PORTRÄT campos-Serie Gehölzporträt Quittenfrüchte verströmen einen unwiderstehlichen Duft. Die einzeln stehenden Blüten sind eine begehrte Bienenweide. 9/2010 Quitte – Cydonia oblonga Eine fast vergessene Obstart Diese Serie beleuchtet Bäume und Sträucher mit einem hohen Wert für Natur, Garten und Menschen. Sie soll Ihnen eine Hilfe sein, wenn Sie Kunden beraten. Unsere Autorin, gelernte Obstgärtnerin, möchte Ihnen diesmal ein besonderes spät reifendes Früchtchen schmackhaft machen. Herkunft und Name: Baumwollapfel, Schmeckbirne, Quittich oder – so nannte man die Quitte zur Zeit Karl des Großen im 9. Jahrhundert – Goldapfel, dies sind alles Bezeichnungen für die Quitte. Der Sage nach stammt der botanische Gattungsname Cydonia aus dem antiken Kydonia (heute nahe Canea oder Chania) auf Kreta („Apfel aus Cydonia“). Cydonia oblonga ist die einzige Art der Gattung, sie ist monotypisch. Der Artname weist auf die längliche Form der Früchte hin. Die Pflanze gehört zur Familie der Rosengewächse (Rosaceae). Ihre nächsten Verwandten sind die Gattungen Docynia und Schein- oder Zierquitten (Chaenomeles). Zur Unterfamilie der Apfelartigen (Maloidae oder Pomoideae) zählen auch Gattungen wie Mespilus, Amelanchier, Sorbus oder Aronia. Die Quitte ist Namensgeberin für unsere Marmelade – der portugiesische Name für Quitte ist „marmelo“. Die ursprüngliche Heimat der Quitte ist Asien. Von dort aus gelangte sie über Iran und Turkestan bis in den Mittelmeerraum. Heute gedeiht sie weltweit. Merkmale: Die Wildform reckt sich 7 bis 8 m in die Höhe mit einer breit ausladenden Krone und einem kurzen Stamm. Die Kulturformen dagegen erreichen Maße von 3 bis 5 m Höhe und 1 bis 2 m Breite. Die Lebenserwartung des Flachwurzlers beträgt etwa 50 Jahre. Es ist aber schon von 120 Jahre alten Bäumen berichtet worden. Die wechselständigen Laubblätter werden bis 15 cm lang und 10 cm breit. Sie haben unterschiedliche Formen, sogar am selben Baum – eiförmig, länglich bis elliptisch, aber immer ganzrandig. Am Stielgrund sitzen bis maximal kurz nach der Blüte zwei gegenständige Nebenblätter. Diese sind 6 bis 12 mm lang, 3 bis 6 mm breit und am Rand klar gesägt. Ein gutes Bestimmungsmerkmal neben der Filzigkeit sind die hell- bis mittelrot gefärbten Blattstiele, die bis zu 25 mm Länge erreichen können. Die Entwicklung der Blütenanlagen setzt im Gegensatz zu anderen Obstgehölzen erst Ende September bis Ende Oktober an einjährigen Kurztrieben ein. Die Blüten (Mai) öffnen sich von außen nach innen. Im Gegensatz zu Apfel oder Birne sitzen die bis 8 cm großen, angenehm duftenden Blüten fast stiellos und einzeln. Sie sind selbstfruchtbar, begehrte Bienennahrung und Pollenträger für Hummeln. Die Früchte sind ebenso wie Apfel und Birne Sammelbalgfrüchte. Der unwiderstehliche Duft wird intensiver, wenn die Temperaturunterschiede kurz vor der Ernte Anfang Oktober besonders groß sind. Die Fruchtfarbe schlägt abhängig von der Reife von grün nach dem sprichwörtlichen „quittengelb“ um. Die Früchte besitzen keinen Fruchtstiel und sitzen direkt am Fruchtholz. Das Fruchtfleisch ist gelblichweiß und weist je nach Sorte, Klima oder Standort Steinzellen auf. Standort und Verwendung: Die Quitte ist sehr genügsam und gibt sich mit einem sonnigen, luftigen, aber nicht zugigen Plätzchen zufrieden, wo ihre Früchte gut ausreifen können. Sie kann in sehr kalten Wintern zurückfrieren, soll aber im Frühling wieder austreiben. Am besten gedeiht sie in mäßig feuchten, durchlässigen und nährstoffreichen Böden. Das ansonsten robuste Obstgehölz reagiert hochempfindlich auf Feuerbrand, andere Krankheiten hält sie sich meist vom Leibe. Wert und Nutzen: Der Zier- und Nutzwert der Quitte kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Essbar sind die Früchte der Quitten nur gekocht. Ausnahme ist der Anbau in südlichen Gefilden, wo die Früchte Zeit zum Ausreifen haben. Der köstliche Duft und Geschmack dieses Obstes wird Sie über den Arbeitsaufwand in der Küche hinwegtrösten. Die Quitte wird zudem gern als Heilmittel bei Bronchialkatarrh, Gicht, Magen- und Darmentzündung und unreiner Haut verwendet. Im Obstbau dienen sie als Veredlungsunterlage für Quitten und Birnen, in China für Loquats und Papayas. Das weiße und harte Holz nutzen Tischler und Drechsler. Gute Sorten Nach der Form ihrer Früchte unterscheidet man Apfelquitten ( Cydonia oblonga maliformis ) und Birnenquitten (C. o. piriformis ). Insgesamt existieren etwa 200 Kultursorten, 6 davon bieten deutsche Baumschulen an. Allerdings ist deren Bestimmung nicht immer einfach. Früchte einzelner Sorten entwickelten innerhalb dreier Jahre verschiedene Formen von eiförmig-konisch über stumpf-kegelförmig bis rund. Einige Sorten: ‘Portugiesische Birnenquitte’: üppiger Ertrag, große und saftige Früchte, für geschützte Lagen ‘Championquitte’: sehr gute Verarbeitungseigenschaften, würzige Früchte, geringe Bodenansprüche ‘Quitte von Lesovac’: wenig frostempfindlich, sehr gute Verarbeitungseigenschaften, bleibt beim Kochen hell, nicht selbstfruchtbar ‘Radonia’: attraktiver Strauchwuchs, gut für Saft und weitere Verarbeitung ‘Ispolinskaja’: große Früchte, späte Reife, gute Verarbeitungs- und Lagereigenschaften. Die Autorin Iris Lugert ist Obstgärtnerin und GaLaBauTechnikerin. Sie bildete sich weiter zur Kulturlandschaftsführerin und war zuletzt als Fachberaterin für NaturErlebnisRäume des Naturgarten e. V. tätig. Sie lebt mit ihrem Sohn in Thüringen. Bilder: tw, Fotolia.com | Jan Will 18