2 4 noch die Viruskrankheit ISA hinzu. Der weltgrößte Lachsproduzent Marine Harvest bekennt in seinem letzten Jahresbericht: “Die Krankheitsausbrüche in Chile sollten die gesamte Industrie daran erinnern, dass selbst wenn die Nr. 161: Nr.November/Dezember 162: Januar/Februar 2009 2008 Nachfrage steigt, es nicht unbedingt gut ist, die Intensivierung zu weit zu treiben.“ Brachen sollen jetzt auch in Chile praktiziert werden, und erhebliche öffentliche Mittel werden zur Deckung der Produktionsausfälle gefordert. Kaum Fortschritte bei der Gentechnik – aber bei Terminatortechnologien Bei der Züchtung wird auch in der Aquakultur auf Biotechnologien gesetzt. Zwar werden Genome identifiziert, aber von wirklichen Erfolgen ist man in der markergestützten Selektion weit entfernt, denn die erwünschten Eigenschaften werden meist nicht nur durch ein einzelnes Gen kontrolliert. Etwa zwei Dutzend Fischarten wurden gentechnisch verändert, meist mit Mehrfachkopien eines für das Wachstumshormon zuständigen Gens. Mehrere Gruppen arbeiten an GVO-Garnelen. Beim GVO Lachs der Firma AquaBounty kam das Gen von einer anderen Lachsart. Die Marktzulassung ist seit zehn Jahren in den USA beantragt. Im Januar 2009 brachte das FDA kurz vor dem Amtsantritt der neuen Regierung eine neue Richtlinie für gentechnisch veränderte Tiere heraus. Kontaminierung wilder Populationen ist das am meisten diskutierte Problem, und die Industrie setzt auf Sterilisierungstechniken. Sie sind nicht zuverlässig, allerdings gut genug, um die kommerzielle Nachzucht zu verhindern. Triploidie, der dreifache statt des normal doppelten Chromosomensatzes, funktioniert allerdings nur bei wenigen Arten, nicht beim weltweit wichtigsten Karpfen und auch nicht bei den von der Industrie favorisierten Garnelen und Lachs. Alternativ werden Fischeier verkauft, aus denen sich „Monosex“-Populationen bilden – je nach Spezies das jeweils schneller wachsende Geschlecht. Darüber hinaus wird den Aufzuchtstationen die Nachzucht vertraglich untersagt, bzw. haben die Genetik-Firmen hauseigene Aufzuchtstationen. Agrar Info Quellen: Brian Halweil (2008): Farming Fish for the Future. Worldwatch Report 176, Washington The World Bank (2006): Aquaculture: Changing the Face of the Waters. Meeting the Promise and Challenge of Sustainable Aquaculture, Washington FAO Committee on Fisheries, SubCommittee on Aquaculture, Fourth Session: Opportunities for Addressing the Challenges in Meeting the Rising Global Demand for Food Fish From Aquaculture. Puerto Varas, Chile, 6 - 10 October 2008 Susanne Gura (2008): Industrial livestock production and its impact on smallholders in developing countries. Consultancy report to the League for Pastoral Peoples and Endogenous Livestock Development (www.pastoralpeoples.org), Germany Aquakultur, wachsendes Geschäft der Genetik-Konzerne Susanne Gura Während seit Jahrzehnten die Fischfänge stagnieren, ist die Aquakultur der am schnellsten wachsende Sektor der Welt-Landwirtschaft. Diese Erfolgsgeschichte beruht im wesentlichen auf dem Wachstum der kleinbäuerlichen Aquakultur in Asien. Die Fisch- oder Garnelenzucht-Industrie beruft sich dennoch gern darauf und akquiriert derzeit mit hohen Verzinsungsversprechen nicht nur privates Kapital, sondern auch öffentliche Mittel, zB aus der Forschungsförderung. Nur ein wenig biotechnologisch gestützte Züchtung genüge, um das Wachstum der Tiere massiv zu beschleunigen. Begründung: Das genetische Potenzial der Aquakultur-Arten sei enorm, denn die Züchtung in der Aquakultur stehe hinter der Tierzucht weit zurück. Es könnten durch bessere Produktivität die Preise für Aquakulturprodukte gesenkt werden. Genau wie bei Geflügel, Schweinen und Rindern und in der Pflanzenzüchtung funktionieren die versprochenen Leistungen nur dann, wenn Umwelt und Fütterung so standardisiert sind, wie es im Experiment der Fall war. Während der Grünen Revolution wurde das „Yield Gap“ erfunden: Die Lücke zwischen möglicher Ernte (auf der Forschungsstation) und realer Ente (auf der Farm).Die AgrarKonzerne argumentieren noch heute mit diesem unrealistischen Konstrukt. Nicht genannt werden die hohen externalisierten Umwelt- und Sozialkosten, insbesondere durch Energie-, Futterbzw. Düngemittelbedarf der industriellen Produktion. Das alles gilt auch für die Aquakultur. Die drei globalen Aquafeed-Konzerne Skretting/Nutreco, Cermaq und Biomar – alle aus dem Lachszuchtland Norwegen - vermarkten Futtermittel für Aquakultur. Sie eröffnen bereits große Produktionsanlagen auch in Asien. Die Fischfarmer verfüttern sie nicht nur in Garnelenfarmen, sondern auch an Tilapien/Viktoriabarsch und Pangasius/Katzenwels, zwei Arten, deren Exportmengen derzeit stark wachsen. Die Rohstoffe sind immer mehr Getreide und Soja, die auch mit Nahrungsmitteln und Agrarkraftstoffen konkurrieren. GVO Futtermittel werden auch in der Aquakultur eingesetzt. Susanne Gura ist freiberufliche Beraterin über internationale Agrarpolitik, insbesondere zur Biologischen Vielfalt in der Landwirtschaft. Liebe Leser und Leserinnen, Meldungen Die Erhaltung und die nachhaltige Nutzung der Agrobiodiversität ist für die Ernährungssicherung in Zeiten des Klimawandels ein wichtiges Element. Vielfalt für Ernährung und Landwirtschaft im Klimawandel heißt daher das neue Projekt der BUKO Agrar Koordination in den nächsten zwei Jahren. In Rahmen des Projekts sind folgende Aktivitäten geplant: Den Zusammenhang zwischen Klimawandel, Agrobiodiversität und Ernährungs­ sicherung werden eine Studie, ein Dossier und eine internationale Tagung sowie ein workshop zum Inhalt haben. Eine Rundreise mit VertreterInnen aus vom Klimawandel betroffenen Ländern des Südens wird die Gelegenheit bieten, mit ihnen Erfahrungen zu teilen. Hafenrundfahrten im Hamburger Hafen zum Thema Agrarkraftstoffe werden ab Mai über die Konkurrenz zwischen Ernährung, Energie und Naturschutz und über die Rolle des größten Importhafens für Palmöl und andere Energieträger informieren. Informationsveranstaltungen und die Herausgabe des BUKO Agrar-Infos werden das Projekt abrunden. Außerdem wird der Zusammenhang zwischen Klima und Landwirtschaft Thema im Bildungsprojekt sein. Am 23. Januar 2009 erhielt die Saatgutinitiative Dreschflegel auf der Grünen Woche in Berlin den diesjährigen Förderpreis Ökologischer Landbau. Der mit 7.500,- € dotierte Preis wurde durch die Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Frau Ilse Aigner überreicht. Als Dankeschön für diese Auszeichnung wurde Frau Aigner ein Gesetzesrahmen für gentechnikfreie Saatgutarbeit überreicht. „Unsere von Ihnen ausgezeichnete Arbeit muss langfristig sichergestellt sein. Das ist derzeit gesetzlich nicht geregelt. Diese Grauzone muss gefüllt werden,“ erläuterte Stefi Clar bei der Preisverleihung Wir freuen und auf Kooperationen mit anderen und eine spannende Zeit. Das BUKO Agrar Team Impressum 6 Ausgaben im Jahr kosten 10,80 inklusive Porto für den Versand im Inland. Für ein Auslandsabo stellen wir das erhöhte Porto in Rechnung. Herausgeber: Forum für internationale Agrarpolitik FIA e.V. (gemeinnützig). Spendenquittungen werden ausgestellt. Redaktion: BUKO Agrar Koordination, Ursula Gröhn-Wittern, Nernstweg 32, 22765 Hamburg, [email protected], Tel.: 040 39 25 26; Fax 040 399 00 629; www.bukoagrar.de Bankverbindung: FIA e.V.; Postbank Hamburg (BLZ 200100 20), Konto: 605 91 200 Druck: Druckwelten Hamburg, 100 % recycling Papier BUKO Agrar Info 162 Januar/Februar 2009 BUKO Agrar Koordination Eine Rolle spielt dabei auch, dass die Produktion von Fischmehl und vor allem Fischöl nicht erhöht werden kann. Sie werden aus minderwertigen Meeresfängen hergestellt und sind für die Haltung der wichtigsten industri- ell genutzten Arten Lachs, Forelle und Garnelen höchst wertvoll. Diese karnivoren - fleischfressende, am ökologisch ungünstigen Ende der Nahrungskette platzierte - Arten wachsen mit pflanzlichen Futtermitteln weniger schnell und brauchen vor allem die im Fischöl enthaltenen Omega-3-Fettsäuren. Auch herbivore Arten wachsen mit Fischmehl und –öl schneller. Die Genetikindustrie setzt daher auf Zuchtziele wie hohen Futtermittelumsatz und –ausnutzung, die ja zum schnellen Wachstum der Tiere führen. Damit argumentieren sie auch gleich für ihren ökologischen Vorteil gegenüber der Fleischindustrie: pro Kilo Fisch werden zwei Kilo Futtermittel, pro Kilo Masthühnchen drei Kilo, pro Kilo Rindfleisch sechs bis acht Kilo Futtermittel gebraucht. Trotz des geringen Futtermittelbedarfes sind die Preise in der industriellen Aquakultur hoch; Lachs kostet 3 bis 4 mal soviel wie Schweine- oder Hühnerfleisch. Die Genetik-Firmen rechnen sich riesige Wachstumschancen aus. Erst drei Prozent der Welt-Aquakultur bezieht industrielle Genetik, in Europa sind es allerdings schon 70 Prozent. Natürlich sind ökologisch viel bessere Produktionssysteme als die industrielle Aquakultur möglich, und hoffentlich verstehen die Forschungsförderer und Subventionsverteiler dies recht bald. Weniger Lachs, Forellen und Garnelen produzieren, fordern einmütig zivilgesellschaftliche Organisationen, FAO, und Weltbank, und stellen damit die Förderpolitik von EU, der asiatischen Entwicklungsbank und vieler anderer infrage. Allerdings dürfen auch herbivore Arten nicht mit Fischmehl und –öl gefüttert werden. Gebraucht werden Aquakultur-Produktionssysteme, in denen mehrere nützliche Spezies mit- und 2 voneinander leben, und Futtermittel, die auf lokalen Ressourcen basieren. Hierzu hat das World Watch Institut kürzlich Beispiele präsentiert. Darin spielen Muscheln und Wasserpflanzen eine wichtige Rolle. Solche Produktionssysteme sind derzeit noch die überwiegende Mehrheit in Asien, der Wiege der Aquakultur. Es werden nicht nur mehrere Spezies miteinander aufgezogen, auch ist der Fischteich oft ein Teil des Haushalts oder der Dorfgemeinschaft. Die Teiche werden mit Exkrementen gedüngt, und die Wasserpflanzen werden an andere Haustiere verfüttert. Reis-AquakulturSysteme sind in ganz Asien verbreitet, und Fisch und Wasserpflanzen bieten eine bessere Vitamin A-Versorgung als es der noch immer im Versuchsstadium befindliche Goldene Gentechnik-Reis bieten kann (Das Fischfett ermöglicht die Verdauung des Vitamins, was beim Reis allein nicht möglich ist). In Bangladesh haben Forscher kürzlich auf den Tellern der Einwohner eine Wasserpflanze aus Aquakultur als beliebtestes und traditionelles Gemüse des Landes entdeckt. Die Aquakultur wurde in China vor mindestens 4000 Jahren entwickelt; das älteste Handbuch wurde dort 500 v.Chr. verfasst. Unter Mao Zedong wurde durch Anlage von Teichen und Bewässerungssystemen die AquakulturProduktion verfünfzigfacht. Aus China hat sich Mitte des 20. Jahrhunderts das durch Hormone kontrollierte Laichen in Asien verbreitet, sodass man von wilden Laichgebieten unabhängig wurde. Heute wird in den meisten Ländern und von den wichtigsten Arten der Laich nicht wild gesammelt, sondern in tausenden kleiner Aufzuchtbetriebe vermehrt. Dennoch wird das wilde Sammeln als wichtiges Argument für die Förderung der industriellen Züchtung herangezogen, ebenso der selten nachgewiesene Vorwurf der Inzucht in den Aufzuchtbetrieben. In China findet über 70% der Aquakultur-Produktion statt, weitere 27 % in anderen Entwicklungsländern, überwiegend in Asien. Der Fisch­kon­sum in China ist seit ca. 1970 von weniger als 5 kg pro Person und Jahr auf 26 kg angestiegen, etwa das Doppelte, was im Rest der Welt durchschnittlich verzehrt wird (14 kg). Die von der Industrie gepriesenen Konsum-Wachstumsraten sind weltweit eher gering, außer in China. Aber auch in China wird auf IndustrieFuttermittel umgestiegen, China ist der BUKO Agrar Info Nr. 161: Nr.November/Dezember 162: Januar/Februar 2009 2008 größte Fischöl-Verbraucher geworden. In der staatlichen Fischerei-Forschung sind etwa 11.000 Menschen beschäftigt, und Biotechnologie spielt eine wachsende Rolle. Transgener Karpfen wartet auf die Marktzulassung, und es heißt, sie würde folgen, sobald der GVO-Lachs in den USA zugelassen ist. China ist zwar mit 30 % auch der größte Produzent von Karnivoren, jedoch machen die 1,5 Millionen Tonnen nur einen kleinen Teil der 45 Millionen Tonnen Aquakultur-Produktion aus. In den Industrieländern werden weit überwiegend die Karnivoren Lachs und Forellen produziert. Die AquakulturPolitik Chinas könnte also verheerend für die globale Ökologie sein, wenn sie dem Vorbild der Industrieländer folgt. Noch ist aber die weltweite Aquakultur von den ökologisch vorteilhaften Produktionssystemen der Armen geprägt. Laut FAO leben 41 Millionen Menschen von der Fischerei, mit wachsender Tendenz. Das International Collective for the Support of Fishworkers (ICSF) hält diese Zahlen für weit unterschätzt; weitere 100 Millionen seien saisonal und teilzeitig beschäftigt und werden nicht mitgezählt. Für ihre Volkswirtschaften erwirtschaftet die Fischerei wichtige Anteile, vor allem aus dem traditionellen Sektor. In den Entwicklungsländern übersteigt der Wert der Nettoexporterlöse aus Fischereiprodukten den aller übrigen Nahrungsmittel zusammengenommen. Dabei spielen die „minderwertigen“ Fänge als Rohstoffe für Futtermittel eine große Rolle. Sie konkurrieren mit der Verwendung als Nahrungsmittel, insbesondere in Lateinamerika. Daneben wurde in den letzten Jahren ein industrieller Exportsektor aufgebaut. Vor allem in Thailand, Vietnam, den Philippinen, Indien und Indonesien wurden industrielle Aquakultur-Systeme für den Export gefördert. OXFAM klagt an, dass dabei Hundertausende ihr Land verloren haben, viele sind in den hochriskanten Vertragsanbau gewechselt. In Vietnam sind daher 80% der Garnelenfarmer verschuldet. Auch die Reisfelder in Küstennähe haben durch Versalzung ihre Produktivität verloren. Der heimische Garnelenkonsum ging in Indonesien um die Hälfte zurück. Zunächst ging es vorwiegend um Garnelen, inzwischen sind Tilapia, Katzenwels/Pangasius und andere Arten hinzugekommen. Der Raubbau an der Natur durch die Garnelenzucht hat dabei kaum nachgelassen. OXFAM und IUCN schätzen den Umwelt-Verlust, der den ASEAN-Staaten dadurch entsteht, auf 11-14 Milliarden USD pro Jahr. Eine ökologische zertifizierte Produktion wurde entwickelt, blieb bisher jedoch verschwindend gering. Derzeit betragt der Anteil der zertifiziert ökologischen Aquakultur weit unter einem Prozent. In einigen Ländern spielt sie allerdings schon eine grosse Rolle: so sind bereits mehr als 50% der irischen Lachsproduktion zertifiziert. Allerdings ist ein grosser Anteil der kleinbäuerlichen Aquakultur, insbesondere in Asien, von Natur aus ökologisch, wird aus strukturellen und organisatorischen Gründen aber nicht zertifiziert. Insofern wird ihre oft besonders nachhaltige Produktionsweise (noch) nicht honoriert. Viele indigene und lokale Gemeinschaften des Südens wehren sich gegen die zertifizierte industrielle Produktion, denn sie berücksichtige soziale Kriterien zu wenig. Mehrere Umweltorganisationen kooperieren mit der Industrie in einer Reihe von Dialogprozessen; unterschiedliche Standards stehen zur Auswahl. Naturland hat Standards für die größten Problemarten, Lachs, Forelle und Garnele; im Gegensatz zu anderen Zertifizierern hat Naturland auch Sozialstandards. Im Januar 2009 wurde der Aquaculture Stewardship Council durch WWF angekündigt. Standards für Tilapia sind kurz vor der Vollendung, weitere für Lachs, Forelle, Garnele, aber auch für Herbivoren wie Pangasius sind in Arbeit. Der weltgrößte Lachserzeuger Marine Harvest finanziert WWF-Personal für eine dreijährige Beratung. Die niederländische Anova Food BV vermarktet verschiedene durch Marine Stewardship Council zertifizierte Seefisch-Produkte. Vom WWF empfohlen wird ein KatzenwelsHybride aus Kreislaufanlagen, der die überfischten Kabeljau-, Schell­ fisch- und Schollenbestände ent­­ last­en soll. GLOBALGAP zertifiziert Anova’s Lachsprodukte. Bei Tila­ pien werden in Kooperation mit der GTZ Verarbeitungsbetriebe am ostafrikanischen Viktoriasee auf die Zertifizierung durch Naturland vorbereitet. Der Schweizer Verein Fair­ Fish hat in Zusammenarbeit mit einer Fischereikooperative im Senegal Standards für die handwerkliche Fischerei erarbeitet. Nr. 162: Januar/Februar 2009 Da die möglichen Ökosystemleistungen von industriellen Aquakulturbetrieben bisher praktisch ungenutzt sind, werden sie auch bei den Standards selten berücksichtigt. Diese wenig bekannten Leistungen der traditionellen Aquakultur umfassen Abfallbeseitigung, Abwasserreinigung, und die Kontrolle von Krankheitserregern: • In offenen Gewässern fressen Fische eine Reihe von Parasiten-Wirte wie Mückenlarven und Schnecken, wodurch die Übertragung von Malaria, Filarien, Gelbfieber, Dengue-Fieber, Flußblindheit, Wurmparasiten und anderen tropischen Krankheiten erheblich verringert wird. • Wasserpflanzen, Schalentiere, Krustentiere und Fische können erhebliche Mengen Nährstoffe aus Abfall und Abwasser nutzen. In Kalkutta konnten die Behörden von der Planung einer Kläranlage abgebracht werden, denn diese hätte 8.000 Menschen um ihre Ressourcen gebracht, mit denen sie in den bheris, traditionellen Teichanlagen, jährlich 13.000 Tonnen Fisch produzieren. • Die asiatischen Reisfelder mit ihrem Reichtum an aquatischen Arten sind bekannt für ihren Beitrag zur Schädlingsbekämpfung. Unerwünschte Wasserpflanzen in Kanälen können durch bestimmte Fischarten kontrolliert werden. Die Weltbank schätzt, dass die Ökosystemleistungen der Aquakultur künf­tig ebenso wichtig wie die Nah­ rungs­produktion sein könnten. Die beiden Rollen könnten sich ergänzen, wenn Nährstoffe aus Abfall und Abwasser in Nahrungsmittel umgewandelt werden. Dazu ist jedoch erforderlich, dass Siedlungsabwässer von Industrieabwässern getrennt werden. Vielleicht führt sich die industrielle Aquakultur mit ihrer auf Wachstum selektierten Züchtung selbst ad absurdum, wie es die industrielle Tierproduktion vorführt. Erst vor wenigen Jahren ist in Chile eine moderne Lachsindustrie aufgebaut worden, zumeist von europäischen Firmen. Die Produktivität war zunächst aufgrund der wärmeren Küstengewässer sehr hoch, bald kam etwa ein Fünftel der Weltlachsproduktion aus Chile. Sehr bald hat sich aber die Lachslaus verbreitet, ein Parasit, der in Norwegen und Schottland geringere Chancen hat, denn dort gibt es Produktionspausen ähnlich der Brache in der Landwirtschaft. Kurz darauf kam 3 Aquakultur-Genetik-Konzerne Lachs und Forellen Aqua Gen AS/ Erich Wesjohann Group (EW Group) liefert befruchtete Lachs- und Forelleneier, Weltmarkt-Anteil 35%. Die Zuchttiere wurden aus öffentlich finanzierter Forschung übernommen; die Kooperation mit der norwegischen Züchtungsforschung NOFIMA/Akvaforsk ist eng. Es wird mit 14% Wachstumssteigerung pro Generation geworben; Die Aufzuchtzeit hat sich von 24 auf 14 Monate reduziert. Von 2005 bis 2007 verdoppelte sich der Umsatz auf 27 Millionen Euro. 2008 kaufte der weltgrößte Geflügelzüchter EW Group aus Visbek in Schleswig-Holstein die Mehrheitsanteile, weitere Shareholder sind die beiden Aquafeed-Konzerne Skretting/Nutreco und Cermaq sowie der vertikal integrierte Seafood-Hersteller Marine Harvest (alle drei aus Norwegen). AquaGen ist Miteigentümer der privaten Genbank BioBank AS in Hamar. Gemeinsam mit dem Forschungspartner ist AquaGen führend in der Biotechnologie, insbesondere markergestützte Selektion, Genomforschung und Gentransfer. AquaGen ist GLOBAL GAP- und FREEDOM FOOD-zertifiziert. Aqua Bounty Technologies Inc. (USA) AquaBounty ist durch seinen patentierten GVO-Lachs bekannt geworden, der seit 1999 auf US-Marktzulassung hofft und die Produktion von Laich vorbereitet. Kürzlich erhielt die Firma 100.000 USD öffentliche Mittel für Biotechnologieforschung gegen den verbreiteten White Spot Virus bei Garnelen. Die Firma ist an der Londoner Börse notiert und erwirtschaftet hohe Verluste. Troutlodge Inc. (USA) Der weltgrößte Forellenzüchter, gegründet 1945, verkauft 400 Millionen Fischeier jährlich in 50 Länder, 20% davon triploid. Seit 2007 investiert die Firma mit dem Kauf der Unlimited Aquaculture LLC, Hawaii, in marine Kreislaufanlagen. Dort produziert sie einen schnellwüchsigen Karnivoren, den Butterfish (Anoplopoma fimbria, Sablefish, Black Cod), als Marken-Produkt und als Jungfisch. Marine Harvest (Norwegen) ist mit 25% Marktanteil der weltgrößte Lachsproduzent. Die Firma stellt den Laich selbst bereit, ca 1100 Millionen Eier jährlich. Mit 7500 Mitarbeitern beträgt der Jahresgewinn ca 1,5 Milliarden Euro. Garnelen SyAqua Research LLC ist der weltgrößte Züchter der Garnelenart Pacific White Shrimp (Litopenaeus vannamei); die Genetik wird in mehreren Entwicklungsstadien vermarktet. SyAqua wurde 2002 durch Sygen International plc gegründet, der auch der weltgrößte Schweinegenetik-Konzern PIC gehörte. SyAqua kaufte Mexiko’s größten Garnelenzüchter Super Shrimp und begann ein Zuchtprogramm mit der dort vorhandenen „unbezahlbaren genetischen Vielfalt“. 2003 kaufte sie den größten brasilianischen Garnelenzüchter Aquatec und begann mit einer Brüterei in Thailand die Öffnung des asiatischen Marktes für Pacific white shrimp. Im Zuge der Bildung des weltgrößten Tierzuchtkonzerns Genus plc 2005 löste sich SyAqua mit den Geschäften in Brasilien, Thailand und Mexiko ab. Von einer neuen Aufzuchtfarm auf der US-Exklave Insel Saipan im Gebiet der Marianen wird Brutmaterial nach Asien geliefert, das noch nicht von den grassierenden Garnelenkrankheiten befallen ist. SyAqua engagiert sich besonders bei TerminatorTechnologien, und ist vom Aquaculture Certification Council zertifiziert. Moana Technologies, LLC (USA) ist der größte Züchter der Black Tiger Shrimp (Penaeus monodon). Die Firma wurde in 2000 vom Besitzer der belgischen INVE Group gegründet, dem weltgrößten Fischlarvenfutterhersteller, bekannt durch Aquarienfutter. Die Jungtiere aus Hawaii werden in Vietnam, Thailand und Indien vermehrt und an Aquakulturfarmen verkauft. Das Zuchtmaterial kam 2001 aus Asien und Afrika. Allein in Indien können 150,000 Garnelenfarmer versorgt werden. Moana Technologies kooperiert mit dem Vlaams Instituut voor Biotechnologie (VIB) in Belgien bei der Entwicklung von gentechnisch veränderten Garnelen. High Health Aquaculture, Inc. (USA) züchtet ebenfalls in Hawaii mehrere Garnelenarten für die asiatischen Märkte. Die Züchtungsarbeit wurde bislang mit ca 1 Milliarde USD öffentlicher Mittel gefördert. BUKO Agrar Info