BLICKPUNKT NATURSCHUTZ Bilder von der Vielfalt im Venn und spannende Tragödien in der Tierwelt EMSDETTENER VOLKSZEITUNG Samstag, 18. August 2012 Ludwig Klasing ist das ganze Jahr im Venn unterwegs. Der rüstige Senior hat immer seine Fotokamera im Gepäck, auch wenn er als Naturschützer von BUND und NABU zu Arbeitseinsätzen ausrückt, um das Moorgebiet entlang des Lehrpfads zu erhalten. Birken und Faulbäume müssen rechtzeitig beseitigt werden. Im Frühjahr und im Sommer darf im Naturschutzgebiet nicht gearbeitet werden. In dieser Zeit fotografiert Klasing alles, was hier krabbelt, schwirrt, fliegt oder sich versteckt. Die Welt der Insekten und Moorpflanzen hat es dem Emsdettener besonders angetan, der auch regelmäßig für Führungen durch das Schutzgebiet zur Verfügung steht oder Diavorträge anbietet. Paarung des Heidekrautspanners Von wegen BvB Raupe! So schön ist nur der Königskerzen-Mönch der im Venn zu Hause ist. Du musst hingucken können Ludwig Klasing spricht über das Venn, die Flora, Fauna und Liebesspiele am seidenen Faden Das Tagpfauenauge (unten) ist ein eher bekannter Edelfalter, der momentan in Emsdetten zu bewundern ist. Er war Schmetterling des Jahres 2009. Ludwig Klasing musste allerdings sehr viele Brennesselen absuchen, als er die Raupen des Falters fotografieren wollte. Am Ende hatte er tatsächlich an einer Pflanze die Raupe des Tagpfauenauges gefunden. Nicht eine Raupe, sondern gleich ein ganzes Bündel. (oben) EMSDETTEN. Das Emsdettener Venn bietet als Moorgebiet einen seltenen Lebensraum. Der Platz bietet für eine ganz besondere Flora und Fauna. Die hat es dem Naturschützer und Hobbyfotografen Ludwig Klasing besonders angetan. Regelmäßig stellt er seine spektakulärsten Aufnahmen der EV zur Verfügung. Damit will Klasing die Bürger für den Naturschutz sensibilisieren und aufzeigen, dass sich der Aufwand für ein solches Refugium lohnt. Über das Venn, die Tiere und Pflanzen sprach EV-Redakteur Ralf Schacke mit dem Naturschützer und Naturfotografen Ludwig Klasing. Sie sind fast täglich im Venn, gibt es da noch so viel zu entdecken? Du musst schon in aller Ruhe durch das Gebiet streifen, genau hinschauen, dann fallen einen die echten Raritäten ins Auge. Die Insekten, die haben es mir besonders angetan. Betrachtet man sie in der Vergrößerung, faszinieren Farben und Formen. Und dann möchte ich schließlich auch nicht irgendein Foto schießen, das Besondere reizt mich, das Liebesspiel der Wespenspinnen zum Beispiel, das ist sicherlich selten auf Fotos zu bestaunen. Dann rücken Sie den Libellen mit der Spielgelreflexkamera zu Leibe? So etwas besitze ich auch, doch die ist manchmal schon viel zu laut. Wenn der Auslöser klickt, stürmen alle Kleintiere auseinander. Meine Fotokamera macht keinen Lärm. Manchmal genügt es schon, nur einen Grashalm zu berühren, schon ist das Motiv kaputt, weil sich die Tiere verziehen. Ist jetzt eine gute Zeit für Beobachtungen? Nicht so wirklich, weil das Venn gerade voll ist mit Spaziergängern. Die Heide blüht in diesem Jahr so schön wie selten zuvor. Das ist auch gut so und Lohn der Arbeit von Naturschützern. Das lockt aber natürlich auch viele Besucher an. Die sehen neben der blühenden Besenheide vor allem welche Tiere? Das liegt am Auge des Betrachters. Manche rennen mit Stöcken durch das Naturschutzgebiet und sehen nichts. Du musst hingucken können. Gerade habe ich noch einen Vater aus Rheine mit seinen Kindern getroffen und ihnen gezeigt, wo die Raupen sitzen, wie der Heidekrautspanner aussieht. Die haben gestaunt, waren sofort begeistert. Ich habe mir natürlich einige Stellen markiert, wo ich besondere VennBewohner besonders gut fotografieren kann. Und auch der Sonnentau ist als Fleisch fressende Pflanzen oberflächlich nicht so schnell zu erkennen. Wer die Flächen kennt, der sieht, wie schön rot diese Pflanze blüht. Es sind nicht immer seltene Pflanzen und Tiere, die Sie begeistern? Nein, das ist kein Kriterium. Das Tagpfauenauge (Inarchis io), ein eher bekannte Edelfalter, war Schmetterling des Jahres 2009. Und der ist wirklich ein hübsches Motiv. Ich habe sehr viele Brennnesseln abgesucht und habe tatsächlich an einer Pflanze die Raupen des Tagpfauenauges gefunden. Nicht eine Raupe, sondern ein ganzes Bündel. Die Flügelspannweite des Tagpfauenauges beträgt ca. 50 bis 55 Millimeter und das Weibchen legt immerhin bis zu 200 Eier in der Hauptsache auf Brennnesseln ab. Er fliegt in zwei Generationen. Die Raupen werden bis zu 42 Millimeter groß. Ich hatte sie gerade fotografiert. Hoffentlich haben sich diese Raupen - die Verpuppung erfolgt an trockenen Stängeln schon zum Schmetterling entwickelt, wenn zum zweiten Mal gemäht wird. Sie haben viele wirklich tolle Aufnahmen auch von anderen Raupen, geschossen. Gibt es so viele Arten? Allein bei den Mönchsraupen gibt es sehr vielfältige Erscheinungsformen. Es gibt verschiedene, aber ähnliche Mönchsraupen. Ich habe die Raupe vom BraunwurzMönch (Shargacucullia scrophulariae) fotografiert, die etwa 50 Millimeter groß wird und auf einem anderen Bild die Raupe vom KönigskerzenMönch (Shargacucullia verbasci), die nur etwas kleiner ist. Und daraus entwickeln sich prächtige Falter? Ja, da der Braunwurz-Mönch und der Königskerzen-Mönch Nachtfalter sind, konnte ich leider noch keine Fotos von den beiden Faltern machen die nächste Herausforderung! Tagfalter haben Sie einige in ihrem Fotoarchiv? Die kann man im Venn vielfach entdecken. Darunter ist der Heidekraut-Spanner (Ematurga atomaria), der eine Flügelspannweite von etwa 20 bis 30 Millimetern erreicht. Man kann ihn etwa von Mitte April bis September in der Heide antreffen. Ich habe sein Liebesspiel fotografisch festhalten dürfen. Das Männchen unterscheidet sich optisch vom Weibchen, dank der zwei buschigen Fühler. Es gibt noch schönere Exemplare, die Sie farblich überrascht haben? Oh ja, tatsächlich. Der Purpurstreifige MoorheidenKleinspanner (Idaea muricata) gehört dazu, weil sein Körper von rot und gelb bedeckt ist. Viele kennen den Falter nicht, weil er relativ klein ist. Seine Flügelspannweite beträgt nur etwa 14 bis 19 Millimeter und er fliegt in einer Generation von Juni bis August. Weil er in der Hauptsache dämmerungsaktiv ist, muss man ihn erst einmal vor das Objektiv bekommen. Er ist landesweit nicht oft zu finden, gilt also als relativ selten. Der Falter liebt feuchte Wälder, Feuchtwiesen und, wie der Name sagt, auch Moore, wie das Emsdettener Venn. Und das bietet auch vielen Spinnen Raum. Sind die manchmal auch gefährlich? Nein, allenfalls muss ein Spinnenmännchen Angst vor einem Spinnenweibchen haben, weil es das ganz oft nach dem Liebesakt auffrisst. Menschen müssen wirklich keine Angst vor Spinnen haben. Haben Sie eine Paarung von Spinnen im Venn fotografieren können? Ja, die der Wespenspinne (Argiope bruennich). Sie wurde 2001 zur Spinne des Jahres gewählt und ist eine der schönsten Radnetzspinnen. Das Männchen ist recht klein und unscheinbar. Es erreicht nur eine Größe von 5 bis mm, das Weibchen ist ungefähr fünf Mal so groß. Die Zeichnung des Weibchens ist ähnlich wie bei einer Wespe - daher die Bezeichnung. Dem Weibchen in der Mitte nähern sich gleich zwei Männchen. Sie Umgarnen das Weibchen, das fünf Mal ao groß ist wie sie selbst – und nicht ungefährlich! Ein Männchen unternimmt vorsichtige Annäherungsversuche und wartet ab. Das Weibchen duldet das Männchen und es kommt schließlich zur Paarung. Die Wespenspinne nach der Häutung. Das Spinnenmännchen hat es erwischt. Nach dem Todesbiss hängt das Männchen leblos im Netz. Das Liebesspiel der Wespenspinne am seidenen Faden kann beginnen.