3 Vögel Die neuen Flieger am Alten Flugplatz BRUTVÖGEL • SOMMERGÄSTE • WINTERGÄSTE DURCHZÜGLER • RARITÄTEN Rast- und Brutplatz 2 3 Vogelparadies Alter Flugplatz Wofür nur brauchten die Hubschrauber vom ehemaligen Ununterbrochen gestartet und gelandet wird am Alten Flug- US-Hubschrauberlandeplatz die langen Start- und Landebahnen? Helikopter müssen schließlich keinen Anlauf nehmen, um sich in die Luft zu erheben. Die Antwort heißt: Formationsfliegen. Dazu stellten sie sich in Reih und Glied auf und starteten gleichzeitig los. Ein Höllenspektakel. platz immer noch. Allerdings gibt die Natur nun den Takt vor. Der Alte Flugplatz ist Rastplatz und Brutplatz geworden. Ob bei den Hangars, auf den Geröllfeldern, im dichter werdenden Weidenwald oder vor allem in den Feuchtwiesen und auf dem Teich, überall sind Vögel zu beobachten. Über 40 Jahre – von 1948/50 bis zum Abzug der US-Armee 1992 – war der militärische Flugplatz in Betrieb. 2003 hatte die Stadt Frankfurt das Gelände gekauft, umgestaltet und den nunmehr „Alten Flugplatz“ in das Landschaftsschutzgebiet GrünGürtel integriert. Dazu wurden die meisten Beton- und Asphaltflächen entsiegelt, zum Teil entsorgt, zum Teil als feine Kies- oder grobe Schollenfelder der Natur überlassen. Von den in Deutschland vorkommenden rund 300 Arten brüten auf dem Alten Flugplatz 45 Vogelarten, dazu kommen noch Durchzügler und Fressgäste. Insgesamt sind derzeit 90 verschiedene Vogelarten zu beobachten. Darunter auch etwa 15 stark gefährdete und sehr seltene Arten. Vor allem die Überschwemmungsflächen werden während der Zugzeiten als Rastgebiet genutzt. Dann finden sich hier z. B. Bruchwasser- und Flussuferläufer oder Zwergschnepfen. Auf den noch erhaltenen, gut 500 Metern Landebahn lernen heute Kinder das Radfahren, üben die Größeren das Rollerskaten, steigen im Herbst die Drachen. Der alte Tower dient als Wahrzeichen und Namensgeber eines Cafés und LandschaftsLotsen weisen in die Kunst des rücksichtsvollen Miteinanders von Mensch und Natur ein. Jedes Jahr bleiben allerdings auch einige zuvor beobachtete Arten aus. Dazu gehören etwa der heute selten gewordene Kiebitz, die Feldlerche, der Flussregenpfeifer oder der Neuntöter. Für sie ist der beliebte Freizeitort zu überfüllt, oder die Dynamik des steten Wachsens und Wandels am Alten Flugplatz hat ihnen ihren Lebensraum inzwischen „verbaut“. Denn die Natur am Alten Flugplatz entwickelt sich stetig auf ein Ziel zu: den AuenUrwald. Die Nachfahren der Saurier 4 5 Was macht einen Vogel aus? „Alle Vögel fliegen hoch!“ Alle? Durchaus nicht. Einige von ihnen haben das Fliegen verlernt und sind dafür, wie der Strauß, mit bis zu 70 Stundenkilometer ganz schön flott zu Fuß unterwegs. Und auch Fledermäuse und Insekten können fliegen. Auf jeden Fall stimmt, dass alle Vögel Eier legen, zwei Beine und einen Schnabel haben. Doch damit stehen sie im Tierreich nicht alleine. Wirklich einzigartig dagegen sind ihre Federn. Die kann außer ihnen nur noch ihr Saurier-Vorfahre Archaeopteryx vorweisen. Federn – vom Tarnkleid zum Tanzkleid Federn schützen vor Hitze und Kälte, geben ein wundervolles „Tanzkleid“ ab und können als „Tarnkleid“ nahezu unsichtbar machen. Vor allem helfen sie jedoch beim Fliegen. Dabei nutzen sich die Federn allerdings stark ab. Je nach Typ mausern sich Vögel deshalb ein- bis zweimal im Jahr, d. h., sie wechseln ihr Gefieder. Gesang – „Komm her, geh weg!“ So mühelos, bisweilen selbstvergessen es auch klingen mag, all dieses Flöten, Trillern und Zwitschern im Frühjahr – in der Regel von den Männchen – ist harte Arbeit. Es dient der Fortpflanzung und Reviermarkierung. Die Weibchen lockt es mit verführerischem „Komm her!“, die Rivalen warnt es deutlich mit „Geh weg!“. Je variantenreicher und raffinierter das Lied, desto wirksamer ist es – in beide Richtungen. Warnrufe und Kontaktrufe der Vögel sind das ganze Jahr über zu hören, auch von den Weibchen. Dabei hat die Amsel zum Beispiel unterschiedliche Warnrufe für Bodenfeinde wie Katzen oder Flugfeinde wie Sperber. Eier – Überbleibsel der Saurier Woher Vögel kommen, verraten uns ihre Beine. Denn ihre Hornschuppen erinnern eindeutig an ihre Vorfahren, die riesigen Echsen aus dem Erdmittelalter. Auch, dass Vögel Eier legen, ist ein Überbleibsel ihrer Reptilvergangenheit. Vogelzug – das jährliche Wunder Die Idee, Vögel zu beringen, brachte zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Vogelzug-Forschung in Schwung. Heutzutage versucht die Wissenschaft, mit Sendern und Weltraumtechnologie die letzten Rätsel dieses wiederkehrenden Kommens und Gehens zu lüften. Wie z.B. funktioniert die innere Uhr der Vögel und warum etwa können sie auch noch sehr weit entfernten Sturmtiefs ausweichen? Das ganze Jahr hier zu Hause 6 7 Die „Hausherren“ am Alten Flugplatz Mit Brachflächen, seinen Wiesen und dem beginnenden Wald sowie den Überschwemmungsflächen und dem Teich bietet der Alte Flugplatz vielen Vögeln ein neues Zuhause. Von den 45 Arten, die auf dem Gelände brüten, lebt ungefähr die Hälfte das ganze Jahr hier. Einige von ihnen sind so genannte Kulturfolger: Wo Menschen sind, sind sie auch. Das gilt vor allem für den HAUSSPERLING. Er brütet in Gruppen im Efeu an der Vorderseite des Verwaltungsgebäudes. Sein typisches Tschilpen ist dort deutlich zu hören. Seine Vorliebe für Staubbäder, um die Parasiten im Gefieder los zu werden, hat ihm übrigens den Spitznamen „Dreckspatz“ eingebracht. Auch die STOCKENTE scheut die Nähe von Menschen nicht. Ihren Namen hat sie bekommen, weil sie gerne auf Weidenbäumen brütet, die regelmäßig zurück geschnitten, also „auf den Stock“ gesetzt werden. Im Mittelalter wurde aus ihr unsere Hausente gezüchtet. Nun treffen sich zahme Haus- und wilde Stockente oftmals auf denselben Teichen und Bächen. Das Ergebnis: eine fortpflanzungsfähige Mischung aus beiden. Ganz unverwechselbar ist der Gesang des GOLDAMMERMäNNCHENS: Das metallisch klingende, lang gezogene „zizizizizizizii-düh“ wird gern übersetzt mit „Wie wie wie hab ich dich liiieeeeb!“. Wie lange die Pause vor dem „liiieeeb“ ist, verrät übrigens das Alter des Vogels – je länger, desto älter. Einem angelockten Weibchen werden schließlich Grashalme präsentiert. Das soll zum gemeinsamen Nestbau anregen. Obwohl immer hier, sind die WASSERRALLEN selten zu sehen. Sie sind Meister im Verstecken. Wenn Sie allerdings nach der Abenddämmerung ein Quieken im Schilf hören, können Sie sicher sein, eine Wasserralle und nicht ein verirrtes Ferkel entdeckt zu haben. Den Luftraum über dem Alten Flugplatz haben neben den Mäusebussarden auch die TURMFALKEN für sich gepachtet. Wenn die Maus auf dem Feld nur wüsste, dass ihr Urin UV-Licht reflektiert und dass Turmfalken dieses sehen können, dann würde sie nie wieder pinkeln. Denn je frischer die Spur, desto blauer erscheinen dem Turmfalken ihre Gänge und Löcher. Selbst wenn die Maus sich also mit ihrem grau-braunen Fell vom Erdboden kaum abhebt – sobald sie lospinkelt, schickt sie dem Falken über ihr eine blaue Leuchtrakete. J A H R E S V ö G E L : Amsel • Blaumeise • Bleßralle Bluthänfling • Buchfink • Feldsperling • Goldammer Grünling • Grünspecht • Haussperling • Heckenbraunelle • Kohlmeise • Mäusebussard Rabenkrähe • Ringeltaube • Rotkehlchen Singdrossel • Stockente • Teichralle Turmfalke • Wasserralle • Wacholderdrossel • Zwergtaucher Turmfalke Und es wird Sommer … 8 9 Zugvögel, die hier brüten Der erste Kuckuck, die erste Nachtigall … jedes Frühjahr aufs Neue löst die Ankunft der Zugvögel Entzücken aus. Ihr Gesang ist das Versprechen des Sommers. Auch am Alten Flugplatz findet sich jedes Jahr eine illustre Sommergesellschaft ein. Ab August bis Oktober machen sich die Sommervögel dann wieder auf in Richtung Süden. Bis zum nächsten Frühling. Als erste aus ihren Winterquartieren kommen im März Bachstelze, Hausrotschwanz, Zilpzalp und die R O H R AMMER, die mit ihrem stotterig, kratzend klappernden Tschilpen die Redewendung „schimpfen wie ein Rohrspatz“ geprägt hat. BACHSTELZEN sind gut an ihrem wippenden, langen Schwanz und ihrem hektischen Tippeln zu erkennen. Wehe, wenn Sperber Rohrammer oder Krähen ihren Nestern in den Gebäudenischen zu nahe kommen. Dann werden sie von mehreren Brutnachbarn gemeinsam mit heftigem Zwitschern verfolgt. Als nächste im Jahr folgen die Grasmücken: Mönchs-, Klapper-, Dorn- und Gartengrasmücke. Wenn Sie plötzlich meinen, jemand rufe Ihnen ein hektisches und etwas raues „He, he – Sie da – geh’n Sie mal weg da!“ nach, ist das übrigens kein LandschaftsLotse, sondern das Männchen der DORN GRASMÜC KE. Dorngrasmücke Der KUCKUCK lässt sich mit dem Zurückkommen etwas mehr Zeit. Er erscheint erst ab Mitte April. Mit gutem Grund, schließlich braucht er als „Brutparasit“ bereits vorbereitete Nester. Das Weibchen legt bis zu 20 Eier – jedes Grauschnäpper mit jungem Kuckuck in ein fremdes Gelege. Dafür hat es nur wenige Sekunden Zeit. Oftmals lenkt das Männchen sogar die Wirtseltern ab. Sogar vom winzigen Zaunkönig lässt der etwa taubengroße Kuckuck seinen Nachwuchs aufziehen. Kaum ist dieser geschlüpft, schiebt er die anderen Eier oder Jungvögel aus dem Nest. Zum Überleben braucht er eben alle Nahrung für sich. Ab April ist auch die berühmteste aller „Haltet Abstand, hier ist mein Revier“-Ansagen wieder aus den Gehölzen zu hören: Zwar lassen sich auch Amsel und Rotkehlchen einiges an Wohlklang einfallen, doch den Gesang der NACHTIGALL empfinden wir als besonders schmelzend und herzerwärmend. Zur höchsten Vollendung brauchen NachtigallenJünglinge allerdings einen Tutor – ein Männchen, das sich ihrer annimmt und ihnen persönlich etwas vorsingt. Und zwar schon ab dem zehnten Lebenstag. S O M M E R V ö G E L : Bachstelze • Dorngrasmücke • Feldlerche Feldschwirl • Fitis • Gartengrasmücke • Gartenrotschwanz Girlitz • Hausrotschwanz Klappergrasmücke Kuckuck • Mönchsgrasmücke Nachtigall • Neuntöter Rohrammer • Sumpfrohrsänger Teichrohrsänger Tüpfelsumpfhuhn • Zaunkönig Zilpzalp Bachstelze Laufpublikum 10 11 Futtergäste aus der Umgebung Am Alten Flugplatz schauen immer wieder auch Vögel vorbei, die nicht hier brüten und nicht hier rasten, sondern einfach nur mal für einen kleinen Happen zwischendurch vorbeischauen. Kein Stammpublikum also, eher Laufpublikum aus der Umgebung, das sich vom Nahrungsangebot verführen lässt. Einer dieser Besucher ist ein wahrer Sympathieträger: Der WEISSSTORCH. Obwohl es an Fröschen und Kröten nicht mangelt, verhält er sich bislang zögerlich, wenn es ums Brüten geht. Dabei brütete der letzte Frankfurter Storch 1968 in Bonames. Um ihn wieder zum Stammgast zu machen, hat ihm der NABU eine Plattform aufgestellt. Sollten die Störche diesen Platz annehmen, dann kämen sie jedes Jahr wieder. Ihre sprichwörtliche Treue bezieht sich übrigens nur auf den Nistplatz, nicht auf den Partner. Und so kommt es zwischen dem Vorbesitzer und dem „Neuen“ der einstigen Gattin oftmals zu heftigen Kämpfen – nicht um das Weibchen, sondern um das Nest. In der Region vermehren sich die Störche dank intensiver Schutzmaßnahmen inzwischen wieder. Die NILGäNSE, die regelmäßig vorbeikommen, bevorzugen pflanzliche Nahrung. Sie äsen gern auf Weideflächen oder abgeernteten Getreidefeldern. Ursprünglich ein Brutvogel des afrikanischen Kontinents, siedeln sie seit Ende der 1980er Jahre auch in Deutschland. Nilgänse waren bereits bei den alten ägyptern, Griechen und Römern als Parkvögel beliebt. Nach Westeuropa gelangten sie im 17. und 18. Jahrhundert, wo sie anfangs in Parks, Menagerien und in Zoos gehalten und gezüchtet wurden. Einige konnten entkommen und eine „wilde“ Population gründen. Ein vielstimmiges, schrilles „Sriieh, sriieh“ von pfeilschnell dahinjagenden Silhouetten am Himmel – für viele ist das d e r Klang des Sommers. MAUERSEGLER sind Dauerflugkünstler. Sie fressen beim Fliegen, paaren sich beim Fliegen und sie schlafen im Fliegen. Dazu steigen sie in wärmere Luftschichten bis zu 3.000 Meter hoch. Erst zum Brüten, vorwiegend an Gebäuden, bekommen sie wieder Bodenhaftung. Der lateinische Name Apus apus bedeutet übrigens „Der ohne Füße“, denn Mauersegler haben nur sehr kurze Beine. Mit den nach vorne gerichteten Zehen können sie sich aber sehr gut an Häuserwänden festhalten und klettern. Gä S T E AU S D E R U M G E B U N G U N D Ü B E R F L I E G E R : Buntspecht Dohle • Eichelhäher • Eisvogel • Graureiher • Höckerschwan • Kiebitz Kormoran • Kranich • Mauersegler • Nilgans • Rotmilan • Schwanzmeise Sperber • Star • Stieglitz • Straßentaube • Uferschwalbe • Weißstorch Stopover Bonames 12 13 Durchziehende Vögel und Wintergäste Für die so genannten Durchzügler ist der Alte Flugplatz z war kein geeigneter Lebensraum, wohl aber ein gutes P lätzchen, um auszuruhen und Nahrung zu suchen. Auf d em Zug von Nordosten nach Südwesten ist der Alte F lugplatz für den „internationalen Durchgangsverkehr“ ein wertvoller Rastplatz geworden. Vor allem die feuchten G ebiete mit ihren vielen Insekten – eine Kostbarkeit in einem Stadtgebiet wie Frankfurt – locken viele Vögel an. Die Schlamm- und Überschwemmungsflächen auf dem Alten Flugplatz sind ideal für Schnepfenvögel, die regelmäßig von April bis Mai und von Juli bis September hier durchziehen. Neben dem seltenen BRUC HWASSERL äUFER ist dann auch die BEKASSINE zu sehen. Doch es gehört sehr viel Glück dazu, um sie dabei zu beobachten, wie sie mit ihrem langen dünnen Schnabel im feuchten Boden nach Schnecken, Würmern und Insektenlarven stochert. Ihr Bestand in Hessen ist vom Erlöschen bedroht. Wer einmal ihr typisches Meckern gehört hat, weiß übrigens, warum sie auch „Himmelsziege“ genannt wird. Erzeugt wird das ab- und anschwellende Meckern mit den beiden äußersten Schwanzfedern während eines bestimmten Flugmanövers über ihrem Revier. Bruchwasserläufer Am Rand von Gewässern hält sich auch die BEUTELMEISE gerne auf. Sie überwintert im nordwestlichen Mittelmeergebiet und brütet im Auenverbund Wetterau, in den Rheinauen und in Nordhessen. Schade, dass sie hier nur ab und zu zwischenlandet und nicht brütet, denn ihre Hängenester sind für unsere Vogelwelt einmalig. Sie hängen meist frei an äußeren Zweigen und bestehen aus Tierwolle, Samenhaaren von Pappeln oder Weiden und Bastfasern. Das Ganze ist so stabil mit Speichel verklebt, dass die Nester früher am Neusiedler See und in Polen von Bauernkindern als Pantoffeln getragen wurden. Auch der S TEINSC HMäTZER gehört zu den seltenen Vogelarten in Deutschland. Derzeit gibt es in Hessen nur noch zwischen 30 und 50 Brutpaare. An seinem weißen Bürzel und der schwarzen „Zorromaske“ um die Augen ist er gut zu erkennen. Die Hoffnung, dass er in Bonames einen Brutplatz finde, hat sich nicht erfüllt. War das karge Schollenfeld mit den aufgeschichteten Betonplatten vor einigen Jahren noch ein geeigneter Lebensraum, so gibt es hier inzwischen für seinen Geschmack zu viel Vegetation. D U R C H Z Ü G L E R U N D W I N T E R G ä S T E : Baumpieper • Bekassine Bergpieper • Beutelmeise • Brachpieper • Braunkehlchen • Bruchwasserläufer • Flussregenpfeifer • Flussuferläufer • Grünschenkel • Heidelerche Knäkente • Krickente • Mehlschwalbe • Misteldrossel • Purpurreiher Rauchschwalbe • Silberreiher • Steinschmätzer • Waldwasserläufer Schafstelze • Wiesenpieper • Zwergschnepfe Beutelmeise Gefährdet und sehr selten 14 15 Die Kostbarkeiten am Alten Flugplatz Der wahre Schatz auf dem Alten Flugplatz sind die feuch- ten Gebiete, das Röhricht und die offenen Wasserflächen. Zufällig durch einen verstopften Teichabfluss entstanden und dann auf Initiative der Naturschützer beibehalten, sind dies im Frankfurter Stadtgebiet kostbare Naturräume für Amphibien und Vögel geworden. Ohne dieses Wasser wäre die Artenvielfalt hier längst nicht so ausgeprägt. Der EISVOGEL brütet hier zwar nicht, ist aber ein häufiger Futtergast am hinteren Teich. Sein blauschillerndes Gefieder macht den „fliegenden Edelstein“ schon optisch zu einer kleinen Kostbarkeit. Die Bestände der Eisvögel gingen in den vergangenen zwei Jahren durch die extrem kalten Winter bis auf 20 Prozent zurück. Solche Einbußen kann der Symbolvogel für saubere, naturnahe Gewässer jedoch mit rasch aufeinander folgenden Schachtelbruten ausgleichen. Während das Männchen noch füttert, brütet das Weibchen bereits auf dem zweiten oder gar dritten Gelege. Der Eisvogel brütet in ein Meter langen Brutröhren, die einen Durchmesser von bis zu sechs Zentimeter haben und in die Uferböschungen eingegraben werden. Das TÜPFELSUMPFHUHN wurde 2009 zum ersten Mal hier gesichtet und müsste eigentlich Tüpfelralle heißen. Denn mit Hühnern ist es nicht verwandt. Wem es denn einmal gelingt, den in den „Sümpfen“ des Alten Flugplatzes versteckten Vogel zu entdecken, kann auch die namensgebenden weißen Pünktchen erkennen. Meist schleicht das etwa drosselgroße Tüpfelsumpfhuhn jedoch unbemerkt, still und „mäuseähnlich“ durch das Schilf. Während sein Verwandter, der Graureiher, das ganze Jahr hier anzutreffen ist, sind der PURPURREIHER und der noch seltenere N AC HTREIHER, der erst in der Dämmerung aktiv wird, absolute Ausnahmeerscheinungen hier. Der scheue Purpurreiher ist etwas kleiner und schlanker als der Graureiher, hat eine schwarze Kopfplatte und einen braunen Hals mit schwarzen Längsstreifen. Beim Flug kann man ihn gut an seinen langen Zehen und dem durchhängenden Hals erkennen. Etwa 200 Gramm Fisch und Kleingetier ist der Tagesbedarf des Purpurreihers. Die jagt er in der Sumpfvegetation und im Schilf. S E H R S E L T E N E A R T E N : Bekassine Brachpieper • Braunkehlchen • Eisvogel Flussregenpfeifer • Kiebitz • Knäkente Nachtreiher • Purpurreiher • Steinschmätzer Tüpfelsumpfhuhn • Zwergschnepfe Zwergtaucher Purpurreiher Vögel am Alten Flugplatz 16 17 Arten-Inventar (2004 – 2009) Seit 2004 dokumentiert die Arbeitsgruppe Biotopkartierung des Forschungsinstituts Senckenberg, wie Pflanzen und Tiere die Schutt- und Schollenfelder wieder besiedeln. Die wissenschaftliche Begleituntersuchung im Auftrag des Umweltamtes der Stadt Frankfurt am Main ist auf zehn Jahre angelegt. Jahresvögel Sommervögel Durchzügler und Wintergäste Gäste aus der Umgebung sehr Seltene Arten BNG RLD b b b s b b b b b s s b b b s b b b b b b b s s b b b b b b b s b s b b b s b b b V 1 V 3 1 1 RLH 3 1 3 V 1 1 V 3 3 V V V 2 1 1 3 V 3 V V 1 V 2 1 V 1 2 Deutscher Name Wissenschaftlicher Name Amsel Bachstelze Baumpieper Bekassine Beutelmeise Bergpieper Blaumeise Bleßralle Bluthänfling Braunkehlchen Brachpieper Bruchwasserläufer Buchfink Buntspecht Dohle Dorngrasmücke Eisvogel Eichelhäher Elster Fasan Feldlerche Feldschwirl Feldsperling Fitis Flussregenpfeifer Flussuferläufer Gartengrasmücke Gartenrotschwanz Girlitz Goldammer Graureiher Grünling Grünschenkel Grünspecht Hausrotschwanz Heidelerche Haussperling Heckenbraunelle Höckerschwan Kiebitz Klappergrasmücke Knäkente Kohlmeise Turdus merula Motacilla alba Anthus trivialis Gallinago gallinago Remiz pendulinus Anthus spinoletta Parus caeruleus Fulica atra Carduelis cannabina Saxicola rubetra Anthus campestris Tringa glareola Fringilla coelebs Dendrocopos major Corvus monedula Sylvia communis Alcedo atthis Garrulus glandarius Pica pica Phasianus colchicus Alauda arvensis Locustella naevia Passer montanus Phylloscopus trochilus Charadrius dubius Tringa hypoleuca Sylvia borin Phoenicurus phoenicuruc Serinus serinus Emberiza citrinella Ardea cinerea Carduelis chloris Tringa nebularia Picus viridis Phoenicurus ochruros Lullula arborea Passer domesticus Prunella modularis Cygnus olor Vanellus vanellus Sylvia curruca Anas querquedula Parus major beobachtet am Die Vogelwelt erfasst Dipl. Biologe Andreas Malten vom Forschungsinstitut Senckenberg. Unterstützt wird er von Ingolf Grabow, dem Gebietsexperten des Naturschutzbundes Deutschland. BNG = Schutz nach Bundesnaturschutzgesetz (b = besonders geschützt, s = streng geschützt); RLD = Rote Liste Deutschland; RLH = Rote Liste Hessen (1 = vom Erlöschen bedroht, 2 = stark gefährdet, 3 = gefährdet, V = Vorwarnliste) b s b b b s b b b b s b s b b b b b s s b b b s b b b b b s b s s s s b b b b b b s b 3 3 V 1 V V V 3 1 0 R 0 V 3 3 1 1 V 3 V V V 1 1 3 0 3 3 2 3 V 3 Kormoran Kranich Krickente Kuckuck Mauersegler Mäusebussard Mehlschwalbe Misteldrossel Mönchsgrasmücke Nachtigall Nachtreiher Nilgans Purpurreiher Rabenkrähe Rauchschwalbe Ringeltaube Rohrammer Rotkehlchen Rotmilan Silberreiher Wiesen-Schafstelze Schwanzmeise Singdrossel Sperber Star Steinschmätzer Stieglitz Stockente Straßentaube Sumpfrohrsänger Teichralle Teichrohrsänger Turmfalke Tüpfelsumpfhuhn Uferschwalbe Waldwasserläufer Wasserralle Weißstorch Wiesenpieper Wacholderdrossel Zaunkönig Zilpzalp Zwergschnepfe Zwergtaucher Phalocrocorax carbo Grus grus Anas crecca Cuculus canorus Apus apus Buteo buteo Delichon urbica Turdus viscivorus Sylvia atricapilla Luscinia megarhynchos Nycticorax nycticorax Alopochen aegyptiacus Ardea purpurea Corvus corone corone Hirundo rustica Columba palumbus Emberiza schoeniclus Erithacus rubecula Milvus milvus Ardea alba Motacilla flava Aegithalos caudatus Turdus philomelos Accipiter nisus Sturnus vulgaris Oenanthe oenanthe Carduelis carduelis Anas platyrhynchos Columba livia f. domest. Acrocephalus palustris Gallinula chloropus Acrocephalus scirp. Falco tinnunculus Porzana porzana Riparia riparia Tringa ochropus Rallus aquaticus Ciconia ciconia* Anthus pratensis Turdus pilaris Troglodytes troglodytes Phylloscopus collybita Lymnocryptes minimus Tachybaptus ruficollis „Nicht beim Brüten und Rasten stören!“ 18 Übung und Geduld 19 Richtig verhalten am Alten Flugplatz Tipps zum Beobachten von Vögeln Brüten in Hundeschnauzen-Höhe Boden-, Wiesen- und Wasserbrüter haben eines gemeinsam: Ob in den Brach- und Gebüschflächen wie der Fitis oder im schwimmenden Nest wie der Zwergtaucher – sie alle brüten in Hundeschnauzen-Höhe. Aufgeschreckt von stöbernden Hundeschnauzen oder unvorsichtigen Spaziergängern geben die Vögel im schlimmsten Fall ihre Nester mit den Küken auf, verlassen das Gebiet. Ein Bestimmungsbuch, ein Fernglas mit mindestens siebenfacher Vergrößerung (z.B.: 7x50, 8x42) und viel Zeit – mehr braucht es nicht, um die Vogelvielfalt am Alten Flugplatz zu entdecken. Viel Gesang und wenig Störungen gibt es in den frühen Morgenstunden. Am besten ist es übrigens, sich ein schönes Plätzchen auszusuchen, dort eine Weile zu bleiben und sich dabei ruhig zu verhalten. Vom Kinderdrachen zum Greifvogel Das plötzliche Erscheinen von großen Flügeln nehmen Brutvögel wie die Silhouette eines Greifvogels wahr, der Jagd auf sie macht. Sie fliehen erschreckt und lassen ihr Gelege zurück. Schreckhafte Kurzzeitgäste Im Gegensatz zu heimischen Vögeln ist es dabei gerade für die Durchzügler als Kurzzeitgäste besonders schwer, sich an bestimmte Gegebenheiten wie Flugdrachen, neugierige Menschen oder Hunde zu gewöhnen. Bei unvorsichtigem Verhalten sind sie sehr schnell zu vertreiben, mit der Folge, dass sie oft nicht genügend Zeit hatten, um ausreichend Kraft zu tanken für den Weiterflug. Da die Vögel im Frühjahr viel eher zu hören als zu sehen sind, lohnt es sich, das Gehör zu schulen. Dabei helfen Vogelstimmen-CDs. Auch zuhause bei der Vorbereitung gilt übrigens: Geduld haben, und immer wieder wiederholen. Vogelstimmen zu erkennen und zu unterscheiden, braucht beständige Übung. Zuhause und vor allem vor Ort. Die Führungen der LandschaftsLotsen, des Naturschutzbund Deutschland (NABU), der Staatlichen Vogelschutzwarte Frankfurt, des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) oder der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON) helfen dabei. LINK-TIPPS: www.frankfurt/Pflanzenundtiere.de (geschützte und seltene Arten) www.nabu-frankfurt.de www.bund-frankfurt.de www.ornithologie.net www.birdnet-cms.de www.hgon-birdnet.de www.vogelkunde-untermain.de www.vsw-ffm.de www.DDA-web.de www.ornitho.de www.flora-frankfurt.de Nachtigall Haussperling Luftbild mit Beobachtungsorten 21 Ringeltaube Elster Sumpfrohrsänger Turmfalke Hausrotschwanz Teichhuhn Flussregenpfeifer Stockente Fitis Teichhrohrsänger Teichhuhn Wasserralle Stockente Tüpfelsumpfhuhn Blässhuhn Teichhuhn Bekassine Ringeltaube Zwergtaucher Stockente Graureiher Ringeltaube Rohrammer Schwanzmeise Eisvogel Mäusebussard Zilpzalp Goldammer Dorngrasmücke Zaunkönig Sumpfrohrsänger Heckenbraunelle Nachtigall Bachstelze Haussperling Zilpzalp Wiesenpieper Feldschwirl Goldammer Braunkehlchen Stockente Rohrammer Wasserralle Teichhuhn Eisvogel Nilgans Kormoran Nachtigall Landschaftsschutzgebiet Alter Flugplatz Grundsätzlich nicht erlaubt sind daher: Während der Brutzeit (15. März bis 15. Juli) gilt: Das ganze Jahr aus Rücksicht selbstverständlich: Auf dem Alten Flugplatz dürfen sich Menschen erholen. Doch das Gelände ist wie der gesamte Frankfurter GrünGürtel ein Landschaftsschutzgebiet. Das heißt, Tiere, Pflanzen und Landschaft werden geschützt, vor allem wildlebende Tiere dürfen nicht gestört werden. • Autos, Motorräder, Pocketbikes und Quads • Modellflugzeuge mit Benzin- oder Elektromotor • Offenes Feuer und Grillen. Das ist jedoch gleich nebenan im Nordpark erlaubt. Dort gibt es auch Grillplätze. • Das Mitnehmen von Kröten, Fröschen und deren Laich • Bitte auf den Wegen bleiben. Hund und Mensch sollten auf keinen Fall in den Wiesen herumstöbern, vor allem nicht in der Feuchtwiese und in den Schollenfeldern. • Hunde bitte anleinen. • Drachen dürfen in dieser Zeit nicht starten. Außerhalb der Brutzeit ist der Luftraum für Drachen wieder frei: Im Towercafé kann man sie sogar ausleihen. • Im Restaurantbereich Hunde an die Leine nehmen. • Hundekot einsammeln und in Abfalleimern entsorgen. Tütenautomaten gibt es auf dem Gelände. Die LandschaftsLotsen 22 23 Vermitteln zwischen Freizeit und Naturschutz Lotsen gehören zu einem Flugplatz. Früher waren es hier die amerikanischen Fluglotsen, die für die Sicherheit der Hubschrauber und Kleinflugzeuge sorgten. Heute kümmern sich die LandschaftsLotsen am Alten Flugplatz darum, dass Mensch und Natur hier gleichermaßen „landen und durchstarten“ können. Denn mit der Sehnsucht nach ursprünglicher Natur (zer-)stört der Mensch meist unbewusst und ohne Absicht gerade das, was er sich wünscht. Um eine naturverträgliche Freizeitnutzung zu ermöglichen, startete daher das Umweltamt der Stadt Frankfurt am Main in Kooperation mit der Naturschule Hessen gGmbH und mit Unterstützung der Regionalpark RheinMain Taunushang GmbH das Projekt „Von Wegen und Möglichkeiten“. Mit Gesprächen statt mit Verbotsschildern wollen die Teams der LandschaftsLotsen aufklären und sensibel machen für die Gefahren, die in unbedachter Naturbegeisterung liegen. Dazu sprechen sie die Besucher und Besucherinnen an und geben Hinweise für einen bewussten, rücksichtsvollen Umgang mit den Tieren und Pflanzen des Alten Flugplatzes. Regelmäßige Vogel-Führungen Als Bindeglied zwischen Naturschutz und Freizeitbedürfnissen bieten die LandschaftsLotsen Informationen, Führungen und Aktionen an. Wer mehr über die Vogelwelt am Alten Flugplatz erfahren und Vogelstimmen erkennen will, kann z. B. ab April bis Ende Mai an einstündigen Führungen teilnehmen. Frankfurter Vogeltag Einmal in jedem Sommer findet am Alten Flugplatz der Frankfurter Vogeltag statt: Mit Aktionen für große und kleine Vogelfans, Vorträgen und Führungen. Termine lassen sich bei den LandschaftsLotsen erfragen. Etwas Interessantes beobachtet? Sie haben einen besonderen Vogel auf dem Alten Flugplatz beobachtet? Etwas Interessantes entdeckt? Dann kommen Sie zu uns. Die LandschaftsLotsen nehmen Hinweise gerne entgegen. Diese werden dann an die Fachleute des Senckenberg Forschungsinstituts weitergegeben. Mit ihren Beobachtungen helfen Sie also bei der Kartierung des Geländes. Mehr im … Lotsenlogbuch Das Lotsenlogbuch unter www.landschaftslotse.de informiert Sie immer über die aktuelle Vogel- und Amphibienwelt am Alten Flugplatz. Graureiher Die LandschaftsLotsen sind für Sie da: März bis September immer donnerstags: 13 bis 19 Uhr und samstags, sonntags: 11 bis 19 Uhr Lotsen-Stand am Alten Flugplatz [email protected] Echte Rarität? Der kurioseste Vogel auf dem Alten Flugplatz ist eindeutig der nordamerikanische Weißkopfseeadler, das Wappentier der USA. Zu finden ist er auf dem grünen Naturschutzschild am Eingang zum Schollenfeld. Zum Symbol für den deutschen Naturschutz wurde er ungewollt in den 1950er Jahren: Eine Grafikerin hatte für die Gestaltung der erstmals eingeführten Schilder eine Bildvorlage gesucht und war im Archiv einer amerikanischen Naturschutzorganisation fündig geworden. Der Fehler blieb unbemerkt und so landete „der Amerikaner“ auf Tausenden von Schildern. Seit der Wiedervereinigung ist auf neuen Naturschutzschildern übrigens die Eule als offizielles Logo zu finden. ADRESSE Alter Flugplatz Am Burghof 55 60437 Frankfurt am Main, Bonames/Kalbach AUSKUNFT Umwelttelefon 069/212-39100 Hotline Grünflächenamt: 069/212-30269 e-mail: [email protected] www.gruenguertel.de www.landschaftslotse.de IMPRESSUM Entstanden in Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut Senckenberg, der Naturschule Hessen, der Unteren Naturschutzbehörde sowie dem Naturschutzbund Deutschland (NABU) und der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland; Realisation: Ingrid Wentzell; Text: PFIFF-PresseFrauen In FrankFurt; Gestaltung: Moderne Reklame; Fotos: Stefan Cop, Fotonatur: Holger Duty/Sönke Morsch/Gerd Rossen, Andreas Malten, Naturschule Hessen, Okapia, Umweltamt der Stadt Frankfurt am Main, Archiv VSW: Robert Groß, Alfred Limbrunner; Papier: Tauro, hergestellt aus Durchforstungsholz aus dem Frankfurter GrünGürtel Herausgegeberin: Stadt Frankfurt am Main Umweltamt, Projektgruppe GrünGürtel Galvanistraße 28 60486 Frankfurt am Main © Juni 2010