GOE_0109_covers Kopie.qxp G 20.04.2009 14:03 Uhr Seite 3 11. Jahrgang Nr. 1 | April 2009 ESUNDES ÖSTERREICH MAGAZIN FÜR GESUNDHEITSFÖRDERUNG UND PRÄVENTION 10. ÖSTERREICHISCHE PRÄVENTIONSTAGUNG: Gemeinsam gesund. Gesundheitsförderung fürs Herz. Im Gespräch: Prof. Helga Kromp-Kolb P.b.b. 03Z034913 M - Verlagspostamt 1020 „Die gesündere Entscheidung sollte stets die leichtere sein“ Ein Geschäftsbereich der Gesundheit Österreich GmbH Fonds Gesundes Österreich MIT ACHT SIGIS-SERVICE-SEITEN GOE_0109_inhalt_edit.qxp 16.04.2009 11:28 Uhr Seite 2 FONDS GESUNDES ÖSTERREICH IM ÜBERBLICK K U R AT O R I U M Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé, Vorsitzender des Kuratoriums Landesrat a.D. Fredy Mayer, erster Stellvertretender Vorsitzender des Kuratoriums, Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Vizepräs. Mag. pharm. Dr. Christiane Körner, zweite Stellvertretende Vorsitzende des Kuratoriums, Österreichische Apothekerkammer Dr. Ulrike Braumüller, Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs Vizebürgermeisterin Dr. Christiana Dolezal, Österreichischer Städtebund Mag. Richard Gauss, Bundesministerium für Finanzen Gemeinderat Univ.-Prof. Dr. Heinz Hammer, Österreichischer Seniorenrat Präsidentin Dr. Lindi Kálnoky, Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Josef Kandlhofer, Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger Abg. z. NR a.D. Manfred Lackner, Österreichischer Seniorenrat Vizepräs. Dr. Harald Mayer, Österreichische Ärztekammer Präsident Bürgermeister Helmut Mödlhammer, Österreichischer Gemeindebund SL Prof. Dr. Robert Schlögel, Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend Landesrätin Dr. Silvia Stöger, Konferenz der Gesundheitsreferenten der Länder Landesstatthalter Mag. Markus Wallner, Landeshauptleutekonferenz P R O J E K T B E I R AT Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Freidl, Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie der med. Universität Graz Martin Hefel, Leitung Marketing & Kommunikation (Fachhochschule Vorarlberg GmbH), Obmann des Vorarlberger Familienverbandes Univ.-Doz. Mag. Dr. Ingrid Kiefer, Leitung des Kompetenzzentrums Ernährung & Prävention sowie Leiterin der Unternehmenskommunikation der AGES Univ.-Prof. Dr. Horst Noack, em. Vorstand des Institutes für Sozialmedizin an der Universität Graz Univ.-Prof. Dr. Rotraud Perner, Psychoanalytikerin und Konflikt- und Gewaltforscherin, Leiterin des Institutes für Stressprophylaxe und Salutogenese Univ.-Prof. Dr. Anita Rieder, Curriculum Direktorin der med. Universität Wien, stellv. Vorstand des Instituts für Sozialmedizin der med. Universität Wien Mag. Günter Schagerl, ASKÖ – Leiter des Referats für Fitness und Gesundheitsförderung G E S C H Ä F T S S T E L L E Mag. Christoph Hörhan, Bereichsleiter Mag. Walter Hörth, kaufmännischer Leiter und stellvertretender Bereichsleiter Mag. Dr. Rainer Christ, Gesundheitsreferent Ing. Petra Gajar, Gesundheitsreferentin Mag. Rita Kichler, Gesundheitsreferentin Mag. Gerlinde Rohrauer-Näf MPH, Gesundheitsreferentin Mag. Dr. Klaus Ropin, Gesundheitsreferent Mag. Dr. Verena Zeuschner, Gesundheitsreferentin Mag. (FH) Sabrina Kucera, Projektassistentin Tanja Pfeifer, BA, Projektassistentin Mag. Markus Mikl, Kommunikation Helga Klee, Projektadministration/Kommunikation Elisabeth Berger, Sekretariat – Bereichsleitung Susanna Weidinger, Sekretariat – Bereichsleitung Helmut Nimpfer, Buchhaltung/Controlling Mag. (FH) Marion Fichtinger, kaufmännische Assistentin Mag. Barbara Glasner, kaufmännische Assistentin Mag. (FH) Sandra Ramhapp, kaufmännische Assistentin Gabriele Ordo, Veranstaltungen/SIGIS/Projektassistentin Ein Geschäftsbereich der Gesundheit Österreich GmbH Fonds Gesundes Österreich IMPRESSUM: Gesundes Österreich 1|09 Medieninhaber und Herausgeber: Fonds Gesundes Österreich, ein Geschäftsbereich der Gesundheit Österreich GmbH Aspernbrückengasse 2, 1020 Wien, Tel: 01/895 04 00-0, Fax: 01/895 04 00-20, E-Mail: [email protected] Verleger: Mag. Dietmar Schobel & Mag. (FH) Maria Weidinger-Moser Kontakt: Weikom & Network, A-3422 Hadersfeld, Feldgasse 43, [email protected], Tel: 02242/314 44 Redaktionsbüro: Mag. Dietmar Schobel, teamword, Hietzinger Hauptstraße 136/3, A-1130 Wien, [email protected], Tel: 01/971 26 55, Mobil: 0664/360 17 82 Redaktion: Sabine Fisch, Ing. Petra Gajar, Helga Klee, Dr. Anita Kreilhuber, Mag. Harald Leitner, Mag. Markus Mikl, Mag. Hermine Mandl, Mag. Dietmar Schobel (Leitung), Ursula Sova, Mag. Gabriele Vasak Graphik: Christoph Gardowsky (Bildredaktion), Mag. Gottfried Halmschlager (Art Director), Tel: 0664/131 14 41, Sternwerk, Währinger Gürtel 166/10, A-1090 Wien, [email protected], Tel: 01/236 23 08 Anzeigen: Helmut H. Grussmann, A-1080 Wien, Albertplatz 1/7, Tel: 01/40 75 929/11, Fax: 01/40 75 929/15, [email protected] Fotos: Bilder Box, Klaus Pichler (Seiten 12 bis 26), Foto Titelseite: ©herruwe Druck: Ferdinand Berger & Söhne Ges.m.b.H Erscheinung: 4 x jährlich Verlags- und Herstellungsort: Wien, Verlagspostamt: 1020 Wien. GOE_0109_inhalt_edit.qxp 16.04.2009 12:55 Uhr Seite 3 EDITORIAL INHALT 01/09 Liebe Leserin, lieber Leser! KURZ UND BÜNDIG 4 Was kommt, was war und was bleibt Thema GESUNDHEITSFÖRDERUNG FÜRS HERZ 10. PRÄVENTIONSTAGUNG 12 DAS HERZSTÜCK DER GESUNDHEITSFÖRDERUNG Weshalb Primärprävention so wichtig ist 12 ES IST NIE ZU FRÜH UND NIE ZU SPÄT Gesundheitsförderung wirkt in jedem Alter 15 WAS WIR UNS ZU HERZEN NEHMEN SOLLTEN 16 Die psychischen Ursachen von Herz-Kreislauferkrankungen DIE SOZIALE SCHERE NICHT WEITER ÖFFNEN Sozial Benachteiligte vielfältig fördern 18 MOTIVATION FÜR EIN GESÜNDERES LEBEN Das „Transtheoretische Modell der Verhaltensänderung“ 20 PRAXIS-PROJEKTE FÜR AUSGEWÄHLTE SETTINGS Initiativen für gesunde Ernährung und Bewegung 21 IM GESPRÄCH Helga Kromp-Kolb erzählt, was sie für ihre Gesundheit tut – und erklärt, was wir uns und unserer Umwelt zuliebe ändern sollten. 28 DIE SIGIS-SERVICE-SEITEN News und Berichte über die Selbsthilfe-Bewegung 31–38 PROJEKTE stellen sich vor 40 WAS BRINGT PEER EDUCATION? Evaluation des Projektes „risk’n’fun“ 40 GEMEINSAM GESUNDHEIT GESTALTEN Eine Initiative für sozioökonomische Betriebe 41 NUR MUT – REDEN TUT GUT Ein Hilfsangebot für Kinder alkoholkranker Eltern 42 LEBENSFREUDE BIS INS HOHE ALTER 43 Kompetente Beratung für Menschen 60plus in Vorarlberg MÜTTER IN AKTION 44 Ein steirisches Projekt, das Mütter psychosozial unterstützt ARBEITSPLATZ MOBILE PFLEGE Gesund bleiben bei einer belastenden Tätigkeit 45 FONDS AKTIV Wie sozial benachteiligte Schüler/innen gefördert werden können 46 NEUES AUS DER WISSENSCHAFT Der Fehlzeitenreport 2008 48 MENSCHEN IM FONDS 50 KALENDER 51 H erz-Kreislauferkrankungen stehen an der Spitze der Todesursachen. Sie sind aber auch eine häufige Ursache für Behinderungen und eine verminderte Lebensqualität. Das müsste jedoch nicht so sein, da die Risikofaktoren bekannt sind. Der Fonds Gesundes Österreich hat deshalb ein umfassendes Programm für HerzKreislaufgesundheit entwickelt. Es setzt auf mehreren Ebenen an und beinhaltet neben einer Info-Kampagne auch Modellprojekte, regionale Aktivitäten und Kooperationen mit Industrie und Handel. So wollen wir die Menschen dort, wo sie leben und arbeiten, direkt ansprechen und dazu beitragen, dass die gesündere Entscheidung im Alltag der Bürger/innen zur leichteren wird – zum Beispiel auch durch die „Gesunde Jause“, die auf Seite 4 beschrieben wird. „Gemeinsam gesund. Gesundheitsförderung fürs Herz“ lautete auch das Thema unserer 10. Präventionstagung in Wien. In der aktuellen Ausgabe von „Gesundes Österreich“ sind die wichtigsten Inhalte dieser Konferenz ab Seite 12 für Sie journalistisch aufbereitet. Erfolgreiche Initiativen in Gemeinden und Regionen werden ebenso beschrieben wie etwa Projekte, die speziell „Männerherzen“ gesund erhalten sollen. Wie sozial Benachteiligte erreicht werden können, stand sowohl bei der Präventionstagung als auch bei einem Expert/innenworkshop im Dezember auf der Tagesordnung. Näheres dazu lesen Sie auf den Seiten 18 und 19 sowie auf den Seiten 46 und 47. Die Sigis-Service-Seiten im Zentrum unseres Heftes befassen sich in bewährter Form mit den Anliegen der Selbsthilfe-Bewegung, die ein wichtiger Bestandteil unseres Gesundheitssystems ist. In unserer Titelgeschichte auf den Seiten 28 und 29 erzählt die bekannte Klimaforscherin Univ.-Prof. Dr. Helga KrompKolb, Österreichs Wissenschafterin des Jahres 2005, wie sie sich gesund erhält – und weshalb ihr nicht immer genug Zeit bleibt, das ausreichend zu tun. Auch sie meint, dass aus gesellschaftlicher Sicht die gesündere Entscheidung stets die leichtere sein sollte – denn sie ist in aller Regel auch eine umweltverträgliche und damit zukunftsträchtige. Ich wünsche Ihnen eine unterhaltsame und informative Lektüre, Mag. Christoph Hörhan Leiter Fonds Gesundes Österreich GESUNDES ÖSTERREICH 3 GOE_0109_kurz_buendig.qxp 16.04.2009 11:32 Uhr Seite 2 KURZ UND BÜNDIG Gesunde Jause erobert Österreichs Bäckereien iele Herz-Kreislauf-Erkrankungen wären vermeidbar, da die Risikofaktoren bekannt sind und durch eine Änderung des individuellen Lebensstils deutlich gesenkt werden können. Es geht deshalb darum, die Menschen zu einem gesunden Lebenswandel zu motivieren.“ – Das sagte der Bundesminister für Gesundheit und Präsident des Fonds Gesundes Österreich Alois Stöger, diplômé bei einer Pressekonferenz anlässlich der Kampagne „Mein Herz und ich. Gemeinsam gesund.“ In einer Bäckereifiliale am Stephansplatz in Wien wurde eine Initiative für eine „gesunde Jause“ vorgestellt, die der Fonds Gesundes Österreich in Kooperation mit der Bundesinnung der Bäcker und der AMA Marketing durchführt. Zu dieser wohltuenden Zwischenmahlzeit gehört das von Expert/innen der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung im Rahmen des Wiener Projektes „Ein Herz für Wien“ entwickelte „Herzweckerl“. Das gesunde Brotlaibchen © Thomas Preiss V Gesundheitsminister Alois Stöger, diplômé, Mag. Christoph Hörhan, die Wiener Gesundheitsstadträtin Mag.a Sonja Wehsely, Dr. Stephan Mikinovic, Geschäftsführer der AMA Marketing und KR Heinz Hofmann, Bundesinnungsmeister der Bäcker wird seit Kurzem bundesweit in Bäckereien angeboten – gemeinsam mit einem fettarmen und ungezuckerten Milchprodukt. Mag. Christoph Hörhan erläuterte die Ziele der Zusammenarbeit: „Mit der heute vorgestellten © OÖGKK Betriebliche Gesundheitsförderung lohnt sich KR Mag. Julius Stiglechner, Obmann-Stv. der OÖGKK (1. v. links), Mag. Franz Kiesl, Ressortdirektor der OÖGKK (2. v. rechts) und Mag. Christoph Hörhan (1. v. rechts) bei der Verleihung des BGF-Gütesiegels an Vertreter/innen oberösterreichischer Betriebe ereits im Jänner wurde das Gütesiegel für Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) an neun Betriebe aus Oberösterreich verliehen. „Gesunde Mitarbeiter/innen sind ein wesentlicher Bestandteil für wirtschaftliche Erfolge in den Unternehmen in Oberösterreich“, sagte aus diesem Anlass der Obmann der Oberösterrei- B 4 GESUNDES ÖSTERREICH chischen Gebietskrankenkasse Felix Hinterwirth. Die Amag Austria Metall, der Forstbetrieb Steyrtal der Österreichischen Bundesforste, das Krankenhaus der Elisabethinen und die Reform-Werke Bauer erhielten das Gütesiegel erstmalig. An B. Kern Bau, Krückl Bau, Pletzer Bau, pro mente OÖ und die Pensionsversicherungsanstalt Oberösterreich Aktion verankern wir herzgesunde Angebote in bestehenden Strukturen, den Bäckereien, in ganz Österreich. Durch solche Maßnahmen gelingt es, eine nachhaltige Veränderung zu bewirken.“ wurde es erneut verliehen. An das Unternehmen B. Kern Bau mit rund 60Mitarbeiter/innen beispielsweise nicht nur deshalb, weil dort das Modellprojekt „WEG – Wirtschaftlicher Erfolgsfaktor Gesundheit“ des Fonds Gesundes Österreich erfolgreich umgesetzt wurde, sondern auch weil die ganzheitliche BGF bereits seit 1999 fixer Bestandteil der Unternehmenspolitik ist. Dass sich Betriebliche Gesundheitsförderung aus wirtschaftlicher Sicht lohnt, ist übrigens unter anderem durch eine Forschungsarbeit des Instituts für Höhere Studien (IHS) belegt: Fehlzeiten gehen dank BGF um bis zu 36 Prozent zurück, die damit verbundenen Kosten um bis zu 34 Prozent. Als überregional tätiger Sozialversicherungsträger ist auch die Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau (VAEB) im Österreichischen Netzwerk für Betriebliche Gesundheitsförderung vertreten. Ende Februar wurde durch Bundesminister Alois Stöger, diplômé in der Zentrale der VAEB in Wien das Gütesiegel für Betriebliche Gesundheitsförderung an Firmen vergeben, die auf nachhaltige BGF setzen. Neben Rio Tinto Minerals Austria, einem Betrieb mit 150 Mitarbeiter/innen, der bereits seit 1995 Maßnahmen der BGF durchführt, wurden auch die Planai-Hochwurzen-Bahnen mit 211 Mitarbeiter/innen zum ersten Mal mit dem BGF-Gütesiegel ausgezeichnet. Über eine erneute Auszeichnung konnte sich Böhler Edelstahl freuen. Das Unternehmen betreibt seit Februar 2003 BGF für seine 2.000 Mitarbeiter/innen. 16.04.2009 11:32 Uhr KURZ Krankmacher entlarven m März wurden die Gütesiegel für Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) an Unternehmen und Organisationen in der Bundeshauptstadt von der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) überreicht. „Die Menschen verbringen ein Drittel ihres Lebens im Betrieb. Betriebliche Gesundheitsförderung kann den Arbeitsplatz auf Gesundheitsmaßnahmen hin überprüfen und UND BÜNDIG eventuelle Krankmacher entlarven“, betonte der Bundesminister für Gesundheit und Präsident des Fonds Gesundes Österreich Alois Stöger, diplômé bei diesem Anlass. Das „Gütesiegel BGF“ ist eine Auszeichnung des „Österreichischen Netzwerkes Betriebliche Gesundheitsförderung“ und wird vom Fonds Gesundes Österreich gefördert. Es soll die ganzheitliche und umfassende Gesundheitsorientierung eines Unternehmens öffentlich sichtbar machen und wird auf jeweils drei Jahre vergeben. Eine Wiederbewerbung ist danach möglich. Es kann für erfolgreiche Projekte der BGF beantragt werden, für Projekte, die einen besonderen Innovativitätscharakter aufweisen oder dann, wenn Gesundheitsförderung dauerhaft in den Alltag eines Unternehmens integriert wurde. In der Bundeshauptstadt wurden heuer ausgezeichnet: das Bundesministerium für Finanzen, die Steuer- und Zollkoordination Wien, die Erste Bank der österreichischen Sparkassen AG, die Wienstrom GmbH, der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger sowie die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft. © WGKK I Seite 3 Gesundheitsminister Alois Stöger, diplômé (3. von rechts), der Präsident des Fonds Gesundes Österreich, und WGKK-Obmann Franz Bittner (3. von links) überreichen das Gütesiegel für Betriebliche Gesundheitsförderung an Mitarbeiterinnen der „Erste Bank“. Initiativen vor den Vorhang bitten en Menschen die Augen für das Wesentliche im Leben zu öffnen, ist eines der Ziele, die wir uns mit dem Vorsorgepreis gesetzt haben“, sagte Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll im März anlässlich der Verleihung dieser vom Land Niederösterreich initiierten Auszeichnung. Dr. Pröll ergänzte, dass es deshalb so wichtig sei, vorbildliche Initiativen in diesem Bereich „vor den Vorhang zu bitten“. Rund 300 Projekte hatten sich um den mit 3.000 Euro dotierten „Österreichischen Vorsorgepreis 2009“ beworben. Zu jenen Initiativen, die tatsächlich mit der begehrten Statue von „Hygieia“, der griechischen Göttin der Gesundheit ausgezeichnet wurden, zählte in der österreichweiten Kategorie Betriebe die ÖSB Consulting GmbH mit „(f)itworks. Modellprojekt zur Gesundheitsförderung arbeitsuchender Menschen“, eine vom Fonds Gesundes Österreich geförderte Initiative. „Der kleine MUGG – Mir und Uns Geht’s Gut“ wird von der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse umgesetzt und ebenfalls vom Fonds Gesundes Österreich unterstützt. Dieses Projekt erhielt den bundesweiten Vorsorgepreis in der Kategorie Bildungseinrichtungen. Bundesweite Vorsorgepreise gingen auch an den Zonta Club Feldbach und die Wiener Gebietskrankenkasse. Den Sonderpreis der Jury gab es für die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse für „EMMA – Eltern mit Kind machen Auszeit“. Niederösterreich-Preise erhielten die Landeskliniken Weinviertel Hollabrunn und Hainburg in Kooperation mit der P. Dussmann GmbH, das Schulzen- Der niederösterreichische Landeshauptmann trum Gmünd, der Arbeitskreis Gesunde Dr. Erwin Pröll und Moderatorin Dr. Vera Gemeinde Neidling sowie der Berg- und Russwurm bei der Verleihung des „Österreichischen Vorsorgepreises 2009“ Wanderverein Wienerland. im St. Pöltner Festspielhaus © NLK Pfeiffer D Schweizer Konferenz für Gesundheitsförderung Die Schweizer Gesundheitsförderer/innen trafen sich im Kanton Schwyz. © Gesundheitsförderung Schweiz GOE_0109_kurz_buendig.qxp ie 11. Nationale Gesundheitsförderungs-Konferenz der Schweiz fand Anfang dieses Jahres in Pfäffikon im Kanton Schwyz statt. Neben Vertreter/innen der Gesundheitsbehörden, Politiker/innen und Fachleuten aus der Wissenschaft nahmen auch Akteur/innen des Gesundheitswesens teil, um aktuelles Wissen über die sozialen Determinanten von Gesundheit zu reflektieren und zu diskutieren. So sagte etwa der Referent Kari Välimäki vom finnischen Ministerium für Soziales und Gesundheit bei der Tagung: „Das wirksamste Mittel der Gesundheitsförderung ist, die Leute vor Arbeitslosigkeit zu bewahren.“ Der Vortragende sprach sich dafür aus, dies gerade in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten zu beachten. Und Univ.-Prof. Dr. Thomas Abel von der Abteilung für Gesundheitsforschung der Universität Bern betonte:„Wer über die ökonomischen, sozialen und kulturellen Ressourcen verfügt, kann selbständig entscheiden und handeln und weiß dann auch, was für ihn selbst und für die Umwelt gesund ist“. Der Schweizer Wissenschafter forderte deshalb bei der Fachtagung gesicherte Einkommen, die Vermittlung von Werten und Wissen und ein System der sozialen Unterstützung und Vernetzung. D GESUNDES ÖSTERREICH 5 16.04.2009 11:33 Uhr Seite 4 KURZ er Universitätslehrgang „Public Health“ der Medizinischen Universität Graz ist dank seiner Qualität österreichweit und über die Landesgrenzen hinaus anerkannt. Anfang des Jahres konnte das Lehrgangsteam © Dorli Kahr-Gottlieb D Neun frisch gebackene „Masters of Public Health“ (von links): Horst Stuhlpfarrer, Judith Strempfl, Gerlinde Rohrauer, Ines Krenn, Cordula Eisler, Gernot Antes, Doris Kuhness, Petra Petz, Andreas Stoppacher zwölf weiteren Absolvent/innen zu ihrem erfolgreichen Abschluss gratulieren. Der Festredner war Univ.-Prof. Dr. Bernhard Badura, Emeritus der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld, der über „Gesunde Gesellschaften“ referierte. Univ.-Prof. Dr. Gilbert Reibnegger, der Vizerektor für Studium & Lehre der Medizinischen Universität Graz, überreichte den Absolvent/innen ihre Abschlusszeugnisse. In seiner Ansprache hob er die Pionierarbeit hervor, welche der Universitätslehrgang auf wissenschaftlicher Ebene für Public Health in Österreich geleistet habe. Public Health-Know-how für Europa ie EUPHA (European Public Health Association) ist ein Dachverband für Public Health-Vereinigungen und -Institute aus ganz Europa und hat aktuell 67 Mitglieder aus 40 Ländern. Die ASPHER (Association of Schools of Public Health in the European Region) hat eine ähnliche Funktion im Bereich der Public Health-Ausbildung und vereint rund 70 Ausbildungsinstitutionen aus 36 Ländern unter ihrem Dach. Im Vorjahr fand in Lissabon die erste gemeinsame Konferenz von EUPHA und ASPHER statt, wobei „Innovationen in der Forschung und Ausbildung im Bereich Public Health“ das übergeordnete Thema waren. Rund 1.200 Teilnehmer/innen wurden bei der großen Fachveranstaltung mit rund 40 Workshops gezählt. ereits zum neunten Mal fanden Ende des Vorjahres im Rathaus die Wiener Frauengesundheitstage „fem vital“ statt.„Gesundheit braucht Chancengleichheit. Deshalb sind in Wien auch Frauen- und Gesundheitspolitik eng miteinander verknüpft“, betonte dabei die Wiener Frauen- und Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger. Zu den Themenschwerpunkten zählten Übergewicht und gesunde Ernährung, aber auch die Lebenswel- B GESUNDES ÖSTERREICH ten älterer Frauen. Damit wirklich allen Wienerinnen etwas geboten wird – egal welchen Alters oder welcher Herkunft – wurden Vorträge zu aktuellen Gesundheitsthemen in sieben Sprachen gehalten: Neben Deutsch, Englisch, Türkisch und Bosnisch/Kroatisch/Serbisch auch in Arabisch, Chinesisch und Punjabi. Wer selbst aktiv werden wollte, konnte zum Beispiel Beckenboden-Training, Salsa, Bauchtanz, Jodeln oder Selbstverteidigung ausprobieren. Gesundheitsfördernde Krankenhäuser ie 13. Konferenz des Österreichischen Netzwerks Gesundheitsfördernder Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen (ONGKG) Ende des Vorjahres in Wien griff ein Thema auf, das von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits in der „Ottawa-Charta zur Gesundheitsförderung“ von 1986 angelegt worden war: Die Notwendigkeit ökologische, soziale und ökonomische Ressourcen verantwortungsvoll zu nutzen als Grundvoraussetzung für Gesundheit. Bei der Veranstaltung wurden Beispiele und Vorschläge zu Beiträgen von Krankenhäusern und anderen Gesundheitseinrichtungen zur Nachhaltigkeit präsentiert und diskutiert. Die von 150 Teilnehmer/innen besuchte Tagung war zugleich die 2. Österreichische Konferenz Rauchfreier Gesundheitseinrichtungen. D „Gesundheitsförderung durch Nachhaltigkeit stärken“ war Thema der 13. ONGKG-Konferenz. Was essen die Österreicher/innen? ktuelle Antworten auf die Frage nach dem Ernährungsstatus der Bevölkerung gab es bei der Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung A www.bilderbox.com © Jose Manuel 6 BÜNDIG Gesundheit braucht Chancengleichheit Frische Kräfte für die Public Health D UND © ONGKG GOE_0109_kurz_buendig.qxp (ÖGE) Ende des Vorjahres. Im Mittelpunkt standen „Methoden der Erfassung und Dokumentation der Ernährungs- und Gesundheitssituation“. Neben der „Österreichischen Studie zum Ernährungsstatus“ wurden unter anderem auch die „Nationale Verzehrsstudie für Deutschland“ und die „Schweizer Verzehrsanalyse“ vorgestellt. Umfassende aktuelle Daten lassen sich nun auch dem „Österreichischen Ernährungsbericht 2008“ entnehmen, der Ende März von Gesundheitsminister Alois Stöger, diplômé gemeinsam mit dem Ernährungswissenschafter Univ.-Prof. Dr. Ibrahim Elmadfa von der Universität Wien präsentiert wurde. Der Bericht ist kostenlos beim Bundesministerium für Gesundheit erhältlich. Bestellungen telefonisch unter 0810/818164 oder per E-Mail unter: [email protected]. Über die Website www.bmg.gv.at ist auch ein Gratis-Download möglich. 16.04.2009 11:34 Uhr UND BÜNDIG © Congress Innsbruck KURZ Seite 5 Schönheit um jeden Preis? I Wie gesund ist Österreich? K sundheitsberichten“, „Integrierte Gesundheitsberichterstattung“ sowie „Soziale Sicherheit und Gesundheit“. Das Kongresszentrum in Innsbruck ist Veranstaltungsort der 11. Gesundheitsförderungskonferenz. Ohne Gerechtigkeit keine Gesundheit Schule gesundheitsfördernd gestalten eit 2007 ist Gesundheitsförderung im Setting Schule ein prioritärer Bereich des Fonds Gesundes Österreich (FGÖ). Das war mit ein Grund, dem Thema „Schule gesundheitsfördernd gestalten“ Mitte März in Wien eine Tagung zu widmen. „Die Gesundheit der Lehrer/innen ist die Basis einer ,Guten Gesunden Schule’. Daher ist auch auf die Gesundheitsförderung in diesem Bereich ein besonderes Augenmerk zu richten“, betonte Mag. Christoph Hörhan, der Leiter des FGÖ bei der Eröffnung der Konferenz. Bei den mehr als 200 Teilnehmer/innen fanden deren Inhalte großes Interesse. Dafür sorgte als erster Plenumsreferent Dr. Martin Korte, Universitätsprofessor aus Braunschweig. Anhand eines Filmbeispiels, in dem Affen die Zahlen von 1 bis 9 rascher wieder erkennen als menschliche „Versuchskaninchen“ – sofern die Primaten dafür mit einer Nuss belohnt werden – leitete er zu aktuellen neurowissenschaftlichen Erkenntnissen über Grundprinzipien des Lernens über: nämlich Selektivität, Motivation und klare Ziele. Der deutsche Beziehungsdidaktiker Dr. Reinhold Miller konnte im Anschluss in einem sehr emotionalen Vortrag dem Publikum nahe bringen, worauf es bei der zwischenmenschlichen Kommunikation tatsächlich ankommt. Den weiteren Referent/innen im Plenum und in den sechs Workshops gelang es, an diese hohe Vortragsqualität anzuschließen. Den krönenden Abschluss bildete ein „Worldcafé“, in dem sich nicht weniger als elf konkrete Projekte aus österreichischen Schulen vorstellten. Ausführliche Berichte über alle Inhalte und Vorträge der sehr erfolgreichen Tagung werden wir Ihnen in der Juni-Ausgabe von „Gesundes Österreich“ präsentieren. S oziale Ungerechtigkeit tötet Menschen in großem Maßstab“. Das wird im WHOBericht „Soziale Determinanten von Gesundheit“ festgestellt. Der Leiter der gleichnamigen Kommission, Univ.-Prof. Dr. Michael Marmot, stellte diesen Bericht und Empfehlungen für die Politik auf dem 14. bundesweiten deutschen Kongress „Armut und Gesundheit“ vor. Mehr als 1.700 Teilnehmende aus Wissenschaft, Politik und Praxis kamen zu dieser Fachveranstaltung ins Berliner Rathaus Schöneberg, um sich mit Gesundheitsförderung für sozial Benachteiligte zu beschäftigen. Prof. Dr. Rolf Rosenbrock vom deutschen Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen sagte auf dem Kongress:„Entscheidungen über die Verteilung von Gesundheitschancen und damit die Lebenserwartung und Le- Univ.-Prof. Dr. Michael bensqualität fallen Marmot: „Soziale nicht allein in der Ungerechtigkeit tötet Gesundheitspolitik, Menschen in großem sondern genauso in Maßstab.“ der Bildungspolitik, Arbeitsmarktpolitik und bei der Einkommensverteilung: Ohne Gerechtigkeit keine Gesundheit.“ Weitere Informationen über die Tagung sind im World Wide Web zu finden: www.gesundheitliche-chancengleichheit.de S © Congress Insbruck onkrete Daten zum Gesundheitszustand der Österreicher/innen und ihren Lebensbedingungen werden auf der 11. Österreichischen Gesundheitsförderungskonferenz am Montag 4. Mai 2009 im „Congress Innsbruck“ präsentiert. Bei dieser Fachveranstaltung des Fonds Gesundes Österreich wird unter dem Titel „Wie gesund ist Österreich? – Fakten und Folgerungen für die Gesundheitsförderung“ aber vor allem auch thematisiert, welche Strategien und Aktivitäten sich für die Gesundheitsförderung und Gesundheitspolitik aus den vorliegenden Berichten ableiten lassen. Im Einzelnen werden zu folgenden sieben Bereichen Studien vorgestellt und daraus resultierende Empfehlungen diskutiert: „Bedingungen zum Aufwachsen in Familien und Schulen“, „Arbeitsbedingungen und arbeitsweltbezogene Gesundheitsberichterstattung“, „Gute Rahmenbedingungen für gesunde Ernährung“, „Gebaute Umwelt und Bewegung“, „Impulse aus ausgewählten Ge- mmer mehr Menschen begeben sich unter das schönheitschirurgische Messer, die Kund/innen werden immer jünger, die Eingriffe immer extremer: Das sind einige der globalen Trends in Sachen künstlich geformte Körper und schwer erreichbare Schönheitsideale. Deren oft dramatische gesundheitliche Konsequenzen wurden bei dem internationalen Kongress „Künstlich geformte Körper: Schönheit um jeden Preis?“ in Wien diskutiert. Laut einer aktuellen Gallup-Umfrage zieht ein Viertel der Österreicherinnen eine Schönheitsoperation in Betracht.Acht Prozent der Frauen über 14 Jahren geben an, bereits einen schönheitschirurgischen oder kosmetischen Eingriff hinter sich zu haben. Die Wiener Gesundheitsund Sozialstadträtin Mag.a Sonja Wehsely bei der Fachkonferenz: „Die aktuellen Daten zeigen, wie wichtig die Aktivitäten der Stadt Wien gegen den krank machenden Schönheits- und Schlankheitswahn sind.“ Mehr unter: www.essstoerungshotline.at © Gesundheit Berlin e. V. GOE_0109_kurz_buendig.qxp GESUNDES ÖSTERREICH 7 www.volkshilfe.at armut tut weh. Margit Fischer Spenden hilft. PSK 90.175.000 BLZ 60000 solidarität leben Spendenerlagscheine bei Bank Austria, BAWAG PSK und Post AG vh_Schirm_A4_hoch_ohne.indd 1 10.11.2008 11:16:06 Uhr GOE_0109_kurz_buendig.qxp 20.04.2009 14:05 Uhr Seite 7 KURZ BÜNDIG © Stiftung Maria Ebene Erfolgreiches Projekt mit nachhaltiger Wirkung UND er Umgang mit der Droge Alkohol stellt ganz besonders für junge Menschen eine große Herausforderung dar. „Mehr Spaß mit Maß“ heißt ein An- Mag. Christoph Hörhan und Univ.-Prof. Primar Dr. Reinhard Haller fang 2004 begonnenes Pro- bei der Abschlussfeier von „Mehr Spaß mit Maß“ jekt in Vorarlberg, das in den sechs „Sektoren“ Gastronomie, Handel, VerUniv.-Prof. Prim. Dr. Reinhard Haller, kehr, Gemeinden, Multiplikator/innen sowie die Vorarlberger Landtagsabgeordneten Frauen und Mädchen durchgeführt wurde. Dr. Greti Schmid und Erika Burtscher sowie Zu den zahlreichen konkreten Maßnahmen Mag. Christoph Hörhan, Chef des Fonds zählte etwa, dass gemeinsam mit der GastroGesundes Österreich. Mit über einer Million nomie ein attraktives Angebot an alkoholEuro Fördersumme und über zwei Milliofreien Drinks erstellt und das „Netzwerk nen Euro Gesamtkosten ist „Mehr Spaß mit Mystery Shopping“ geschaffen wurde – dabei Maß“ das bislang größte vom Fonds Gesunüberprüfen Teenager, wie es Lokale mit der des Österreich unterstützte Projekt. GesamtAbgabe von Alkoholika halten. In Götzis in ziel war es, Jugendliche an einen kritischen Vorarlberg wurde der Abschluss des auf fünf Umgang mit Alkohol heranzuführen. Dass Jahre angelegten erfolgreichen Projektes gedies erreicht werden konnte, zeigt die externe feiert. Zu den Festredner/innen zählten Evaluation durch Prof. (FH) Dr. Frederic Fredersdorf. Bei dieser wurde unter anderem festgestellt, dass das Projekt in der Region sehr hohe Akzeptanz gefunden hat, und dass es gelungen ist, in bislang in diesem Bereich einzigartigem Ausmaß Maßnahmen der Verhältnisprävention umzusetzen. © Stiftung Maria Ebene D Die Vorarlberger Landtagsabgeordneten Thomas Winsauer und Erika Burtscher sowie Bundesrat Edgar Mayer und Landtagsabgeordnete Dr. Greti Schmid (von links nach rechts) bei der Abschlussfeier von „Mehr Spaß mit Maß“ Gesunde Lebenswelten im Alter I Praxis, die bei der Tagung auch präsentiert wurden. Dr. Josef Probst, stellvertretender Generaldirektor im Hauptverband, stellte bei der Konferenz aber auch fest: „In diesem Bereich fehlt jedoch noch eine strategische Ausrichtung und ein integrierter Ansatz für Gesundheitsförderung.“ © BilderBox.com n Österreich müssen umfassende Perspektiven geschaffen werden, wie Pflegeheime, Wohneinrichtungen für Senior/innen und die mobile Betreuung als gesundheitsfördernde Lebenswelten gestaltet werden können. – Das war ein zentrales Ergebnis der Fachtagung „Gesundheitsförderung in der Langzeitbetreuung“, die Ende des Vorjahres in den Räumen des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger in Wien stattfand. Die Konferenz wurde vom Hauptverband in Kooperation mit der Stadt Wien, dem Fonds Gesundes Österreich, dem Verein für prophylaktische Gesundheitsarbeit und dem Ludwig Boltzmann Institut für Gesundheitsförderungsforschung abgehalten. Es gibt zwar in der Langzeitbetreuung längst Modelle guter, gesundheitsförderlicher Migration als Chance ie Österreichische Gesellschaft für Public Health (ÖGPH) fördert Forschung, Lehre und Anwendung der Gesundheitswissenschaften und von Public Health in Österreich. Die 12. Wissenschaftliche Tagung der ÖGPH wird am 24. und 25. September 2009 an der Johannes Kepler Universität Linz stattfinden und sich mit dem Thema „Migration, Kultur und Gesundheit – Chancen, Herausforderungen und Lösungen“ befassen. In der Vorankündigung schreiben die Veranstalter: „Migration sorgt für Chancen und Herausforderungen – auch im Gesundheitswesen“. Die Plenarvorträge werden einen inhaltlichen Bogen spannen, der vom kulturellen Verständnis von Gesundheit über epidemiologische Fragestellungen zu Migration bis hin zu den politischen Implikationen von Migration und Kultur reichen wird. In mehreren Workshops werden Beiträge präsentiert, die unter anderem aufgrund eines Call-for-Abstract-Verfahrens ausgewählt wurden und sich im Besonderen mit der Situation in Österreich auseinandersetzen. Über die Website www.oeph.at sind nähere Informationen zu finden. D Arbeit – Alter – Zukunft ie demografische Entwicklung macht es erforderlich, ältere Arbeitskräfte länger im Erwerbsprozess zu halten“, meinte der Kärntner Arbeitsmarktreferent Landeshauptmannstellvertreter Uwe Scheuch bei der Enquete „Arbeit – Alter – Zukunft – Wohin geht die Reise?“, die Ende des Vorjahres im Casineum Velden stattfand. Die Meinungs- und Motivforscherin Dr. Helene Karmasin entwarf in ihrem Impulsreferat im Anschluss ein Zukunftsszenario für die Veränderung des Arbeitslebens in den nächsten Jahrzehnten. Für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen wird die Sicherung des Arbeitskräftepotenzials angesichts der immer älter werdenden Bevölkerung ein wichtiger Zukunftsfaktor. Expert/innen gehen davon aus, dass es bis zum Jahr 2030 in der Europäischen Union an rund 20 Millionen Arbeitskräften mangeln könnte. Eines der Themen, die bei der Enquete eine Rolle spielten, waren deshalb auch die Möglichkeiten, durch Instrumente der Betrieblichen Gesundheitsförderung gezielt die Ressourcen von Menschen am Arbeitsplatz zu erhalten und zu stärken. D GESUNDES ÖSTERREICH 9 GOE_0109_kurz_buendig.qxp 16.04.2009 11:38 Uhr Seite 8 © ÖNBGF KURZ UND BÜNDIG Kleine Betriebe meistern Stress u hoher Arbeitsstress kostet Zeit und Nerven und mindert die Arbeitsqualität. Das schadet den Beschäftigten ebenso wie dem Betrieb. Wie kleine Unternehmen mit zu großem Arbeitsdruck umgehen und diesen so weit als möglich reduzieren können, ist Thema des Seminars „Kleine Betriebe meistern Stress“. Der zweitägige Kurs wird über die Regionalstellen des Österreichischen Netzwerkes für Betriebliche Gesundheitsförderung in allen Bundesländern angeboten. Das Seminar ist speziell auf die Situation kleiner Betriebe abgestimmt und soll dabei unterstützen, Arbeitsprozesse zu optimieren und die Mitarbeiter/innen-Zufriedenheit und die Produktivität zu erhöhen. Außerdem sollen stressbedingte Fehlzeiten reduziert und schließlich das Wohlbefinden bei der Arbeit und die Arbeitsfähigkeit gesteigert werden. Der Kurs kostet 150 Euro (exklusive USt.) pro Teilnehmer/in (ohne Aufenthaltskosten) und wendet sich an Unternehmer/innen, Führungskräfte und Betriebsrät/innen. Regionale Kurstermine können auf der Website www.netzwerk-bgf.at über die Rubrik „Ausbildungen“ oder über die Rubrik „Angebote“ abgerufen werden. as Österreichische Netzwerk für Betriebliche Gesundheitsförderung (ÖNBGF) hat einen Folder veröffentlicht, der kurz und bündig beschreibt, welchen Nutzen Unternehmen durch Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) haben. Sie lohnt sich für Firmen unter anderem deshalb, weil gesundheitsförderliche Maßnahmen mehr Arbeitszufriedenheit und damit mehr Produktivität und Produktqualität bringen, und weil die innerbetriebliche Kommunikation verbessert wird. Außerdem können Unternehmen, die BGF durchführen ein Imageplus verbuchen. Die Schritte, die zur Umsetzung von BGF notwendig sind, werden in dem Folder im Überblick dargestellt: von der IST-Analyse bis zur Wirkungskontrolle. Die Info-Broschüre wird auf der Website www.netzwerk-bgf.at im Bereich „BGF“ über den Link „Betriebliche Gesundheitsförderung“ zum Download angeboten. Sie kann von Interessierten auch unter folgender Adresse bestellt werden: Österreichische Kontaktstelle für Betriebliche Gesundheitsförderung c/o OÖ Gebietskrankenkasse, Abteilung Gesundheitsförderung und Vorsorgemedizin, Frau Martina Grurl-Blutsch, [email protected], Gruberstr. 77, 4020 Linz, Tel.: 05 78 07/10 35 13. D 10 GESUNDES ÖSTERREICH Happy Birthday „GIVE“! Bei der GIVE-Geburtstagsfeier konnte an einem „Gesundheitsparcours“ teilgenommen werden. IVE mit Sitz in Wien gibt unter anderem Auskünfte über modellhafte Projekte sowie aktuelle Initiativen zur Gesundheitsförderung an Schulen. Ende des Vorjahres feierte die bundesweite Servicestelle für Gesundheitsbildung ihren zehnten Geburtstag. Geladen waren neben einer Reihe von Ehrengästen vor allem Pädagog/innen. Am Vormittag stand unter anderem ein RoundTable-Gespräch mit Vertreter/innen der GIVE-Partner auf dem Programm: Dr. Sepp Redl aus dem BMUKK, Mag. Judith delle Grazie aus dem BMGFJ und Dr. Wilhelm Wolf vom ÖJRK. Anschließend hatten mit Barbara Freismuth aus Bad Aussee und Thomas Holzgruber aus Lunz am See zwei projekterfahrene Lehrer/innen Gelegenheit, ihre Sicht der Gesundheitsförderung darzustellen. Danach fesselte das Impulsreferat „Lebensqualität als Horizont der Gesundheitsförderung“ von Gerald Koller, GF von Büro Vital, die Teilnehmer/innen durch den lebendigen Vortrag. Am Nachmittag bestand die Möglichkeit, einige Übungen des „GutDrauf-Gesundheitsparcours“ zu erleben. Dieser soll Schüler/innen und deren Lehrer/innen anregen, sich spielerisch mit Gesundheitsthemen auseinanderzusetzen und ist ein Beispiel für die praktische Arbeit der Servicestelle GIVE – der auch wir zum 10-Jahre-Jubiläum herzlich gratulieren. G Klein, gesund und wettbewerbsfähig ie 3. Tagung des Forums für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) im Deutschen Netzwerk für Betriebliche Gesundheitsförderung (DNBGF) Anfang dieses Jahres stand unter dem Motto „Klein, gesund und wettbewerbsfähig“. Rund 110 Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen nach Mannheim, um sich zum Thema „Marketing für Betriebliche Gesundheitsförderung in KMU“ weiterzubilden. Bei der zweitägigen Konferenz wurde ein Hauptaugenmerk auf die Managementprozesse gerichtet, mit denen BGF in Betrieben eingegliedert werden kann. Außerdem wurden sieben ausgewählte Praxisbeispiele zur BGF in KMU vorgestellt. Zu diesen zählte der „Selbst-Check für das Handwerk – ein Modell zur Verhältnis- und Verhaltensprävention in Unternehmen bis zu 50 Mitarbeiter/innen“. Dabei können Unternehmer/innen nach einer standardisierten Methode unter ihren Beschäftigten feststellen, wo ihre Firma im Vergleich zum Branchendurchschnitt in Dimensionen wie etwa „Arbeitsstolz“, „Gesundheitsbeeinträchtigung“ oder „Zeitdruck“ steht. D © DNBGF © ÖNBGF Welche Vorteile bringt BGF Unternehmen? © GIVE Z Wie bleiben die Mitarbeiter/innen kleiner und mittlerer Betriebe gesund? – Bei einer Tagung in Deutschland wurden Antworten auf diese Frage diskutiert. 16.04.2009 11:39 Uhr Seite 9 KURZ UND BÜNDIG Mehr Geschmack auf die Teller zaubern rühling – Sommer – Herbst – und Winter: jede Jahreszeit hat ihre Reize. In jeder wird auch wohlschmeckendes Gemüse der Saison preiswert angeboten. Bärlauch, Radieschen und Jungzwiebeln gelten als die ersten Frühlingsboten – und der Spargel kündigt den Sommer an. Dieser duftet nach Paradeisern und Paprika. Der Kürbis ist seit einigen Jahren ein Symbol für die herbstliche Ernte. Die lagerfähigen Wurzelgemüse runden das Gemüseangebot im Winter ab – um nur einige Beispiele zu nennen. „Kochen mit Gemüse – Saisonal – Regional – Frisch“ heißt ein neues Kochbuch, das nicht nur beschreibt, welches Gemüse zu welcher Jahreszeit in der besten Qualität erhältlich ist. Es enthält auch mehr als 70 praxiserprobte Rezepte, die von Köch/innen zur Verfügung gestellt wurden. F Sie zeigen, wie köstlich gesundes Essen zubereitet werden kann – und wie das leicht und schnell gelingt. Schöne Fotos machen Lust zum Ausprobieren. Die Autorinnen Mag.a Rita Kichler und Mag.a Verena Rainer sprechen mit ihrem Werk speziell die Betreiber/innen und Köch/innen der Gemeinschaftsverpflegung an. Sie stellen zahlreiche Gemüsesorten vor und inspirieren durch feine Rezepte, mehr saisonale Köstlichkeiten aus der Region auf die Teller der Gäste zu zaubern. – Und damit auch mehr Geschmack. Das Kochbuch wird Betriebsküchen und Gastronomiebetrieben gratis zur Verfügung gestellt. Es kann beim Fonds Gesundes Österreich angefordert werden: Tel: 01/895 04 00-0 oder per E-Mail unter: [email protected] © Fonds Gesundes Österreich „Kochen mit Gemüse“ heißt ein neues Kochbuch. Zu jeder Jahreszeit gibt es frisches und preiswertes Gemüse: Im Frühjahr zum Beispiel Spargel, Radieschen, Kohlrabi und anderes mehr. ie kann „Sozialkapital“ gemessen werden? Und wie die dadurch bedingten Gesundheits- und Produktivitätseffekte im betrieblichen Alltag? – Ein vom deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen und der Europäischen Union gefördertes Projekt zur Entwicklung von Kennzahlen im Betrieblichen Gesundheitsmanagement sollte Antworten liefern. Ob und inwieweit dies gelungen ist, wird im Buch „Sozialkapital – Grundlagen von Gesundheit und Unternehmenserfolg“ von Bernhard Badura, Wolfgang Greiner, Petra Rixgens, Max Ueberle und Martina Behr beschrieben. Das Buch ist im Springer Verlag erschienen, umfasst 230 Seiten und kostet rund 80 Euro. Das Hauptziel des Projektes W und damit auch des Buches war es, Lösungen vorzubereiten, die im betrieblichen Alltag direkt umsetzbar sein sollen. Denn „ohne den Nachweis der Effektivität… werden Maßnahmen des Betriebswirtschaftlichen Gesundheitsmanagements… kaum selbstverständlicher Bestandteil der Unternehmenspolitik auch kleiner und mittlerer Firmen werden können“, schreiben die Autor/innen im Vorwort. Ihr Werk enthält deshalb einen Praxisvergleich des Sozialkapitals und seiner Auswirkungen auf das Wohlbefinden der Mitarbeiter/innen und die Betriebsergebnisse in fünf Unternehmen. Zudem werden konkrete Vorschläge gemacht, wie sich Sozialkapital stärken lässt. © Springer Verlag „Sozialkapital“ messen? „Sozialkapital – Grundlagen von Gesundheit und Unternehmenserfolg“ ist im Springer Verlag erschienen. Was brachte das Aktionsjahr „Bewegung und Sport“? erena Heitzinger hat in ihrer Diplomarbeit eine qualitative Untersuchung zum Aktionsjahr 2006/2007 zur Gesundheitsförderung in der Schule unter dem Motto „Bewegung und Sport“ erstellt. Die Arbeit ist Grundlage der NumEine neue Publikamer 25 der von der tion befasst sich Universität Linz in mit den ErgebnisZusammenarbeit mit sen des Aktionsder oberösterreichi- jahrs „Bewegung schen Gebietskran- und Sport“. kenkasse (OÖGKK) herausgegebenen Reihe „,papers’ aus den Gesundheitswissenschaften“. Nach einer sorgfältigen Begriffsabgrenzung zwischen „Gesundheitsförderung“, „Gesundheitserziehung“ und „Prävention“ führt die Autorin auf das salutogenetische Gesundheitsmodell hin, welches für die Gesundheitsarbeit in der Schule einen gut brauchbaren theoretischen Hintergrund darstellen kann. In Annäherung an den eigentlichen Forschungsgegenstand referiert Heitzinger interessante Daten aus dem Österreich-Teil der WHO-Studie „Health Behavior in School-aged Children“ (HBSC) aus dem Jahr 2005/2006. Der empirische Teil der Arbeit befasst sich damit, wie das Aktionsjahr „Bewegung und Sport“ in oberösterreichischen Schulen umgesetzt wurde. Dafür wurden 20 Interviews mit Lehrer/innen und Schulexpert/innen geführt. Als Resultat lässt sich eine grundsätzlich positive Resonanz feststellen. Allerdings konnten auch kritische Bereiche herausgearbeitet werden, wie etwa: der Widerspruch zwischen Turnstunden-Reduktion und Aktionsjahr sowie die Rolle der Eltern für die Bewegungs- und Sportbegeisterung der Kinder. Das Paper kann von Interessierten um 7,50 Euro bestellt werden und zwar bei: OÖGKK, Andrea Weber, Gruberstraße 77, 4021 Linz, Tel. 05 78 07/10 23 00, Fax 05 78 07/66 10 23 00, [email protected] V GESUNDES ÖSTERREICH 11 © OÖGKK GOE_0109_kurz_buendig.qxp GOE_0109_praevention.qxp 20.04.2009 14:11 Uhr Seite 2 1 0 . Ö S T E R R E I C H I S C H E P R Ä V E N T I O N S TA G U N G DAS HERZSTÜCK DER GESUNDHEITSFÖRDERUNG Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind das größte Gesundheitsrisiko. Deshalb gibt es hier auch das höchste Potenzial für die Gesundheitsförderung. Wie es genutzt werden kann und welche neuen Strategien der Fonds Gesundes Österreich dafür anwendet, war Inhalt der 10. Präventionstagung im November in Wien. Mag. Christoph Hörhan: „Was wir für unsere Herzgesundheit ebenfalls brauchen sind: Liebe und Zuneigung.“ D er Titel der heutigen Tagung ,Gemeinsam gesund. Gesundheitsförderung fürs Herz’ ist nicht willkürlich gewählt. In Österreich wie in den meisten anderen westlich industrialisierten Ländern stehen Herz-Kreislauf-Erkrankungen an der Spitze der Todesursachen. Hierzulande sind sie jährlich für den Tod von rund 33.000 Menschen verantwortlich“, warnte die Gesundheitsministerin a. D. und ehemalige Präsidentin des Fonds Gesundes Österreich, Dr.in Andrea Kdolsky, in ihrem Eingangsstatement zur 10. Präventionstagung des Fonds Gesundes Österreich am 13. und 14. November 2008 in Wien. Die Bundesministerin wies darauf hin, dass heute kein Mangel an hervorragenden diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen herrsche. In der Prävention gebe es jedoch großen Nachholbedarf. So habe etwa eine aktuelle Jugendstudie gezeigt, dass schon Österreichs Kinder sehr gefährdet 12 GESUNDES ÖSTERREICH seien, später einmal Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu entwickeln. Erschreckend viele litten an Übergewicht und Diabetes. Auch Probleme mit degenerativen Knochen- und Knorpelerkrankungen sowie Haltungsstörungen seien weit verbreitet. „Diese Kinder und Jugendlichen werden allein gelassen oder haben keine gesundheitsfördernden Angebote bekommen“, kritisierte Kdolsky und sprach sich dafür aus, dass künftig mehr finanzielle Mittel für entsprechende Initiativen zur Verfügung gestellt werden müssten. „Die Aktivitäten in diesem Bereich müssen aber vor allem auch ressortübergreifend erfolgen“, ergänzte die Eröffnungsrednerin. „So manch einer meint, ein gutes Herz zu haben, und hat nur schwache Nerven.“ Marie von Ebner-Eschenbach tionierung in der Gesellschaft mit einschließt, fördert die Gesundheit allemal. Doch Menschen aus sozial schlechter gestellten Schichten werden in der Regel in dieser Hinsicht nicht wirklich adäquat unterstützt.“ Nicht zuletzt deshalb sei vor zwei Jahren das Projekt „Gesunde Schule“ gestartet worden. Bisher sei aber noch zu wenig positiver Output festzustellen, so Dr.in Kdolsky, die auch davor warnte, nur Einzelprojekte ins Leben zu rufen statt globale Strukturen zu schaffen: „Nehmen wir das Beispiel Obstund Gemüsekonsum. Würden alle EU-Bürger täglich 600 Gramm Obst und Gemüse zu sich nehmen, könnten 135.000 Tote pro Jahr verhindert werden. Doch hier klafft eine Kostenschere, die ungesunde Lebensmittel oft viel günstiger erscheinen lässt als gesundes Obst und Gemüse. Deshalb muss vor allem dafür gesorgt werden, dass gesunde Lebensmittel auch preiswert sind.“ Strukturen statt Kampagnen Gesunde Lebenseinstellung Der Ministerin war es auch ein Anliegen, die psychosozialen Aspekte von Herzgesundheit hervorzuheben: „Grundsätzlich eine gesunde Lebenseinstellung zu haben, die Zufriedenheit, Achtung und eine angemessene Posi- Mag. Christoph Hörhan, der Chef des Fonds Gesundes Österreich, plädierte ebenfalls für umfassende Strukturen an Stelle von Einzelinitiativen: „Aus der Vergangenheit haben wir gelernt, dass einzelne Kampagnen zwar kurzfristig sehr erfolgreich sein und stark ins GOE_0109_praevention.qxp 08.04.2009 20:25 Uhr Seite 3 GESUNDHEITSFÖRDERUNG FÜRS HERZ „Das Herz gibt allem, was der Mensch sieht und hört und weiß, die Farbe.“ Johann Heinrich Pestalozzi Bewusstsein der Bevölkerung dringen können. Was aber die Nachhaltigkeit betrifft, so erweisen sich umfassende Programme als wesentlich erfolgreicher. Dies wollen wir mit unserem neuen Arbeitsprogramm gewährleisten.“ Mag. Hörhan wies auch darauf hin, dass entsprechenden Recherchen zufolge in Österreich schon in ausreichendem Maß Sachinformationen zu den Themen Ernährung und Bewegung zur Verfügung stünden. „Was wir vermitteln wollen, sind deshalb Emotionen. Wir wollen die Menschen direkt ansprechen und dort wo sie leben, in den Gemeinden und in den Grätzeln der Städte zusammenbringen, damit sie sich gemeinsam bewegen und mit dem Thema gesunde Ernährung auseinandersetzen“, betonte der Leiter des Fonds Gesundes Österreich. Erstmals wurde deshalb auch die Strategie der nationalen Kompetenzstelle für Gesundheitsförderung dahingehend geändert, dass viele Player unter möglichst einfachen Bedingungen Projekte einreichen und umsetzen können: Ab dem Sommer 2009 soll ein eigener „Fördertopf“ zur Verfügung stehen, der auch kleineren Initiativen die Möglichkeit geben soll, relativ rasch und einfach um Mittel für gesundheitsförderliche Maßnahmen anzusuchen. „Der Verstand kann uns sagen, was wir unterlassen sollen. Aber das Herz kann uns sagen, was wir tun müssen.“ Joseph Joubert Allianz für Herzgesundheit 2008 wurden auch zwei Modellprojekte zur Herz-Kreislauf-Gesundheit in Kärnten und im Burgenland gestartet. Diese beiden Bundesländer wurden ausgewählt, weil deren Datenlage einen besonderen Bedarf anzeigt und weil dort noch wesentliche Strukturen im Bereich der Gesundheitsförderung fehlen. Der Leiter des Fonds Gesundes Österreich hob auch hervor, dass es zum Thema Herzgesundheit gelungen sei, eine große Allianz aus zahlreichen Partner/innen zu gründen – auch solchen aus der Industrie und dem Handel. Mag. Hörhan: „Im Laufe dieses Programms wird den Menschen auf unterschiedlichste Art immer wieder das Thema Herzgesundheit vermittelt werden: sei es durch spezielle Angebote aus den Bäckereien und Supermärkten oder sei es bei der Beratung im Sportartikelgeschäft, um nur zwei Beispiele zu nennen.“ In einem „herzerfrischenden“ Wordrap brachte der Leiter des Fonds Gesundes Österreich schließlich zum Ausdruck, welch vielfältige Bedeutungen der Begriff „Herz“ haben kann: „Denken Sie nur an das Herzstück eines guten Gesundheitswesens, das die Herz-Kreislauf-Gesundheit unbedingt fördern muss. Am Herzen liegen uns, dem Fonds Gesundes Österreich, aber auch immer wieder die drei für die Herzgesundheit so wichtigen Parameter Ernährung, Bewegung und seelische Gesundheit. Nicht zuletzt ist das Herz ein Symbol für alles, was sich nicht biochemisch messen lässt und was wir für unsere Herzgesundheit ebenso brauchen: Liebe und Zuneigung.“ „Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über.“ Martin Luther aufgeklärt haben. Das hat damals viel Aufmerksamkeit erregt. Aber wir haben die Aktion auch bis 1998 nachevaluiert. Dabei haben wir festgestellt, dass das Bewusstsein für die Herz-Kreislauf-Gesundheit bald wieder gesunken war. Heute weiß kaum jemand mehr von dieser Initiative.“ Die Referentin betonte, dass Herz-KreislaufErkrankungen tatsächlich jene Todesursache seien, deren „Ausschaltung“ – statistisch betrachtet – am meisten zusätzliche Lebenserwartung erbringe. Konkret könnte der Zuge- Die Moderator/innen der 10. Präventionstagung n Das Plenum der zweitägigen Konferenz wurde von Dr. Peter Resetarits, ORF, moderiert. n Für den Ablauf von Workshop 1, „Kinder und Jugendliche“, war Mag.a Judith delle Grazie vom Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend verantwortlich. n Im Workshop 2, „Menschen am Arbeitsplatz“, hatte Mag. Gernot Loitzl die Leitung inne. n Workshop 3 widmete sich dem „Regionalen Setting“ Mag.a Margit Bauer, LQ2, war die Moderatorin. n Wie sich speziell „Männer“ gesund erhalten können, wurde im Workshop 4 referiert und diskutiert. Mag.a Alexandra Grasl, Fonds Soziales Wien, moderierte. n „Ältere Menschen“ waren Thema von Workshop 5. Er wurde von Dr. Georg Ruppe, Europäisches Zentrum für Wohlfahrtspolitik und Sozialforschung, geleitet. n Der „Fonds Talk“ im Workshop 6 diente dem Austausch mit Vertreter/innen des Fonds Gesundes Österreich. Dr. Christian Scharinger sorgte für gutes Gelingen. Daten und Fakten Univ.-Prof.in Dr.in Anita Rieder vom Institut für Sozialmedizin der Medizinischen Universität Wien präsentierte in ihrem Referat über die „Epidemiologie der Herz-KreislaufErkrankungen und ihre Bedeutung für die Prävention“ im Anschluss die wesentlichen Fakten zum Thema (siehe auch Kasten: „Herzgesundheit – die Fakten“). Die Wissenschafterin merkte ebenfalls an, dass Einzelinitiativen oft nicht die erhoffte Wirkung hätten: „Wir haben im Jahr 1978 eine Kampagne gestartet, bei der Mediziner/innen Menschen den Blutdruck gemessen und sie über die möglichen Gesundheitsrisiken bei zu hohen, aber auch bei zu niedrigen Werten „Denn ein Herz, das sucht, fühlt wohl, dass ihm etwas mangle, ein Herz, das verloren hat, fühlt, dass es entbehre.“ Johann Wolfgang von Goethe Dr. Peter Resetarits winn laut Angaben der Statistik Austria bei Frauen 6,4 Jahre und bei Männern 9,6 Jahre betragen. Allerdings sei auch darauf hinzuweisen, dass Herz-Kreislauf-Erkrankungen systemische Leiden seien, die auf atherosklerotischen Gefäßveränderungen beruhten und daher nicht so einfach „repariert“ werden könnten. Fünf Stadien Je nach Region und Zeitpunkt unterscheiden Epidemiolog/innen fünf Stadien dessen, was innerhalb der Bevölkerung eines Landes typischerweise die Ursachen für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind. Das erste Stadium ist dadurch gekennzeichnet, dass rheumatisches Fieber als Auslöser von großer Bedeutung ist – eine Situation, die in unserem Raum vor vielen Jahrzehnten gegeben war. Das zweite Stadium lässt sich dadurch definieren, dass zivilisationsbedingte Risikofaktoren wie Bluthochdruck eine zunehmend GESUNDES ÖSTERREICH 13 GOE_0109_praevention.qxp 20.04.2009 14:13 Uhr Seite 4 1 0 . Ö S T E R R E I C H I S C H E P R Ä V E N T I O N S TA G U N G Herzgesundheit – die Fakten n Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind in den westlichen Industrieländern für 45 Prozent der Gesamtsterblichkeit verantwortlich. n Die Sterblichkeitsraten für kardiovaskuläre Erkrankungen sind in den meisten Ländern in den vergangenen 30 Jahren um 24 bis 28 Prozent gesunken. n 45 Prozent des Rückgangs sind auf Verbesserungen in der Therapie und 55 Prozent auf die Reduktion von Risikofaktoren zurückzuführen – vor allem auf die Behandlung von Bluthochdruck und Rückgänge beim Rauchen. n In letzter Zeit sind die Verringerungen jedoch im Wesentlichen durch bessere medikamentöse Therapien und weniger durch geeignete Präventionsmaßnahmen bedingt. Univ.-Prof.in Dr.in Anita Rieder: „Herz-Kreislauf-Erkrankungen können nicht so einfach ,repariert’ werden .“ n Die Risikofaktoren für die koronare Herzkrankheit wie Rauchen, Übergewicht und Bluthochdruck sind durch die demographische Entwicklung und den allseits herrschenden ungesunden Lebensstil wieder im Steigen begriffen. n Auf die Prävention ist besonderes Augenmerk zu legen. Denn die meisten Herz-Kreislauf-Erkrankungen können durch einfache Veränderungen des Lebensstils wie gesunde Ernährung, Bewegung und Nichtrauchen verhindert oder zumindest hinausgezögert werden. größere Rolle als Auslöser für Herz-Kreislauf-Erkrankungen spielen. „Diese Entwicklung ist derzeit vor allem in China sowie in den anderen asiatischen Ländern zu beobachten“, erklärte die Expertin. Im dritten Stadium führen fettreiche Ernährung, mangelnde Bewegung und Rauchen dazu, dass in zunehmendem Ausmaß auch jüngere Menschen betroffen sind – so zu sehen derzeit in Russland, anderen osteuropäischen Ländern, in Lateinamerika und in den „Man sieht nur mit den Augen des Herzens gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“ Antoine de Saint-Exupéry Städten Indiens. Im vierten Stadium erfolgen Diagnostik und Therapie auf hohem Niveau, und es wird bereits Prävention betrieben. Dadurch sind Fortschritte zu verzeichnen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen treten relativ häufig erst in höherem Alter auf – wie dies derzeit in Westeuropa, Nordamerika, Neuseeland und Australien der Fall ist. Das fünfte Stadium stellt schließlich einen Rückfall in frühere Stadien dar, wiewohl das dritte und vierte Stadium erhalten bleiben. „Häufig sind innerhalb eines Landes – wie etwa auch in Österreich – unterschiedliche Gruppen der Bevölkerung in unterschiedlichen Stadien. Die Prävention muss also auf verschiedenen Ebenen erfolgen, und wir müssen Strategien anwenden, mit denen wir die verschiedenen Subpopulationen jeweils bestmöglich erreichen und auffangen können“, erklärte Rieder. 14 GESUNDES ÖSTERREICH Primärprävention wirkt Die Referentin verwies auch auf Univ.-Prof. Dr. Salim Yusuf, der 2007 in 52 Ländern die so genannte „Interheart Study“ ins Leben gerufen hat. Der bekannte kanadische Epidemiologe hat aus deren Daten ermittelt, dass erstmalig auftretende Herzinfarkte zu 90 Prozent auf neun potenziell beeinflussbare Risikofaktoren zurückzuführen sind. Dabei handelt es sich um Rauchen, Fettstoffwechselstörungen, Bluthochdruck, Diabetes, Übergewicht, psychosoziale Faktoren, mangelnden Konsum von Obst und Gemüse, regelmäßigen Alkoholkonsum und mangelnde körperliche Bewegung. Für Österreich, so Anita Rieder, liegen Rauchen, Alkohol und hoher Blutdruck an der Spitze der schädlichen Einflüsse für die Herzgesundheit der Bevölkerung. „Es geht also um Risikofaktoren“, schloss die Sozialmedizinerin, „und dies ist ganz eindeutig ein Fall für Primärprävention, von der wir auch wissen, dass sie wirksam ist. Wir müssen bei unseren Bemühungen aber vor allem auch trachten, jene besonders benachteiligten Communities zu erreichen, die wir identifiziert haben. Denn sie sind am meisten betroffen.“ n „Wohlan denn, Herz, nimm’ Abschied und gesunde!“ Hermann Hesse GOE_0109_praevention.qxp 20.04.2009 14:16 Uhr Seite 5 GESUNDHEITSFÖRDERUNG FÜRS HERZ ES IST NIE ZU FRÜH UND NIE ZU SPÄT Unser Organismus reagiert immer auf positive Reize wie richtige Ernährung oder Bewegung. Und das über alle Altersstufen hinweg. E s ist wichtig, so früh wie möglich in unserem Leben die richtigen Verhaltensmuster zu lernen. Das zeigen zahlreiche relevante wissenschaftliche Studien. Doch das Schöne ist auch: Selbst im hohen Alter ist es nicht zu spät für Prävention: Der Organismus behält das gesamte Leben lang die Fähigkeit, auf körperliches Training zu reagieren“, sagte Univ.Prof.in Dr.in Ulla Walter von der Medizinischen Hochschule Hannover anlässlich der 10. Präventionstagung des Fonds Gesundes Österreich, die sich speziell mit „Gesundheitsförderung fürs Herz“ befasste. Die Public Health-Wissenschafterin gab in ihrem Vortrag einen Überblick über Strategien und Handlungsansätze der Gesundheitsförderung und Primärprävention für die Herzgesundheit. Die Zielgruppen Kinder und Jugendliche sowie ältere Menschen wurden dabei speziell berücksichtigt. Erste Lebensphase So habe sich etwa gezeigt, dass schon in der ersten Lebensphase Faktoren des Lebensstils einen signifikanten Einfluss auf die spätere gesundheitsbezogene Lebensqualität hätten, betonte die Expertin: „Wir wissen, dass in der Kindheit entwickelte Verhaltensmuster für Ernährung und Bewegung im weiteren Lebensverlauf in bestimmtem Ausmaß erhalten bleiben. So haben Kinder mit Adipositas im Kindesalter eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für Adipositas – also krankhafte Fettleibigkeit – im Erwachsenenalter.“ Auch der Einfluss des sozialen Netzes sollte nicht vergessen werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Adipositas entstehe, betrage 57 Prozent, wenn jemand adipöse Freund/innen habe. Vor allem ist in der ersten Lebensphase aber der Einfluss der Eltern entscheidend. Sie sollten ihre Kinder nicht nur ausgewogen ernähren, sondern ihnen auch genügend Anreize zu Bewegung geben. Dabei sei es aber nicht so entscheidend, dass die Eltern selbst bewegungsaktiv sind, sagte die Referentin. Lebenswelt Kindergarten Zur Lebenswelt Kindergarten präsentierte sie eine von der deutschen Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung durchgeführte Univ.-Prof.in Dr.in Ulla Walter: „Entscheidend ist vor allem auch, dass wir unser gesellschaftliches Bild vom Alter modifizieren“. Befragung zur Prävention und Gesundheitsförderung in 643 Kindertagesstätten. Bei dieser zeigte sich, dass umso mehr gesundheitsförderliche Aktivitäten angeboten werden, je größer die jeweilige Einrichtung ist. Der Schwerpunkt liege dabei aber meist auf individuell-pädagogischen Ansätzen, bedauerte die Wissenschafterin: „Für komplexe Ansätze, bei denen auch das Wohnumfeld berücksichtigt und die Familien mit einbezogen werden, fehlen meist die Voraussetzungen.“ Lebenswelt Schule Als Ansatzpunkte für mehr Prävention in der Schule nannte sie eine tägliche Sportstunde sowie die Gestaltung der Schulen und speziell auch der Pausenhöfe als „Bewegungsräume“. Außerdem sollten die Schulen für sportbezogene Aktivitäten am Nachmittag geöffnet sowie Sport- und Bewegungs-Schwerpunkte kombiniert werden. – „Für all diese Maßnahmen gibt es schon Praxisbeispiele, die beste Ergebnisse erbracht haben“, betonte Ulla Walter. Eine wichtige Rolle spielen auch die Lehrer/innen. Wenn diese beispielsweise nicht nur eine traditionelle Sportausbildung haben, sondern zusätzlich in Trend-Sportarten ausgebildet sind, führt dies dazu, dass die Kinder und Jugendlichen aktiver sind. Das Bild vom „Alter“ ändern Was bei den Kleinen schon ganz gut läuft, liegt bei den Senior/innen oft noch im Argen. „Das öffentliche Bewusstsein für Herzgesundheit hängt stark von unserem Altersbild ab“, so die Expertin. „Bei einer deutschen Erhebung zum Thema Sport und Bewegungsförderung für Senior/innen wurden zum Beispiel die Verantwortlichen in Städten und Gemeinden dazu befragt. Ein Drittel hielt diesen Bereich für ,weniger wichtig’ oder ,unwichtig’.“ Wissenschaftliche Studien zeigen jedoch, dass körperliche Aktivität in jedem Alter wichtig ist und dass Bewegungsreize auch in höheren Lebensjahren wirksam sind. „Für Senior/innen gibt es jedoch erst wenige Ansätze für gesundheitsförderliche Bewegung, und es bleibt noch viel zu tun“, schloss Prof.in Walter: „Entscheidend für eine positive Entwicklung ist vor allem auch, dass wir unser gesellschaftliches Bild vom Alter modifizieren.“ n GESUNDES ÖSTERREICH 15 GOE_0109_praevention.qxp 16.04.2009 11:41 Uhr Seite 6 1 0 . Ö S T E R R E I C H I S C H E P R Ä V E N T I O N S TA G U N G WAS WIR UNS ZU HERZEN NEHMEN SOLLTEN Beim Vortrag „Psychologie und Medizin im Dialog“ bekamen die Tagungsteilnehmer/innen konkrete – und manchmal auch kritische – Aussagen zu den psychischen und sozialen Ursachen von Herzleiden zu hören. Klare Richtlinien für effektive Arbeit gab es ebenfalls. D er Psychologe Univ.-Prof. Dr. K. Wolfgang Kallus und der Arzt und Psychologe Univ.-Prof. Dr. Thomas Uhlig vom Institut für Psychologie, Graz, beleuchteten in ihrem Vortrag bei der 10. Österreichischen Präventionstagung am 13. November in Wien nicht nur ihre eigenen Fächer kritisch. Sie versuchten auch, ihre Zuhörer/innen auf neue Wege zu bringen. Ärger „reinfressen“ – oder „rauslassen“? Prof. Kallus beschrieb zunächst rückblickend, wie sich die Psychologie seit den 1950-er Jahren mit den Zusammenhängen zwischen Stress und Herz-Kreislauferkrankungen beschäftigt hat: „Einer der ersten Ansätze war die psychoanalytisch orientierte Alexander-Hypothese. Sie besagt im Wesentlichen, dass jemand, der Ärger in sich hinein frisst und unterdrückt, mit höherer Wahrscheinlichkeit einen erhöhten Blutdruck und damit einen kardiovaskulären Risikofaktor entwickeln wird als jemand, der das nicht tut und den Ärger rauslässt.“ – Beim erst genannten Verhalten wird auf englisch auch von „Anger in“ gesprochen, beim zweit genannten von „Anger out“. Der Referent merkte jedoch gleich darauf auch an, dass sich in Studien dazu bald herausgestellt habe, dass „Anger in“ kein echter Prädiktor für die Entwicklung von Hypertonie sei – also kein Merkmal, das Voraussagen zulasse, dass bei den Betroffenen mit höherer Wahrscheinlichkeit Bluthochdruck entstehen könnte. „Fazit war damals: Es geht um die Art der Bewältigung des Ärgers“, so Prof. Kallus. In der Folge stellte er das Modell des „TypA-Verhaltens“ vor (siehe dazu auch Kasten: „Doppelt so hohes Herzrisiko“), das wenig später entwickelt worden sei: „Zusammenfassend lässt sich dazu sagen, dass dieses Verhalten zu einer Verdoppelung des Risikos für koronare Herzerkrankungen führt. Das ist in umfassenden Studien immer wieder gezeigt worden. – Das Problem dabei ist allerdings, dass ein solches Verhalten nach wissenschaftlichen Kriterien äußerst schwer messbar ist.“ 16 GESUNDES ÖSTERREICH Univ.-Prof. Dr. K. Wolfgang Kallus: „Es geht um die Art der Bewältigung des Ärgers.“ Frühkindliche Dispositionen Der Vortragende verwies dann auf das Beispiel Finnland – wo in der Bevölkerung ursprünglich ein besonders hohes Risiko für Herzleiden bestand. Mit Studien zur Klärung der Ursachen sowie mit effektiven Kampagnen für Gesundheitsförderung habe man versucht, dieses zu verringern: „Dabei zeigte sich, dass nicht nur das Typ-A-Verhalten eine Rolle spielt. Ähnlich wie bei Übergewicht gibt es auch bei Herzleiden frühkindliche Prädispositionen, die dafür verantwortlich sind, dass in späteren Jahren mit erhöhter Wahrscheinlichkeit derartige Erkrankungen entstehen“, erklärte Prof. Kallus und ergänzte, dass sich daraus schließen lasse, dass die Prävention sehr früh ansetzen müsse. auf hin, dass sich dieses Phänomen in Studien häufig in der sozial benachteiligten Schicht nachweisen lasse. Ein wichtiger Schutzfaktor sei hingegen das Ausmaß, in dem am Arbeitsplatz sozialer Zusammenhalt vorhanden sei. Generell sei auch darauf zu achten, dass die Effekte mancher Einflussfaktoren erst dann ersichtlich seien, wenn Längsschnittstudien über sehr lange Zeiträume hinweg angelegt würden. „Ein klassisches Beispiel dafür ist, dass Frauen vor der Menopause durch Östrogen gut vor kardiovaskulären Ereignissen geschützt sind, während sich danach bei ihnen ein erschreckender Anstieg dieser Krankheiten zeigt“, erläuterte der Referent. „Wir müssen also unbedingt auch das Geschlecht und das Alter als Parameter berücksichtigen.“ Das Beispiel Arbeitsplatz Einer der wichtigsten psychosozialen Faktoren betreffe jedoch die Arbeitswelt: „Wer über lange Zeit dem Joch von Stress unterworfen ist und gleichzeitig selbst sehr wenig Spielraum hat, wie er seine Arbeit einteilt, der wird mit großer Wahrscheinlichkeit ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko entwickeln“, betonte der Grazer Wissenschafter. Er wies in diesem Zusammenhang auch dar- Über die Balance Schließlich stellte er ein neues Grazer Modell vor, das davon ausgeht, dass die Balance zwischen Stress und Erholung ein entscheidender Faktor ist. „Hier zeigt sich eine wirklich gute Ansatzmöglichkeit für die Prävention“, meinte Prof. Kallus. „Denn wir haben gesehen, dass auch bei viel Stress sogar Trainingseffekte möglich sind – wenn gleichzeitig GOE_0109_praevention.qxp 16.04.2009 11:41 Uhr Seite 7 GESUNDHEITSFÖRDERUNG FÜRS HERZ dafür gesorgt ist, dass sich die Betroffenen immer wieder in ausreichendem Maß gut erholen können. Man denke nur an das Beispiel der Spitzensportler.“ Zusammenfassend stellte der Experte dann fest: „Es gibt so etwas wie einen psychischen Risikozustand, der durch hohe Beanspruchung, wenig Erholung und ein hohes Ausmaß an negativer Stressbewältigung gekennzeichnet ist. Er hat zur Folge, dass zahlreiche Krankheiten leichter entstehen können, wir uns auch fragen, was taugt das Ganze in der Praxis?“, meinte der Experte bewusst provokant. – Damit leitete er dazu über, dass seiner Ansicht nach auch die Inhalte von Studien zu den sozialen und psychischen Einflüssen auf die Gesundheit möglichst klar definiert und an den Erkenntnissen der Evidenz-basierten Medizin orientiert sein müssten – also an den jeweils neuesten und am besten abgesicherten wissenschaftlichen Erfahrungstatsachen. Doppelt so hohes Herzrisiko Wer sich gemäß dem so genannten „TypA-Muster“ verhält, hat laut wissenschaftlichen Studien ein doppelt so hohes Risiko für koronare Herzerkrankungen wie diejenigen, die dies nicht tun. – Koronare Herzerkrankungen sind bekanntlich solche, bei denen die Blutversorgung des Herzens selbst beeinträchtigt ist, was etwa zum Herzinfarkt führen kann. – Das „Typ-A-Verhalten“ ist unter anderem durch folgende Merkmale gekennzeichnet: n intensives, anhaltendes Streben, selbstgewählte aber üblicherweise schlecht definierte Ziele zu erreichen n einen ausgesprochenen Hang zu Wettbewerbsverhalten n ständiges Engagement in vielen und verschiedenartigsten Tätigkeiten unter Zeitdruck n eine gewohnheitsmäßige Neigung, die Ausführung vieler körperlicher und geistiger Tätigkeiten beschleunigen zu wollen n eine außergewöhnliche geistige und körperliche Wachheit n eine feindselige Grundhaltung n exzessive Kontrollambitionen n mangelnde Distanzierungsfähigkeit n Regenerationsprobleme Univ.-Prof. Dr. Thomas Uhlig: „Nicht jede und jeder von uns sollte einen eigenen Fragebogen erfinden.“ wahrscheinlich auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen.“ An diesem Punkt, so Prof. Kallus, müsse die Gesundheitsförderung ansetzen: „Wir können psychosoziale Pufferfaktoren einbauen und den Menschen beibringen, wie man sich gut erholt, wie man lernt abzuschalten und Pausen zu machen. Letztlich geht es darum, die Balance zwischen belastenden und gesundheitsfördernden Einflüssen zu finden.“ Was taugt das in der Praxis? Auch Univ.-Prof. Dr. Thomas Uhlig verwies auf einige allgemeine soziale und psychische Einflüsse, deren Bedeutung für die körperliche Gesundheit inzwischen wissenschaftlich bekannt und anerkannt sei. Dazu zähle etwa, dass positive und negative Lebensereignisse das Immunsystem beeinflussen könnten. Als gesichert gelte auch, dass Menschen mit einer bestimmten Persönlichkeitsstruktur mit größerer Wahrscheinlichkeit als andere unter den Auswirkungen von Stress litten. Weiters sei erwiesen, dass geeignete soziale Unterstützung die Wahrscheinlichkeit herabsetzen könne, an einer Krankheit zu sterben. „Insgesamt haben wir also eine Fülle von Einzelbefunden, aber letztendlich müssen Wo beginnt der positive Effekt? „Gesundheit ist ein Geschehen das von zahlreichen Faktoren beeinflusst wird, und wir interessieren uns für jene Variablen, die mit der größten Wahrscheinlichkeit Voraussagen über künftige Entwicklungen ermöglichen. Um diese zu bestimmen, sollte aber nicht jede und jeder von uns einen eigenen Fragebogen erfinden. Wir müssen uns auf das beschränken, was wirklich als gesichert gilt, und wir müssen genau definieren, was wir meinen“, betonte der Experte. – „Ein plakatives Beispiel dafür wäre etwa, dass immer dann, wenn von den gesundheitsförderlichen Effekten von ,Ausdauertraining’ gesprochen wird, genau beschrieben werden sollte, wofür dieser Begriff steht und wo der positive Effekt für wen beginnt.“ Prof. Uhlig forderte nicht zuletzt, dass die Fachleute aus verschiedenen Dis- ziplinen ihren Austausch intensivieren – oder überhaupt erst beginnen sollten: „In Bezug auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen gibt es biologische, psychologische und soziale Komponenten, die alle als gesichert gelten. Noch ist es aber so, dass die einzelnen Expert/innen viel zu wenig miteinander reden.“ n GESUNDES ÖSTERREICH 17 GOE_0109_praevention.qxp 08.04.2009 20:26 Uhr Seite 8 1 0 . Ö S T E R R E I C H I S C H E P R Ä V E N T I O N S TA G U N G DIE SOZIALE SCHERE NICHT WEITER ÖFFNEN Ein erfolgreiches Programm aus den USA CHIP bedeutet „Coronary Health Improvement Programme“, wurde von dem Arzt Dr. Hans Diehl entwickelt, 1997 in den USA gestartet und von der EpidemioProf.in Dr.in login und ErnähHeike Englert rungswissenschafterin Prof.in Dr.in Heike Englert bei der 10. Österreichischen Präventionstagung vorgestellt. „CHIP setzt auf die Verknüpfung individueller und gesellschaftlicher Ressourcen und Interaktivität. Es wird mit Gruppen von bis zu 250 Personen umgesetzt“, erklärte die Referentin. In 30 Tagen und 40 Wochenstunden werden mit den Teilnehmer/innen zwei umfassende medizinische Untersuchungen durchgeführt. Außerdem erhalten sie ausführliche Informationen über die Zusammenhänge von Lebensstil und Gesundheit und erlernen gesundheitsförderliche Verhaltensweisen. Pro Teilnehmer/in gibt es weiters zwei Einzelsessions. Zudem werden zwei Kochwochenenden veranstaltet und in Kleingruppen „Shoppingtours“ gemacht, bei denen auf den Einkauf gesunder Lebensmittel geachtet wird. Als Abschluss der Kurse gibt es eine Feier, bei der allen Absolvent/innen auf einer Bühne applaudiert wird. Nach dem Programm trifft man einander weiter in vierwöchentlichen Abständen. „Die Evaluation von CHIP zeigte, dass die Teilnehmer/innen, die zu Beginn durchschnittlich vier bis viereinhalb Risikofaktoren aufwiesen, diese am Ende auf durchschnittlich zwei reduzieren konnten“, fasste Prof.in Englert die Ergebnisse der Initiative zusammen: „Weiters kam es zu einer bedeutsamen Reduktion des Cholesterinwertes und der Triglyzeridwerte sowie zu einer Verbesserung der Blutdruck- und Blutglukosewerte. Nicht zuletzt nahmen die Teilnehmer/innen im Schnitt drei bis fünf Kilogramm ab.“ Seit heuer wird das Programm übrigens auch in Deutschland durchgeführt. 18 GESUNDES ÖSTERREICH Herkömmliche Präventionsangebote treffen bei sozial Benachteiligten nicht ins Schwarze. Was hier Not tut, ist ein settingorientierter Ansatz, der von den Ressourcen der Zielgruppe ausgeht. Carola Gold: „In der Gesundheitsförderung für sozial Benachteiligte ist der Setting-Ansatz besonders wichtig.“ W enn wir auch oft wegschauen: Wer sozial benachteiligt ist, hat von Geburt an schlechtere Lebensbedingungen. Die dadurch entstehenden Belastungen bedingen häufig ein riskanteres Gesundheitsverhalten sowie ein höheres Risiko zu erkranken und vorzeitig zu sterben. Im Laufe des Lebens summieren sich die sozial bedingten Gesundheitsnachteile. „Das bedeutet zum Beispiel, dass sozial Benachteiligte aufgrund ihrer schlechteren Wohn- und Arbeitsbedingungen auch mehr chemischen, physikalischen und biologischen Belastungen ausgesetzt sind. Oder dass sie durch Verschuldung, Armut und familiäre Konflikte mehr Belastungen durch Stress erleben“, erläuterte die Journalistin Carola Gold vom Kooperationsverbund Gesundheitsförderung bei sozial Benachteiligten, Berlin, anlässlich ihres Vortrags bei der 10. Österreichischen Präventionstagung. Ethische Verantwortung Wenn Prävention ausschließlich auf Verhaltensänderung durch Information, Aufklärung und Beratung setze, dann werde sie den Bedürfnissen der Bevölkerungsgruppen mit dem höchsten Bedarf an Unterstützung nicht gerecht, so die Expertin. Als Beispiel erwähnte sie eine deutsche Nichtraucherkampagne unter Jugendlichen, welche – scheinbar – große Erfolge brachte: „Bei näherem Hinsehen aber zeigte sich, dass die Kampagne vor allem bei Gymnasiast/innen gegriffen hatte. Bei Hauptschüler/innen war hingegen nach Ende der Aktion sogar ein noch stärkeres Rauchverhalten zu beobachten. – Das heißt auch, hier steht Prävention vor einer ethischen Verantwortung und muss sehr darauf achten, die soziale Schere nicht noch weiter zu öffnen.“ Den Setting-Ansatz nutzen Bei Benachteiligten sei der Setting-Ansatz besonders wichtig, betonte Gold, die in diesem Zusammenhang auch auf die Website www.gesundheitliche-chancengleichheit.de verwies, die Praxisbeispiele zur Gesundheitsförderung für diese Zielgruppe enthält. Das Empowerment der beteiligten Personen habe dabei zentrale Bedeutung: „Prävention ist umso wirksamer, wenn die Zielgruppe in die Benennung des Problems mit einbezogen ist und ihre eigenen Kompetenzen zeigen kann. Sie ist vor allem dann erfolgreich, wenn sie direkt mit dem Alltag der Betroffenen verwoben ist und wenn gemeinsam mit diesen Maßnahmen entwickelt werden, die für deren tägliches Leben passend sind. Das ist Partizipation im umfassenden Sinn.“ GOE_0109_praevention.qxp 16.04.2009 11:43 Uhr Seite 9 © Gesundheit Berlin e.V. GESUNDHEITSFÖRDERUNG FÜRS HERZ Hausmeisterin als Multiplikatorin Dies habe sich etwa am Beispiel eines kultursensiblen Ernährungs- und Kochkurses für benachteiligte Mütter gezeigt, der im vergangenen Jahr in Berlin stattfand. Für diesen seien die Teilnehmerinnen nicht nur durch eine Sozialarbeiterin gewonnen worden – sondern vor allem durch eine zur Zielgruppe gehörende türkische Hausmeisterin einer Schule im betreffenden Stadtbezirk. Die teilnehmenden Frauen waren überwiegend Empfängerinnen staatlicher Transferleistungen, teils deutscher Herkunft, teils mit Migrationshintergrund. „Eine Kursleiterin berichtete zum Beispiel von der Empfindsamkeit deutscher Teilnehmerinnen“, erzählte die Vortragende. „Schon die Frage nach frischem Obst und Gemüse in der Ernährung wurde von ihnen als Angriff auf ihren Lebensstil empfunden und sie rechtfertigten die Notwendigkeit von Dosenernährung.“ Im Verlauf des Kurses hätten die Frauen dann jedoch ihre Lieblingsgerichte vorgestellt – und gemeinsam überlegt, wie sie diese gesünder gestalten könnten. Die Informationen einer Ernährungswissenschafterin waren die Grundlage dafür. Mit der Zeit sei dann bei allen Beteiligten der Stolz gewachsen, zu Hause gesunde Gerichte nachkochen zu können, die in der Familie auch gut ankommen. relevantes Wissen, Einstellungen und Handeln Einzelner ausgerichtet, sondern gleichzeitig auf die Faktoren, die dieses beeinflussen.“ Expert/innen für den Alltag Zugang zu Süchtigen Die Präventionsfachleute hätten bei diesem Angebot zwar mit ihrem Wissen die Kenntnisse vermittelt, die für den Prozess der Entwicklung eines gesundheitsförderlichen Alltagsverhaltens erforderlich sind. Insgesamt hätten sie sich jedoch eher zurück genommen. Denn Expert/innen für den eigenen Alltag und die darin notwendigen nachhaltigen Veränderungen seien die Teilnehmer/innen selbst. „Die angewandten Setting-Interventionen umfassten drei zentrale Aspekte“, erklärte Gold: „Sie stärkten auf der individuellen Ebene die Kompetenzen und Ressourcen der im Setting lebenden Personen, sie entwickelten auf der Strukturebene gesundheitsfördernde Rahmenbedingungen, und sie banden in diesen Prozess systematisch möglichst viele Personen aus der Lebenswelt ein. Interventionen nach dem SettingAnsatz sind also nicht nur auf gesundheits- Für Gesundheitsförderer/innen, die in einem Umfeld sozial Benachteiligter arbeiten, sei schließlich auch eine große Offenheit und Empathie für die andere Lebenswelt und die Realität der Zielgruppe wichtig, betonte die Referentin. Und: Je größer die soziale Benachteiligung und Ausgrenzung, desto schwieriger der Zugang. Bei einem Berliner Projekt gelang er beispielsweise über die Hunde der Zielgruppe: „Einer Kollegin fiel auf, dass fast alle Drogenabhängigen Hunde hatten, zu denen sie eine sehr starke Beziehung zu haben schienen. Dies wurde genutzt, um mit den Menschen in Kontakt zu kommen. Später entwickelte sich daraus unter anderem ein Betreuungsprojekt für die Hunde, deren Besitzer auf stationärem Entzug waren. Und schließlich entstand aus dem Ganzen auch noch ein Beschäftigungsprojekt, das soziale Leistungen im Stadtteil anbietet“, so Carola Gold. n Mit dem Fonds im Gespräch Bei der 10. Präventionstagung wurde erstmals auch ein „Fonds Talk“ durchgeführt. Dabei hatten die Teilnehmer/innen die Möglichkeit, sich in Kleingruppen mit Mitarbeiter/innen des Fonds Gesundes Österreich auszutauschen, die dafür an sechs Tischen Platz genommen hatten. „Ich freue mich sehr, dass wir dieses neue Angebot im Programm haben, denn es geht uns darum, uns ständig weiterzuentwickeln und zu verbessern“, betonte Mag. Christoph Hörhan, der Leiter des Fonds Gesundes Österreich in seinem Eingangsstatement zu diesem Teil der Tagung. Ursprung der Idee für dieses Angebot sei die Tatsache gewesen, dass wichtige Kommunikation oft auch in den Pausen stattfinde, weshalb von vielen Besucher/innen der Tagungen immer wieder der Wunsch gekommen sei, die Mitarbeiter/innen des Fonds Gesundes Österreich besser kennen zu lernen. Beim „Fonds Talk“ war das möglich und an den einzelnen Tischen entstanden äußerst anregende und lebhafte Gespräche. Die Teilnehmer/innen plädierten zum Schluss dann auch dafür, dass eine derartige Veranstaltung auf der nächsten Tagung ebenfalls wieder durchgeführt werden sollte. GESUNDES ÖSTERREICH 19 GOE_0109_praevention.qxp 08.04.2009 20:27 Uhr Seite 10 1 0 . Ö S T E R R E I C H I S C H E P R Ä V E N T I O N S TA G U N G MOTIVATION FÜR EIN GESÜNDERES LEBEN W er Gesundheitsförderung betreiben will, muss sich über seine Zielgruppen im Klaren sein. Denn es gibt Menschen, die brauchen nur einen kleinen Kick, andere verfügen einfach über zu wenig Wissen in Bezug auf Gesundheit, und für wieder andere ist Gesundheit gar kein für sie relevanter Wert.“ – Das sagte der Ernährungspsychologe und Gesundheitsförderer Prof. Dr. Christoph Klotter bei seinem Vortrag „Motivation zur Verhaltensänderung“ bei der 10. Österreichischen Präventionstagung. Das Menschenbild zählt In der Gesundheitsförderung sei bisher noch zu wenig über das Menschenbild diskutiert worden, das dieser zugrunde liege, meinte der Referent. Dieses bestimme aber, wie wir mit den Zielgruppen umgingen. Wenig Bewusstsein herrsche auch darüber, wie Gesundheitsförderer/innen erlebt würden, wenn sie motivieren wollten: Als gute Doktor/innen? Als helfende Freund/innen? Als Elternersatz? Als Lehrer/innen oder gar als Gesundheitspolizei? – „Wie wir wahrgenommen werden, hat aber wesentlichen Einfluss darauf, wie effektiv wir sein können“, betonte Prof. Klotter. „Denn die Beziehung bestimmt, was kommuniziert wird.“ Der Referent ergänzte, dass schon seit Jahren belegt sei, dass Aufklärung allei- 10 Veränderungsprozesse Die fünf kognitiv-affektiven Prozesse, die im Rahmen des „Transtheoretischen Modells der Verhaltensänderung“ definiert werden, sind: n Steigern des Problembewusstseins n Emotionales Erleben n Neubewertung der persönlichen Umwelt n Selbstneubewertung n Wahrnehmen förderlicher Umweltbedingungen Die fünf verhaltensorientierten Prozesse sind: n Gegenkonditionierung n Kontrolle der Umwelt n Nutzen hilfreicher Beziehungen n (Selbst-)Verstärkung/Empowerment n Selbstverpflichtung 20 GESUNDES ÖSTERREICH Wie können Menschen motiviert werden, gesundheitsbewusster zu leben? – Das „Transtheoretische Modell der Verhaltensänderung“ soll dabei unterstützen, auch bislang unmotivierte Zielgruppen zu erreichen. orientierte Prozesse, die dabei wesentlich sind (siehe auch Kasten: „10 Veränderungsprozesse“). Ein solcher Prozess ist etwa das Steigern des Problembewusstseins: Das heißt Gesundheitsförderer/innen müssen gezielte Rückmeldungen zum Problemverhalten geben, aufklären, konfrontieren, alternative Interpretationen anbieten und Informationen vermitteln. Emotionales Erleben Weiters sollte das persönliche emotionale Erleben ermöglicht und gefördert sowie die persönliche Umwelt neu bewertet werden. Das illustrierte der Referent folgendermaßen: „Bei Adipösen kann das etwa bedeuten, dass hinterfragt wird: ,Sind Sie sicher, dass Ihr Freund nur auf schlanke Frauen steht? Prof. Dr. Christoph Klotter: „Die Beziehung bestimmt, was kommuniziert wird.“ Haben Sie mit ihm darüber gesprochen?’.“ Schließlich geht ne nicht ausreiche, um Verhalten zu ändern: es darum, dass die Betroffenen die eigenen „Dabei spielen auch Emotionen eine beWerte reflektieren und neu bewerten sowie deutsame Rolle. Nur auf der Packung zu leförderliche Umweltbedingungen – vor allem sen, dass Rauchen die Gesundheit gefährauch solche auf sozialer Ebene – bewusster det, reicht in der Regel nicht aus, um aufzuwahrnehmen. An verhaltensorientierten hören.“ Strategien sieht das Modell unter anderem die „Selbstverpflichtung“ vor. Diese kann Modell für schwer Motivierbare zum Beispiel erfolgen, indem im FreundesProf. Klotter stellte in der Folge das von kreis bekundet wird, mit dem Rauchen dem US-Gesundheitspsychologen James aufhören zu wollen. Prochaska entwickelte „Transtheoretische Modell der Verhaltensänderung“ vor. Der Wer die Wahl hat in den 1990-er Jahren entstandene Ansatz „Wenn es gesellschaftlich verordnete Pflicht zielt darauf ab, bislang nicht Motivierten, ist, sich gesundheitsgerecht zu verhalten, die man sonst vielfach wieder „wegschickt“, und wenn diejenigen, die sich angeblich eine Änderung ihres Gesundheitsverhaltens nicht so verhalten, massiv stigmatisiert wernäher zu bringen. Er kann unter anderem den, wie etwa Adipöse, dann wird der indifür Verhaltensweisen wie Tabakrauchen, Alviduelle Gesundheitswunsch unterminiert“, koholkonsum, ungesunde Ernährung und sagte Prof. Klotter zusammenfassend: „Die mangelnde körperliche Bewegung adaptiert Motivation ein Verhalten zu ändern wird werden. Das Modell unterscheidet sechs hingegen deutlich einfacher, wenn ein jeder Stadien der Verhaltensänderung sowie fünf Mensch, die Wahl hat, wie viel Gesundheit kognitiv-affektive und fünf verhaltenser haben will.“ n GOE_0109_praevention.qxp 08.04.2009 20:27 Uhr Seite 11 GESUNDHEITSFÖRDERUNG FÜRS HERZ O b wir es wahr haben wollen oder nicht: Es gab noch nie so viele übergewichtige und falsch ernährte Kinder und Jugendliche wie heute. Noch gibt es allerdings keine umfassenden aussagekräftigen Daten dazu. Die Gesundheitsförderung hat die Bedeutung dieses Themas dennoch längst erkannt – und reagiert. „Neben dem Elternhaus beeinflusst auch das Setting Schule die Art, wie sich Schüler/innen ernähren, ganz entscheidend“, betonten die Ernährungswissenschafterin Mag.a Sabine Dämon vom Verein „SIPCAN save your life – Initiative für ein gesundes Leben“ und die akademische Gesundheitsbildnerin Regina Jungmayr bei der 10. Österreichischen Präventionstagung. Im Workshop „Kinder und GESUNDE SCHULEN, DIE ALLEN GLEICHE CHANCEN BIETEN Genial einfach und einfach genial – so könnte eine kindgerechte, gesunde Mittagsverpflegung in der Schule sein. Ebenso könnten die Pausenhöfe der Schulen mit wenig Aufwand zu Orten der Bewegung werden – wenn sie gendergerecht gestaltet werden. Zwei beispielhafte Projekte zeigen vor, wie das umgesetzt werden kann. Bereich gesunde Bewegung wurde an 20 Schulen in Wien und der Steiermark untersucht, wie die vorhandenen Freiräume von Kindern im Alter von sechs bis 14 Jahren genutzt werden. Das Resultat: Auch am Schulhof gibt es schon stereotype Rollenbilder im Nutzungs- und Bewegungsverhalten von Mädchen und Knaben. Konkret nutzen Buben meist größere Aktionsräume, um ihren Bewegungsdrang auszuleben. Bei Mädchen liegt der Schwerpunkt häufig auf der Interaktion in kleineren Gruppen. Von Jungen werden Flächen für Sport und Spiel häufig für Wettkämpfe genutzt. Mädchen bewegen sich viel seltener auf Sportflächen, wenn in der Schule keine spezielle Förderung erfolgt. Dafür spielen sie vielfältigere Spiele und nutzen bereit gestellte Materialien und Spielgeräte – wie etwa Recks, Schaukeln und Klettergerüste. Im Workshop 1 waren gesunde Ernährung und Bewegung an Schulen das Thema. Jugendliche“ präsentierten sie ihre Initiative „Gesundes Schulessen – einfach genial, genial einfach“. „Das Projekt zielte darauf ab, dass Kindern in sechs Volksschulen mit Nachmittagsbetreuung sowie in Horten der Stadt Salzburg ein Mittagessen angeboten wird, das ernährungswissenschaftlichen Kriterien entspricht. Zudem wurde auf gesundheitspädagogische Aspekte Wert gelegt“, erklärte Mag.a Dämon. „Kinder kochen für Kinder“ Den Projektleiterinnen waren umfassende Bestandsaufnahmen in den teilnehmenden Schulen und Küchen ebenso wichtig wie regelmäßige Arbeitstreffen mit den Köch/innen und Pädagog/innen. Während der gesamten Projektlaufzeit wurden kontinuierlich gemeinsam Verbesserungen erarbeitet und umgesetzt. Als Begleiter des Projektes konnte der Haubenkoch Gerhard Brugger vom Restaurant zur Plainlinde in Salzburg gewonnen werden. Er unterstützte die Verpflegungsfirmen dabei, neue, gesündere Rezepte im Küchenalltag umzusetzen. Von den Pädagog/innen der Volksschulen und Horte wurden den Kindern Übungen und Spiele zum Thema Ernährung angeboten. Schließlich entstand auch ein von den Schüler/innen erstelltes Rezeptbuch. Sein Titel: „Kinder kochen für Kinder“. Die Eltern kamen ebenfalls nicht zu kurz. In Eltern-KindKochkursen wurde ihnen unter anderem vermittelt, wie wichtig gemeinsames Kochen und Essen in der Familie ist. Buben und Mädchen am Schulhof Die Sportwissenschafterin Mag.a Dr.in Rosa Diketmüller und Dipl. Ing.in Heide Studer vom Landschaftsplanungsbüro tilia stellten in dem Workshop das Forschungsprojekt „Schulfreiräume und Geschlechterverhältnisse“ vor. Bei dieser Initiative aus dem Differenzierte Angebote schaffen Die Untersuchung zeigte auch, was getan werden muss, um stereotype Geschlechterrollen zu verändern – die letztlich zu gesundheitlichen Ungleichheiten führen können. „Ein offenes Schulklima, in dem unterschiedliche Projekte durchgeführt und den Schüler/innen Möglichkeiten zur Mitsprache angeboten werden, begünstigt eine größere Vielfalt an Bewegungsformen“, erklärten die beiden Expertinnen. Um mehr gesunde Bewegung in Österreichs Schulhöfe zu bringen, sei außerdem wichtig, dass die Lehrer/innen ein Bewusstsein für Gender-Themen hätten, und dass es aktive Betreuung in den Pausen gebe. „Vor allem sollten aber differenzierte räumliche Angebote und eine Vielfalt an Spiel- und Sportgeräten vorhanden sein. All das führt zum Aufbrechen von starren Geschlechterrollen“, betonten Mag.a Dr.in Diketmüller und Dipl. Ing.in Studer. n GESUNDES ÖSTERREICH 21 GOE_0109_praevention.qxp 08.04.2009 20:28 Uhr Seite 12 1 0 . Ö S T E R R E I C H I S C H E P R Ä V E N T I O N S TA G U N G MÖGLICHKEITEN UND GRENZEN FÜR GESUNDE INITIATIVEN IN BETRIEBEN Mag.a Verena Rainer Pizza, Leberkässemmel und Bewegungsmangel kennzeichnen den Arbeitsalltag zahlreicher Menschen. Wie Betriebe gesünder gestaltet werden können und wo diese Aktivitäten auf Widerstände stoßen, war Thema eines Workshops bei der 10. Österreichischen Präventionstagung. Dr. Paul Scheibenpflug M indestens eine Mahlzeit täglich außer Haus, die dazu noch ungesund ist: Das ist der Alltag eines großen Teils der Bevölkerung. Die Folgen sind bekannt, die Ursachen komplex und die Versuche, dem Problem zu Leibe zu rücken, zahlreich“, sagte die Ernährungswissenschafterin Mag.a Verena Rainer im Rahmen des Workshops „Menschen am Arbeitsplatz“. Die Zahlen sprechen für sich: Zirka ein Drittel der unselbständig Erwerbstätigen arbeitet in Großbetrieben. Das heißt andererseits auch, dass zwei Drittel in kleineren, mittleren oder Einpersonen-Unternehmen arbeiten, in denen es in der Regel keine eigene Betriebsküche gibt. Die Folge: Viele lassen sich Pizza und anderes Fast Food liefern oder kaufen kalorienreiche und nährstoffarme Snacks im Lebensmittelgeschäft. Kaum eine/r nimmt sich eine gesunde vorgekochte Mahlzeit oder Jause von zu Hause mit. Die Beschäftigten sensibilisieren Der Arbeitsplatz als klassisches Setting im Sinne der Gesundheitsförderung sei daher ein wichtiger Ansatzpunkt dafür, durch Projekte im Bereich Ernährung für gesündere Verhältnisse zu sorgen und es dadurch auch einfacher zu machen, sich gesund zu verhalten, sagte die Referentin. Eine wesentliche Voraussetzung sei, dass es in Unternehmen mit Betriebsküche ein entsprechendes Speisenangebot geben sollte. 22 GESUNDES ÖSTERREICH Außerdem müssten die Beschäftigten für das Thema richtige Ernährung sensibilisiert werden. „Um dies zu erreichen, sind Veranstaltungen sehr erfolgreich, die die Sinne der Menschen ansprechen, wie etwa eine ,Geschmacksschulung’. Dabei kann persönlich erlebt werden, welche Produkte in welcher Zusammensetzung am besten schmecken“, erläuterte Mag.a Rainer. tem Kundenkontakt und bei taktgebundenen Arbeiten bestehe darin, dass vermeintlich keine Zeit für Bewegungsinitiativen „da“ sei, sondern erst geschaffen werden müsse. Dies müsste aber erst organisiert werden – zumeist von Personen, die von den Maßnahmen gar nicht unmittelbar profitierten. Unmotivierte begeistern? Lieferant/innen mit einbeziehen Bei Unternehmen ohne Betriebsküche sollten die Essenslieferant/innen wie Caterer, Wirt/innen, Bäcker/innen oder Besitzer/innen von Würstelbuden in Projekte mit einbezogen werden. Nach der Erfahrung der Referentin sind die meisten dieser Betriebe dazu gerne bereit. Ein übergreifendes Ziel sei auch bei Initiativen für gesündere Ernährung am Arbeitsplatz stets Empowerment aller Beteiligten, so Mag.a Rainer: „Das gelingt dann, wenn Betroffene zu Akteur/inn/en werden und nicht ausschließlich Fachleute das Sagen haben. Jede und jeder Einzelne ist Expertin oder Experte für die eigene Gesundheit.“ Die „Hürden“ für Bewegungsprojekte Dr. Paul Scheibenpflug referierte bei der Fachtagung zum Thema „Bewegung im Betrieb“. Er zeigte zunächst die Schwierigkeiten auf, die bei Projekten in diesem Bereich häufig zu überwinden sind. Eine wesentliche Hürde, vor allem bei Berufen mit direk- „Eine weitere wesentliche Hürde besteht darin, dass im Betrieb Tätige Bewegungsangebote oft als für den Arbeitsprozess unproduktiv verkennen und daraufhin in der Prioritätenskala hoffnungslos weit nach hinten schieben“, sagte Dr. Scheibenpflug. Eine Erfolg versprechende Gegenstrategie sei zu Beginn eine bewegungsergonomischere Ausrichtung der Angebote, auf die anschließend kompensatorische Programme aufbauen könnten. Als Sportwissenschafter warnte der Referent davor, Erfahrungen mit Bewegungsangeboten in der Freizeit eins zu eins in das Setting Betrieb zu übernehmen. Schließlich nannte er auch eine wesentliche Voraussetzung für die nachhaltige Wirksamkeit von betrieblichen Bewegungsinitiativen: „Die erfolgreichsten Interventionen sind jene, bei denen bereits von Anfang an bedacht wurde, wie sie langfristig erhalten werden können. Projekte dürfen nicht vom Engagement von einzelnen Personen abhängig sein. Statt personenbezogener bedarf es funktionsbezogener Zuständigkeiten.“ n GOE_0109_praevention.qxp 08.04.2009 20:28 Uhr Seite 13 GESUNDHEITSFÖRDERUNG FÜRS HERZ © www.BilderBox.com S icher kennen Sie das „Herz-Weckerl“, die herzgesunde Zwischenmahlzeit, die von Gesundheitsexpert/innen in Zusammenarbeit mit den Wiener Bäcker/innen entwickelt wurde. Das gesunde Weckerl erfreut sich höchster Beliebtheit – mittlerweile wurden über zwei Millionen Stück davon verkauft, und das ist ein großer Erfolg. Vielleicht wussten Sie aber noch nicht, dass das „Herzweckerl“ (siehe auch Kurzbericht „Gesunde Jause“ auf Seite 4) Kernstück eines umfassenden Vorsorgeprogramms der Stadt Wien und der Wiener Gebietskrankenkasse unter Federführung von Univ.-Prof.in Dr.in Anita Rieder vom Institut für Sozialmedizin an der Medizinischen Universität Wien ist. Seit 2001 arbeitet das fünfköpfige Team von „Ein Herz für Wien“ kontinuierlich an der Entwicklung von Projekten der nachhaltigen Herzgesundheitsvorsorge, die auch Spaß machen sollen. „Schlank ohne Diät“ Beim Workshop „Regionales Setting“ bei der 10. Präventionstagung wurden drei weitere erfolgreiche Projekte vorgestellt, die in diesem Rahmen entstanden sind. „Bei der Initiative ,Schlank ohne Diät’ geht es zum Beispiel darum, den Teilnehmer/innen in zehn Kurseinheiten zu vermitteln, wie durch eine vernünftige Form der Ernährungsumstellung das Gewicht reduziert werden kann“, berichtete Programmleiter Mag. (FH) Michael Kowanz-Eichberger und ergänzte: „Zum Kurs gehören auch begleitende Bewegungsangebote und Kochkurse. Die Projekte ,Geh!sund – Bewegte Frauen’ und ,Geh!sund – Bewegte Apotheke’ propagieren hingegen vor allem den sanften Einstieg in moderate, gesundheitsförderliche Formen von Bewegung.“ Insgesamt wurden im Verlauf von „Ein Herz für Wien“ seit 2001 nicht weniger als 19 nachhaltige Projekte der Gesundheitsförderung und Prävention umgesetzt. Ein besonders originelles und innovatives: Die settingorientierte Maßnahme „Lach dich entspannt“ wird in Kooperation mit bereits bestehenden Initiativen angeboten. Der konkrete Inhalt: Wissen über die gesundheitsförderlichen Wirkungen von Humor und Lachen zu vermitteln und die Auswirkungen auch erlebbar zu machen. Dazu gibt es interaktive Vorträge und passende Seminarangebote. „Vor allem das Lachyoga entwickelt sich immer mehr zum ,Selbstläufer’“, freute sich Mag. (FH) Kowanz-Eichberger. Risikofaktoren verringern Gesundheitsförderung mit Spaßfaktor soll auch das Projekt „Gesundes Salzburg 2010“ bieten, das Mag.a Maria Pramhas von avos Salzburg vorstellte. „Etwa 80 Prozent aller kardiovaskulären Ereignisse könnten verhin- LACHYOGA & KRÄUTERWANDERUNGEN Allein joggen ist langweilig. Auch ein Vollkornbrot ohne g’schmackigen Aufstrich ist nicht jedermanns Sache. Dabei gibt es so viele spannende, lustvolle Ideen, wie ein gesundes Leben noch gestaltet werden kann. Lassen Sie sich erzählen. dert werden, wenn einige Risikofaktoren modifiziert werden“, betonte die Referentin. In Salzburg wurden deshalb folgende Ziele gesetzt: regelmäßige Bewegung, Nicht-Rauchen, gesunde Ernährung, Stressabbau und normaler Bauchumfang. Um diese Vorgaben zu erreichen, wurde ein breit gefächertes Angebot an gesundheitsfördernden Maßnahmen geschaffen. Das Projekt begann 2006 damit, dass aus zehn Gemeinden insgesamt 2.000 Bürger/innen im Alter zwischen 30 und 45 Lebensjahren zu einem medizinischen Screening eingeladen wurden, bei dem alle wichtigen Gesundheitsparameter erhoben wurden. Außerdem wurden Multiplikator/innen ausgebildet und vor Ort Arbeitsgruppen zum Thema „Lebensstil“ geschaffen, an denen sich die Bürger/innen beteiligen konnten. Diesen Gruppen wurden Gemeindebegleiter/innen zur Seite gestellt, um sie beim Aufbau geeigneter Strukturen zu unterstützen. Mag.a Maria Pramhas Mag. (FH) Michael Kowanz-Eichberger Kräuterwanderungen und Klangschalen Inzwischen sind im Rahmen des Projektes sehr zahlreiche einzelne Aktivitäten durchgeführt worden. Das Spektrum reicht von Ernährungsvorträgen und Kräuterwanderungen über Kurse für gesundes Backen bis zu Angeboten für „Tanzen ab der Lebensmitte“ und „Klangschalen-Entspannung“. Auch die Raucher/innenberatung und ein Entwöhnungsseminar mit einer eigens dafür geschulten Psychologin fehlen nicht. Übrigens: Eine Gruppe trainierte eineinhalb Jahre für den „Wien Marathon“, und: alle kamen ins Ziel. – Auch Mag.a Pramhas konnte eine erfreuliche Zwischenbilanz ziehen: „Bis jetzt haben wir alle zehn Gemeinden im Boot, wobei sie ihre Ziele oft individuell abstecken. Der Spaß an der Sache ist bei vielen groß, und 2010 werden wir die aktivste Lebensstilgemeinde Salzburgs küren und gebührend ehren.“ n GESUNDES ÖSTERREICH 23 GOE_0109_praevention.qxp 08.04.2009 20:29 Uhr Seite 14 1 0 . Ö S T E R R E I C H I S C H E P R Ä V E N T I O N S TA G U N G © www.BilderBox.com SO BLEIBEN ECHTE MÄNNER GESUND M änner sterben früher. Der Unterschied in der durchschnittlichen Lebenserwartung beträgt gegenüber Frauen rund sechs Jahre. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die häufigste Ursache dafür. Das ist unter anderem im Wiener Männergesundheitsbericht und im österreichischen Männergesundheitsbericht dokumentiert. „Außerdem ist bekannt, dass Lebensstilfaktoren wie Rauchen, übermäßiger Alkoholkonsum, Bluthochdruck, erhöhte Cholesterinwerte, Diabetes und Übergewicht für die Prävention von zentraler Bedeutung sind“, sagte Mag. Romeo Bissuti vom Männergesundheitszentrum MEN, Wien, beim Workshop „Männer“ bei der 10. Präventionstagung. „Favoritner mit Herz“ Was getan werden kann, um die Gesundheit zu erhalten, zeigt das Projekt „Favoritner mit Herz – Stark und Fit Programm für Favoritner Männer 50 Plus“. Durch diese Initiative sollen durch Änderungen des Lebensstils die Risiken für Herz-Kreislauferkrankungen verringert werden. Die Zielgruppe sind Männer zwischen 50 und 70 Jahren im 10. Wiener Gemeindebezirk. Das Projekt wurde und wird durch den Fonds Gesundes Österreich und das Programm „Ein Herz für Wien“ unterstützt. Die Initiative baut auf den bereits vorhandenen Erfahrungen aus der Männerarbeit und Männerbildung auf und hat ein „zweistufiges Design“: Das heißt, dass einerseits Vorträge angeboten wurden und andererseits Kurse, bei denen praktische Beteiligung der „g’standenen“ Favoritner möglich und gefordert war. „Außerdem wurde die gesamte Maßnahme dreisprachig konzipiert, um auch türkischsprachige und bosnisch-kroatisch-serbische Männer zu erreichen“, erklärte Mag. Bissuti. 24 GESUNDES ÖSTERREICH „Männer haben Muskeln, Männer sind furchtbar stark, Männer können alles, Männer kriegen 'nen Herzinfarkt…“. – In seinem PopKlassiker hat Herbert Grönemeyer 1984 beschrieben, was vermeintlich „echte Männer“ ausmacht. Was sich seither geändert hat und was die Herren der Schöpfung für ihre Gesundheit tun können, wurde auf der 10. Präventionstagung diskutiert. Auch Migranten nehmen teil Das ist auch gelungen, denn sowohl die deutsch- als auch die türkischsprachigen Männer nutzten die Vortrags- und Bewegungseinheiten. Letztere wurden im Anschluss an die Referate angeboten, einerseits als moderates Herz-Kreislauftraining, andererseits in Form von Nordic WalkingGruppen. „Die bosnisch-kroatisch-serbisch-sprachige Zielgruppe stellte einen Sonderfall dar“, so Mag. Bissuti. Die Folgen des Krieges im ehemaligen Jugoslawien hätten sich als Hürde erwiesen, sodass die transnational geplanten Kurse nicht durchführbar gewesen seien. „Wir haben dann verstärkt auf Vorträge in den jeweiligen Kulturvereinen gesetzt. Letztlich konnten wir diese sogar in doppelt so großer Anzahl wie ursprünglich vorgesehen halten“, sagte der Referent. Beachtliche Ergebnisse Das Projekt „Favoritner mit Herz“ erbrachte beachtliche Ergebnisse: Die Männer haben im Schnitt 1,7 Kilogramm abgenommen. Etwa ein Viertel der deutsch- und mehr als die Hälfte der türkischsprachigen Männer berichteten von einem Sinken der Blutdruck- werte. Der Alkoholkonsum hat sich laut den Angaben der Teilnehmer durchschnittlich um 35 Prozent verringert. Jene Männer, die rauchen, konnten ihren Nikotinkonsum einschränken und in einem Fall sogar beenden. „Auch der Umgang mit Stress hat sich verändert und viele berichteten von einer gestiegenen Zufriedenheit mit dem eigenen Bewegungsverhalten“, freute sich Mag. Bissuti. „Fit im Einsatz“ Einsatzkräfte leben gefährlich – und ungesund. Ständig wechselnde Arbeitszeiten, zu wenig Erholung und Zeitdruck sind nur einige der typischen Stressfaktoren. Dazu kommen Probleme bei der Verarbeitung von psychisch belastenden Einsätzen. Die möglichen negativen Gesundheitsfolgen auf körperlicher Ebene sind Herz-Kreislauferkrankungen, aber auch Magen-, Darm-, Haut-, Nieren- und Blasenleiden. Das wissenschaftliche Modellprojekt „Fit fürs Leben, Fit im Einsatz“ zielte daher darauf ab, die gesundheitlichen Ressourcen von rund 600 – großteils männlichen – hauptberuflich Angestellten der steirischen Polizei und des steirischen Roten Kreuzes sowie der Berufsfeuerwehr Graz zu stärken. Es wurde von GOE_0109_praevention.qxp 16.04.2009 11:44 Uhr Seite 15 GESUNDHEITSFÖRDERUNG FÜRS HERZ Erfolgsfaktoren für Gesundheitsförderung in Einsatzorganisationen Das komplexe wissenschaftliche Projekt „Fit fürs Leben, Fit im Einsatz“ macht deutlich, welche Vorgangsweise und welche Kriterien für erfolgreiche gesundheitsförderliche Maßnahmen bei Einsatzorganisationen anzuwenden sind. Diese Handlungsempfehlungen, die allenfalls auch auf ähnliche Berufsfelder übertragbar sind, lauten folgendermaßen: Für jede Dienststelle sollte mindestens eine geschulte Gesundheitskoordinatorin oder ein geschulter Gesundheitskoordinator bestellt werden. Diese oder dieser benötigt Rückhalt durch den Dienststellenleiter oder die Dienststellenleiterin. 1. Das wissenschaftliche Modellprojekt „Fit im Einsatz“ wurde von Dr. Manfred Lamprecht vorgestellt. Mag. Romeo Bissuti: „Die Männer haben im Schnitt 1,7 Kilogramm abgenommen.“ Dr. Manfred Lamprecht von der steirischen Gesundheitsförderungsinstitution styria vitalis auf der Fachtagung des Fond Gesundes Österreich vorgestellt. freudvoll und motivierend die Bewegungsbereiche Nordic Walking, Laufen und Gehen an ihre Kolleg/innen in den einzelnen Einsatzstellen vermitteln können. Zu den weiteren Maßnahmen zählte unter anderem, dass in den Betriebsküchen der Berufsfeuerwehr und des Landespolizeikommandos in Graz das Küchen- und Einkaufspersonal geschult und die Menüs gesünder gestaltet wurden. Umfassende Interventionen „Die Gesundheit und Fitness der Teilnehmer/innen wurde umfassend untersucht. Zusätzlich wurden Fragebogenerhebungen zum Bewegungs- und Ernährungsverhalten sowie zum psychosozialen Wohlbefinden durchgeführt“, erläuterte der Referent. Die umfassenden verhaltenspräventiven Interventionen, die in der Folge umgesetzt wurden, setzten sich aus Bewegungs-, Ernährungs- und psychosozialen „Modulen“ zusammen. Sie beinhalteten unter anderem Trainingseinheiten, Seminare, Workshops, Vorträge, Kurse, Work-outs und Incentives. Auch eine eigene Website mit der Internetadresse www.fitimeinsatz.at wurde eingerichtet. Die wesentlichste Maßnahme In den einzelnen Einsatzstellen wurden zunächst Gesundheitskoordinator/innen bestellt, die als Schnittstelle zwischen den Projektbetreiber/innen und den Zielgruppen dienten. „Das hat sich als die wesentlichste Maßnahme erwiesen. Wie die Interventionen angenommen wurden, hat sich gewissermaßen direkt proportional zum Engagement dieser Koordinator/innen verhalten“, betonte Dr. Lamprecht. Weiters wurden Bewegungsmultiplikator/innen ausgebildet und zwar in Lehrgängen, die aus 36 Einheiten aufgebaut waren. Ziel war, dass die Teilnehmer/innen fachgerecht, Positive Veränderungen Ein erfreuliches Detailergebnis des Projektes war etwa, dass sich im Durchschnitt bei allen Einsatzorganisationen zwischen 2005 und 2008 der Konsum von Wasser und Mineralwasser um elf Prozent erhöht und der Verzehr von Süßigkeiten um zehn Prozent verringert hat. Was das Bewegungsverhalten betrifft, so hat sich dank „Fit fürs Leben, Fit im Einsatz“ bei den beteiligten Angehörigen des Roten Kreuzes das Ausmaß, in dem pro Woche Ausdauersport betrieben wird, um zehn Prozent erhöht. Bei der Berufsfeuerwehr sind die körperlichen Aktivitäten in der Freizeit um sieben Prozent gestiegen. Lediglich bei den Polizist/innen konnten in diesem Bereich keine Verbesserungen erzielt werden. „Im psychosozialen Bereich war auffallend, dass die Angestellten des Roten Kreuzes mit ihren Arbeitsaufgaben und Arbeitsbedingungen deutlich zufriedener sind als die Beamten der Polizei“, sagte Dr. Lamprecht, der die Ergebnisse des gesamten Modellprojektes wie folgt zusammenfasste: „Über den gesamten Verlauf von vier Jahren konnten positive Veränderungen in allen Bereichen festgestellt werden – bei Ernährung und Bewegung ebenso wie beim Wohlbefinden.“ n Eine Struktur für die Kommunikation ist notwendig, um Settings und Regionen vernetzen und leichter betreuen zu können. Am besten geht das via Internet. 2. Vor Ort müssen infrastrukturelle Rahmenbedingungen geschaffen werden, wie etwa Seminarräume, Küchen, Gymnastikoder Fitnessräume, Umkleideräume, Duschen und Fahrradräume. 3. Im verhaltenspräventiven Bereich muss ein durchdachtes Interventionsprogramm angeboten werden, das zum Beispiel pro Jahr zwei bis drei Module aus den Bereichen Ernährung, Bewegung und Psychosoziales umfasst. 4. Die Gesundheitskoordinatorin oder der Gesundheitskoordinator hat die Aufgabe, die gesundheitsförderlichen Prozesse zu evaluieren. 5. Eine überregionale Steuergruppe oder eine landesübergreifende Fachgruppe gibt Feedback. Diese beiden Arbeitsgruppen können schließlich auch direkten Kontakt mit der Landesführungsebene halten. 6. Diese Empfehlungen können als Regelkreis betrachtet werden, weil immer wieder – von Zeitperiode zu Zeitperiode – bei Punkt 2 oder 3 neu begonnen werden muss. GESUNDES ÖSTERREICH 25 GOE_0109_praevention.qxp 08.04.2009 20:30 Uhr Seite 16 1 0 . Ö S T E R R E I C H I S C H E P R Ä V E N T I O N S TA G U N G AKTIV UND GESUND IM ALTER Die Lebenserwartung steigt. Erfreulicherweise. Zwei zielorientierte Projekte zeigen vor, was die Gesundheitsförderung dazu beitragen kann, dass die „gewonnenen“ Jahre frei von Beeinträchtigungen verbracht werden können. Gesunde Lebensführung für Ältere Bei dem Projekt (siehe auch Artikel auf Seite 43) steht Menschen ab dem 60. Lebensjahr ein Team zur Verfügung, dem ein Arzt, eine Psychologin, ein Sportwissenschafter und eine Ernährungswissenschafterin angehören. Dieses „Kleeblatt“ von Expert/innen bringt den Senior/innen alles Wissenswerte zu den Themen Bewegung, Ernährung, Soziales und medizinische Vorsorge nahe. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, sich in Kleingruppen auszutauschen und beraten zu lassen. Im Anschluss an die Schulung erhalten alle Teilnehmer/innen ein persönliches Schreiben mit Empfehlungen und gezielten Informationen über die Angebote in ihrer näheren Umgebung. „Das Projekt Kleeblatt dient der Förderung einer aktiven und gesunden Lebensführung für Menschen höheren Alters“, betonte Mag.a Mayrhofer auf der Tagung. „Primäres Ziel ist es, dagegen vorzubeugen, dass Krankheiten und Behinderungen neu entstehen. So soll langfristig die Lebensqualität der Betroffenen gesteigert und schwerwiegende Pflegebedürftigkeit vermieden oder zumindest hinausgezögert werden.“ Epidemie des 21. Jahrhunderts Auch die Initiative „Zielgerichtete Bewegung und optimierte Ernährung bei Diabetes mellitus“ soll Folgeschäden vorbeugen. Sie wurde auf der Fachtagung von Mag. Christian Lackinger vorgestellt. „In Österreich sind 300.000 Menschen von dieser Epidemie des 21. Jahrhunderts betroffen. Diabetes ist ein 26 GESUNDES ÖSTERREICH © www.BilderBox.com W ir werden immer älter. Allein in den vergangenen beiden Jahrzehnten ist die Lebenserwartung bei der Geburt für männliche Neugeborene um rund sechs und für weibliche um rund fünf Jahre gestiegen. Das sind erfreulich viele „gewonnene Jahre“. Wie sie möglichst frei von Behinderungen verbracht werden können, ist ein zentrales Thema von Projekten zur Gesundheitsförderung. Eine solche Initiative aus Vorarlberg ist „Kleeblatt“ – vorgestellt von der Psychologin und Pädagogin Mag.a Michaela Mayrhofer anlässlich des Workshops „Ältere Menschen“ auf der 10. Präventionstagung des Fonds Gesundes Österreich. Risikofaktor für Erkrankungen des Herzkreislauf- und des Nervensystems. In vielen Fällen führt er zu Amputationen und Erblindungen a Mag. Michaela Mayrhofer: und macht DialyseBehandlungen not„Ziel ist es, gegen Krankheiten und wendig“, warnte der Behinderungen Sportwissenschafter. vorzubeugen.“ Aber: Körperliche Aktivität und eine Umstellung der Ernährung können viele Folgeschäden verhindern. Deshalb wurden im Rahmen der Initiative BeweMag. Christian Lackinger: gungsangebote für „300.000 Menschen sind Diabetiker/innen gevon dieser Epidemie des schaffen. In jedem 21. Jahrhunderts Bundesland nahmen betroffen.“ pro Jahr bis zu 20 Gruppen von je acht Betroffenen acht Wochen lang unter Anleitung eines Sportwissenschafters kostenlos an einem körperlichen Aufbauprogramm teil. „Nach den acht Wochen geben drei Viertel der Teilnehmer/innen an, das Programm völlig oder überwiegend selbständig weiterzuführen“, verwies Mag. Lackinger auf die Erfolgsbilanz des Projekts. Rund 1.200 Personen haben schon daran teilgenommen. Bis zum Abschluss im Dezember 2009 sollen nicht weniger als 2.500 Diabetes-Betroffene erreicht werden. Die Ernährung umstellen Ein zweites Projekt hat die Ernährung von Diabetiker/innen zum Inhalt. Es hat im Juni 2007 begonnen und wird in Kooperation mit dem Verband der Diätolog/innen Österreichs durchgeführt. „In drei Workshops sollen die Teilnehmer/innen zu einer nachhaltigen Umstellung der Ernährung motiviert werden“, erklärte Mag. Lackinger. In Workshop 1 werden Basisinformationen zur Sporternährung für Diabetiker/innen vermittelt. Auch die Blutzuckerregulierung während körperlicher Aktivität wird besprochen. Workshop 2 zielt auf die praktische Anwendung des theoretischen Wissens. Beim Workshop 3 wird schließlich in einer Küche vorgezeigt, wie gesunde Gerichte rasch und einfach zubereitet werden können. Die Ergebnisse des derzeit noch laufenden Projektes, über das unter www.aktiv-bewegt.eu weitere Informationen zu finden sind, sollen einer gründlichen wissenschaftlichen Evaluation unterzogen werden. Im Moment werden auch Gespräche mit Sponsoren geführt. „So soll die finanzielle Grundlage dafür geschaffen werden, auch nach Projektende den Regelbetrieb aufrecht zu erhalten“, erläuterte Mag. Lackinger. n 104950_INS_MuKiPass210x297.qxd 16.08.2006 15:42 Uhr Seite 1 WIR SIND IHR PARTNER, WENN ES UM FAMILIE GEHT. Das Hilfswerk ist einer der größten österreichischen Anbieter familiärer, sozialer und gesundheitlicher Dienstleistungen. ■ Familienberatung ■ Kinderbetreuung, Tagesmütter ■ Nachmittagsbetreuung, Lernbegleitung, Jugendarbeit ■ Hilfe und Unterstützung im Haushalt ■ Unterstützung und Beratung pflegender Angehöriger ■ Hilfe und Pflege daheim für kranke und ältere Menschen Service und Information zu den Diensten des Hilfswerks erhalten Sie unter Tel. 0800/800 820 (gebührenfrei) oder unter www.hilfswerk.at Wenden Sie sich an uns. Wir informieren Sie gerne! Wir wissen, was Sie leisten, und lassen Sie nicht alleine. GOE_0109_coverstory.qxp 08.04.2009 20:31 Uhr Seite 2 IM GESPRÄCH: HELGA KROMP-KOLB DIE GESÜNDERE ENTSCHEIDUNG ZUR LEICHTEREN MACHEN Im Interview mit Gesundes Österreich erzählt Univ.-Prof. Dr. Helga Kromp-Kolb, weshalb sie nicht oft genug dazu kommt, etwas für ihre Gesundheit zu tun, warum sie Pfarrer Kneipp so schätzt – und was wir auf gesellschaftlicher Ebene uns und unserer Umwelt zuliebe ändern sollten. D as müssten wir als Erstes ändern: „Ich glaube, dass wir uns vor allem vom Wachstumsglauben lösen sollten“, meint Univ.-Prof. Dr. Helga Kromp-Kolb und ergänzt, dass zwar auch die Natur wachse, aber eben nicht unbegrenzt: „Wir denken jedoch, dass unser gesellschaftliches und unser Wirtschaftssystem immer weiter wachsen müssen. Das führt zu einem Zwang zu konsumieren und setzt die Politik – gerade auch in der aktuellen Krisensituation – unter Druck, den Konsum mit allen Mitteln aufrecht erhalten zu wollen.“ Die Klimaforscherin und Leiterin des Instituts für Meteo- 28 GESUNDES ÖSTERREICH rologie an der Universität für Bodenkultur in Wien beschäftigt sich mit dem, was viele noch immer nicht in seiner ganzen Tragweite wahrhaben wollen: mit den Auswirkungen, die der Klimawandel auf unser aller Leben bereits hat und haben wird. Als Expertin auf diesem Gebiet ist sie national und international anerkannt, und es ist ihr ein Anliegen, ihr Wissen in leicht nachvollziehbarer Form an die Öffentlichkeit weiterzugeben. Das war einer der Gründe, weshalb sie der Club der Österreichischen Wissenschaftsjournalisten 2005 zur Wissenschafterin des Jahres gekürt hat. Prof. Kromp-Kolb: „Ich werde die Welt nicht retten, aber im Rahmen dessen, was ich leisten kann, bemühe ich mich etwas beizutragen.“ Keine Wurstsemmel Die engagierte Klimaforscherin findet in ihrer Arbeit, der sie sehr viel Zeit widmet, Sinn und Erfüllung. – Doch wie halten Sie es dabei mit der Achtsamkeit für die eigene Gesundheit, Frau Prof. Kromp-Kolb? „Ich muss gestehen, dass ich meinen Körper insgesamt sicher zu sehr belaste. Ich gönne ihm einfach zu wenig Schlaf und Sport“, sagt die Wissenschafterin. Immerhin, ergänzt sie, achte sie jedoch auf gesunde Ernährung mit viel Obst und Gemüse und beim Einkauf hätten Bioprodukte Vorrang. Außerdem ha- be sie sich Wurstsemmeln als Zwischenmahlzeit und häufige Besuche an Würstelständen abgewöhnt – ebenso übrigens wie ihr Mann, ao. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Kromp, der Vorstand des Instituts für Risikoforschung an der Universität Wien. Was der stressige Arbeitsalltag manchmal an gesundheitlichen Einschränkungen mit sich bringt, wird im Leben von Prof. Kromp-Kolb zumindest teilweise durch soziale Unterstützung ausgeglichen. „Gott sei Dank“, sagt sie, habe sie einen Partner, der – zwar teils auch fordernd – aber vor allem stützend sei, und eine Familie, von der sie wisse, dass sie von GOE_0109_coverstory.qxp 08.04.2009 20:31 Uhr Seite 3 IM GESPRÄCH: HELGA KROMP-KOLB ihr aufgefangen würde, wenn es einmal wirklich zu viel werden sollte. Ein Kreis guter Freund/innen verhilft ebenfalls zu sozialem Wohlbefinden: „Etliche davon stammen aus unserem beruflichen Umfeld. Das trägt dazu bei, dass im persönlichen Gespräch manche Dinge wieder ins rechte Licht gerückt werden. Oft wird die Bedeutung vermeintlich problematischer Ereignisse oder Fragen dann auf ihr wahres Ausmaß reduziert“, weiß Prof. Kromp-Kolb. Mehrmals „Harry Potter“ Was die seelische Gesundheit betrifft, so profitiert Prof. Kromp-Kolb davon, dass sie einige Entspannungstechniken beherrscht. Wenn es beruflich „wirklich hart“ hergehe, sagt sie, und die Gedanken über den Job auch am Abend nicht aufhören wollten, dann wende sie diese an. Die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, die im Leistungssport häufig eingesetzt wird, zählt zu ihrem Repertoire an Relax-Methoden. Am liebsten ist ihr allerdings, wenn sie Zeit für ausgedehnte Spaziergänge hat. Ausgleich findet die Wissenschafterin auch beim Lesen – und zwar ganz besonders dann, wenn das betreffende Hobbies. Derzeit kann Werk für sie nicht neu ist: „Ich sie jedoch nur sehr „Ich achte darauf, lese abends sehr gerne Bücher, wenige Tage oder Wodie ich schon kenne“, erklärt Bewegung in meinen Alltag chen pro Jahr dafür Prof. Kromp-Kolb. „Wenn ich verwenden. „Dafür hamerke, jetzt bin ich müde, ben mein Mann und einzubauen.“ dann kann ich sie an jeder beich seit drei Jahren liebigen Stelle zuklappen und Kneipp-Kuren als Jungeinschlafen – und muss nicht gespannt sein, brunnen für uns entdeckt“, erzählt Prof. wie es auf der nächsten Seite weitergehen Kromp-Kolb. „Wir machen das in der könnte.“ Von Trivialem bis zur Weltliteratur Kneippkuranstalt Lumper in Purgstall in findet sich auf ihrem Nachtkästchen alles. Niederösterreich und es ist sehr erholsam Harry Potter harrt dort ebenso der nochmaund wohltuend. Im Gegensatz zu anderen ligen Lektüre wie Shakespeare. „Oft ist es Wellnessangeboten gibt es dabei kein Überauch so, dass mir während des Tages eine angebot an Wohlfühltechniken, sondern nur Szene oder eine Formulierung aus einem ein kleines Programm. Das hat Pfarrer Buch durch den Kopf geht. Das nehme ich Kneipp schon strikt so festgelegt: Mehr als mir dann am Abend zur Hand und lese drei Anwendungen – und die sind keinesdiese Passage noch einmal“, beschreibt die wegs alle kalt – pro Tag sollen es nicht sein. Klimaforscherin ihre Liebe zur Literatur. Das passt gut zu unserer Einstellung des überlegten, umweltschonenden Konsums.“ Staatsmeisterin und Ex-Skilehrerin Die Umwelt gesund gestalten Bevor wir darauf vergessen: Prof. KrompKolb ist auch sehr sportlich. Früher war sie Skilehrerin und den Orientierungslauf fand sie schon als Studentin faszinierend. „Man steht mit einem Kompass vor unbekanntem oder bekanntem Gelände und bekommt eine Karte, in der eingezeichnet ist, welche Punkte man in welcher Reihenfolge querfeldein laufend erreichen muss“, beschreibt sie, worum es geht. Prof. Kromp-Kolb war mehrmalige österreichische Staatsmeisterin in dieser Disziplin und hat bis 1995 das österreichische Nationalteam trainiert. Skitouren gehen und wandern zählen ebenfalls zu ihren Wenn möglich, dann baut die Klimaforscherin Bewegung in ihren Alltag ein: Zum Beispiel indem sie schon eine Station früher aus der Straßenbahn aussteigt und etwas länger zu Fuß geht. Sie und ihr Gatte haben Jahreskarten für die öffentlichen Verkehrsmittel in Wien und verzichten in der Stadt weitgehend aufs Auto. „Das würde ich nie mehr rückgängig machen, auch wenn es anfangs unbequem zu sein schien. Tatsächlich komme ich ohne Auto nämlich viel besser voran und kann gleichzeitig mehr für mein Wohlbefinden tun“, betont Prof. KrompKolb. Sie betrachtet das auch als Praxisbei- Kurzporträt Helga Kromp-Kolb Geboren: 14. November 1948 Sternzeichen: Skorpion Familienstand: verheiratet, drei Kinder, die vom Ehemann in die Partnerschaft mitgebracht wurden Hobbies: Wandern, Skitouren, Orientierungslauf, Lesen, klassische und Volksmusik Liebstes Urlaubsland: Österreich Liebstes Getränk: Leitungswasser Lieblingsspeise: Falls ich so etwas habe – dann vielleicht eine Kürbissuppe Was mich gesund erhält: Freude an der Arbeit und an der Natur Was krank machen kann: Ärger, wenn es mir an Überzeugungskraft fehlt, sowie natürlich Überlastung Welche Bücher liegen auf Ihrem Nachtkästchen? Ein wildes Sammelsurium, das von den Harry-PotterBänden bis zu Shakespeares gesammelten Werken reicht spiel dafür, dass die Gesundheitsförderung und der Umweltschutz im Grunde genommen ein und dasselbe Anliegen haben: „Der Slogan, dass wir dafür sorgen sollten, dass die gesündere Entscheidung stets die leichtere sein sollte, gefällt mir sehr gut“, sagt die prominente Wissenschafterin. „Denn die gesündere Entscheidung ist in aller Regel auch eine umweltverträgliche und damit zukunftsträchtige.“ n GESUNDES ÖSTERREICH 29 GOE_0109_ad_s30_minimed.qxp 16.04.2009 11:46 Uhr Seite 1 ADVERTORIAL MINI MED STUDIUM KOSTENLOSE GESUNDHEITSVORTRÄGE FÜR DIE BEVÖLKERUNG! Gute Information ist die beste Gesundheitsvorsorge. Das MINI MED Studium informiert Patienten, Betroffene und Interessierte in leicht verständlicher Sprache österreichweit über wichtige Gesundheitsthemen. Alle Österreicherinnen und Österreicher sind herzlich eingeladen, sich bei spannenden Vorträgen mit anschließender Diskussion aus erster Hand über das Neueste aus der Welt der Medizin zu informieren. Da sich alle Referenten kostenlos in den Dienst der Menschen stellen und zahlreiche Partner die Initiative unterstützen, ist der Eintritt zu allen Veranstaltungen frei. Anmeldungen sind nicht erforderlich! MINI MED – Das Erfolgskonzept Gratisvorträge für alle Einzig irreführend beim MINI MED Studium ist im ersten Moment vielleicht der Name. Mit einem Studium assoziieren viele doch gewisse Zugangsbeschränkungen. Beim MINI MED Studium kann jedoch wirklich jeder interessierte Laie kostenlos Spitzenmedizin in Österreich hautnah erleben. Man benötigt kein medizinisches Vorwissen, auch das Alter ist kein Hindernis und natürlich ist keine Einschreibgebühr zu bezahlen. Da an jedem Abend ein Thema abgeschlossen wird, ist es auch nicht notwendig, alle Veranstaltungen eines Semesters zu besuchen. Ziele des MINI MED Studiums „Ziel des MINI MED StudiumS ist es, aus Patienten mündige Partner zu machen. Das MINI MED Studium leistet in diesem Sinne einen wesentlichen Beitrag zur Gesundheits30 GESUNDES ÖSTERREICH Eine Auswahl der nächsten MINI MED Vorträge: Tirol / Innsbruck 5. Mai 2009: Wie schützt man sich vor Infektionen auf Reisen und daheim? Fotos: MINI MED Seit der Gründung der medizinischen Veranstaltungsreihe durch Univ.-Prof. Dr. Georg Bartsch, Direktor der Universitätsklinik für Urologie Innsbruck, im Jahr 2000 in Tirol haben insgesamt bereits 200.000 Menschen die 800 bisher stattgefundenen Vorlesungen in ganz Österreich und Südtirol besucht und der Zustrom ist nach wie vor ungebrochen. Kein Wunder, denn obwohl das Konzept eigentlich ein recht einfaches ist, hat es schlichtweg einiges zu bieten: Im Rahmen von kostenlosen Vorträgen informieren führende Ärzte am neuesten Stand der Forschung über spannende Themen aus der Welt der Medizin und vermitteln zudem wichtige Impulse für die Gesundheitsvorsorge. Die Referenten tragen in leicht verständlicher Sprache, die sich an den interessierten Laien richtet, vor und stehen im Anschluss an den Vortrag noch fast eine Stunde für Fragen der Bevölkerung zur Verfügung. Medizinische Vorkenntnisse sind also nicht erforderlich. Großer Andrang beim MINI MED Studium in Vorarlberg - durchschnittlich besuchen im Ländle fast 400 interessierte Laien die angebotenen MINI MED Vorträge. vorsorge“, sagt Univ.-Prof. Dr. Georg Bartsch, MINI MED Studiumsgründer und Direktor der Universitätsklinik für Urologie Innsbruck. Außerdem soll das Interesse an zentralen Gesundheitsthemen in der Bevölkerung geweckt und am neuesten Stand der Forschung informiert werden. Darüber hinaus soll jedem, egal welcher Bildungs- und Einkommensschicht er angehört, kostenfreier Zugang zu medizinischem Wissen aus erster Hand ermöglicht werden. 15 Programme – 23 MINI MED Städte Das MINI MED Studium ist in allen österreichischen Bundesländern und in Südtirol vertreten. Mittlerweile gibt es bereits 15 voneinander unabhängige Vortragsprogramme mit 23 verschiedenen Standorten. Im Mai und Juni 2009 finden im Rahmen des MINI MED Frühjahrssemesters noch 52 Vorträge quer über ganz Österreich verteilt statt. Nähere Infos zu den Terminen und Themen erhalten Interessierte online unter www.minimed.at. Alle MINI MED Programme können zudem kostenlos über die MINI MED Info-Hotline 0810 0810 60 angefordert werden. Salzburg / Salzburg 6. Mai 2009: Die Niere, eines unserer wichtigsten Organe – Krankheiten früh erkennen und rechtzeitig behandeln Wien / Wien 7. Mai 2009: Wechseljahre als Wohlfühljahre – Körperliche und seelische Harmonie im Klimakterium Kärnten / Wolfsberg 11. Mai 2009: Die Sonne und ihre Einwirkungen auf die Haut Steiermark / Graz 14. Mai 2009: Übergewicht – nur ein kosmetisches Problem oder doch mehr? Burgenland / Eisenstadt 26. Mai 2009: Erholsame Nächte, erfolgreiche Tage – Lebenselixier Schlaf und seine Störungen Oberösterreich / Linz 27. Mai 2009: Unser Nervensystem und seine Krankheiten – Ein Leben mit Epilepsie Vorarlberg / Wolfurt 27. Mai 2009: Das Immunsystem auf Abwegen – Heuschnupfen und Asthma auf dem Vormarsch Niederösterreich / Mistelbach 4. Juni 2009: Wenn das Kreuz schmerzt – Neueste Erkenntnisse zu Vorbeugung und Therapie GOE_0109_sigis.qxp 08.04.2009 20:32 Uhr Seite 31 SigiS die SIGIS Service Seiten INHALT 01/09 SELBSTHILFE IST MEHR ALS EIN SELBSTHILFETAG .....................32 SELBSTHILFE NEWS .........................................................................................................34 AUTOIMMUNERKRANKUNGEN DER SCHILDDRÜSE ..........................36 SCHWERHÖRIGKEIT...........................................................................................................37 s SELBSTHILFE FÜR MIGRANT/INNEN – EIN THEMA? ......................38 EDITORIAL Liebe Leserin, lieber Leser! D ie Selbsthilfe-Bewegung ist zu einem anerkannten Teil des Gesundheitssystems geworden. Aktivist/innen sehen sie als Ergänzung, nicht aber als eine „kostengünstige“ Alternative zu ausreichenden Strukturen für medizinische Versorgung. „Selbsthilfetage“ sind ein Forum dafür, was die Selbsthilfe auf dieser Basis Patient/innen, deren Angehörigen und anderen Betroffenen ermöglicht. Diese Veranstaltungen auf Bundes- und Landesebene dienen den verschiedenen Gruppen dazu, sich zu präsentieren, auszutauschen und zu vernetzen, aber auch neue Mitglieder zu finden. Wie Selbsthilfetage organisiert werden und was dort an Begegnung und Kommunikation stattfindet, lesen Sie auf den nächsten Seiten. In jeder Ausgabe bitten wir auch zwei Selbsthilfegruppen (SHG) vor den Vorhang, um ihr Engagement und ihre Aktivitäten vorzustellen – und ganz speziell anderen Betroffenen nahe zu bringen. Diesmal ist dies auf Seite 36 die SHG Autoimmune Schilddrüsenerkrankungen und auf Seite 37 die SHG für Schwerhörige Cochlea Implantat Austria. Für Migrant/innen hätte die Selbsthilfe wohl dieselben Vorteile, die sie auch für Menschen ohne Migrationshintergrund hat. Wir verwenden den Konjunktiv, weil es laut unseren ersten – journalistischen – Recherchen offenbar fast noch keine gesundheitsbezogene Selbsthilfe von und für Migrant/innen gibt. Näheres lesen Sie in unserem Artikel auf Seite 38 – der auch als Impuls für neues Engagement in diesem Bereich verstanden werden kann. Ich wünsche Ihnen für unseren SIGIS-Teil von Gesundes Österreich eine spannende und vergnügliche Lektüre, Ing. Petra Gajar Gesundheitsreferentin SIGIS-Projektleiterin des Fonds Gesundes Österreich GESUNDES ÖSTERREICH 31 GOE_0109_sigis.qxp 08.04.2009 20:33 Uhr Seite 32 SigiS Selbsthilfetage ermöglichen eine geistige und emotionale Berührung mit der Selbsthilfebewegung. Selbsthilfe ist mehr als Sie dienen dazu, dass Institutionen, Selbsthilfegruppen und Betroffene sich untereinander austauschen. Im Zentrum dieser Veranstaltungen steht die Kommunikation. I ch muss gestehen, dass ich nicht ganz freiwillig zu meinem ersten Selbsthilfetag gegangen bin“, erzählt Valentin K. „Meine Frau bestand darauf, dass wir hinfahren. Heute bin ich froh darüber, weil ich – rückblickend betrachtet – einige Vorurteile gegenüber der Selbsthilfe hatte. Ich war überzeugt, dass ich so etwas nicht brauche und alleine mit meiner Krankheit fertig werde. Aber es ergaben sich dort einige interessante Gespräche, und ich war erstaunt, was die Selbsthilfe alles macht. Ich beschloss am selben Tag, einmal an einem Treffen einer Selbsthilfegruppe teilzunehmen.“ Das hat der Patient aus Tirol dann auch gemacht, und es hat ihm gut getan. Vor allem, weil er dort Menschen gefunden hat, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben wie er selbst. Inzwischen haben sich schon richtige Freundschaften ergeben und die Frau des Patienten ist froh, dass sie nicht mehr seine einzige Stütze ist. Berührung mit der Selbsthilfe Selbsthilfetage sind Veranstaltungen, bei denen die Selbsthilfe sich und ihre Leistungen präsentiert sowie ihre Akteur/innen noch besser vernetzt. Sie finden auf nationaler und regionaler Ebene statt. Anfang April hat beispielsweise die ARGE Selbsthilfe Österreich gemeinsam mit dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger ihren zweiten „Tag der Selbsthilfe“ veranstaltet. Dabei wurde das Thema „Transparenz im Gesundheitswesen – Beteiligungschancen von Patient/innen und Selbsthilfegruppen“ aus internationaler und österreichischer Perspektive beleuchtet. Aber auch einzelne Bundesländer-Dachverbände organisieren Selbsthilfetage, damit sich Institutionen, Selbsthilfegruppen und Betroffene begegnen und austauschen können. So läuft in Vorarlberg derzeit das langfristig angesetzte Projekt „Impulse für die Selbsthilfe – eine wertschätzende Stärkung der Selbsthilfe in Vorarlberg“, das im Auftrag der Vorarlberger Landesregierung durchgeführt wird. Teil dieses Vorhabens war eine erst kürzlich veranstaltete Fachta32 GESUNDES ÖSTERREICH Mag.a Monika Maier, Geschäftsführerin des Dachverbandes Selbsthilfe Kärnten und Sprecherin der ARGE Selbsthilfe Österreich gung, die gemeinsam mit der Selbsthilfe-Kontaktstelle Vorarlberg durchgeführt wurde. Dafür konnte auch der Fonds Gesundes Österreich als Kooperationspartner gewonnen werden.„Unser Ziel war es, einen Rahmen für eine geistige und emotionale Berührung mit der Selbsthilfe zu ermöglichen, und ich glaube, das ist uns gelungen. Jetzt gilt es die Bereitschaft und Begeisterung aller Beteiligten nach der Tagung zu nützen. Die Selbsthilfe Vorarlberg ist in Gang gekommen“, berichtet Isabella Tschermernjak, Geschäftsführerin der Selbsthilfe Vorarlberg. Da die Veranstaltung eines Selbsthilfetages mit einem großen zeitlichen sowie finanziellen Aufwand verbunden ist, wird mit der Planung frühzeitig begonnen – so ist man derzeit in der Steiermark, in Kärnten sowie in Osttirol bereits mit der Gestaltung der nächsten Selbsthilfetage beschäftigt, welche im Herbst stattfinden werden. Mehr als 1.000 Gruppen Die Veranstaltung von Selbsthilfetagen ist eine Möglichkeit, das Engagement der Selbsthilfe darzustellen – die Basisarbeit findet jedoch in den einzelnen Gruppen statt. In den vergangenen 20 Jahren entstand eine richtiggehende Selbsthilfe-Bewegung, die sich inzwischen als anerkannter und nicht mehr wegzudenkender Teil des Gesundheitssystems etablierte. Mittlerweile gibt es in Österreich geschätzte 1.300 Selbsthilfegruppen im Gesundheits- und Sozialbereich. die SigiS Seiten GOE_0109_sigis.qxp 16.04.2009 11:47 Uhr Seite 33 SigiS hr als ein Selbsthilfetag „In Kärnten gibt es derzeit 163 Selbsthilfegruppen; 1990 waren es noch 26. Diese entwickelten von sich aus den Wunsch, eine gemeinsame Anlaufstelle einzurichten“, erinnert sich Mag.a Monika Maier in ihrer Funktion als Geschäftsführerin des Dachverbandes Selbsthilfe Kärnten,„also wurde der erste SelbsthilfeDachverband eines Bundeslandes in Österreich gegründet.“ Inzwischen hat jedes Bundesland einen eigenen Dachverband oder Medizin sind die psychischen und sozialen Bedürfnisse der Patient/innen jedoch immer mehr in den Hintergrund gerückt.„Patient/innen sehen ihre Krankheit ganzheitlich und im Rahmen einer Operation oder einer anderen medizinischen Therapie bleiben viele Fragen unbeantwortet. Auch fehlen im professionellen System die zeitlichen und finanziellen Ressourcen, eine derartige Aufgabe bewältigen zu können“, meint Mag.a Maier, die auch Ein Selbsthilfetag in Vorarlberg sorgte vor Kurzem für „Impulse für die Selbsthilfe“. auch eine Kontaktstelle und im Jahr 2000 verbuchte die Selbsthilfe einen weiteren Erfolg: Die ARGE Selbsthilfe Österreich wurde gegründet. Sie bündelt seither die gemeinsamen Anliegen von Patient/innen in Selbsthilfegruppen aus ganz Österreich und vertritt diese in sozial- und gesundheitspolitischen Gremien. Versorgung ist mehr als Behandlung Kern der Selbsthilfe ist der Austausch zwischen den Patient/innen. Eine chronische Erkrankung bedeutet häufig einen massiven Umbruch im Leben der Betroffenen und wirkt sich nachhaltig auf das eigene Selbstverständnis und den eigenen Lebensentwurf aus. Es entstehen viele Fragen: Woher kommt meine Krankheit? Wie lang dauert sie? Wie kann man sie behandeln? Welche Operationsmöglichkeiten gibt es? Welche Therapieformen gibt es? Wo soll ich hingehen? Kann ich meine Arbeit behalten? Wie kann ich meine Familie weiter versorgen? Was bedeutet das für meine Partnerschaft? Durch die fortschreitende Technisierung und Spezialisierung der Arbeitsvorgänge in der die SigiS Seiten Sprecherin der ARGE Selbsthilfe Österreich ist. „Dadurch entsteht eine große Lücke, welche die Kommunikation und speziell auch das Zwischenmenschliche betrifft. Diese Lücke füllen Selbsthilfegruppen.“ Der Austausch mit Menschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, wird so zu einer Ressource, um ein neues Selbstverständnis zu entwickeln und eine Balance zwischen der Krankheitsbewältigung und den Alltagserfordernissen zu finden. In den Selbsthilfegruppen erhalten die Menschen Antworten auf ihre Fragen. Dadurch verliert die Krankheit ihren Schrecken und die Menschen finden Orientierung. Durch die Gruppenmitglieder entsteht ein Pool an Informationen, die allen als Ressource zur Verfügung stehen.„Daher ist es auch schade, wenn Patient/innen nur in eine Gruppe kommen, um sich eine bestimmte Information zu holen und dann fernbleiben. Denn Selbsthilfe lebt vom Prinzip des Gebens und Nehmens“, sagt die Sprecherin der ARGE Selbsthilfe Österreich. Der Weg in eine Selbsthilfegruppe Den Zugang zu Selbsthilfegruppen finden Menschen über verschiedene Wege – sei es über Recherchen im Internet, Verzeichnisse, Hinweise aus dem Bekannten- oder Freundeskreis, über Selbsthilfe-Unterstützungsstellen oder durch den Besuch eines Selbsthilfetages. Auch die SIGIS-Datenbank des Fonds Gesundes Österreich, die unter www.fgoe.org/aktivitaeten/selbsthilfe zu finden ist, kann diesbezüglich eine hilfreiche Quelle sein. Weiters spielen Ärzt/innen und Krankenhäuser für die Erstinformation eine wichtige Rolle, da dort für viele Menschen der Weg der Krankheitsbewältigung beginnt. Aus diesem Grund suchen Selbsthilfegruppen die Kooperation mit Krankenhäusern. „1994 gab es in Kärnten in einem einzigen Krankenhaus eine Selbsthilfe-Informationsstelle. Heute ist das überall Standard“, betont Mag.a Maier. Es entstand die Idee, jenen Krankenhäusern, für die Selbsthilfe einen besonderen Stellenwert hat, ein Zertifikat oder Gütesiegel als „Selbsthilfefreundliches Krankenhaus“ zu verleihen. „Uns geht es mit diesem Projekt in erster Linie um gelebte Kooperation zwischen den Krankenhäusern und der Selbsthilfe. Wir wollen von einem Nebeneinander zu einem Miteinander“, so die Sprecherin der ARGE Selbsthilfe Österreich. Derzeit wird diese Initiative in Kärnten und Niederösterreich aktiv umgesetzt und ist für weitere Bundesländer in Planung. Pfeiler des Gesundheitssystems Betrachtet man die Entwicklung der vergangenen 20 Jahre, wird deutlich, dass die Selbsthilfe große Fortschritte erzielen konnte. Künftige Kooperationen und eine fixe Verankerung im österreichischen Gesundheitssystem werden ihre Bedeutung weiterhin erhöhen. „Eines“, ermahnt Mag.a Maier, „dürfen wir jedoch nie vergessen: Selbsthilfegruppen leben vom Engagement und der Bereitschaft ihrer Mitglieder zur Hilfestellung. Der wichtigste Grundsatz für die Tätigkeit der Selbsthilfe ist und bleibt, dass der Mensch im Mittelpunkt steht.“ n Information und Kontakt: ARGE Selbsthilfe Österreich c/o Dachverband Selbsthilfe Kärnten Kempfstraße 23/3, PF 108 9021 Klagenfurt Tel: 0463/50 48 71-25 Fax: 0463/50 48 71-24 E-Mail: [email protected] www.selbsthilfe-oesterreich.at GESUNDES ÖSTERREICH 33 GOE_0109_sigis.qxp 08.04.2009 20:33 Uhr Seite 34 SigiS GESUNDES ÖSTERREICH n Dachverband Selbsthilfe Burgenland Dachverband Selbsthilfe Kärnten Koordinationsstelle: DV Selbsthilfe Kärnten Kempfstraße 23/3, PF 108 9021 Klagenfurt Tel: 0463/50 48 71-25 [email protected] www.selbsthilfe-oesterreich.at Sprecherin: Mag.a Monika Maier Spitalstraße 10 7350 Oberpullendorf Tel: 02612/42 554 Fax: 02612/42 554-4 [email protected] www.dachverband-bgld-selbsthilfegruppen.at Kempfstraße 23/3, PF 108 9021 Klagenfurt Tel: 0463/50 48 71 Fax: 0463/50 48 71-24 [email protected] www.selbsthilfe-kaernten.at Die ARGE Selbsthilfe Österreich hat gemeinsam mit dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger Anfang April den zweiten „Tag der Selbsthilfe“ veranstaltet. Dieses Mal wurde das Thema „Transparenz im Gesundheitswesen – Beteiligungschancen von Patient/innen und Selbsthilfegruppen“ aus internationaler und nationaler Perspektive beleuchtet: Neben einem Vortrag über die theoretischen Grundlagen für eine kollektive Patient/innenbeteiligung waren auch die Erwartungen der Politik Inhalt eines Referates. Ein weiterer Vortrag beschäftigte sich damit, wie ein derartiges Vorhaben in der Praxis funktionieren kann. Drei Workshops widmeten sich schließlich den gesetzlichen Voraussetzungen und den notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen für eine kollektive Patient/innenbeteiligung. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppen sollen als „Wegweiser“ für die zukünftige Entwicklung in Österreich dienen. Der Dachverband burgenländischer Selbsthilfegruppen plant für 2009 monatliche, örtlich wechselnde „Round Table“-Gespräche mit verschiedenen Gruppen des Burgenlandes. Der Zyklus startete am 17. März 2009 in Bad Tatzmannsdorf. Mit diesen Treffen soll die Vernetzung gefördert und die Arbeit der Selbsthilfe Burgenland insgesamt bekannter gemacht werden. Auch Gesundheitstage sind eine gute Gelegenheit für Selbsthilfegruppen, sich und ihre Angebote zu präsentieren. Aufgrund des Erfolges der beiden im Vorjahr durchgeführten Veranstaltungen wird es im Herbst 2009 einen weiteren Gesundheitstag geben, denn sowohl der „Rheumatag“ im Oktober als auch der „Herztag“ im November 2008 fanden bei den Anwesenden guten Anklang. Diese konnten sich durch Referate von Ärzt/innen einen Überblick über die beiden Krankheitsbilder verschaffen. Seit über einem Jahr arbeitet der Dachverband Selbsthilfe Kärnten am Projekt „Gütesiegel Selbsthilfefreundliches Krankenhaus“. Zu Beginn wurden die Landeskrankenhäuser in Klagenfurt, Villach, Wolfsberg, Laas und Hermagor eingeladen, sich offiziell um diese Auszeichnung zu bewerben. Der erste Schritt für die Vergabe des Gütesiegels an diese fünf Landeskrankenhäuser wurde inzwischen abgeschlossen: Die einzelnen Einrichtungen waren aufgefordert, ihre konkreten Maßnahmen für die Erfüllung der vorgegebenen Kriterien zu präsentieren. Nun erfolgt die Fremdbeurteilung durch Vertreter/innen des Vergabegremiums und der wissenschaftlichen Leitung des Projektes. In einem nächsten Schritt werden gemeinsam mit den von den einzelnen Landeskrankenhäusern genannten SelbsthilfeKoordinator/innen vor Ort offene Punkte aus der Selbstbeurteilung diskutiert und gemeinsame Lösungen überlegt. S.U.S. Selbsthilfe-Unterstützungsstelle Wien Im März 2009 hat die neue Wiener Gesundheitsförderung ihre Arbeit aufgenommen. Dafür wurden die Kompetenzen des Fonds Soziales Wien und des Magistrats der Stadt Wien gebündelt. Beide Stellen engagierten sich bereits zuvor für die Gesundheit der Wiener/innen. Ziel der neuen Wiener Gesundheitsförderung ist es, den eigenen Beitrag für gesündere Lebensverhältnisse und Lebensweisen noch sichtbarer, erlebbarer und vor allem nachhaltiger zu gestalten. Bestehende Projekte werden weitergeführt, neue Programme und Prozesse werden initiiert. c/o Wiener Gesundheitsförderung Gemeinnützige GmbH - WiG Zelinkagasse 4, 1010 Wien Tel: 01/4000-666 11 Fax: 01/4000-99 666 19 [email protected] www.sus-wien.at 34 n ARGE Selbsthilfe Österreich S ELBSTHILFE NEWS n die SigiS Seiten GOE_0109_sigis.qxp 08.04.2009 20:33 Uhr Seite 35 SigiS n Dachverband der NÖ. Selbsthilfegruppen Tor zum Landhaus Wiener Straße 54/Stiege A/2. Stock 3109 St. Pölten, Postfach 26 Tel: 02742/22 644 Fax: 02742/22 686 [email protected] www.selbsthilfenoe.at 2009 verspricht für den Dachverband der niederösterreichischen Selbsthilfegruppen ein produktives Jahr zu werden. Dies wird durch Kooperationen mit dem Fonds Gesundes Österreich, der NÖGKK, dem NÖGUS und der Landesklinikenholding ermöglicht: Mit Hilfe des Fonds Gesundes Österreich wird den Selbsthilfe-Akteur/innen wieder ein attraktives Weiterbildungsprogramm geboten; auch finden die EDV-Kurse weiterhin statt. In Zusammenarbeit mit der NÖGKK werden 2009 fünf SelbsthilfeStammtische zur Vernetzung der Gruppen vor Ort sowie die 2. niederösterreichische SelbsthilfeLandeskonferenz veranstaltet. Gemeinsam mit dem NÖGUS und der Landesklinikenholding startete bereits im November 2008 die zweite Staffel des Projekts „Gütesiegel selbsthilfefreundliches Krankenhaus“. Daran beteiligen sich acht Landeskliniken. Erfreulich ist auch, dass die Zeitschrift „Selbsthilfe im Blickpunkt“ ein neues Layout erhielt und ihre Auflage gesteigert werden konnte. Selbsthilfe Vorarlberg Vormals Club Antenne Höchster Straße 30 6850 Dornbirn Tel:/Fax: 05572/263 74 [email protected] www.selbsthilfe-vorarlberg.at die SigiS Seiten n Dachverband der Salzburger Selbsthilfegruppen Im Hause der SGKK/Ebene 01/ Zimmer 128 Engelbert-Weiß-Weg 10 5021 Salzburg Tel: 0662/88 89-1803 [email protected] www.selbsthilfe-salzburg.at Dass Selbsthilfe wichtig ist, erkennt man in Salzburg an den zahlreichen Neugründungen von Selbsthilfegruppen. Gerade durch die steigende Anzahl an Gruppen im ländlichen Raum müssen aber auch entsprechende Rahmenbedingungen für diese geschaffen werden. Diesbezüglich freuen wir uns auf die Zusammenarbeit mit dem Fonds Gesundes Österreich. Ein weiteres großes Ziel des Dachverbands der Salzburger Selbsthilfegruppen für das Jahr 2009 ist die Errichtung einer dauerhaft besetzten Zweigstelle im Innergebirge des Landes Salzburg. Dieses Vorhaben wird durch die positive Entscheidung des Kardinal Schwarzenberg’schen Krankenhauses und seiner Gesundheits- und Krankenpflegeschule in Schwarzach ermöglicht. Zu Beginn wird das Büro an drei halben Tagen besetzt sein. Mit dem Projekt „Impulse für die Selbsthilfe“ will die Vorarlberger Landesregierung die Selbsthilfe gezielt stärken. So organisierte der Selbsthilfeclub Antenne im Auftrag der Landesregierung und mit großzügiger Unterstützung des Fonds Gesundes Österreich im Februar 2009 n n Selbsthilfe-Kontaktstelle Steiermark Selbsthilfe Tirol Zweigstelle Osttirol Leechgasse 30 8010 Graz Tel: 0316/68 13 25 Fax: 0316/67 82 60 [email protected] www.selbsthilfesteiermark.at c/o BKH - Lienz, 4.Stock/Süd E. v. Hiblerstraße 5 9900 Lienz Tel:/Fax: 04852/606-290 Mobil: 0664/38 56 606 [email protected] Die Selbsthilfe-Kontaktstelle Steiermark wählte für 2009 den Themenschwerpunkt „soziale Selbsthilfe“. Dementsprechend steht der jährliche Selbsthilfetag heuer unter dem Aspekt der „sozialen Relevanz der Selbsthilfe“: Die besondere Herausforderung, vor welcher die Selbsthilfe als gesellschaftspolitisches Handeln steht, wird dabei beleuchtet – gerade in Zeiten problematischer wirtschaftlicher Entwicklungen und der Gefahr von zunehmender Entsolidarisierung. Die Kontaktstelle befasst sich zudem mit der Entwicklung der Selbsthilfe in den ländlichen Gebieten und in den Gemeinden. Anlass dafür ist, dass eine Konzentration von Gruppen in der Landeshauptstadt zu beobachten ist. Nicht zuletzt können dank der bewährten Unterstützung des Fonds Gesundes Österreich auch in diesem Jahr wieder Fortbildungsseminare für Selbsthilfegruppen angeboten werden. Vor gut einem Jahr konnte die Selbsthilfezweigstelle Osttirol ein Büro im Bezirkskrankenhaus (BKH) Lienz beziehen. Seit Jänner 2009 übernahm nun der Gemeindeverband die Entlohnung der dortigen Mitarbeiterin, wodurch der Erhalt der Zweigstelle bis auf Weiteres gesichert ist. Durch die Präsenz der Selbsthilfekontaktstelle im BKH Lienz entwickelte sich eine enge Zusammenarbeit mit den Ärzt/innen und dem Pflegepersonal. So gilt die Mithilfe bei der Organisation und Durchführung von Vorträgen inzwischen als selbstverständlich. Insgesamt haben sowohl die Patient/innen als auch das Krankenhaus sowie die Selbsthilfe Vorteile durch diese Kooperation. eine Fachtagung, bei der sich 47 Selbsthilfegruppen, -initiativen und -vereine aus Vorarlberg einem Fachpublikum präsentierten. Eine im Zunehmen begriffene Art der Hilfe setzte damit einen starken Impuls und fand großen Anklang bei den 250 Besucher/innen. Die bislang als „Selbsthilfeclub Antenne“ bekannte zentrale Stelle für die Gründung, Unterstützung, Vernetzung und Begleitung von Selbsthilfeinitiativen änderte anlässlich dieser Fachtagung ihren Namen in „Selbsthilfe Vorarlberg“. GESUNDES ÖSTERREICH 35 GOE_0109_sigis.qxp 08.04.2009 20:34 Uhr Seite 36 SigiS Das Humpeln, das keiner sieht Wer an einer Autoimmunerkrankung der Schilddrüse leidet, hat oft einen langen Leidensweg hinter sich, bis die richtige Diagnose gestellt wird. In einer Selbsthilfegruppe finden Betroffene Rat und gegenseitige Unterstützung. M Leben mit der Erkrankung aria Hohenthal litt selbst jahrelang an Morbus Basedow – einer Überfunktion der Schilddrüse – ehe die Erkrankung 2005 festgestellt wurde. Zu diesem Zeitpunkt war ihr körperlicher Zustand derart kritisch, dass sie das Wochenende ohne sofortige Therapie möglicherweise nicht überlebt hätte. Auf die Hormonüberproduktion durch ihre Schilddrüse reagierte sie mit Zittern, Atemnot, Herzrasen, Muskelschwäche, starkem Haarausfall, Erschöpfung und dem Gefühl, sterben zu müssen. „Die Diagnose zog mir damals den Boden unter den Füßen weg“, erinnert sich die Patientin. „Auf einmal wurde alles in Frage gestellt.“ Während ihres fünfwöchigen Krankenstands durchsuchte sie das Internet nach Informationen zu ihrer Krankheit und nahm in Foren Kontakt zu anderen Betroffenen auf. „Irgendwann wollte ich ‚reale’ Menschen kennen lernen und beschloss daher, eine Selbsthilfegruppe aufzusuchen.“ Enttäuscht stellte sie fest, dass es in ganz Österreich keine Gruppe für autoimmune Schilddrüsenerkrankungen (AI-SD) gab. Von anderen Betroffenen ermutigt, begann sie dann aber selbst mit der „Selbsthilfegruppe für AISD-Erkrankungen Österreich“. „Ursprünglich hatte ich diese Selbsthilfegruppe gegründet, um für mich Informationen zu bekommen“, gesteht sie. „Ich musste jedoch erkennen, dass sich diese Hoffnung aufgrund der Seltenheit von Morbus Basedow nicht wirklich erfüllte. Die meisten Frauen, die unsere Selbsthilfegruppe aufsuchen, leiden an Hashimoto Thyreoiditis, der zweiten Autoimmunerkrankung der Schilddrüse, welche mit einer Unterfunktion einhergeht. Aber ich erhielt so viele positive Rückmeldungen und die Menschen hatten so viel Freude daran, dass ich die Gruppe nicht sofort wieder aufgeben wollte. Immerhin hatte ich da etwas in Gang gebracht“, schildert sie ihre Erfahrungen der ersten Zeit. Seit damals treffen sich Betroffene regelmäßig im Frauengesundheitszentrum Graz, um sich über ihren Alltag und ihre Erfahrungen auszutauschen, offene Fragen zu klären und sich in Vorträgen zu informieren. „Insgesamt waren über hundert Menschen bei den Treffen – vorwiegend Frauen, weil diese viel häufiger an 36 GESUNDES ÖSTERREICH © www.BilderBox.com Austausch suchen Da die Symptome der AI-SD-Erkrankungen vielfältig sind und meist den so genannten Allgemeinsymptomen zugeordnet werden, stoßen Betroffene selbst im engsten Umfeld immer wieder auf Unverständnis. Mit einer Metapher beschreibt sie, wie es AI-SD-Erkrankten geht: „Wer humpelt, erhält Verständnis von seinen Mitmenschen, weil seine Erkrankung sichtbar ist. Aber ich humple auch, auch wenn mein Humpeln nicht sichtbar ist.“ Zwei Dinge würde sich die Selbsthilfeakteurin wünschen: Zum einen, dass Ärzt/innen ihren Patient/innen mehr Informationen über ihre Erkrankung geben und zum anderen, dass das Krankheitsbild endlich akzeptiert wird. Maria Hohenthal hat selbst keine Beeinträchtigungen mehr durch Morbus Basedow und gilt – nach einem Rückfall im Jahr 2007 – inzwischen als „schulmedizinisch geheilt“. Aber sie erlebt sich als weniger stressresistent als andere Menschen: „Möglicherweise war ich das schon immer, nur jetzt akzeptiere ich es. Früher bin ich oft über meine Grenzen gegangen, vielleicht habe ich sie auch gar nicht erkannt. – Durch meine Erkrankung habe ich sie sowohl kennen als auch respektieren gelernt.“ n Schilddrüsenerkrankungen leiden. An den einzelnen Abenden sind wir meist zehn bis 15 Personen. Zusätzlich haben wir eine Mailingliste, die an 120 Menschen im gesamten deutschsprachigen Raum geht“, so die Selbsthilfeakteurin. Erfreut berichtet sie, dass es seit dem Vorjahr auch in Wien eine Selbsthilfegruppe für Schilddrüsenerkrankte gibt, welche sich monatlich trifft. „In Graz finden die Treffen nun jeden zweiten Monat statt. Ich organisiere diese Gruppe derzeit alleine, bin berufstätig und alleinerziehende Mutter von zwei Kindern“, erwähnt Maria Hohenthal beiläufig, „da muss ich mit meinen Kräften ein wenig haushalten.“ Information und Kontakt: Selbsthilfegruppe für AI-SD-Erkrankungen Österreich Frau Maria Hohenthal Mobil: 0664/48 70 232 Frauengesundheitszentrum Graz, Joanneumring 3, 8010 Graz Tel: 0316/83 79 98, Fax: 0316/83 79 98-25 [email protected] [email protected] www.members.aon.at/shg.schilddruese Maria Hohenthal hat die „Selbsthilfegruppe für AI-SD-Erkrankungen Österreich“ gegründet. die SigiS Seiten A GOE_0109_sigis.qxp 08.04.2009 20:34 Uhr Seite 37 SigiS Hören lernen ist ein langer Weg A b einer Hörminderung von mehr als 25 Dezibel (dB) gilt man laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) als hörgeschädigt: Europaweit sind rund 71 Millionen Erwachsene im Alter von 18 bis 80 Jahren davon betroffen. Zusätzlich sind vermehrt Kinder und Jugendliche hörgeschädigt, wobei Schwerhörigkeit vererbt oder durch Krankheiten und Verletzungen verursacht werden kann. Schätzungen zufolge leiden insgesamt 1,6 Millionen Österreicher/innen an dieser Beeinträchtigung. Die 8-jährige Agnes ist eine von ihnen. Ihre Mutter Hilde Renner berichtet von den bisherigen Erfahrungen im Umgang mit der Schwerhörigkeit ihrer Tochter: Gesundes Österreich: Was bedeutete Agnes’ Diagnose „Schwerhörigkeit“ für Sie? Hilde Renner: Ich sah es als Auftrag, in die Welt der Gehörlosigkeit einzusteigen und zu erfahren, was es bedeutet, „hören zu lernen“ und „sprechen zu lernen“. Es ist ein langer Weg: Heute werden Babys bereits mit sechs Monaten beidseitig operiert; Agnes erhielt ihr erstes Cochlea Implantat (CI) im Alter von zwei Jahren am linken Ohr und zwei Jahre später am rechten. Ein CI ist eine künstliche Schnecke, die ins Ohr eingesetzt wird. Erst wird das Gerät nur ganz leise eingestellt. Dann wird die Lautstärke wöchentlich langsam erhöht. Dabei beobachtet man die Reaktion und das Verhalten des Kindes in dieser Zeit des Lauterdrehens sehr genau. Als die richtige Lautstärke erreicht war, folgten wöchentliche Termine für Logopädie, Frühförderung und Physiotherapie. Inzwischen besucht meine Tochter eine Gehörlosenschule in Wien: Dort wird in Kleinklassen mit sechs Kindern gearbeitet und Agnes ist dort sehr gut aufgehoben. Gesundes Österreich: Wie sind Sie zur Selbsthilfegruppe CIA gekommen? Hilde Renner: Agnes’ Chirurg schlug es vor: Als bekannt wurde, dass sie ein CI benötigen würde, versorgte er uns mit Informationen, nannte Telefonnummern, E-Mail-Adressen und lud uns zum nächsten Treffen der „CIA Cochlea Implantat Austria“ ein. Er ist sowohl im ärztlichen Beirat als auch der Präsident dieser Selbsthilfegruppe. CIA hat österreichweit an die 300 Mitglieder und ist mit Ausnahme von Salzburg in jedem Bundesland vertreten. Zusätzlich vernetzen wir uns mit Selbsthilfegruppen im Ausland und mit europäischen Dachverbänden. Da wir viele Kinder die SigiS Seiten Schwerhörigkeit ist weit verbreitet, zunehmend auch bei Kindern und Jugendlichen. Gesundes Österreich hat mit der Mutter einer betroffenen Achtjährigen darüber gesprochen, wie sie gelernt hat, mit der Hörbeeinträchtigung ihrer Tochter umzugehen, und was eine Selbsthilfegruppe dazu beigetragen hat. Die Selbsthilfegruppe CIA bei den Sommertagen am Wörthersee in der Gruppe haben, stimmen wir unser Angebot auf deren Bedürfnisse ab: Zweimal jährlich finden größere Veranstaltungen wie Schifahren in Mariazell oder Sommertage in Velden am Wörthersee statt. Gesundes Österreich: Was hat sich durch die Teilnahme an der Selbsthilfegruppe verändert? Hilde Renner: Das war ein Wendepunkt – vor allem für meine Tochter. Zuvor lebte sie in ihrer eigenen Welt und war sehr zurückgezogen. Der Besuch des SHG-Treffens war für Agnes wie eine große Erleuchtung, weil sie Menschen entdeckte, die auch ein CI haben. Es war ein wunderschöner Moment, den ich nie vergessen werde: Ihre Augen leuchteten, als würde sie die Welt erst jetzt erblicken. Das Tolle für mein Kind war die Erkenntnis: „Ich bin mit meinem Problem nicht allein.“ Gesundes Österreich: Was sollte man im Umgang mit Schwerhörigkeit berücksichtigen? Hilde Renner: Das Kind soll sich mit dem CI oder Hörgerät vertraut machen, selbst Batterien tauschen und Funktionen kontrollieren können. Außerdem sind Angebote wie Frühförderung, Logopädie und Physiotherapie sehr wertvoll. Agnes hat einen Bruder, der ein Jahr älter ist, und ich habe Wert darauf gelegt, dass auch er genug Aufmerksamkeit bekommt. Bedeutsam ist auch, dass Kinder sich untereinander verständigen können, zum Beispiel durch Gebärdensprache. n Information und Kontakt: CIA - Cochlea Implantat Austria www.ci-a.at Johann Horak Vereinsgründer Obmann CIA Beratung Wien Tel: 0681/109 245 88 [email protected] Birgitt Valenta Elternvertreterin Tel: 0676/922 37 33 E-Mail: [email protected] Hilde Renner Landesgruppe Burgenland Tel: 0676/300 10 61 Fax: 01/31336-90 51 51 [email protected] Hilde Renner mit ihrer Tochter bei einer Faschingsfeier GESUNDES ÖSTERREICH 37 GOE_0109_sigis.qxp 16.04.2009 11:49 Uhr Seite 38 SigiS Selbsthilfe für Migrant/innen – ein Thema? Migrant/innen sind in der gesundheitsbezogenen Selbsthilfe Österreichs kaum präsent: Weder findet man eigene Gruppen für diese Zielgruppe, noch trifft man sie regelmäßig in etablierten Selbsthilfegruppen. © www.BilderBox.com S pricht man mit österreichischen Selbsthilfe-Akteur/innen über die Beteiligung von Migrant/innen an Selbsthilfegruppen, so hört man des Öfteren: „Spontan fällt mir niemand ein“ oder „Da war doch einmal diese eine Person“. Migrant/innen sind demnach unseren ersten Recherchen zufolge in der gesundheitsbezogenen Selbsthilfe Österreichs kaum präsent: Weder findet man eigene Gruppen für diese Zielgruppe, noch trifft man sie regelmäßig in etablierten Selbsthilfegruppen. Es scheint, als wäre eine gesundheitsbezogene Selbsthilfe für Migrant/innen kein Thema. Ein wenig beforschtes Feld „Bislang gibt es dazu auch kaum wissenschaftliche Untersuchungen. Die derzeitigen Hinweise zu migrant/innenbezogenen Selbsthilfeaktivitäten findet man eher außerhalb wissenschaftlicher Datenbanken“, erklärt der Diplompsychologe Christopher Kofahl vom Institut für Medizin-Soziologie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, wo das Projekt „Aktivierung von Selbsthilfepotenzialen“ durchgeführt wurde. „Wir stellten fest, dass Formen der gemeinschaftlichen Selbsthilfe für Zuwanderer/innen und ihre Familien vielerorts praktiziert werden – allerdings nicht mit dem Schwerpunkt auf gesundheitlichen Fragen“, so der Psychologe weiter. Deutsche Migrant/innen schließen sich eher zu so genannten Migrant/innenselbstorganisationen (MSO) zusammen, um eigene Interessen durchzusetzen, Selbsthilfepotenziale zu bündeln und Brücken in die Gesellschaft zu bauen. „Gesundheitsbezogene Themen spielen dabei gegenüber religiösen, ethnisch-kulturellen, sozialen und schulischen Themen sowie Sport- und Freizeitaktivitäten eine deutlich untergeordnete Rolle“, so Kofahl. „Aber da diese Christopher Kofahl: „Selbsthilfe für Zuwanderer/innen wird vielerorts praktiziert – allerdings nicht mit Schwerpunkt auf gesundheitlichen Fragen.“ 38 GESUNDES ÖSTERREICH Organisationen für Migrant/innen ein bedeutendes soziales Bezugssystem und Netz sind, wären sie auch ideal für gesundheitsbezogene Selbsthilfe.“ Der Blick nach Österreich zeigt ein ähnliches Bild: Auch hier spielen rein gesundheitsbezogene Selbsthilfeinitiativen speziell von und für Migrant/innen, mit Ausnahme von vereinzelten Aktivitäten, keine oder kaum eine Rolle. Dass diese Zielgruppe auch die bestehenden Initiativen kaum nützt, könnte laut Fachleuten mit hierarchischem Denken in Bezug auf alle gesellschaftlichen Belange zusammenhängen sowie mit einem anderen Konzept von „Gesundheit“. Außerdem spielen natürlich auch bei Migrant/innen jene psychosozialen Aspekte eine Rolle, die viele Nicht-Migrant/innen daran hindern, sich an einer Selbsthilfegruppe zu beteiligen: das sind vor allem die Scham oder die Angst, dass ein Problem öffentlich werden könnte. Information und Kontakt: Dipl.-Psych. Christopher Kofahl Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf Zentrum für Psychosoziale Medizin Institut für Medizin-Soziologie Martinistraße 52 20246 Hamburg, Deutschland [email protected] Kulturspezifische Selbsthilfe Noch ist auch wenig darüber bekannt, wie Selbsthilfe speziell für Migrant/innen gestaltet werden könnte. Dass dabei an mögliche Sprachbarrieren gedacht werden muss, ist zwar offenkundig. Wie jedoch eine sprachund kulturübergreifende Vermittlung der Erfahrungen der Selbsthilfe sowie der Aktivitäten der Selbsthilfeunterstützung funktionieren könnte, ist derzeit noch weitgehend ungeklärt. Die vorhandenen Texte und Arbeitsgrundlagen der Selbsthilfe zu übersetzen, wird jedenfalls nicht ausreichen, meinen Expert/innen. Vielmehr werde ein wechselseitiger Lernprozess zwischen Migrant/innen und den Selbsthilfeakteur/innen notwendig sein, um gemeinsam neue Formen des Herangehens zu finden. So könnte eine kulturspezifische Selbsthilfe entwickelt werden, die viele Vorteile mit sich bringen könnte. „Eine realistische Chance für die Verbreitung des Selbsthilfegedankens in den unterschiedlichen Kulturkreisen besteht dann, wenn ein ausreichendes Maß an positiven Erfahrungen gesammelt und in den ethnischen Gemeinden kommuniziert wurde“, weiß Kofahl. „Dann werden Betroffene zu Akteur/innen und Multiplikator/innen, gegebenenfalls sogar zu Initiator/innen und Koordinator/innen weiterer Gruppen. Eine Investition in kulturvermittelnde Aktivitäten und Maßnahmen ist also eine Investition in die Zukunft.“ n die SigiS Seiten GOE_0109_ad_s39neu.qxp 16.04.2009 12:09 Uhr Seite 1 ADVERTORIAL COMPANII-SPEAKER: EIN PLÄDOYER FÜR DIE innovative, handliche Gerät in Form eines PDAs dient in LOGOPÄDIE! Das Kombination mit einer von LieberLieber Software speziell entwickelten Software als logopädische Kommunikationshilfe. Fotos: Archiv NEW BUSINESS D ank individueller Gestaltung der Visualisierung mittels Symbolen erleichtert es dem jeweiligen Patienten bzw. Klienten die Verständigung. Schon jetzt werden rund 100 Symbole als „Standardumfang“ mitgeliefert. Mit festem Fingerdruck auf ein Symbol wird eine Sprachausgabe über den eingebauten Lautsprecher erzeugt, die den Wert des Symbols wiedergibt bzw. auf eine andere Bedienungsebene schaltet. Der „Output“ sind „vorgesprochene“ Wörter: einfache Begriffe wie Durst, Hunger, kalt, warm, Medizin oder Handlung. Es können aber auch für den jeweiligen Patienten bzw. Klienten individuelle Begriffe zusammengestellt werden. In der Bedienerführung sind Größe und Anzahl der Symbole pro Bedienebene individuell einstellbar. Ein fester Bestandteil an der Unterseite der Bedienebene ist die Navigation, die sich auf jeder Ebene gleich präsentiert. Damit kann man zwischen den Ebenen blättern und auch sehr schnell zu einem Notfallmenü gelangen, das dann von jeder Ebene schnell erreichbar ist. Im Notfallmenü werden die wichtigsten bzw. häufig verwendete Symbole wie etwa Medizin, Arzt, Pfarrer, Geld holen etc. zusammengefasst. Zur Individualisierung gibt es Software, die auf jedem PC-System installiert und ausgeführt werden kann, das folgende Anforderungen erfüllt: Betriebssystem: Microsoft Windows XP Home/Professional, Microsoft Windows Vista, Microsoft .NetFrameWork 3.5, 1 GB freier Speicherplatz auf der Festplatte, 512 MB RAM, USB-1.1- oder USB2.0-Anschluss bzw. SD-Kartenleser. Darüber hinaus kann das System mit zusätzlichen Symbolen oder Bildern erweitert werden. Es besteht auch die Möglichkeit der Einbindung von fertigen Symbolbibliotheken. Die Ausgabe der Sprache kann auch über ein TTS-(TextToSpeech-) Modul erfolgen und damit noch flexibler werden. Weiters kann die Bedienung auch mit Bluetooth-Maus (über eine Treibererweiterung) erfolgen. Demnächst folgt ein Companii-Speaker als Mini-Notebook für Patienten bzw. Klienten, die zusätzlich zur Sprachbarriere auch eine motorische Die logopädische Kommunikationshilfe „Companii-Speaker” Schwäche haben. Das kleine Portable-Gerät wird ein zehn Zoll großes Display und zwei wuchtige Tasten zur Steuerung der Links/Rechts-Bewegung bzw. zur Auswahl des aktuellen Symbols haben. Weitere Informationen gibt’s bei: Ing. Robert O. Schill, Tel.: 0664/857 63 42 Daten und Fakten Logopädie (von griech. logos = das Wort und pädeuein = erziehen) ist der 1913 erstmals benutzte und 1924 durch den Wiener Mediziner Emil Fröschels eingeführte Begriff für die Stimmheilkunde. Die Bedeutung des Logopädie-Begriffs änderte sich im Lauf der Zeit. Heute bezeichnet die Logopädie die noch junge medizinisch-therapeutische Fachdisziplin, die den durch eine Sprach-, Sprech-, Stimm-, Schluck- oder Hörbeeinträchtigung in seiner zwischenmenschlichen Kommunikationsfähigkeit einge- schränkten Menschen zum Gegenstand hat. Die Logopädie beschäftigt sich in Theorie und Praxis mit Prävention, Beratung, Diagnostik, Therapie und Rehabilitation, Lehre und Forschung auf den Gebieten der Stimme, Stimmstörungen und Stimmtherapie, des Sprechens, der Sprechstörung und Sprechtherapie, der Sprache, Sprachstörung und Sprachtherapie sowie des Schluckens, der Schluckstörung und Schlucktherapie. Logopäden integrieren in ihre Arbeit verschiedene wissenschaftliche Disziplinen, u. a. Linguistik, Phonetik (Lehre von den Lauten), Psychologie, Medizin und Pädagogik, Heilpädagogik, Sonderpädagogik. Die logopädischen Maßnahmen umfassen das Erstellen einer Diagnose, Beratung und Therapie von Störungen des Sprachverständnisses, der gesprochenen und geschriebenen Sprache, des Sprechens, der Atmung, der Stimme, der Mundfunktion, des Hörvermögens, des Schluckens und der Wahrnehmung. Die regelmäßige und ausführliche Beratung der Angehörigen (Eltern/Partner/Kinder) gehört vor allem bei Kindern und bei schwer gestörten Erwachsenen zum Tätigkeitsfeld, da nur so eine Veränderung der Kommunikationsfähigkeit im Alltag erreicht werden kann. In den letzten Jahren ist in Wien in Zusammenarbeit mit der Schlafmedizin ein neues Betätigungsfeld für die Logopädie entstanden: myofunktionelle Schlaf- und Schnarchtherapie, die Behandlung von Schnarchen und Schlafapnoen (muskuläre Pharynxschwäche). www.logopaedieaustria.at www.lieberlieber.com Mehr über (nicht „nur“) medizinischen „Innovation Spirit“ jeden Monat neu in NEW BUSINESS! Probeexemplar anfordern! [email protected] GESUNDES ÖSTERREICH 39 GOE_0109_projekte.qxp 16.04.2009 11:50 Uhr E E KH TV O R J O C P R N SI ELLE Seite 2 PROJEKTE ST WAS BRINGT PEER EDUCATION? Bei den „risk’n’fun“-Kursen des Alpenvereins erfolgt „Peer Education“, indem jugendliche Freerider – also Tiefschneefahrer/innen – zwecks Unfallprävention in Lawinenkunde ausgebildet werden. Ob diese Peers ihr Wissen tatsächlich wie erwünscht an Gleichaltrige weitergeben, wurde durch ein Projekt wissenschaftlich evaluiert. E © POWDERFREAK ine Gruppe Wintersportler/innen steht am Rande eines Steilhangs abseits der Piste. In den vergangenen Tagen hat es reichlich geschneit. Heute strahlt die Sonne vom Himmel. Alle freuen sich darauf, gleich frische Spuren in den frischen Schnee zu zaubern. Plötzlich warnt einer aus der Runde davor, dass es vielleicht riskant sein könnte, diesen Hang zu befahren. Der Schnee sei labil geschichtet, die Lawinengefahr groß… Wohl jeder Skitourengeher, Variantenfahrer oder Snowboard-Freerider kennt diese Situation. In dieser haben wohl auch schon einige nicht die richtige Entscheidung getroffen. Besonders bei Jugendlichen ist die Gefahr groß, dass abseits der Pisten zuviel riskiert wird. Kurskonzept für Freerider Information und Kontakt: Österreichischer Alpenverein Dipl. Soz.-Päd. Jürgen Einwanger Tel: 0676 / 670 96 07 [email protected] www.alpenverein.at/risk-fun 40 GESUNDES ÖSTERREICH Die „risk’n’fun“-Kurse des Alpenvereins ermöglichen Freeridern Tiefschneespaß mit Maß. Wirkt Peer Education? Die Ausbildung arbeitet durch „Peer Education“. Die „Peers“, die Leitfiguren unter Gleichaltrigen, werden speziell ausgebildet, um das Wissen auf „gleicher Augenhöhe“ weiterzugeben. Durch ihren speziellen Status innerhalb der Gruppe haben die Peers Anerkennung und Aufmerksamkeit. Doch inwieweit erfolgte dieser Know-howTransfer im Rahmen der rund 100 Kurse, die während der vergangenen zehn Jahre in Skigebieten in ganz Österreich stattgefunden haben, tatsächlich? Ein vom Fonds Gesundes Österreich gefördertes und im März abgeschlossenes Folgeprojekt hat dazu Antworten geliefert. Zunächst wurden dafür zehn Moderator/innen ausgebildet, die selbst aus dem Umfeld der risk’n’fun-Kurse stammten. Diese moderierten Fokusgruppen, also Gesprächsrunden mit jeweils mehreren Kursteilnehmer/innen, in denen deren Selbstwahrnehmung nach der Ausbildung zentra© PRIVAT Der Österreichische Alpenverein hat deshalb vor rund zehn Jahren für Snowboarder und Skifahrer/innen ab 16 Jahren „risk’n’fun“-Kurse entwickelt. Diese bestehen aus drei fünftägigen Modulen, die aufeinander aufbauen: das „Level 01/Trainingssession“, das „Level 02/Next Level“ sowie das „Level 03/Backcountry Pro“. Die Ausbildung beinhaltet unter anderem Lawinenkunde, den Umgang mit Notfallausrüstung sowie Kartenkunde und Orientierung aber auch Rollenspiele. Für die Werbung und die Website www.risk-fun.com werden die Bilder und Symbole der Freerider verwendet. Außerdem zählen zum Trainerteam Szenegrößen wie etwa Snowboardprofi Gitti Köck, die schon WM-Bronze gewonnen hat. „Inzwischen gilt es bei vielen Freeridern als cool, an unseren Kursen teilzunehmen und zum Chill-Out danach eingeladen zu werden“, meint der diplomierte Sozialpädagoge und Projektleiter Jürgen Einwanger vom Alpenverein, der seit dem Projektstart 1999 bei „risk’n’fun“ dabei ist. les Thema war. „Die meisten sagten, dass sie nach dem ersten Kurslevel vor allem verunsichert gewesen seien“, berichtet Dipl. Soz.-Päd. Einwanger. Erst nachdem sie auch das zweite und dritte Kurslevel absolviert hätten, hätten sie dann den Eindruck gehabt, wirklich zu wissen, was sie tun – und dieses Know-how auch an andere weitergeben zu können. Ob die Peers schließlich auch andere Jugendliche erreicht haben, wurde in dem vom österreichischen Institut für Jugendkulturforschung wissenschaftlich geleiteten Projekt in Einzel-Tiefeninterviews mit Freund/innen von Kursteilnehmer/innen überprüft. „Dabei zeigte sich, dass die Peer Education tatsächlich wirkt“, sagt Dipl. Soz.-Päd. Einwanger: „Einerseits, weil das veränderte Verhalten unserer Kursteilnehmer/innen von den anderen aus ihrer Freerider-Gruppe wahrgenommen wurde und generell mehr Achtsamkeit bewirkt hat. Andererseits wurden die Peers auch immer wieder zu geeignetem Equipment befragt – von Helmen bis zu Suchgeräten für von Lawinen Verschüttete. Dazu wurde noch ein Punkt erreicht: Auch ihre Freund/innen begannen sich dafür zu interessieren, einmal an solch einem Kurs teilzunehmen.“ n GOE_0109_projekte.qxp 16.04.2009 11:51 Uhr Seite 3 E E KH TV O R J O C P R N SI ELLE PROJEKTE ST GEMEINSAM GESUNDHEIT GESTALTEN Was brauchen Mitarbeiter/innen in sozioökonomischen Betrieben? Und was ihre Klient/innen? In einem Projekt in Oberösterreich werden ihre Gesundheitsbedürfnisse genau erhoben. Auf dieser Basis werden Prozesse initiiert, die die Gesundheit der Menschen in diesen Einrichtungen nachhaltig fördern sollen. Zur Umsetzung von „Gemeinsam Gesundheit Gestalten“ haben sich acht Sozialeinrichtungen unter der Schirmherrschaft der Sozialplattform Oberösterreich und der fachlichen Leitung von ppm forschung + beratung vernetzt. In der ersten Projektphase wurde eine Online-Erhebung zu Ressourcen und Belastungen in Sozialeinrichtungen mit Beschäftigungs- und Beratungsschwerpunkt durchgeführt. Das Resultat: Die Arbeitsmotivation und die Zufriedenheit der Mitarbeiter/innen in diesen Organisationen sind sehr hoch. Ressourcen, die von den Befragten häufig genannt wurden, sind etwa die Möglichkeit, Wissen und FertigInformation und Kontakt: keiten gut ppm forschung + beratung einsetzen zu Mag.a Manuela Ritter können, ein Tel: 0732 / 78 20 78 93 gutes [email protected] klima sowie www.ppm.at die Tatsache, Ausbildung von Moderator/innen für Gesundheitszirkel im Rahmen des Projektes „Gemeinsam Gesundheit Gestalten“ dass die Arbeit als sinnvoll und interessant empfunden wird. Allerdings berichteten die Mitarbeiter/innen auch von Belastungen, denn sie befinden sich nicht selten in einem Spannungsfeld aus sich widersprechenden Zielsetzungen. „Einerseits sollen die Transitkräfte, die oft gesundheitliche Probleme haben, in ihrer persönlichen Entwicklung gestützt und gefördert werden“, erklärt die Projektleiterin Mag.a Ritter. „Andererseits müssen wirtschaftliche Ziele erreicht werden, etwa die Arbeitskräfte erstmalig zu vermitteln und den laufenden Produktions- oder Dienstleistungsbetrieb aufrecht zu erhalten.“ Die Tätigkeit in Sozialeinrichtungen ist überdies emotional sehr fordernd und die Gefahr, im Engagement für andere über die eigenen Grenzen zu gehen, groß. Gleichzeitig sind die Möglichkeiten sich beruflich weiterzuentwickeln, etwa durch Wechseln in einen anderen Bereich, sehr beschränkt. Das Lohnniveau ist niedrig und die Arbeitsplätze sind oftmals unsicher. Häufig werden sie nur für die Dauer eines Projektes finanziert. © PRIVAT Ressourcen und Belastungen © PRIVAT A uslöser des Projektes war der dringende Wunsch von sozioökonomischen Betrieben in Oberösterreich, etwas für die Gesundheit der Mitarbeiter/innen zu tun“, sagt Mag.a Manuela Ritter von ppm forschung + beratung, einem Unternehmen, das seit 1988 Vorhaben der Betrieblichen Gesundheitsförderung begleitet und initiiert. Das aktuelle Projekt „Gemeinsam Gesundheit Gestalten“ startete im September 2008. Es richtet sich an sozioökonomische Betriebe, teilweise aber auch an Menschen, die zum Beispiel aufgrund einer Erkrankung ihren Arbeitsplatz verloren haben. Neben den Mitarbeiter/innen in Sozialeinrichtungen mit Beschäftigungs- und Beratungsschwerpunkt selbst sollen auch die „Transitkräfte“ erreicht werden, die in einem Teil dieser Organisationen beschäftigt sind. Damit sind jene – häufig schwer vermittelbaren – Menschen gemeint, die im Rahmen von Beschäftigungsinitiativen befristet angestellt werden, um so wieder besser in den Arbeitsmarkt integriert zu werden. Meist sind das etwa Menschen mit geringem Ausbildungsniveau oder einem körperlichen oder geistigen Handicap. Maßnahmen zur Gesundheitsförderung Maßnahmen für die Stammmitarbeiter/innen werden gemeinsam in Gesundheitszirkeln erarbeitet. „Dazu wurde in jedem der teilnehmenden Betriebe ein/e Zirkelmoderator/in ausgebildet“, so Mag.a Ritter. Wege zu finden, wie die Gesundheit der Transitkräfte gefördert werden könne, stelle bei dieser Initiative eine besondere Herausforderung dar, ergänzt die Projektleiterin: „Denn diese sind im Schnitt nur sechs Monate in den Betrieben und haben oft wenig Zugang zu Fragen der eigenen Gesundheit.“ Um diesen speziellen Anforderungen gerecht zu werden, wurden im Rahmen von „Gemeinsam Gesundheit Gestalten“ bereits Workshops entwickelt, die in den nächsten Monaten in den Betrieben erprobt werden. Sie setzen sich beispielsweise mit den Themen „Gesundheit allgemein“, „Arbeitsumfeld“, „Selbstwert stärken“ oder „Stressbewältigung“ auseinander. In der letzten Phase des vom Fonds Gesundes Österreich sowie dem Gesundheitsfonds des Landes OÖ und dem AMS OÖ geförderten Projektes werden dann alle Erfahrungen zusammengeführt werden. „Wir wollen ein Abschlussprodukt erarbeiten, das allen interessierten Betrieben ein Werkzeug zur sinnvollen Betrieblichen Gesundheitsförderung in die Hand geben soll“, fasst die Projektleiterin die Gesamtziele zusammen. n GESUNDES ÖSTERREICH 41 GOE_0109_projekte.qxp 16.04.2009 11:52 Uhr E E KH TV O R J O C P R N SI ELLE Seite 4 PROJEKTE ST HILFSANGEBOT FÜR KINDER ALKOHOLKRANKER ELTERN © ANDREAS HECHENBERGER/THEATERACHSE Mit dem Theaterstück „Mama geht’s heute nicht so gut“ wird Salzburger Kindern zwischen acht und zwölf Jahren die Möglichkeit geboten, sich mit dem Thema Alkoholkrankheit in der Familie auseinanderzusetzen und Hilfe zu bekommen. Eine Szene aus dem Theaterstück „Mama geht’s heute nicht so gut“ R Information und Kontakt: kija Salzburg DSA Mag.a Marion Wirthmiller Tel: 0662 / 430 550 / 3225 [email protected] www.kija.at/sbg/Projekte/mama.htm 42 GESUNDES ÖSTERREICH Reale Basis © PRIVAT und zehn Prozent der Kinder in Österreich leben mit einem alkoholkranken Erziehungsberechtigten. Wie belastend diese Situation ist, schildert DSA Mag.a Marion Wirthmiller, Projektleiterin von „Kinder aus (Alkohol)suchtbelasteten Familien“: „Die Kinder fühlen sich für die Krankheit ihrer Eltern verantwortlich, sie müssen oft den ganzen Haushalt machen und sind häufig total auf sich allein gestellt.“ Etwa 300.000 Menschen in Österreich sind alkoholkrank. Trotzdem ist dieses Thema nach wie vor extrem tabuisiert. Kinder, die in Familien mit einem alkoholkranken Elternteil leben müssen, sind besonders belastet – und sie wissen meist nicht, wo sie Hilfe finden können. Um betroffenen Kindern offene Gespräche zu ermöglichen, wurde 2007 das Projekt „Kinder aus (Alkohol)suchtbelasteten Familien“ von der Kinder- und Jugendanwaltschaft (kija) Salzburg ins Leben gerufen. Das Herzstück der vom Fonds Gesundes Österreich geförderten Initiative ist das Theaterstück „Mama geht’s heute nicht so gut“, das von der Gruppe „theaterachse“ erarbeitet wurde. „Der Regisseur, Matthias Schuh, hat mit betroffenen Kindern und Fachleuten gesprochen und das Theaterstück auf Basis von realen Erlebnissen geschrieben“, erläutert DSA Mag.a Wirthmiller. Dieses 50-minütige Theaterstück kann von allen Schulen in Salzburg gebucht werden und richtet sich an acht- bis zwölfjährige Kinder und ihre Lehrer/innen. „Im Anschluss an die Aufführung erfolgt eine Nachbearbeitung. Bei dieser haben die Kinder die Möglichkeit, ihre Sicht auf das Stück gemeinsam mit Expert/innen zu reflektieren, wobei auch Bildmaterialien, Comics und ein Alkoholquiz eingesetzt werden“, so Wirthmiller. Außerdem können die Kinder auch Einzelgespräche mit den Expert/innen führen. Wie hilfreich dieses Angebot sein kann, zeigt ein Beispiel, das die Projektleiterin berichtet: „Ein zwölfjähriger Bub kam nach dem Stück zu mir und bat mich um ein Gespräch. Er erzählte mir, dass er das Gleiche erlebe, wie Ria, das Mädchen aus dem Theaterstück – bei ihm sei es die Oma, die zu viel trinke.“ Die kija Salzburg setzte sich mit der Mutter des Buben in Verbindung. Ein Gespräch kam zustande, das es erstmals ermög- lichte, diese Problematik, die auch schon in der Kindheit der Mutter des betroffenen Buben vorhanden gewesen war, aufzuzeigen und zu bearbeiten. Lehrkräfte sensibilisieren Das Theaterstück wurde bisher an 12 Salzburger Schulen aufgeführt und rund 1.000 Kinder wurden erreicht. Die teilnehmenden Pädagog/innen erhielten die Broschüre „Nur Mut – reden tut gut!“ zur Vor- und Nachbereitung mit Hintergrundinformationen und Materialien. 91 Prozent der Pädagog/innen, die das Stück mit ihren Klassen gesehen haben, beurteilten die Inszenierung positiv. Bei dem Projekt gibt es auch zusätzliche Angebote für Lehrer/innen: „Wir bieten – gemeinsam mit der pädagogischen Hochschule sowie der Akzente Fachstelle Suchtprävention – Fortbildungen an, in denen die Lehrkräfte Basiswissen zu psychischen Erkrankungen erhalten“, erläutert DSA Mag.a Wirthmiller. „Es ist wichtig, diese Schlüsselpersonen zu sensibilisieren, damit sie auch wissen, was zu tun ist, wenn ein Kind sich mit Problemen wie Alkoholkrankheit der Eltern an sie wendet.“ Projekte vernetzen Nicht zuletzt spielt eine enge Vernetzung aller Beteiligten in der Kinder- und Jugendarbeit eine wesentliche Rolle, um langfristig eine Enttabuisierung des Themas Alkoholkrankheit in Familien zu erreichen. Die kija Salzburg arbeitet unter anderem auch eng mit dem Projekt „Jojo – Kinder im Schatten“ zusammen, das Kinder psychisch kranker Eltern unterstützen soll. Nach Ablauf der Projektlaufzeit konnte das Theaterstück in das Tourangebot „kija on tour“ integriert werden. „Mir ist wichtig, diesen Kindern Halt zu geben und ihre belastende Lebenssituation zu verbessern“, sagt Wirthmiller. „Je früher geeignete Unterstützung beginnt und je besser sie den Erfordernissen des einzelnen Kindes angepasst ist, desto erfolgreicher kann sie sein“. n GOE_0109_projekte.qxp 16.04.2009 11:53 Uhr Seite 5 E E KH TV O R J O C P R N SI ELLE PROJEKTE ST I m Ländle leben derzeit rund 60.000 Menschen die älter als 60 Jahre sind. Die Bevölkerungsentwicklung lässt erwarten, dass die Zahl an Seniorinnen und Senioren in den kommenden Jahren weiter steigt. Damit diese Menschen möglichst lange aktiv und gesund bleiben, wurde von der Vorarlberger aks Gesundheitsvorsorge GmbH das Projekt „Kleeblatt“ initiiert. Es soll dazu beitragen, Pflegebedürftigkeit so weit wie möglich zu vermeiden – was einerseits mehr Lebensqualität für ältere Menschen gewährleistet und andererseits dem Gesundheitssystem geringere Kosten verursacht. „Prävention bedeutet, mit wenigen Mitteln viel zu erreichen“, ist Mag.a Michaela Mayrhofer, Leiterin des Projektes „Kleeblatt“, überzeugt. LEBENSFREUDE BIS INS HOHE ALTER Im Zeichen des Symbols „Kleeblatt“ wurde im Jahr 2008 ein von der Vorarlberger aks Gesundheitsvorsorge GmbH geleitetes ganzheitliches Gesundheitsprogramm ins Leben gerufen. Die vom Fonds Gesundes Österreich geförderte Initiative regt Menschen ab 60 Jahren zu mehr Gesundheitsbewusstsein und Aktivität an, um so die Lebensqualität bis ins hohe Alter zu erhalten. Information und Kontakt: aks Gesundheitsvorsorge Mag.a Michaela Mayrhofer Tel: 055 74 / 202-1055 [email protected] www.aks.or.at Themen noch einmal von allen Teilnehmer/innen diskutiert. „Eine Schulungsgruppe hat beispielsweise im Bereich Soziales auch einen Informationsabend zum Thema Patientenverfügung in der Gemeinde angeregt“, berichtet Mag.a Mayrhofer: „Das wurde aufgegriffen und in Zusammenarbeit mit dem Bürgermeister fand dieser Informationsabend dann tatsächlich statt.“ Konkrete, individuelle Tipps © PRIVAT „Kleeblatt“ ist ein Programm für Seniorinnen und Senioren ab dem 60. Lebensjahr. Die Hauptkomponenten sind gesunde Ernährung und ausreichende Bewegung sowie Motivation zu sozialer und geistiger Aktivität bis ins hohe Alter. Eine Veranstaltung im Rahmen dieser Initiative dauert jeweils vier Stunden und ist auf zwölf Teilnehmerinnen und Teilnehmer beschränkt, die dafür je 44 Euro bezahlen. Die restlichen Kosten werden aus Mitteln des Fonds Gesundes Österreich, des Fonds Gesundes Vorarlberg, des Landes Vorarlberg und der Vorarlberger Gebietskrankenkassa finanziert. Die Interessierten erwarten Impulsreferate von Ärztinnen und Ärzten, Fachleuten für Ernährungsberatung und Bewegung sowie einer Sozialfachkraft, die speziell für präventive Aufgaben geschult wurden. Anschließend werden relevante Themen in Kleingruppen besprochen und diskutiert. „Das Arbeiten in der Kleingruppe ermöglicht uns, die Lebenssituation der einzelnen Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu berücksichtigen“, sagt Mag.a Mayrhofer. Die Gruppenangebote werden durch individuelle Beratung ergänzt. In der Regel geht es dabei darum, länger bestehende Lebensgewohnheiten zu ändern. Solche Änderungen sollen in kleinen, dafür realistischen Schritten erfolgen. Ziel ist es, die Fähigkeit zu fördern, Probleme selbst zu erkennen, sowie die Umsetzung der erarbeiteten Empfehlungen zu sichern. Schließlich werden die in den Kleingruppen besprochenen © www.BilderBox.com Lebensgewohnheiten ändern Nach Abschluss der vierstündigen Veranstaltung erhält jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer ein von den Expert/innen ausgearbeitetes Schreiben mit zwei bis drei Empfehlungen, was sie individuell für ihre Gesundheit tun können. Bevor ein Kurs beginnt, recherchieren die Berater/innen, welche Angebote es in der Gemeinde für Senior/innen gibt. So können sie dann ganz konkrete Informationen weitergeben. Ein halbes und eineinhalb Jahre nach der Schulung werden Telefoninterviews mit den Teilnehmer/innen durchgeführt, um die Effektivität des Projektes „Kleeblatt“ zu evaluieren. Dabei wird erfasst, inwieweit die Gesundheitstipps umgesetzt wurden und zugleich soll dieses Gespräch auch der weiteren, nachhaltigen Motivation dienen. „Erste Rückmeldungen haben uns gezeigt, dass die Teilnehmer/innen von der Veranstaltung und den Empfehlungen begeistert waren“, freut sich Mag.a Mayrhofer. – „Kleeblatt“ ist übrigens eine Weiterentwicklung eines in Hamburg bereits erfolgreich durchgeführten Projektes zur Gesundheitsförderung. Aus der Evaluierung in der Hansestadt ist bekannt, dass 90 Prozent der Teilnehmer/innen mindestens ein bis zwei Empfehlungen langfristig umsetzen. n GESUNDES ÖSTERREICH 43 GOE_0109_projekte.qxp 08.04.2009 20:36 Uhr Seite 6 E E KH TV O R J O C P R N SI ELLE PROJEKTE ST MÜTTER IN AKTION Frauen in ländlichen Regionen, die sich trotz schwieriger Lebensumstände für eine Mutterschaft entscheiden, benötigen verstärkt Hilfe. Das Projekt „MIA – Mütter in Aktion“ in der Steiermark unterstützt Frauen am Land im psychosozialen Bereich. © PRIVAT 44 GESUNDES ÖSTERREICH © PRIVAT D ie Lebensphase der Schwangerschaft, Geburt und Mutterschaft bringt große Veränderungen, bereichernde Erfahrungen und ungeahnte Probleme. Frauen müssen in dieser Zeit spezielle Bewältigungsleistungen erbringen. Veränderte Lebensentwürfe, eine technisierte Schwangerenvorsorge und Geburtshilfe, schwierige ökonomische Rahmenbedingungen sowie mangelnde Infrastruktur und Kooperationen in ländlichen Regionen können dazu führen, dass die Lebensphase der Schwangerschaft, Geburt und Mutterschaft zu einer Belastung für die betroffenen Frauen, insbesondere am Land, wird. „Es fehlen vor allem Kinderbetreuungsplätze“, resümiert Dr. Brigitte Steingruber, Leiterin des Projekts „MIA – Mütter in Aktion“ im Interview mit Gesundes Österreich. In Liezen und Leibnitz gibt es derzeit keine außerhäusliche Betreuung für Kinder unter drei Jahren. Für 80 Prozent der älteren Kinder stehen zwar Kindergartenplätze zur Verfügung – die Kindergärten werden allerdings nur halbtags geführt. „Für die Mütter in diesen steirischen Bezirken ist das ein Riesenproblem, wenn sie wieder in ihren Beruf zurückkehren wollen“, so Dr. Steingruber. Diese und andere Probleme wurden im Rahmen des Projekts „MIA – Mütter in Aktion“ erhoben. Das Projekt, das vom Frauengesundheitszentrum Graz durchgeführt wird, startete im September 2007 in den beiden steirischen Bezirken Liezen und Leibnitz. Es hat sich die „psychosoziale Unterstützung von Frauen zur Stärkung und Förderung ihrer Selbstbestimmung und Selbstbehauptung“ zum Ziel gesetzt, wie in der Projektbeschreibung zu lesen ist.„Das Projekt ist aus einem interdisziplinären Arbeitskreis zum Thema Pränataldiagnostik entstanden“, berichtet Dr. Steingruber: „Das medizinische Angebot hat heute während und nach einer Schwangerschaft einen deutlich höheren Stellenwert als die psychosoziale Unterstützung. Mit unserem Projekt wollen wir Netzwerke unter den Frauen aufbauen und diese Unterstützung anbieten.“ Die „Modellgemeinden“ von MIA sind in Leibnitz – dem größten Bezirk Österreichs Treffen bei einem „Müttercafé“ in Rottenmann in der Steiermark – Schlossberg, Glanz an der Weinstraße, Eichberg-Trautenburg und Leutschach. Im Bezirk Liezen konnten bis dato nur zwei Gemeinden für das Projekt begeistert werden, nämlich Rottenmann und Selzthal. Die Bezirke Leibnitz und Liezen wurden deshalb ausgewählt, weil erkennbar werden soll, wie sich das Projekt in geographisch und wirtschaftlich sehr unterschiedlichen Regionen auswirkt. Liezen in der Obersteiermark gilt als eher wohlhabend, Leibnitz im Süden dagegen als „ärmer“. Aktive Mütter MIA wird durch den Fonds Gesundes Österreich und die Gesundheitsplattform Steiermark gefördert. Auf Gemeindeebene wird ein wöchentlicher Treffpunkt, das „Müttercafé“ mit Kinderbetreuung angeboten, das Müttern die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch bietet. Außerdem werden jenen Müttern, die seit 2006 ein Kind auf die Welt gebracht haben, Hausbesuche durch Projektmitarbeiter/ innen angeboten, um über ihre Wünsche und Information und Kontakt: Frauengesundheitszentrum Graz Dr. Brigitte Steingruber – Projektleiterin Tel. 0316 / 83 79 98 [email protected] www.fgz.co.at/MIA-Muetter-in-Aktion.266.0.html Probleme zu sprechen.„Fast alle Frauen haben die Idee der Hausbesuche begeistert aufgegriffen“, so Dr. Steingruber. Im Herbst 2008 fand auf Gemeindeebene auch zum ersten Mal ein runder Tisch statt, zu dem Eltern, Anbieter/innen von Leistungen für Mütter und Gemeindeverantwortliche eingeladen wurden, um über Möglichkeiten zur Verbesserung der Kinderbetreuung zu diskutieren. „Das war sehr konstruktiv, schon weil sich die Betroffenen ohne Zwang zur sofortigen Umsetzung austauschen konnten“, erzählt Dr. Steingruber. Auf Bezirksebene wurde ein monatliches Treffen initiiert, das vor allem jene Frauen ansprechen soll, die bereits aktiv sind. „Wir bieten ihnen Unterstützung bei ihren Projekten“, so Dr. Steingruber. So erarbeitet eine Frau gerade eine Website mit regionalen Angeboten für Mütter. Eine Gruppe von Frauen möchte einen Kindergarten mitgestalten und ein Arbeitskreis hat sich zum Ziel gesetzt, eine Alternativschule im Bezirk Leibnitz zu initiieren. Bis Ende 2010 läuft „MIA – Mütter in Aktion“. Ein Erfolg ist die Initiative für die Leiterin Dr. Steingruber dann, „wenn die Projekte, die wir gestartet haben, langfristig weitergeführt werden.“ Erste Ansätze können in den teilnehmenden Gemeinden des Bezirkes Leibnitz beobachtet werden: In naher Zukunft soll dort eine Bedarfserhebung zur Kinderbetreuung durchgeführt werden. n GOE_0109_projekte.qxp 08.04.2009 20:36 Uhr E E KH TV O R J O C P R N SI ELLE Seite 7 PROJEKTE ST VOLKSHILFE WIEN SETZT AUF NACHHALTIGKEIT D ie Volkshilfe Wien beschäftigt mehr als 900 Mitarbeiter/innen in der mobilen Pflege und Betreuung. Ihr Arbeitsalltag ist körperlich belastend – und häufig auch seelisch. Das Projekt „ICH tu’ was für MICH“ sollte das ändern: Und es hat seit dem Start im Jahr 2004 tatsächlich zahlreiche Beschäftigte erreicht und ihren Arbeitsalltag entscheidend verbessert. Wichtigstes Ziel war von Anfang an Nachhaltigkeit. Gesundes Arbeiten im mobilen Pflegedienst sollte nicht nur während der dreijährigen Laufzeit der Initiative stattfinden. Die erfolgreich erprobten Maßnahmen sollten auch dauerhaft im Betrieb umgesetzt werden. „Dies gelang wirklich gut“, betont Projektleiter Mag. Martin Glashüttner und verweist auf die zahlreichen laufenden Aktivitäten der Gesundheitsteams der einzelnen Abteilungen. Das Projekt wurde gemeinsam mit der Unternehmensberatung IBG und der Gruppe FITVITAL entworfen und durchgeführt. Es wurde vom Fonds Gesundes Österreich kofinanziert, die Wiener Gebietskrankenkasse unterstützte bei der Umsetzung der Maßnahmen. Im Mittelpunkt die Mitarbeiter/innen „Zu einem ausgesprochenen Hit hat sich das Schlankschlemmer-Programm entwickelt“, so Mag. Glashüttner zum Thema Übergewicht, das zu Beginn des Projekts als wichtiges Problem identifiziert wurde. Ein wesentlicher Grund dafür ist die stressbedingt oft ungesunde Ernährung der Mitarbeiter/innen. Deswegen wurde ein Ernährungsprogramm entwickelt, das speziell an die Zeitbedürfnisse von Beschäftigten der mobilen Pflege angepasst ist. Es ist mehr als ein reines Diätprogramm. In Form einer gezielten, individualisierten Lebensstilschulung werden die Teilnehmer/innen kostenlos über ein Jahr hinweg von Ernährungsberater/innen und Sportwissenschafter/innen betreut. Ein weiterer Fokus wird auf das Thema Rücken schonendes Arbeiten gelegt. Zum Beispiel auch beim Reinigungsdienst der Volkshilfe Wien, der alte, kranke oder behinderte Menschen dabei unterstützt, ihren Haus- halt zu bewerkstelligen. Seine Mitarbeiter/innen erhielten eine spezielle Schulung, wie sie dies tun können, ohne sich körperlich zu überlasten. Außerdem hat das Team von „Essen auf Rädern“ selbst Tragehilfen entwickelt. „Beide Maßnahmen wurden sehr gut angenommen und haben die vermeidbaren Belastungen der Wirbelsäule erheblich reduziert“, freut sich Mag. Glashüttner. Durch das Projekt konnten auch jene psychischen Belastungen verringert werden, die durch Kommunikations- und Abgrenzungsprobleme entstehen. Dazu haben unter anderem so genannte „Schnuppertage“ in den einzelnen Arbeitsbereichen beigetragen. Deren Ziel war, Missverständnisse zwischen verschiedenen Arbeitsbereichen und daraus resultierenden Stress durch gegenseitiges Kennen Lernen zu vermeiden. Außerdem wurden mit erhöhter Frequenz Schulungen und Arbeitsgruppen zum Thema „Abgrenzung – Beruf und Privat“ durchgeführt. Am Ball bleiben Ein wichtiger Bestandteil des Konzepts war die Ausbildung von Gesundheits-Moderator/innen. „Heute haben wir zehn Mitarbeiter/innen in dieser Funktion. Sie treffen sich einmal im Quartal mit den Gesundheitsteams der verschiedenen Abteilungen. Gemeinsam werden laufend neue Vorschläge erarbeitet, wie die durch das Projekt begonnene Gesundheitsförderung am besten nachhaltig weiter geführt werden kann“, erklärt Mag. Glashüttner. Im April 2008 wurde die erfolgreiche Initiative in der Kategorie „Unternehmen mit mehr als 100 Beschäftigten“ schließlich auch mit dem „1. Preis für Betriebliche Gesundheitsförderung“ ausgezeichnet, den das Österreichische Netzwerk Betriebliche Gesundheitsförderung und der Fonds Gesundes Österreich alle drei © www.BilderBox.com Ein Projekt für Betriebliche Gesundheitsförderung zu initiieren ist eine Sache – dauerhaft gesundes Arbeiten eine andere. Die Volkshilfe Wien hat mit ihrer Initiative „ICH tu’ was für MICH“ für zahlreiche Mitarbeiter/innen einen Stein ins Rollen gebracht. Jahre ausloben. „Die Verleihung war eine Bestätigung, die richtigen Maßnahmen umgesetzt zu haben“, meint Volkshilfe Wien-Geschäftsführer Dr. Herbert P. Kornfeld. „Für die Zukunft ist der Preis aber auch ein Ansporn, in unserem Unternehmen weiterhin kontinuierlich Betriebliche Gesundheitsförderung durchzuführen. Mitarbeiter/innen im Bereich der mobilen Pflege sind außerordentlich hohen psychischen und physischen Belastungen ausgesetzt. Deshalb ist Betriebliche Gesundheitsförderung für unser Unternehmen besonders wichtig.“ n Mag. Martin Glashüttner, Leiter des mit dem „1. Preis für Betriebliche Gesundheitsförderung“ ausgezeichneten Projektes der Volkshilfe Wien Information und Kontakt: Volkshilfe Wien Mag. Martin Glashüttner Tel: 01 / 360 64-23 [email protected] www.volkshilfe-wien.at GESUNDES ÖSTERREICH 45 GOE_0109_projekte.qxp 16.04.2009 11:55 Uhr Seite 8 FONDS AKTIV VOM UMGANG MIT UNTERSCHIEDEN UND UNGLEICHHEIT B ei den Gesundheitschancen von Kindern und Jugendlichen gibt es zum Teil große Ungleichheiten. Die heutige Tagung soll zeigen, was die Gesundheitsförderung durch gezielte Maßnahmen in der Lebenswelt Schule und speziell durch ihre beiden wesentlichen Arbeitselemente Integration und Partizipation dazu beitragen kann, diese Unterschiede zu verringern“, erläuterte Mag. Christoph Hörhan, Leiter des Fonds Gesundes Österreich, in seiner Eröffnungsrede die Ziele des gemeinsam mit dem Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (BMUKK) veranstalteten Expert/innenworkshops „Seelische Gesundheit im schulischen Setting“. „Kinder mit Migrationshintergrund sind häufiger von emotionalen Problemen betroffen. Ebenso wissen wir, dass Kinder und Jugendliche aus Familien mit niedrigem sozialem Status ein höheres Risiko für seelische Beeinträchtigungen aufweisen“, betonte auch Mag.a Dr.in Beatrix Haller vom BMUKK anlässlich der Veranstaltung. Die gut besuchte Konferenz fand in Wien statt und wurde von Dr. Christian Scharinger moderiert. In drei Vorträgen wurden zunächst Studien und wissenschaftliche Erkenntnisse zu sozialen und gesundheitlichen Unterschieden bei Kindern und Jugendlichen vorgestellt. In der Folge wurde auch diskutiert, welche gesundheitsfördernden Ansätze sich daraus theoretisch ableiten lassen. Wie solche Konzepte konkret aussehen und in der Praxis angewendet werden, war dann Inhalt von fünf Workshops. Den Auftakt des wissenschaftlichen Teils bildete die Vorstellung einer großen Forschungsarbeit aus Deutschland. Wie sich soziale Nachteile auswirken „Immer mehr Kinder haben Übergewicht“ oder: „Die Gewaltbereitschaft unter Jugendlichen nimmt zu“. Solche Aussagen sind häufig zu hören. Sind sie auch zutreffend? – Die umfassende deutsche KiGGS-Studie hat versucht, diese und 46 GESUNDES ÖSTERREICH andere Fragen zur Gesundheit der heranwachsenden Generation zu beantworten. Beim Expert/innenworkshop in Wien wurden von Untersuchungsleiterin Heike Hölling vom Robert Koch-Institut Berlin die wichtigsten Resultate für den Bereich psychisches Wohlbefinden präsentiert: Rund 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland haben psychische Auffälligkeiten. Rund 22 Prozent, also ungefähr jeder oder jede fünfte, weisen Symptome von Essstörungen auf.„Unsere umfassende Erhebung zeigte zudem, dass sozial benachteiligte Kinder sowie Kinder mit Migrationshintergrund besonders starken Gesundheitsbelastungen ausgesetzt sind“, betonte Hölling. Für die Studie wurden zwischen Mai 2003 und Mai 2006 Daten von insgesamt rund 17.600 Kindern und Jugendlichen zwischen null und 17 Jahren erhoben. Was wir tun können In ihrem Vortrag skizzierte die Referentin auch Ansatzpunkte für die Gesundheitsförderung. Auf gesellschaftlicher Ebene gelte es unter anderem, die bestehenden für Familien relevanten Einrichtungen enger zu vernetzen, erläuterte Hölling. Weiters sollten spezielle, niedrigschwellige Angebote für schwer erreichbare Eltern aus den so genannten „bildungsfernen Schichten“ geschaffen sowie „Komm“- in „Geh“- Strukturen umgewandelt werden. – Das könne zum Beispiel heißen, dass Ärzt/innen und Mitarbeiter/innen von psychologischen Diensten Kindereinrichtungen aufsuchen und auf die Eltern zugehen. Wesentlich sei auch, die Aus- und Weiterbildung von Lehrer/innen, Erzieher/innen, Sozialarbeiter/innen und anderen Menschen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, im Bezug auf praktische gesundheitsförderliche Maßnahmen zu verbessern. Beim Expert/innenworkshop „Seelische Gesundheit im schulischen Setting“ wurde thematisiert, wie sozial benachteiligte Schüler/innen gefördert werden können. Burschen sind anders – Mädchen auch Univ.-Prof.in Dr.in Eva Dreher von der Universität Wien beschrieb in ihrem sehr inhaltsreichen und informativen Referat die „Entwicklungspsychologischen Unterschiede zwischen Burschen und Mädchen“ und setzte sich mit deren Konsequenzen für die Gesundheitsförderung auseinander. Aus Sicht der Entwicklungspsychologie seien im Bezug auf die Gesundheitsförderung zwei Säulen zu unterscheiden, erläuterte die Vortragende einleitend: Das sind einerseits die Fakten zum generellen gesundheitlichen Status, der für jeweilige Lebensphasen ermittelt wird. Andererseits sind das aber vor allem auch jene „Erfahrungen, Einstellungen und Wissensbestände, die das individuelle Konzept von ‚Gesundheit’ formen und Handlungsweisen steuern, die der persönlichen körperlich-seelischen Befindlichkeit zu- oder abträglich sind“. Die letzt genannten subjektiven Konzepte von Gesundheit werden beispielsweise entscheidend davon beeinflusst, wie eine Person körperliche Veränderungen – etwa während einer Krankheit oder der Pubertät – im Verlauf ihrer Entwicklung individuell erlebt. Auch mittelbares Erleben von körperbezogenen Veränderungen bei anderen spielt hier eine Rolle. „Von zentraler Bedeutung ist auch, wie die Umwelt jeweils darauf reagiert“, erklärte die Referentin. – Nachteilige psychosoziale Auswirkungen sind unter anderem dann mit höherer Wahrscheinlichkeit zu erwarten, wenn die Entwicklung sehr unterschiedlich zu jener des Durchschnitts der Gleichaltrigen verläuft. „Dies trifft in besonderem Maß für früh reifende Mädchen und spät reifende Jungen zu“, sagte Prof.in Dreher. Als Ansatzpunkte für die Gesundheitsförderung nannte die Wiener Wissenschafterin vor allem den Aufbau von „Selfcare“-Faktoren. Damit sind alle Maßnahmen gemeint, die Selbstver- © Klaus Pichler Wie können benachteiligte Schüler/innen gezielt gefördert und ihre Gesundheitschancen erhöht werden? – Der vom Fonds Gesundes Österreich gemeinsam mit dem Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur veranstaltete Expert/innenworkshop „Seelische Gesundheit im schulischen Setting“ lieferte Antworten auf diese Frage. GOE_0109_projekte.qxp 16.04.2009 11:55 Uhr Seite 9 FONDS AKTIV © www.BilderBox.com T Eine inklusive und partizipative Schulkultur Ass.-Prof.in Dr.in Tanja Sturm und StR. Joachim Schwohl befassten sich in ihrem Plenumsreferat damit, wie Schule so gestaltet werden kann, dass alle Akteur/innen in ihrer Person anerkannt werden und Möglichkeiten zur Beteiligung vorfinden. Um solch eine „inklusive und partizipative Schulkultur“ zu entwickeln, sei es notwendig, den Blick auf die Organisation Schule als Ganze zu richten – die ihrerseits wiederum als Institution innerhalb der Gesellschaft bestimmte Aufgaben zugewiesen bekomme. „Eine inklusive und partizipative Schulkultur bedeutet zunächst Veränderungen auf allen schulischen Ebenen und nicht allein auf der des Unterrichts oder des Individuums. Ein ,Umdenken’ in der Gesellschaft ist notwendige Voraussetzung für eine derartige Entwicklung“, erläuterten die beiden Referent/innen, die in der von ihnen geleiteten Arbeitsgruppe 5 am Nachmittag noch näher auf die praktischen Aspekte ihres Ansatzes eingingen. Empowerment als zentrale Strategie Univ.-Doz. Mag. Dr. Wolfgang Dür, Direktor des Ludwig Boltzmann-Instituts für Gesundheitsförderungsforschung in Wien, betonte in seinem Impulsreferat in Arbeitsgruppe 1 unter anderem, dass „Empowerment“ gerade auch für Gesundheitsförderung an Schulen wesentlich sei, und beschrieb, was diese Handlungsweise ausmacht: „Damit wird die Strategie einer Schule oder einer Organisation bezeichnet, im Kernprozess des Lehrens und Lernens und in allen relevanten Nebenprozessen des Zusammenlebens in der Schule Handlungsspielräume zu suchen und auszubauen, indem alle Kommunikationen für individuelle Bedürfnisse, Interessen, Neugier und Wissensdurst, Kreativität, emotionale Expressivität und Vitalfunktionen aufnahmebereit bleiben.“ Zu den zentralen Erkenntnissen in der Arbeitsgruppe 2 „Umgang mit Minderheiten, am Beispiel der sexuellen Orientierung“ zählte unter anderem, dass im Bezug auf leicht zugängliche Informationen zum Thema sexuelle Orientierung und speziell Homosexualität an den Schulen noch erheblicher Nachholbedarf bestehe. „Wir sind Graz“ heißt ein engagiertes Projekt, das in 15 Grazer Volksschulen und Hauptschulen mit einem Anteil von rund 50 Prozent an Schüler/innen mit Migrationshintergrund durchgeführt wird. In der Arbeitsgruppe 3 konnten sich die Teilnehmer/innen im Detail zu dieser Initiative in- formieren. Nicht zuletzt befasste sich die Arbeitsgruppe 4 mit „gendersensibler Pädagogik“. „Die große Chance von Gesundheitsförderung mit gendersensiblem Fokus ist, dass sie Kindern und Jugendlichen die Gelegenheit bietet, sich über traditionelle Geschlechterrollenanforderungen hinweg mit ihren Fähigkeiten aber auch Problemen und Ängsten zu beschäftigen“, sagte die Vortragende Mag.a Bärbel Susanne Traunsteiner vom Verein EfEU, Wien, zusammenfassend. Zum Abschluss wies Mag.a Gerlinde Rohrauer, MPH, die im Fonds Gesundes Österreich für „Seelische Gesundheit“ zuständige Gesundheitsreferentin, darauf hin, dass die Inhalte in einem Tagungsband zusammengefasst und auf der Homepage des Fonds Gesundes Österreich unter www.fgoe.org eingesehen n werden können. In den einzelnen Arbeitsgruppen des Expert/innenworkshops wurden Praxisbeispiele präsentiert und diskutiert. © Klaus Pichler trauen und Selbstwert fördern und das Vertrauen in die eigenen motorischen, kognitiven, sozialen und emotionalen Fähigkeiten stärken. „Die Erfahrung, selbst etwas bewerkstelligen zu können, begründet Vertrauen in die eigene Leistung“, sagte Prof.in Dreher. GESUNDES ÖSTERREICH 47 GOE_0109_projekte.qxp 16.04.2009 11:56 Uhr NEUES Seite 10 AUS DER WISSENSCHAFT WIE OFT ÖSTERREICHS ARBEITNEHMER/INNEN KRANK SIND – UND WAS SIE GESUND ERHALTEN KANN Wussten Sie schon, … … dass der „Return on Investment“, das heißt das Kosten-Nutzen-Verhältnis von Maßnahmen zur Betrieblichen Gesundheitsförderung bezogen auf die Krankheitskosten zwischen 1 : 2,3 bis 1 : 5,9 und in Bezug auf die Fehlzeiten zwischen 1 : 2,5 bis 1 : 10,1 liegt. Quelle: Fehlzeitenreport 2008 des WIFO … dass Betriebliche Gesundheitsförderung in Österreich bereits 1993 mit dem Start eines Pilotprojektes in einem Linzer Verlagsunternehmen unter der Leitung der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse (OÖGKK) begonnen hat. … dass mit Jahresanfang 2008 in Österreich 110.000 Beschäftigte in Betrieben tätig waren, die sich an den Grundsätzen der systematischen Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) orientieren und dies öffentlich zum Ausdruck bringen, indem sie die BGF-Charta unterzeichnet haben. 48 GESUNDES ÖSTERREICH Der Fehlzeitenreport 2008 informiert in ebenso übersichtlicher wie detaillierter Form über die krankheits- und unfallbedingten Fehlzeiten der unselbständig Beschäftigten in Österreich. © WKÖ D ie krankheits- und unfallbedingten Fehlzeiten der unselbständig Beschäftigten in Österreich sind in den vergangenen 20 Jahren kontinuierlich gesunken. Der kurze Anstieg 2007 sollte uns aber trotzdem daran erinnern, dass wir weiterhin Maßnahmen in der Gesundheitsförderung und Prävention setzen müssen. Dafür werden wir uns auch aktiv einsetzen“, meint Dr. Martin Gleitsmann, Leiter der Abteilung für Sozialpolitik und Gesundheit in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) zu den Hauptergebnissen des vom österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) erstellten Fehlzeitenreports 2008. Dieser Bericht enthält erstmals auch einen umfangreichen Teil, der sich mit dem Nutzen von systematischer Betrieblicher Gesundheitsförderung befasst (siehe auch Kasten: „Wussten Sie schon, dass…“). Dr. Martin Gleitsmann: „Für kleine und mittlere Unternehmen brauchen wir künftig noch einfachere Zugänge zur Betrieblichen Gesundheitsförderung.“ Zu den zentralen Resultaten im Bezug auf die krankheits- und unfallbedingten Fehlzeiten der unselbständig Beschäftigten in Österreich zählt, dass sich die durchschnittliche Zahl an Krankenstandstagen zwischen 2000 und 2006 kontinuierlich verringert hat. 2006 waren die Beschäftigten im Schnitt 11,5 Tage im Krankenstand – ein historischer Tiefstwert, der einem Verlust an Jahresarbeitstagen von 3,2 Prozent entspricht. Für 2007 ist zwar ein geringfügiger Anstieg auf durchschnittlich rund 12 Krankenstandstage pro unselbständig Beschäftigtem zu beobachten. Doch auch dieser Wert ist rückblickend betrachtet vergleichsweise niedrig. Die Höchstwerte an krankheitsbedingten Fehlzeiten wurden Ende der 1970er Jahre erreicht. 1980 wurden im Durchschnitt 17,4 Tage verzeichnet. 6,7 Milliarden Euro direkte Kosten Ein wesentlicher Inhalt des Fehlzeitenreports sind auch die Kosten, die aus volkswirtschaftlicher Sicht durch Unfälle und Krankheiten unselbständig Beschäftigter entstehen. Durch Entgeltfortzahlungen und Wertschöpfungsverluste werden rund 6,7 Milliarden Euro an direkten betriebswirtschaftlichen Kosten verursacht. Das entspricht 2,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Weiters sei laut dem Report damit zu rechnen, dass „eine Verringerung der betrieblichen Fehlzeiten… wenn auch nicht in direkt proportionalem Ausmaß, zu Einsparungen bei den öffentlichen und privaten Gesundheitsausgaben beitragen“ könne. Zudem führe „eine gesündere Erwerbsbevölkerung mittel- bis langfristig infolge einer Verringerung der Zahl der Erwerbsunfähigkeits- und Frühpensionen auch zu einer Entlastung der Sozialsysteme“. – Die gesamten öffentlichen und privaten Gesundheitsausgaben betragen derzeit in Österreich rund 5,9 Milliarden Euro. Die Aufwendungen für Invaliditätsund vorzeitige Alterspensionen sowie die Versehrtenrenten belaufen sich in Summe auf weitere rund 4,8 Milliarden Euro. „Diese Zahlen zeigen unter anderem auf, wie wichtig es ist, die Früherkennung von Krankheiten, aber auch die Therapiemöglichkeiten noch weiter zu optimieren“, sagt Dr. Gleitsmann. „Der Fehlzeitenreport kann aber auch als Anstoß verstanden werden, die Betriebliche Gesundheitsförderung weiter zu intensivieren. In den größeren und größten Unternehmen in Österreich ist sie zwar vielfach schon etabliert. Für die kleinen und mittleren Betriebe müssen wir jedoch künftig noch einfachere Zugänge zu den Möglichkeiten der Gesundheitsförderung schaffen. Bildhaft beschrieben sollte es neben dem Rolls Royce auch den Golf geben. Ein wichtiger erster Schritt wäre es, die Unternehmer selbst zu mehr Gesundheitsbewusstsein anzuregen.“ GOE_0109_projekte.qxp 16.04.2009 2 12:36 Uhr Seite 11 3 Tagungsband zur Konferenz „Gesundheitsförderung trifft Jugendarbeit“ 2008 5 4 Das Arbeitsprogramm 2009 informiert über die aktuellen Schwerpunkte und Förderkritierien des Fonds Gesundes Österreich. 6 7 Die SIGIS-Broschüren liefern regelmäßig aktualisierte Informationen über Selbsthilfegruppen und Selbsthilfeunterstützung durch Dachverbände und Kontaktstellen. 8 1 9 Die Programmbroschüre „Gesundheitsförderung Bildungsnetzwerk“ fasst das Angebot an regionalen Seminarreihen zusammen. 10 11 Das Magazin Gesundes Österreich dient dem Informationsaustausch über Gesundheitsförderung und -vorsorge und erscheint viermal im Jahr. 12 Alles zu den Themen „Bewegung“, „Gesund mit Pflanzen“, „Ernährung“, „Älter werden, aktiv bleiben“, „Seelische Gesundheit“ und „Gesunde Klein- und Mittelbetriebe“ mit wertvollen Tipps und Adressen. Bestellung per Postkarte oder unter: Tel: 01/895 04 00, Fax: 01/895 04 00-20 E-Mail: [email protected] www.fgoe.org Ja, I C H 1 Ein Abonnement von Gesundes Österreich 2 Tagungsband zur Konferenz „Gesundheitsförderung trifft Jugendarbeit“ 2008 3 Der Jahresbericht 2007 4 Das Arbeitsprogramm 2009 5 Die Sigis-Broschüre „Aus Erfahrungen lernen“ 6 Die Sigis-Broschüre „Österreichische Selbsthilfegruppen im Gesundheitsbereich“ 7 Das Seminarprogramm „Gesundheitsförderung Bildungsnetzwerk“ 8 Bewegung: Bewusst lebt besser, Broschüre 9 Ernährung: Bewusst lebt besser, Broschüre 10 Älter werden, aktiv bleiben, Broschüre 11 Seelische Gesundheit: Bewusst lebt besser, Broschüre 12 Gesunde Klein- und Mittelbetriebe, Broschüre Gesund mit Pflanzen: Bewusst lebt besser, Broschüre Name: Organisation: Adresse: " B E S T E L L E G R AT I S Bitte ausreichend frankieren Ein Geschäftsbereich der Gesundheit Österreich GmbH Fonds Gesundes Österreich Gesundheit Österreich GmbH, Geschäftsbereich Fonds Gesundes Österreich, Aspernbrückengasse 2 1020 Wien GOE_0109_projekte.qxp 16.04.2009 11:59 Uhr Seite 12 IM FONDS Univ.-Prof.in Dr.in Rotraud A. Perner Alois Stöger, 1960 in Linz geboren, absolvierte nach seiner Ausbildung zum Werkzeugmacher und Dreher bei der Voest Alpine AG eine Referentenausbildung des ÖGB und später die Sozialakademie der Arbeiterkammer Wien, eine Supervisionsausbildung des Bundesinstituts für Erwachsenenbildung St. Wolfgang sowie die Europäische Gewerkschaftsakademie. Ein dreijähriges Studium der sozialen Praxis an der Marc Bloch Universität in Strassburg und Linz schloss Stöger mit dem Diplôme des Hautes Etudes de la Pratique Sociale ab. Neben seiner Tätigkeit als Facharbeiter war er seit seiner Jugend gewerkschaftlich aktiv. 1982 bis 1986 war Stöger Vorsitzender der oberösterreichischen Gewerkschaftsjugend. Ab 1986 war er hauptamtlicher Sekretär der Gewerkschaft Metall Bergbau Energie. 2000 wurde Stöger zum Kammerrat der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich gewählt. Ab 2005 war er Obmann der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse (OÖGKK). Mit der Übernahme des Gesundheitsressorts hat Bundesminister Alois Stöger, diplômé nicht nur eine wichtige Regierungsfunktion inne, sondern auch die Präsidentschaft des Fonds Gesundes Österreich: „Im Gesundheitswesen soll sich nicht alles um Reparaturmedizin drehen, sondern vielmehr auch die Gesundheitsförderung und Gesundheitserhaltung im Mittelpunkt stehen. Es geht deshalb darum, die Menschen zu einem gesunden Lebenswandel zu motivieren und zu zeigen, dass ein gesundes Leben auch Spaß macht.“ Univ.-Prof.in Dr.in Rotraud A. Perner wurde 1944 in Orth an der Donau geboren. Die Professorin für Prävention und Gesundheitskommunikation an der Donau Universität Krems ist Psychotherapeutin, Psychoanalytikerin, Gesundheitspsychologin, Diplomerwachsenenbildnerin (PH Wien) und promovierte Juristin. Privat leitet sie gemeinsam mit ihren Söhnen in Kooperation mit der Niederösterreichischen Landesakademie das Institut für Stressprophylaxe & Salutogenese (ISS) und die Akademie für Salutogenese & Mesoziation (ASM) sowie das Institut für Projektberatung, Personal Training & Supervision (IPPS) sowie ihre Beratungs- und Psychotherapiepraxen in Matzen und Wien. Die bisherigen Forschungen des ISS sind in Buchform dokumentiert, zuletzt „Mut zum Unterricht“ (2008) und „Feinbild Lehrer?“ (2009), beide aaptos Verlag. Darüber hinaus umfassen die Fachpublikationen der Salutologin mehr als 35 Bücher, ganz neu „Die Überwindung der Ich-Sucht. Sozialkompetenz und Salutogenese“ (2009), Studienverlag. Dem Fachbeirat des Fonds Gesundes Österreich gehört die Niederösterreicherin seit 2004 an und sieht in dieser Arbeit ihren Schwerpunkt bei der seelischen und mentalen Gesundheit der Österreicher/innen: „Ich möchte Salutogenese nicht nur als gesunde Ernährung, Bewegung oder Entspannung propagiert wissen, sondern als Denk- und Handlungsprinzip definieren. Dazu gehört auch ein sozialer Umgang ohne Diskriminierungen, Demütigungen und gewaltsamer Willensdurchsetzung untereinander – insbesondere am Arbeitsplatz, in der Nachbarschaft und in der Familie.“ © [email protected] Bundesminister Alois Stöger, diplômé Präsident Bürgermeister Helmut Mödlhammer Helmut Nimpfer Der Salzburger wurde 1951 geboren und begann während seines Studiums der Publizistik und Politikwissenschaft seine journalistische Karriere als Redakteur bei der „Salzburger Volkszeitung“. 1978 wurde er Chefredakteur beim „Salzburger Volksblatt“. Schließlich kehrte er zur „Salzburger Volkszeitung“ zurück, wo er von 1994 bis 2004 als Chefredakteur tätig war. 1986 wurde Mödlhammer zum Bürgermeister von Hallwang gewählt. 1994 bis 1999 war er als Abgeordneter zum Salzburger Landtag tätig. 1999 wählte der Österreichische Gemeindebund den engagierten Journalisten und Politiker zu seinem Präsidenten, eine Funktion, in der er den Gemeindebund auch im Kuratorium des Fonds Gesundes Österreich vertritt: „Jede Gemeinde, jede Bürgermeisterin und jeder Bürgermeister sind bemüht, möglichst gute Voraussetzungen für ein gesundes Zusammenleben zu schaffen. Die Gemeinden sind auch die Basis für die Umsetzung von Gesundheitsförderung, denn hier können zahlreiche Bürger/innen direkt angesprochen werden. Daher arbeiten wir sehr gern mit dem Fonds Gesundes Österreich zusammen, der wichtige Aufklärungs- und Präventionsarbeit leistet, um die Gesundheit der Österreicher/innen zu erhalten und zu verbessern.“ Der 1976 geborene Wiener hat eine Sporthauptschule besucht und die Handelsschule sowie einen Buchhaltungskurs abgeschlossen. Er hat mehr als zehn Jahre Berufspraxis bei Immobiliengesellschaften und Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsunternehmen. Er ist als Buchhalter beim Fonds Gesundes Österreich tätig und besucht derzeit berufsbegleitend eine Ausbildung zum Diplombuchhalter beim Wirtschaftsförderungsinstitut Wien. Da bleibt nicht immer so viel Zeit für den gesundheitlichen Ausgleich durch Bewegung – und speziell ein regelmäßiges Lauftraining – wie sich Nimpfer das wünschen würde: „Umso mehr freut es mich, dass ich durch meine Tätigkeit für den Fonds Gesundes Österreich einen Beitrag dazu leisten kann, dass die Menschen nicht nur zu einem gesünderen Verhalten angeregt werden, sondern dass auch die Verhältnisse, in denen wir leben und arbeiten, im Sinne der Gesundheitsförderung gestaltet werden.“ 50 GESUNDES ÖSTERREICH © privat © Österreichischer Gemeindebund © Bundesministerium für Gesundheit MENSCHEN GOE_0109_projekte.qxp 16.04.2009 12:42 Uhr Seite 13 KALENDER APRIL BIS JUNI 2009 April Mai Juni 27. - 28. 4. 4. 5. - neues Datum! 8. 6. 6th European conference on Promoting Workplace Health „Healthy Work – Healthy Lifestyle – Healthy Business“ Perugia, Italien Information: www.enwhp.org/index.php?id=593 11. Österreichische Gesundheitsförderungskonferenz Wie gesund ist Österreich? Fakten und Folgerungen für die Gesundheitsförderung Innsbruck Veranstalter: Fonds Gesundes Österreich Information: Agentur Evotion Tel. 01 / 328 86 60-657 [email protected] Männersüchte – Frauensüchte. Geschlechtsspezifische Aspekte von Drogenkonsum, Sucht und Prävention Linz Information: Institut Suchtprävention Pro mente Oberösterreich Tel. 0732 / 77 89 36-33 [email protected] www.praevention.at www.1-2-free.at 6. - 9. 5. 10. - 11. 6. 4. gemeinsamer Österreichisch-Deutscher Geriatriekongress Alter Mensch – neue Technologien Congress Center, Messe Wien Information: Forschungsinstitut des Roten Kreuzes www.wrk.at/geriatriekongress Ludwig Boltzmann Institut für Interdisziplinäre Rehabilitation in der Geriatrie Tel. 01 / 521 03-5770 [email protected] www.geriatrie-online.at EURO-URHIS conference Improving Health in European Urban Areas, The Role of Urban Health Indicators Brüssel, Belgien Information: www.urhis.eu/conference.html 29. 4. „blauPAUSE - Gesundheitsförderung einmal anders“ Vorstellung - Resümee – Ausblick Bruck a. d. Mur Information: blue monday gesundheitsmanagement www.bluemonday.at InterAct Tel: 0650/720 93 51 30. 4. MÄDCHEN GESUNDHEIT STEIERMARK Graz Information: Frauengesundheitszentrum Tel. 0650/441 66 84 [email protected] www.fgz.co.at/MAEDCHENGESUNDHEIT-STEIERMARK.409.0.html 17. - 20. 6. ISBNA 2009 Meeting International Society for Behavioral Nutrition and Physical Activity Lissabon, Portugal Information: www.isbnpa2009.fmh.utl.pt/ 14. - 15. 5. Wenn der Bauch beim Essen denkt … Ernährung aus psychologischer Perspektive VEÖ – Verband der Ernährungswissenschafter Österreichs Wien, Gewerbehaus Information: Tel. 01/333 39 81-9 www.veoe.org 18. - 19. 6. 14. Österreichische Konferenz Gesundheitsfördernder Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen zugleich: 3. Österreichische Konferenz Rauchfreier Gesundheitseinrichtungen Gesundheitsförderung für unterschiedliche Lebensphasen und kulturelle Bedürfnisse: Beiträge des Gesundheitswesens Information: Geschäftsstelle ONGKG am Ludwig Boltzmann Institut für Gesundheitsförderungsforschung Astrid Loidolt Tel. 01 / 212 14 93-21 [email protected] 21. - 24. 6. NES 2009 “Globalized Ergonomics – The Consequences of Globalization” Elsinore, Denmark Information: www.nesconference.org 24. - 26. 6. Europäischer Kongress für evidenzbasierte Prävention Congress Casino Baden / Baden bei Wien Information: NÖ Landesakademie Tel. 02742/294-17410 [email protected] www.eufep.at GOE_0109_projekte.qxp 08.04.2009 20:42 Uhr Seite 14 Die Ernährungspyramide baut auf! Fett- und zuckerreiche Lebensmittel und Getränke sehr sparsam! Öle und Fette: Qualität vor Menge! Milch und Milchprodukte jeden Tag! Fleisch, Wurst und Eier mäßig! Fisch regelmäßig! Brot, Getreide und Kartoffeln: 5 Portionen, die sich lohnen! Obst und Gemüse: 5x täglich! Viel trinken, über den Tag verteilt! Jetzt aktiv werden unter: www.bummbumm.at Mein Herz und Ich. Gemeinsam gesund. Bei Fragen zum Thema Essen: Ernährungshotline 0810 810 227 (Mo-Fr 9-15 Uhr, max. 10 Cent/Minute) FGOe_Pyramide_A4_IC3v2.indd 1 Eine Initiative des 01.12.2008 16:00:09 Uhr