Karibisches Pastell: Cribroheros alfari – Teil 1 Uwe Werner Männchen und Weibchen sind unterschiedlich groß. Hier hat sich ein Paar gefunden und einen Laichplatz gewählt. Im Frühjahr 1981 fing ich auf der atlantischen Seite Costa Ricas, auf meiner ersten Tropenreise – gleich am ersten Fluss, dem Río Pacuare – als ersten Buntbarsch ein Männchen von Cribroheros alfari (MEEK, 1907), dessen hübsche Pastellfarben nur so in der Sonne funkelten. Noch nie zuvor hatte ich diese Art lebend gesehen, und ich ahnte leise, dass dies erst der Beginn eines Abenteuers war, dem ich über Jahre verfallen würde… In Costa Rica fischten Berthold Weber, Hans-Günther Breidohr und ich damals auf der atlantischen und pazifischen Seite, im Norden wie im Süden, im Tiefland wie in den Bergen, und überall stießen wir auf „Cichlasoma“ alfari, wie Cribroheros alfari damals noch hieß. 230 Cribroheros alfari (MEEK, 1907) Dieser Buntbarsch wurde schon im Jahre 1907 von MEEK (als Cichlasoma) anhand von vier Exemplaren beschrieben, die im atlantischen Costa Rica bei Turrialba gefangen worden waren, also im Einzugsgebiet des Río Reventazón, der etwas nördlich von Pto. Limón in den Pacuare und dann in den Atlantik entwässert. Der Holotypus maß übrigens nur 73 Millimeter Standardlänge. Das größte hinterlegte, an der Typuslokalität gefangene Exemplar maß nach HILDEBRAND (1930) 170 Millimeter SL. Der von MEEK (1907) gewählte Artname (alfari) ist ein Widmungsname: Er ehrt Dr. Anastasio Alfaro, den Direktor des Nationalmuseums von Costa Rica. Verschiedene Autoren haben die in der Erstbeschreibung verwendete Schreibweise „verbessert“. Sowohl GILBERT & KELSo (1971) als auch VILLA & MILLER (1975) waren der Ansicht, dass es alfaroi heißen müsse. Eine derartige Veränderung des Artnamens ist aber nach den internationalen Regeln für die zoologische Nomenklatur nicht gestattet. Im Jahre 1908 beschrieb REGAN dieselbe Art noch einmal als Cichlosoma lethrinus – Meeks Beschreibung von C. alfari war ihm offensichtlich nicht bekannt. Mit seinem Artnamen spielte er auf die Bezeichnung einer Meeresfischgattung an, deren Vertreter eine ähnliche Körperform besitzen. Regan lagen sechs Exemplare vor, die zwischen 80 und 145 Millimeter Gesamtlänge maßen und aus dem Río Iroquois DCG-Informationen 47 (10): 230-233 Im Rio Pacuare in Costa Rica fing ich meine ersten Cribroheros alfari. stammten, der auf keiner Karte zu finden ist. Laut BUSSING (1966) handelt es sich um einen Zufluss zum Parismina, der wiederum in den Reventazón fließt, bevor beide vereint in den Atlantik münden. obwohl die Typen für beide Beschreibungen aus demselben Flusssystem stammten, wurde C. lethrinus zunächst nicht als Synonym von C. alfari erkannt. Sowohl REGAN (1906-1908) als auch MEEK (1914) bemühten sich, Unterschiede aufzulisten, die späteren Untersuchungen von BUSSING (1966) aber nicht standhielten. BEHRE (1928) meldete C. lethrinus von der atlantischen Seite Mittelamerikas in Costa Rica und Panama, und HILDEBRAND (1938) schloss sich ihm an, und noch 1966 identifizierte GoSSE einige kleine, von König Leopold von Belgien auf der pazifischen Seite Costa Ricas im Río Coto bei Golfito gesammelte Cichliden Unsere mitgebrachten Exemplare zeigten sich schnell selbstbewusst, was die kontrastreiche Zeichnung dieses jungen Männchens verrät. als C. lethrinus. Wahrscheinlich handelte es sich bei diesen aber nicht um C. alfari, weil die Art auf der pazifischen Seite nicht so weit nach Süden verbreitet ist. Ich gehe davon aus, dass es sich um Jungfische der damals noch unbeschriebenen C. diquis handelte. Als zweites Synonym von C. alfari sieht man heute Cichlasoma bouchellei FoWLER, 1923. Diese in Nicaragua im Tunky Bin River oberhalb von Eden, im Marceligo Creek bei Miranda und bei den Großen Fällen des Pis Pis River in Nicaragua von Dr. T. Bouchelle (Artname!) und W. Huber gesammelten Exemplare wurden von VILLA & MILLER untersucht, die 1975 die Synonymität feststellten. Lokalformen von Nord nach Süd C. alfari kommt auf beiden Seiten der mittelamerikanischen Landbrücke vor. Cribroheros alfari aus dem Rio Wampú in Honduras, hier ein Weibchen. DCG-Informationen 47 (10): 230-233 Auf der atlantischen Seite ist die Art von Zuflüssen zum Rio Patuca in Honduras (MARTIN, 1972) über Nicaragua und Costa Rica bekannt. Bei aus dem Río Guarumo in Panama gemeldeten Exemplaren handelt es sich aber wohl um C. bussingi. Wie die im atlantischen Nicaragua lebenden C. alfari aussehen, ist leider nicht bekannt. Meine Freunde und ich haben zwar 1997 dort nach diesen Fischen gesucht, sie aber nicht finden können. Die schönste, in unseren Aquarien inzwischen meines Wissens leider nicht mehr vorhandene Population fing ich gemeinsam mit Hans-Günther Breidohr schon 1986 auf dem Weg nach Nombre Dulce di Culmi im Río Wampú (Guampú) in Honduras, der wie die benachbarten Flüsse Guayape und Guayambre in den Río Patuca fließt, der schließlich in den Atlantik mündet. Auch im Aquarium präsentierten sich Exemplare dieser Population als „Glitzerfische“, hier ebenfalls ein Weibchen. 231 Während das Weibchen (vorne) die Eier anheftet, besamt sie das Männchen schon. Das Männchen kann auch alleine über das Gelege rutschen, um es zu besamen. Das Weibchen putzt „per Kopfstand“ den Laichstein. Der Fischfang im tiefen, schnell fließenden Wampú mit trübem Wasser (dGH und KH 4, pH 8, 28 °C bei 37 °C Lufttemperatur, gemessen im Schatten) war mühsam, aber die Schinderei lohnte sich. Kopf und Körper dieser mäßig gestreckten C.-alfari-Form sind nämlich über und über mit blau schillernden Tüpfeln bedeckt, die scharf abgegrenzt sind und auf den Körperseiten regelmäßige Reihen bilden und sich, dicht an dicht liegend, in der Rückenflosse teilweise zu glitzernden Streifen verbinden, was teilweise auch in der oberen Hälfte der Schwanzflosse der Fall ist. Der schwarze Fleck in der Rückenflosse der Weibchen kann unterbrochen sein, sich aber auch über den gesamten hartstrahligen Teil erstrecken. Auf der pazifischen Seite Mittelamerikas scheint die Art nur in Costa Rica vorzukommen, wo sie im Einzugsgebiet des Río Bebedero und des Tempisque lebt, aber nicht besonders häufig 232 ist. Diese Population soll hochrückig und schlicht oliv gefärbt sein, wobei die Körperseiten wohl leicht bläulich schimmern. Die karibische Morphe, die um Puerto Limón in Costa Rica lebt, ist hochrückig und intensiv gefärbt. Die obere Kopfhälfte und die Schulter schillern bei prachtgefärbten Tieren gelblich, die himmelblau bis blau-grün schillernden Glanzflecke sind groß, und balzaktive Tiere zeigen eine rötliche Kehle, Brust und Bauchpartie. Der schwarze Rückenflossenfleck der Weibchen ist sehr variabel, meist aber klein und verwaschen. Meinen Freunden und mir ist C. alfari – wie schon gesagt – in Honduras im Río Wampú und in Costa Rica im Río Pacuare begegnet, aber auch in anderen, weiter südlichen Zuflüssen zur Karibik (Rio Barbilla, Rio Peje, Rio Bañano), außerdem im nördlichen Costa Rica (so etwa nordöstlich von Li- beria im klaren und felsigen Río Colorado, der ein Tempisque-Zufluß ist). Laut BUSSING (1987) ist C. alfari ein äußerst anpassungsfähiger Buntbarsch, der unterschiedlichste Lebensräume besiedelt und in großen Flüssen ebenso wie in kleinen Bächen bis in Höhenlagen von 1150 Meter vorkommt. Die Art ist in ruhigem und stark fließendem Weiß- oder Klarwasser gleichermaßen anzutreffen und konnte bei Temperaturen von 20 bis 34 °C nachgewiesen werden! Sie lebt bevorzugt über weichem oder wenigstens sandigem Grund, kommt aber auch in Geröllzonen vor. Anspruchslos und leicht zu vermehren Cribroheros alfari ist ein eleganter Schwimmer und bewegungsfreudiger Fisch, der nur zur Laichzeit ein Revier besetzt und verteidigt, ansonsten aber das gesamte Aquarium durchstreift, DCG-Informationen 47 (10): 230-233 Die recht großen, aber transparenten Eier lassen ihre Entwicklung deutlich erkennen. wobei eine bodengebundene Lebensweise deutlich wird. In der Natur ernährt sich die Art nach Magenuntersuchungen wohl in erster Linie von Wasserinsekten, die die Fische im Bodengrund aufstöbern, sowie von pflanzlichem Detritus und Samen. Im Aquarium nehmen die Fische aber bereitwillig jedes Futter, egal, ob es industriell gefertigt ist (Flocken, Sticks, Pellets…), lebend gereicht wird oder aus der Tiefkühltruhe stammt (Mysis, Artemien, Garnelen, Muschelfleisch, Mückenlarven…). Pflanzen fressen sie nicht, buddeln sie aber oft aus oder zerfetzen sie, wenn sie am Laichplatz stören. Junge Tiere sind ausgesprochen zurückhaltend und manchmal etwas scheu, aber auf keinen Fall ruppig. Erwachsene Tiere können sich dagegen durchaus gegen andere gleich große Buntbarsche durchsetzen, weshalb man sie auf Dauer nur in großen Aquarien ab 150 Zentimeter Kantenlänge pflegen sollte. Alles in allem handelt es sich um einen einfach zu pflegenden, robusten und schnellwüchsigen Buntbarsch. Geschlechtsreif werden die Tiere mit etwa neun (Weibchen) bzw. knapp dreizehn Zentimetern (Männchen). Der Rückenflossenfleck der Weibchen ist aber schon ab einer Gesamtlänge von etwa fünf Zentimetern zu erkennen. Laichwillige Weibchen zeigen meist kräftige Querbänder, während balzende Männchen alle dunklen Zeichnungselemente verlieren. Die Balz kann ausgesprochen Noch schwimmen die Larven nicht, aber der Dottervorrat ist schon weitgehend aufgezehrt. heftig sein und sich über mehrere Tage hinziehen, wobei die übrigen Aquarienmitbewohner bereits deutlich zurückgedrängt werden. Gelaicht wird ohne jede Hast an zuvor von beiden Partnern intensivst mit den Mäulern „geputzten“ horizontalen, schrägen oder gar vertikalen Flächen. Die Laichkörner sind für offenbrüter vergleichsweise groß; ihre Entwicklung bis zum Schlupf der Larven dauert vier Tage. Während dieser Zeit sind die Weibchen derart eifrig bemüht, das Gelege zu befächeln und sauber zu halten, dass sie sich häufig nicht einmal Zeit zum Fressen gönnen. Die nächsten sechs Tage werden die Larven in Gruben bewacht und mehrmals umgebettet, bis sie schließlich unter der obhut beider Elterntiere aufschwimmen. Sowohl die Weibchen wie auch die Männchen sind dann kontrastreich gefärbt. Die dunklen Körperbinden intensivieren sich und erscheinen vertikal, jeweils vorn und hinten, von hellen Zonen flankiert, so dass sie umso auffälliger wirken. Während der Schlafphasen werden aber auch die hellen Zonen dunkler, sodass der gesamte Körper wie mit einem grauen Schleier überzogen erscheint. So liegen die Tiere dann nachts am Boden, die Weibchen meist mit Körperkontakt zu den dunkel gefärbten Larven oder Jungfischen, die dann in einer Mulde untergebracht und durch ihre Mutter zusätzlich geschützt sind. DCG-Informationen 47 (10): 230-233 Wenn die Jungfische frei schwimmen, verteidigen beide Elterntiere ihre Brut ausgesprochen nachdrücklich, so dass man unter Umständen um die Gesundheit der übrigen Aquarienmitbewohner bangen muss. Die Jungfische selbst stürzen sich heißhungrig auf die üblicherweise gereichten Salinenkrebse und schwimmen dann mit orangefarbenen Bäuchen umher. Trotz reichlicher Fütterung kann man zudem beobachten, dass die Alttiere ihre Babys nicht nur führen und verteidigen, sondern auch indirekt füttern, indem sie mit schlängelnden Körperbewegungen, die Schnauze leicht nach unten gerichtet, über den Boden rutschen. Auf diese Weise wirbeln sie den Bodengrund auf, während sich die Jungen auf die feinen Partikel stürzen – wohl um zu sehen, ob man sie fressen kann. Dasselbe Verhalten kann man übrigens auch bei anderen Mittelamerikanern, insbesondere der Gattungen Cryptoheros und Amatitlania beobachten. Ein Kontaktverhalten der Jungfische, wie es bei anderen mittel- und südamerikanischen Buntbarschen zu beobachten ist, kommt aber nicht vor. offenbar fressen kleine C. alfari keine Hautpartikel ihrer Eltern. Wird fortgesetzt 233