Frankfurt, 8. August 2013 [email protected] Seerosen und Lotosblumen im Palmengarten 1. Überblick Verschiedene Wasserpflanzen, darunter auch zahlreiche Seerosen, erfreuen im Becken rund um das Tropicarium jedes Jahr unsere Besucherinnen und Besucher. Vom Sommer bis zum Herbst zeigen dort tropische Seerosen ihre Blüten in den Farben Rosa, Weiß, Gelb oder Blau. Im Hochsommer öffnen sich auch die rosa Blüten der heiligen Lotosblume. Die meisten unserer Seerosen sowie die Lotosblumen überwintern im Freien; ihre Wurzelstöcke ruhen dann am Grund des Beckens. Es wirkt sich für sie günstig aus, dass das Wasser beheizt wird und im Winter nicht zufriert. Die Wassertemperatur im Freilandbecken sollte im Sommer bei 25 °C liegen. Empfindlicher sind die Riesen-Seerosen (Victoria amazonica und Euryale ferox). Sie sterben im Herbst ab und müssen jedes Jahr neu aus Samen herangezogen werden. Sie werden im Winter oder zeitigen Frühjahr in einem kleinen Becken im Gewächshaus vorkultiviert. Mitte Mai, wenn keine Fröste mehr zu erwarten sind, werden sie im Wasserbecken vor dem Tropicarium ausgepflanzt. Victoria amazonica gedeiht seit 2007 auch sehr prächtig in einem Wasserbecken im Mangrove-Haus des Tropicariums. Da ihre Blätter hier weder ungünstigen Witterungsbedingungen ausgesetzt sind noch von Wasservögeln verletzt werden, werden sie besonders groß. Jedes Jahr ist es eine Herausforderung für die Gärtner, dass die Wasserpflanzen besonders schön aussehen. Dazu gehören regelmäßige Pflege und Düngen der Seerosen, Entfernen von Algen im Sommer sowie die richtige Wassertemperatur. Wenn beispielsweise die Technik nicht mitspielt, leiden die Pflanzen. Die Seerosenbecken sehen von Jahr zu Jahr anders aus, da sich die verschiedenen Seerosen je nach Witterung unterschiedlich entwickeln. Im letzten Jahr wurde das Becken entschlammt und gründlich gereinigt. Ältere, nicht mehr so blühwillige Seerosen wurden entfernt und durch neue prächtige Sorten ersetzt. 2. Nymphaea-Hybriden Verschiedene tropische Seerosen-Hybriden mit weißen, roten oder blauen Blüten bereichern jedes Jahr das Bild der Wasserflächen rund um das Tropicarium. Manche öffnen ihre Blüten am Tag, andere erblühen erst in der Dämmerung. Besonders hübsch ist Nymphaea x daubenyana, eine kleine, fast über das ganze Jahr hinweg blau blühende, tropische Seerose. Sie gedeiht auch gut in kleinen Teichen oder Trögen. Stadt Frankfurt am Main, Palmengarten, Siesmayerstr. 61, 60323 Frankfurt am Main, Haltestellen Westend / Bockenheimer Warte Schreiben vom 08.08.2013 Seite 2 3. Victoria amazonica und V. cruziana - Königliche Seerosen Die Gattung Victoria stammt aus dem tropischen Südamerika und umfasst nur 2 Arten. Von 1827 bis 1845 wurden diese riesigen Seerosen von verschiedenen Wissenschaftlern beschrieben und nach der damaligen englischen Königin VICTORIA benannt. Victoria cruziana, die in Nord-Argentinien und Paraguay heimisch ist, erhielt ihren Namen zu Ehren von General Santa CRUZ, der den Botaniker ORBIGNY auf seinen Forschungsreisen begleitet hat. In ihrer Heimat ist Victoria mehrjährig, in Europa wird sie einjährig gehalten. Victoria-Blätter werden bis 2 m breit, ihr Rand ist nach oben umgeschlagen. Bei V. amazonica ist der Rand höher als bei V. cruziana. Rippen auf der Blattunterseite stabilisieren das Blatt, so dass ein Kleinkind darauf sitzen kann. Unter optimalen Bedingungen wie im Amazonasgebiet reicht die Tragkraft bei gleichmäßiger Verteilung bis 70 kg. Da in unseren Gewächshäusern (genauer im Mangrovehaus des Tropicariums) die Lichtintensität geringer ist als in den Tropen, bilden die Victoria-Seerosen zwar sehr schöne große Blätter aus, die allerdings recht weich sind und nur eine deutlich geringere Last ertragen. Die stabile Konstruktion des Victoria-Blattes war Vorbild für den Londoner Kristallpalast. Im Sommer treiben die Riesen-Seerosen regelmäßig Blüten. Diese öffnen sich an zwei aufeinander folgenden Nächten. In der ersten Nacht sind sie weiß, in der zweiten rosa gefärbt. Vor allem an trüben Tagen sind die schönen Blüten auch noch in den Vormittagsstunden zu bewundern. In der natürlichen Heimat werden Käfer angelockt, die als Bestäuber fungieren. Zur Steigerung der Blütenattraktivität heizen sich die Blüten durch erhöhte Stoffwechselrate um einige Grad Celsius gegenüber der Außentemperatur auf. Die Käfer fressen in den Blüten stärkehaltige Futterkörper. Während des Aufenthaltes in der Blüte werden die Käfer mit Pollen bepudert. 4. Euryale ferox Diese Seerose hat ähnlich große Blätter wie Victoria, allerdings fehlt ihnen der umgeschlagene Rand. Die ganze Pflanze ist zum Schutz vor Fressfeinden dicht bestachelt. Schildkröten mit ihrem festen Panzer machen es sich aber durchaus auf den Blättern bequem. Ihre Blüten sind relativ klein und violett gefärbt. 5. Nelumbo nucifera – Lotosblume Die heilige Lotosblume gilt in den asiatischen Religionen als Symbol der Reinheit. Ungeachtet schlammiger oder verdreckter Umgebung entfalten sich ihre Blätter und Blüten makellos sauber aus dem Schlamm. Ihre Samen werden roh, geröstet, kandiert oder in Form von Popcorn verzehrt. Das dicke, stärkehaltige Rhizom kann roh, in gefriergetrockneter Form als Gemüse gekocht oder eingelegt gegessen werden, sogar die Blüten sind essbar und werden oft als Garnierung an Suppen dargereicht. Aus diesen Gründen wird die Pflanze in Asien großflächig angebaut. In China werden die Samen als Aphrodisiakum gegessen und medizinisch gegen Schlaflosigkeit eingesetzt. Pflanzen sind im Laufe ihres Lebens unterschiedlichen Verschmutzungen ausgesetzt. Stadt Frankfurt am Main, Palmengarten, Siesmayerstr. 61, 60323 Frankfurt am Main, Haltestellen Westend / Bockenheimer Warte Schreiben vom 08.08.2013 Seite 3 Dazu zählen vor allem Verunreinigungen der Luft wie Staub und Ruß. Ihre Blätter werden auch von Substanzen angegriffen, die biologischen Ursprungs sind: z. B. Pilzsporen oder Algen. Dagegen schützen sich Pflanzen mithilfe verschiedener Mechanismen. Manche bilden besonders harte Blätter aus oder produzieren chemische Abwehrstoffe. Lotosblumen bedecken ihre Blätter mit wasserabstoßenden, winzigen Wachskristallen, durch die die Blattoberflächen rau werden. Auf diesen rauen Blättern ist nicht nur die Anhaftung von Wasser an die Oberfläche verringert, sondern auch die von Schmutz. Rollt ein Tropfen über die nur lose aufliegenden Schmutzpartikel hinweg, dann werden sie von Wasser benetzt und haften an der Tropfenoberfläche. Schmutzpartikel werden mitgerissen und vom Blatt entfernt. Die Selbstreinigungskraft kann sehr schön demonstriert werden, indem die Blätter entweder mit Wasser bespritzt oder mit Honig beträufelt werden. Wasser sowie Honig bilden kleine Kugeln, die vom Blatt abrollen. Das Prinzip der Selbstreinigungskaft der Lotosblume macht man sich in der Technik zu Nutze, es gibt diverse Produkte, z. B. Wandfarbe, Dachziegel, Autolacke, Textilien und Fenster. mit sog. „Lotos-Effekt“. Dies hat interessante positive ökologische Folgen: Durch das Einsparen von Schmutz lösenden Substanzen aus Waschmitteln kann die Belastung von Boden und Grundwasser deutlich herabgesetzt werden. Ausführliche Berichte über Seerosen und Lotosblumen im Palmengarten finden Sie in der Zeitschrift „Der Palmengarten, Nr. 66/2 (2002)“. HILKE STEINECKE & DIRK ULLRICH 2002: Seerosen im Palmengarten. – Palmengarten 66 (2): 119-125. PETER SCHUBERT, JUTTA LORENZ & DIRK ULLRICH 2002: Lotosblumen (Nelumbo ADANS.) im heimischen Gartenteich? –Palmengarten 66 (2): 126-135. Bei Rückfragen können Sie sich gerne an Frau Dr. Steinecke oder Frau Just wenden: Dr. Hilke Steinecke Tel.: 069/212-38149 E-Mail: [email protected] Andrea Just Tel.: 069 / 212-70 460 E-Mail: [email protected] Stadt Frankfurt am Main, Palmengarten, Siesmayerstr. 61, 60323 Frankfurt am Main, Haltestellen Westend / Bockenheimer Warte