LVLF – Pflanzenschutzdienst M. Lehmann Manuskript zum Merkblatt III 2005 Schlehenspinner (Orgyia antiqua L.) Bedeutung Der zu den Träg- oder Schadspinnern (Lymantriiden) gehörende Schmetterling ist in Europa allgemein verbreitet, mit Schwerpunkt in Süd-Mitteleuropa. Deutsche Synonyme des Artnamens sind Bürstenbinder oder Aprikosen(Marillen-)spinner. Die Art ist ein typischer Vertreter wärmerer Obst- und Weinbaulagen, erreicht jedoch auch kühlere Höhenlagen. Gerne werden Gehölze in geschützten Innenhoflagen befallen und im Hoch- und Spätsommer stark geschädigt. Seine Raupen leben von Blättern nahezu aller Laubgehölze. Er tritt besonders häufig an Hecken, auch heckenförmigen Obstgehölzen, Schutzhecken und Ziergehölzen im Kommunalgrün und in Baumschulen auf. In Starkbefallsjahren werden ausnahmsweise auch Fichten befressen. Die Art neigt bei Begünstigung durch klimatische Faktoren zur Gradation und kann im Laufe von zwei Jahren zu einem ernsthaften Schädling in den genannten Gehölzbeständen werden. Die Raupen können auch im geschützten Anbau bzw. klimatisch begünstigten im zeitigen Frühjahr vorzeitig auftreten und mit Baumschulware verbreitet werden. Biologie und Schadbild Der Schlehenspinner tritt in der Regel in zwei Generationen pro Jahr auf. Die Folge kann in ungünstigen, kühleren Jahren oder Standorten auf eine Generation reduziert, bei stärkerem Wärmeeinfluss auf drei Generationen erweitert werden. Die Generationen überschneiden sich, so dass im Hoch- und Spätsommer häufig alle Entwicklungsstadien gleichzeitig vorkommen. Die männlichen Falter haben eine Flügelspannweite von 25 mm. Sie tragen rostbraune, dunkelbraun gestreifte Vorderflügel mit einem weißen Fleck am hinteren Rand und hell-rostfarbene Hinterflügel. Die Männchen schwärmen in unmittelbarer Nähe der besetzten Gehölze in den Nachmittagsstunden. Die Weibchen tragen nur kurze weiße Flügelstummel, sind hellgrau, wollig behaart und bewegen sich nach dem Schlupf aus der Puppe und nach der Begattung kaum von der verlassenen Puppenhülle weg. Sie legen in der Regel direkt auf dem verlassenen Puppengespinst die hellen Eier in Platten ab. Die Eigelege überwintern am Gehölz. Abb. 1: Männlicher Falter Abb 2: Weibchen auf Puppengespinst und erste abgelegte Eier Abb. 3: Eipaket mit schlüpfenden Raupen Abb. 4: Altraupe und Fraßschaden Die dunkel gefärbten Jungraupen verursachen einen leichten Schabefraß, ältere Raupen fressen Löcher in die Blattspreiten. Die bis zu drei Zentimeter langen Raupen sind dunkel gefärbt, tragen rote Warzen mit langen schwarzen und gelb-weißen oder grau-gelben Haaren. Auf dem vierten bis siebten Ring fallen je eine gelb-weiße bis braun-gelbe Haarbürste auf; insgesamt fünf lange, schwarze Haarpinsel zieren den ersten, fünften und elften Ring. Die Puppen liegen in einem eiförmigen, weichen Kokon zwischen den Blättern an Triebspitzen bzw. Zweigen. Sie sind gelb-grau und dunkelgrau gefärbt und tragen grau-weiße Behaarung. Abb. 5: Puppengespinst Gegenmaßnahmen Zur Befallseinschätzung sind an bekannten Befallsstandorten im öffentlichen Grün bzw. in Baumschulen Kontrollen der Eiablage verwendbar. Die recht gut erkennbaren alten Puppengespinste mit anhaftenden Eipaketen können dann schon mechanisch beseitigt werden. Eine Beobachtung der Flugaktivität der Männchen ist mit im Handel erhältlichen Pheromonen möglich. Bei stärkerem Besatz und nicht durchführbarer mechanischer Beseitigung ist eine Ermittlung des Raupenschlupfes und des Fraßbeginns mittels Depotkontrollen erforderlich. Kritische Ei- oder Raupendichten zur Bekämpfungsentscheidung dürften bei 0,5 bis 1 Gelege je Baum bei Jungbäumen oder kleinkronigen Bäumen liegen. Bei drohendem Kahlfraßschaden, hohem Wert der befallenen Pflanzen und Einwirkung weiterer Stressfaktoren ist eine Behandlung der Gehölze möglich mit Präparaten, die zugelassen sind - gegen Forstschädlinge - freifressende Schmetterlingsraupen, gegen Schädlinge an Zierpflanzen bzw. Ziergehölzen, Kern- und Steinobst beißende Insekten, freifressende Schmetterlingsraupen. Eine Bekämpfung sollte generell gegen die ersten beiden Raupenstadien (bis höchstens 0,5 Zentimeter) erfolgen.