Pflanzenporträt Spätzünder Herbstkrokusse – letzte Nektar- und Pollenspender Ihre Nachbarn werden staunen, wenn bei Ihnen plötzlich im September/Oktober Krokusse in leuchtenden Farben erblühen. Was es damit auf sich hat, erfahren Sie von Helmut Hintermeier. 1 K rokusse (Crocus) aus der Familie der Schwertliliengewächse (Iridaceae) gelten im Allgemeinen ja eher als die klassischen Früh­lingsblumen – umso mehr ziehen Herbstkrokusse im Rasen, Steingarten, Beet oder Blumenkasten erstaunte Blicke auf sich. Ein typischer Vertreter der herbstblühenden Krokusse ist der von der Krim über Kleinasien bis in den Iran verbreitete Pracht­krokus (Crocus speciosus). In ihrer ursprünglichen Heimat wächst die 7 bis 15 cm hohe Zwiebelblume in lichten Laubwäldern und auf Weiderasen in Höhenlagen von 800 bis 2.850 m. phus balteatus, Mistbiene Eristalis tenax, Gemeine Sumpfschwebfliege Helophilus pendulus) reichlich genutzt wird. Die Blüten sind nicht in Kelch und Krone gegliedert. Die Blätter der gleichförmigen Blütenhülle messen 25 bis 60 × 8 bis 22 mm. Sie sind blau, hellviolett oder weiß und besitzen dunkle Hauptnerven sowie feine Quernerven. Am Grund sind sie weiß bis blassgelb. Die Griffel besitzen zahlreiche Äste und überragen die Staubblätter weit. Letztere haben gelbe Staubbeutel. leuchtend orangen, stark verästelten Narben. ,Albus‘ besitzt reinweiße Blüten mit blassgelbem Schlund. Der Prachtkrokus ist nahe mit dem Hübschen Krokus (Crocus pulchellus) verwandt und hybridisiert auch mit diesem. Zu den nächsten, von Oktober bis November blühenden Verwandten zählen ferner der Safran-Krokus (Crocus sativa), dessen Narben getrocknet seit Jahrtausenden als Safran genutzt werden, und die Art Crocus goulimyi mit zartlila Blüten. Sorten und Verwandte Etwas anspruchsvoll Späte Nektar- und Pollenquelle Der Prachtkrokus ist seit ungefähr 1835 in Kultur und im Fachhandel mit mehreren Sorten erhältlich: ,Oxonian‘ mit bis 10 cm großen, dunkel violettblauen, noch dunkler geaderten Blüten ist eine der schönsten Sorten. ,Cassiope‘ blüht ebenfalls violettblau mit gelblichem Grund. ,Aitchisonii‘ erfreut mit großen, hellblauen Blüten und Wichtig sind eine sonnige bis halbschattige Lage, dazu ein nährstoffreicher, gut durchlässiger Boden, reich an Humus und leicht sandig. Gießen ist in der Regel nicht erforderlich, da der Boden im Herbst meist ausreichend Feuchtigkeit enthält. Auch mineralisches oder organisches Düngen ist im Beet nicht notwendig. Im Zusammen mit Efeu und Herbstzeitlose zählt der von September bis November blühende Herbstkrokus zu den letzten Nektar- und Pollenquellen des Jahres, die von Honigbienen und mehreren Schwebfliegenarten (Winterschwebfliege Episyr- 3 2 28 10.2016 ADIZ • die biene • Imkerfreund Pflanzenporträt Rasen erhalten die Krokusse automatisch mit der Rasendüngung eine Dosis Nährstoffe. Bei Kultivierung in Blumenkäs­ten wird immer dann ein wenig gegossen, wenn die Oberfläche angetrocknet ist. Werden die Zwiebeln jährlich in frisches Substrat umgepflanzt, erübrigt sich das Düngen. Ansonsten kann man alle vier Wochen verdünnten Flüssigdünger oder Guano-Stäbchen verabreichen. Im Freiland sollten die Zwiebeln mit einem im Fachhandel erhältlichen Wühlmauskorb ins Erdreich gebracht werden (Pflanzlochtiefe 15 bis 20 cm). Einfaches Vermehren Den Hauptbeitrag zur Nachzucht leistet die Krokuszwiebel selbst, da sie eine Vielzahl an Tochterzwiebeln entwickelt. Nach dem Verblühen im November bleibt das grüne Laub den ganzen Winter hindurch an den Herbstblumen. Erst im Mai beginnen die Zwiebeln, die Blätter einzuziehen. Sind sie vollständig vertrocknet, werden die oberirdischen Pflanzenteile bodennah abgeschnitten. Die Zwiebeln können nun aus der Erde geholt und die Tochterzwiebeln abgetrennt werden. Bis im Spätsommer die Pflanzzeit beginnt, werden sie kühl und dunkel aufbewahrt. So lässt sich ein vorzeitiges Austreiben verhindern. Passende Partner Eine perfekte Ergänzung bildet die Herbstzeitlose, von der es mehrere Gartensorten gibt. Ihre Blüten sehen denen der Kro- 4 kusse zum Verwechseln ähnlich. Leider sind sie alle giftig, sodass sie nicht empfehlenswert sind, wenn Kinder oder Haustiere sich in ihrer Nähe aufhalten. Bekannte Sorten sind Colchicum speciosum ,Album‘ (weiß), ,Giant‘ (violett), ,Autum Queen‘ (weiß und violett gesprenkelt), ,Lilac Wonder‘ (lilarosa). Auch weitere im Handel angebotene Arten und Sorten sind durchaus wertvoll und empfehlenswert für den Garten, da sie am richtigen Standort auf Dauer gut aushalten, sich vermehren und im Garten späte, kräftige Blütenfarben meist fehlen. Als Nachbarn geeignet sind besonders spät sich entwickelnde Stauden, die den Platz der einziehenden Herbstzeitlosen einnehmen. Ein weiterer prächtiger Spätblüher ist der Goldkrokus (Sternbergia lutea), auch als Herbstkrokus, Herbstgoldbecher bekannt. Er zählt mit sieben weiteren Arten zur Familie der Amaryllisgewächse, daher auch der Name Winternarzisse. Sternbergien gelten als die schönsten MittelmeerHerbstblüher, nur zwei Arten (S. vernalis, S. candida) sind Frühlingsblüher. Die becherförmigen, bis 5 cm langen, goldgelben Blüten mit sechs Staubblättern werden von Honigbienen und Schwebfliegen besucht. Honigbienen sammeln Nektar und Pollen aus den kurzen inneren Staubgefäßen, während Schwebfliegen den Pollen der äußeren, längeren Staubgefäße verzehren. Sternbergien sind mehrjährige Pflanzen, die sich durch Nebenzwiebeln reichlich vermehren. Die Arten benötigen einen sonnigen Standort, sind mäßig winterhart und sollten daher eine Laubdecke als Winterschutz erhalten. In kühleren Gegenden kann man auch die Zwiebeln herausnehmen und im Frühjahr neu pflanzen. Helmut Hintermeier 1 Die blauen, hellvioletten oder weißen Blüten des Herbstkrokus erscheinen von Oktober bis November. Honigbienen nutzen sie als späte Nektar- und Pollenquelle. Fotos: H. Bahmer 2 Die Winterschwebfliege oder Hainschwebfliege (Episyrphus balteatus) ist die wohl häufigste Schwebfliegenart. Ihre Larven sind nützliche Blattlausfeinde. 3 Die Gemeine Sumpfschwebfliege (Helophilus pendulus) ist auch in Gärten anzutreffen. Ihre Larven leben in schlammigen, stehenden Gewässern. 4 Die Mistbiene (Eristalis tenax) zählt zu den rund 30 wandernden Schwebfliegenarten, die der kalten Jahreszeit nach Süden ausweichen. 5 Der Goldkrokus oder Herbstgoldbecher (Sternbergia lutea) aus der Familie der Amaryllisgewächse ist im westlichen Mittelmeerraum beheimatet. Foto: Engeser 6 Der Clusius-Herbstkrokus (Sternbergia clusiana) hat bis zu 7 cm lange Blüten, die von Oktober bis November erscheinen. Foto: G. Pisanty 5 6 ADIZ • die biene • Imkerfreund 10.2016 29