Obst Andenbeere, Ananaskirsche und Tomatillo Essbare Lampions 1 A ndenbeere, Ananaskirsche und Tomatillo sind Vertreter der Gattung Physalis, die sich dadurch auszeichnet, dass die Beeren umschlossen von pergamentartigen, lampionförmigen Hüllen heranwachsen. Alle drei Nachtschattengewächse haben ihren Ursprung in Lateinamerika. Andenbeere Die Andenbeere (Physalis peruviana), die heute in ganz Südamerika wild vorkommt, stammt vermutlich aus den peruanischen Anden. Weil die orangefarbenen Früchte viel Vitamin C enthalten, wurden sie von Seefahrern auf den südlichen Meeren als Mittel gegen Skorbut mitgeführt und gelangten so von Südamerika nach Asien, Australien und ins südliche Afrika, wo die ersten Zuchtformen entstanden. Ein Synonym der Andenbeere ist deshalb auch „Kapstachelbeere“. In Europa ist die Frucht erst seit wenigen Jahren bekannt. Der Anbau der in frostfreien Gebieten mehrjährigen Staude, die in Mitteleuropa meist einjährig gezogen wird, ist unkompliziert und ähnelt der Kultur der verwandten Tomate. Da die Andenbeere Während Andenbeeren in der Gastronomie als Dekoration beliebt und zunehmend auch im Handel zu finden sind, kennt man Tomatillos und Ananaskirschen hierzulande kaum, obwohl sie in der Kultur noch anspruchsloser sind als Andenbeeren. eine recht lange Reifezeit benötigt, sollte man sie früh aussäen: Ende Februar bis spätestens Mitte März. Ideal ist eine Keimtemperatur von 20 bis 25 °C. Nach dem Aufgehen müssen die Anzuchtgefäße hell und mäßig warm stehen. Die Sämlinge werden pikiert, wenn sich die ersten echten Blätter entwickelt haben, und bei einer Größe von 10 bis 15 cm in Töpfe umgesetzt. Das Auspflanzen erfolgt nach den letzten Nachtfrösten im Abstand von 60 × 60 cm. Andenbeeren bevorzugen einen warmen, sonnigen Platz und nährstoffreichen Boden. Überdüngung sollte allerdings vermieden werden, weil die Pflanzen sonst zu sehr ins Kraut schießen. Andenbeeren sind recht trockenheitsverträglich, setzen bei regelmäßiger Bewässerung aber mehr Früchte an. Die Pflanzen wachsen verzweigt und können bis zu 1 m hoch werden. Im Gegensatz zur Tomate braucht die Andenbeere nicht ausgegeizt zu werden. Nur wenn die Pflanzen gar zu sehr wuchern, kann man sie eventuell etwas auslichten, um die Besonnung der Früchte zu fördern und die Ernte zu erleichtern. Schädlinge und Krankheiten sind bisher keine be- kannt. Auch von Kraut- und Braunfäule, die den Tomatenanbau so problematisch macht, bleiben Andenbeeren verschont. Die gelben Blüten mit braunem Mal können von Insekten bestäubt werden, befruchten sich aber in der Regel selbst. Bei Platzmangel ist deshalb auch der Anbau einer einzelnen Pflanze möglich. Nach der Blüte wachsen die Kelchblätter zusammen und bilden dabei die typischen Laternchen aus, die anfangs grün sind, bei Fruchtreife gelb verblassen und schließlich zu einer braunen trockenen, pergamentartigen Hülle werden, welche die reife Frucht im Inneren umschließt. Die mirabellengroßen, süß-herb schmeckenden Früchte reifen im Herbst witterungsabhängig ab August/September. Sie sind erntereif, wenn die pergamentartige Hülle braun und trocken ist und die darin enthaltene Beere gelb bis orange. Die Früchte halten sich nach der Ernte einige Wochen, wenn sie in der Hülle verbleiben, und sind roh oder gekocht genießbar. Da sie viel Pektin enthalten, eignen sie sich hervorragend zur Marmeladenherstellung. Außerdem lassen sie sich gut trocknen. Neben Vitamin C enthalten Andenbeeren viel Beta- 4 4 Links Andenbeere, rechts Tomatillo: Die kleinen Samen können mit verzehrt werden 5 Ananaskirschen wachsen häufig mehr breit als hoch 6 Miniaturblüten der Ananaskirsche 7 Die Früchte der Ananaskirsche sind reif, wenn sie abfallen Fotos: Brosius 314 Obst & Garten | 8 | 2016 Obst 1 D ie braune, papierartige Fruchthülle umschließt die reife Andenbeere ganz 2 Andenbeeren sind selbstfruchtbar und können auch einzeln stehen 3 Mit zunehmender Reife verfärben sich die anfangs grünen Lampions der Andenbeere über Gelb nach Goldbraun 2 Karotin, Eisen, Kalium, Vitamin B und E sowie Folsäure. In ungünstigen Lagen kann sich das Reifen der ersten Früchte im Wettlauf mit dem ersten Frost bis in den November hinziehen. Eine Alternative ist hier der Anbau im Gewächshaus. Dabei sollte ausreichend Platz eingeplant werden, dann können die Pflanzen sogar bis 2 m hoch werden. Sie tragen früher und länger, setzen häufig aber weniger Früchte als im Freiland an, da sie besonders viel Blattmasse entwickeln. Andenbeeren sind in unserem Klima nicht winterhart. Möglich ist aber die Überwinterung im Kübel an einem hellen, kühlen Ort. Wird sie über Winter trocken gehalten, kann die Pflanze leichten Frost bis –5 °C überstehen, man sollte es aber nicht unbedingt darauf ankommen lassen. Überwinterte Pflanzen haben einen Wachstumsvorsprung und kommen manchmal, allerdings nicht immer, im Folgejahr früher zum Blühen und Fruchten. Die Sortenauswahl ist bei der Andenbeere überschaubar. Besonders großfrüchtige Züchtungen werden auch als „Physalis edulis“ angeboten. Die Sorte 3 ‘Heitmann’ wurde auf Frühreife gezüchtet, dafür bleiben bei ihr Pflanzen und Früchte etwas kleiner. Ananaskirsche Das Ursprungsgebiet der Ananaskirsche (Physalis pruinosa) erstreckt sich von Mexiko bis Südargentinien. Sie wächst dort in Höhenlagen bis zu 1400 m. Die äußere Erscheinung der Ananaskirsche ist die einer Miniatur-Andenbeere. Sowohl die blassgelben Blüten als auch die Früchte ähneln denen der Andenbeere, sind aber mit 1 bis 1,5 cm Durchmesser deutlich kleiner. Der Ernteaufwand ist also entsprechend größer, weshalb die Ananaskirsche als Marktfrucht eher uninteressant ist. Im Selbstversorgergarten kann sie das Obstangebot als willkommene Naschfrucht ergänzen. Ein großer Vorteil gegenüber der Andenbeere ist die viel frühere Fruchtreife. Bei rechtzeitiger Voranzucht reifen die ersten Früchte häufig bereits im Juni, spätestens Juli, und dann über mehrere Wochen hinweg, wobei die Ananaskirsche die kleine Einzelfruchtgröße dadurch ausgleicht, dass sie regelrechte Massen an Früchten hervorbringt. Diese fallen bei 5 8 | 2016 | Obst & Garten 6 Reife mitsamt der kleinen Lampions ab, so dass man nur alle 1 bis 2 Tage die abgefallenen Früchte auflesen muss. Eine Mulchschicht aus Stroh erleichtert eine trockene und saubere Ernte. Zwar kann sich der Keimvorgang bei Ananaskirschen etwas hinziehen, dann wachsen die jungen Pflanzen aber rasch heran. Damit die Setzlinge bis zur Auspflanzzeit Mitte Mai nicht zu groß werden, sollte man deshalb nicht vor Mitte März aussäen. Im übrigen entsprechen Kultur und Ansprüche denjenigen der Andenbeere. Überwinterung der einjährigen Art ist allerdings nicht möglich. Wie die Früchte bleiben auch die kartoffelblättrigen Pflanzen relativ klein und werden nur 40 bis 70 cm hoch. Manche wachsen mehr in die Breite als in die Höhe, ein Pflanzabstand von 40 bis 50 cm ist aber normalerweise ausreichend. Auch Ananaskirschen sind selbstfruchtbar, für einen lohnenden Ertrag ist es jedoch sinnvoll, mehrere Pflanzen zu ziehen. Die orangegelben reifen Früchte schmecken sehr süß mit würziger Säure – eben wie Ananas – und lassen sich auch als Dessertdekoration verwenden oder in Fruchtsalate mischen. In größeren Men- 7 315 Obst gen angebaut, können überzählige Beeren wie Rosinen getrocknet oder für Marmelade verwendet werden. Wie Andenbeeren bleiben sie in der Hülle aufbewahrt auch einige Tage bis Wochen frisch. auf Insektenbestäubung angewiesen, sondern auch selbstunfruchtbar, so dass man mindestens 2 Pflanzen braucht, um eine Ernte zu erzielen. Die Pflanzen werden je nach Sorte 50 bis 100 cm hoch, wachsen aber sehr in die Breite. Das Stützen und Anbinden langer Triebe verhindert, dass sie unter der Fruchtlast brechen oder auf dem Boden zu liegen kommen, wo die Früchte faulen können. Der Pflanzabstand sollte idealerweise 80 cm betragen, der Boden mäßig nährstoffreich sein. Die Pflanzen gedeihen in Sonne und Halbschatten, in der Sonne reifen die Früchte besser aus. Während bei Ananaskirsche und Andenbeere die Frucht den Lampion nicht ganz ausfüllt, wird die Tomatillofrucht so groß und prall, dass sie die Hülle nicht nur ausfüllt, sondern sogar sprengt. Das Aufplatzen der Hülle ist das Zeichen der Reife. Bei manchen Sorten färbt sich die reife Frucht unter Lichteinfluss dann violett oder goldgelb. Da vollreife Früchte bald zu Boden fallen, wo sie für Mitesser wie Mäuse und Schnecken erreichbar sind, sollte man die Sträucher alle paar Tage durchpflücken. Tomatillofrüchte nehmen eine Zwischenstellung zwischen Obst und Gemüse ein. Die Beeren können sowohl säuerlich als auch süß schmecken, je nach Sorte, Reifegrad und Besonnung dominiert die eine oder andere Geschmacksrichtung. Während nur vollreife Beeren roh genießbar sind, können die letzten, nicht mehr ausreifenden Früchte im Herbst ebenso wie reife in Gemüseeintöpfen und zur Herstellung von Chutneys ver- Tomatillo Die Tomatillo (Physalis philadelphica und Physalis ixocarpa), auch Mexikanische Hülsentomate oder Mexikanische Blasenkirsche genannt, stammt, wie die Beinamen nahe legen, aus Mexiko. Hier wie im benachbarten Guatemala und im Südwesten der USA sind die grünen, violetten oder goldgelben Früchte ein beliebtes Gemüse und Grundbestandteil der scharfen „Salsa verde“. In Europa sind Tomatillos fast unbekannt. Zwar wurden sie einst ebenso wie viele andere Pflanzen und Früchte aus der „Neuen Welt“ von Seefahrern nach Spanien mitgebracht, gerieten gegenüber der gleichzeitig eingeführten Tomate aber bald ins Hintertreffen und in Vergessenheit. Die Tomatillo wächst ähnlich wie ihre orangefruchtigen Schwestern, ist allerdings weniger sonnenhungrig und wärmebedürftig, dafür noch wüchsiger als diese. Die Vorkultur entspricht im Wesentlichen derjenigen der Ananaskirsche. Bei einer Aussaat Mitte März setzen die Pflanzen ab Juni zahlreiche Blüten an. Die ersten Tomatillos reifen je nach Wetter ab Ende Juli und die Pflanzen setzen bis zum Spätherbst immer neue Blüten und Früchte an. Erst der erste Frost macht dem jäh ein Ende. Im Unterschied zu Andenbeere und Ananaskirsche sind Tomatillos nicht nur 8 wendet werden. Eine klassische Zubereitungsform ist die scharfe Soße (Salsa) aus Tomatillos und Chilis, die zu Tortillas gereicht wird. In Eintöpfen und Gemüsegerichten lassen sich Tomatillos gut mit Zucchini, Paprika, Zwiebeln und Knoblauch kombinieren. In Mexiko werden sie gern mit Huhn und frischem Koriander serviert. Auch eine süße Variante als Kompott ist möglich. In Mexiko und Guatemala wurden zahlreiche Tomatillosorten für die verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten gezüchtet. Eine früh reifende Sorte, die sich auch für mitteleuropäisches Klima eignet, ist ‘Purple de Milpa’. Die runden Früchte färben sich bei Reife violett. Durch ihren geringen Wassergehalt sind sie besonders platzfest und haltbar. Auch ‘Toma Verde’ reift früh. Sie trägt flachrunde, im reifen Zustand grüne bis cremefarbene Früchte. Unter dem Namen ‘Mexiko gelb’ wird eine goldgelbe Sorte mit flachrunden, besonders süß schmeckenden Früchten angeboten. Bei der Wüchsigkeit der Tomatillos stellt sich leicht die Frage: Wohin mit den vielen Früchten? Was man nicht direkt verwerten, einkochen (Chutney, Soße) oder verschenken kann, lässt sich gut in offenen Holzkisten lagern. Unbeschädigte Früchte sind sortenabhängig an einem kühlen Ort (10 bis 15 °C) mehrere Monate haltbar. Ab und zu sollte man die Vorräte allerdings auf aufgeplatzte Früchte kontrollieren, die schimmeln und Schädlinge anziehen können. Anke Brosius, Freiburg 9 8 Tomatilloblüten werden durch Bienen bestäubt 9 Die reife Tomatillofrucht sprengt die Lampionhülle auf 10 Tomatillosorten wie ‘Purple de Milpa’ lassen sich in flachen Holzkisten monatelang lagern 10 316 Fotos: Brosius Obst & Garten | 8 | 2016