Klimawandel - Evangelische Akademie Tutzing

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Dürre, Orkane, Überschwemmungen, Klimaerwärmung
Jahrhundertaufgabe Klimawandel
Die extremen Wetterereignisse der vergangenen Jahre belegen anschaulich, dass der
Klimawandel sich bereits vollzieht. Die Jahrhundertflut wurde von einer
Jahrhundertdürre abgelöst. Die durch das veränderte Klima ausgelösten Schäden
verursachen Kosten in astronomischer Höhe. Wie reagieren Landschaftsarchitekten,
Medien,
Politik,
Naturschutz,
Städtebau
und Versicherungswesen
auf
die
Veränderungen?
Der Klimawandel ist nicht mehr nur ein Schreckensszenario des Club of Budapest, sondern er
befindet sich bereits in vollem Gange. Schadensmeldungen über die verheerenden
Auswirkungen von klimatisch bedingten Veränderungen häufen sich. Und das KyotoProtokoll, eine Rahmenvereinbarung der Vereinten Nationen zum weltweiten Klimaschutz, ist
noch immer nicht von wichtigen Ländern, z.B. den USA, unterzeichnet worden. Andere
Länder, wie etwa Russland, erwägen bereits wieder ihren Austritt.
In Zusammenarbeit mit Irene Burkhardt, 1. Vorsitzende ‚Bund deutscher
Landschaftsarchitekten (BDLA)’ Landesverband Bayern, diskutierte Studienleiterin
Roswitha Terlinden die neuesten Erkenntnisse aus der Ökoklimatologie, die Position der
Medien sowie aktuelle Trends aus der Landschaftsökologie und Landschaftsplanung.
Professor em. Peter Fabian, Lehrstuhl für Bioklimatologie und Immissionsforschung an der
TU München, erläuterte in seinem Vortrag den globalen Klimawandel:
Peter Fabian
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Globaler Klimawandel
Das globale Klima befindet sich in einem deutlichen Wandel, der mit Beginn der Industrialisierung
einsetzte und sich während der letzten 50 Jahre beschleunigte. Wenngleich exakte Messdaten über
globale Temperaturen, Niederschläge, Luftfeuchte, Wind usw. erst seit etwa 150 Jahren existieren,
können die Klimaverhältnisse früherer Epochen aus „Klimaproxies“ wie Baumringen, Korallen,
Eisbohrkernen usw. abgeleitet werden. Hiernach wissen wir, dass die globalen Mitteltemperaturen
während des letzten Jahrtausends durch den solaren Aktivitätszyklus und seine säkularen
Schwankungen sowie durch den Vulkanismus geprägt waren: relativ geringe Schwankungen mit
geringfügig höheren Werten um das Jahr 1000 (mittelaterliches Klimaoptimum) und einer Tendenz
zu niederigeren Werten zwischen 1450 und 1700 (kleine Eiszeit).
Zunahme der Klimaerwärmung
Seit etwa 1900 vollzieht sich nun etwas Neues: Das quasi-periodische Schwanken um einen
Mittelwert geht über in einen deutlichen Anstieg: Bis heute haben sich die globalen
Mitteltemperaturen um etwa 0,7 Grad erhöht, wobei diese Erwärmung regional sehr unterschiedlich
ist (in Deutschland mit ca. 1 Grad noch stärker). Mit statistischen Methoden kann gezeigt werden,
dass diese globale Erwärmung mit mehr als 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit nicht natürlichen
Ursprungs sein kann. Mit Klimamodellen simulierte Temperaturverläufe zeigen klar, dass der
größte Teil der beobachteten Erwärmung auf die zunehmende Anreicherung treibhauswirksamer
Gase in der Atmosphäre zurückzuführen ist. Gut die Hälfte der Erwärmung wird durch
Kohlendioxid (CO2) verursacht, das bei der Verbrennung fossiler Energieträger entsteht. Der Rest
geht auf das Konto von Methan (CH4) und Lachgas (N2O), welche größtenteils landwirtschaftlichen
Praktiken ihre Freisetzung verdanken, sowie langlebiger FCKW-Verbindungen.
Der quasi-kontinuierliche und sich in den letzten Jahrzehnten beschleunigende Anstieg der
bodennahen Temperaturen geht einher mit einer Abkühlung der höheren Atmosphärenschichten,
was insgesamt zu einer Veränderung der großräumigen Zirkulationssysteme führt. Hieraus
resultieren wiederum Veränderungen der globalen Niederschlagsverteilung: Während fast generell
in mittleren und höheren geographischen Breiten die Niederschläge zugenommen haben,
verzeichnen viele subtropische und tropische Gebiete Niederschlagsabnahmen. Diese sind
besonders in der Sahelzone gravierend, einer Region, die wegen Überbevölkerung schon lange zu
den Problemgebieten gehört.
Die globale Erwärmung führt zum Abschmelzen kontinentaler Eismassen, wodurch der
Meeresspiegel ansteigt. Hochpräzise Satellitenaltimetrie mittels Radarverfahren zeigt einen Anstieg
von zur Zeit 2,4 mm/Jahr. Etwa die Hälfte dieses Anstiegs ist die Folge der thermischen
Ausdehnung des Oberflächenwassers der Ozeane, das wie die Atmosphäre an der globalen
Erwärmung teilnimmt.
Veränderungen der Jahreszeiten
In der Pflanzenwelt spiegeln sich die Auswirkungen der globalen Erwärmung deutlich wider:
Phänologische Phasen von Bäumen und Sträuchern, also die jährlichen Eintrittszeitpunkte
charakteristischer Erscheinungen wie Austrieb, Blüte, Fruchtbildung, Fruchtreife, Blattfärbung und
Laubfall, sind regelrechte Klimamonitore: So zeigen die typischen Frühjahrsphasen wie Austrieb
und Blüte eine deutlichen Trend zur Verfrühung, während die Herbstphasen wie Blattfärbung und
Blattfall zunehmend verspätet beobachtet werden. In Mitteleuropa hat sich demnach seit den 60er
Jahren der Frühjahrsbeginn um 6 bzw. 8 Tage verfrüht, der Herbstbeginn um ca. 5 Tage verspätet.
Die jährliche Wuchsperiode hat sich somit um 11 bis 13 Tage, also um mehr als 6% verlängert.
Tatsächlich zeigen viele Waldbestände Europas, trotz neuartiger Waldschäden mit Nadel- und
Blattverlusten, erstaunlich gestiegene Zuwächse. In bayerischen Versuchsparzellen gibt es Fichten,
die heute doppelt so schnell wachsen, wie es der langjährigen Ertragstafelnorm entspricht. Ein
großer Teil dieses Effektes dürfte auf Stickstoffdüngung über anthropogenen Nitrateintrag
zurückzuführen sein. Aber es ist unstrittig, dass eine verlängerte jährliche Wuchsperiode zu mehr
Photosynthese und damit zu verstärktem Wachstum führt. Dies zeigt sich besonders deutlich durch
die Kartierung der globalen Biomasse mittels satellitengetragener Radiometer. Hier weisen vor
allem entlegene Wälder Alaskas, Nord-Kanadas und Sibiriens die stärksten Zunahmen ihrer
Biomasse auf. Diese liegen so weit von den Stickstoffemittenten entfernt, dass ihr verstärktes
Wachstum sicherlich nicht auf Nitratdünung zurückzuführen ist.
CO2-Anstieg
Heute werden der Atmosphäre jährlich etwa 7 Milliarden Tonnen Kohlenstoff in Form von CO2
zugeführt. 6 Milliarden Tonnen C/Jahr resultieren aus der Verbrennung fossiler Energieträger wie
Kohle, Öl und Erdgas, etwa 1 Milliarde Tonnen C/Jahr sind die Folge immer noch anhaltender
Brandrodung, also Waldvernichtung. Der gemessene CO2-Anstieg in der Atmosphäre entspricht
aber „nur“ ca. 3,2 Milliarden Tonnen C/Jahr, also fast 4 Milliarden Tonnen C/Jahr weniger als der
Eintrag. Wir wissen heute, dass der Ozean etwa 2 Milliarden Tonnen C/Jahr wegpuffert, der Rest
der Differenz wird von der Vegetation aufgenommen. Die Biosphäre, welche zu über 90 Prozent aus
der Biomasse der Wälder besteht, puffert etwa 2 Milliarden Tonnen C/Jahr (das ist etwa ein Drittel
der anthropogenen CO2-Quelle aus fossilen Energieträgern!) über verstärktes Wachstum. Ohne
diese biosphärische Zusatzsenke würde der CO2-Anstieg in der Atmosphäre entsprechend steiler
verlaufen, mit noch gravierenderen Folgen für das globale Klima.
Aufforstung statt Waldvernichtung
Es steht außer Frage, dass diese Pufferwirkung des Waldes nicht unbegrenzt weitergehen wird. Sie
wird spätestens Mitte dieses Jahrhunderts wegen Sättigung beendet sein. Hinzukommt, dass die
globale Waldfläche infolge Waldvernichtung laufend kleiner wird. Ein großes Problem stellt die
wachsende Weltbevölkerung und deren steigende Ansprüche an Entwicklung und Lebensstandard
dar. Der Flächenbedarf der Landwirtschaft, welcher bislang auf Kosten der Wälder laufend
zunimmt, und die Notwendigkeit, den Wald als Kohlenstoffspeicher zu erhalten (ganz zu schweigen
von anderen Werten, die der Wald darstellt) führt zu immer größeren Konflikten.
Wollte man den atmosphärischen CO2-Anstieg von ca. 3 Milliarden Tonnen C/Jahr durch
Aufforstung kompensieren, benötigte man hierzu eine Fläche von ca. 1 Milliarde Hektar oder 10
Millionen km² (bei einer angenommenen mittleren Kohlenstoffspeicherung von 3 Tonnen C/Jahr
pro Hektar und Jahr). Auch wenn eine solche Fläche nicht zur Verfügung steht, wäre es immerhin
wichtig, vorhandene Brachflächen aufzuforsten und über Holz als Baustoff und andere
Anwendungen den Kohlenstoffspeicher des Waldes zu vergrößern. Diese Wald-Holz-Option kann
aber bestenfalls einen kleinen Zusatzeffekt liefern. Auf jeden Fall ist es wichtig, die weitere
Vernichtung von Wald zu stoppen.
Solange die Verbrennung fossiler Energieträger anhält, wird die globale Erwärmung mit allen
Konsequenzen weitergehen. Sie wird sich wegen des zunehmenden Bedarfs an Agrarland auf
Kosten des Waldes verschärfen. Eine Wende kann nur dann erfolgen, wenn eine effiziente
Umsteuerung von der fossilen Energie zu erneuerbaren Energieformen erfolgt. Der für 2060
prognostizierte Weltenergiebedarf wird auf 1500 Exajoule/Jahr beziffert ( 1 EJ = 1012 J). Er ließe
sich mittels Solarthermie oder Photovoltaik bei nur 10% Wirkungsgrad auf einer Fläche von etwa
700 000 km² = 840 x 840 km, etwa auf nicht genutzten Wüstenflächen, decken.
(Eine ausführliche Darstellung findet sich in dem Buch: Peter Fabian: Leben im Treibhaus – Unser
Klimasystem und was wir daraus machen, Springer-Verlag 2002.)
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