Das römische Reich

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DasrömischeReich1
ZuderZeit,alsdasNeueTestamentgeschriebenwurde,befandsichdiegesamtezivilisierteWeltmit
Ausnahme der wenig bekannten Königreiche im Fernen Osten unter der Herrschaft Roms. Vom
Atlantischen Ozean im Westen bis zum Euphrat und dem Roten Meer im Osten, und von Rhone,
Donau, Schwarzem Meer und Kaukasus im Norden bis zur Sahara im Süden erstreckte sich ein
einzigesriesigesReichunterderoberstenFührungundpraktischDiktaturdesHerrschers,imNeuen
Testament„Kaiser“(1.Pet.2,17)bzw.„KaiserAugustus“(Lk.2,1)genannt.
RomführteseinenNamennachderwichtigstenStadtinItalien,derursprünglichenSiedlung,vonder
aus der römische Staat wuchs. Nach der Gründung im Jahre 753 v. Chr. war es zuerst ein
Gemeinwesen aus einer Vereinigung kleiner Siedlungen in seiner Nachbarschaft, das von einem
König regiert wurde. Etwa um den Beginn des 5. Jahrhunderts v. Chr. hatte es unter einer
republikanischen Regierungsform eine gewisse solide politische Organisation erreicht. Durch
BündnissemitumgebendenStaatenunddurcheinelangeReihevonKriegengegendieEtruskerim
Norden und gegen andere Stämme im Süden wurde Rom bis um 265 v. Chr. zur Herrin der
italienischenHalbinsel.DieerobertenVölkerwarendurchVerträgeverpflichtet,Friedenzuhalten;
nachundnachwurdensieimrömischenReichabsorbiert.
Währenddernächsten200JahrelagRomineinemgrossenKampfmitKarthago,derHauptseemacht
des westlichen Mittelmeeres. Karthago war ursprünglich eine phönizische Kolonie, doch mit dem
Fall des Mutterlandes unter dem Ansturm Alexanders war die Kolonie gezwungen, unabhängig zu
handeln. Sie folgte den Mustern der Phönizier und wurde zu einer wohlhabenden und mächtigen
Nation. Ihre Schiffe wickelten den Handel auf dem Mittelmeer ab. Ihre Zivilisation war ihrem
Charakternachorientalisch;ihreGesellschaftwareinevoneinerSöldnerarmeegestützteOligarchie,
undsiewurdenachautokratischenRegelnregiert.AlsRomsichausdehnte,gerietesinKonfliktmit
den Vorposten des Karthagerreiches. Abgesehen von der Tatsache, dass die beiden Zivilisationen
einander vom rassischen Ursprung her und in der politischen Theorie fremd waren, gab es nicht
genügendPlatzfürbeideimgleichenTerritorium.Einevonbeidenmusstederanderenunterliegen.
DieKriegezwischenRomundKarthagoendetenimJahre146v.Chr.,alsderrömischeGeneralScipio
Aemilianus die Stadt Karthago eroberte und sie dem Erdboden gleichmachte. Auf diese Weise
sichertesichRomdieHerrschaftüberSpanienundNordafrika.
ZurgleichenZeitwurdeMazedonienzueinerrömischenProvinz,undmitderEinnahmeKorinthsim
gleichenJahr(146v.Chr.)gerietAchajaunterrömischeKontrolle.ImJahr133v.Chr.starbAttalus
III., König von Pergamum, und überlieferte sein Reich den Römern. Hieraus organisierten sie die
Provinz Asien. Die Kriege im östlichen Teil Kleinasiens dauerten fort, bis Pompejus die Eroberung
vonPontusunddemKaukasusbeendethatte.ImJahre63v.Chr.machteerSyrienzurProvinzund
annektierteJudäa.Von58bis57v.Chr.führteCäsarseineberühmtenKriegeinGallien,daszueinem
römischen Land wurde. So wuchs Rom während 500 Jahren fast ununterbrochener Kriege von
einemobskurenDorfandenUferndesTiberzumführendenWeltreich.
Die rasche territoriale Expansion brachte jedoch tiefgreifende Veränderungen im Leben des
römischen Volkes mit sich. Als die militärischen Führer Geschmack an der Macht gewannen,
benutzten sie ihre Armeen nicht nur für Eroberungen in fremden Ländern, sondern auch zur
Durchsetzung ihrer Herrschaft in der Heimat. Das Jahrhundert zwischen der Eroberung Karthagos
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DieWeltdesNeuenTestamentsvonMerrillC.Tenney(VerlagderFrancke-BuchhandlungGMBHMarburg
anderLahn)Seiten21-34.
Offenbarung
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und Griechenlands und dem Tod Cäsars war durch eine beständige Folge von Bürgerkriegen
gekennzeichnet. Marius, Sulla, Cäsar, Antonius und Octavian - sie alle strebten danach, sich zum
HerrnvonRomaufzuschwingen,bisesschliesslichimJahre30v.Chr.OctavianoderAugustus,wie
ervomSenatgenanntwurde,gelang,seineGegnerauszuschaltenundderersteKaiserzuwerden.
AUGUSTUS(27v.Chr.bis14n.Chr.)
UnterseinerRegierungszeitwurdedasrömischeImperiumbzw.dieMachtdeskaiserlichen
Staates gründlich gefestigt. Das kriegsmüde Volk sehnte sich nach Frieden. Augustus wurde der
princeps oder erste Bürger des Landes. Er regierte weise und gut. Politisch war die neue
RegierungsformeinKompromisszwischenderaltenrepublikanischen
Form und der von Julius Cäsar befürworteten Diktatur. Der Senat
bliebalstheoretischregierendeKörperschafterhalten.ImJahre27v.
Chr. übertrug er auf Augustus das Amt des Oberbefehlshabers der
Streitkräfte des Imperiums. 23 v. Chr. wurde ihm die tribunizische
GewaltaufLebenszeitübertragen.DamitbesasserdieKontrolleüber
die Volksversammlungen und wurde zum ständigen Vertreter des
Volkes ernannt. Er erhielt das Privileg, im Senat das erste
Beratungsthema vorzuschlagen, und das Recht, die Versammlungen
einzuberufen. Alle seine Rechte waren mehr auf einer verfassungsmässigenBasisbegründetalsaufwillkürlicherMachtergreifung.
Während der Herrschaft des Augustus wurden viele Reformen
durchgeführt. Der Senat wurde von unwürdigen Mitgliedern
gesäubert. Ein grosser Teil des Heeres wurde demobilisiert, und die
entlassenen Veteranen wurden in den Kolonien oder auf Land, das
Statue von Augustus Gaius Julius
durch Kauf beschafft wurde, angesiedelt. Eine reguläre Berufsarmee
Cäsar Octavianus vor seinen Truppen.
Vatikanisches Museum, Rom.
wurde geschaffen, die zur Schule für die Bürger wurde. Nach ihrem
Ausscheiden erhielten die Veteranen eine Prämie; sie wurden in den
Provinzen in Kolonien angesiedelt, wo sie einen guten Lebensunterhalt erzielen konnten und
gleichzeitigkommunaleFührerwurden,dieRomtreuergebenwaren.
Augustus bemühte sich auch, die Moral des Volkes anzuheben. Er belebte die Staatsreligion von
neuemundliessvieleTempelwiederaufbauen.DerkaiserlicheKult,dieAnbetungRomsalsStaat,
wurde in den Provinzen eingeführt. An vielen Orten wurde der Kaiser selbst als Dominus et Deus
(Herr und Gott) verehrt, obwohl er eine solche Verehrung nicht forderte. Die Julianischen Gesetze
von 19 und 18 v. Chr. versuchten, das Familienleben wieder zu stärken, indem zu Heirat und
ErrichtungvonFamilienermutigtwurde.
UmdasReichimgrossenzukonsolidieren,liessAugustuseineVolkszählungundeineErhebungdes
Eigentums als Grundlage für die Rekrutierung der Armee und für die Besteuerung durchführen.
Spanien, Gallien und die Alpendistrikte wurden unterworfen. Er verstärkte die Verteidigung der
Grenzen, obwohl seine Armeen eine vernichtende Niederlage von Seiten der Germanen im
Teutoburger Wald hinnehmen mussten. Augustus organisierte Polizei und Feuerwehr in Rom und
ernannteeinenInspektorfürdieGetreideversorgung.
Augustus rühmte sich, dass er Rom in Ziegeln vorgefunden und in Marmor hinterlassen habe.
Während der 41 Jahre seiner Verwaltung schuf er Ordnung aus einem Chaos. Er stellte das
Vertrauen in die Regierung wieder her, füllte den Staatsschatz auf, schuf eine leistungsfähige
BehördefüröffentlicheArbeitenundförderteFriedenundWohlstand.
TIBERIUS(14bis37n.Chr.)
Nach dem Tod von Augustus wurde sein Adoptivsohn Tiberius zum Nachfolger gewählt. Das
Imperium bzw. die Macht, die Augustus nach verfassungsmässigen Regeln und für eine begrenzte
Zeit erhalten hatte, wurde Tiberius auf Lebenszeit übertragen. Er war 56 Jahre alt, als er die
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Nachfolgeantrat.DiemeisteZeitseinesLebenshatteerimStaatsdienstverbracht,underwardaher
kein Neuling in Politik. Unseligerweise hatte Augustus darauf bestanden, dass er sich von seiner
Frau, die er liebte, scheiden liess und Augustus’ Tochter Julia heiratete, eine Frau von unverhüllt
lasterhafterLebensweise.DieVerbitterungüberdieseErfahrungvergifteteseinGemütfürimmer.Er
wardistanziert,hochmütig,misstrauischundjähzornig.ObwohlerinseinerPolitikunparteiischund
weise war, erlangte er nie Volkstümlichkeit; allgemein wurde ihm Furcht und Abneigung
entgegengebracht.
Während seiner Regierungszeit erlitten die römischen Armeen Rückschläge
in Germanien mit dem Ergebnis, dass er die Grenze an den Rhein
zurücknahm. Schwierigkeiten im Inneren verdüsterten seine letzten Jahre.
ImJahre26n.Chr.zogersichnachCaprizurückundüberliessdieRegierung
demStadtpräfekten.DieAbwesenheitvonTiberiusgabdemHauptmannder
Prätorianergarde, Aelius Sejanus, Gelegenheit, eine Verschwörung zur
Übernahme des Prinzipats anzuzetteln. Um 31 n. Chr. hatte er seine Pläne
fast vervollständigt, als sie Tiberius zur Kenntnis gelangten. Sejanus wurde
hingerichtetunddieVerschwörungzerschlagen,dochihreAuswirkungenauf
Tiberius waren verheerend. Er wurde noch misstrauischer und grausamer,
und die leisesten Andeutungen über einen Menschen konnten für diesen
Unheil bedeuten. Als er im Jahre 37 n. Chr. starb, konnte der Senat endlich
wiederfreiaufatmen.
Statue von Tiberius Claudius Nero.
Vatikanisches Museum Rom.
CALIGULA(37bis41n.Chr.)
Gaius Caligula, das „Stiefelchen“, wie ihn die Soldaten liebevoll nannten, wurde vom Senat zum
Nachfolger von Tiberius berufen. Zu Beginn seiner Laufbahn war er so beliebt, wie Tiberius
unbeliebt gewesen war. Er amnestierte politische Gefangene, senkte die Steuern, gab öffentliche
UnterhaltungenundmachtesichallgemeinbeidenMassenbeliebt.BaldbegannerjedochZeichen
von Geistesschwäche zu zeigen. Er verlangte, als Gott angebetet zu werden, wodurch er sich die
Juden in seinem Reich entfremdete. Als Herodes Agrippa Alexandria besuchte, beleidigten ihn die
Bürger öffentlich, indem sie Schmähschriften gegen ihn und seine Anhänger verfassten und die
Judenzuzwingenversuchten,dieBildervonGaiusanzubeten.DieJudenwandtensichandenKaiser,
der ihnen nicht nur keine Beachtung schenkte, sondern seinem syrischen Legaten befahl, sein
Standbild im Tempel zu Jerusalem aufzustellen. Der Legat war weise genug, die Aktion
hinauszuzögern,umnichteinenbewaffnetenAufstandzuriskieren,undderTodCaligulasimJahre
41n.Chr.verhinderte,dassdieSachezueinerKrisegelangte.Mancheglauben,dassderHinweisvon
Markus auf das „Gräuelbild der Verwüstung“ (Mk. 13,14) sich auf die angedrohte Errichtung der
KaiserstatueimTempelzuJerusalembezieht.
CaligulasbedenkenloseAusgabenfreudigkeitplündertedenvonAugustusundTiberiussosorgfältig
zusammengetragenen Staatsschatz sehr schnell. Zu seiner Auffüllung griff er zu gewaltsamen
Mitteln: Beschlagnahme von Privateigentum, zwangsweise Vererbung, Geldschneiderei jeder Art.
Seine Tyrannei wurde schliesslich so unerträglich, dass ihn ein Tribun der kaiserlichen Garden
ermordete.
CLAUDIUS(41bis54n.Chr.)
Beim Tod Caligulas erörterte der Senat den Gedanken, die Republik wieder einzuführen, doch die
Frage wurde sehr schnell für ihn entschieden, als die Prätorianergarde Tiberius Claudius
GermanicuszumKaiserwählte.ErhattewährendderRegierungszeitenvonTiberiusundCaligulain
verhältnismässiger Verborgenheit gelebt und an keinerlei politischen Aktivitäten in Rom
teilgenommen. Eine frühe Krankheit, möglicherweise eine Form von Kinderlähmung, hatte ihn so
geschwächt,dassseinöffentlichesAuftretenfastlächerlichwirkte,dennseineschlackerndeGestalt
und sein sabbernder Mund liessen ihn idiotisch aussehen. Er war jedoch nicht geistig behindert,
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denn er war ein guter Gelehrter und erwies sich als fähigerer Herrscher, als seine Zeitgenossen
erwartethatten.
Die rasche Ausdehnung des Reiches erforderte eine neue Art der
Regierung, um leistungsfähig zu sein. Unter Claudius wurde Rom eine
Bürokratie, die von Ausschüssen und Sekretären regiert wurde.
Claudius dehnte das Privileg des Bürgerrechtes auf Bewohner der
Provinzenaus.SeinenGenerälengelanges,inBritannienfestenFusszu
fassen;sieerobertenesbiszurThemseimNorden.WährendseinerZeit
wurde Thrakien beim Tod seines Fürsten, der ein Verbündeter Roms
gewesenwar,zurProvinz.
ClaudiusunternahmeinenentschiedenenVersuch,deraltenrömischen
Religion ihre frühere Bedeutung in der Gesellschaft wieder zu
verschaffen. Er besass eine starke Antipathie gegen fremde Kulte.
Suetoniusberichtet,dassunterClaudiusdieJudenausRomvertrieben
wurden wegen einiger Unruhen, die „auf Anstiftung eines gewissen
Büste von Tiberius Claudius Drusus
Chrestus“ ausgebrochen waren. Es ist nicht sicher, ob Suetonius
Nero Germanicus. Galerie Uffizien, Florenz.
ChrestusanstellevonChristusmissverstandundsichaufeinenTumult
unter den Juden wegen der Verkündigung Jesu als der Christus bezog oder ob Chrestus der
tatsächliche Name irgendeines Aufrührers war. In jedem Fall war der Ausweisungsbefehl
wahrscheinlichderjenige,derdenWeggangvonAquilaundPriscillaausRomzurFolgehatte(Apg.
18,2).
DurchdenEinflusseinesseinerFreigelassenen,Pallas,wurdeClaudiusdazuüberredet,seineNichte
Agrippina zur vierten Frau zu nehmen. Sie war entschlossen, ihrem Sohn aus einer früheren Ehe,
Domitius,dieNachfolgezusichern.DomitiuswurdevonClaudiusunterdemNamenNeroClaudius
Caesar formell adoptiert. Im Jahre 53 n. Chr. heiratete Nero Claudius’ Tochter Octavia. Ein Jahr
späterstarbClaudiusundhinterliessNerodieNachfolgeaufdemkaiserlichenThron.
NERO(54bis68n.Chr.)
DieerstenfünfJahrederRegierungszeitNerosgestaltetensichfriedlichunderfolgreich.MitAfranius
Burrus, dem Präfekten der Prätorianergarde, und L. Annaeus Seneca, dem Philosophen und
Schriftsteller als Berater, lenkte Nero sein Reich recht gut. Agrippina versuchte jedoch, einen
bestimmendenEinflussaufihnauszuüben,denerebensowieseineBeraterablehnte.ImJahre59n.
Chr.liesserseineMutterermordenundübernahmdieRegierungvollineigeneHand.
Nero war seinem Temperament nach eher ein Künstler als ein Manager. Ihm
war mehr an einer Bühnenlaufbahn gelegen als an grossartigen Leistungen in
politischer Administration. Seine Sorglosigkeit und Extravaganz leerten den
Staatsschatz,undebensowieCaligulanahmerseineZufluchtzuUnterdrückung
undGewalt,umihnwiederaufzufüllen.DamitzogersichdenHassdesSenates
zu,dessenMitgliederfürchteten,erkönnejederzeitAuftragzuihrerErmordung
und Einziehung ihres Eigentums geben. Im Jahre 64 brach in Rom ein grosses
Feueraus,daseinengrossenTeilderStadtzerstörte.Nerowurdeverdächtigt,
er habe das Feuer mit Vorbedacht legen lassen, um Platz für sein neues
GoldenesHauszuschaffen,einenprächtigenPalast,deneraufdemEsquilinus
baute.UmdenVorwurfvonsichabzulenken,wurdendieChristenbeschuldigt,
Büste von Nero Claudius
UrsachederKatastrophezusein.IhreZurückhaltungdenHeidengegenüberund
Cäsar Drusus Germanicus.
Vatikan. Museum, Rom.
ihre Reden von der endgültigen Zerstörung der Welt durch Feuer verliehen
dieser Beschuldigung eine gewisse Glaubwürdigkeit. Viele von ihnen wurden
vorGerichtgezerrtundzuTodgefoltert.DieTraditionberichtet,auchPetrusundPaulusseienbei
dieserVerfolgung,dererstenvonStaatswegendurchgeführten,zuTodegekommen.
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EsgibtwenigeHinweisedarauf,wieumfangreichdieseVerfolgungwar.Wahrscheinlichwurdekein
TerritoriumausserhalbvonRomundseinerunmittelbarenUmgebungbetroffen,obgleichauchdie
Provinzendavonbedrohtgewesenseinmögen(vgl.1.Pet.4,12-19).
Inzwischen hatten seine Exzesse Nero zunehmend unbeliebt gemacht. Verschiedene Verschwörungengegenihnwarenfehlgeschlagen;siewurdendurchHinrichtungseinerGegnerunterdrückt.
Schliesslich erwies sich ein Aufstand der Truppen und Provinzbewohner in Gallien und Spanien
erfolgreich. Nero floh aus Rom und wurde auf eigenen Befehl von einem seiner Freigelassenen
getötet,umderGefangennahmezuentgehen.
GALBA(68n.Chr.)
Die Revolte der Legionen hatte gezeigt, dass das Reich in Wirklichkeit von der Armee befehligt
wurde, denn sie konnte ihren Kandidaten nominieren und auf den Thron bringen, ohne den Senat
einzuschalten. Galba, Neros Nachfolger, wurde von den Legionen nicht einmütig gewählt. Als er
LuciusCalpurniusPisozuseinemNachfolgeradoptierte,überredeteOtho,derihneinstunterstützte
inderHoffnung,selbstKaiserzuwerden,diePrätorianergarden,GalbazutötenundihnzumKaiser
zumachen.
OTHO(69n.Chr.)
OthosHerrschaftwarvonkurzerDauer.DerSenatwarmitseinerErnennungeinverstanden,doch
marschierteVitellius,derLegatvonGermanien,mitseinenTruppenaufRom.OthowurdeimKampf
getötet,undVitelliusnahmseineStelleein.
VITELLIUS(69n.Chr.)
VitelliuswurdezwarvomSenatanerkannt,dochgelangesihmnicht,dieSoldatenunterKontrollezu
haltenodereinestabileRegierungherzustellen.DieArmeeimOstengriffindieStaatsaffäreneinund
machteihrenGeneral,Vespasian,zumKaiser.VespasianwarzudieserZeitmitderBelagerungvon
Jerusalembefasst.ErübergabdieseAufgabeseinemSohnTitusundzognachÄgyptenweiter,woer
die Kontrolle über das Land an sich riss und die Nahrungsmittelversorgung Roms abschnitt. Sein
StellvertreterMucianuszognachItalienweiter.TrotzdesentschiedenenWiderstandesderTruppen
vonVitelliusnahmendieAnhängerVespasiansRomeinundplündertenes.Vitelliuswurdegetötet
undVespasianzumHerrscherausgerufen.
VESPASIAN(69bis79n.Chr.)
VespasianwareineinfacheralterSoldat,sparsaminseinenGewohnheiten
und tatkräftig in seiner Administration. Er unterdrückte Aufstände unter
den Batavern und den Galliern, während Titus die Niederwerfung
Jerusalems zu Ende führte. Die Stadt wurde vollständig zerstört und die
Provinz einem Militärlegaten unterstellt. Vespasian stärkte die Grenzen,
indem er abhängige Fürstentümer auf den Status von Provinzen
herabstufte.DurchstrengeSparsamkeitunddieEinführungneuerSteuern
wurde der Staatshaushalt wieder solvent gemacht. Er baute das heute
berühmte Kolosseum. Im Jahre 79 n. Chr. starb Vespasian und hinterliess
das Amt Titus, den er zu seinem Mitregenten gemacht hatte. Er war der
erste der Flavier-Dynastie, zu der auch seine Söhne Titus und Domitian
gehörten.
Büste von Titus Flavius Vespasianus.
TlTUS(79bis81n.Chr.)
Die kurze Dauer der Herrschaft von Titus liess ihm keine Zeit für irgendwelche bemerkenswerten
Taten.TrotzdemwarereinerderbeliebtestenKaiser,dieRomjebesass.DerGlanzderöffentlichen
Unterhaltungen, die er veranstaltete, und seine persönliche Grosszügigkeit entwaffneten die
potentielleFeindschaftdesSenats,derbefürchtete,erkönneeinDiktatorwerdenwieseinVater.
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WährendderRegierungszeitdesTitusereignetesichderfurchtbareUntergang
vonPompejiundHerculaneum,StädteanderBuchtvonNeapel,beimAusbruch
des Vesuvs. Titus setzte einen Ausschuss ein und tat sein Möglichstes, um so
vieleOpferwiemöglichzuretten.EinigeMonatespäterwurdeRomvoneinem
schweren Brand heimgesucht, der das neue Kapitol, den Pantheon und die
Thermen des Agrippa zerstörte. Titus verkaufte sogar einige seiner
persönlichenEinrichtungsgegenstände,umzurLinderungderallgemeinenNot
beizutragen.ErerrichteteneueGebäude,daruntereingrossesAmphitheater.
Büste von Titus Flavius
Sabinus Vespasianus
DOMITIAN(81bis96n.Chr.)
TitusstarbimJahre81n.Chr..ErhinterliesskeinenSohn,undderSenat
übertrug die kaiserliche Macht auf seinen jüngeren Bruder Domitian.
Domitian war ein gründlicher Autokrat. Er versuchte, das moralische
NiveauderrömischenGesellschaftdurchEindämmungderKorruptionauf
der römischen Bühne und durch Kontrolle der öffentlichen Prostitution
anzuheben.DieTempelderälterenGötterwurdenwiederaufgebautund
fremde Religionen unterdrückt, vor allem solche, die versuchten,
MenschenzumÜbertrittzubewegen.EineChristenverfolgungwurdeihm
zugeschrieben, doch fehlen Beweise für irgendeine umfangreiche
GesetzgebungoderAktiongegendieChristeninseinerRegierungszeit.Er
forderteAnbetungfürsichselbstundbestanddarauf,alsDominusetDeus
gepriesenzuwerden.AlsVolkswirtschaftlerwarereinguterManager.Die
geschäftlichen Angelegenheiten des Imperiums wurden von seinen
Untergebenenwirkungsvollgeführt.
Statue von Titus Flavius Domitianus.
Vatikanisches Museum, Rom.
DomitianwarvonNaturaushartundmisstrauischgegenmöglicheRivalen.IhmfehltedieGenialität
seines Bruders Titus, und so machte er sich viele Feinde. Wenn ihre Verschwörungen aufgedeckt
wurden, war er unbarmherzig in seiner Rache. Die letzten Jahre seiner Regierung waren für die
Angehörigen des Senats ein Alptraum, die durch Spione und Spitzel in ständiger Angst gehalten
wurden. Selbst seine eigene Familie fühlte sich nicht sicher, und schliesslich veranlassten sie in
SelbstverteidigungseineErmordung.
NERVA(96bis98n.Chr.)
NervaDomitiansNachfolger,wurdevomSenatausgewählt.ErwareinMannvonfortgeschrittenem
Alter und mildem Verhalten, der vom Senat wahrscheinlich als „sicherer“ Kandidat angesehen
wurde. Seine allgemeine Verwaltung war freundlich und relativ frei von inneren Spannungen. Die
ArmeehatteDomitiansErmordungabgelehnt,denndieFlavierwareninKreisendesMilitärsbeliebt
gewesen.Nervawarjedochgeschicktgenug,TrajanzuseinemNachfolgerzumachen,derinderLage
war,dieTruppeninDisziplinzuhaltenunddieRegierungmitstarkerHandzuführen.
TRAJAN(98bis117n.Chr.)
Nerva starb im Jahre 98 n. Chr. und Trajan folgte ihm auf den Kaiserthron. Er war von Geburt
Spanier,vonBerufSoldat,energischundaggressivinseinemTemperament.ErannektierteDakien
nördlichderDonauundbegannmitderAusdehnungderöstlichenGrenzendurchdieEroberungvon
Armenien,AssyrienundMesopotamien.EinAufstandderJudenimNahenOstenwurdeimJahre115
n. Chr. unterdrückt, doch Unruhen in Afrika, Britannien und an der Donaugrenze forderten seinen
RückrufnachRom.ErstarbunterwegsaufderReisenachderHauptstadtvonKilikienimJahre117
nachChristus.
In dieser Umwelt des sich ausdehnenden Reiches wuchs das Christentum von einer obskuren
jüdischen Sekte zu einer Weltreligion. Jesus wurde während der Regierungszeit von Augustus
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geboren(Lk.2,1);seinöffentlichesWirkenundseinTodgeschahenunterTiberius(3,1);diegrosse
ZeitdersichausbreitendenMissionierungerfolgtewährendderHerrschaftvonClaudius(Apg.18,2)
und Nero (25,11.12). Nach der Tradition wurde die Offenbarung in der Regierungszeit Domitians
geschrieben, und ihre Anspielungen auf kaiserliche Macht und Tyrannei der Herrschenden mögen
diezujenerZeitherrschendenZuständewiderspiegeln.
Es überrascht nicht, dass sich im Neuen Testament nur selten Anspielungen auf zeitgenössische
Ereignisse in der römischen Welt finden. Das nationale Interesse in den Evangelien und einem
grossen Teil der Apostelgeschichte, den wichtigsten historischen Werken, liegt mehr im Judentum
als in Rom. Darüber hinaus richtete sich die Botschaft des Neuen Testamentes eher an das innere
LebenderLeseralsanderenäussereLebensumstände.DieBetonunglagmehraufdergeistlichenals
derpolitischenWelt,mehraufdemEwigenalsdemZeitlichen.AnzahlreichenStellenistdasNeue
Testament jedoch durchaus mit den politischen Gegebenheiten des ersten Jahrhunderts verknüpft,
undseinehistorischeBedeutungmussindiesemZusammenhanginterpretiertwerden.
DieProvinzregierung
Im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten von Amerika, in denen die Bundesbehörde 50
Einzelstaatenvorsteht,dieimallgemeineneinheitlichinRegierungundOrganisationsind,wardas
Römische Reich ein Gemisch aus unabhängigen Städten, Staaten und Territorien, die alle der
Zentralregierungunterstanden.EinigewarendurchfreiwilligesBündnisTeildesReichesgeworden;
andere waren durch Eroberung annektiert worden. Als Rom seine Souveränität über all diese
verbündeten oder unterworfenen Völker ausdehnte, entwickelte sich seine Regierungsmaschinerie
zumrömischenProvinzsystem.
Das Wort provincia, von dem „Provinz“ abgeleitet ist, bedeutete ursprünglich das Amt, Krieg zu
führenodereinenKommandoposten.MitderAnwendungaufdieAutoritäteinesGeneralswurdees
aufdenAmtsbereichundvondaaufdasTerritorium,dasereroberte,ausgedehnt-eswurdeseine
provincia. Nach der Eroberung neuer Gebiete organisierte Rom sie in Provinzen, die Teil eines
allgemeinenimperialenSystemswurden.
RomsErwerbvonProvinzenbegannmitSizilien,dasimerstenPunischenKrieg(264bis241v.Chr.)
den Karthagern abgenommen wurde. Danach verleibte sich Rom Sardinien (237 v. Chr.), zwei
Provinzen in Spanien (197 v. Chr.), Mazedonien (146 v. Chr.) und Afrika (146 v. Chr.) ein. Asien
wurdenichtmitWaffengewalteingenommen,sondernimJahre133v.Chr.demrömischenVolkvon
dessenKönigvermachtundimJahre129v.Chr.alsProvinzorganisiert.GalliaTransalpinaundGallia
Cisalpina wurden 118 v. Chr. hinzugefügt. Kyrene wurde 96 v. Chr. an Rom übereignet, und auch
BithynienwurdeRomimJahr75v.Chr.geschenkt.ImJahre67v.Chr.annektiertePompeiusKilikien
undKreta,und63v.Chr.eroberteerPalästinaundmachteeszurProvinzSyrien.MitAusnahmevon
Italien selbst war der grösste Teil der römischen Welt in Territorien unter Provinzregierung
organisiert.
FürdieseRegierunggabeszweiFormen.Provinzen,dierelativfriedlichundloyalgegenüberRom
waren,wurdenvonProkonsulnregiert(Apg.13,7),diedemrömischenSenatverantwortlichwaren.
UnruhigereProvinzenunterstandenderAutoritätdesKaisers,derdortoftmalsArmeenstationierte.
SiewurdenvonStatthaltern,ProkuratorenundProprätorenregiert,dievomKaiserernanntundihm
direktverantwortlichwaren.ZurerstenGruppegehörteAchaia,woGalliozurZeitdesBesuchesvon
Paulus (Apg. 18,12) Statthalter war. Palästina unterstand zur Zeit Christi dem Kaiser, dessen
BevollmächtigterderProkuratorPontiusPilatuswar(Mt.27,11,übersetzt„Statthalter“).Prokonsuln
erhieltenihrAmtdurchjährlicheErnennung;siewurdenimallgemeinenjedesJahrausgewechselt.
ProkuratorenundProprätorenbliebenimAmt,solangederKaisersieaufeinembestimmtenPosten
wünschte.
Unter dieser Verwaltung genossen die Provinzen eine beträchtliche Freiheit. Die einzelnen
StadtstaatenbesassendieErlaubnisfüreineeigenelokaleSouveränitätundsogardasRecht,Münzen
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zu prägen. Die Römer mischten sich nie in die religiöse Freiheit der unterworfenen Völker ein, so
dass die einheimische Religion üblicherweise an jedem Ort beibehalten wurde. Die römischen
Herrscher nahmen für gewöhnlich den Rat der Provinzräte ihrer Verwaltung an. Offiziere, die die
Unterworfenenausplünderten,musstenmitStrafverfolgungundRückrufrechnen.Estrifftzwarzu,
dass einige Prokonsuln und Prokuratoren sich dem altehrwürdigen Zeitvertreib der Bestechung
hingaben, doch schenkte die Mehrzahl wahrscheinlich den Provinzen mehr an administrativer
WeisheitalssieanGeldherauszog.Strassenwurdengebaut,öffentlicheGebäudeerrichtetundder
HandelzurascherBlütegebracht.
UmdieProvinzenengermitderMutterstadtRomzuvereinigen,wurdenanstrategischenPunktenin
den Provinzen kleine römische Siedlungen angelegt. Allmählich breitete sich die römische
Zivilisation aus, so dass die Provinzen mit der Zeit römischer wurden als Rom selbst. Im 2.
Jahrhundert,alsRomnochGriechischalsHauptsprachebenutzte,warenGallien,SpanienundAfrika
überwiegendlateinisch.
Der Kaiserkult hatte seine grösste Anhängerschaft in den Provinzen. Die Anbetung des römischen
StaatesunddesregierendenKaisersbegannmitAugustus.ErbefahldenBauvonTempelnzuEhren
von Julius Cäsar in Ephesus und Nikäa durch dort lebende römische Bürger, und er gestattete den
Bewohnern des Landes, Schreine zu seinen eigenen Ehren aufzustellen. Der Staatskult wurde von
den lokalen Räten gefördert, welche die Verantwortung für die Lenkung des Provinzkultes
übernahmen.
Apostelgeschichte 19,31 bietet uns eine anschauliche Illustration eines Provinzrates, wo
„angesehene Männer der Provinz Asien“ erwähnt werden. Es handelte sich um Richter, die als
verantwortlicheFührerderProvinzangesehenwurdenunddiemöglicherweisealsHohepriesterdes
Staatskultes dienten. In der Apostelgeschichte erscheinen sie als dem Paulus freundlich gesinnt,
dennsiewarntenihndavor,sichderGewalttätigkeitderMengeimTheaterauszusetzen.
Im Neuen Testament erscheinen folgende römischen Provinzen: Spanien (Röm. 15,24), Gallien (2.
Tim. 4,10; In der Luther-Übersetzung ist an dieser Stelle von Galatien die Rede.), Illyrien (Röm.
15,19), Mazedonien (Apg. 16,9), Achaja (Röm. 15,26), Asien (Apg. 20,4), Pontus (1. Pet. 1,1),
Bithynien (Apg. 16,7). Galatien (Gal. 1,2), Kappadozien (1. Pet. 1,1), Zilizien (Gal. 1,21; Apg. 6,9),
Syrien(Gal.1,21),Judäa(Gal.1,22),Zypern(Apg.13,4),Pamphylien(Apg.13,13)undLyzien(Apg.
27,5). Einige dieser Provinzen werden mehr als einmal erwähnt; im Falle von Illyrien erscheint
dessen späterer Name Dalmatien in den Pastoralbriefen (2. Tim. 4,10). Paulus benutzte im
allgemeinen Provinznamen, wenn er auf Teile des Reiches anspielte, während Lukas sich auch
nationalerEinteilungenbediente.ProvinzenumfasstenoftmehralseineethnischeGruppe,wieetwa
dieLykaoniervonLystraundDerbe(Apg.14,6.11),diederProvinzGalatienunterstanden.
Um den Posten von Provinzgouverneuren bemühten sich öffentliche Beamte, da sie ihn für eine
fruchtbare Einkommensquelle hielten. Manche dieser Herrscher waren so raffgierig, dass die
ProvinzeninfolgehoherBesteuerungraschverarmten.Andere,denendasöffentlicheWohlmehram
Herzen lag, nutzten die Steuern sinnvoll für den Bau von Strassen und Hafenanlagen, so dass der
HandelgediehunddasallgemeinewirtschaftlicheLebensniveausichverbesserte.Rombetrachtete
dieProvinzenalsrechtmässigesFeldderAusbeutung.BiszurZeitKonstantinswarendieProvinzen
der Zentralregierung tributpflichtig, und nie wurden sie als gleichberechtigte Staaten innerhalb
einergemeinsamenFöderationbehandelt.
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