Einführung in die Elektrotechnik Teil I Kapitel 1: Elektrischer Gleichstrom 1 Elektrischer Gleichstrom 1.1 Grundbegriffe Elektrizität wird hergeleitet aus dem altgriechischen Wort Elektron (Bernstein). Bereits im Altertum wurde entdeckt, dass geriebener Bernstein eine anziehende Kraft auf kleine, leichte Körper ausübt. Thales von Milet wies ca. 600 v. Chr. nach, dass mit Katzenfell geriebener Bernstein Federn anzieht. Es gibt zwei Arten von Elektrizität: Positive Elektrizität entsteht z.B. durch Reibung von Glas. Negative Elektrizität entsteht z.B. durch Reibung von Hartgummi 1.1.1 Elektrische Ladung (Elektrizitätsmenge) Elektrische Vorgänge werden mit dem atomaren Aufbau der Materie erklärt. Ein Atom besteht aus Kern: Neutronen (ohne Ladung), Protonen (positive Ladung) Hülle: Elektronen (negative Ladung) Das gesamte Atom ist elektrisch neutral. Die Elektrizität ist an Ladungsträger gebunden. Mögliche Ladungsträger sind Elektronen Ionen (Atom, Molekül oder Molekülteil mit überschüssiger positiver oder negativer Ladung durch fehlende oder zusätzliche Elektronen) Die kleinste elektrische Ladung ist die Ladung von Elektronen und Protonen. Sie werden Elementarladungen genannt. Ihre Größe beträgt: q+ = +1,60218·10-19 C für Protonen q- = -1,60218·10-19 C für Elektronen Die elektrische Ladung Q eines Körpers ist ein Maß für die Menge an überschüssigen positiven oder negativen Ladungsträgern. Formelzeichen: Q Einheit: [Q] = 1 C (Coulomb); 1 C = 1 As (Ampèresekunde) Beispiel: Die Ladungsmenge von -1 C entspricht einer Anzahl von ne = −1 C ≈ 6,24 ⋅ 1018 Elektronen. −19 − 1,60218 ⋅ 10 C Die Elektrostatik ist die Lehre von den ruhenden Ladungen. Die Elektrodynamik ist die Lehre von den bewegten Ladungen. Institut für Leistungselektronik und Elektrische Antriebe Abteilung Elektrische Energiewandlung 1-1 Einführung in die Elektrotechnik Teil I 1.1.2 1.1.2.1. Kapitel 1: Elektrischer Gleichstrom Leiter, Halbleiter, Nichtleiter (Isolatoren) Elektrische Leiter Elektrische Leiter sind Stoffe mit beweglichen Ladungsträgern. Sie lassen sich in mehrere Gruppen unterteilen: Metalle: Technisch wichtig sind vor allem Kupfer (Cu) und Aluminium (Al). Die Elektronen sind frei im Leiter beweglich und tragen den Strom. Die Dichte der freien Elektronen beträgt ne ≈ 1029 m-3. Flüssigkeiten: Metallische Flüssigkeiten sind ebenfalls leitend (bei Raumtemperatur: Quecksilber). Der Leitungsmechanismus entspricht dem fester Metalle. Elektrisch leitfähige Flüssigkeiten ohne freie Elektronen (z.B. Wasser mit gelösten Salzen, Laugen und Säuren) werden Elektrolyte genannt. Bei der Lösung dissoziieren die Salzmoleküle in positive und negative Ionen. Beide Ionentypen tragen den Strom und werden zur negativen Kathode bzw. positiven Anode transportiert. Das positive Ion wird Kation, das negative wird Anion genannt. Der Transport von Materie wird z.B. beim galvanischen Überziehen mit Metallschichten und bei der elektrolytischen Herstellung sehr reiner Metalle genutzt (z. B. Herstellung von Elektrolytkupfer: CuSO4 → Cu2+ + SO42-). Gase: Gase sind grundsätzlich Nichtleiter. Durch äußere Energiezufuhr (Wärme, Strahlung, hohe elektrische Felder) können die Gase jedoch ionisiert, d.h. in Elektronen und positiv geladene Ionen zerlegt werden. Durch Elektronenanlagerung an Gasmoleküle können auch negative Gasionen entstehen. Solche Gase sind leitfähig (Blitz). Elektronen und Ionen tragen den Strom. Ausgenutzt wird dies z.B. in der Beleuchtungstechnik (Leuchtstoffröhren). Supraleiter: Supraleiter sind Metalle und Keramiken, die bei sehr niedrigen Temperaturen (0 ... 138 K) dem elektrischen Strom praktisch keinen Widerstand entgegensetzen. Sie werden derzeit nur in Sonderanwendungen (Medizin, Physik) zur Erzeugung sehr starker Magnetfelder technisch genutzt. 1.1.2.2. Halbleiter Halbleiter sind feste Stoffe mit wenigen beweglichen elektrischen Ladungsträgern (meist Übergangselemente wie Kohlenstoff in Graphitmodifikation, Selen, aber auch Metalloxide und Metallsulfide, z.B. Cu2O). Die Leitfähigkeit ist stark temperaturabhängig. Technisch bedeutend sind Halbleiterkristalle mit Diamantgitter (Silizium, Germanium), die durch bewusst eingebaute Gitterstörungen (sog. Dotierung durch z.B. Indium, Arsen, Gallium, Antimon) bewegliche Ladungsträger erhalten. 1.1.2.3. Nichtleiter (Isolatoren) Nichtleiter sind nichtmetallische Stoffe und Verbindungen, die fast keine freien Ladungsträger enthalten. Es gibt feste, flüssige und gasförmige Nichtleiter. Technisch wichtig sind z.B.: Papier, Keramik, Glimmer, Kunststoffe Öl Institut für Leistungselektronik und Elektrische Antriebe Abteilung Elektrische Energiewandlung 1-2 Einführung in die Elektrotechnik Teil I Kapitel 1: Elektrischer Gleichstrom Luft, Vakuum, Schwefelhexafluorid (SF6) 1.1.3 Elektrische Spannung, elektrischer Strom, Ohmsches Gesetz 1.1.3.1. Elektrische Feldstärke Auf Ladungsträger wird eine Kraft ausgeübt, die der Ladung und der Stärke des elektrischen Feldes proportional sind. (1.1) F = Q⋅E Die Stärke des Feldes wird durch die vektorielle Größe elektrische Feldstärke E beschrieben. Die Richtung des Feldstärkevektors entspricht der Richtung der Kraft F . Formelzeichen: E Einheit: [E] = 1 Vm-1 1.1.3.2. Elektrische Spannung Die Ursache der elektrischen Feldstärke ist die elektrische Spannung U. Sie kann im homogenen Feld (z.B. langer Leiter) aus der elektrischen Feldstärke ermittelt werden: (1.2) U = E⋅ l mit l: Leiterlänge Formelzeichen: U Einheit: [U] = 1 V (Volt) Spannungsquellen (Generatoren, elektrochemische Elemente, Solarzellen) erzeugen einen Überschuss von Elektronen an der negativen Klemme und einen Mangel von Elektronen an der positiven Klemme: Sie halten zwischen zwei Punkten eine Spannung, die Quellspannung Uq, aufrecht (auch EMK: Elektromotorische Kraft). Das Schaltzeichen für eine Spannungsquelle ist ein Kreis mit durchgezogener Linie. In Schaltbildern wird die Spannungsrichtung von + nach - durch einen Zählpfeil neben den Symbolen für die Bauelemente angegeben. + ϕ2 2 Uq ϕ1 Bild 1.1 - 1 Schaltsymbol der Spannungsquelle Eine Spannung kann nur zwischen zwei verschiedenen Punkten eines elektrischen Kreises auftreten. Sie ist gleich der Potentialdifferenz ∆ϕ zwischen diesen Punkten: U12 = ∆ϕ = ϕ1-ϕ2 Institut für Leistungselektronik und Elektrische Antriebe Abteilung Elektrische Energiewandlung 1-3 Einführung in die Elektrotechnik Teil I Kapitel 1: Elektrischer Gleichstrom (siehe Kap. 2.1). Als Potential bezeichnet man die Spannung gegen einen festen Bezugspunkt (z.B. Erde oder "Null"). Richtwerte für Spannungen: Sensorik: einige mV Elektrochemische Zellen, Solarzellen: 0,5 ... 3 V Mikroelektronik: 3,3 ... 15 V Kraftfahrzeug: 12 V Haushalt: 230 V (Wechselspannung siehe Kap. 3) Industrieanlagen: 400 V (Drehspannung siehe Kap. 3) große Generatoren: 20 kV (Drehspannung siehe Kap. 3) Energieübertragung: bis 380 kV 1.1.3.3. Elektrische Stromstärke Elektrischer Strom ist die gerichtete Bewegung von Ladungsträgern unter dem Einfluss von Spannung. Maßeinheit ist die elektrische Stromstärke, d.h. die Ladung (Elektrizitätsmenge), die pro Zeiteinheit durch einen Leiter fließt. Formelzeichen: I Einheit: [I] = 1 A (Ampère); 1 A = 1 Cs-1 In einem metallischen Leiter fließt ein Strom von 1 A, wenn pro Sekunde rund 6,24.1018 Elektronen vom Minuspol zum Pluspol fließen (siehe oben). Bei stationärem, d.h. zeitlich konstantem Strom gilt: I= Q t (1.3) Bei zeitlich veränderlichem Strom gilt (in der Elektrotechnik werden zeitlich veränderliche Größen mit Kleinbuchstaben bezeichnet): i= dq dt (1.4) Die mikroskopische Beschreibung eines homogenen Stroms in einem Leiter mit dem Querschnitt A erfolgt durch die Zahl der Ladungsträger, die durch einen Leiter fließen: (1.5) I = q − ⋅ n e ⋅ ve ⋅ A mit q- Elementarladung des Elektrons ne Zahl der freien Elektronen pro Volumeneinheit Institut für Leistungselektronik und Elektrische Antriebe Abteilung Elektrische Energiewandlung 1-4 Einführung in die Elektrotechnik Teil I Kapitel 1: Elektrischer Gleichstrom ve Mittlere Geschwindigkeit der Elektronen in Richtung des Stromflusses A Leiterquerschnitt Auf alle Elektronen im Leiter wirkt fast gleichzeitig eine Kraft: Der Strom breitet sich mit Lichtgeschwindigkeit aus. Die Elektronengeschwindigkeit (Driftgeschwindigkeit) ve selbst ist jedoch klein (ve ≈ 10-4 ms-1 für S ≈ 1 Amm-2). Richtwerte für Stromstärken: In biologischen Systemen: 50 ... 100.10-6 A Gefährlich für den menschlichen Organismus: einige 10-3 A Transistoren: 10-3 ... 103 A Haushalt: 1 ... 10 A Lichtbogenschweißen: 50 ... 1000 A Aluminiumgewinnung (Elektrolyse): 105 A Prüffelder der elektr. Energietechnik: 105 A Experimente zur Kernfusion: bis 107 A U E, S Bild 1.2 ve + Stromund Spannungsrichtung Bewegungsrichtung der Elektronen I sowie Die positive Stromrichtung (anzugeben durch Strompfeil in Schaltbildern) ist entgegengesetzt der tatsächlichen Elektronenbewegung im Leiter. In unverzweigten Leitern ist die Stromstärke überall gleich. Eine Ladungsanhäufung im Leiter ist nicht möglich. 1.1.3.4. Stromdichte Die Stromdichte ist die auf den Leiterquerschnitt bezogene Stromstärke: S= I ⋅ eA = q − ⋅ n e ⋅ ve A Formelzeichen: S Einheit: [S] = 1 Am-2; technische Maßeinheit meist 1 Amm-2. (1.6) In der Technik gebräuchliche Werte für Stromdichten sind: 1 ... 20 Amm-2 (z.B. Hausinstallation: 1,5 mm2 für 10 A). Bei Supraleitern sind Stromdichten um 100 Amm-2 möglich. Institut für Leistungselektronik und Elektrische Antriebe Abteilung Elektrische Energiewandlung 1-5 Einführung in die Elektrotechnik Teil I Kapitel 1: Elektrischer Gleichstrom Die Stromdichte ist eine vektorielle Größe. Sie hat immer dieselbe Richtung wie die elektrische Feldstärke. 1.1.3.5. Ohmsches Gesetz Durch experimentelle Beobachtung wird festgestellt, dass in einem Leiter der Strom I der angelegten Spannung U proportional ist. Dieser Zusammenhang wird als Ohmsches Gesetz bezeichnet. + U Bild 1.3 I U = R ⋅I R (1.7) Widerstand und ohmsches Gesetz Die elektrische Eigenschaft des Leiters wird durch den Widerstand R beschrieben. Das Ohmsche Gesetz gilt für Metalle und Elektrolyte bei konstanter Temperatur. Wenn ein Strom im Leiter fließt, herrscht zwischen den Leiterenden eine Spannung; dies gilt auch für Teile des Stromkreises. 1.1.4 Elektrischer Widerstand, spezifischer Widerstand, Leitwert Die Ursache des elektrischen Widerstands ist die Reibungskraft auf die Elektronen bei ihrer Bewegung im Metall. Dadurch entsteht Wärme. Formelzeichen: R Einheit: [R] = 1 Ω (Ohm); 1 Ω = 1 VA-1 In der deutschen Sprache wird der Begriff Widerstand sowohl für die Materialeigenschaft als auch für ein widerstandsbehaftetes elektrisches Bauelement verwendet (englisch: resistance und resistor). Als Schaltzeichen für das Bauelement „Widerstand“ wird ein Rechteck verwendet (siehe Bild 1.3). Die elektrotechnischen Schaltsymbole sind in der Norm IEC 60 617 bzw. DIN EN 60 617 genormt. Bei metallischen Leitern und Elektrolyten ist der Widerstand bei einer festen Temperatur konstant. Er ist unabhängig von Strom und Spannung. Halbleiter weisen in bestimmten Bereichen ein nichtlineares Verhalten auf. Dies wird für Widerstände mit strom- oder spannungsabhängigem Widerstand (Varistoren) und Widerstände, die eine gewollte Temperaturabhängigkeit zeigen (Kaltleiter, Heißleiter), genutzt. Der Widerstand eines leitenden Körpers hängt von dessen Form und Ausdehnung ab. Daher wird eine werkstoffabhängige Größe, der spezifische Widerstand ρ, eingeführt. Er gibt die Proportionalitätskonstante zwischen elektrischer Stromdichte und elektrischer Feldstärke an: E = ρ ⋅S Institut für Leistungselektronik und Elektrische Antriebe Abteilung Elektrische Energiewandlung (1.8) 1-6 Einführung in die Elektrotechnik Teil I mit ρ Kapitel 1: Elektrischer Gleichstrom spezifischer Widerstand: [ρ] = 1 Ω m In der Technik wird der spezifische Widerstand meist in Ω m-1 mm2 angegeben. Gleichung (1.8) wird ebenfalls als ohmsches Gesetz (in Feldgrößen) oder als Materialgleichung bezeichnet. Für einen langen, geraden Leiter mit der Länge l und dem Querschnitt A wird der Widerstand wie folgt berechnet: R= U I R= E⋅l S⋅ A (1.10) l A (1.11) l I A R = ρ⋅ Bild 1.4 (1.9) Widerstand eines langen geraden Leiters Bei fast allen Metallen nimmt der spezifische Widerstand mit der Temperatur zu: ρ = f(ϑ) und damit auch R = f(ϑ). Bis etwa 200 °C ist die Abhängigkeit bei den meisten Metallen linear: ρ(ϑ) = ρ 20 ⋅ (1 + α 20 ⋅ (ϑ − 20°C )) (1.12) R (ϑ) = R 20 ⋅ (1 + α 20 ⋅ (ϑ − 20°C )) (1.13) mit ρ20 R20 α20 ϑ spezifischer Widerstand bei 20 °C Widerstand bei 20 °C Temperaturbeiwert des Widerstands Temperatur in °C Der Temperaturbeiwert α20 ist bei den meisten Metallen etwa gleich (0,004 K-1). Einige Metalllegierungen haben Temperaturbeiwerte von α20 ≈ 0: Konstantan, Resistin, Novokonstant. Sie werden für Präzisionswiderstände (Normalwiderstände) verwendet. Einige Leiter haben negative Temperaturbeiwerte. Bei Kohle beispielsweise nimmt der elektrische Widerstand mit zunehmender Temperatur ab. Gute Wärmeleiter sind i. A. auch gute elektrische Leiter. In Tabelle 1.1 sind für einige wichtige Werkstoffe der Elektrotechnik der spezifische Widerstand ρ20, der Temperaturbeiwert α20 sowie Beispiele für deren Anwendung aufgelistet. Institut für Leistungselektronik und Elektrische Antriebe Abteilung Elektrische Energiewandlung 1-7 Einführung in die Elektrotechnik Teil I Werkstoff Silber Kupfer ρ20 in Ω m-1 mm2 0,016 0,0179 Kapitel 1: Elektrischer Gleichstrom α20 in K-1 Verwendung 0,0038 bester Leiter, teuer: Lot, Kontakte 0,00393 zweitbester Leiter, relativ kostengünstig: allgemeine elektrische Verbindungen Aluminium 0,0286 0,00377 günstigstes Produkt aus spez. Masse und spez. Widerstand, billig: Freileitungen Konstantan 0,5 -0,000035 geringe Temperaturabhängigkeit: Präzisions-Widerstände Quecksilber 0,96 0,00092 einziger flüssiger metallischer Leiter bei Raumtemperatur Tabelle 1.1 Spezifischer Widerstand, Temperaturbeiwert und typische Anwendung wichtiger elektrotechnischer Werkstoffe Seltener werden auch die Kehrwerte für den (spezifischen) Widerstand verwendet. Als spezifische Leitfähigkeit σ bezeichnet man den Kehrwert des spezifischen Widerstandes ρ: σ= 1 ρ Einheit: (1.14) [σ] = 1 Sm-1 Gleichung (1.8) lässt sich somit auch in folgender Form schreiben: S = σ⋅E (1.15) Das ohmsche Gesetz lässt sich mit dem elektrischen Leitwert G in folgender Form angeben: I = G⋅U (1.16) Darin ist G der Kehrwert des elektrischen Widerstandes. G= 1 R Einheit: 1.1.5 (1.17) [G] = 1 S (Siemens) Elektrische Arbeit und Leistung Wie bereits vorher dargelegt wurde, wird durch ein elektrisches Feld auf eine Ladung eine Kraft ausgeübt: F = Q⋅ E Institut für Leistungselektronik und Elektrische Antriebe Abteilung Elektrische Energiewandlung (1.18) 1-8 Einführung in die Elektrotechnik Teil I Kapitel 1: Elektrischer Gleichstrom Zur Bewegung dieser Ladung im elektrischen Feld muss daher eine Arbeit verrichtet werden: 2 2 1 1 W12 = ∫ F ⋅ds = Q ⋅ ∫ E ⋅ ds (1.19) Das Wegintegral der elektrischen Feldstärke E ist die Spannung U. Somit ergibt sich: W = Q⋅U (1.20) Formelzeichen: W Einheit: [W] = 1 J (Joule) bei Verbrauchsangaben auch 1 kWh = 3,6.106 J (Kilowattstunde) üblich. Elektrische Arbeit (Energie) wird in ohmschen Widerständen (Wirkwiderständen) durch Reibung der Elektronen im Gitter des Leiters in Wärme umgesetzt. Dadurch entsteht eine Temperaturerhöhung des Leiters. Dieser Effekt wird für Elektrowärme und Beleuchtungszwecke (Glühlampe) genutzt. Die elektrische Leistung P ist die pro Zeiteinheit geleistete elektrische Arbeit: P= W Q = ⋅U=I⋅U t t (1.21) P = I2 ⋅ R P= (1.22) U2 R (1.23) Formelzeichen: P Einheit: [P] = 1 Js-1 = 1 VA = 1 W (Watt) 1.2 Elektrische Gleichstromkreise Gleichstrom wird z.B. zur Versorgung elektronischer Schaltungen, in Kraftfahrzeugen (Bordnetz) oder bei der Energieübertragung über große Strecken (Hochspannungsgleichstromübertragung, HGÜ) technisch genutzt. 1.2.1 Kennzeichnung des Gleichstromkreises und Zählpfeilsysteme Der Gleichstromkreis enthält Spannungsquellen und Verbraucher. Spannungsquellen sind z.B. Batterien (wenige V), Solarzellen (um 0,5 V) und (Gleichstrom-) Generatoren (ca. 10 ... 1000 V). Verbraucher sind z.B. ohmsche Widerstände und Motoren. Außerdem können Schalter, Schutzeinrichtungen, Messinstrumente etc. in Gleichstromkreisen enthalten sein. In der Norm EN 60375 sind die Konventionen zur Darstellung elektrischer und magnetischer Schaltkreise vereinbart. Institut für Leistungselektronik und Elektrische Antriebe Abteilung Elektrische Energiewandlung 1-9 Einführung in die Elektrotechnik Teil I U2 1 I2 I1 Ri I3 R1 Uq Kapitel 1: Elektrischer Gleichstrom R2 U1 R3 R4 U3 Bild 1.5 Einfacher Gleichstromkreis U4 Grundregel zur Berechnung von Gleichstromkreisen: Zunächst werden Zählpfeile für Ströme und Spannungen eingetragen. Sie geben die positive Zählrichtung (Bezugsrichtung) zu einem Umlaufsinn an. Ströme und Spannungen sind keine Vektoren, haben jedoch ein Vorzeichen, das durch den Zählpfeil symbolisiert wird. Elemente des Gleichstromkreises: Die ideale Spannungsquelle erzeugt eine Quellspannung Uq. Der Spannungspfeil an der Spannungsquelle zeigt von + nach -. Der Strompfeil ist entgegengerichtet. Der Verbraucher wird durch einen Widerstand dargestellt. Die Quellspannung treibt einen Strom durch diesen Widerstand. Die Strompfeilrichtung wird willkürlich gewählt. Im Verbraucher stimmen Strom- und Spannungsrichtung überein und die Zählpfeile sind gleichgerichtet. Definitionen: Knoten: Verzweigungsstelle, an der mindestens drei Ströme zu- bzw. abfließen. Zweig: Verbindung zwischen zwei Knoten. Masche: Geschlossener Pfad im Netzwerk, der sich nicht selbst schneidet, d.h. bei dem jeder Knoten nur ein einziges Mal durchlaufen wird. 1.2.2 Kirchhoffsche Gesetze für verzweigte Stromkreise 1.2.2.1. Erstes Kirchhoffsches Gesetz (Knotenregel) Ein Knotenpunkt ist eine Verzweigungsstelle von Strömen, an dem mindestens drei Ströme zubzw. abfließen. Im Schaltbild wird ein Knotenpunkt durch einen Punkt markiert (Strompfade, die sich ohne Verbindung kreuzen, erhalten keinen Punkt), siehe Bild 1.6. Institut für Leistungselektronik und Elektrische Antriebe Abteilung Elektrische Energiewandlung 1-10 Einführung in die Elektrotechnik Teil I Kapitel 1: Elektrischer Gleichstrom I2 I1 Bild 1.6 I3 Verzweigungsstelle (Knoten) mit drei zu- bzw. abfließenden Strömen Für jeden Knoten gilt, dass die Elektrizitätsmenge erhalten bleibt, d.h. die Summe aller k Ströme ist Null: ∑I k (1.24) =0 k 1 I1 URi Ri U2 I2 R2 I3 I R1 U1 II R3 U3 Bild 1.7 Uq G R4 U4 Einfacher Gleichstromkreis eingetragenen Teilspannungen Strömen mit und Da die Stromrichtungen vorher willkürlich festgelegt wurden, haben Ströme, die auf den Knoten zufließen, ein positives Vorzeichen und Ströme, die vom Knoten wegfließen, ein negatives Vorzeichen. Für den Knoten 1 in Bild 1.7 gilt: Knoten 1 ⇒ I1 = I 2 + I 3 1.2.2.2. (1.25) Zweites Kirchhoffsches Gesetz (Maschenregel) Eine Masche ist ein beliebiger geschlossener Weg durch ein Netzwerk, der von einem Knoten ausgehend zu ihm zurückführt. Jeder Zweig (Verbindung zwischen zwei Knoten) darf nur einmal durchlaufen werden. In einer Masche ist die Summe aller m Teilspannungen Null: Institut für Leistungselektronik und Elektrische Antriebe Abteilung Elektrische Energiewandlung 1-11 Einführung in die Elektrotechnik Teil I Kapitel 1: Elektrischer Gleichstrom U6 U1 U5 U2 U3 U4 Bild 1.8 Masche (Ausschnitt aus einem Netzwerk) ∑U m (1.26) =0 m Der Umlaufsinn in den Maschen wird beliebig festgelegt. Teilspannungen, deren Pfeilrichtung in Umlaufsinn zeigen, zählen positiv; Teilspannungen, deren Pfeilrichtung entgegen dem Umlaufsinn zeigen, zählen negativ. Im Beispiel nach Bild 1.7 gilt: Masche I ⇒ − U q + U Ri + U 1 = 0 (1.27) Masche II ⇒ − U 1 + U 2 + U 3 + U 4 = 0 (1.28) Durch Anwendung des Ohmschen Gesetzes können nun alle Ströme und Teilspannungen bestimmt werden: Masche I ⇒ R i ⋅ I1 + R 1 ⋅ I 3 = U q (1.29) Masche II ⇒ I 2 ⋅ (R 2 + R 3 + R 4 ) = I 3 ⋅ R 1 (1.30) Die Ströme I1, I2 und I3 können nun aus den Gleichungen (1.25), (1.29) und (1.30) bestimmt werden. Ebenfalls können daraus alle Teilspannungen zwischen den Punkten des Kreises ermittelt werden. U Ri = R i ⋅ I1 (1.31) U2 = R 2 ⋅ I2 (1.32) U3 = R 3 ⋅ I2 < U1 = R 1 ⋅ I 3 U4 = R 4 ⋅ I2 Institut für Leistungselektronik und Elektrische Antriebe Abteilung Elektrische Energiewandlung (1.33) (1.34) 1-12 Einführung in die Elektrotechnik Teil I Kapitel 1: Elektrischer Gleichstrom Die beiden Kirchhoffschen Gesetze und das Ohmsche Gesetz genügen zur Berechnung von Gleichstromkreisen. Die Vorzeichenregeln müssen beachtet werden, sonst verlieren die Kirchhoffschen Gesetze ihren Sinn. 1.2.3 Berechnung von Gleichstromnetzen mittels Kirchhoffscher Gesetze Zur Berechung von Gleichstromnetzen wird folgendermaßen vorgegangen: 1. Ersatzschaltbild zeichnen. 2. Alle Quellenspannung(en), Strom- und Spannungspfeile einzeichnen. 3. Knotenregel, Maschenregel und Ohmsches Gesetz so oft anwenden, bis genügend unabhängige Gleichungen zur Berechnung der unbekannten Größen (meistens Ströme Ik) vorhanden sind. Für jedes Netzwerk existieren: (k - 1) unabhängige Knotengleichungen und demzufolge z - (k - 1) unabhängige Maschengleichungen. Für das Beispiel gemäß Bild 1.7 gilt: k = 2 ⇒ (2 - 1) = 1, 1 Knotengleichung (1.35) z = 3 ⇒ 3 - (2 - 1) = 2, (1.36) 2 Maschengleichungen Berechnung der Zweigströme: Gleichung (1.25) in (1.30) einsetzen ergibt: I 3 ⋅ R 1 = (I1 − I 3 ) ⋅ (R 2 + R 3 + R 4 ) (1.37) Auflösen nach I3: I 3 = I1 ⋅ R2 + R3 + R4 R1 + R 2 + R 3 + R 4 (1.38) Einsetzen der vorausgehenden Gleichung (1.38) in (1.29) ergibt: I1 = Uq R ⋅ (R 2 + R 3 + R 4 ) Ri + 1 R1 + R 2 + R 3 + R 4 (1.39) Daraus können nun I3 aus (1.38), I2 aus (1.25) und alle Teilspannungen aus (1.31) bis (1.34) berechnet werden. Die Klemmenspannung U1 ergibt sich zu: Institut für Leistungselektronik und Elektrische Antriebe Abteilung Elektrische Energiewandlung 1-13 Einführung in die Elektrotechnik Teil I Kapitel 1: Elektrischer Gleichstrom U 1 = U q − I1 ⋅ R i 1.2.4 (1.40) Aufstellung eines linear unabhängigen Gleichungssystems 2 R6 R1 R3 R4 Uq R5 a) Bild 1.9 Netzwerk I II III 1 3 4 IV V VI b) Struktur k = 4 Knoten (1..4) z = 6 Zweige (I..VI) Darstellung der topologischen Struktur eines Netzwerks Unter der topologischen Struktur eines Netzwerks versteht man die Art und Weise in der die Knoten im Netzwerk miteinander verbunden sind. Die Struktur wird grafisch dargestellt, indem lediglich bestehende Verbindungen zwischen Knoten durch Linien eingetragen werden (Linientopologie). In einem Netzwerk müssen nicht zwangsweise alle Knoten miteinander verbunden sein. In der Beispielstruktur nach Bild 1.9 sind alle 4 Knoten untereinander verbunden, so dass insgesamt z = 6 Zweige entstehen. Manche Netzwerke sind nicht einfach zu übersehen. Im Folgenden wird ein sicheres Verfahren zur Ermittlung einer vollständigen Lösung bei einem Netzwerk mit k Knoten und z Leiterzweigen (Weg zwischen 2 Knoten) angegeben. Durch Weglassen eines beliebigen Knotens werden (k - 1) Knoten festgelegt. Zur Festlegung der Maschen wird eine beliebige Masche als Anfang gewählt (Bild 1.10 a) und die zugehörige Maschengleichung aufgestellt. In dieser Masche wird ein beliebiger Zweig gedanklich markiert und weggelassen (Bild 1.10 b). Dann wird eine weitere Masche gewählt (Bild 1.10 c), die diesen markierten Zweig nicht enthalten darf. Wenn durch fortgesetztes Markieren keine weitere Masche mehr gefunden werden kann, sind genau z - (k - 1) unabhängige Maschen festgelegt (Bild 1.10 f). Das Rest-Netzwerk enthält nun keine geschlossene Masche mehr. Institut für Leistungselektronik und Elektrische Antriebe Abteilung Elektrische Energiewandlung 1-14 Einführung in die Elektrotechnik Teil I Kapitel 1: Elektrischer Gleichstrom m1 a) Netzwerk mit erster Masche b) Erstes Restnetzwerk m2 c) Netzwerk mit zweiter Masche d) Zweites Restnetzwerk m3 e) Netzwerk mit dritter Masche Bild 1.10 1.2.5 1.2.5.1. f) Drittes Restnetzwerk Ermittlung der linear unabhängigen Maschengleichungen Reihen- und Parallelschaltung von Widerständen Reihenschaltung und Spannungsteilerregel Reihenschaltungen werden genutzt, um eine hohe Spannung in niedrigere Teilspannungen zu unterteilen. Ein einfaches Beispiel sind Lichterketten mit in Reihe geschalteten Niedervoltlampen. Institut für Leistungselektronik und Elektrische Antriebe Abteilung Elektrische Energiewandlung 1-15 Einführung in die Elektrotechnik Teil I I Kapitel 1: Elektrischer Gleichstrom U1 R1 R2 U U2 R3 Bild 1.11 Reihenschaltung von Widerständen U3 Durch alle Widerstände in Bild 1.11 fließt der gleiche Strom I. Die äußere Wirkung kann durch einen Ersatzwiderstand Re beschrieben werden. Die Maschenregel liefert: U1 + U 2 + U 3 − U = 0 (1.41) Mit dem ohmsches Gesetz folgt: U 1 = R 1 ⋅ I , U 2 = R 2 ⋅ I und U 3 = R 3 ⋅ I (1.42) Einsetzen des vorausgehenden Gleichungssatzes (1.42) in die vorvorgehende Gleichung (1.41) ergibt: U = (R 1 + R 2 + R 3 ) ⋅ I = R e ⋅ I (1.43) Dabei wurde für die Reihenschaltung der Widerstände R1, R2 und R3 der Ersatzwiderstand Re definiert. Allgemein gilt für eine Reihenschaltung von k Widerständen: R e = R 1 + R 2 + ... + R k = ∑ R k (1.44) k Wird die Gleichung (1.44) durch die Leitwerte G ausgedrückt, so ergibt sich folgende Form: 1 1 1 1 1 = + + ... + =∑ G e G1 G 2 Gk k Gk (1.45) Das Einführen eines Ersatzwiderstandes ist zur Vereinfachung einer Schaltung dann sinnvoll, wenn die Teilspannungen nicht gefragt sind. Für die Teilspannungen an den Widerständen gilt die Spannungsteilerregel: Die Teilspannungen verhalten sich proportional zu den Widerständen. Damit lassen sich die Teilspannungen in unverzweigten Stromkreisen auf schnelle Weise aus den Widerstandswerten berechnen. Institut für Leistungselektronik und Elektrische Antriebe Abteilung Elektrische Energiewandlung 1-16 Einführung in die Elektrotechnik Teil I Kapitel 1: Elektrischer Gleichstrom (1.46) U1 R 1 G 2 = = U 2 R 2 G1 1.2.5.2. Parallelschaltung und Stromteilerregel Parallelschaltungen werden genutzt, um die Leistung elektrischer Geräte zu steigern. Ein einfaches Beispiel sind mehrflammige Beleuchtungsgeräte. Alle Widerstände in Bild 1.12 liegen an der selben Spannung U. Auch hier kann die äußere Wirkung durch einen Ersatzwiderstand Re beschrieben werden. In Bild 1.12 ist die Parallelschaltung von drei Widerständen R1, R2 und R3 dargestellt. I I1 U R1 I2 R2 I3 R3 Bild 1.12 Parallelschaltung von Widerständen Die Knotenregel liefert: I1 + I 2 + I 3 = I (1.47) Mit dem ohmschen Gesetz ergibt sich: I1 = U U U , I2 = und I 3 = R1 R2 R3 (1.48) Einsetzen des Gleichungssatzes (1.48) in (1.47) ergibt: 1 1 1 1 ⋅ U = I = + + ⋅U Re R1 R 2 R 3 (1.49) Allgemein gilt für eine Parallelschaltung von k Widerständen: 1 1 1 1 1 = + + ... + =∑ R e R1 R 2 Rk k Rk (1.50) Durch Umschreiben in Leitwerte ergibt sich für Gleichung (1.50) eine einfache Additionsformel: Institut für Leistungselektronik und Elektrische Antriebe Abteilung Elektrische Energiewandlung 1-17 Einführung in die Elektrotechnik Teil I Kapitel 1: Elektrischer Gleichstrom G e = G 1 + G 2 + ... + G k = ∑ G k (1.51) k Die Vereinfachung der Schaltung durch einen Ersatzwiderstand bzw. Ersatzleitwert ist dann sinnvoll, wenn nur der Gesamtstrom I von Interesse ist, d.h. wenn die Teilströme nicht bestimmt werden müssen. In den Zweigen dürfen keine Quellen vorhanden sein. Für die Teilströme in den Widerständen gilt die Stromteilerregel: Die Teilströme verhalten sich umgekehrt proportional zu den Widerständen bzw. proportional zu den Leitwerten. (1.52) I1 R 2 G 1 = = I2 R1 G 2 Mit Gleichung (1.52) können die Teilströme aus den Widerstand- bzw. Leitwertverhältnissen schnell bestimmt werden. Bei der Berechnung von Stromkreisen kann es zweckmäßig sein, zur Vereinfachung Serien- und Parallelschaltungen von Widerständen zu Ersatzwiderständen zusammenfassen. Im Beispiel nach Bild 1.13 soll nur der Strom I1 berechnet werden, ohne sämtliche Knoten- und Maschengleichungen aufzustellen. Dazu werden die Widerstände R1 ... R4 in einen Ersatzwiderstand zusammengefasst. I1 Ri R1 Uq Bild 1.13 I1 R2 I1 Ri R3 R4 ⇒ Ri R1 Re ´ Uq ⇒ Re Uq Sukzessive Vereinfachung eines Widerstandsnetzwerks Zunächst wird die Reihenschaltung aus R2, R3 und R4 in Re' zusammengefasst. Re'= R2 + R3 + R4 (1.53) Dann wird Re aus der Parallelschaltung von Re’ und R1 ermittelt: Re = R 1 ⋅ R e ' R 1 ⋅ (R 2 + R 3 + R 4 ) = R1 + R e ' R1 + R 2 + R 3 + R 4 (1.54) Der Strom I1 wird dann nach nochmaliger Anwendung der Reihenschaltung aus Ri und Re: Institut für Leistungselektronik und Elektrische Antriebe Abteilung Elektrische Energiewandlung 1-18 Einführung in die Elektrotechnik Teil I I1 = Uq Ri + Re = 1.2.6 Kapitel 1: Elektrischer Gleichstrom Uq R ⋅ (R 2 + R 3 + R 4 ) Ri + 1 R1 + R 2 + R 3 + R 4 (1.55) Charakterisierung realer Spannungsquellen Technische oder reale Spannungsquellen weisen eine Abhängigkeit der Spannung (Klemmenspannung) vom fließenden Strom auf: Die Spannung sinkt mit steigendem Strom. Dies wird durch einen Innenwiderstand Ri symbolisiert. Ri kann durch Messung der Spannung im Leerlauf Uq und des Stroms Ik im „virtuellen“ Kurzschluss berechnet werden. Bei der messtechnischen Bestimmung des Innenwiderstandes darf die Spannungsquelle i. A. nicht kurzgeschlossen werden, da teilweise erhebliche Kurzschlussströme auftreten können. Ri = Uq Ik = (1.56) ∆U ∆I Die Klemmenspannung U ergibt sich dann zu: (1.57) U = Uq − R i ⋅ I U [V] 1,5 1,0 ∆I 0,5 ∆U 50 100 150 I [A] Bild 1.14 Kennlinie einer realen Spannungsquelle (Akkumulatorzelle NiMeH 6,5 Ah) Institut für Leistungselektronik und Elektrische Antriebe Abteilung Elektrische Energiewandlung 1-19 Einführung in die Elektrotechnik Teil I I Kapitel 1: Elektrischer Gleichstrom I + Ri Ri U Uq G a) Allgemein + Ri U Uq Bild 1.15 I + U Uq b) Generator (Gleichstrommaschine) c) Batterie - Ersatzschaltbilder realer Spannungsquellen 1.2.7 Elektromotor (Gleichstrommotor) Ein Elektromotor ist ein Generator mit umgekehrter Stromflussrichtung. Er „verbraucht“ elektrische Leistung. Daher werden die Zählpfeile umgekehrt wie beim Generator gewählt (Bild 1.16): U = Uq + Ri ⋅ I (1.58) I + Ri U Uq M Bild 1.16 Ersatzschaltbild eines Gleichstrommotors Motor 1.2.8 Methode der Ersatzspannungsquelle Wenn in einem komplizierten Netzwerk nur die Ströme und Spannungen eines einzigen Zweigs berechnet werden sollen, eignet sich dafür die Methode der Ersatzspannungsquelle. Am Beispiel der in Bild 1.17 dargestellten Schaltung wird das Vorgehen verdeutlicht. Dazu wird der interessierende Zweig mit den Klemmen 1 und 2 im ersten Schritt virtuell herausgenommen und die Ersatzleerlaufspannung bestimmt. Diese muss nicht gleich der Quellspannung Uq sein. Institut für Leistungselektronik und Elektrische Antriebe Abteilung Elektrische Energiewandlung 1-20 Einführung in die Elektrotechnik Teil I Kapitel 1: Elektrischer Gleichstrom Mit der Spannungsteilerregel erhält man: R1 R1 + R i Uq '= Uq ⋅ (1.59) I I I Ri Ri 1 1 I2 Uq R1 Ri Uq R R1 Uq ‘ 1 Uq 2 I K‘ R1 2 2 a) Ausgangsschaltung b) 1. Schritt c) 2. Schritt Beispiel zur Bestimmung des Stromes I2 mit Hilfe einer Ersatzspannungsquelle Bild 1.17 Im 2. Schritt (entsprechend Bild 1.17 c) wird der Stromkreis an den Klemmen 1 und 2 virtuell kurzgeschlossen und der im Zweig fließende Kurzschlussstrom IK’ wird bestimmt: Ik ' = Uq (1.60) Ri Das gesamte Restnetzwerk kann nun durch eine Reihenschaltung aus Uq' und Ri' ersetzt werden. Das Ersatzschaltbild ist in Bild 1.18 dargestellt. Der Innenwiderstand Ri' wird wie folgt bestimmt: Ri '= Uq ' Ik ' = (1.61) R i ⋅ R1 R i + R1 R i‘ 1 I2 R Uq ‘ Bild 1.18 2 Vereinfachte Schaltung mit Ersatzspannungsquelle Der Strom im Zweig mit dem Widerstand R ist dann gleich: I2 = Uq ' Ri '+ R Institut für Leistungselektronik und Elektrische Antriebe Abteilung Elektrische Energiewandlung (1.62) 1-21 Einführung in die Elektrotechnik Teil I Kapitel 1: Elektrischer Gleichstrom Insgesamt ergibt sich aus den vorhergehenden Beziehungen für den interessierenden Strom I2: R1 Uq ' Uq ⋅ R1 R i + R1 I2 = = = R i ' + R R i ⋅ R1 R i ⋅ R 1 + (R i + R 1 ) ⋅ R +R R i + R1 Uq ⋅ (1.63) Der Innenwiderstand Ri´ kann auch direkt ermittelt werden. Dafür wird die Spannungsquelle Uq virtuell kurzgeschlossen und anschließend der Widerstand zwischen den Klemmen 1 und 2 berechnet (Bild 1.19): Ri 1 ⇐ Ri´ R1 2 Bild 1.19 Direkte Ermittlung des Innenwiderstandes Ri’ Der Ersatzwiderstand zwischen den Klemmen 1 und 2 entspricht der Parallelschaltung der beiden Widerstände R1 und Ri: Ri '= R i ⋅ R1 R i + R1 (1.64) Leistungsbetrachtung: Die in der Ersatzspannungsquelle umgesetzte Leistung entspricht i.A. nicht der Leistung im ursprünglichen Netzwerk! Die Leistung, die von der Quelle im ursprünglichen Netzwerk (Bild 1.17 a) geliefert werden muss berechnet sich wie folgt zu: Pq = U q ⋅ I = U q2 R ⋅R Ri + 1 R1 + R (1.65) Im vereinfachten Netzwerk mit der Ersatzspannungsquelle (Bild 1.18)ist die Leistung dagegen: Pq' = U 'q ⋅ I 2 = U q ⋅ Uq ⋅ R1 R1 ⋅ ≠ Pq R i + R 1 R i ⋅ R 1 + (R i + R 1 ) ⋅ R Institut für Leistungselektronik und Elektrische Antriebe Abteilung Elektrische Energiewandlung (1.66) 1-22 Einführung in die Elektrotechnik Teil I 1.2.9 Kapitel 1: Elektrischer Gleichstrom Methode der Ersatzstromquelle Die Ausgangsspannung einer realen Spannungsquelle oder einer Ersatzspannungsquelle mit der Spannung Uq und dem Innenwiderstand Ri folgt bei Entnahme des Stromes Iq der Gleichung: U 12 = U 'q − I q ⋅ R i' (1.67) Mit dem Kurzschlussstrom Ik’ erhält man die Gleichung für die Ersatzstromquelle: I q = I 'k − U 12 R i' (1.68) Das zugehörige Ersatzschaltbild für die Ersatzstromquelle ist somit nach Gleichung (1.68) gefunden (Bild 1.20): 1 Iq Ik ‘ Ri‘ U12 R Bild 1.20 Schaltung der Ersatzstromquelle entsprechend Gleichung (1.68) 2 Bezüglich der Klemmen 1 und 2 ist die Ersatzstromquelle nach Bild 1.20 äquivalent zur Ersatzspannungsquelle nach Bild 1.18. Die in der Ersatzstromquelle umgesetzte Leistung entspricht i.A. nicht der im ursprünglichen Netzwerk umgesetzten Leistung. (siehe entsprechend Kapitel1.2.7). 1.2.10 Überlagerungssatz Sind in einem linearen Netzwerk mehrere Spannungs- oder Stromquellen vorhanden, so darf deren Wirkung linear überlagert werden. Es kann folgendes formale Vorgehen angewendet werden: • Sukzessive werden alle Quellen bis auf jeweils eine herausgenommen und die Netzwerkgleichungen für das Teilsystem gelöst. • Nicht aktive Spannungsquellen haben den Innenwiderstand Null. Sie sind im Teilsystem durch Kurzschlüsse zu ersetzen. • Nicht aktive Stromquellen haben einen unendlich großen Innenwiderstand. Die Verbindung ist im Teilsystem zu entfernen. • Das Ergebnis ergibt sich durch Addition aller Teilergebnisse. Institut für Leistungselektronik und Elektrische Antriebe Abteilung Elektrische Energiewandlung 1-23 Einführung in die Elektrotechnik Teil I Kapitel 1: Elektrischer Gleichstrom Als Beispiel sei ein Netzwerk mit 3 Widerständen und 2 Spannungsquellen gegeben. Es sind die Zweigströme zu bestimmen. R1 R2 I11 I21 R3 I31 U1 R1 R2 I1 I2 R3 I3 U1 U2 + = R1 R2 I12 I22 R3 U2 I32 Bild 1.21 Erklärung des Überlagerungssatzes am Beispiel eines Netzwerks mit zwei Spannungsquellen. Originalschaltung (links) und Teilschaltungen (rechts) Durch die Betrachtung von jeweils nur einer Spannung (Ursache) werden die entsprechenden Teilströme aus den Teilersatzschaltbildern berechnet. Die jeweils andere Spannungsquelle ist dabei wirkungslos, d.h. virtuell kurzgeschlossen. Aus den beiden Teilersatzschaltbildern erhält man für die entsprechenden Teilströme: I11 = U 1 ⋅ (R 2 + R 3 ) R1 ⋅ R 2 + R1 ⋅ R 3 + R 2 ⋅ R 3 I12 = − U2 ⋅ R3 R1 ⋅ R 2 + R1 ⋅ R 3 + R 2 ⋅ R 3 (1.69) I 21 = − U1 ⋅ R 3 R1 ⋅ R 2 + R1 ⋅ R 3 + R 2 ⋅ R 3 I 22 = U 2 ⋅ (R 1 + R 3 ) R1 ⋅ R 2 + R1 ⋅ R 3 + R 2 ⋅ R 3 (1.70) I 31 = U1 ⋅ R 2 R1 ⋅ R 2 + R1 ⋅ R 3 + R 2 ⋅ R 3 I 32 = U2 ⋅ R1 R1 ⋅ R 2 + R1 ⋅ R 3 + R 2 ⋅ R 3 (1.71) Der gesuchte Strom I1 ergibt sich aus der Überlagerung der Teilströme I11 und I12 zu: I1 = I11 + I12 (1.72) Die anderen Zweigströme berechnet man auf die selbe Weise aus deren Teilströmen: I 2 = I 21 + I 22 (1.73) I 3 = I 31 + I 32 Institut für Leistungselektronik und Elektrische Antriebe Abteilung Elektrische Energiewandlung 1-24 Einführung in die Elektrotechnik Teil I Kapitel 1: Elektrischer Gleichstrom Die Gesamtlösung für beide Spannungsquellen entspricht der Summe (lineare Überlagerung) der beiden Teillösungen. Institut für Leistungselektronik und Elektrische Antriebe Abteilung Elektrische Energiewandlung 1-25