Sternenhimmel im Oktober Der Verfasser Ralf Kannenberg Diplomierter Mathematiker, in der Computerbranche tätig. Schon als kleiner Junge hat Ralf Kannenberg mit Begeisterung den Apollo-Astronauten auf ihren Ausflügen im Mond-Auto zugeschaut, wann immer sie im Fernsehen übertragen wurden. Er interessierte sich stets für populärwissenschaftliche Astronomie und begann 1978 aktiv mit dem Beobachten, indem er sich autodidaktisch die Sternbilder angeeignet hat. Ralf bevorzugt Beobachtungen ohne optische Hilfsmittel und ist sehr gut mit den Problematiken und Tücken der Beobachtungen des Sternhimmels vertraut; er weiß aus eigener Erfahrung recht genau, wo man als Laie etwas sieht und wo man nichts sieht; insbesondere hat er gelernt, dass man sich von Fehlschlägen nicht entmutigen lassen sollte. Es ist Ralf ein Anliegen, jungen Menschen die faszinierende Welt des Sternenhimmels nahe zu bringen und dabei auch von seinen eigenen langjährigen Erfahrungen zu berichten. Aus diesem Grunde steht er auch bei individuellen Fragen gerne per E-Mail zur Verfügung. Dazu bitte die Kontaktadresse auf dieser Website nutzen. 1. Allgemeines im aktuellen Monat Diese Rubrik ist ein allgemeiner Überblick über den abendlichen Sternenhimmel im aktuellen Monat sowie den Stand der hellen Planeten. Eine erste einfache Einführung, wie man die wichtigsten Sterne finden kann, findet sich in der dritten Rubrik. Diesen Monat finden wir im Osten einen auffallend hellen Stern, der leicht rötlich erscheint und im Verlaufe des Monats immer auffallender zu sehen ist: das ist der helle Planet Mars, der im Oktober zu seiner Oppositionsschleife ansetzt. Das heißt, dass die schnellere Erde ihn von innen überholt. Der Sternhimmel trägt nun herbstliche Züge, wobei der Gang der Sterne langsamer voranzuschreiten scheint, weil es nun ja schon deutlich früher dunkel wird. Arktur im Bärenhüter steht nun bereits tief im Westen, das Sommerdreieck hat den Zenit bereits überschritten und wandert in die Westhälfte des Himmels, wo die Wega hoch am Himmel steht; Deneb im Schwan befindet sich nun im Zenit. Der Große Wagen steht nun im Norden unter dem Polarstern, während wir rechts bereits hoch über dem Polarstern ein Sternbild erkennen können, das wie ein schief liegendes „W" aussieht, das ist die Cassiopeia. Hoch im Osten sehen wir ein großes Viereck, das wie eine übergroße Vorfahrtstafel auf seiner Spitze steht; das ist der Pegasus und von der linken Seite dieses Vierecks zweigt die Sternenkette der Andromeda ab. Weit im Nord-Osten kann man ebenfalls einen hellen Stern erspähen, das ist die Capella im Fuhrmann. Im Zenit leuchtet die Capella so hell wie Arktur und die Wega. Die Capella kann man auch finden, indem man vom dritten Stern des Cassiopeia-W zwischen dem vierten und fünften Stern des W hindurch nach links unten verlängert. 2. Aktuelles aus der Wissenschaft: Abstände messen In dieser Rubrik habe ich schon oft geschrieben, wie weit ein Stern von uns entfernt ist und es stellt sich die Frage, wie man denn im riesigen Weltraum solche gewaltigen Abstände „messen" kann. Tatsächlich gibt es 4 Verfahren, mit denen man Abstände vermessen kann. Die genaueste Methode ist eine geometrische Methode, die man Parallaxen-Methode nennt; dabei werden die Winkel vermessen, die sich ein Stern im Laufe eines Jahres am Himmel vor dem Sternenhintergrund bewegt. Wie funktioniert das? Wenn jemand einen Baum vor einem Berghintergrund sieht und sich selber hin- und herbewegt, so sieht er, dass sich der Baum ebenfalls entsprechend vor dem Berghintergrund hin- und herbewegt. Ein näher stehender Baum wird sich dabei mehr hin- und herbewegen als ein weiter entfernter Baum. Dieses Phänomen machen sich die Astronomen zunutze, wobei sie sich aber nicht nur ein paar Meter hin- und herbewegen, sondern sie warten ein halbes Jahr ab; in dieser Zeit hat sich die Erde auf die andere Seite der Sonne fortbewegt und bei dieser großen „Basislinie" von rund 300 Millionen Kilometern kann man die Abstände von Sternen vermessen. Zwar ist diese Methode sehr genau, jedoch sind die Sterne so weit entfernt, dass man mit dieser Methode gerade die Abstände der allernächsten Sterne vermessen kann; dank des Präzisions-Satelliten „Hipparcos" konnte man in den vergangenen Jahren immerhin die Sterne in einem Abstand von rund 500 Lichtjahren mit guter Genauigkeit vermessen. Zwei andere Methoden machen sich die Lichtkurven von so genannten Veränderlichen Sternen zunutze. Dabei handelt es sich um Sterne, die ihre Helligkeit aufgrund innerer physikalischer Prozesse verändern, so dass man daraus auf ihre wirkliche Helligkeit schließen kann. In Relation zur beobachteten Helligkeit kann man daraus den Abstand messen. Die bekanntesten Sterne, die man für solche Abstandsmessungen verwenden kann, sind die sogenannten „Cepheiden", weil der Stern Delta Cephei einer der nächsten dieses Typs veränderlicher Sterne ist. Aufgrund seiner charakteristischen Lichtkurve kann man einen Stern als Cepheiden identifizieren und anhand der Frequenz der Veränderung kann man auf die wirkliche Helligkeit eines solchen Sternes schließen. „Eichen" kann man diese Methode, indem man den Abstand eines nahestehenden Cepheiden-Sternes mit der Parallaxen-Methode bestimmt. Bemerkt wurde dieser Zusammenhang von Frau Henriette Swan Leavitt im Jahre 1912, als sie solche Cepheiden-Sterne in einer nahen Begleitgalaxie unserer Milchstraße beobachtet hat. Alle Sterne in so einer benachbarten Galaxie sind ja von uns in etwa gleich weit entfernt und so war ihr aufgefallen, dass der Lichtperiodenwechsel umso schneller war, je heller der Stern geleuchtet war. Heutzutage kann man mit dem Hubble Space Teleskop solche Cepheiden-Sterne noch in Galaxien nachzuweisen, die fast 100 Millionen Lichtjahre von uns entfernt sind, also fast fünfzigmal weiter entfernt als der Andromedanebel. Mit dieser Methode kann man also den Abstand von nahen und mittelnah entfernten Galaxien bestimmen, zumal die meisten Galaxien mehrere solcher Cepheiden-Sterne haben. 2 Der Chepheiden-Stern im Zentrum des Quadrats liegt in der Sternbildungszone des Spiralarms der Galaxie M 100 Die andere Lichtkurven-Methode beruht auf besonderen Supernova-Explosionen von Weißen Zwergen: Im Gegensatz zu „normalen" Sternen sind Weiße Zwerge hochkompakte Sterne, die aus sogenannter „entarteter Materie" bestehen. In solcher entarteter Materie dominiert die Schwerkraft derart, dass ein solcher Stern kleiner wird, wenn er mehr Masse hat, weil die Schwerkraft ihn weiter zusammenzieht. Es gibt eine maximale Masse, die so ein Weißer Zwerg also haben kann. Nun kommt es aber gelegentlich vor, dass ein nahe beieinander stehendes Doppelsternsystem aus einem Weißen Zwerg besteht, der vom anderen Stern Materie absaugt. Dabei gewinnt der Weiße Zwerg an Masse und wenn er schwerer wird als die maximale Masse für Weiße Zwerge, so ereignet sich eine gewaltige Supernova-Explosion mit einer typischen Lichtkurve. Da aber bei allen Weißen Zwergen diese maximale Masse aus physikalischen Gründen gleich groß ist, sind alle Supernova-Explosionen dieses Typs gleich hell. Man kann solche Supernova-Explosionen noch im Abstand von mehreren Milliarden Lichtjahren sehen. Diese Methode eignet sich also sehr gut für große Abstandsmessungen; allerdings ereignen sich in Galaxien nur sehr selten solche Supernova-Explosionen. Je weiter weg man aber schaut, desto mehr Galaxien gibt es, so dass die Wahrscheinlichkeit, eine Galaxie zu finden, in der sich gerade eine geeignete SupernovaExplosion ereignet, mit größerer Entfernung zunimmt. Alle Supernova-Explosionen eines Weißen Zwerges sind gleich hell. Dieses Bild zeigt einen Überrest einer solchen Explosion, im inneren leuchtet eine blaue Wolke aus Eisen und Silizium, die von der äußeren Explosionswelle umgeben ist. 3 Schließlich ist es so, dass sich unser Universum ausdehnt. Bei kleinen Abständen ist diese Ausdehnung sehr klein, doch im Abstand von mehreren Millionen Lichtjahren wird diese Ausdehnung immer dominanter. Wie ein Krankenwagen, dessen Signal beim näher kommen des Krankenwagens einen höheren Ton zu haben scheint und beim anschließenden Entfernen einen immer tieferen Ton annimmt, so ist das auch beim Licht der Sterne so: Beim Entfernen dehnen sich die Lichtwellen aus, d.h. das Licht wird energieärmer; das äußert sich dadurch, dass das Licht rotverschoben wird. Bekanntlich absorbieren die chemischen Elemente in den Sternatmosphären einige Frequenzen, so dass man anhand dieser Absorptionslinien im Spektrum messen kann, wie stark das Licht rotverschoben ist. Vor allem bei sehr großen Abständen kann man mit dieser Rotverschiebung sehr gut auf den Abstand dieser Galaxie schließen. Die Lücken im Farbspektrum sind Lichtwellen, die typischerweise von bestimmten Elementen absorbiert („verschluckt“) werden. Diese Lücken zeigen den Grad der Rotverschiebung und damit die Distanz der Galaxie an. 3. Kleine Einführung in die wichtigsten Sterne Nach der „Bärenwanderung" vor zwei Monaten und den Sommerdreieck-Spiegelungen im vergangenen Monat möchte ich diesen Monat noch einmal im Herbstviereck und durch die Andromeda wandern. In den beiden seitlichen Ecken des Herbst- oder Pegasusvierecks stehen ja die Hauptsterne des Pegasus und der Andromeda; Markab im Pegasus in der rechten Ecke sowie die Sirrah in der Andromeda in der linken Ecke. Markab bedeutet „Sattel" (des Pferdes) und Sirrah bedeutet „Nabel" (der Andromeda). Beide Sterne sind weißlich und etwa 100 Lichtjahre entfernt. Von der Sirrah gelangt man nach links zur Andromeda - diese drei Sterne stehen unter dem schrägen „W" der Cassiopeia und bilden die Hauptkette der Andromeda. Der mittlere Andromedastern Mirach ist gleich hell wie die Sirrah und ein 80 Lichtjahre entfernter Roter Riese. Mirach bedeutet „Schurz" (der Andromeda). - Rund eine Handbreit über dem mittleren Andromedastern Mirach steht noch ein etwas schwächerer Stern und nochmals gleichweit entfernt befindet sich der berühmte Andromedanebel, den man fernab der lichtverschmutzten Stadt sogar von bloßem Auge sehen kann. In der Stadt nimmt man mit Vorteil einen Feldstecher zu Hilfe. Der Andromedanebel ist das am weitesten von der Erde mit bloßem Auge sichtbare Objekt; er ist über 2 Millionen Lichtjahre von uns entfernt. Als das Licht, das wir jetzt sehen, vom Andromedanebel ausgestrahlt wurde, lebten auf der Erde die ersten Urmenschen. Der Andromedanebel ist in Wirklichkeit eine Galaxie ganz ähnlich wie unsere Milchstraße, also eine riesige Ansammlung von Millionen von 4 Sternen. Wenn man von der Sirrah über die Mirach weiterwandert, gelangt man zu Alamak, dem dritten Andromedastern. Alamak bedeutet „Wüstenluchs", hat also vom Namen her nichts mehr mit der Andromeda zu tun und ist ein Roter Riese im Abstand von 650 Lichtjahren. Man kann diese AndromedaKette nochmals weiterwandern und gelangt zum hellsten Stern des Perseus; dieser heißt Mirfak und ist ein gelblich-weißer Stern im Abstand von gut 100 Lichtjahren. Mirfak findet man auch, wenn man von der Cassiopeia den dritten und den vierten Stern des W nach links verlängert. Schräg unterhalb von Mirfak, weiter links, befindet sich ein weiterer heller Stern, das ist der Stern Algol, den wir bereits im letzten Monat kennengelernt haben. Er ist ein weißlicher Stern im Abstand von knapp 100 Lichtjahren. Algol kann man auch finden, wenn man das Herbstviereck und die beiden Andromedasterne Mirach und Alamak als großen Großen Wagen ansieht; Algol ist dann der vordere Deichselstern dieses „übergroßen" Wagen. Rechts und links von Mirfak sieht man noch zwei Sterne dritter Größe, senkrecht von ihnen nach unten abzweigend dann Algol. Das sind die wichtigsten Sterne des Perseus. Mirfak ist übrigens ein heller Stern zwischen erster und zweiter Größe. Nordöstlich des Perseus, wenn man also die Reihe der drei Sterne von Mirfak und seinen beiden Nachbarsternen nach unten verlängert, sieht man ebenfalls einen hellen Stern erster Größe über dem Horizont aufsteigen. Diesen findet man auch, wenn man von der Mitte des Cassiopeia-W zwischen dem vierten und fünften Stern nach links unten verlängert; das ist die Capella im Fuhrmann, die so hell ist wie Arktur und Wega. Die Capella ist übrigens im späten Herbst der hellste Fixstern am Himmel. Capella bedeutet „Zicklein" und auf alten Sternbild-Darstellungen kann man sehen, dass der Fuhrmann auf seiner Schulter ein kleines Zicklein trägt; das ist der Ort des Hauptsternes Capella. In Wirklichkeit handelt es sich um ein Vierfach-Sternsystem im Abstand von gut 40 Lichtjahren, bei dem beide Hauptsterne wie unsere Sonne gelbe Sterne sind. 4. Highlights: Der Planet Mars Gesamtsicht des roten Planeten mit Polkappe aus Trockeneis In diesem Monat möchte ich kurz den Planeten Mars, den man im jetzt ja sehr schön am Abendhimmel sehen kann, vorstellen. Der Mars ist der nächst äußere Planet von der Erde aus gesehen, so dass der Mars rund eineinhalb mal weiter von der Sonne entfernt ist als die Erde. Der Mars ist rund halb so groß wie die Erde und hat ebenfalls eine Atmosphäre. Da die Drehachse des Mars ähnlich wie diejenige der Erde geneigt ist, gibt es auch auf dem Mars Jahreszeiten. Zudem hat der Mars wie die Erde vereiste Polkappen, wobei hier vor allem festes Kohlendioxid (sogenanntes „Trockeneis") vorhanden ist. 5 Größenvergleich von Erde und Mars Der Mars wurde schon mehrmals von unbemannten Raumschiffen angeflogen, die auch kleine Autos abgesetzt haben, welche nun also den Mars erkunden und hoch-faszinierende Landschaften fotografieren. Auf dem Mars gibt es einen über 25 Kilometer hohen erloschenen Vulkan, den Mons Olympus; es gibt auch riesige Canyon-Landschaften wie das Valles Marineris; ein Tal, welches von der Raumsonde Mariner 9 entdeckt wurde. Canyon-Landschaften, die nur durch Wasser entstanden sein können Der Mars wird von zwei sehr kleinen Mini-Monden umkreist, die aber eingefangene Planetoiden sein dürften; dieses Jahr hat man entdeckt, dass auch der Planetoid Sylvia von zwei vergleichbar kleinen MiniMonden umkreist wird. Tatsächlich ist der Mars von allen bekannten Mitgliedern unseres Sonnensystems nach der Erde der am besten bewohnbare Ort; im Sommer kann es dort am Äquator mittags sogar über 0° warm werden; im Durchschnitt ist es auf dem Mars 60° unter Null „warm". Kein Wunder, dass die NASA zu diesem interessanten und auch verhältnismäßig „nahen" Planeten Astronauten bringen möchte. 6 Liebeszeichen? Selbst Krater in Herzform fanden die Marssonden der NASA Vor einigen Jahren wurde die sensationelle Nachricht verbreitet, dass man auf einem Meteoriten vom Mars primitive Lebensspuren nachgewiesen habe. Auch wenn diese Nachricht voreilig und unzutreffend gewesen sein dürfte, so wäre es dennoch nicht verwunderlich, wenn es nicht nur auf der Erde, sondern auch auf dem Mars eine biologische Evolution gegeben hat, auch wenn diese nur einfachste Lebewesen hervorgebracht haben könnte. In den vergangenen Jahren konnte man überraschenderweise herausfinden, dass auf zwei weiteren Mitgliedern unseres Sonnensystems eine mögliche biologische Evolution stattgefunden haben könnte. Nämlich dem Jupitermond Europa sowie seiner kleinen Schwester Enceladus, die um den Saturn kreist: aufgrund der Bilder wird nämlich vermutet, dass sie unter ihrer Oberfläche Ozeane haben, deren Temperatur dank der Gezeitenkräfte, die auf diese beiden Monde wirken, sogar verhältnismäßig „warm" sein könnte. Die in diesem Beitrag verwendeten Bilder stammen von der NASA und anderen Raumfahrts- und AstronomieOrganisationen. Das Nutzungsrecht dieser Organisationen besagt, dass ihre Bilder für Zwecke der Bildung frei verwendet werden dürfen. 7