Versuch 9

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Versuch 9
Geometrische Optik, Modellauge und Wellenoptik
Versuchsziel:
Das Licht hat den Menschen schon immer fasziniert und bereits in der Antike hatte man die
Vorstellung entwickelt, daß es sich geradlinig in Form von Strahlen ausbreitet. Als Beweis
galten die Beobachtungen von „Sonnenstrahlen“ im Nebel und der scharfe Schattenwurf eines
beleuchteten Körpers. Es war offensichtlich, daß Licht einen Körper nicht umströmte, wie
man es bei Wasser in einem Fluß beobachten konnte. Mit diesem Strahlenmodell arbeitet man
in der geometrischen Optik. Allerdings lassen sich mit dieser Vorstellung nicht alle beobachtbaren Phänomene erklären. Um die „Natur des Lichts“ zu beschreiben, entwickelte Newton
seine Korpuskulartheorie. Licht sollte aus Materieteilchen (Korpuskeln, heute: Photonen)
bestehen und die Farben sollten von verschiedenen Teilchenarten herrühren. Im Gegensatz
dazu wurde von Huygens die Wellentheorie aufgestellt. Verschiedene Farben bedeuteten darin
unterschiedliche Wellenlängen. Die Anhänger der beiden Theorien bekämpften sich über
2 Jahrhunderte erbittert und teilweise mit recht unfeinen Methoden. Mit der Entdeckung der
Polarisierbarkeit des Lichts hatten die Anhänger von Huygens vorläufig gesiegt, denn diese
Erscheinung konnte mit der Korpuskelvorstellung nicht erklärt werden. Zu Beginn des 20.
Jahrhunderts wurde als Folge der Erklärung der schwarzen Strahlung durch Planck und des
Photoeffekts durch Einstein der Welle-Teilchen-Dualismus des Lichts erkannt.
Diese Entwicklung zeigt sehr schön, daß die Naturwissenschaft eigentlich nur Aussagen über
das Verhalten von Modellen macht, mit denen die „Wirklichkeit“ beschrieben wird. Das gilt
auch für die Medizin, bei der angesichts eines Patienten diese Tatsache leicht vergessen wird.
Im Praktikum soll zunächst die Erzeugung reeller Bilder mit dünnen Linsen untersucht
werden. Dünn sind definitionsgemäß Linsen, deren geometrische Dicke klein im Vergleich
zum Krümmungsradius der Linsenoberfläche ist. Achsennahe Parallelstrahlen werden von
diesen Linsen so gebrochen, daß sich die Strahlen im Brennpunkt schneiden. Der Abstand des
Brennpunkts von der Linsenmitte ist die Brennweite. Als Brechkraft definiert man den
Kehrwert der Brennweite. Sie ist abhängig von den Brechzahlen des Linsenmaterials und des
umgebenden Mediums sowie von den Krümmungsradien.
Es gilt für die Brechkraft einer Linse:
P=
1
1
1 n′− n
=( + )
f
r1 r2
n
P: Brechkraft in Dioptrien;
f: Brennweite in m;
r1,r2: Krümmungsradien in m;
n´: Brechzahl des Linsenmaterials;
n: Brechzahl des umgebenden Mediums
Für konvexe Krümmungen ist der Radius positiv, für konkave negativ. Entsprechend haben
Sammellinsen eine positive und Zerstreuungslinsen eine negative Dioptrienzahl (Brille). Den
Zusammenhang zwischen Brennweite, Gegenstandsweite und Bildweite beschreibt die
Abbildungsgleichung:
1 1 1
= +
f g b
g: Gegenstandsweite;
b: Bildweite
Mit dieser Formel läßt sich die Bildentstehung in Fernrohr, Mikroskop, Fotoapparat, Diaprojektor, Endoskop usw. verstehen. Auch das Auge kann als zweilinsiges abbildendes
System beschrieben werden. In Teil 4 sollen die Abbildungseigenschaften eines einfachen
Augenmodells untersucht werden.
Ein auf eine Grenzfläche schräg einfallender weißer Lichtstrahl wird durch die Brechung in
verschiedene Farben aufgespalten. Besonders schön läßt sich diese Aufspaltung in die einzelnen Komponenten (Spektralfarben) bei der zweimaligen Brechung am Prisma beobachten
(Teil 3). Am einfachsten kann diese Erscheinung durch das Wellenmodell erklärt werden.
Außer durch Brechung kann ein Lichtstrahl auch durch Beugung an scharfen Kanten von
seiner ursprünglichen Richtung abgelenkt werden. Durch Überlagerung (Interferenz) verschiedener Wellenzüge kommt es dabei, je nach Gangunterschied, entweder zur Verstärkung
oder zur Auslöschung der Welle. Erzeugt man diese Beugung an vielen engen parallelen
Spalten (optisches Gitter), so kann man auch mit dieser Methode weißes Licht in seine
Spektralfarben zerlegen. Nach diesem Prinzip arbeiten die Spektralphotometer. In Teil 3 soll
mit Hilfe eines optischen Gitters die Wellenlänge des roten Lichts ausgemessen werden.
Versuchsteile:
1. Abbildungseigenschaften von Linsen
2. Prinzip des Fernrohrs
3. Zerlegen des Lichts mit Gitter und Prisma und Bestimmung der Wellenlänge des roten
Lichts
4. Untersuchungen am Modellauge und einer Rechteckschale
5. Bestimmung von n‘ mittels eines Abbe´schen Refraktometers
Durchführung:
Achtung: Bei allen Versuchsteilen ist darauf zu achten, daß die von der Lampe erzeugte
Wärme gut an die Umgebung abgegeben werden kann. Ein entstehender Hitzestau kann die
Beleuchtungseinrichtung zerstören. Es ist daher zwischen Lampe und Dia, bzw. Schlitzblende, immer ein Abstand von einigen Zentimetern einzuhalten.
2
Teil 1: Verwenden Sie bei den Versuchsteilen, bei denen Sie Abstände ablesen müssen, nur
Verschiebereiter mit Fenstern!
1. Versuchen Sie mit 3 verschiedenen Einzellinsen nacheinander Abbildungen von einem Dia
auf einem Schirm zu erzeugen. Verändern Sie die Stellung von Lampe und Dia dabei nicht.
Mit jeder Sammellinse können Sie durch Verschiebung von Linse und Schirm reelle Bilder
auf dem Schirm erzeugen. Versuchen Sie mindestens mit einer der Linsen ein vergrößertes,
ein gleich großes und ein verkleinertes Bild zu erzeugen. Tragen Sie in eine Tabelle
Brennweite f, Gegenstandsweite g und Bildweite b sowie Bildgröße (vergrößert, verkleinert
oder gleich groß) ein und prüfen Sie, ob die Abbildungsgleichung für dünne Linsen auch
für das verwendete System streng gültig ist.
1 1 1
= +
f g b
(1)
Wie könnte man Abweichungen erklären?
Es wird Ihnen voraussichtlich nicht gelingen, immer das ganze Dia scharf abzubilden. In
diesen Fällen stellen Sie immer denselben Bildteil scharf ein.
2. Untersuchen Sie den Einfluß einer Lochblende dicht neben der abbildenden Linse in der
optischen Achse auf die Bildqualität. Was wird besser, was schlechter?
3. Stellen Sie den Schirm neben das Dia in die Dia-Ebene und versuchen Sie, mit einer
Sammellinse und dem 90o-Umkehrprisma ein vergrößertes Bild des Dias auf dem Schirm
aufzufangen.
Bestimmen Sie die Lateralvergrößerung (Bildgröße : Diagröße)
4. Versuchen Sie, mit den Linsen der Brennweite +100 mm und -100 mm ein Bild zu
erzeugen. Wiederholen Sie den Versuch mit einer anderen Kombination aus Sammel- und
Zerstreuungslinse. Notieren Sie die Brennweite der Linsen und die Abstände vom Dia zur
Linse 1, von Linse 1 zu Linse 2 zum Schirm. Sie können die Resultate durch das einfache
Abbildungsgesetz (2) beschreiben, das als Näherung für zwei dünne Linsen gilt.
d
1 1
1
=
+
−
f
f1 f 2 f1 f 2
f
f1 , f2
d
(2)
= Gesamtbrennweite
= Brennweiten der Einzellinsen
= Abstand der beiden Einzellinsen
Wie erhält man f, wenn d sehr klein gegen f1 und f2 ist?
Teil 2: Bei allen Fernrohren besitzt das Objektiv eine große, das Okular eine kleine Brennweite (f1 » f2). Montieren Sie daher als Objektiv die große Linse mit 500 mm Brennweite am
einen Ende der optischen Bank. Dann betrachten Sie durch drei verschiedene Okularsysteme
einen außerhalb des Labors liegenden Gegenstand.
1. Astronomisches Fernrohr (Kepler´sches Fernrohr)
3
Als Okular dient eine Sammellinse f = 50 mm (Bild umgekehrt)
2. Holländisches Fernrohr (Galilei´sches Fernrohr)
Als Okular dient eine Zerstreuungslinse f = - 100 mm (Bild aufrecht)
3. Terrestrisches Fernrohr
Dieses Fernrohr wird aus dem Kepler´schen Fernrohr durch Einfügung einer dritten
Sammellinse (Umkehrlinse, f = 100 mm) zwischen Objektiv und Okular konstruiert
(Bild aufrecht).
Wie hängen die Abstände zwischen den Linsen bei 1) und 2) mit den Brennweiten
zusammen?
Teil 3: Das Licht einer Glühlampe soll mit einem Strichgitter in seine spektralen Bestandteile zerlegt werden. Die Lampe enthält einen Kondensor zur Bündelung des erzeugten Lichts.
Der vorgegebene Spalt (Breite 0,2 mm) wird so aufgestellt, daß er mit maximaler Helligkeit
voll ausgeleuchtet wird. Dahinter wird eine Sammellinse angebracht, die den Spalt scharf auf
einem Schirm abbildet. Die Gegenstandsweite (Gitterabstand von der Linse) soll nahe bei der
Brennweite liegen, so daß eine genügend große Bildweite gegeben ist. Dann ist das Strahlenbündel hinter der Linse annähernd parallel. In das parallele Bündel wird nun ein Strichgitter
gebracht. Aufstellung des Diahalters mit Strichgitter vom Assistenten kontrollieren lassen!
Durch Verschieben von Linse, Gitter und Schirm entlang der optischen Achse soll ein möglichst gut aufgelöstes Spektrum erzeugt werden.
Kondensor
Spalt
Gitter
Linse
Schirm
Lichtquelle
Je nach Lichtstärke und Art des Gitters können mehrere Spektren von farbigen
Interferenzstreifen beobachtet werden. Sie unterscheiden sich durch die Ordnungszahl k. In
der optischen Achse erscheint das weiße Spaltbild 0. Ordnung. Für das am Gitter gebeugte
Licht gilt bei senkrechtem Lichteinfall:
kλ = g sin ϕk
4
k
λ
g
ϕk
=
=
=
=
Ordnungszahl des gebeugten Lichts
Wellenlänge
Gitterkonstante (10 µm)
Winkel zwischen gebeugten und unabgelenkten Strahlen
Am gebeugten roten Licht 1. Ordnung soll die Wellenlänge des roten Lichts bestimmt werden.
Da ϕ1 klein ist, gilt
sin ϕ1 ≈ tan ϕ1 und tan ϕ1 = s/d
s = Abstand des roten Lichts 1. Ordnung auf dem Bildschirm von der optischen Achse (Mitte
des weißen Maximums 0. Ordnung)
d = Abstand Schirm - Gitter
Man erhält
λ=g
s
d
Zum Vergleich des Gitterspektrums mit einem Prismenspektrum wird anstelle des Gitters ein
Prisma in den Strahlengang gebracht und zwar so, daß der Strahl nur durch die brechenden
Flächen des Prismas ein- und austritt! Dies kann durch ein Blatt Papier vor und hinter dem
Prisma kontrolliert werden. Der Schirm muß seitlich im austretenden Strahl so aufgestellt
werden, daß der Spalt wieder scharf abgebildet wird (siehe Skizze). Beachten Sie Reihenfolge
und Abstand der Spektralfarben im Vergleich zum Gitterspektrum. Welches Phänomen ist in
diesem Fall für die Ablenkung des Lichts verantwortlich?
Kondensor
Spalt
Linse
Prisma
Lichtquelle
Schirm
rot
violett
Teil 4: Die Untersuchungen am Modellauge müssen in einem abgedunkelten Raum durchgeführt werden. (Der Betreuer wechselt mit der gesamten Gruppe den Raum sobald alle
Gruppen mit Teil 3 fertig sing). Aus der Kristallisierschale und den bereitgestellten
Zylinderlinsen ist ein zwei-dimensionales Modell eines normalsichtigen Auges
zusammenzustellen. Der Brennpunkt des Systems muß durch Verschieben der Linse in der
Schale auf deren hintere Wand gebracht werden. Als Augenlinse ist die Linse mit der
stärksten Krümmung zu verwenden.
Messen Sie die Brennweite
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1.) der leeren Schale
2.) der mit Wasser gefüllten Schale ohne Linse
indem Sie den Verlauf der Strahlen mit einem Stück weißem Papier verfolgen.
Ersetzen Sie die Linse in der Schale durch eine Linse mit kleinerer Krümmung und versuchen
Sie, den Brennpunkt wieder auf die hintere Wand der Schale fallen zu lassen, indem Sie eine
passende Linse als Brillenglas vor das Modellauge setzen.
Stellen sie nun die Linse mit der stärksten Krümmung nacheinander in die rechteckige
Glasschalen mit Wasser und Eosin. Bestimmen sie jeweils den Brennweite. Bestimmen sie
außerdem die Brennweite an Luft. Ist die Brennweite eine Linseneigenschaft?
Teil 5: Oft ist es notwendig n´ zu bestimmen. Dieses geschieht mit Hilfe eines Abbe´schen
Refraktometers, bei dem n aus dem Grenzwinkel der Totalreflexion bestimmt wird.
n=
sin β
sin α
Zur Messung des Brechungsindex bringt man einige Tropfen der Flüssigkeit zwischen die
beiden Prismen des Refraktometers.
Durch Drehen am Kompensatorknopf wird auf eine farblose scharfe Hell-Dunkel-Grenze
eingestellt. Danach wird am Triebknopf die Grenze auf den Schnittpunkt des Strichkreuzes
eingestellt. Im Skalenfeld ist dann der Brechungsindex direkt ablesbar. Bestimmen Sie den
Brechungsindex der bereitgestellten Flüssigkeit.
Fragen zum Versuch:
1. Was ist Licht? Wie wirkt Licht auf Lebewesen?
2. Was ist ein Lichtstrahl und wie entsteht ein Schatten?
3. Wie unterscheiden sich ein ebener Spiegel und ein Hohlspiegel in den Abbildungseigenschaften? Wie lautet das Reflexionsgesetz?
4. Was sind reelle und was virtuelle Bilder?
5. Wie lautet das Brechungsgesetz und wie hängen Brechzahl und Lichtgeschwindigkeit
zusammen?
6. Was versteht man unter Totalreflexion und wie können Sie damit den Brechungsindex
eines Mediums bestimmen?
7. Was ist eine Linse und warum kann man damit Gegenstände abbilden? Konstruieren Sie
reelle und virutelle Bilder für dünne Linsen bei schräg einfallenden Strahlenbündeln. Wie
lautet die Abbildungsgleichung für dünne Linsen und wie ändert sich die Größe der Abbildung, wenn Sie den Gegenstand in verschiedenen Entfernungen von der Hauptachse der
Linse aufstellen?
6
8. Wie ist die Brechkraft und ihre Einheit definiert?
9. Wie funktioniert das Auge? Wann spricht man von Kurz-, Weit-, Alterssichtigkeit und
Astigmatismus? Welche Korrekturen gibt es?
10. Zeichnen Sie einen Schnitt durch die optische Achse des menschlichen Auges! Wo sind
die brechenden Flächen dieses optischen Systems und an welcher Fläche wird das einfallende parallele Licht am stärksten gebrochen?
11. Bei Menschen, die an grauem Star erkrankt sind, trübt sich der Linsenkörper. Nach der
Entfernung der Linse kann man dem Erkrankten durch Brillen einen großen Teil des Sehvermögens zurückgeben. Welche Linsen sind zu verwenden?
12. Das optische System des Modellauges kann vereinfacht durch ein System aus zwei Linsen nach Gleichung (2) beschrieben werden, wobei f1 die Brennweite der Petrischale und
f2 die Brennweite der Augenlinse ist.
Wie kann man mit diesem System bei verschiedenen Gegenstandsweiten eine konstante
Bildweite erreichen?
13. Gibt es in der belebten Natur verschiedene Mechanismen der Akkommodation?
14. Wie funktioniert ein Fernrohr?
15. Was geschieht, wenn Sie weißes Licht durch ein Prisma schicken?
16. Welche Linsenfehler kennen sie und wie kann man ihnen entgegenwirken?
17. Was verstehen Sie unter Interferenz und Beugung?
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