Lübecker Altstadtzeitung Aktuelle Informationen zur Sanierung in der Altstadt AUSGABE 48 / MÄRZ 2015 Erbauliches Sanierung nach 15 Jahren Leerstand Das Renaissance-Haus Große Kiesau 22 ist in der Planungsphase Liebe Leserin, lieber Leser, die Lübecker Altstadt lebt von der Geschlossenheit ihrer historischen Bausubstanz. Die mittelalterliche Blockrandbebauung ist ein zentrales Merkmal unseres UNESCO-Welterbes. Doch im Detail macht gerade die Individualität der einzelnen Gebäude eines Straßenzugs deren bauliche Qualität aus. Von jeher gab es eine abwechslungsreiche Interpretation der Häusertypologie des Lübecker Altstadthauses. Wie eine Weiterentwicklung dieses Häusertypus im 21. Jahrhundert aussehen kann, diskutieren auch die ExpertInnen im Gestaltungsbeirat sehr intensiv. Bei der Vergabe der Baufelder auf dem Gelände des ehemaligen Aalhofbunkers war die Entscheidung des Gestaltungsbeirats über die eingereichten Entwürfe ausschlaggebend. Das Eckgrundstück Hüxterdamm 1 ist gerade verkauft worden. Den Entwurf stellen wir Ihnen in dieser Ausgabe der Altstadtzeitung vor. Auch die benachbarte Häuserreihe in der Straße „An der Mauer“ nimmt im Jahr 2015 Gestalt an. Die Lücken werden nach und nach geschlossen. Lesen Sie hierzu auch das Interview mit dem Berliner Architekten Roland Kuhn. Die Große Kiesau entfaltet als enger Straßenzug mit in der Mehrzahl sanierten Altstadthäusern einen besonderen Charme. Nun wird mit der Nr. 22 eine Sanierungslücke geschlossen. Nach 15 Jahren Leerstand konnten Architekt Stefan Knabe und Bauingenieur Arne Horn den nördlichen Teil eines Renaissance-Doppelhauses vor anderthalb Jahren erwerben. Mittlerweise sind die Freilegungsarbeiten abgeschlossen und die Planungen weit fortgeschritten. „Die Werbeflyer türmten sich 20 Zentimeter hoch auf dem Boden“, erinnert sich Horn an die erste Besichtigung. Den Bauherren – beide erfahrene Bauleiter – war klar, dass die Bausubstanz nach dem langen Leerstand angegriffen sein würde. So war es dann auch. Hinter abgehängten Decken und Holzverkleidungen kamen Wasserschäden und verrottete Balkenköpfe zum Vorschein. In der Diele waren die Wände irgendwann wenig fachgerecht mit einer Art Schwarzanstrich versehen worden. Bei diesem baulichen Zustand ist es sehr hilfreich, dass für die Sanierung des Einfamilienhauses Städtebauförderungsmittel bewilligt wurden. Auch bei der KfW Förderbank sind Mittel Bauspielhaft entscheiden. Der Dachstuhl selbst kann erhalten bleiben, die Dachpfannen müssen aber erneuert werden. Um ausreichend Platz für die Dämmung zu haben, müssen die Dachsparren verstärkt werden. Die Ausführung wird in enger Abstimmung mit der Denkmalpflege entschieden. Im Inneren ist besonders die Raumstruktur mit Dornse und Küche, Hangelkammer und Treppenanlage von bauhistorischem Wert. Die hölzerne Küchenwand ist im 19. Jahrhundert der Gotik nachempfunden worden. Darüber ist eine kleine Hangelkammer erhalten, die von der Treppe aus zugänglich ist. „Hier können die künftigen BewohnerInnen vielleicht mal ihre Koffer abstellen“, erklärt der Bauherr. Ansonsten bietet das Erdgeschoss künftig Platz für eine Wohnküche und einen kombinierten WC- und Heizungsraum. Im ersten Obergeschoss finden ein Wohnzimmer und ein Gäste- oder Arbeitszimmer Platz. Im Dachgeschoss sind das Bad und ein Schlafraum geplant. Hier soll eine Schleppgaube die jetzigen nachträglich eingebauten Gauben ersetzen. Die künftigen MieterInnen können sich auch auf einen kleinen Garten im Blockinnenhof freuen. Zwei Altstadthäuser stehen zum Verkauf Historische Raumstruktur: Hinter der hölzernen Trennwand aus dem 19. Jahrhundert ist eine Hangelkammer verborgen beantragt. Ein Antrag bei der Possehl-Stiftung soll noch folgen. Allein mit einer konventionellen Baufinanzierung wäre die Sanierung des unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes nicht möglich. Historische Holzeinbauten Schon von außen ist die Baufälligkeit nicht zu übersehen. Der bröckelnde Putz der historischen Fassade muss großflächig abgenommen werden. Gerade am Übergang zum Nachbarhaus gibt es eine starke Durchfeuchtung. „Ich will jetzt noch gar nicht wissen, was da alles zutage kommt“, erklärt Horn. Bei einer Sanierung müsse man sowieso viel im laufenden Prozess Die Sanierungsträgerin»Trave« bietet zwei sanierte Altstadthäuser im Gebotsverfahren zum Verkauf an: Fleischhauerstraße 106 (Mindestgebot = 400.000,– Euro), Fleischhauerstraße 108 (Mindestgebot = 380.000,– Euro + Kosten für den Erwerb einer Grundstückserweiterung). Die beiden zweigeschossigen Einfamilienhäuser mit Seiten­ flügel haben jeweils eine eigene Freifläche. Die Exposés stehen unter www.trave.de im Bereich Altstadt­ sanierung zum Download bereit. KaufinteressentInnen können sich für Fragen und Besichtigungstermine direkt an die »Trave« wenden. Ansprechpartner: Frank Kähler, Tel. 0451 / 799 66-308, E-Mail [email protected]. Schmuckstück des 16. Jahrhunderts Das Altstadthaus Wakenitzmauer 68 kann besichtigt werden Ein kleiner Garten, ein lichtdurchfluteter Anbau und eine historische RenaissanceDecke machen die Wakenitzmauer 68 zu einem besonderen Schmuckstück. Mit alter Handwerkstechnik restaurierte Lehm­putzwände sorgen zudem für ein gutes Raumklima. Nach der Sanierung ist das denkmalgeschützte Haus aus dem 16. Jahrhundert eine ge- Parallel gilt unsere Aufmerksamkeit weiterhin der Sanierung einzelner historischer Altstadthäuser. Wie hier mit viel Liebe zum individuellen Detail restauriert wird, können interessierte LübeckerInnen und Gäste auch wieder selbst in Augenschein nehmen. Diesmal lädt die Sanierungsträgerin »Trave« zum Tag der offenen Tür in der Wakenitzmauer 68 ein. Und zwei Einfamilienhäuser in der Fleischhauerstraße stehen nach Fertigstellung jetzt zum Verkauf. Ihr Franz-Peter Boden, Bausenator Der Blick aus dem Obergeschoss geht bis zum Kirchturm von St. Jacobi lungene Mischung aus historischer Bausubstanz und modernem Wohnkomfort. Die Sanierungsträgerin »Trave« verkauft das Gebäude nach Abschluss der Arbeiten. Die Sanierung des Gebäudes wurde zu 100 Prozent aus Städtebauförderungsmitteln bezahlt. Deshalb fließt der Erlös auch zurück in das Treuhandvermögen und steht für weitere Sanierungen in der Lübecker Altstadt zur Verfügung. Schon an der hell gestrichenen Straßenfassade ist der Erfolg der Sanierung abzulesen. Die drei Fenster im 1. Obergeschoss – das mittlere hatten frühere EigentümerInnen zumauern lassen – geben der Fassade wieder eine stimmige Symmetrie und sorgen im Inneren für eine gute Belichtung der Wohnräume. Darüber sitzt mittig der Zwerchgiebel. Die Fassade spiegelt jetzt den Zustand des 19. Jahrhunderts wieder. Zu dieser Zeit ist das Ensemble von Reihenhäusern in der Wakenitzmauer 42 bis 80 zuletzt überformt worden. Zur Hofseite ist die durch viele Umbauten stark gestörte Fachwerkwand saniert und wieder mit einem markanten roten Farbton getüncht worden. Der zirka 25 Quadratmeter große Garten war zuletzt fast vollständig überbaut. Hier gibt es nun einen vom Volumen her deutlich reduzierten Anbau, der auf zwei Seiten verglast ist. Architekt Holger Thöl, der die Sanierung im Auftrag der »Trave« geleitet hat, schuf so einen lichtdurchfluteten Wohnraum. Das gesamte Erdgeschoss bekommt Bodenfliesen und eine Fußbodenheizung. Zur Straßenseite liegt die Küche, dazu gibt es noch ein Gäste-WC. Eine bauhistorische Besonderheit ist der hölzerne Wandschrank aus dem 16. Jahrhundert im Flur. Historische Deckenbemalung Über die Treppenanlage, die im Bestand aufgearbeitet wurde, gelangt man in den Wohnraum im 1. Obergeschoss. Hier ist die Renaissance-Deckenbemalung mit Ochsenblut ein weiterer Grund dafür, dass das Haus unter Denkmalschutz steht. Der Raum eignet sich besonders als Schlafzimmer – nicht nur, weil nebenan das moderne Badezimmer liegt. Die Wände sind hier mit Lehmputz versehen, der als guter Feuchtigkeitspuffer für angenehmes Raumklima sorgt. Das ungeteilte Dachgeschoss stände bei dieser Raumbelegung dann als Wohnzimmer zur Verfügung. Die künftigen BewohnerInnen können von hier aus den Ausblick über die benachbarte Dachlandschaft genießen. Durch eine Dachgaube geht der Blick bis zum Kirchturm von St. Jacobi. Tag der offenen Tür Am Freitag, 20. März 2015 ist das Haus Wakenitzmauer 68 von 14 bis 17 Uhr für Besichtigungen geöffnet. Herzlich eingeladen sind alle, die sich für die Lübecker Alt­stadt­sanierung interessieren. Lübecker Altstadtzeitung AUSGABE 48 / MÄRZ 2015 Nachgefragt Moderne Interpretation des Altstadthauses Interview mit Roland Kuhn, Bauherr und Architekt An der Mauer 17 den gemeinschaftlichen Wohnräumen in der Etage darüber. Die Treppe ist kein reiner Verkehrsweg. Wir haben sie zu einem Aufenthaltsort aufgewertet und betrachten sie fast wie ein Möbel. Die Eichenstufen, die auf einem Metallgerüst in den Luftraum eingespannt sind, laden dazu ein, sich zu setzen und ein Buch zu lesen. Auch das Flachdach gehört für uns zur Weiterentwicklung des Bautypus. In Kombination mit der Terrasse im zweiten Obergeschoss wäre es mit einem Satteldach zu geometrischen Konflikten gekommen. Gründerzeithäuser von 1900 haben oft leicht geneigte Pultdächer hinter einem Schaugiebel, insofern ist es keine in der Alt- stadt unübliche Dachform, auch wenn oft das geneigte, rote Satteldach vorherrscht. Mit dem von uns entwickelten Gebäude schreiben wir das Wesen des hansestädtischen Bürgerhauses im Wandel der Zeit fort. Prägende Merkmale haben wir dabei übernommen und in den Entwurf eingebunden. So entsteht ein Gebäude das in zeitgerechter Weise die Tradition des Lübecker Stadthauses fortsetzt. Welche Unterschiede gibt es für Sie als Berliner Architekten beim Neubau im UNESCO-Welterbe Lübecker Altstadt im Vergleich zu anderen Bauprojekten Ihres Büros? Egal wo wir bauen, wir sehen uns immer den Kontext an. Be- Neubau am Fuße der Hüxstraße Für das Eckgebäude Hüxterdamm/An der Mauer ist der Bauantrag gestellt Visualisierung: KONERMANN + SIEGMUND ARCHITEKTEN zu erreichen und allein die Hüxstraße ist ein Erlebnis.“ Der Projektentwickler und Bauträger hat auch schon das Ibis Hotel in der Fackenburger Allee gebaut. Für das Baufeld auf dem Gelände des ehemaligen Aalhofbunkers musste er sich in einem besonderen Vergabeverfahren bewerben. Der Gestaltungsbeirat hat aus verschiedenen Architekturentwürfen nach stadtplanerischen und gestalterischen Kriterien ausgewählt. Golz erhielt den Zuschlag mit einem Entwurf der Architekten Konermann und Siegmund. Optimal für einen Freiberufler Mit Stadthaus plus Wohn- und Geschäftshaus findet die Häuserzeile „An der Mauer“ ihren Abschluss Sanierungsträgerin der Hansestadt Lübeck Grundstücks-Gesellschaft »Trave« mbH Falkenstraße 11, 23564 Lübeck Dr. Matthias Rasch Tel. (0451) 799 66 – 302 [email protected] www.trave.de Impressum: Die „Lübecker Altstadtzeitung“ erscheint vierteljährlich als ­Sonderseiten in der „Lübecker Stadtzeitung“. Herausgeberin: Hansestadt Lübeck, Bereich Stadtplanung, Abteilung Stadtsanierung, Mühlendamm 12, 23552 Lübeck. (Leserzuschriften bitte an diese Adresse) Redaktion: Christian Rubinstein, bfö Büro für Öffentlichkeitsarbeit e.K., www.bfoe-hh.de | Layout: bfö Fotos: bfö, »Trave«, privat Die Lübecker Altstadtzeitung wird gefördert im Rahmen des Städtebauförderungsprogramms „Sanierung und Entwicklung“. W E LT E R B E E • LD HER IT Lübeck intensiv begleitet wurde, abgeschlossen. Investor Bodo Golz von der Effekta Gesellschaft für Wirtschaftsberatung mbH ist sich sicher: „Der Standort am Rand der Altstadtinsel ist eine Spitzenlage. Alles ist fußläufig Alle Gebäudeteile erhalten farblich gegliederte Putzfassaden, die den Vorgaben der Gestaltungssatzung entsprechen. Wie bei den Neubauten der Nachbargrundstücke kommen auch hier Flachdächer zum Einsatz. Beinahe schon eine Besonderheit für die Altstadtinsel ist die Erschließung per Fahrstuhl. Das Treppenhaus wird an der Rückseite des Gebäudes liegen. Ein Vermarktungskonzept hat Golz noch nicht festgelegt. Denkbar sind für ihn sowohl der Verkauf einzelner Eigentumswohnungen als auch die Vermietung. Hansestadt Lübeck Bereich Stadtplanung Abteilung Stadtsanierung Mühlendamm 12, 23539 Lübeck Birgit Maaß Tel. (0451) 122 – 61 24 [email protected] OR er“ komplettieren. Daneben schließt sich ein Wohn- und Geschäftshaus an, das entlang des Hüxterdamms bis kurz vor das Parkhaus reicht. Damit ist die Planung für die Neugestaltung dieses Areals, die vom Gestaltungsbeirat der Hansestadt Farblich gegliederte Fassaden Wenn Sie weitere Informationen zur Sanierung der Lübecker Altstadt wünschen, sind Sie hier an der richtigen Adresse: W Das Eckgrundstück am Fuße der Hüxstraße ist der letzte Baustein für das Gelände, auf dem bis 2011 der Aalhofbunker stand. Jetzt wird es mit zwei Gebäuden bebaut. Ein Stadthaus soll künftig die Häuserzeile des Straßenzugs „An der Mau- Das Stadthaus hat zwei Vollgeschosse plus ein Staffelgeschoss und bietet mit rund 150 Quadratmetern Platz für eine Familie. Dabei wäre noch Raum für das Büro eines Freiberuflers, der Wohnen und Arbeiten unter einem Dach kombinieren will. Golz: „Der Standort wäre zum Beispiel für einen Steuerberater oder einen Rechtsanwalt attraktiv.“ Den weitaus größeren Teil des Bauvorhabens macht das Wohnund Geschäftshaus aus. Zwei bis drei Läden können hier im Erdgeschoss einziehen. Darüber entstehen auf zwei Etagen je eine Zwei- und eine Drei-Zimmer-Wohnung mit bodentiefen Fenstern. Im Staffelgeschoss gibt es noch eine großzügige Wohnung mit 130 Quadratmetern und Dachterrasse. Gewusst wo E M AL ONDI Der Archetyp, der unserem Entwurf zugrunde liegt, ist das Kontorhaus. Historisch standen da in der Diele im Erdgeschoss die Schreiber. Im Haus gab es einen Kran, der Waren in die einzelnen Lagergeschosse darüber gehoben hat. Der Wohnbereich war ein Teil des Vorderhauses oder ein eigener Trakt im Seitenflügel. Diese Elemente finden Sie auch in unserem Entwurf wieder. Der Eingangsbereich ist die heutige Übersetzung der Diele, die Einliegerwohnung im Erdgeschoss quasi das Kontor. Dann kommt der Treppenraum als zentrales vertikales Verbindungselement in einem offenen Raum. Es verbindet die Schlaf- und Kinderzimmer im 1. Obergeschoss mit A Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur G IN Der Berliner Architekt Roland Kuhn baut auf der Altstadtinsel ein „Haus in der Reihe mit eigener Persönlichkeit“ stimmte Materialien wie die Poroton-Steine, Holzfenster oder Gestaltungselemente wie das Flachdach benutzen wir auch bei Bauprojekten in Berlin. Durch die Herleitung aus dem Kontorhaus ist aber die Zuordnung der Räume, insbesondere die Treppe, hier anders. Das Baufeld gibt den quadratischen Grundriss mit rund acht mal acht Metern vor. Wir schöpfen den zur Verfügung stehenden Platz maximal aus. Auch in Berlin gibt es kleine Grundstücke, die in der Reihe, aber oft auch mit freistehenden Häusern bebaut werden. Die Herausforderung einer geschlossenen Häuserzeile hat uns aber gereizt. Meine Frau ist Engländerin und hat einen selbstverständlichen Bezug zu Reihenhäusern. Die englischen „Terraced Houses“ sind zum Teil nur sechs Meter breit und dafür bis zu zwölf Meter tief. Dabei gleicht ein Haus dem andern. Unser Altstadthaus wird daher weniger ein Reihenhaus als ein „Haus in der Reihe“, das eine eigene Persönlichkeit und Identität hat. • Geplant werfen. Unser Büro beschäftigt sich schon lange mit der Typologie des Stadthauses. Uns war es wichtig, dass das Haus eine eigene Präsenz hat. Gleichzeitig musste es kompatibel zu einer noch nicht bekannten künftigen Nachbarbebauung sein. Wir haben lange über die Proportionen der Fassade, die Materialität, das ganze Erscheinungsbild nachgedacht. Nicht zuletzt spielten auch die Kosten eine Rolle, weil wir selber Bauherren sind. Letztendlich haben wir die Fenster in unserem Entwurf bewusst nicht übereinander angeordnet, sondern leicht versetzt und erreichen dadurch eine typologisch hergeleitete Auflockerung der Fassade. Auf der Gartenseite gibt es bodentiefe Fenster, während die Straßenseite Brüstungsfenster hat, um einen Sichtschutz zu gewährleisten. Bei der Außenwand haben wir uns für eine Putzfassade entschieden. Die Wände selbst sind aus Poroton-Stein, der atmungsaktiv ist und dabei einen sehr guten Dämmwert hat. Dadurch können wir mit einer einschaligen Mauer von 40 Zentimeter Stärke einen KfW-70-Standard erreichen. Die Fassade schont nicht nur das Budget, sondern ergibt auch eine angemessene Erscheinung im Stadtraum. Inzwischen ist klar, dass die Nachbarbebauung eine Klinkerfassade haben wird, so dass für eine Abwechslung in der Fassadenabfolge gesorgt ist. Was ist die Grundidee Ihres Entwurfs, den der Gestaltungsbeirat für das Grundstück An der Mauer 17 ausgewählt hat? • Herr Kuhn, was hat Sie an der Idee gereizt, ein Wohnhaus in der Lübecker Altstadt zu bauen? Ich bin in Lübeck geboren und aufgewachsen. Da ist es eine sehr reizvolle Vorstellung, einmal in der Altstadt ein Haus zu sanieren oder selber zu bauen, auch wenn ich inzwischen in Berlin lebe und arbeite. Ich bin mit meiner Frau, die ebenfalls Architektin ist, immer mit offenen Augen durch die Lübecker Straßen gegangen, wenn wir hier zu Besuch waren. Außerdem war das Auswahlverfahren für die Bebauung des ehemaligen Aalhofbunker-Geländes sehr einladend. Beim Verkauf der Baugrundstücke hat die Hansestadt nicht einfach auf den Kaufpreis als Auswahlkriterium gesetzt. Für ArchitektInnen ist die Vorstellung sehr attraktiv, dass man vom Lübecker Gestaltungsbeirat für würdig befunden wird, in der inneren Stadt ein Haus zu bauen. Das alles zusammen hat uns bewogen, uns mit einem Entwurf zu bewerben, als Bauherren und ArchitektInnen gleichzeitig. Welche Herausforderungen galt es bei der besonderen Grundstückssituation zu bewältigen? Es war die klare Vorgabe der Hansestadt, die Straße „An der Mauer“ mit einer für die Altstadt typischen geschlossenen Häuserzeile zu bebauen. Der Entwurf sollte zwei Vollgeschosse plus Dach- oder Staffelgeschoss beinhalten. Wir haben uns dann dazu entschieden, nicht einfach ein altes Haus nachzuahmen, sondern eine moderne Interpretation des Lübecker Altstadthauses zu ent- PATRI M O Hansestadt Lübeck Welterbe seit 1987