff aufzunehmen.
Christine Koretzky ist Welterbebeauftragte der Hansestadt Lübeck
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Zwei Stiftungen mit Herz
für das Lübecker Welterbe
Interview mit
Renate Menken, Vorsitzende der Possehl-Stiftung und
Titus Jochen Heldt, Vorsitzender der Gemeinnützigen
Sparkassenstiftung zu Lübeck
Frau Menken, den meisten Lübeckern sind Emil Possehl und die Possehl-Stiftung ein
Begriff. Was ist der Stiftungszweck in Bezug auf die Lübecker Altstadt?
Renate Menken: Emil Possehl hat schon 1915 den Erhalt des schönen Stadtbildes als
ein zentrales Förderziel in die Satzung seiner Stiftung aufgenommen. Dies ist im Prinzip
bis heute so geblieben. Der Stifterwille ist immer noch das oberste Gebot. In der letzten
Satzungsänderung haben wir aber den Begriff des UNESCO-Welterbes mit aufgenommen. So können wir nicht nur Häuser fördern, die unter Denkmalschutz stehen, sondern
alles, was im Bereich des Welterbes liegt. Dazu gehören auch Projekte in der Pufferzone
rund um die Altstadtinsel. Die Anerkennung durch die UNESCO hat aber nicht nur unsere
Fördermöglichkeiten erweitert, auch das Bewusstsein für dessen Erhalt ist in unserem
Hause gewachsen.
Herr Heldt, die Gemeinnützige Sparkassenstiftung zu Lübeck in ihrer jetzigen Form
ist eine relativ junge Stiftung. Ihr Stiftungszweck ist unter anderem die Förderung der
Denkmalpflege. Was hat Sie bewogen, diesen Stiftungszweck aufzunehmen?
Titus Jochen Heldt: Wir fühlen uns genauso wie Emil Possehl der Hansestadt als Standort
verbunden. Unsere Stiftung, die seit 2004 den Namen „Gemeinnützige Sparkassenstiftung zu Lübeck“ trägt, geht ja auf die im Jahre 1817 gegründete Spar- und Anleih-Casse
Lübeck – einem Vorläufer der heutigen Sparkasse – zurück. Die Denkmalpflege sehen
wir als eine wichtige Aufgabe für Lübeck als Gesamtstandort. Deswegen waren die Stiftungsgründer der Meinung, dass diese auch in einer neuen und doch recht bedeutsamen
Stiftung wie der unsrigen ein wichtiger Förderzweck sein sollte.
Was genau fördern Sie bei Sanierungen und in welchem Umfang?
Heldt: Unsere Zielgruppe sind Vereine oder sonstige gemeinnützige Organisationen. Privatpersonen darf die Gemeinnützige Sparkassenstiftung laut Satzung nicht fördern. Wenn
der denkmalpflegerische Wert eines Sanierungsprojekts nachgewiesen ist, schauen wir,
welche möglichst abgrenzbaren Teile – beispielsweise ein historisches Treppenhaus –
wir fördern können. Wir geben nicht einfach einen pauschalen Zuschuss für ein Projekt,
sondern wollen einen konkreten Bezug zu dem, was da geschaffen wird. Da wir unsere
Unterstützung meist bei sehr aufwändigen Projekten gewähren, liegen die Fördersummen
oft im fünfstelligen Bereich und darüber.
Menken: Wir sind als Possehl-Stiftung ja in der glücklichen Situation, auch Privatleute,
einzelne Hausbesitzer, fördern zu dürfen. Wir bevorzugen Vorhaben, deren Ergebnisse
auch für die Öffentlichkeit sichtbar sind, wie etwa Fassadengestaltungen. Dabei bezu-
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schussen wir den denkmalpflegerischen Mehraufwand, also beispielsweise die finanzielle
Differenz zwischen einem normalen Kunststofffenster und einem handgearbeiteten Holzfenster. Bei historischen Wandmalereien in Privatwohnungen sind wir zurückhaltender
geworden, weil sie der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind. Da fördern wir eher Konservierungen, aber keine vollständigen Restaurierungen.
Gibt es Sanierungen oder Restaurierungen, die im Rückblick eine herausragende Bedeutung für Ihre Stiftungen haben?
Heldt: Bei der Restaurierung der Jakobi-Kirche vor ein paar Jahren haben wir die Sanierung des Turms und der Dachreiter finanziert. Das war ein sehr bedeutendes Projekt
für unsere Stiftung, nicht nur wegen der herausragenden Fördersumme von mehr als
750.000 Euro. Die Kirche liegt ganz in der Nähe unserer Stiftung. Wir haben unseren Sitz
ja in der Breiten Straße im Gebäude der Sparkasse, wo das Geld erwirtschaftet wird, das
in die Sparkassenstiftung eingeht. Auch bei der Renovierung des Konzertsaals im Kolosseum haben wir uns außerordentlich engagiert und 820.000 Euro gespendet.
Menken: Emil Possehl ist ja mit seinem weltweit operierenden Geschäft in Lübeck geblieben, weil er aus seinem Büro auf die Türme von St. Marien sehen konnte. Deswegen
steht uns diese Kirche sehr nah. Aber auch in die anderen Hauptkirchen ist seit dem 2.
Weltkrieg sehr viel Geld geflossen. Das ist für Lübeck ja nicht nur ein wichtiger touristischer Anziehungspunkt – ohne die sieben Kirchtürme im Stadtbild wäre die Hansestadt
heute kein Welterbe.
Welches Projekt der Altstadtentwicklung liegt Ihnen persönlich besonders am
Herzen?
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Menken: Wir fördern immer wieder Stadtentwicklungsprojekte. Ouvertüre war da die Umgestaltung des Kobergs – einer der schönsten Plätze der Hansestadt – für die wir drei
Millionen Euro gegeben haben. Derzeit unterstützen wir das Projekt „Mitten in Lübeck“,
die völlige Neugestaltung der Achse Schrangen Klingenberg. Dort haben wir unter anderem die Mehrkosten für den hochwertigeren Bodenbelag aus Granit übernommen.
Wir wollten, dass hier Qualität verarbeitet wird. Als neuestes Projekt kümmert sich die
Possehl-Stiftung um das Burgviertel. Dort fördern wir den Neubau des künftigen Hansemuseums. Zusammen mit der Sanierung und Restaurierung des Burgklosters wird die
nördliche Altstadt nicht nur wesentlich aufgewertet. Wir hoffen auch auf eine lange fällige
Belebung in diesem Bereich.
Heldt: Die Gemeinnützige Sparkassenstiftung fördert satzungsgemäß keine Projekte der
Altstadtentwicklung im eigentlichen Sinne.
Was wünschen Sie sich für die Lübecker Altstadt?
Heldt: Der wesentliche Antrieb unserer Tätigkeit ist der Erhalt des schönen Stadtbildes.
Mir persönlich wäre es wichtig, wenn wir noch etwas mehr Leben in die Altstadt bekämen.
Ich würde mir mehr Kitas wünschen. Da sind einige Projekte in Gange, von denen es gern
noch mehr geben könnte.
Menken: Auch für uns ist ganz wichtig, dass die Altstadt nicht nur eine hübsche museale
Kulisse ist, sondern eine lebendige Stadt bleibt. Ich freue mich, dass im Gründungsviertel
bald ein neues Wohnquartier entsteht, das auch für junge Leute und Familien attraktiv sein wird. Das ist ein wichtiger Schritt zu einer Durchmischung, wie wir sie beide
wünschen.
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Förderprogramm Nationale Welterbestätten
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Förderprogramm Nationale Welterbestätten
Investitionsprogramm Nationale
Welterbestätten
Sonderprogramm des Bundesministeriums
für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Es war ein Glücksfall für Lübeck. 2009 und 2010 legte das Bundesministerium für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung ein Förderprogramm für nationale UNESCO-Welterbestätten
auf. Ziel des Förderprogramms war, dringend notwendige Investitionen in den Erhalt der
historischen Stätten von Weltrang zu ermöglichen.
Gefördert wurden Maßnahmen, die der Erhaltung, Sanierung oder Weiterentwicklung nationaler UNESCO-Kultur- und Naturerbestätten dienten und modellhaften Charakter für
die städtebauliche Entwicklung der Welterbekommunen besaßen. Gleichzeitig sollte das
Programm einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Stadtentwicklung der Welterbestädte
leisten und Impulse für Beschäftigung und Wachstum in der Region geben.
Auf Empfehlung einer einberufenen Expertenkommission wurde aus den eingegangenen
Bewerbungen im Jahr 2009 für 119 Projekte in insgesamt 47 Kommunen eine Förderzusage erteilt. 2010 wurden nochmals 94 Projekte in insgesamt 48 Kommunen für eine
Förderung ausgewählt.
Für die ausgewählten Maßnahmen aus dem ersten Projektaufruf standen insgesamt ca.
150 Mio. Euro zur Verfügung, für die Maßnahmen aus dem zweiten Projektaufruf insgesamt ca. 70 Mio. Euro.
Im UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“ wurden folgende sechs Projekte gefördert:
Förderzeitraum 2009–2013
Gründungsviertel – Stadtentwicklung /archäologische Ausgrabung
Kranenkonvent/Ernestinenschule
Häuserzeile Düvekenstraße
9,00 Mio.
2,20 Mio.
0,30 Mio.
Förderzeitraum 2010–2014
Katharinenkirche – Sanierung und Restaurierung
Salzspeicher – Sanierung
Burgkloster – Sanierung und Restaurierung
2,79 Mio.
1,35 Mio.
1,20 Mio.
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Förderprogramm Nationale Welterbestätten
Gründungsviertel –
Keimzelle der späteren Hanse
Stadtentwicklung eröffnet Chance für
archäologische Ausgrabungen
Zwischen Marienkirche und Trave liegt das sogenannte Gründungsviertel der Hansestadt
Lübeck. Hier entstand 1143 und erneut 1158/59 die mit Abstand älteste deutsche Siedlung an der Ostsee, Keimzelle der späteren Hanse. Sie gilt als Prototyp der modernen
abendländischen Gründungsstadt. 1942 wurde das Stadtviertel bei einem Bombenangriff
weitgehend zerstört und in den fünfziger Jahren mit zwei Berufsschulkomplexen großflächig bebaut. Die Verlegung der Schulen ermöglicht es nun, diesen städtebaulichen Missstand zu beheben. Das erste dieser unmaßstäblichen Bauten der 50er Jahre ist bereits
abgerissen.
Lübecks ältester Siedlung auf der Spur
Vor der Neubebauung wird das Gelände archäologisch untersucht. Eine finanzielle Förderung aus dem Programm Nationale Welterbestätten ermöglicht die ungewöhnlich große
Ausgrabung. Wie sahen die frühen Grundstücksstrukturen aus? Wann erfolgte der Übergang von der Holz- zur Steinbauweise? Wie funktionierten die Wasserversorgung und die
Abfallbeseitigung? Die ArchäologInnen erhoffen sich wesentliche Erkenntnisse über die
älteste deutsche Siedlung, die slawische Vorbesiedlung und den Alltag der mittelalterlichen LübeckerInnen.
Nachdem der nach 1942 ausplanierte Schutt abgetragen war, stießen die ArchäologInnen
fast überall auf eine feinteilige, bis zu sechs Meter tief reichende Befundabfolge aus der
Mitte des 12. bis in das 20. Jahrhundert. Die ersten der freigelegten Holzgebäude und
zugehörigen Brunnen entstanden in den Jahren um 1160. Komplett erhaltene, bis zu 50
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Förderprogramm Nationale Welterbestätten
Quadratmeter große und zwei Meter hohe hölzerne Kellergeschosse - mit außen liegenden Treppenzugängen aus Stein - datieren in die letzten Jahrzehnte des 12. Jahrhunderts.
Damit handelt es sich bei ihnen um die ältesten Nachweise dieses neuen Baumaterials
für Profangebäude. In dieser Zeit wurden auch die Grundstücke durch Gräben und Zäune
abgegrenzt – Grenzen, die bis 1942 annähernd unverändert blieben.
Kloaken sind Fundgruben für Alltagsgegenstände
Seit der Mitte des 13. Jahrhunderts wurden alle Grundstücke mit einem giebelständigen
Dielenhaus bebaut. In den folgenden Jahrhunderten entstanden dahinter schmalere Flügelbauten, zuweilen auch noch hölzerne Quergebäude. Am Ende der Grundstücke errichtete man Kloaken. Diese Toiletten- und Abfallgruben waren meist aus Holz, manchmal
aber auch aus Back- oder Feldstein. Sie hatten ein Fassungsvermögen von bis zu 80
Kubikmetern und wurden bis in das 19. Jahrhundert genutzt. Hier gelangte alles hinein,
was im Haushalt oder in der handwerklichen Produktion kaputt ging, entbehrlich oder
unmodisch geworden war oder versehentlich hineinfiel. Darunter sind komplett erhaltene
Kugeltöpfe oder Krüge, Holzgeschirr, Speiseüberreste, Glasbecher und Flaschen. Weiter
kamen Kleidungsstücke, Goldschmuck und Roh- oder Abfallprodukte der Handwerker
zum Vorschein. Ergänzt durch Lederbeutel oder -taschen, Spielzeuge, Waffen, Spiegel
oder Kämme lassen sich Aspekte des mittelalterlichen Alltags wie Wohnen, Haushalt,
Kleidung und Arbeit sowie Freizeitverhalten und Ernährung rekonstruieren.
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Gründungsviertel –
einmalige Chance der Stadtreparatur
Wie geht es weiter nach der Grabung?
Mit den in den 1950er Jahren errichteten Berufsschulen und den Straßenraumerweiterungen wurde aus einem gemischt genutzten Stadtteil mit kleinteiliger Parzellenstruktur und
geschlossener Bebauung ein monofunktionales Quartier mit großen Einzelbauten. Dieser
vollständige Bruch mit der historischen Altstadtstruktur stellte sich als Fehlentwicklung
und erheblicher Störfaktor im Altstadtgefüge dar. Erst durch die von der Bürgerschaft beschlossene Berufsschulentwicklungsplanung und die dort formulierten Ziele die Schulen
in der Fischstraße an andere Standorte zu verlagern, wurde die Möglichkeit eröffnet, das
Gründungsviertel städtebaulich neu zu ordnen. Der Abbruch der Schulbebauung und die
Förderung der archäologischen Ausgrabungen aus dem Investitionsprogramm „Nationale Welterbestätten“ machen es möglich, dem Gründungsviertel die Identität wieder zu
geben, das ihm im historischen Kontext der Altstadt gebührt. Im Herzen der Lübecker
Altstadt soll im Sinne einer kritischen Rekonstruktion ein zukunftsweisendes, gemischt
genutztes Wohnquartier entwickelt werden. Mit dem Neubau von bis zu 150 Wohnungen
und bis zu 8.000 m² Gewerbeflächen kann auf einer Bruttogeschossfläche von insgesamt
bis zu 25.000 m² ein Investitionsvolumen von 40 – 50 Mio. Euro generiert werden. Die
Entwicklung des Gründungsviertels stellt damit neben dem Aspekt einer Stadtreparatur
das mit Abstand größte wirtschaftliche Entwicklungspotential in der Lübecker Altstadt
dar. Das erhöht die Attraktivität der Lübecker Altstadt und verbessert damit auch die
ökonomischen Rahmenbedingungen für die Bewahrung des Welterbes.
Bei dieser für die Zukunft der Altstadt sehr bedeutenden Maßnahme werden die Interessen der unterschiedlichsten Akteure berührt. Um diese unterschiedlichen Interessen
frühzeitig einzubinden wurde ein umfangreiches Beteiligungsverfahren durchgeführt, das
allen Interessierten eine Mitwirkung ermöglichen sollte.
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Förderprogramm Nationale Welterbestätten
2011 wurde vorbereitend eine externe Expertenrunden einberufen, die sich aus verschiedenen relevanten Interessensgruppen der Lübecker Altstadt zusammen setzt. Hier
wurden vorab die Standpunkte der einzelnen Akteure erörtert, Fragestellungen zum
Gründungsviertel erarbeitet und die Verwaltung bei der inhaltlichen Vorbereitung der Öffentlichkeitsveranstaltung unterstützt. Die Öffentlichkeitsveranstaltung im Februar 2012
wurde mit vielschichtigen Impulsvorträgen renommierter Architekten eröffenet.
Historische Parzelle und Bauflucht als Maßstab
An insgesamt 12 Planungstischen ging die interessierte Öffentlichkeit dann den Fragen
nach, wer und wie im Gründungsviertel gewohnt werden soll, welche Rolle die nachhaltige
energetische Versorgung spielen kann und welche Nutzungen im Erdgeschoss möglich
sein sollen. Weitere Fragestellungen waren die nach dem ruhenden und fließenden Verkehr, die Gestaltung des öffentlichen Raumes, die Dichte der zukünftigen Bebauung und
der Umgang mit den Grabungsergebnissen. Im Ergebnis zeigte die Öffentlichkeitsveranstaltung klaren Konsens in folgenden Punkten: Im Gründungsviertel soll das Wohnen in
unterschiedlichen Eigentumsformen möglich sein. Eine Belebung der Ergeschosse kann
mit einer Mischung aus gewerblichen Nutzungen durch einzelne Läden oder Büros für
freie Berufe aber auch durch Wohnnutzungen erfolgen. Die Bebauung in den Höfen sollte
weniger dicht wie die historische Hofbebauung sein, die Häuser an der Straße jedoch
entsprechend dem historischen Vorbild mit 3-4 Geschossen errichtet werden. Nicht nur
die historische Parzelle gilt als Maßstab, sondern auch die historischen Baufluchten. Eine
Vergabe der Grundstücke soll an Einzelbauherren und für Einzelparzellen erfolgen.
Auf Basis der Ergebnisse aus den Beteiligungen wird nun ein Rahmenplan als Grundlage
für den aufzustellenden Bebauungsplan erarbeitet.
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Förderprogramm Nationale Welterbestätten
Kranenkonvent:
Haus der frommen Schwestern
Der Kranenkonvent in der Kleinen Burgstraße 22
wird Schulgebäude
Der nach seinem Stifter dem Ratsherrn Wilhelm Crane benannte Beginen Konvent wurde
1282/83 neu erbaut. Der Backsteingiebel zeigt mit seinen Viertelstabprofilen eine seinerzeit konservative Architektur – ähnlich dem nahe gelegenen Heilig Geist Hospital. Nach
der Reformation diente das Gebäude bis ins 20. Jahrhundert hinein als städtisches Altenheim. Seit 2010 wird es mit Mitteln aus dem Investitionsprogramm Nationale Welterbestätten saniert und für die Nutzung durch die benachbarte Ernestinenschule vorbereitet.
Mit dem flachen Erdgeschoss und einem Laubengang vor dem Dormitorium im Obergeschoss setzte sich der Kranenkonvent vom Ende des 13. Jahrhunderts üblichen Typus des
Dielenhauses deutlich ab. Das Spitzbogenportal ist nicht mittig und führte in einen Raum,
der vermutlich als Pforte die Schwestern von der Außenwelt abschirmte. Dahinter lag ein
dielenartiger Raum mit zwölf Wandnischen, reich ausgestattet mit Wand- und Deckenmalerei. Zur Rechten gab es eine beheizte Stube, in der sich die Schwestern tagsüber
aufhielten und ihrer Arbeit nachgingen. Das Dormitorium im Obergeschoss war längs in
zwei Räume geteilt und nur über eine außen liegende Treppe zu erreichen. Die Wände
waren dort beiderseits durch kleine Wandnischen gegliedert in denen kleine Talglichter
standen. Zwischen den Nischen war Platz für je eine Schlafmatte, so dass dort bis zu 40
Schwestern schlafen konnten.
Die Küche des Konvents – vielleicht auch der zugehörige Speiseraum – dürfte zunächst
im mit Hängekuppeln gewölbten Keller untergebracht gewesen sein. Um die Mitte des 14.
Jahrhunderts baute man dann an der Nordseite des Vorderhauses rückwärtig eine neue
Großküche an, deren innere Wandstruktur mit tiefen Nischen und schmalen Pfeilern sei-
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Förderprogramm Nationale Welterbestätten
nesgleichen sucht. Der Bau wurde noch bis in das 20. Jahrhundert als Küche genutzt. Der
darüber liegende etwas flachere Raum könnte, durch die Abwärme der Küche beheizt, als
Krankenstube gedient haben. An der gegenüberliegenden Südseite des Hofes entstand
1379 ein zweigeschossiger Seitenflügel. Dieser hatte zwei beheizbare Wohnungen, die
mit Wand- und Deckenmalerei sowie verglasten Fenstern großzügig ausgestattet waren.
Zur unteren Wohnung gehörte eine kleine Hauskapelle. Beide wurden für pflegebedürftige Alte oder Kranke „ordentlichen Rufes“ erbaut, die sich ein lebenslanges Wohnrecht
im Konvent erkauft hatten. Mit der Reformation im Jahr 1531 wurde der Beginen Konvent
aufgehoben. Bis in das 20. Jahrhundert diente das Gebäude als städtisches Altenheim.
Reste von Malereien im Dach bezeugen, dass das Haus mit kleinen Kammern bis in den
Dachboden belegt war.
Bis ins 20. Jahrhundert städtisches Altenheim
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts waren größere Reparaturen erforderlich. Das Dach wurde repariert, die Fenster erneuert und die große Stube im Erdgeschoss auf ihre heutige
Länge verkürzt, um Brennholz zu sparen. Nach der jetzigen Sanierung wird das Gebäude
als Erweiterung der benachbarten Ernestinenschule für Klassen- und Fachräume genutzt.
Im Gewölbekeller soll eine ausgefeilte Klimatechnik die Nutzung als Mensa ermöglichen.
Das großräumige Dach des Vorderhauses aus dem Jahr 1282 bleibt als eines der wenigen
mittelalterlichen Dächer in Lübeck ohne Einbauten.
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
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Häuserzeile Düvekenstraße
Gebäude gehen auf mittelalterliche Buden zurück
Die Geschichte der Häuserzeile in der Düvekenstraße ist eng verbunden mit der dahinter
liegenden Bebauung. Wahrscheinlich schon 1358 dienten hier Buden als Nebengebäude
eines großen Ackerhofes. 1491 neu erbaut, wurden sie 1495 testamentarisch zu Armenwohnungen bestimmt. 1504 kauften zwölf wohlhabende Lübecker Bürger den Ackerhof,
um hier und auf dem bereits vorher erworbenen nördlich anschließenden Grundstück das
St. Annenkloster zu errichten. Trotz der baulichen Verbindung wurde die Budenreihe nicht
mit verkauft.
Die Hausnummern 3 bis 9 grenzen mit ihrer Rückseite an einen Hof und besaßen ursprünglich auch jeweils einen Ausgang dorthin. Im Unterschied dazu sind die niedrigeren
Traufenhäuser Nr. 11 und 13 direkt an das dahinter stehende Gebäude, die heutige Tischlerei des St. Annen Museums, angebaut. Obwohl sie Ende des 18. Jahrhunderts überformt
wurden, sind sie weiterhin durch ein gemeinsames Dach mit dem Museum verbunden.
Schon auf den ersten Blick unterscheiden sich die Häuser Nr. 3 bis 9 deutlich von den
Nr. 11 und 13, obwohl alle Gebäude in gleicher Bauflucht zur Straße liegen. Nr. 3 bis
9 besitzen über einem massiven gemauerten Erdgeschoss ein vorkragendes Fachwerkobergeschoss. Die Fachwerkständer werden durch seitliche Fußbänder stabilisiert. Die
Ständer selbst überschneiden nach unten die Schwelle und verdecken so als eine Art
konstruktiver Holzschutz die Balkenköpfe. Dieses Motiv, Ständerschale oder Ständerfußblatt genannt, ist typisch für Bauten aus dem 15. Jahrhundert in Lübeck. Außer an dieser
Stelle sind sie aber nur noch an wenigen Bauten erhalten.
Düvekenstraße 7
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Raumprogramm ist typisch für Lübecker Dielenhäuser
Das Erdgeschoss besitzt mit einem Stichbogen überwölbte Türöffnungen und Dielenfenster mit Fasenkanten. Die Dornsenfenster sind dagegen rechtwinklig und scharfkantig.
Ursprünglich existierte im Obergeschoss jeweils nur ein Fenster über der Tür. Paarweise angeordnete Schleppgauben sorgen für Licht in der Dachebene. Die Raumaufteilung
im Inneren zeigt das typische Raumprogramm des Lübecker Dielenhauses: Neben dem
Eingang in die Diele liegt straßenseitig die Dornse, die von der dahinter angeordneten
Herdstelle indirekt beheizt werden konnte. Bemerkenswert – jedoch nicht einsehbar, und
bei Nr. 7 und 9 inzwischen durch massive Mauern ersetzt – ist auch die Rückseite der
Budenreihe: Sie weist die altertümliche Konstruktion einer geschossübergreifenden Ständerkonstruktion auf.
Mit den Mitteln aus dem Investitionsprogramm Nationale Welterbestätten konnte die
Grundstücks-Gesellschaft »Trave« als städtische Sanierungsträgerin mit dem Architekturbüro Schröder-Ropeter umfangreiche Sanierungsmaßnahmen in den jahrelang leer stehenden Häusern 7, 11 und 13 durchführen. Neben der aufwändigen Sanierung der alten
Fachwerkwände, der Fenster, des Daches und der Haustechnik spielte auch der Brandschutz eine wesentliche Rolle. Seit Anfang 2011 sind die Bauarbeiten abgeschlossen und
die Häuser an Privatleute vermietet.
Düvekenstraße 11
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
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Katharinenkirche: Kirchenbau für den
Franziskanerorden
Risse bedrohen die historische Bausubstanz
Die Katharinenkirche zählt mit ihrer Architektursprache und ihrer Wandmalerei zu den
bedeutendsten mittelalterlichen Großbauten im Ostseeraum und ist Zeugnis für die Entwicklungsgeschichte des Kirchenbaus. Ihr besonderes Merkmal ist ihr umfangreicher
Bestand an Ausmalung. Heute gefährden zahlreiche Risse an Gewölben und Wänden den
Bestand der Kirche. Um den Einsturz von Gewölbeteilen und einen erheblichen Verlust
an unwiederbringlicher historischer Substanz zuvermeiden, ist eine sofortige Sicherung
unumgänglich.
Von 1300 bis 1360 wurde die Katharinenkirche zwischen Königstraße und Glockengießerstraße für den Franziskanerorden erbaut. Zeitgleich mit der dreischiffigen, gewölbten
Backsteinbasilika ohne Turm entstanden hier Klosterbauten, von denen heute aber nur
noch Teile erhalten sind. Die hochgotische Bettelordenskirche zeichnet sich durch eine
eigenwillige Raumgestalt aus, die im Wesentlichen in der städtebaulichen Ecksituation
und der klösterlichen Nutzung begründet ist. Besonders auffällig im Innenraum sind der
zweigeteilte Chor und die unterschiedlich dimensionierten Seitenschiffe. Während sich
das nördliche ungleichmäßig schmal dem Verlauf der Glockengießerstraße anpasst, besitzt das gleichmäßig breite südliche Seitenschiff zusätzlich mehrere Kapellenanbauten.
Ausmalung des 14. Jahrhunderts freigelegt
Das gesamte Kircheninnere weist teils mehrfach übereinander liegende Befunde der historischen Wand- und Deckenfassungen vom 14. bis zum 18. Jahrhundert auf. Entspre-
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Förderprogramm Nationale Welterbestätten
chend einem 1974 entwickelten Restaurierungskonzept wurde bis in die 1990er Jahre
im Mittelschiff abschnittsweise das komplett erhaltene gotische Ausmalungssystem des
14. Jahrhunderts freigelegt und teilweise ergänzt. Auch im Bereich der Seitenschiffe sind
einzelne Joche restauriert worden, beispielsweise die Zirkelbrüderkapelle im nördlichen
und die Gerckenkapelle im südlichen Seitenschiff. Mitte der 1990er Jahre wurde die Restaurierung aus finanziellen Gründen unterbrochen.
Aufgrund der extremen Gefährdung der wandfesten Ausstattung der Kirche und zahlreichen Rissbildungen an Gewölben und Wänden mit der Gefahr des Einsturzes von Gewölbeteilen war eine Sicherung des Gebäudes unumgänglich. Die notwendige Sanierung der
Katharinenkirche wird mit Mitteln aus dem Investitionsprogramm Nationale Welterbestätten gefördert. Sie gliedert sich in eine baulich-konstruktive Sicherung des Gebäudes
sowie restauratorische Arbeiten an Wand- und Gewölbemalereien und der Ausstattung.
Zur baulichen Sicherung zählen die Reparatur der Dachdeckung der Seitenschiffe, die Sanierung der südlichen Strebepfeiler, des Mauerwerks und des Dachanschlusses am Chor.
Auch müssen das hölzerne Dachwerk überprüft und die Gewölbekappen in Höhe der
Vierung gesichert werden. Schwerpunkte der Restaurierung sind die Wand- und Gewölbeflächen der Crispin-Kapelle, die Sanierung diverser Joche sowie der Kapellennischen im
nördlichen Seitenschiff. Neben der Konservierung und Restaurierung von freiliegenden
Wandmalereien erfolgt eine Wartung und konservatorische Überarbeitung der gesamten
hölzernen Ausstattung der St. Jürgen-Darstellung und des Mosaikbodens im Oberchor.
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Förderprogramm Nationale Welterbestätten
Salzspeicher:
Wo das weiße Gold lagerte
Salzspeicher an der Schnittstelle zwischen Ober- und
Untertrave
Sie stehen unmittelbar südlich des Holstentors am linken Traveufer: Sechs historische
Salzspeicher. Mit ihren Backsteinfassaden bilden die Giebelhäuser einen markanten Baustein der Silhouette des Lübecker Welterbes. Doch die Fassaden waren einsturzgefährdet. Mit Unterstützung aus dem Investitionsprogramm Nationale Welterbestätten konnte
2012 die Bausubstanz und das Aussehen der Salzspeicher nachhaltig gesichert und damit
ihr Denkmalwert erhalten werden.
Im Mittelalter befanden sich hier neben der Holstenbrücke – an der Schnittstelle zwischen
dem Binnenhafen an der Obertrave und dem Seehafen an der Untertrave – schmalere Heringshäuser. Salzhändler kauften sie im frühen 16. Jahrhundert auf und ersetzten die Häuser nach und nach durch die heute hier stehenden Speichergebäude. Der Standort war
günstig: Das Salz wurde über die Trave aus Bad Oldesloe oder über den Stecknitz-Kanal
aus Lüneburg herangebracht. Hier konnte es einfach auf Seeschiffe verladen werden, die
die kostbare Fracht über die Ostsee nach Norwegen und Schweden transportierten.
Der nördliche Eckspeicher mit einem Treppengiebel zur Traveseite wurde 1579 errichtet,
die nächsten drei Speicher etwa 20 Jahre später. Sie reichen weiter nach Westen und
sind deutlich höher als der erste. Die beiden breiteren südlichen Speicher sind um 1745
hinzugefügt worden. Bei allen Fassaden kann man an der Anordnung der Fenster – ursprünglich Luken – die niedrigen Stockwerkshöhen der Speicherböden ablesen. An der
Traufenseite des südlichen Speichers wurde im späten 18. Jahrhundert eine Stützmauer
in Form toskanischer Pilasterblendarkaden vorgesetzt.
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Förderprogramm Nationale Welterbestätten
Nach einem Umbau lösten sich die Fassaden
Mit dem Rückgang des Salzhandels im 19. Jahrhundert wurden in den Speichern nach
und nach auch andere Waren wie Tuch und Getreide gelagert. Anfang des 20. Jahrhunderts war der Zustand der Gebäude, die wieder in städtischen Besitz gekommen waren,
wegen fehlender Bauunterhaltung so desolat, dass sie eigentlich abgerissen werden sollten. Dennoch wurden in die am stärksten gefährdeten Speicher II und III in den 1930er
Jahren ein Jugendheim mit einem großen Veranstaltungsraum eingebaut. Die Giebel des
Speichers II riss man ab, baute sie aber mit altem Material in alter Form wieder auf. Nach
dem 2. Weltkrieg zog ein Textilgeschäft aus der zerstörten Altstadt ein, das bis heute hier
seinen Sitz hat.
In den 1950er und 1960er Jahren entkernte man die Gebäude und baute neue Geschossdecken und Treppenhäuser ein. In den beiden nördlichen Speichern wurde das
Erdgeschoss durch den Einbau von Schaufenstern und eines Passagendurchgangs erheblich verändert. Diese umfassenden Umbauten brachten bauliche Probleme mit sich.
Die Fassaden lösten sich langsam von der inneren Gebäudekonstruktion und drohten
einzustürzen. Nach einer statischen Untersuchung und anschließender Schadensanalyse entschied man sich für umfangreiche Sicherungsmaßnahmen. Diese bestand aus
der Abdichtung der Dächer und der Sanierung der Fassaden. Mit Hilfe von Mauerankern
wurden die Fassaden wieder an den Gebäudekern angebunden. Die Bauarbeiten fanden
bei laufendem Geschäftsbetrieb statt.
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Förderprogramm Nationale Welterbestätten
Burgkloster:
Klosteranlage an exponierter Stelle
Das Burgkloster wird Teil des
Europäischen Hansemuseums
Das Burgkloster im Norden der Lübecker Altstadt zwischen Burgtor und Koberg war
ehemals das St. Maria-Magdalenen-Kloster der Dominikaner. Es gehört zu den wenigen
bis heute erhaltenen, ehemals zahlreichen Klosteranlagen des Mittelalters im Lübecker
Stadtgebiet. In unmittelbarer Nähe zum nördlichen Stadteingang zeugt es von der Bedeutung des sakralen Lebens im mittelalterlichen Leben der Stadt. Es dokumentiert nicht nur
die baulichen Leistungen der Backsteingotik in Norddeutschland sondern ist auch durch
seine qualitätvolle und ikonographisch interessante Bauplastik an Konsolen und Schlusssteinen bedeutsam. Nachdem es zuvor lange Zeit dem Land Schleswig-Holstein gehörte,
befindet sich das Burgkloster seit 1990 wieder im Eigentum der Hansestadt Lübeck. Es
ist für BesucherInnen als Ort sakraler Architektur und Kunst erlebbar. Künftig wird es
eigenständiger Teil des Europäischen Hansemuseums.
Nach einem Brand wurde das Burgkloster 1276 neu errichtet. Mit der Einführung der
Reformation 1531 endete das Klosterleben und man richtete hier ein Armenhaus ein.
Die dazugehörige Klosterkirche stürzte 1817 ein und wurde abgetragen, da kein Geld für
Sicherungsmaßnahmen vorhanden war. Von den ehemaligen Klostergebäuden sind heute
im Wesentlichen der Kreuzgang, die Sakristei, Sommer- und Winter-Refektorium, der Kapitelsaal, ein zweischiffiger Gewölbekeller, das Hospital und das sogenannte Beichthaus
erhalten. 1893 bis 1896 entstand entlang der Großen Burgstraße ein Gerichtsgebäude
mit neugotischen Formen, für den man das Obergeschoss des Kreuzgangs abbrach und
durch Gefängnis-, Gerichts- und Verwaltungsräume überbaute.
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Förderprogramm Nationale Welterbestätten
Inmitten der Neugotik blieb die innere Klosteranlage erhalten
Die in der neugotischen Ummantelung weitgehend bewahrte innere Klosteranlage wurde vom Land Schleswig-Holstein seit 1976 für Museumszwecke umgebaut und saniert.
Dabei wurden auch die einzigartigen Wand- und Gewölbemalereien des 13. bis 16. Jahrhunderts, die es in nahezu allen Gebäudeteilen gibt, nach dem damaligen Stand der Restaurierungstechnik freigelegt, gesichert und restauriert. Heute gibt es aus konservatorischen Gründen erneut Handlungsbedarf. Die aus dem Investitionsprogramm Nationale
Welterbestätten geförderte Gesamtuntersuchung des Gebäudes hat die Kenntnis über
die Befundlage enorm verbessert. Es konnten bau- und kunsthistorische Erkenntnisse
miteinander abgeglichen sowie Vergleiche mit anderen, zeitgleichen Bauwerken und deren wandfester Ausstattung angefertigt werden. Verbesserte Untersuchungsmethoden
haben das Wissen über die diversen Ausstattungsteile erheblich vermehrt. Mit diesem
Wissen wird nun Raum für Raum der Bestand gesichert, restauriert und unter museumsdidaktischen Aspekten präsentiert. Aus konservatorischen Gründen werden einzelne
Ausstattungsteile klimatisch isoliert, ohne sie künftigen BesucherInnen vorzuenthalten.
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Altstadtsanierung
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Altstadtsanierung
Altstadtsanierung
Lübeck verbindet Sanierung und Denkmalschutz
Die Hansestadt Lübeck legt ein besonderes Augenmerk auf die Entwicklung ihrer historischen Altstadt, die auch eine große Bedeutung für die Entwicklung der Gesamtstadt
hat. Trotz massiver Kriegseinwirkungen ist die mittelalterliche Grundstücks- und Gebäudestruktur auf der Altstadtinsel weitgehend erhalten. Ihr Gebiet umfasst ca. 4000 Einzelgebäude und Gebäudegruppen aus dem Zeitraum vom 13. bis zum 20. Jahrhundert. Von
ihnen sind zurzeit zirka 1100 Denkmale rechtskräftig unter Schutz gestellt und zirka 230
als einfache Denkmale ausgewiesen.
Zum Schutz des wertvollen Gebäudebestands sowie der öffentlichen Straßen und Plätze
ist die Hansestadt insbesondere seit 1970 vielfältig aktiv geworden. Die gesamte Lübecker Altstadt wurde 1972 zum Untersuchungsgebiet für die Stadtsanierung erklärt.
Damals geschah dies im Rahmen des Städtebauförderungsgesetzes, heute bildet das
Baugesetzbuch die Grundlage. Zirka die Hälfte der Altstadtinsel ist seit 1973 zu Sanierungsgebieten erklärt worden. Dies ist die rechtliche Voraussetzung, um mit Hilfe von
Städtebauförderungsmitteln städtebauliche Missstände zu beheben und damit auch den
Erfordernissen des Denkmalschutzes Rechnung zu tragen. Insgesamt sind so im Laufe
der Jahre Städtebauförderungsmittel von über 120 Millionen Euro in die Altstadtsanierung
geflossen.
Denkmalplan für die Lübecker Innenstadt
Der Denkmalschutz wird in Lübeck in erster Linie durch das Denkmalschutzgesetz des
Landes Schleswig-Holstein garantiert. Mit der Festlegung von Sanierungsgebieten, der
Erhaltungssatzung und der Gestaltungssatzung hat die Hansestadt aber auch selbst einen engmaschigen rechtlichen Rahmen für die denkmalgerechte Sanierung der Altstadt
geschaffen. Im Jahr 1992 hat sie zudem die gesamte Altstadtinsel als Grabungsschutzgebiet ausgewiesen. Seit Oktober 1993 wird eine vollständige Inventarisierung der Denkmale im Rahmen des „Denkmalplans für die Lübecker Innenstadt“ schrittweise umgesetzt.
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Altstadtsanierung
Rathaus
mit wechselvoller Baugeschichte
Am Lübecker Rathaus sind viele Epochen ablesbar
Regelmäßige Veränderungen und Umbauten haben das heutige Erscheinungsbild des
Lübecker Rathauses geprägt. Die Baugeschichte begann kurz nach der Verleihung der
Reichsfreiheit 1226 und war 1308 erst einmal abgeschlossen. Von diesem frühen Bau
zeugen noch heute Teile der Südwand im spätromanischen Stil. 1435 errichtete man die
Marktwand mit ihren bekannten Windlöchern und Türmen, rund 150 Jahre später kam der
helle Renaissancevorbau hinzu. Ende des 16. Jahrhunderts folgten der hölzerne Erker zur
Breite Straße und nur wenig später die Renaissance-Prunktreppe. Danach gab es immer
wieder Reparaturen und Erneuerungen. Auch in den letzten Jahren sind regelmäßig Sanierungsarbeiten durchgeführt worden.
Rokokosaal wieder hergestellt
So wurde 2005 der bedeutende Audienzsaal mit der Rokokoausgestaltung von 1761 wieder hergestellt. Grund waren vor allem umfangreiche Schäden an den Farbfassungen.
Auch die Gemälde und Möbel wurden restauratorisch gereinigt und überarbeitet. In den
Jahren 2007 und 2008 folgte die Sanierung des repräsentativen, reich beschnitzten Fachwerk-Erkers aus Eichenholz. Dabei wurden die Elemente der Tragkonstruktion, der Konsolen, der beschnitzten Füllungen und der Bekleidungen ausgebaut, vor Ort überarbeitet
und soweit notwendig ergänzt. Die aktuelle Farbfassung entspricht der Originalfassung
aus der Renaissancezeit. Zeitgleich wurde der gotisch eingewölbte Portikus des RathausHaupteingangs, ebenfalls aus der Renaissancezeit, statisch-konstruktiv gesichert und
wieder hergestellt. Für die kommenden Jahre ist mit Mitteln aus der Städtebauförderung
geplant, den Germanistenkeller, die Fassade und mehrere historische Räume zu sanieren.
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Altstadtsanierung
Sanierung des
Lübecker Wahrzeichens
Das Holstentor hatte von Anfang an
mit weichem Untergrund zu kämpfen
Das Holstentor ist das bekannteste Wahrzeichen der Hansestadt. Das spätgotische Gebäude, ursprünglich das mittlere Tor einer komplexen Toranlage, ist neben dem Burgtor
das einzige erhaltene Stadttor Lübecks. In den Jahren 1464 bis 1478 wurde es von dem
Baumeister Hinrich Helmstede als Teil der Stadtbefestigung errichtet. Bereits bei den
Bauarbeiten traten infolge des morastigen Untergrunds statische Probleme auf, was sich
heute an der Neigung der Türme ablesen lässt.
Im 19. Jahrhundert drohte der Abbruch
Ende des 19. Jahrhunderts fanden – nach lebhaften Diskussionen über einen Abbruch
des baufälligen Holstentores – umfangreiche Sanierungsarbeiten statt. In ihrem Zuge
wurde auch die bekannte Inschrift „Concordia domi foris pax“ gefertigt. Gut einhundert
Jahre später war die Bausubstanz des Tores erneut in Gefahr. Nach einer Schadenskartierung und ersten Reinigungen zwischen 1994 und 2001 begann 2005 eine umfangreiche
Sanierung.
Das Holstentor bekam ein vollständig neues Schieferdach. Die Terrakotta-Elemente der
Fassade wurden ausgebaut, gesichert und gereinigt. An einigen Stellen waren Ersatzplatten nötig. Das dahinter liegende Mauerwerk wurde abgedichtet und Halterungen aus
rostfreiem Edelstahl eingesetzt. Während der Arbeiten war es möglich, an dem vollständig eingerüsteten Gebäude sämtliche konstruktiv wichtigen Teile zu überprüfen. Für die
Sanierung der dabei festgestellten Schäden waren am Ende fast 990.000 Euro nötig –
finanziert mit Hilfe der großen Spendenbereitschaft der LübeckerInnen.
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Altstadtsanierung
Zwischen Rekonstruktion
und Moderne
Das Gebäudeensemble An der Untertrave 60
beherbergt eine baugeschichtliche Besonderheit
2007 konnten die neuen BewohnerInnen in den Gebäudekomplex „An der Untertrave 60“
einziehen. In Vorderhaus, Seitenflügel und Quergebäude standen vier Eigentumswohnungen und ein Ladengeschäft mit einer Wohn- und Nutzfläche von insgesamt 530 Quadratmetern zur Verfügung. Sie waren von der Sanierungsträgerin »Trave« durch fachgerechte
Sanierung dem heutigem Standard angepasst worden.
Einziger flämischer Treppengiebel Lübecks
Am umfangreichsten waren die Arbeiten am Quergebäude. Hier galt es eine Besonderheit
der Lübecker Baugeschichte zu retten: den einzigen flämischen Treppengiebel der Hansestadt. Doch zunächst musste der gesamte marode Dachstuhl abgenommen und der
Giebel wie ein Puzzle aus den zwischengelagerten Steinen neu aufgemauert werden. Im
Dach wurden die zirka 400 Jahre alten Dachpfannen wieder verwendet.
Nicht immer ist aber eine Rekonstruktion möglich und sinnvoll. Das Querhaus beherbergte zuletzt eine Autowerkstatt. Auf der linken Hälfte der Fassade gab es ein großes
Werkstatttor, von den ehemaligen Fenstern war keine Spur mehr. Gemeinsam mit der
Denkmalpflege entschieden sich die Bauherrin und der Architekt Wolfgang Bruch letztlich
für eine moderne Lösung: ein Fassadenelement aus Stahl mit großzügigen Fensterflächen, die viel Licht in den breiten aber nicht sehr tiefen Hauptwohnraum hereinlassen.
Elektrisch verschiebbare Holzlamellen schützen bei Bedarf vor direkter Sonne. Anstelle
einer Historisierung ohne Vorlage entstand eine Fassade, die als Kontrast den geretteten
Altbestand betont.
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Altstadtsanierung
Ehrgeiziges Projekt
auf großem Grundstück
Innenhof der Fischergrube 84 lädt zum Plaudern ein
Mit Kosten von rund 3,50 Millionen Euro war die Sanierung der „Fischergrube 84“ eines
der ehrgeizigsten Projekte der Sanierungsträgerin »Trave«. Im Jahre 2003 waren die zwölf
Eigentumswohnungen mit einer Gesamtfläche von 1.100 Quadratmetern bezugsfertig.
Gebäude mit wechselvoller Geschichte
Im 16. Jahrhundert wurden die Häuser im Stil der Renaissance erbaut. Das Vorderhaus
erhielt im 19. Jahrhundert eine neue, klassizistische Fassade. Im Laufe der Zeit fand in
den Gebäuden ein Korn- und Salzspeicher ebenso Platz wie eine Tischlerei. Außerdem
wurden hier früher Seifen hergestellt und Drähte gegossen. Heute ist die Fischergrube
84 ein attraktiver Wohnstandort. In den modernen Eigentumswohnungen gibt es viel historische Bausubstanz und mit Liebe restaurierte Schmuckelemente. Das fängt bei den
prächtigen Deckenmalereien in der Tordurchfahrt im Vorderhaus an und geht weiter im
zweigeschossigen Seitenflügel, dessen Stuckdecke aus dem 18. Jahrhundert in Teilen
bewahrt werden konnte. Architekt Wolfgang Bruch hat bei der Sanierung – wo die historische Bausubstanz nicht mehr erhalten werden konnte – auch moderne Akzente gesetzt.
So ist im Rokokohaus, der Hausnummer 84e, die Zwischendecke teilweise als begehbare
Glasdecke konstruiert.
Doch die besondere Atmosphäre in der Fischergrube entsteht nicht nur durch die Geschichte, die in den Gebäuden lebt – sondern auch durch die Menschen. Der Innenhof
lädt zum Plaudern mit den Nachbarn ein. Und das urbane Leben der Hansestadt mit Kino,
Theater oder Kneipen ist gleich um die Ecke.
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Altstadtsanierung
Markantes Eckhaus
mit moderner Gebäudetechnik
An der Untertrave 10/11
bleibt die Modernisierung von außen fast unsichtbar
Mit Baujahr 1870 ist das Gebäude „An der Untertrave 10/11“ für ein Altstadthaus noch
ziemlich jung. Dennoch war bei dem Haus, das die Sanierungsträgerin »Trave« mbH angekauft hatte, eine grundlegende Sanierung nötig. Nach mehrjährigem Leerstand hatte
Feuchtigkeit Schäden an Decken und Dachbalken hinterlassen. Durch verrostete Stahlstürze wurden Risse in die Fassade gesprengt. Auch das Schmuckstück des Hauses, der
Holz-Erker aus dem 19. Jahrhundert, hatte mit seiner nach unten gezogenen Fensterrahmung und dem Holzpaneel so seine Tücken. „Der Straßenlärm kam durch alle Ritzen“,
berichtet Architektin Insa Schröder-Ropeter.
Im ganzen Haus schlucken seit der Sanierung spezielle Schallschutzfenster – zum Teil als
zweite Schicht hinter den Originalfenstern angebracht – die Straßengeräusche. Lüftungsanlagen führen kontinuierlich Frischluft zu, so dass man die Fenster zum Lüften nicht
öffnen muss. Auch in Bezug auf Wärmeschutz entspricht das Haus seit der Fertigstellung
2012 dem heutigen Stand der Technik. Sechs Zentimeter dicke Dämmplatten, die von
innen angebracht sind, sorgen für warme Räume und niedrige Heizkosten.
Maisonette-Wohnung mit Loggia
Über der Gewerbefläche im Erdgeschoss entstanden zwei Wohneinheiten. Die größere
geht als Maisonette-Wohnung über zwei Stockwerke. Die Architektin hat dafür das Dachgeschoss mit einbezogen und hier einen kombinierten Wohn-, Koch- und Essraum gestaltet. Da die Außenwände hier nur sehr kleine Fensteröffnungen hatten, entwarf sie eine
Dach-Loggia als Freifläche, die mit einer Glaswand vom Wohnraum abgetrennt ist und
diesen mit viel Licht versorgt. Zur Straße hin ist die Loggia hinter der Attika verborgen –
wichtig für eine Sanierung an so markanter Stelle.
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Altstadtsanierung
Einfamilienhaus
mit Aussicht
In der Hundestraße 98
gab es vor der Sanierung 13 Kleinstwohnungen
Jahrelang war nichts für die Instandhaltung der „Hundestraße 98“ getan worden. Zahlreiche Stromzähler bezeugten, dass hier wahrscheinlich zeitweise bis zu 13 Zimmer einzeln vermietet waren – bei einer Gesamtfläche von nur 230 Quadratmetern. Nach zähen
Verhandlungen mit dem Alteigentümer konnte die Sanierungsträgerin »Trave« das leer
stehende Haus erwerben und bis 2009 als Einfamilienhaus sanieren.
Das Kulturdenkmal aus der Mitte des 16. Jahrhunderts ist durch Umbauten der Jahre
1800 und 1870 im Stil von Neorenaissance und Klassizismus gestalterisch geprägt. Ablesbar ist dies z.B. an Fenstern, Türen und einem verglasten Kücheneinbau. Die historische Struktur gab eine Nutzung als Einfamilienhaus vor. Die einzige Treppe liegt im
hinteren Teil des Vorderhauses und bildet gleichzeitig den Zugang zum Seitenflügel.
Freisitz mit Blick auf Kanal-Trave
Um das Fehlen einer attraktiven Freifläche auszugleichen, haben die ArchitektInnen Nicola Petereit und Jörg Haufe eine pfiffige Lösung entwickelt, die in diesem Fall denkmalund stadtbildpflegerisch vertretbar war. Sie haben die im 19. Jahrhundert vorgenommene
Aufstockung des Seitenflügels rückgängig gemacht. An Stelle des dritten Geschosses
bekam der Seitenflügel ein Satteldach, das nur nach außen fast alltäglich wirkt. Hinter
der Dacheindeckung aus waagerechten Ziegellamellen verbirgt sich ein Freisitz – eine Art
Dachterrasse mit Blick auf die Kanal-Trave. Durch die „Herunterzonung“ des Seitenflügels
kommt auch der mittelalterlichen Giebel des Vorderhauses wieder stärker zur Geltung.
Nicht unwichtig – denn die Sanierung an dieser exponierten Stelle ist auch ein Stück
Stadtbildreparatur.
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Altstadtsanierung
Haus hielt nur noch aus Gewohnheit
In der Kleinen Altefähre 10
war die Bausubstanz stark beschädigt
Bei der ersten Begehung war Vorsicht geboten. Jeder Balkenkopf im Haus „Kleine Altefähre 10“ war kaputt, angerissen oder geknickt. Bevor Zimmerer und Tischler mit der
langwierigen Sanierung der Holzteile beginnen konnten, wurden provisorische Stützen
eingezogen. Architektin Nicola Petereit erklärt: „Ein altes Haus hält zunächst quasi aus
Gewohnheit. Gefährlich wird es, wenn man anfängt einzelne Bauteile für die Sanierung
herauszunehmen.“ Kein Wunder, dass die Arbeiten mehrere Jahre gedauert haben. 2008
war die Sanierung abgeschlossen. Die Mauern sind wieder standsicher, Stahlträger ergänzen die historischen Deckenbalken. Entstanden sind drei Wohneinheiten im Vorderhaus, Seitenflügel und Quergebäude.
Diele blieb unterteilt
Im Vorderhaus entschied man sich zusammen mit der Denkmalpflege, die Raumaufteilung des 19. und 20. Jahrhunderts zu erhalten. Die Diele blieb geteilt, auch weil sie den
Zugang zu den Hinterhäusern bildet. Die Wohnung im Vorderhaus beginnt nun im ersten
Obergeschoss, in das man über eine prächtige Rokoko-Treppenanlage aus dem Jahr 1782
gelangt. Zentraler Raum ist hier eine Wohnküche, von der man in eine Vielzahl kleinerer
Zimmer kommt. Insgesamt hat die Wohnung 115 Quadratmeter, verteilt auf drei Stockwerke. Die verwinkelten Zimmer sind Einbauten von 1928 und haben zum Teil eine leichte
Schräge im Boden und damit einen ganz eigener Charme. Petereit: „Hätten wir das Gefälle ausgeglichen, wären die Räume noch niedriger geworden.“ Nur in der großen Küche
hat man den Boden begradigt. „Sonst hätte man die Suppenteller immer nur halb füllen
können.“
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Altstadtsanierung
Durch einen Brand weitgehend zerstört
In der Kleinen Altefähre 23
entstanden zwei Maisonette-Wohnungen
Retten, was auf den ersten Blick nicht mehr zu retten ist – darum ging es beim Haus
„Kleine Altefähre 23“. Nach einem Brand Ende 2004 war das Gebäude zu weiten Teilen zerstört, überall sah man nur noch schwarzes Mauerwerk und verkohlte Holzbalken.
Dennoch erwarb die Sanierungsträgerin »Trave« das Gebäude und beauftragte den Architekten Thomas Tillmann mit der Sanierung. 2008 waren die Arbeiten beendet und
viele Details wie Jugendstil-Stuck oder die Deckenmalerei im Hausflur konnten trotz des
Brandschadens restauriert werden.
Freiflächen geschaffen
Ein weiteres Problem war, dass das Grundstück über keine nennenswerte Freifläche verfügte. Im 20. Jahrhundert war der Hof fast vollständig überbaut worden. Daher wurde
entsprechend dem städtischen Sanierungskonzept für diesen Häuserblock ein Großteil
der rückwärtigen Anbauten im Rahmen einer Ordnungsmaßnahme abgerissen. Der Seitenflügel – ehemals dreigeschossig wie das Haupthaus – wurde um ein Geschoss reduziert, um dem neuen Garten mehr Sonnenlicht zu verschaffen. Für die heutigen BewohnerInnen der oberen Wohnung entstand auf dem nun niedrigeren Seitenflügel eine kleine
Dachterrasse.
Licht und Luft waren auch im Innern gefragt. Die beiden neuen Maisonette-Wohnungen
gehen jeweils über zwei Etagen und teilen sich den ersten Stock. Die Räume im Erdgeschoss der unteren Wohnung beeindrucken durch ihre Höhe von fast vier Metern. „Wohnen und Küche richten sich zum Innenhof aus. Schlanke hohe Türen und große Fenster
geben den Räumen viel Licht“, so der Architekt. In der oberen Wohnung ist besonders der
offene Wohnraum mit seiner verglasten Küche im Dachgeschoss attraktiv.
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Arbeitsgemeinschaft Historische Städte
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Arbeitsgemeinschaft Historische Städte
Arbeitsgemeinschaft Historische Städte
Zusammenschluss von
sechs Städten mit bedeutender Altstadt
Die Lübecker Altstadt steht mit ihren Herausforderungen in punkto Stadtentwicklung in
Deutschland nicht allein. Schon 1973 führte der regelmäßige Erfahrungsaustausch mit anderen Städten, die über eine bedeutende mittelalterliche Altstadt verfügen, zur Gründung
der „Arbeitsgemeinschaft Bamberg-Lübeck-Regensburg“. Die AG hat sich von Anfang an
als fachpolitische Interessenvertretung verstanden. Sie hat Einfluss genommen auf die
Sanierungsgesetzgebung, die Bedingungen der Städtebauförderung und die besonderen
steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten von Gebäuden innerhalb förmlich festgesetzter
Sanierungsgebiete. Nach der Wiedervereinigung kamen drei ostdeutsche Städte dazu:
Görlitz und Meißen in Sachsen sowie Stralsund in Mecklenburg-Vorpommern. Zusammen
bilden sie seit 1991 die „Arbeitsgemeinschaft Historische Städte“.
Seit 1998 gibt es den Bauherrenpreis
Anlässlich des 25-jährigen Jubiläums hat die AG 1998 den Bauherrenpreis für „Hervorragende Sanierung oder Neubau im historischen Stadtkern“ ins Leben gerufen. Es handelt
sich dabei nicht um einen Architekturpreis. Die AG würdigt vielmehr das besondere Engagement von Bauherren. Prämiert wird je ein Gebäude pro Stadt. Die Auszeichnung ist mit
einem eher symbolischen Preisgeld von 1.500 Euro pro Objekt verbunden und wird alle
vier Jahre vergeben. Jede Stadt nimmt aus den von den Bauherren eingereichten Arbeiten
drei Arbeiten in die engere Wahl, aus denen die sechs Bürgermeister in einer gemeinsamen Sitzung je einen Preisträger auswählen. Bei der Beurteilung geht es neben der
gestalterischen und konstruktiven Bewertung vorrangig um den Beitrag, den das Projekt
zur qualitätvollen Weiterentwicklung des historischen Stadtkerns geleistet hat.
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Arbeitsgemeinschaft Historische Städte
Dielenhaus mit eigener Website
In der Fleischhauerstraße 79
steht die Tür für PassantInnen offen
Das denkmalgeschützte Altstadthaus hat eine eigene Website: www.dielenhaus.de. Auch
die Nutzung der „Fleischhauerstraße 79“ ist eine Besonderheit. Die große Diele und ein
Seminarraum können für Veranstaltungen gemietet werden – historisches Ambiente inbegriffen. Für PassantInnen bietet sich hier die seltene Gelegenheit, ein mittelalterliches
Bürgerhaus von innen zu bestaunen.
Diele als Hausflur und Festsaal
Ulrich Büning hat sein Büro gleich neben dem Hauseingang in der historischen Dornse. „Wenn ich da bin, steht die Haustür offen“, erklärt der überzeugte Altstadtbewohner. Gemeinsam mit den ArchitektInnen Jörg Haufe und Nicola Petereit hat er 2006 das
Gebäudeensemble gekauft. Da war es schon zehn Jahre lang unbewohnt. Vom Quergebäude war nur wenig zu retten, das Hofgebäude musste ganz erneuert werden. Doch
das Vorderhaus mit einer Brandmauer von 1290 und dem ältesten datierten Holzbauteil
von 1457 konnten die drei EigentümerInnen – auch Dank einer Förderung der PossehlStiftung – denkmalgerecht sanieren. Dafür wurden sie mit dem Bauherrenpreis 2010 der
Arbeitsgemeinschaft Historische Städte ausgezeichnet.
Deckenmalereien, ein Stuckelement und ein historischer Kücheneinbau aus Holz schmücken die Diele. Unter den alten Gotlandplatten verbirgt sich heute eine Fußbodenheizung,
die umweltfreundlich über eine Erdwärmepumpe gespeist wird. Während Veranstaltungen ist der Durchgang schon mal gesperrt. Darauf müssen auch die Mieter der neu aufgebauten Quer- und Hofgebäude Rücksicht nehmen. Büning, der selbst ins Haupthaus
gezogen ist, nimmt die Einschränkung gern in Kauf. Er freut sich über Details wie die
liebevoll restaurierten Bleifenster in seiner Wohnung. Es sind schließlich die ältesten in
einem Lübecker Bürgerhaus.
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Arbeitsgemeinschaft Historische Städte
Hohe Qualität auf kleiner Fläche
In der Wakenitzmauer 18
gab es den seltenen Fall einer Baulücke
Es ist ein selbstbewusster Neubau in einer historischen Häuserzeile. Das Haus in der
„Wakenitzmauer 18“ hat die für die Altstadt vorgeschriebene Lochfassade. Doch schon
die Anordnung der Fenster ist asymmetrisch. „Es war mir wichtig, einen modernen Akzent
zu setzen, die Nachbarbebauung aber nicht zu dominieren“, erklärt Uwe Ellinghaus, der
hier Bauherr und Architekt in einer Person war. Die bodentiefen Fenster sind asymmetrisch angeordnet und stehen leicht schräg zur Fassade. Dies ermöglicht den BewohnerInnen auch bessere Ausblicke in beide Richtungen der Straße.
Moderne Formensprache
Auch innen ist die Formensprache modern: Der Große Eingangsraum findet seine Fortsetzung in einer offenen Küche. In einem elliptischen Treppenhaus führt die gewendelte
Treppe in den ersten Stock, der über eine Galerie mit dem Erdgeschoss verbunden ist. So
bekommen beide Stockwerke Sonnenlicht durch die 15 Quadratmeter große Glasfassade
zum Innenhof. Sie vermittelt ein Gefühl von Offenheit. Der kleine Hof mit einem Wasserspiel an der Rückseite bietet den BewohnerInnen ein Stück privaten Rückzugsraum.
„Ich wollte gute Lichtverhältnisse auf begrenztem Raum realisieren“, erklärt der Bauherr
die Grundidee des Hauses mit seinen 130 Quadratmetern. Dafür steht auch das atelierartige Dachgeschoss mit einer Deckenhöhe von bis zu vier Metern. Die bodentiefen Fenster
gestatten hier einen freien Blick auf die gegenüber liegenden Gründerzeitfassaden. Der
Neubau war beim Bauherrenpreis 2010 der Arbeitsgemeinschaft Historische Städte in
der engeren Auswahl.
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Arbeitsgemeinschaft Historische Städte
Traditionshaus
fit fürs 21. Jahrhundert
Betten Struve saniert seinen Stammsitz
in der Königstraße, Ecke Wahmstraße
„Unsere Geschäftsräume waren einfach nicht mehr zeitgemäß!“ Diese Erkenntnis veranlasste Ole und Leif Ginap 2006 dazu, über einen Umbau des Stammsitzes ihres Geschäftes „Betten Struve“ nachzudenken. Auch eine Fassadensanierung war an dem dreistöckigen Gebäude an der Ecke Königstraße/Wahmstraße dringend erforderlich.
Im Archiv fanden die Brüder Ginap ein Foto von 1906. Es zeigt den Bauzustand nach
Umbau des Kontorhauses zum Ladengeschäft durch Firmengründer Hans Struve. Zu sehen sind darauf große ungeteilte Fenster auch im ersten Stock. Diese hatte man in den
1980er-Jahren wieder mit Sprossen untergliedert, der Bruch zu den oberen Stockwerken
war jedoch weiterhin zu sehen. Ole Ginap: „Der Architekt Uwe Ellinghaus hat uns geraten, entweder auf die Fassadengestaltung des Wohnhauses von 1860 zurückzugehen
oder aber ganz bewusst den Verkaufsraum zu markieren. Wir haben uns für Letzteres
entschieden.“
Umbau bei laufendem Betrieb
Im Herbst 2008 begannen die Arbeiten – bei laufendem Betrieb. Steigleitungen und
Elektrokabel wurden komplett erneuert, das Dach neu gedeckt, Stahlträger freigelegt
und entrostet. Heute strahlt das Gebäude in neuem Design. Die Wiederherstellung der
Stuckdecke im Eingangsbereich hat die Possehl-Stiftung gefördert, wie übrigens auch die
originalgetreu nachgebauten Holzfenster. Das Sanierungsprojekt hat es nicht nur beim
Bauherrenpreis 2010 der Arbeitsgemeinschaft Historische Städte in die engere Auswahl
geschafft – auch die Lübecker Kaufmannschaft hat das Haus prämiert und ihm den Architekturpreis 2010 für vorbildliche Gewerbebauten verliehen.
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Arbeitsgemeinschaft Historische Städte
Vergangenem
zu neuer Schönheit verholfen
Das Haus An der Untertrave 70
ist beispielhaft für eine private Sanierung
Petra und Uwe Mildbredt haben ihr Altstadthaus in Etappen umgebaut. Denn ihr Haus
auf dem Land hatten sie bereits verkauft, um in die Lübecker Innenstadt zu ziehen. So
ließen sie die Wohnung in der ersten Etage zuerst sanieren und zogen gleich ein. Danach
folgten die übrigen Stockwerke – bis viele bauliche Details im Haus „An der Untertrave
70“ liebevoll restauriert waren.
Ein Haus im Haus
Eines der historischen Details ist das Windenrad auf dem Dachboden, mit dem früher
Waren in die oberen Stockwerke gehoben wurden. Erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts
gibt es in dem Gebäude überhaupt eine Wohnnutzung, vorher diente es seit 1749 als
reiner Speicher. Die EigentümerInnen wurden für ihr besonderes Engagement mit dem
Bauherrenpreis der Arbeitsgemeinschaft Historische Städte 2006 belohnt. Die Jury lobte
in der Begründung zur Preisverleihung ausdrücklich den Teilausbau des Dachgeschosses.
In einer Haus-in-Haus-Bauweise ist hier eine Einliegerwohnung entstanden, die vom Kontrast einer schlichten modernen Einrichtung zu dem historischen Dachstuhl lebt. Durch
isolierverglaste Fenster schaut man auf die Holzbalken der Dachkonstruktion. Erst die
zweite Fensterfront erlaubt den Blick nach draußen.
Preiswürdig sind auch die Wiederherstellung der großzügigen Diele im Erdgeschoss
und die Restaurierung der barocken und klassizistisch überformten Fassade. Architekt
Thomas Tillmann schloss den Eckeingang und verlegte die Haustür an die ursprüngliche
Stelle in der Straße „An der Untertrave“. Auch bei den Wandfarben, Friesen und RokokoStuckdecken ließen die Bauleute besondere Sorgfalt walten und die Details nach den
Befunden der Restauratorin behutsam wieder herstellen.
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Arbeitsgemeinschaft Historische Städte
Gelungene soziale Mischung
Die Glockengießerstraße 44
beherbergt Wohnungen und eine Ausbildungswerkstatt
1301 wurde das Haus „Glockengießerstraße 44“ an der Ecke Tünkenhagen erstmals erwähnt. Seit dem 16. Jahrhundert ist die Nutzung als Brauhaus belegt. Heute ist hier die
„Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit“ Eigentümerin. Sie ließ das Gebäude sanieren und hat es unter sozialen Gesichtspunkten vermietet. In die Gewerberäume im Erdgeschoss des Vorderhauses zog „Das kleine Gewandhaus“ – eine Schneiderei,
die gleichzeitig Jugendausbildungswerkstatt ist. Hier erhalten Jugendliche, die keine betriebliche Lehrstelle gefunden haben, eine Ausbildung.
Maßgeschneidertes Wohnen
Das Haupthaus war im Laufe der Zeit einigen Veränderungen unterworfen. Im 18. Jahrhundert erhielt es eine Putzfassade mit barockem Giebel. Die ursprünglich hohe Diele
wurde irgendwann durch eine abgehängte Decke reduziert. Bei der Sanierung durch das
Architekturbüro Deecke wurde diese baulichen Änderunge revidiert. Der rückwärtige Anbau war leider nicht mehr zu retten und wurde unter Einsatz der alten Baustoffe wieder
aufgebaut. Die alten Zuschnitte der Räume blieben dabei erhalten, so dass individuelle
Wohnungen entstanden, insgesamt sechs Wohneinheiten mit zwei bis drei Zimmern.
Die AG Historische Städte zeichnete die Sanierung der denkmalgeschützten Bausubstanz
mit dem Bauherrenpreis 2002 aus. Die Jury begeisterte neben der baulichen Ausführung,
dass die Auszubildenden in dem Haus auch wohnen können. Andere Wohnungen sind für
Alleinerziehende reserviert. So leistet die Glockengießerstraße 44 auch einen wichtigen
Beitrag für ein ausgeglichenes soziales Gefüge in Lübecks Innenstadt.
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Arbeitsgemeinschaft Historische Städte
Von der alten zur „Neuen Rösterei“
Die Wahmstraße 43/45
ist heute ein soziokulturelles Zentrum
Das markante Gebäude mit seinen fünf Stockwerken stammt aus dem Jahre 1897. Seit
der Sanierung gibt es hier eine Kombination aus Wohnen, Gastronomie, Kultur und Gesundheitseinrichtungen. Die ehemalige Rösterei wurde damit zum soziokulturellen Zentrum. Die großzügigen Raumzuschnitte der Lagerräume blieben in ihrer Struktur erhalten.
Sie bieten heute attraktive Nutzungsmöglichkeiten für die sozialen Einrichtungen. Das
Gesamtkonzept der „Neuen Rösterei“ überzeugte auch die Fachleute. Die EigentümerInnen Gunda Dierks-Elsner und Thomas Elsner erhielten für die Sanierung 1998 den Bauherrenpreis der Arbeitsgemeinschaft Historische Städte.
Gewerblichen Charakter erhalten
Verantwortlich für den Umbau war der Lübecker Architekt Thomas Schröder-Berkentien.
Ihm gelang es durch Wiederverwendung vorhandener Bauteile und Einrichtungen den
ursprünglichen gewerblichen Charakter des Gebäudes zu erhalten. Neu Hinzugefügtes
wurde dabei aber nicht historisierend angepasst. So ist die neue Stahltreppe im Innenhof
nicht nur der von der Bauordnung vorgeschriebene zweite Rettungsweg, sondern auch
ein markanter architektonischer Akzent.
Die Jury lobte die Risikobereitschaft der Bauherren, den Gebäudekomplex aus dem 19.
Jahrhundert ohne öffentliche Förderung mit einer soziokulturellen Nutzung zu füllen. In
einem Auszug aus dem Protokoll der Jurysitzung heißt es: „Die vielen verschiedenen Nutzungen erhöhen die notwendige kulturelle Vielfalt in der Altstadt und sind ein Beitrag zur
stadtplanerisch gewünschten Mischung von Wohnen, Gewerbe und Kultur.“
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Welterbe- und Gestaltungsbeirat
Öffentliche Sitzung des Gestaltungsbeirates,
im Vordergrund die Mitglieder Architekten Hilmer, Prof. Theilig und Prof. Fritz (v.l.)
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Welterbe- und Gestaltungsbeirat
Gestaltungs- und Welterbebeirat
Externe Fachleute
beraten bei wichtigen Bauprojekten
25 Jahre UNESCO Welterbe „Lübecker Altstadt“ sind in diesem Jahr zu feiern. Daneben
gibt es aber noch einen weiteren Geburtstag: Immerhin schon neun Jahre besteht der
Gestaltungs- und Welterbebeirat Lübeck.
2003 hatte die Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck einstimmig beschlossen, einen Gestaltungsbeirat einzuführen. Seine Aufgabe ist es, bei Bauprojekten, die aufgrund ihrer
Lage, Größe, Nutzung oder Vorbildwirkung eine besondere Bedeutung für den öffentlichen Raum haben, fachlich zu beraten. So soll die architektonische und städtebauliche Qualität der ausgewählten Projekte sichergestellt werden. Die fünf Mitglieder bilden
das Spektrum der aktuellen Architekturdiskussion ab. Niemand von ihnen hat seinen
Wohnsitz oder sein Büro in Lübeck. Denn ein zentrales Merkmal des Gutachtergremiums
ist neben der fachlichen Qualifikation auch seine Unabhängigkeit. Mit der ergänzenden
Bestätigung des Gestaltungsbeirates als Welterbebeirat im Jahr 2007 durch die Bürgerschaft bekräftigte die Hansestadt Lübeck ihre Verantwortung für das kulturelle Welterbe
der Lübecker Altstadt gegenüber der UNESCO.
Der stadträumliche Kontext spielt eine große Rolle
Die in diesem Kapitel ausgewählten Beispiele zeigen die Spannweite der Themen, die
der Beirat in seinen Sitzungen behandelt – von der Umnutzung des Kanzleigebäudes im
Zentrum der Altstadt über die Sanierung eines Bürogebäudes der Nachkriegszeit bis hin
zu einem Parkhaus im Blockinnenhof und schließlich einem Produktionsgebäude in der
Pufferzone des Welterbes. Alle Beispiele verdeutlichen, dass es nicht nur um die Beratung
von architektonischen Detailfragen geht. Zentraler Punkt ist immer auch die Einbindung
in den jeweiligen stadträumlichen Kontext. Außerdem rücken die öffentlichen Sitzungen
die Bauprojekte in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses.
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Welterbe- und Gestaltungsbeirat
Archivrecherche als Grundlage
für gewissenhafte Sanierung
Kanzleigebäude mit reicher Baugeschichte
Die Vorstellung eines Projektes im Gestaltungsbeirat bedeutet eine intensive Vorbereitung seitens der Architekten. Das Beispiel des Kanzleigebäudes in der Breite Straße zeigt,
dass sich diese umfassende Recherche lohnt. Dadurch kann man sich mit dem Gebäude
und dem Genius Loci vertraut machen. Wenn ältere Störungen der Bausubstanz bezüglich
Ort und Umfang bekannt sind, lassen sich entwurfsbedingte Eingriffe in den Bestand besser begründen. Genauso können mit einem Mehr an Kenntnis Begehrlichkeiten frühzeitig
richtig verortet oder auch ad acta gelegt werden.
Das Kanzleigebäude verfügt über eine reiche Geschichte. Die städtische KWL GmbH als
Bauherrin durchsuchte nicht nur das umfangreiche Archiv der Denkmalpflege, sondern
auch die Buch-Antiquariate der Stadt und das Internet. Neben bildlichen Überlieferungen
fanden sich auch textliche Quellen: Im Brief eines mittelalterlichen Kaufmanns an seinen
dänischen Partner ist von den „oulden Gewulben unter der Canzlei“ die Rede. Tatsächlich
gaben spätere Baubefunde Aufschluss über frühe Kelleranlagen unter dem Gebäude, obwohl dies in jüngeren Beschreibungen ausgeschlossen wurde. Niederschriften des städtischen Steueramts aus dem 13. Jahrhundert lieferten annähernd lückenlos Informationen
über Vorgängerbauten. Am Standort des Kanzleigebäudes sind zwei Vorgängerbauten
nachgewiesen. Am nördlichen Ende zur Mengstraße befand sich das „Domus Pellificum“
von 1262, am südlichen Ende in direkter Nachbarschaft zum Rathaus das „Longa Domus“
von 1316. Diese beiden Gebäude bildeten einen mittleren Durchgang zum Marienkirchhof, welcher bis heute als Hasenpforte bezeichnet wird.
Ausschnitt aus dem Holzschnitt von Elias Diebel, 1552 - alte Kanzlei mit Resten des Longa Domus
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Welterbe- und Gestaltungsbeirat
1483 brauchte die Verwaltung mehr Platz
Aufgrund des steigenden Raumbedarfs der Verwaltung wurde 1483 ein erster Bauabschnitt des Kanzleigebäudes auf einer Teilfläche des Longa Domus errichtet. In einem
Holzschnitt von Elias Diebel aus dem Jahr 1552 sind dieser erste Bauabschnitt und Reste
des alten Gebäudes eindeutig erkennbar. Erweiterungen erfolgten 1588 und 1614 durch
den Ratsbaumeister Hans von Rode. Die Räume im Obergeschoss waren der städtischen
Verwaltung vorbehalten, im Erdgeschoss befanden sich hinter Bogenöffnungen zur „Breite Straße“ tonnengewölbte Verkaufsbuden, die bis 1818 an Einzelhändler vermietet wurden. Der Giebel zur Mengstraße erhielt 1791 von Lorenz Meintz seine heutige Gestalt.
Aufgrund statischer Mängel wurde 1818 der erste Bauabschnitt von 1483 abgebrochen
und neu errichtet. In diesem Zuge vereinheitlichte man die Stützen- und Gewölbereihung
der Arkade. Im selben Jahr wurden die prägenden Bogenöffnungen zugunsten weiterer
Verwaltungsräume geschlossen. 1881 erfolgte eine Grundinstandsetzung. 1926 öffnete
man das Joch an der Ecke Breite Straße / Mengstraße, zog die Arkade in eine L-Form und
integrierte ein neues Treppenhaus mit expressionistischen Stilelementen.
Die jetzige Sanierung des Kanzleigebäudes orientierte sich maßgeblich an den Rechercheergebnissen. Die Bögen zur Breite Straße wurden verglast und bieten heute Platz
für Einzelhandel und Gastronomie. Anstelle der völligen Öffnung der Arkadenrückwand
wurden nur wenige, historisch belegte Öffnungen ausgeführt. Ein notwendiges neues
Treppenhaus wurde an der Stelle errichtet, an der 130 Jahre vorher ein vorhandenes
Treppenhaus abgerissen worden war.
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Welterbe- und Gestaltungsbeirat
Sichtachsen und Blickbeziehungen
Neues Gebäude der H. & J. Brüggen KG liegt
in der Pufferzone des Welterbes
Mit der Eric-Warburg-Brücke entstand nördlich der Altstadt nicht nur eine neue Verkehrsverbindung. Die neue Trave-Querung ermöglicht auch eindrucksvolle Blicke auf
die Lübecker Altstadt mit den Kirchtürmen als prägende Elemente der Stadtkrone. Um
der Bedeutung dieser Sichtbeziehungen Rechnung zu tragen, bezog die Stadt die umliegenden Uferflächen in die Pufferzone des Welterbes ein. Für nicht mehr zum Hafenbetrieb benötigte Flächen des Konstinkais führte dies Anfang 2009 zu einer komplexen
Planungsaufgabe.
Die H. & J. Brüggen KG plante hier ein neues Produktions-, Lager- und Verwaltungsgebäude, das aus betrieblichen Gründen in unmittelbarer Nachbarschaft zum Firmenhauptsitz
liegen sollte. Für die Stadt galt es, die Erweiterung zu ermöglichen und gleichzeitig die
vorhandenen Sichtbeziehungen auf die Altstadt zu berücksichtigen. Für das Unternehmen bestand hingegen auch die Option, die benötigten zusätzlichen Produktionskapazitäten ggf. außerhalb Lübecks zu schaffen. Dies hätte für Lübeck den Verlust von Arbeitsplätzen, Steuereinnahmen sowie der Bedeutung als Standort für das produzierende und
verarbeitende Gewerbe bedeutet.
Aufgrund der Lage in der Pufferzone wurde das Vorhaben dem für Welterbestätten in
Deutschland zuständigen Internationalen Rat für Denkmalpflege (ICOMOS) gemeldet und
der Lübecker Gestaltungs- und Welterbebeirat hinzugezogen. Es folgte ein intensiver Beratungs-, Abstimmungs- und Einigungsprozess. Angesichts der ersten Entwürfe forderte der Gestaltungsbeirat eine grundlegende Überarbeitung in Bezug auf die geplanten
Gebäudehöhen und auf die Gestaltung der wasserseitigen Fassade. ICOMOS regte „in
Anlehnung an den einst prägenden Charakter des Hafens mit Lagerschuppen, Umschlagplätzen und Kränen“ eine deutliche Reduzierung der aus der Dreigeschossigkeit resultierenden Bebauungshöhe an.
Gemeinsam gestalterische Lösung gefunden
Da eine Reduzierung auf zwei Geschosse aus betrieblichen Gründen nicht in Betracht
kam, arbeiteten Bauherr und Architekt in der Folge gemeinsam mit den Beteiligten von
Stadt, Gestaltungsbeirat und ICOMOS an einer stadtgestalterisch wie denkmalpflegerisch verträglichen, dreigeschossigen Kompromisslösung. Im Ergebnis entstanden ist ein
gegenüber der ursprünglichen Bebauung deutlich längerer Baukörper, dessen geschwungene Form nach Einschätzung des Beirates „eine Eigenständigkeit und Selbstverständlichkeit erlangt hat, die mit einer zurückhaltenden Geste zur Altstadtsilhouette hinleitet.“ Durch die reduzierte Bebauungshöhe und den weitgehenden Verzicht auf störende
Dachaufbauten konnten Beeinträchtigungen der Sichtbeziehungen auf ein vertretbares
Maß beschränkt werden. Die qualitätvolle Gestaltung der Fassade, deren matte Oberfläche in Analogie zur Materialität der vorhandenen Hafenschuppen steht, wurde in weiteren Beiratssitzungen fortentwickelt und abgestimmt. Das Gebäude präsentiert sich heute
mit einer ruhigen Fassade, die auf überflüssige Attitüden verzichtet. Die Farbgebung mit
Grautönen trägt dem Charakter eines zeitgemäßen Industriebaus Rechnung, der sich harmonisch in das Stadtbild einfügt.
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Welterbe- und Gestaltungsbeirat
Bestand 2009
Simulation1
Simulation 2
Neubau
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Welterbe- und Gestaltungsbeirat
Sorgfältig geplante Sanierung
Nachkriegsbau an der Ecke Kohlmarkt/Schmiedestraße
wurde Thema im Beirat
Im Mai 2007 stand ein Projekt auf der Tagesordnung des Lübecker Gestaltungsbeirates,
das als Thema zunächst überrascht. Denn beim Gebäude Kohlmarkt 15 / Schmiedestraße
24–26 handelt es sich weder um ein Baudenkmal der Hansezeit noch ein spektakuläres
Neubauprojekt. Das Nachkriegsgebäude, das hier saniert und umgebaut werden sollte,
ist den LübeckerInnen als Deutsche Bank bekannt. Auch die Schmiedestraße war zum
Zeitpunkt der Projektvorstellung eine eher wenig beachtete Seitenstraße, die seit dem
Wiederaufbau der Nachkriegsjahre vom historischen Straßenverlauf abwich. Sie wirkte
wie ein vernachlässigter Zubringer zu einem Parkhaus, begleitet von weiteren PKW-Stellplätzen im öffentlichen Straßenraum.
Was ist in so einem Fall schon zu tun? Wärmedämmung, neue Fenster, moderne Bürotechnik – dafür benötigt man kein Architekturbüro und schon gar nicht den Rat des
Expertengremiums, so könnte man meinen. Aber es kam anders: Der Bauherr beauftragte mit Kitzmann Architekten ein ausgezeichnetes Hamburger Architekturbüro und der
Gestaltungsbeirat engagierte sich für das Vorhaben. Die ExpertInnen lobten ausdrücklich
die architektonische Sorgfalt der Sanierungsplanung bis ins Detail. Der Rat plädierte mit
Rücksicht auf den städtebaulichen Kontext für Zurückhaltung beim Ausbau des Daches
sowie für die Beibehaltung der ziegelsichtigen Fassade am Kohlmarkt. Er begrüßte eine
gastronomische Nutzung im Erdgeschoss an der Schmiedestraße sowie die dazu vorge-
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Welterbe- und Gestaltungsbeirat
schlagenen Umbauten. Der Austausch der Fenster gegen Türen, der Rückbau der Stellplätze und die Schaffung einer ebenen Freifläche für Außengastronomie sollten helfen,
den bisherigen Charakter eines Kellergeschosses zu überwinden und einen attraktiven
Dialog mit dem öffentlichen Raum zu eröffnen.
Notwendig war viel Überzeugungsarbeit
Das Votum des Beirats stieß jedoch keineswegs auf ungeteilte Zustimmung: Der Bauherr
sah die angestrebte Ausnutzung des Dachgeschosses gefährdet. Der Rückbau der Stellplätze wurde von Teilen der Stadtverwaltung auch im Hinblick auf deren Bewirtschaftung
kritisiert. Der Gastronomie wurden keine Erfolgschancen eingeräumt und die lokale Presse sprach schon von einem „Streit um die Sanierung an der Schmiedestraße“. Heute, fünf
Jahre später, sind die Wogen geglättet. Mit großer Selbstverständlichkeit präsentiert sich
der sanierte Gebäudekomplex. Die Stadt hat hochattraktiven Büroraum hinzugewonnen.
Die architektonische Qualität bis ins Detail der Fensterprofile und des Sonnenschutzes
wertet die gesamte Straße auf. Der Betreiber der Gastronomie im neu gestalteten Erdgeschoss hat die richtigen Antworten für den Standort gefunden. Die Schmiedestraße zeigt
sich heute in deutlich verbesserter Gestaltung als angemessene Adresse – nicht zuletzt
auch für die benachbarte Kulturkirche St. Petri.
vorher
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Welterbe- und Gestaltungsbeirat
Chance zur städtebaulichen Reparatur
Das Parkhaus Wehdehof
wurde in mehreren Beiratssitzungen diskutiert
Die historische Bebauung des Wehdehof-Blocks wurde 1942 zerstört. Damit ging auch die
für die Lübecker Altstadt typische Parzellenstruktur verloren. Der Wiederaufbau erfolgte teils historisierend, teils mit typischen Wohn- und Geschäftshäusern der 1950er und
1960er Jahre. Im Blockinnenbereich entstand ein Parkhaus. Die Freiflächen im oberen
und unteren Wehdehof übernahm die Hansestadt Lübeck und vergab Nutzungsrechte für
offene Stellplätze.
Nachdem die Stadt entschieden hatte, den Wehdehof weiterhin mit einem Parkhaus zu
nutzen, wurde dem Gestaltungsbeirat 2008 die Vorplanung für dieses neue Parkhaus
vorgestellt. Das sehr anspruchsvolle Projekt mit seiner komplizierten städtebaulichen
und eigentumsrechtlichen Lage war über mehrere Sitzungen hinweg Gegenstand der Beratungen. Dadurch wurde nicht nur eine Verbesserung der Ausgangsplanung hin zu einem
erheblich veränderten, städtebaulich und architektonisch angemesseneren Baukörper erreicht, sondern zusätzlich ein ansprechender Freiraum für den Blockinnenhof entwickelt.
Das erste Konzept sah ein gegenüber dem Bestand deutlich vergrößertes Parkhaus mit
Penthouse-Wohnungen im Dachgeschoss vor. Der Gestaltungsbeirat empfahl dagegen
eine grundsätzliche Aufwertung der Gesamtsituation im Wehdehof. In diesem Sinne sollte das Parkhaus als Hofbebauung eine architektonisch zurückhaltende Rolle finden und
Bauvolumen und -höhen verringert werden. Ein Dach aus Kupfer war bereits von der
Stadtplanung abgelehnt worden, da dieses Dachmaterial ausschließlich den Kirchen vorbehalten ist.
März 2011
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September 2011
25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Welterbe- und Gestaltungsbeirat
Abschließender Entwurf findet die Zustimmung des Beirates
Nachdem das Projekt einige Jahre ruhte wurde dem Beirat 2011 ein völlig neuer Ansatz vorgestellt, der auch die gesamten Freiflächen des Wehdehofs in die Gestaltung
einbezog. Aufgrund der eingeschränkten aber identitätsstiftenden Blickbeziehungen zur
Marienkirche empfahl der Beirat erneut eine Höhenreduktion. Die Baukörperstrukturen
sollten klarer, das eigenwillige Einzelvolumen auf dem Dach entfernt und eine Veränderung der völlig offenen und begrünten Fassade vorgenommen werden. Das Gebäude
sollte insgesamt, auch durch Mantelnutzungen, zu einer angenehmen Atmosphäre in den
halböffentlichen und privaten Räumen im Wehdehof beitragen.
In einer ersten Überarbeitung wurde daraufhin von dem Architekten Ellinghaus zwar ein
klarer Baukörper mit Gründach vorgestellt. Das zu große Volumen und die fehlenden zusätzlichen Nutzungen konnten jedoch nicht überzeugen.
Die dann von den Planern vorgenommene tiefgreifende Überarbeitung ergab eine spürbare Reduktion der Gebäudehöhe und gleichzeitig höhere, auch anderweitig nutzbare
Stockwerke. Darüber hinaus wurden zusätzliche Nutzungen entlang der Blockdurchwegung und gegenüber den dazugehörigen Zugängen angeordnet. Die Fassadengestaltung
wurde überarbeitet und als Materialien Ziegel und Stahl vorgeschlagen. Für die abschließende Beratung erbat sich der Beirat schließlich eine Freiraumplanung für den gesamten
Hof und die Prüfung einer zusätzlichen Wohnnutzung. Nach Vorstellung eines qualifizierten Außenraumplanes und modifizierter Mantelnutzungen sowie weiterer Verbesserungen in der Fassadengestaltung gab der Gestaltungsbeirat Ende 2011 seine Zustimmung.
Dezember 2011
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Gutachterverfahren und Wettbewerbe
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Gutachterverfahren und Wettbewerbe
Wettbewerbe und Gutachterverfahren
Die besten Ideen zur Sicherung der Baukultur
Mit dem Eintrag als UNESCO-Welterbe hat die Hansestadt Lübeck die Verantwortung
übernommen, den Welterbegedanken bei allen Bauprojekten in der Altstadt umzusetzen.
Dadurch hat sich eine besondere Kultur des Bauens in der Hansestadt entwickelt. Für
wichtige Bauaufgaben wurden seitdem zunehmend Wettbewerbe oder konkurrierende
Gutachterverfahren ausgeschrieben, damit die besten Ideen und Entwürfe zur Umsetzung kommen.
Qualitätssicherung schon im Entwurf
Mittlerweile kann Lübeck auf eine mehr als 20-jährige Wettbewerbstradition zurückblicken. Die Einführung des Gestaltungsbeirates vor neun Jahren hat die Zahl der Wettbewerbe und vergleichenden Gutachten insbesondere im privaten Bereich noch einmal
gesteigert. Etliche Ausschreibungen hat der Gestaltungsbeirat selbst initiiert.
Die Wettbewerbe reichen von der Entwicklung großer Wohngebiete und dem Entwurf
öffentlicher Bauten, Geschäftshäuser oder Wohngebäude über die Gestaltung von Plätzen und Straßenräumen bis hin zu kleineren Mehrfamilienhäusern. In den Preisgerichten
sind jeweils ein Vertreter der UNESCO oder von ICOMOS, dem für Welterbestätten in
Deutschland zuständigen Internationalen Rat für Denkmalpflege, sowie ein Mitglied des
Gestaltungs- und Welterbebeirates vertreten. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass die
Belange des Welterbes bei den Entscheidungen Berücksichtigung finden. Viele gelungene
Beispiele sowohl in der Altstadt als auch in den Vorstädten und in Travemünde belegen,
dass die Wettbewerbe einen wichtigen Beitrag zur Lübecker Baukultur leisten.
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Gutachterverfahren und Wettbewerbe
„Mitten in Lübeck“
Der öffentliche Raum lädt nach der Umgestaltung
zum Verweilen ein
Die Achse vom Schrangen bis zum Klingenberg ist das Rückgrat der Altstadt. Doch viele
Jahre lang entsprach das Erscheinungsbild des öffentlichen Raumes hier nicht den Qualitätsanforderungen, die an diesen zentralen Bereich des UNESCO-Welterbes gestellt werden müssen. Die Hansestadt rief daher das Stadtentwicklungsprojekt „Mitten in Lübeck“
ins Leben. Die Finanzierung gelang Dank der großzügigen Förderung der Lübecker Possehl-Stiftung und mit Mitteln aus dem Zukunftsprogramm Wirtschaft des Europäischen
Fonds für regionale Entwicklung. In den vergangenen Jahren ist dieser Straßenzug so
umgestaltet worden, dass er für BewohnerInnen und Gäste gleichermaßen attraktiv ist.
Umgestaltung mit breiter öffentlicher Beteiligung
Die Ideen für die Umgestaltung lieferte ein europaweit ausgeschriebener Wettbewerb.
Die Rahmenbedingungen dafür hatten interessierte BürgerInnen gemeinsam mit Fachleuten in einem großen Beteiligungsverfahren, einer sogenannten Perspektivenwerkstatt,
erarbeitetet. Von 26 eingereichten Arbeiten wurde der Entwurf der Lübecker Arbeitsgemeinschaft Trüper Gondesen Partner Landschaftsarchitekten, Petersen Pörksen Partner
und Planungsbüro Hahm prämiert.
Seit 2009 wird dieser Siegerentwurf umgesetzt. Ende 2012 sind die Bauarbeiten voraussichtlich abgeschlossen. Der gesamte Bereich vom Klingenberg bis zum Schrangen wurde
mit großformatigen Granitplatten gepflastert. Großzügige Brunnenanlagen bilden Anziehungspunkte für Jung und Alt. Zahlreiche Bänke laden zum Verweilen ein. Baumreihen
aus geschnittenen Linden bilden die historischen Baufluchten ab. Der gesamte Bereich
ist seit der Umgestaltung für den motorisierten Individualverkehr gesperrt. Lediglich Linienbusse und Taxen sind in der Sandstraße in Schrittgeschwindigkeit unterwegs.
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Gutachterverfahren und Wettbewerbe
Neues Haus für die Vorwerker Diakonie
Das Ulrich-Gabler-Haus
liegt am Entree des Gründungsviertels
Das Grundstück Alfstraße / Ecke Schüsselbuden direkt gegenüber der Marienkirche liegt
am zukünftigen Entree des neuen Gründungsviertels. Für die neue Bebauung werden dementsprechend hohe Ansprüche an die städtebauliche und architektonische Gestaltung gestellt. Als zusätzliche Herausforderung befindet sich auf dem Grundstück ein historischer
Keller, der als eingetragenes Bodendenkmal erhalten bleiben muss. Um eine optimale
Lösung zu finden, verständigte sich die Hansestadt Lübeck mit dem Bauherrn frühzeitig
darauf, ein Gutachterverfahren mit sechs beteiligten Architekturbüros durchzuführen.
Entwurf überzeugt mit seiner Dachlandschaft
Der prämierte Entwurf des Architekturbüro Konermann Siegmund aus Lübeck setzte die
für die Altstadt typischen Merkmale in punkto Maßstab, Rhythmus und vielgestaltiger
Dachlandschaft vorbildlich um. Die Planung wurde diszipliniert und mit wohltuender
Leichtigkeit aus der städtebaulich-historischen Analyse entwickelt. Das so wichtige Gegenüber zur Marienkirche wird mit einem Doppelgiebel und dem tiefen, zweigeschossigen
Haupteingang zum Gesicht des Gebäudes gemacht. Entlang der Alfstraße entwickelt sich
ein traufständiges Haus. In der Länge wird die Fassade geschickt durch Reminiszenzen
an ein historisch auskragendes beziehungsweise überkragendes Fachwerk-Traufenhaus
gegliedert. Mit drei Giebeln unterschiedlicher Breite fügt sich das Gebäude in die typische
Silhouette der Stadt ein. Die Dachlandschaft selbst überzeugte in Form und Maßstab.
Der historische Keller wurde gekonnt in den Entwurf integriert und ist künftig durch eine
Cafénutzung öffentlich zugänglich.
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Gutachterverfahren und Wettbewerbe
Wohnen und Arbeiten am Klughafen
In der Falkenstraße
bot sich die Chance zur Neuordnung
Das Ende der gewerblichen Nutzungen an der Falkenstraße bot 2007 die Chance, diesen
privilegierten Standort am Ufer der Kanal-Trave neu zu ordnen. Das Grundstück liegt zwischen der Lübecker Altstadt und der nach Aufhebung der Torsperre im Jahre 1864 entstandenen ersten Stadterweiterung zwischen Falkenstraße und Wakenitz. Diese städtebauliche Situation stellte besondere Anforderungen an die Qualität der neuen Bebauung.
Der Eigentümer und die Hansestadt Lübeck waren sich einig: Die beste architektonische
Antwort auf diese Herausforderung sollte durch ein Gutachterverfahren gelöst werden.
Zäsur zwischen Alt- und Vorstadt aufgenommen
Die prämierte Arbeit der Architekten Brodersen und Gebauer setzte darauf, die Zäsur
zwischen Altstadt und gründerzeitlicher Vorstadt aufzunehmen. Der Entwurf nimmt sich
dabei die lagerhaften Ziegelbauten am nördlichen Klughafen zum Vorbild. Die architektonische Differenzierung der Stockwerke bildet deren horizontale Gliederung ab.
Die gewählte Traufhöhe ermöglicht weiterhin die Ablesbarkeit der vorhandenen Vorstadtbebauung von der Altstadt aus.
Die neue Architektur setzt die Blockstruktur zwischen Falkenwiese und Travelmannstraße
nach Westen fort und gewinnt dadurch Kraft, dass die Blöcke aus zwei unterschiedlichen
L-förmigen Strukturen zusammengesetzt sind. Sie nehmen jeweils im Nordosten die gewerbliche Nutzung auf. Im Südwesten orientieren sich die Wohnungen zum Wasser und
den Grünanlagen. Die in Fortsetzung der Attendornstraße angebotene Freifläche überzeugt in ihrer räumlichen Qualität, auch weil die Zufahrtsrampe zur Tiefgarage bewusst
aus dieser Achse herausgerückt wurde.
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Gutachterverfahren und Wettbewerbe
Neubau fügt sich sensibel in die
Altstadtkulisse
KiTa-Erweiterung am Altstadtrand
Die ersten Entwürfe konnten den Gestaltungsbeirat nicht überzeugen. Zu sensibel war
der Standort für den Neubau der KiTa der Musik- und Kunstschule Lübeck auf einer Grünfläche zwischen alter Stadtmauer und Kanal-Trave. Wie sollte man die beste Lösung hinsichtlich der gewünschten Qualität in der Pufferzone des Welterbes ausloten? Die Hansestadt Lübeck unterstützte den Bauherrn bei der Auslobung eines Architektur-Workshops,
an dem sich vier Lübecker Büros beteiligten.
Grünfläche und Blick auf die Stadtsilhouette erhalten
Der prämierte Entwurf des Architekturbüros Petersen Pörksen Partner überzeugte nicht
nur durch einen maximalen Erhalt der Grünfläche sondern auch mit seinem Respekt vor
dem Altbau und der gelungenen Auseinandersetzung mit der Stadtsilhouette.
Die KiTa der Musik- und Kunstschule ist als dreigeschossiger, schlanker Baukörper an der
Stelle eines historischen Stadttores als Bestandteil der Stadtmauer entstanden. Durch
die Fortführung der vorhandenen Mauer und der für Lübeck typischen Verschneidung mit
einem hohen Endpunkt wird das historische Thema „Mauer und Gebäude“ aufgegriffen
und neu interpretiert. Die roten Ziegeln der Stadtmauer werden als Material aufgegriffen
und setzen einen kräftigen Endpunkt am Altstadteingang.
Musik, Tanz, bildnerisches und plastisches Gestalten sowie Spiel und Sport sind Schwerpunkt des pädagogischen Konzepts. In Nachbarschaft zu den vorhandenen Ateliers entstanden daher neben den üblichen Gruppenräumen auch ein Tanz- und ein Mehrzwecksaal.
Mit dem aus der Geschichte des Ortes entwickelte Konzept gelingt die Freihaltung der
großzügigen „Kunstwiese“ vor der Musik- und Kunstschule sowie der maximale Erhalt des
Blickes auf die Stadtsilhouette.
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Ausblick
Museumsneubau
Foyer
Burgkloster
Hanse und Klerus
Beichthaus
Sonderveranstaltungen
Hanse-Inszenierungen
„Europa heute“
Sonderausstellungen
Geschichte des Rechts
mit Schwerpunkt Hanse/Mittelalter
„Hanselabor“
Gastronomie
Forschungsstelle
für die Geschichte der Hanse
und des Ostseeraums
Shop
Bergen | 1702
Nowgorod | 1191
London | 1474
Brügge | 1358
© Copyright Andreas Heller Architects & Designers
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Lübeck | 1226 | 1367 | 1518
25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Ausblick
Ausblick auf 2014:
Als die Bürger die Welt eroberten
Erstes Themenmuseum zur Hanse in Lübeck
Die Hanse – was genau ist das? Europäische Geschichte, glorifizierte Überlieferung,
Mythos? War sie ein Zusammenschluss von Kaufleuten? Eine Handelsunion? Ein Städtebund? War sie all das und noch mehr? Welchen Zweck hatte sie? Wollten Kaufleute sich
auf Reisen schützen, wollten sie sich gegenseitig im Handel unterstützen, wollten sie
Reichtum und Macht? Waren Hansekaufleute wirklich rechtschaffen und ehrbar? Welchen
Einfluss hatte die Kirche auf die Bürger, auf die Städte, auf die Hanse? Wie lebte man
wirklich im Mittelalter? Welche Wertvorstellungen hatten die Menschen? Was prägte und
bewegte sie?
Die Hanse ist unumstritten ein bedeutendes Kapitel in der deutschen und europäischen
Vergangenheit. Wie konnte die Hanse sich über eine so lange Zeit behaupten und warum
hat sie letztlich nicht überlebt? Oder hat sie überlebt?
Antworten auf diese Fragen wird das Europäische Hansemuseum geben. Lübecks herausragende Bedeutung für die Hanse begründet den geschichtlich einzigartigen Standort für
das Museumsprojekt. Das Europäische Hansemuseum ist das erste thematisch geprägte
Geschichtsmuseum, das die Hanse in ihrer enormen Vielfältigkeit erforscht und für ein
breites Publikum veranschaulichen will. (Auszug Pressemitteilung Europäisches Hansemuseum Lübeck gemeinnützige GmbH, Januar 2012)
Das Museumskonzept basiert auf fünf Komplexen: Archäologie (Vorhanse), Hanse-Inszenierung, Dominikanerkloster (Lübeck und der Klerus), dem »Wissensmuseum Hanselabor« sowie dem Forum Europa.
Die Ausstellungskonzeption des Europäischen Hansemuseums umfasst die zu sanierenden Gebäude des historischen Burgklosters, des mittelalterlichen Beichthauses und des
Neubaus an der Untertrave.
Der gewählte Standort auf der nördlichen Altstadtinsel bedeutet durch den Rückbau des
Luftschutzbunkers und des Seemannsheimes eine wichtige Stadtreparatur im Bereich
des Burghügels. Sowohl für die EinwohnerInnen als auch für die TouristInnen wird damit
eine bedeutende kulturelle Attraktion am nördlichen Eingang zum Welterbe geschaffen.
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Fotonachweis:
Titelbild:
Bernard Mende, 2011
Seite 31
Seiten 34-35, 46-49, 51
Seiten 40-41
Seiten 50, 57 rechts u. links
Seite 54
Seiten 55-56
Seiten 57 Mitte
Seite 58
Seite 59
Seite 63
Seite 65 oben
Seite 65 Mitte
Seiten 66 links
Seiten 68-69
Seite 72
Seite 73
Seite 75
polis aktiv
Fotograf Dirk Silz
Studio Andreas Heller
bfö
Ulrich Büning
Nicolaus Herrmann
Architekturbüro Thomas Tillmann
Thomas Radbruch
Lars Köhn
Lutz Roeßler
Architekturbüro P.+J. Gröpper,
Architekturillustration G. Jungermann
Architekturbüro Kitzmann
Architekturbüro Ellinghaus
Landschaftsarchitekturbüro Trüper
Architekturbüro Konermann Siegmund
Fotograf Stephan Baumann, Karlsruhe
sowie Bildmaterial der Hansestadt Lübeck
Vom Fotografen Thomas Radbruch für diese Festschrift zur Verfügung gestellte Fotos:
Seite 6
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Seiten 10-11
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Seite 44
Seite 45
Seite 70
Salzspeicher
Lübecker Gang
Panorama Obertrave
Panorama Kirchen
Dachlandschaft
Panorama
Salzspeicher
Burgkloser
Altstadthäuser Engelsgrube
Rathaus und Markt
Holstentor
Panorama
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25 Jahre UNESCO-Welterbe „Lübecker Altstadt“
Lübeck plant und baut
nnn
Heft 1, August 1986, Hotelstandortanalyse,
Stadtplanungsamt (vergriffen)
Heft 29, April 1992, Koberg - Wettbewerbsergebnisse, Stadtplanungsamt
Heft 56 Januar 1999, Blankensee, Ortsbegehungsprotokoll, Bereich Stadtentwicklung
Heft 2, Oktober 1986, Die Breite Straße,
Tiefbauamt
Heft 30, Januar 1999, Oberbüssau, Ortsbegehungsprotokoll, Bereich Stadtentwicklung
Heft 57, Juni 1995, Sporthallenbau Lübeck,
Hochbau
Heft 3, Mai 1987, Fahrradverkehr, Amt für
Verkehrsanlagen (vergriffen)
Heft 31, September 1992 Brodten - Dorfbegehungsprotokoll Stadtplanungsamt
Heft 4, April 1987, Lastadie, Städteb. Ideenwettbew., Stadtplanungsamt (vergriffen)
Heft 32, April 1991, Skandinavienkai
2000, Stadtentwässerung und Hafenbau
(vergriffen)
Heft 58, August 1995, 850 Jahre Geschichte
Lübecks - 850 Jahre Geschichte einer Hafenstadt, Wasser- und Hafenbauamt
Heft 5, Juni 1987, Skandinavienkai 2000
Stadtentwässerung u. Hafenbau
Heft 6, Oktober 1987, Brunnen Breite Straße
Hochbauamt (vergriffen)
Heft 7, Oktober 1987, Skandinavienkai - Hafenerweiterung, Amt für Stadtentwässerung
u. Hafenbau (vergriffen)
Heft 8, März 1988, Hafen Lübeck-Schlutup,
Amt für Stadtentwässerung u. Hafenbau
(vergriffen)
Heft 9, April 1988, Musik- und Kongreßhalle
Rahmenkonzept, Hochbauamt
Heft 10, September 1988, Musik- und Kongreßhalle Raum- und Funktionsprogramm
Hochbauamt/Stadtplanungsamt (vergriffen)
Heft 11, Februar 1989, Ehem. Werftgelände
auf dem Priwall-Städtebaulicher Ideenwettbewerb - Stadtplanungsamt (vergriffen)
Heft 12, Februar 1989, Bahnhofsbereich Städtebaulicher Ideen- u. Realisierungswettbewerb, Stadtplanungsamt
Heft 13, März 1989, Rahmenplan Innenstadt
Fortschreibung 1988, Stadtplanungsamt
Heft 14, März 1989, Gestaltung Schrangen/
Warenhaus Karstadt Gutachterverfahren Ergebnisse, Stadtplanungsamt (vergriffen)
Heft 33, Januar 1999, Beidendorf Ortsbegehungsprotokoll, Bereich Stadtentwicklung
Heft 34, August 1991, Ostseeautobahn A 20,
Amt für Verkehrsanlagen
Heft 35, Dezember 1995, Gestaltung von
Straßen und Plätzen, Gängen und Höfen,
Stadtplanungsamt
Heft 36, November 1991, Hochschulstadtteil
Städteb. Ideenwettbewerb - Ausschreibung,
Stadtplanungsamt (vergriffen)
Heft 37, Juni 1992, Soziale u. wirtschaftliche
Auswirkungen städtebaulicher Sanierung,
Stadtplanungsamt (vergriffen)
Heft 38, August 1993, Autofreie Altstadt Band
II, Amt für Verkehrsanlagen
Heft 39, Juni 1992, Flächennutzungsplan
1990, Stadtplanungsamt
Heft 40, September 1992, 100 Jahre Drehbrücke, Amt für Verkehrsanlagen
Heft 41, März 1993, Fischergrube 54-70,
Wettbewerbsergebnisse, Stadtplanungsamt
Heft 42, Oktober 1993, Steinrader Weg/
Ziegelstraße, Wettbewerbsergebnisse,
Stadtplanungsamt
Heft 59, August 1995, Bestandsaufnahme der
Lübecker Hafenanlagen u. Flächen entlang d.
unteren Trave, Wasser- und Hafenb.
Heft 60, August 1995, Walderseekaserne,
Wettbewerbsergebnisse, Stadtplanungsamt
Heft 61, Oktober 1995, Lübecker Markt,
Städtebaulicher Ideenwettbewerb, Stadtplanungsamt
Heft 64, August 1997, RNVP 1997, Regionaler
Nahverkehrsplan, Amt für Verkehrsanlagen
(vergriffen)
Heft 90, Juni 2002, Schlutupkai II – Terminalerweiterung West Erläuterungsbericht zum
Planfeststellungsverfahren, Bereich Wasser
und Hafen
Heft 65, Mai 1998, Hafenentwicklungsplan
der HL, Bereich Wasser und Hafen
Heft 66, Mai 1998, St. Annen-Museum, Realisierungswettbewerb, Bereich Hochbau
Heft 67, Januar 1999, Vorrade, Ortsbegehungsprotokoll, Bereich Stadtentwicklung
Heft 68, Januar 1999, Wulfsdorf, Ortsbegehungsprotokoll, Bereich Stadtentwicklung
Heft 69, März 1999, Leitfaden für Bauinteressierte in Lübeck, Fachbereichs-Controlling
Heft 44, Oktober 1993, Hochschulstadtteil,
Wettbewerbsergebnisse, Stadtplanungsamt
Heft 71, September 1999, Seelandkai,
Erläuterungsbericht zum Planfeststellungsverfahren, Bereich Wasser und Hafen
Heft 19, Februar 1990, Baulückenbericht Teil
I,Stadtplanungsamt (vergriffen)
Heft 47, April 1993, Park- und Ride-Konzept,
Amt für Verkehrsanlagen (vergriffen)
Heft 20, März 1990, Baulückenbericht Teil II,
Stadtplanungsamt
Heft 48, September 1993, Walderseekaserne,
Städteb. Ideenwettbewerb - Ausschreibung,
Stadtplanungsamt (vergriffen)
Heft 21, Juli 1990, Musik- u. Kongreßhalle Wettbewerbsergebnisse, Hochbau
(vergriffen)
Heft 22, August 1990, Koberg - Realisierung
Wettbewerb, Stadtplanungsamt
Heft 23, Juli 1990, Autofreie Innenstadt,
Amt für Verkehrsanlagen
Heft 24, Februar 1991, Baulücken in Lübeck
- Dokumentation, Stadtplanungsamt
(vergriffen)
Heft 25, September 1990, Verkehrliche
Auswirkungen der Grenzöffnung, Amt für
Verkehrsanlagen
Heft 26, Februar 1991, Gr. Burgstraße - Sanierungskonzept, Stadtplanungsamt
Heft 27, Januar 1992, Krähenstraße - Sanierungskonzept, Stadtplanungsamt
Heft 28, Oktober 1992, Dankwartsgrube/Hartengrube - Sanierungskzpt., Stadtplanungsa.
80
Heft 49, Juni 1994, Nordtangente, 100 Jahre
Planungsgeschichte, Amt für Verkehrsanlagen
Heft 50, Juni 1994, Nordtangente, Projektbeschreibung und Planungsstand, Amt für
Verkehrsanlagen
Heft 51, Januar 1994, Nördliche Wallhalbinsel, Städtebaulicher Ideenwettbewerb,
Stadtplanungsamt
Heft 52 Juli 1994, Wohnungsmarktprognose
und Baulandbedarf 2000/Wohnbaulandkonzept 2010, Stadtplanungsamt
Heft 53, Oktober 1994, Altstadtrand
Travemünde, Wettbewerbsergebebnis,
Stadtplanungsamt
Heft 54, Mai 1994, Wohnungsmarktprognose,
Stadtplanungsamt
Heft 55, Oktober 1994, Ehemaliger Nutz- und
Zuchtviehmarkt, Städtebaulicher Ideenwettbewerb - Ausschreibung, Stadtplanungsamt
Heft 87, September 2001, Westliche
Randbebauung für den Lübecker Markt/
Bereich für Denkmalpflege u. Bericht der
Hansestadt Lübeck für die UNESCO, Bereich
Stadtsanierung
Heft 89, Mai 2002, Travemünde, Stadtbaugeschichte und Stadterneuerung, Bereich
Stadtentwicklung
Heft 16, August 1989, Hafenentwicklungsplanung, Amt für Stadtentwässerung u.
Hafenbau (vergriffen)
Heft 46, März 1993, Nutzungsperspektiven
Altstadt-RandbereichStandortbestimmung
und Marktanalyse, Stadtplanungsamt
Heft 86, Februar 2001, Radverkehr, Jahresbericht 1999/2000, Bereich Verkehr (vergriffen)
Heft 63, Januar 1997, Travemünde - Zentrales
Kurgebiet und Vorderreihe, Städtebaulicher
Ideenwettbewewerb, Stadtplanungsamt
Heft 15, Januar 1999, Kronsforde, Ortsbegehungsprotokoll, Bereich Stadtentwicklung
Heft 18, August 1989, „Roßmühle“ - Sanierungskonzept, Stadtplanungsamt
Heft 85, Dezember 2000, Seelandkai, Erläuterungsbericht zum Planfeststellungsverfahren,
Bereich Wasser und Hafen
Heft 88, April 2002, Dorothea-Schlözer-Schule, Umbau und Erweiterung, Realisierungswettbewerb, Bereich Hochbau
Heft 70, Juni 1999, Travemünde 2010, Werkstattbericht zur Bürgerversammlung, Bereich
Stadtentwicklung
Heft 45, März 1993, Altstadtrand Travemünde, Städtebaulicher Ideenwettbewerb,
Stadtplanungsamt (vergriffen)
Heft 84, November 2000, Reecke, Ortsbegehungsprotokoll, Bereich Stadtentwicklung
Heft 62, Mai1 996, Lübecker Markt, Wettbewerbsergebnisse, Stadtplanungsamt
Heft 43, Februar 1993, Ehemalige Metallhütte, Städtebauliches Leitbild, Stadtplanungsamt
Heft 17, September 1989, Musik- und
Kongreßhalle Wettbewerbsprogramm
Hochbauamt (vergriffen)
Heft 83, November 2000, Groß-Steinrade,
Ortsbegehungsprotokoll, Bereich Stadtentwicklung
Heft 72, Dezember 1999, Hochschulstadtteil,
Ergebnisse des Grün-Workshops, Bereich
Stadtentwicklung
Heft 73, Dezember 1999, Genin, Ortsbegehungsprotokoll, Bereich Stadtentwicklung
Heft 74, Dezember 1999, Schleusenstraße,
Ortsbegehungsprotokoll, Bereich Stadtentwicklung
Heft 75, Dezember 1999, Niederbüssau,
Ortsbegehungsprotokoll, Bereich Stadtentwicklung
Heft 76, Dezember 1999, Westlicher
Altstadtrand, Umgestaltung Obertrave und
Untertrave, Bereich Stadtentwicklung
Heft 77, Dezember 1999, Pöppendorf, Ortsbegehungsprotokoll, Bereich Stadtentwicklung
Heft 78, Dezember 1999, Ivendorf, Ortsbegehungsprotokoll, Bereich Stadtentwicklung
Heft 79, Dezember 1999, Teutendorf, Ortsbegehungsprotokoll, Bereich Stadtentwicklung
Heft 80, Februar 2000, Verkehrsentwicklungsplan der Hansestadt Lübeck, Kurzfassung,
Bereich Verkehr
Heft 81, nicht erschienen
Heft 82, Sept./ Okt. 2000, Skandinavienkai,
Umbau Anleger 6 A, Erläuterungsbericht zum
Planfeststellungsverfahren, Hafenflächenerweiterung, Bereich Wasser und Hafen
Heft 91, Oktober 2002, Hudekamp, Stadtteilerneuerungsprojekt mit Fachbereich Kultur,
Fachbereich Stadtplanung
Heft 92, März 2003, Westlicher Altstadtrand,
Umgestaltung Obertrave und Untertrave,
Städtebaulicher Ideenwettbewerb – Ausschreibung, Bereich Stadtsanierung
Heft 93, Januar 2004, Priwall, Ferienhausanlage mit Marina u. Freizeitinfrastruktur
Gutachterverf., Bereich Stadtentwicklung
Heft 94, Januar 2005, 2. Regionaler Nahverkehrsplan der Hansestadt Lübeck, Bereich
Stadtplanung
Heft 95, November 2006, Lübecker Friedhöfe/
Vorwerker Friedhof, 100 Jahre 1907-2007,
Bereich Stadtgrün und Friedhöfe
Heft 96, Mai 2007, Mitten in Lübeck, Ergebnisse der Perspektivenwerkstatt 2007, Bereich
Stadtplanung
Heft 97, Mai 2007, „An der Obertrave“-Umgestaltung 2003 – 2007, Bereich Stadtplanung
Heft 98, Juli 2007, Lübeck St. Lorenz, Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf –
die soziale Stadt, Bereich Stadtplanung
Heft 99, Juli 2007, Lübeck Buntekuh - „Ideen
für die Mitte“ Dokumentation des Beteiligungsverfahrens, Bereich Stadtplanung
Heft 100, Juli 2007, Lübecker Friedhöfe:
Burgtor-Friedhof, Bereich Stadtgrün und
Friedhöfe
Heft 101, 2007, Lübecker Friedhöfe: Friedhof
Waldhusen, Bereich Stadtgrün und Friedhöfe
Heft 102, Januar 2009, Projekte 2003-2008,
Fachbereich Planen und Bauen
Heft 103, März 2010, Ehrenfriedhof, Bereich
Stadtgrün und Friedhöfe
Heft 104, Dezember 2010, Integriertes
Stadtentwicklungskonzept, ISEK, Bereich
Stadtplanung
Heft 105, April 2011, Einzelhandels- und Nahversorgungskonzept, Bereich Stadtplanung
Heft 106, Mai 2011, Mobilitätsverhalten in
Lübeck, Bereich Stadtplanung
Heft 107, Nov.2011, Managementplan,
UNESCO-Welterbe, Bereich Stadtplanung
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