Pressemitteilung Armut und Gesundheit kritisiert die Ablehnung Bürgerversicherung durch die Bundesärztekammer der Die Kritik und Ablehnung der Bundesärztekammer sowie der Klinikärzte-Organisation Marburger Bund bezüglich der geplanten Einführung der Bürgerversicherung als einheitlicher Krankenversicherung, verurteilt der Verein Armut und Gesundheit in Deutschland aufs Schärfste. Das derzeitige duale System von gesetzlicher Krankenversicherung und privater Krankenversicherung führte und führt zu einer II bzw. III - Klassenmedizin. Die adäquate gesundheitliche Versorgung von sozial benachteiligten Menschen ist nur noch unzureichend möglich. Das bestehende Gesundheitsversorgungssystem ist sozial unausgewogen und ungerecht. Hier muss politisch gehandelt werden. Die Einführung einer Bürgerversicherung auf der Grundlage von Konzepten des Deutschen Gewerkschaftsbunds und der Parteien SPD, Bündnis 90/ Die Grünen und Die Linke ist ein richtiger und notwendiger Schritt im Hinblick auf eine solidarisch finanzierte Gesundheitsversorgung. Hier fehlt es augenscheinlich an Bewusstsein und Sensibilität für die Lebenssituation von Armut betroffener Menschen durch die Standesvertreter der Ärzteschaft. Wie sehen die Fakten aus: Zahlreiche Studien und Expertisen belegen, dass nach Einführung der Zuzahlungen und Eigenleistungen im Gesundheitssystem von Einkommensarmut betroffene Menschen nicht, bzw. deutlich seltener den Arzt aufsuchen, insbesondere auch bei dringend behandlungsbedürftigen Erkrankungen, und sich zudem, aufgrund ihrer finanziellen Situation, notwendige Medikamente nicht besorgen können. Die unzureichende Gesundheitsversorgung zeigt sich zudem in einer deutlich erhöhten Sterberate sozial benachteiligter Menschen. So besteht ein Lebenserwartungsunterschied von 11 Jahren bei den Männern und von 8 Jahren bei den Frauen zwischen dem reichsten und dem ärmsten Viertel der deutschen Bevölkerung. Ca. ein Drittel der von Armut betroffenen Männer erreicht nicht das 65. Lebensjahr. Dies ist auch auf strukturell bedingte gesundheitliche Unterversorgungslagen zurückzuführen, und dies hat etwas mit unserem derzeitigen dualen Versorgungssystem zu tun. Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Studie des Hamburger Instituts für Finanzdienstleistungen aus dem Jahre 2011 zu den Überschuldungsrisiken in Deutschland: Krankheiten führen verstärkt zu Verschuldungen. So sind Krankheiten bei jeder zehnten Überschuldung der Hauptauslöser. Der Anteil stieg von 5% aus dem Jahre 2005 auf 10,5% im Jahre 2011. Bei der Gruppe der 40 - 50 Jährigen sind 19,4%, also fast jeder Fünfte, davon betroffen. Dieser signifikante Anstieg fand demnach parallel zur Einführung der Hartz IV-Gesetzgebung und den Eigenbeteilungen sowie Zuzahlungsregelungen im Gesundheitssektor statt. Die Bürger verhalten sich da solidarischer! Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) hat im Auftrag des Deutschen Caritasverbandes 2012 eine repräsentative Umfrage zum Thema Gesundheitsversorgungssituation von wohnungslosen Menschen, Asylbewerbern und Menschen ohne „Papiere“, also ohne legalen Aufenthaltsstatus durchgeführt. Das interessante, für manch einen überraschende Ergebnis: es zeigte sich ein hohes Problembewusstsein und die Bereitschaft für ein solidarisches Handeln. 62,3 % bejahten die Frage, ob die oben beschriebe Personengruppe einen Anspruch auf eine medizinische Vollversorgung erhalten sollten. Fast die Hälfte der Befragten, nämlich 47,1%, wären bereit einen eigenen finanziellen Beitrag zur Realisierung dieser Gesundheitsversorgung solidarisch zu leisten. Der durchschnittliche persönliche Mitfinanzierungsbeitrag wären monatlich 4 €. Ebenfalls wurde bei dieser repräsentativen Befragung nach der politischen Partei-Zugehörigkeit bzw. Parteiennähe gefragt. Auch hier zeigte sich eindeutig, dass sich bei jeder im Bundestag befindenden Partei eine Mehrheit der Befragten für eine derartige gesundheitliche Vollversorgung sozial benachteiligter Menschen aussprach Mainz, 27.5. 2013 Prof. Dr. med. Diplom Sozialpädagoge Gerhard Trabert Verein Armut und Gesundheit in Deutschland e.V. Zitadelle 1 F 55131 Mainz fon 06131/6279071 fax 6279182 mobil 0178/2324902 [email protected] www.armut-gesundheit.de