GAWiS- Leitprojekt 2016 Sanierung der Kirchenburg in Seleuşul Mic/Kleinalisch (Rumänien) Seleuşul Mic, deutsch: Kleinalisch, ist ein Dorf mit etwa 200 Einwohnern und nur noch einer Handvoll Siebenbürger Sachsen, gelegen auf der linken Seite der Târnava Mică (deutsch: Kleiner Kokel). Die evangelische Kirchgemeinde zählt nur noch elf Glieder, sie ist trotzdem sehr lebendig. Alle zwei Wochen findet ein Gottesdienst in Zagăr (deutsch: Rode) oder in Seleuşul Mic für beide Dörfer statt, dazu kommen auch Gemeindeglieder aus weiter entfernten Dörfern, sodass bis zu 20 Teilnehmer den Gottesdienst besuchen. Die kleine Kirchenburg steht in der Ortsmitte. Sie verfügt über einen Glockenturm, der zusammen mit der Wehrmauer saniert werden soll. Außerdem steht das Verputzen und Streichen der Kirche an. Deren Dach und Dachstuhl wurden bereits 2014 erneuert. Nach Rückerstattung der Kirche wurden weitere Immobilien vom Staat an die Gemeinde zurückgegeben, deren Verkauf die notwendigen Arbeiten mitfinanzieren soll. Trotzdem reichen diese Gelder noch nicht vollständig aus. Rumänien ist ein Vielvölkerstaat, in dem Rumänen, Ungarn, Sinti und Roma, Ukrainer, Türken, Serben, Tataren, Slowaken, Russen und Deutsche leben. Ca. 87 % der Bevölkerung gehören dem rumänisch-orthodoxen Glauben an, Römisch-Katholische Christen mit etwa 5%, Protestanten mit ca. 6,6%, Muslime und Juden mit ca. 160.000 bzw. 12.000 Zugehörigen bilden die Minderheit. Der Staat Rumänien entstand 1862 mit dem Zusammenschluss der Donaufürstentümer Walachei und Moldau. 1878 wurde die Unabhängigkeit Rumäniens auf dem Berliner Kongress anerkannt, 1918 wurden mit dem Vertrag von Trianon Rumänien im Norden Transsilvanien (Siebenbürgen), im Westen das Banat und im Osten Bessarabien angegliedert. Die nach dem 2. Weltkrieg installierte kommunistische Regierung endete mit der blutigen Revolution von 1989. Das Land hat große Anstrengungen unternommen, seine Strukturen gemäß den Anforderungen der Europäischen Union zu reformieren. Seit 2007 ist Rumänien in der EU. Die meisten Rumänen wollen im europäischen Verbund leben und als gleichberechtigte Partner wahrgenommen werden. Dennoch stagniert die Situation im Lande, denn Korruption und Bürokratie bestimmen oft das öffentliche und wirtschaftliche Leben. Die wirtschaftlichen und finanzpolitischen Probleme in Italien und Spanien führen dazu, dass dorthin Ausgewanderte zurückkehren. Dadurch steigen die Arbeitslosenzahlen in Rumänien. Die wachsende Inflation bedrängt die Wirtschaft und führt zu weiterer Verarmung. Die Evangelische Kirche A. B. in Rumänien als die kleinste der drei protestantischen Kirchen mit unter 13.000 Gemeindegliedern ist bereits in der Reformationszeit entstanden. Ihre lange Geschichte reicht bis in das 12. Jahrhundert mit der Ansiedlung Siebenbürger Sachsen im Karpatenbogen zurück. Die Siedler errichteten – als Gegenzug zu ihnen verliehenen Sonderrechten - zur Verteidigung der Grenzen im Osten zahlreiche Wehrkirchen und Kirchenburgen, die heute noch die Landschaft prägen und deren Erhalt eine besondere Aufgabe bleibt. 1550 nehmen nahezu 100% der Siebenbürger Sachsen den lutherischen Glauben an. Nach 1989 verringerte sich die Zahl der Gemeindeglieder durch Auswanderung dramatisch von ca. 100.000 auf 14.000 im Jahr 2007. Arbeitsschwerpunkte der Kirche sind heute u. a. Kinder-, Jugend- und Frauenarbeit, der Erhalt der Kulturgüter - insbesondere der Kirchenburgen sowie die Integration von Sinti und Roma in die vorhandenen Strukturen. Eine besondere Herausforderung bildet die starke Nachfrage seitens der rumänischsprachigen Bevölkerung, ihre Kinder an deutschsprachigen Schulen unterrichten zu lassen. Auch das Interesse am evangelischen Religionsunterricht in den staatlichen Schulen wächst. GAWiS 2016