Wahlen in Russland

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Institutioneller und politischer Hintergrund der Duma- und
Präsidentschaftswahlen
13. November 2007
+
! Aus den Wahlen zur Staatsduma am 2. Dezember wird
die Putin-treue Partei „Einiges Russland“ als eindeutiger Wahlsieger hervorgehen.
Aufgrund der neuen 7%-Klausel wird sich die Zahl der in der Duma vertretenen
Parteien verringern, die Favoriten unter den kleineren Parteien sind neben den
Kommunisten die Liberaldemokratische Partei Russlands sowie „Gerechtes Russland“.
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! Vorausgesetzt, Wladimir Putin tritt wie von ihm angekündigt nicht für eine dritte Amtszeit
an, lassen aktuelle Umfragen auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Medwedew
und Iwanow schließen. Daneben konnte sich der derzeitige Ministerpräsident Subkow bereits den vierten Rang in der Wählergunst erobern.
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! Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird Wladimir Putin auch nach dem Ende seiner Amtszeit eine zentrale Rolle
in der russischen Politik spielen. Eine Variante ist die Übernahme des Ministerpräsidentenamtes.
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Im Rahmen der Verfassung besteht durchaus Spielraum für eine Kompetenzverschiebung vom Präsidenten zum Ministerpräsidenten. Daneben käme Putin in der
Position des Ministerpräsidenten die starke Duma-Mehrheit von „Einiges Russland“ zugute. Die Machtbalance innerhalb der Exekutive dürfte letztendlich jedoch
primär von den Persönlichkeiten der Amtsinhaber abhängen.
Autoren
Evelyn Moser
Thorsten Nestmann
+49 69 910-31894
[email protected]
Editor
Maria Laura Lanzeni
Publikationsassistenz
Bettina Giesel
Deutsche Bank Research
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Deutschland
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DB Research Management
Norbert Walter
© Copyright: Jan Fiegert
Aktuelle Themen 400
% (Stimmenanteil derjenigen, die beabsichten zu wählen)
80
Umfrage Oktober 2007
60
Wahlergebnisse 2003
40
20
7%-Sperrklausel
Union Rechter Kräfte
Jabloko
Gerechtes Russland*
LDPR
KPRF
Einiges Russland
0
*Gerechtes Russland wurde 2006 gegründet.
Anmerkung: Alle übrigen Parteien 1% oder weniger.
Quellen: Global Insight, Levada
% Wählerstimmen
Dmitri
Medwedew
26
Sergej
Iwanow
25
Wladimir
Zhirinowski
19
Viktor
Subkow
13
Gennadij
Ziuganow
12
Sergej
Glasew
3
"Liberaler
Kandidat"
2
0
10
20
Quelle: Levada, Stand: Oktober 2007
30
Duma- und Präsidentschaftswahlen rücken in den Focus. Während die Präsidentschaftswahlen im März 2008 bereits seit einigen
Monaten Anlass zu Spekulationen geben, scheinen die Dumawahlen am 2. Dezember dieses Jahres wesentlich weniger Aufmerksamkeit zu erhalten. Aufmerksamkeit erregte diesbezüglich jedoch
die Ankündigung Präsident Putins im September, das Amt des Premierministers übernehmen zu wollen und für die Partei Einiges
1
Russland zu kandidieren.
Die Partei „Einiges Russland“ wird die absolute Mehrheit der
Stimmen bekommen. Aktuelle Umfragen zeigen die Putin-treue
Partei „Einiges Russland“ mit Abstand an der Spitze der Wählergunst. Nachdem die Sperrklausel für den Einzug einer Partei in die
Duma auf 7% von 5% hochgesetzt wurde, wird sich die Anzahl der
Parteien in der Duma aller Voraussicht nach reduzieren.
Bei der Präsidentschaftswahl ist das Rennen noch völlig offen.
Laut Verfassung darf Präsident Putin nach Ende seiner zweiten
Amtszeit nicht noch einmal zur Wahl antreten. Aktuelle Umfragen
zeigen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Sergej Iwanow und Dimitri Medwedew, wobei anzumerken ist, dass der neue Premierminister Viktor Subkow in kürzester Zeit bereits auf den vierten Platz in
der Beliebtheitsskala vorgerückt ist. Durch eine momentan starke
Medienpräsenz und die Unterstützung durch Putin könnte Subkow
in nächster Zeit leicht weiter in der Beliebtheit der Bevölkerung steigen und sich peu à peu zur Spitze vorarbeiten. Allerdings ist auch
nicht auszuschließen, dass Putin in naher Zukunft einen bisher unbekannten Kandidaten als seinen designierten Nachfolger präsentiert, der den „Putin-Bonus“ für sich verbuchen kann.
Die politische Stabilität ist eng mit der institutionellen Ordnung
verknüpft. Momentan ist die politische Macht in Russlands präsidentiell-parlamentarischem System stark auf den Präsidenten konzentriert. Jedoch ist gemäß der Verfassung eine teilweise Verschiebung der Macht zum Ministerpräsidenten durchaus denkbar – somit
könnte Putin auch als Ministerpräsident die Geschicke der russischen Politik bestimmen. Putins Option auf eine verhältnismäßig
einflussreiche Position ist jedoch trotz dieser Möglichkeiten keinesfalls gesichert: Auch ein anfänglich schwach erscheinender Präsident hat die Macht, den Ministerpräsidenten abzusetzen. Die politische Zukunft Russlands ist daher sehr stark abhängig von der Persönlichkeit des Präsidenten sowie dessen Willen und Fähigkeit, mit
der Bevölkerung und den Eliten zu kooperieren.
1
2
Es kann auch nach den neuerlichen Bekundungen von Präsident Putin nicht ganz
ausgeschlossen werden, dass er sich doch noch für ein Amt in der Wirtschaft oder
(sehr unwahrscheinlich) für den Ruhestand entschließt.
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Wahlen in Russland
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Grundformen repräsentativer Demokratien*
Als repräsentative Demokratie werden alle
Systeme bezeichnet, in denen das Parlament
eine zentrale Stellung als Organ der Legislative einnimmt. Die Klassifikation der Systemtypen bezieht sich auf die Machtverteilung
zwischen Parlament, Ministerpräsident und
Präsident. Das Spektrum wird begrenzt durch
die beiden Grundtypen parlamentarische und
präsidentielle Regime.
Parlamentarismus:
1. Der Regierungschef (Ministerpräsident)
wird vom Parlament gewählt.
2. Der Regierungschef ist von dem Vertrauen
des Parlaments abhängig, d.h. er ist durch
das Parlament abberufbar. Diese Form der
asymmetrischen Gewaltenverschränkung
wird in parlamentarischen Systemen häufig
durch das Recht des Regierungschefs
ergänzt, das Parlament aufzulösen.
3. Daneben weisen parlamentarische
Systeme eine kollegiale oder kollektive
Exekutive auf, was bedeutet, dass
Regierungsentscheidungen nicht durch
den Regierungschef allein, sondern nach
dem Kollegialprinzip durch Kabinettsbeschlüsse getroffen werden.
Präsidentialismus:
1. Der Präsident wird direkt vom Volk gewählt.
2. Der Präsident vereint die Ämter des
Regierungschefs und des Staatsoberhaupts in seiner Person (Ein-PersonenExekutive).
3. Zwischen Exekutive und Legislative besteht Gewaltenteilung: Weder kann der
Präsident das Parlament auflösen, noch
hat das Parlament das Recht zur Abberufung des Präsidenten (Ausnahme:
Impeachment).
*
Klassifikation und zentrale Merkmale parlamentaristischer
und präsidentialistischer Systeme nach Lijphart (1999): S.
117f.
Das russische Regierungssystem ist ein präsidentiell-parla3
mentarisches System. Russland ist also ein Hybrid zwischen Parlamentarismus und Präsidentialismus und weist Merkmale beider
Systemtypen auf. Die zentralen Organe sind neben dem Staatspräsidenten der Premierminister und das Kabinett sowie die Föderalversammlung, bestehend aus Staatsduma (Erste Kammer) und Fö4
derationsrat (Zweite Kammer).
Dominanz des Präsidenten über Premierminister und Duma.
Der russische Präsident wird direkt vom Volk gewählt. Die Regierung, d.h. Premierminister und Minister, gehen dagegen nicht aus
einer direkten demokratischen Wahl hervor, sondern werden vom
Präsidenten – mit Zustimmung der Duma – ernannt. Daneben hat
der Präsident das Recht, alle Regierungsmitglieder unilateral zu
entlassen. Gleichzeitig verfügt die Duma über die Möglichkeit, durch
ein Misstrauensvotum die Regierung abzusetzen. Die Regierung ist
somit in ihrem Bestehen sowohl vom Präsidenten als auch von der
5
Duma abhängig. Der Präsident kann wiederum die Duma auflösen,
ist selbst jedoch weitgehend unangreifbar. Eine Ausnahme stellt
lediglich die Anklageerhebung gegen den Präsidenten durch die
Duma im Falle eines Amtsmissbrauchs dar (Impeachment).
Weitreichende Kompetenzen des Präsidenten im Bereich von
Legislative und Exekutive. Er verfügt über die Kompetenz, die
Richtung der Außen- und Innenpolitik vorzugeben. Er hat das Recht,
Dekrete und Verordnungen zu verkünden und kann auf diesem Weg
die Zustimmung der anderen Staatsorgane – vor allem Regierung
und Duma – de facto umgehen. Der Präsident ist Oberbefehlshaber
der russischen Streitkräfte, hat das Recht zur Gesetzesinitiative und
verfügt über ein schwer überstimmbares Veto, alle vom Parlament
verabschiedeten Gesetze wieder aufzuheben.
Gegengewicht zur präsidialen Macht über den Ministerpräsidenten. Als Teil der dualen Exekutive verfügt der Ministerpräsident
ebenfalls über politische Richtlinienkompetenz, die allerdings nicht
klar von der des Präsidenten abgegrenzt ist. Er hat Vorschlagsrecht
bei der Besetzung der übrigen Regierungsposten. Sämtliche Gegengewichte hatten jedoch sowohl unter Boris Jelzin als auch unter
Wladimir Putin kaum Bedeutung, da beide Präsidenten die Verfassung „im Sinne einer starken Vormachtstellung des Präsidenten und
6
einer untergeordneten Position des Parlaments“ interpretierten.
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3
4
5
6
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2
Soweit nicht anders angegeben, stammen alle Informationen zum politischen
System Russland aus Mommsen (2004).
Die Klassifikation von Regierungssystemen bezieht sich primär auf das Machtgefüge zwischen Exekutive und Legislative, welches in der Verfassung geregelt ist.
Beide Systemtypen stellen dabei repräsentative Demokratien dar und setzen somit
die Existenz eines Parlaments als Institution der Legislative voraus. Die Form eines präsidentiell-parlamentarischen Systems wurde erstmals von Shugart und Carey (1992, S. 24f) erwähnt.
Die aktuell geltende Verfassung wurde gleichzeitig mit den ersten freien Parlamentswahlen am 12.12.1993 über ein Plebiszit angenommen. Konkret orientierten
sich die Verfassungsautoren am Modell der Fünften Französischen Republik. Russische Verfassung in deutscher Übersetzung online verfügbar unter
http://www.verfassungen.de/rus/russland93-index.htm (5.11.2007).
Die Amtszeit der Regierung ist nicht abhängig von der Legislaturperiode des Parlaments, sondern richtet sich nach der Amtszeit (und dem Wohlwollen) des Präsidenten.
Mommsen (2004): S. 380.
3
Aktuelle Themen 400
Das russische System wird daher häufig als „Superpräsidentialis7
mus“ bezeichnet.
Relativ schwache Position des Parlaments (Duma). Zwar ist der
Präsident z.B. bei der Ernennung des Premierministers auf die Zustimmung der Duma angewiesen, eine Verweigerung dieser Zustimmung ist jedoch äußerst riskant: Lehnt die Duma dreimal den favorisierten Kandidaten des Präsidenten ab, kann der Präsident die
Duma auflösen, wodurch die Abgeordneten ihr Mandat verlieren.
Verhältnismäßig große Macht besitzt die Duma vornehmlich über
ihren Einfluss auf die Haushaltsgesetzgebung, für die ihre Zustimmung notwendig ist. Darüber hinaus wirkt die Duma bei diversen
Personalfragen mit (Zentralbank und Rechnungshof) und hat Einfluss auf die Verabschiedung föderaler Gesetze.
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Präsident
Ernennt
und
entlässt
'
Ernennt und
entlässt
Ministerpräsident
Schlägt
vor
Stimmt zu und
kann absetzen
(Misstrauensvotum)
Minister
(Kabinett)
Kann
auflösen
Föderalversammlung
Duma
(1. Kammer)
Föderationsrat
(2. Kammer)
Entsenden
je 2 Delegierte
Wählt alle
4 Jahre
Exekutive und Legislative
der Subjekte*
Wählt alle
4 Jahre
Volk
*Siehe Fußnote 8. Quelle: Eigene Darstellung basierend auf Mommsen 2004.
0
Der Föderationsrat hat an politischem Gewicht verloren. Eine
8
Reform des Föderationsrates unter Präsident Putin, wodurch nicht
mehr direkt vom Volk gewählte regionale Gouverneure, sondern
lediglich Delegierte dem Föderationsrat angehören, hat den Einfluss
der ursprünglich nach dem Vorbild des amerikanischen Senats geschaffenen zweiten Kammer geschwächt. Gemäß der Verfassung
hat der Föderationsrat Einfluss bei Ernennung des Generalstaats7
8
4
Vgl. Mommsen (2004): S. 378.
Dem Föderationsrat gehören je zwei Delegierte aus jedem der 89 Subjekte der
Russischen Föderation an.
Siehe http://www.council.gov.ru/eng/info/status/index.html (5.11.2007). Die Subjekte sind regionale Einheiten, die sich nach Organisationsstruktur und Grad der Autonomie unterscheiden. So gibt es unter den 89 Subjekten beispielsweise Republiken, Städte, autonome Gebiete und Bezirke sowie Regionalbezirke.
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Wahlen in Russland
anwalts und der obersten Richterposten und ist Revisionsinstanz im
Gesetzgebungsprozess, d.h. er überprüft vorgelegte Gesetze auf
ihre Verfassungsmäßigkeit und Ausführbarkeit. Die Zweite Parlamentskammer verfügt außerdem letztinstanzlich über die Amtsenthebung des Präsidenten und muss bei Verhängung des Kriegs- und
Ausnahmezustands zustimmen.
+
Die stärksten russischen Parteien im
Überblick
Einiges Russland (Edinaja Rossija): Der
kremltreue Block „Einiges Russland“ unter dem
Symbol des russischen Bären stellt aktuell die
bei weitem stärkste Dumafraktion und gilt in
Russland seit Jahren als „Partei der Macht“.
Die Partei vertritt hauptsächlich die staatliche
Bürokratie und regionale Interessen. Darüber
hinaus hat sie sich der Unterstützung Wladimir
Putins verschrieben – ob als Präsident oder
Kandidat ihrer eigenen Parteiliste. Parteivorsitzender ist Boris Gryzlow.
Kommunistische Partei der Russischen
Föderation (KPRF): Die Kommunistische
Partei, zurzeit die zweitstärkste Dumafraktion,
steht trotz immer wieder aufkommender
Modernisierungsbestrebungen in der Tradition
ihrer sowjetischen Vorgängerin und fordert
eine starke Rolle des Staates innerhalb der
russischen Wirtschaft. Besonders in jüngerer
Vergangenheit hat sie mit zunehmendem
Wählerschwund zu kämpfen. Den Parteivorsitz
hat Gennadij Ziuganow.
Gerechtes Russland (Sprawedliwaja
Rossija): Die linksorientierte Partei wurde
2006 mit Unterstützung der Regierung über
den Zusammenschluss der Parteien „Heimat“,
der „Partei des Lebens“ sowie der Partei der
Pensionäre gegründet. Mit ihrer Hilfe soll – zumindest offiziell – die Parteienkonkurrenz innerhalb des Systems belebt und ein Gegengewicht zu „Einiges Russland“ geschaffen
werden. Der Partei sitzt der derzeitige Sprecher des Föderationsrats Sergej Mironow vor.
Liberaldemokratische Partei Russlands
(LDPR): Die Partei gibt sich ein liberaldemokratisches Erscheinungsbild, ist insgesamt
aber eher kommerziell geprägt und weist
populistische und nationalistische Züge auf.
Der Parteivorsitzende ist Wladimir Zhirinowski.
Quelle: Global Insight
In den kommenden Monaten stehen in Russland zwei Organe zur
Wahl: Am 2. Dezember sind rund 107 Millionen Wahlberechtigte
aufgerufen, ihre Stimme für die Staatsduma abzugeben, im März
2008 wird der neue Staatspräsident gewählt.
9
Duma wird erstmals nach neuem Wahlgesetz gewählt. Die 450
Abgeordneten der Staatsduma werden in diesem Jahr erstmals
nach den Regelungen des neuen Wahlgesetzes bestimmt, dass seit
10
2005 in Kraft ist. Das bisherige Mischwahlsystem wurde durch ein
reines Verhältniswahlsystem ersetzt, der Einzug in die Duma ist nun
nur noch über Parteilisten möglich. Die Parteien haben jedoch das
Recht, auch Parteilose auf ihre Listen zu setzen – durch die Nominierung von Putin für den ersten Listenplatz hat „Einiges Russland“
davon bereits Gebrauch gemacht. An der Wahl teilnehmen dürfen
nach neuem Recht nur noch registrierte Parteien, wobei für die Registrierung bestimmte Kriterien hinsichtlich der Parteimitglieder und
der Präsenz in den Regionen erfüllt sein müssen. Zudem wurde die
Sperrklausel von ehemals 5% auf einen Stimmenanteil von 7% erhöht, eine Mindestwahlbeteiligung besteht hingegen nicht mehr.
Direktwahl des russischen Staatspräsidenten. Der russische
Präsident wird alle 4 Jahre direkt vom Volk in absoluter Mehrheitswahl gewählt. Kandidaten für das Präsidentenamt dürfen nicht jünger als 35 Jahre sein und müssen mindestens zehn Jahre ständig in
der RF gelebt haben. Für eine Kandidatur ist außerdem das Aufgebot von einer Million Unterschriften erforderlich. Die Verfassung
11
erlaubt nur eine Wiederwahl – also zwei Amtszeiten – in Folge .
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2
1
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Dumawahlen: Absolute Mehrheit für „Einiges Russland“ wahrscheinlich. Offiziell registriert – und damit berechtigt zur Teilnahme
12
an der Dumawahl – sind aktuell 15 Parteien, eine Registrierung
der Kandidatenlisten bei der Zentralen Wahlkommission liegt bislang
13
jedoch nur für 11 Parteien vor. Prognosen und Umfragen verschiedener russischer Meinungsforschungsinstitute zufolge ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass mehr als vier Parteien die 7%-Hürde
überschreiten und damit in der Duma vertreten sein werden. Infolge
des neuen Wahlgesetzes würde sich somit erstens die Anzahl der in
der Duma vertretenen Parteien von derzeit 5 Parteien verringern,
zweitens wird die „Fraktion“ der Parteilosen, die aktuell 24 Mandate
9
10
11
12
13
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/
Informationen zum neuen Wahlgesetz stammen aus Nussberger/Marenkow
(2007).
Die eine Hälfte der Abgeordneten wurde direkt gewählt, die andere Hälfte über
Verhältniswahl.
Vgl. Mommsen (2004). S. 381.
Föderaler Registrierungsdienst: www.rosregistr.ru (Stand: 5. September 2007).
Zentrale Wahlkommission: www.cikrf.ru (Stand: 31. Oktober 2007).
5
Aktuelle Themen 400
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3
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% der Stimmen derjenigen, die beabsichtigen, an der Wahl teilzunehmen
80
60
40
20
0
Jan
März
Mai
Jul
Sep
Einiges Russland
KPRF
LDPR
Gerechtes Russland*
Jabloko
Quelle: Levada, Stand: Oktober 2007
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4 5
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%
40
35
30
25
20
15
10
5
0
Jan
März
Mai
Aug
Oct
Dmitri Medwedew
Sergej Iwanow
Wladimir Zhirinowski
Viktor Subkow
Gennadij Ziuganow
Sergej Glasew
"Liberaler Kandidat"
Anmerkung: Keine Daten für Juli verfügbar.
Quelle: Levada, Stand: Oktober 2007
6
bekleiden, zumindest in dieser Form durch die neuen Regelungen
wegfallen. Neben der erwarteten Mehrheit für die Putin-treue Partei
„Einiges Russland“ werden den Kommunisten (KPRF), dem in 2006
neu gegründeten Parteienzusammenschluss „Gerechtes Russland“
sowie der Liberaldemokratischen Partei Russlands die größten
Chancen beigemessen (für Details zu diesen vier Parteien s. Kasten
S. 5), auch wenn für die beiden letztgenannten das Wahlergebnis
diesbezüglich ziemlich knapp ausfallen dürfte (vgl. Grafik 4).
Präsidentschaftswahlen: Das Rennen ist noch nicht entschieden. Würde Wladimir Putin im März 2008 erneut für das Amt des
Präsidenten kandidieren (was eine Verfassungsänderung voraussetzte), wäre ihm eine überwältigende Mehrheit der Stimmen sicher.
Sämtliche Konkurrenten liegen in aktuellen Umfragen weit abge14
schlagen hinter dem derzeitigen Präsidenten. Insbesondere Putins
öffentliche Überlegung hinsichtlich der Möglichkeit, für die Position
des Premierministers zu kandidieren, die er im Oktober auf dem
Parteikongress „seiner“ Partei Einiges Russland geäußert hat, haben das Spektrum der möglichen Rollen des derzeitigen Präsidenten nach dem Ende seiner zweiten Amtszeit um eine neue Perspektive erweitert. Taucht Putin nicht auf der Liste der (potenziellen)
Kandidaten auf, liegen zurzeit Medwedew und Iwanow in der Wählergunst in etwa gleichauf (vgl. Grafik 5). Viktor Subkow konnte sich
bereits wenige Wochen nach seiner Ernennung zum Premierminister am 14.September 2007 den vierten Platz erobern.
Putin will auch weiterhin eine zentrale Rolle spielen. Wiederholt
hat Wladimir Putin in den vergangenen Monaten die Absicht geäußert, auch nach dem Ablauf seiner zweiten Amtszeit als Präsident
die politische Bühne nicht verlassen zu wollen. Unter der Annahme,
dass Putin auf eine Verfassungsänderung verzichtet, stellt die Übernahme des Ministerpräsidentenamtes eine attraktive Alternative dar.
Die gegenwärtig sehr schwache Position des Ministerpräsidenten ist
zum einen die Folge eines Präsidenten, der seine eigenen verfassungsmäßigen Kompetenzen sehr großzügig interpretiert, zum anderen die der zweiseitigen Abhängigkeit des Ministerpräsidenten
sowohl vom Präsidenten als auch vom Vertrauen der Staatsduma.
Im Hinblick auf die Stellung des Ministerpräsidenten besteht jedoch
bezüglich beider Aspekte beträchtlicher Spielraum: Erstens käme
Putin im Amt des Ministerpräsidenten die erwartete starke Dumamehrheit „seiner“ Partei Einiges Russland zugute, wodurch die Unterstützung der Ersten Kammer des Parlaments gesichert wäre.
Zweitens sind die Kompetenzen von Ministerpräsident und Staatspräsident vor allem im Bereich grundlegender innen- und außenpolitischen Entscheidungen nur sehr unklar voneinander abgegrenzt
und lassen durchaus Raum zur Auslegung durch die jeweiligen
Amtsinhaber. So könnte ein vergleichsweise „schwacher“ Präsident
die Wahrscheinlichkeit einer Kompetenzverschiebung zugunsten
des Ministerpräsidentenamtes erhöhen. Die Option auf eine verhältnismäßig einflussreiche Position Putins ist jedoch trotz dieser Möglichkeiten keinesfalls gesichert: Auch ein anfänglich schwach erscheinender Kandidat hat die Macht, den Ministerpräsidenten abzusetzen. Die politische Zukunft Russlands ist daher sehr stark abhängig von der Persönlichkeit des Präsidenten sowie dessen Willen
und Fähigkeit, mit der Bevölkerung und den Eliten zu kooperieren.
Evelyn Moser
Thorsten Nestmann (+49 69 910-31894, [email protected])
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Eine Umfrage von Levada im Oktober zeigt, dass Putin 64% erzielen würde.
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Wahlen in Russland
7
Lijphart, Arend (1999). Patterns of Democracy. Government Forms
and Performance in Thirty-Six Countries. New Haven/London.
Yale University Press.
Mommsen, Margareta (2004). Das politische System Russlands, In
Wolfgang Ismayr u.a. (Hrsg.). Die politischen Systeme Osteuropas. 2. Auflage. Opladen. S. 373-428.
Shugart, Matthew / Carey, John (1992). Presidents and Assemblies.
Cambridge. Cambridge University Press.
Nussberger, Angelika und Marenkow, Dmitry (2007). Wahlgesetz als
Steuerungsmechanismus: Zu den neuen rechtlichen Grundlagen der Duma-Wahlen im Dezember 2007. Forschungsstelle
Osteuropa: Russlandanalysen 146. www.russlandanalysen.de
13. November 2007
7
ISSN 1430-7421
Windenergie – Deutschland weltweit führend
Nr. 399 .......................................................................................................................................... 22. Oktober 2007
Wohnungsfinanzierung in Deutschland: Vier Trends
Nr. 398 .......................................................................................................................................... 11. Oktober 2007
Klimawandel bewältigen
Die Rolle der Finanzmärkte, Nr. 397 ............................................................................................ 24. September 2007
Globalisierung und Verteilung
Eine Herausforderung auch in den Industrieländern, Nr. 396.......................................................... 20. September 2007
Deutschland im Zwischenhoch
Eine Reformagenda für die Große Koalition, Nr. 395 ..................................................................... 17. September 2007
Spanien 2020 – die Erfolgsgeschichte geht weiter
Nr. 394 ..................................................................................................................................... 11. September 2007
Vietnam verstehen
Ein Blick hinter die Zahlen und Fakten, Nr. 393....................................................................................21. August 2007
Die Stunde der Multilatinas
Wie multinationale Unternehmen aus Lateinamerika
sich im globalen Wettbewerb positionieren, Nr. 392 ...................................................................................19. Juli 2007
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