KoelnerEntschl.1999aufber.19.11.08

Werbung
Kölner Entschließung
Chancengleichheit für ein gesundes Leben
Wir erleben in unseren Städten, dass sich die Unterschiede zwischen Armen und Reichen,
Privilegierten und Benachteiligten verschärfen. Die Städte zerfallen sichtbar in „gute" und
„belastete" Teile. Die besseren Stadtteile sind in der Regel ökologisch, gesundheitlich, sozial
sowie von den Versorgungsangeboten her begünstigt, wohingegen sich in den schlechteren
Stadtteilen Risiken für die Bewohnerinnen und Bewohner verdichten. Die Gesunden
Städte wollen in den nächsten Jahren ihre Anstrengungen sozialen und gesundheitlichen
Benachteiligungen entgegenzuwirken entschieden fortsetzen und noch weiter verstärken. Die
bisherigen Aktivitäten der Kommunen sind nicht unerheblich: Dazu gehören u. a. Projekte der
sozialen Stadterneuerung oder Angebote des Öffentlichen Gesundheitsdienstes. Die
Gesunden Städte bekennen sich klar zu dem Ziel „der Verringerung gesundheitlicher
Ungleichheit".
Wir wissen: Soziale Benachteiligung kann krank machen
Soziale Benachteiligung hat auch negative gesundheitliche Auswirkungen! Diese Tatsache
wird belegt durch Erkenntnisse der Gesundheitsberichterstattung: Bürgerinnen und Bürger,
die ein höheres Qualifikationsniveau haben, erkranken deutlich seltener und verunfallen
weniger, erreichen häufiger das gesetzliche Rentenalter gesund und sterben später als ihre
weniger qualifizierten und auch finanziell schlechter gestellten Mitbürgerinnen und -bürger.
Gesundheitschancen verbessern sich mit wirtschaftlichem Erfolg, wachsender Bildung und
sozialer Eingebundenheit. Hinzu kommt: benachteiligten Gruppen ist die Nutzung
vorhandener gesundheitlicher Versorgungsleistungen offenbar erschwert, weil
Zugangsbarrieren existieren und weil das Angebot ihrer Lebenswirklichkeit nicht entspricht.
Alle müssen etwas tun.
Gesamtgesellschaftliche Strategien auf kommunaler, Landes- und Bundesebene zur
Bewältigung dieser Problematik sind notwendig.
Die (Gesunden) Städte sind auch gefordert.
Gesundheitsförderung will Menschen stärken. Gesundheitsförderung wird gemeinsam mit den
Betroffenen verwirklicht und nicht etwa für sie von anderen gemacht. Sie fördert sowohl die
Fähigkeit der einzelnen, sich aktiv zu beteiligen, als auch die Möglichkeiten von Gruppen,
Organisationen oder Vereinigungen, die Bestimmungsfaktoren von Gesundheit zu
beeinflussen. (Nach: Jakarta-Erklärung zur Gesundheitsförderung im 21. Jahrhundert, 1997)
Wir wollen vorhandene gesundheitliche und soziale Leistungen auf ihre Nutzbarkeit,
Wirksamkeit und Vernetzung zur Erreichung benachteiligter Gruppen überprüfen, um die
vorhandenen Ressourcen zielbestimmt einzusetzen. Prioritäre Perspektive im
Gesundheitswesen muss eine an den Lebenslagen orientierte vernetzte Versorgung dieser
Bevölkerungsgruppen werden.
Dieses Ziel verlangt:
1. selbstkritische Auseinandersetzung
Gesundheitliche Dienstleistungen müssen auf den Prüfstand. Gefordert ist eine selbstkritische
Reflektion zur Beantwortung der Frage, weshalb gesundheitliche und soziale Dienstleistungen
bestimmte Gruppen von Menschen nicht erreichen und für sie eine zu geringe Attraktivität
haben. Gesundheitliche und soziale Dienstleistungen müssen so organisiert werden und so auf
ihre Nutzer zugehen, dass gerade die Zielgruppe benachteiligter Menschen sie nutzen kann
und von ihnen profitiert.
2. Qualität
Orientierungsrahmen für die Zielerreichung:
2.1
Stadtentwicklung unter gesundheitlicher und sozialer Perspektive
- Wir wollen Schritt für Schritt erreichen, dass stadtpolitische Entscheidungen auch
auf ihre Auswirkungen auf die Gesundheit und die Bedürfnisse, Interessen und
Fähigkeiten der Bürgerinnen und Bürger systematisch geprüft werden. Dafür wollen
wir Instrumente und Strukturen entwickeln bzw. stärken.
- Gesundheitsförderung, die Menschen nachhaltig erreichen will, muss herausfinden,
was Bürgerinnen und Bürger wollen und sich an deren Interessen und Kompetenzen
ankoppeln. Die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an der Gestaltung ihrer
Lebensräume hat eine grundlegende auch gesundheitsfördernde Bedeutung. Wer
beteiligt wird, gewinnt an Selbstvertrauen und Verantwortungsgefühl, weil seine
Kompetenzen und Erfahrungen ernst genommen und nachgefragt werden. Damit
sich Beteiligung entwickeln kann, muss es in Stadtteilen verlässliche
Ansprechpartner und eine Infrastruktur geben, die Bürgerinnen und Bürger für ihre
Beteiligungsaktivitäten nutzen können („der Ort vor Ort", z.B. Gruppenraum,
Telefon, Kopierer, Fax).
2.2
Regionale Kooperation von Akteuren der gesundheitlichen und sozialen
Versorgungsstruktur
- Die Versorgungsstrukturen müssen durchlässiger werden. In den Mittelpunkt der
Arbeit rücken die Fragen, wen die Einrichtungen erreichen und für welche Gruppen
sie keine Attraktivität besitzen. Nutzer- bzw. Bürgerbefragungen können helfen, das
inhaltliche und methodische Repertoire der Einrichtungen zu verbessern.
-
Eine problemgerechte Versorgung benachteiligter Bevölkerungsgruppen muss eine
vernetzte Versorgung sein. Multiprofessionelle Zusammenarbeit in den Stadtteilen
kann über das bessere Kennenlernen der Akteure untereinander zu einer
erfolgreichen Vernetzung der gesundheitlichen und sozialen Dienstleistungen und
Informationen führen, ein wirksames Frühwarnsystem zur Benennung von Defiziten
sein, eine Verständigung auf prioritäre Gesundheitsziele erbringen, vorhandene
Stärken weiterentwickeln, das Versorgungsnetz engmaschiger gestalten und zu
-2-
einer betroffenengerechten Abstimmung von Angeboten und Leistungen führen.
Zum Aufbau dieser regionalen Kooperationsstrukturen bzw. zu ihrer Unterstützung
(dort, wo es sie schon gibt) sind Koordinierungsstellen Voraussetzung, auch mit der
Zielsetzung einer optimierten Nutzung vorhandener Ressourcen.
2.3
Einbezug von Institutionen und Personen, insbesondere außerhalb des
Gesundheitsbereichs, zur Vermittlung gesundheitsbezogener Informationen
- Damit benachteiligte Menschen besser als bisher gesundheitliche Leistungen
nutzen können, müssen diese Angebote den Zielgruppen bekannt sein und
Zugangsschwellen abgebaut werden. Deshalb sollten Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter, insbesondere von sozialen und Bildungs-Einrichtungen aktiviert und
unterstützt werden, die Thematik der Gesundheitsförderung aufzugreifen und
entsprechende Wegweisungen zu gesundheitsbezogenen Angeboten geben zu
können.
2.4
Verstärkte Angebote im Aus- und Fortbildungsbereich zur Förderung
pädagogischer, psychologischer, psycho-sozialer und methodischer
Kompetenzen:
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitswesen müssen fortgebildet werden,
damit sie durch ihre Haltung, ihr Verhalten und die Organisation ihres
Leistungsangebotes mit den benachteiligten Nutzergruppen wirksam zusammen
arbeiten können.
- Diese Fortbildungen helfen, die Kompetenzen insbesondere der benachteiligen
Gruppen zu entdecken und zu respektieren. Gesundheitsfördernde Aktivitäten
sollten deshalb alle Menschen als Experten ihrer jeweiligen Lebensbereiche
ansprechen. Deren Möglichkeiten zur Gesundheitsförderung bzw. zur Änderung von
gesundheitsgefährdenden Lebensbedingungen sind zu aktivieren.
- Gegenwartsnahe Techniken der Problembewältigung sollten statt langfristiger
Strategien entwickelt werden, um dem Lebensrhythmus von Teilen der Zielgruppe
zu entsprechen.
Die Städte nicht alleine lassen
Die Kommunen brauchen die Unterstützung durch die Landesebenen und Bundesebene.
Aktionspläne zu Gesundheit und sozialer Lage sind zusammen mit Kommunen zu entwickeln
und zu verabschieden. Hier sind Bund und Länder gefordert, entsprechende Mittel zur
Verfügung zu stellen.
Gesunde Städte-Symposiums 1999 am B. und 9.11.1999 „Gesundheit für alle - eine Herausforderung (nicht nur) für Gesunde Städte" in
Köln
-3-
Herunterladen