Kapitel 4 Kommunales Wahlrecht

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Kapitel 4 Kommunales Wahlrecht
303 Das kommunale Wahlrecht wird in der Hessischen Gemeindeordnung nur in seinen Grundzügen in den §§ 29 ff. HGO geregelt. Für das Wahlverfahren ist das Hessische Kommunalwahlgesetz (KWG) heranzuziehen, das für die Vorbereitung und Durchführung der Kommunalwahlen
durch die Hessische Kommunalwahlordnung (KWO) und die Verordnung über die Verwendung
von Wahlgeräten (KWahlGVO) ergänzt wird.
A. Wahlgrundsätze
304 Nach dem Vorbild von Grundgesetz (Art. 28 Abs. 1 GG) und Landesverfassung (Art. 71 ff. HV)
legen die Wahlgrundsätze in § 29 HGO das Prinzip der repräsentativen Demokratie fest. Die
Bürger der Gemeinde nehmen in erster Linie durch die Wahl der Gemeindevertreter und des
Bürgermeisters an der Verwaltung teil. Daneben wählen sie, soweit Ortsbeiräte eingerichtet
sind deren Mitglieder. Gewählt wird in allgemeiner, freier, gleicher, geheimer und unmittelbarer
Wahl (§ 29 Abs. 2 HGO i. V. m. § 1 Abs. 1 KWG; 39 Abs. 1 HGO).
I. Grundsatz der allgemeinen Wahl
305 Der Grundsatz der allgemeinen Wahl bedeutet, dass alle in der Gemeinde wohnenden
Bürger nach Erreichen des Wahlalters wahlberechtigt sind. Die Ausübung der Wahlberechtigung darf insbesondere nicht von politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Voraussetzungen
abhängig gemacht werden, die nicht von jedermann erfüllt werden können (BVerfGE 3, 19 [31];
36, 139 [141]). Beschränkungen, die der natürlichen Reife aller Menschen, dem krankhaften
Abweichen von der normalen Denkfähigkeit und Straffolgen Rechnung tragen, stehen dem
Grundsatz der allgemeinen Wahl nicht entgegen (BVerfGE 28, 220 [225]; 67, 369 [380]).
II.
Grundsatz der Freiheit der Wahl
306 Der Grundsatz der Freiheit der Wahl besagt, dass der Akt der Stimmabgabe frei von
äußerem Zwang und unzulässigem Druck sowie sonstiger unzulässiger Beeinflussung von
außen bleibt (BVerfGE 7, 63 [69]; 44, 125 [139]; 47, 253 [282]). Infolgedessen sind die
Gemeinden unter diesen Voraussetzungen bei ihrer an sich zulässigen und notwendigen
Öffentlichkeitsarbeit (§ 66 Abs. 2 HGO), insbesondere zu Wahlzeiten zur Neutralität verpflichtet
(HessVGH NVwZ 1992, 284; BVerfGE 44, 125 [138 ff.]; BVerwG NVwZ 1997, 1220 ff.). Die
Neutralitätspflicht in der Wahlzeit erfasst neben der Öffentlichkeitsarbeit auch sonstige Einflussmöglichkeiten, etwa die Vergabe von Stadthallen oder Plakatwänden. Eine Differenzierung
der Vergabe der Plakatflächen an die Kandidaten nach dem letzten Wahlergebnis ist jedoch
zulässig (VG Darmstadt HSGZ 1999, 66). Die Neutralitätspflicht staatlicher Organe gebietet es
auch, dass Beamte ihr Diensttelefon nicht zur politischen Betätigung nutzen dürfen (BverwG
HSGZ 1999, 109).
Kapitel 4: Kommunales Wahlrecht
III.
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Grundsatz der Gleichheit der Wahl
Der Grundsatz der Gleichheit der Wahl erfordert über den der allgemeinen Wahl hinaus, 307
dass nicht nur jedermann zur Wahl zugelassen ist, sondern dass jedem Wahlberechtigten das
gleiche Stimmrecht zukommt. Bei Anwendung des Verhältniswahlsystems kommt den Stimmen der Wahlberechtigten folglich nicht nur der gleiche Zählwert, sondern grundsätzlich auch
der gleiche Erfolgswert zu (BVerfGE 1, 208 [248]; HessStGH ESVGH 31, 161). Mehrfache
Stimmen nur für einzelne Bevölkerungsgruppen – wie nach dem früheren Dreiklassenwahlrecht – sind daher verfassungswidrig. Differenzierungen sind allerdings zulässig, soweit dies
zu bestimmten, mit der Natur des Sachbereichs der Wahl zusammenhängenden Zwecken
zwingend erforderlich ist. So kann etwa der drohenden Gefährdung der Funktionsfähigkeit
der Kommunalvertretungen wegen übermäßiger Parteienzersplitterung durch eine Sperrklausel in einem Kommunalwahlgesetz begegnet werden. Für deren verfassungsrechtlichen
Zulässigkeit reicht jedoch die Feststellung einer abstrakten Gefährdung nicht aus. Vielmehr
müssen alle Gesichtspunkte, die in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht für die Einschätzung
der Erforderlichkeit einer Sperrklausel erheblich sind, vom Gesetzgeber herangezogen und
abgewogen werden (NWVerfGH NVWZ 2000, 666 ff.). Nicht zuletzt unter dem Eindruck des
nordrhein-westfälischen Verfassungsgerichts ist mit dem In-Kraft-Treten des Gesetzes zur
Stärkung der Bürgerbeteiligung und kommunalen Selbstverwaltung am 05.01.2000 die
bisher in Hessen bei den Kommunalwahlen geltende 5 % Sperr-Klausel ersatzlos entfallen
(vgl. zur Rechtmäßigkeit der früheren Rechtslage, BVerfGE 6, 104 [119]).
IV.
Grundsatz der geheimen Wahl
Der Grundsatz der geheimen Wahl erfordert, dass die Wahlvorbereitung und der Wahlvorgang 308
so gestaltet wird, dass es unmöglich ist, die Entscheidung des Wählers zu erkennen oder
zu rekonstruieren (BVerfGE 4, 375 [386]). Mit der durch die Einführung des neuen Wahlrechts
eingeräumten Möglichkeit des Kumulierens und Panaschierens und der damit erforderlich
gewordenen Maximierung des Stimmzettels bis zu einer Größe von DIN A0, ist daher bei
der Auswahl der Größe und Beschaffenheit von Wahltischen und Abschirmvorrichtungen
besondere Sorgfalt zu wahren.
Eine potentielle Unterbrechung erfährt dieser Grundsatz durch die Möglichkeit der Briefwahl.
Sie wird jedoch durch das gewichtige Rechtsgut der Ermöglichung der Allgemeinheit der Wahl
gerechtfertigt (BVerfGE 59, 119 [127]). Wahlgeräte können zugelassen werden (§ 18 Abs. 2
KWG, § 6 KWahlGV). Es ist jedoch darauf zu achten, dass nicht aufgrund der tatsächlichen
Gegebenheiten im Wahlraum bei der Bedienung der Stimmzählgeräte Armbewegungen
oder sonstige Gesten Rückschlüsse auf das Wahlverhalten des Wahlberechtigten möglich
sind (HessVGH Die Fundstelle 1985, S. 641 (643). Werden entgegen der Bekanntmachung
keine Wahlmaschinen verwendet, stellt dies keine Unregelmäßigkeit beim Wahlverfahren
da (HessVGH HSGZ 1997, 165). Zur Zeit ist die Verwendung von Wahlgeräten nur für
Direktwahlen und Bürgerentscheide zugelassen (§ 1 Abs. 2 KWahlGV, StAnz.19 / 2000,1439).
Die Verwendung von Wahlgeräten für die kommunalen Vertretungskörperschaften scheitert
derzeit an der fehlenden technischen Umsetzung des neuen Kommunalwahlrechts.
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V.
Kapitel 4: Kommunales Wahlrecht
Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl
309 Der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl gebietet, dass die Mitglieder einer Volksvertretung direkt ohne die Zwischenschaltung von Delegierten durch die Stimmabgabe
und mit der Stimmabgabe bestimmt werden (BVerfGE 47, 253 ff.). In diesem Sinn bedeutet
Unmittelbarkeit die Wahl der Vertreter und nicht die Wahl ihrer Parteien (BVerfGE 3, 45 [49]).
Mit In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Stärkung der Bürgerbeteiligung und kommunalen
Selbstverwaltung haben nunmehr auch die hessischen Wähler die Möglichkeit, ihre Stimmen
auf mehrere Kandidaten unterschiedlicher Wahlvorschläge zu verteilen (panaschieren) oder
Bewerbern ihrer Wahl mehrere Stimmen zu geben (kumulieren). Jeder Wähler erhält so viele
Stimmen, wie Sitze zu vergeben sind. Treten weniger Bewerber zur Wahl an, als Sitze zu
vergeben sind, verringert sich die Anzahl der Stimmen entsprechend (§ 1 Abs. 4 KWG).
Das neue Wahlrecht ist ein Angebot, kein Wähler muss von der Möglichkeit einer differenzierten
Stimmabgabe Gebrauch machen. Es besteht auch weiterhin die Möglichkeit den Wahlvorschlag einer Partei oder Wählergruppe unverändert anzunehmen, indem er ihn durch ein
Kreuz in der Kopfleiste kennzeichnet. In einem solchen Fall stehen hinter einer Kennzeichnung
in der Kopfleiste so viele Stimmen wie Sitze in der Vertretungskörperschaft zu verteilen sind.
Bei 15 zu vergebenden Stimmen und 15 Bewerbern bedeutet dies, dass auf jeden Bewerber
eine Stimme entfällt. Kandidieren weniger Bewerber als Sitze zu vergeben sind oder streicht
der Wähler Bewerber durch, werden die restliche Stimmen in der Reihenfolge der Aufstellung
von oben nach unten innerhalb des gekennzeichneten Stimmzettels vergeben, bis alle zu
vergebenden Stimmen verbraucht sind bzw. alle Kandidaten maximal drei Stimmen erhalten
haben. Dieses Verfahren verstößt nicht gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl,
denn die Wahlentscheidung ist unmittelbar, d. h. ohne weiteren Zwischenschritt auf den Wähler
zurückzuführen (so auch Meireis / Dreßler, HSGZ 2000,47; INA / 15 / 9– 1.12.1999).
Das neue Wahlrecht ist erstmals bei der Kommunalwahl am 18.03.2001 zur Anwendung
gelangt. Es ersetzte das bisher in Hessen praktizierte System der starren Liste, bei dem das
personelle Angebot der vorgeschlagenen Parteien und Wählergruppen für die Wahlberechtigten
zwingend war und jeder Wähler nur über eine Stimme verfügen durfte (vgl. BVerfGE 7, 63 [69] –
Grundsatz der unmittelbaren Wahl).
Lit.: Meireis / Dreßler, Der Regierungsentwurf der hessischen Kommunalverfassungsnovelle 1999, HSGZ
1999, 358; dies., Das Gesetz zur Stärkung der Bürgerbeteiligung und kommunalen Selbstverwaltung vom
23.Dezember 1999, HSGZ 2000, 47; Meyer, Die wahlsystematische Gestaltung des Kommunalrechts, in:
HKWP, Bd. 2, 1982, 56 ff.
B. Wahl der kommunalen Vertretungskörperschaft
310 Für das Wahlverfahren gelten die Vorschriften des Hessischen Kommunalwahlgesetzes
(KWG) und der Kommunalwahlordnung (KWO). Die kommunalen Vertretungskörperschaften (Gemeindevertretung § 36 HGO, Kreistag § 26 HKO, Ortsbeirat § 82 Abs. 1 S. 1 HGO)
werden auf fünf Jahre gewählt (vgl. HessVGH ESVGH 26, 22 – Verlängerung um 5 Monate
verfassungsgemäß). Die Kommunalwahlen finden an einem von der Landesregierung durch
Verordnung bestimmten Sonntag im Monat März des Wahljahres statt; die Wahlzeit beginnt
jeweils am 1. April (§ 2 KWG). Kommunalwahlen können gleichzeitig mit Europa-, Bundestagsund Landtagswahlen sowie mit Volksabstimmungen und Volksentscheiden durchgeführt werden
(§ 2 Abs. 3 KWG).
Kapitel 4: Kommunales Wahlrecht
I.
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Wahlgebiet und Wahlorgane
Die räumlichen Grundlagen für die Vorbereitung und Durchführung der Kommunalwahlen sind 311
der Wahlkreis und die Wahlbezirke. Die im Rahmen des Wahlverfahrens handelnden Organe
sind im Wahlkreis der jeweilige Wahlleiter und der Wahlausschuss (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 KWG), im
Wahlbezirk jeweils der Wahlvorsteher und der Wahlvorstand (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 KWG). Daneben
nehmen der Gemeindewahlleiter und der Gemeindewahlausschuss die Aufgaben wahr, die
sich aus der Vorbereitung und Durchführung der Ortsbeirats- und Kreistagswahlen ergeben
(§ 4 Abs. 3 KWG). Zu Mitgliedern eines Wahlorgans dürfen weder Vertrauenspersonen oder
deren Stellvertreter bestellt werden noch Bewerber nach Erteilung ihrer Zustimmung (§ 11
Abs. 2 S. 3 KWG) sein. Niemand darf in mehr als einem Wahlorgan Mitglied sein (§ 4 Abs. 2
KWG).
1. Wahlkreis, Wahlleiter und Wahlausschuss
Bei der Durchführung einer Kommunalwahl bildet jede Gemeinde bzw. jeder Landkreis je einen
Wahlkreis; entsprechend bildet der Ortsbezirk den Wahlkreis bei der Wahl des Ortsbeirats
(§ 3 KWG). Allerdings kann der Kreistag für die Kreistagswahlen die Unterteilung des
Wahlkreises in bis zu 16 Wahlbereichen mit zwei Dritteln der Stimmen der gesetzlichen
Zahl seiner Mitglieder beschließen, um eine ausgewogene Vertretung örtlicher Interessen zu
ermöglichen (§ 3a KWG). Bei der Unterteilung sind die Gemeindegrenzen zu wahren und die
Abweichung von der durchschnittlichen Einwohnerzahl aller Wahlbereiche im Kreis darf 25 %
nicht übersteigen. Die Beschlussfassung über die Einrichtung, die Zahl und die Abgrenzung
muss spätestens siebenundvierzig Monate nach Beginn der Wahlzeit erfolgen (§ 3 Abs. 3
KWG).
Der Wahlkreis und somit das Wahlgebiet sind maßgeblich für die Beurteilung der Wahlberechtigung und der Wählbarkeit. Das Gesamtwahlergebnis wird ausnahmslos, auch für die
Kreistage mit Wahlbereichen, auf das Wahlgebiet bezogen ermittelt.
Die für den Wahlkreis handelnden Wahlorgane sind der Wahlleiter und der Wahlausschuss
(§ 4 Abs. 1 KWG). Wahlleiter ist für die Wahl der Gemeindevertretung und der Ortsbeiräte der
Bürgermeister (§ 5 Abs. 1 KWG, § 82 Abs. 1 HGO) und für die Kreistagswahl der Landrat
(§ 5 Abs. 1 KWG). Der Gemeindevorstand oder der Kreisausschuss können einen besonderen
Wahlleiter bzw. einen besonderen Stellvertreter auf Widerruf bestellen (§ 5 Abs. 1 KWG). Der
Wahlleiter ist zugleich Vorsitzender des Wahlausschusses, der für den gesamten Wahlkreis
zu bilden ist. Er beruft sechs Beisitzer und einen Schriftführer sowie für jeden Beisitzer
einen Stellvertreter in den Wahlausschuss, wobei die im Wahlkreis vertretenen Parteien und
Wählergruppen nach Möglichkeit zu berücksichtigen sind (§§ 5 Abs. 3 KWG, 3 Abs. 1 KWO).
Anlässlich einer Direktwahl oder eines Bürgerentscheids kann der Wahlausschuss für den Rest
der Wahlzeit neu gebildet werden (§ 5 Abs. 6 KWG)
Der Wahlleiter ist für die ordnungsgemäße Vorbereitung und Durchführung der Wahl verantwortlich und führt die Geschäfte des Wahlausschusses (§ 5 Abs. 2 KWG, § 2 KWO). Unter
anderem prüft er die Wahlvorschläge auf Ordnungsmäßigkeit und Vollständigkeit (§ 14 Abs. 1
S. 1 KWG), wirkt auf die Beseitigung eventuell bestehender Mängel hin (§ 14 Abs. 1 S. 2 KWG),
macht das Wahlergebnis bekannt und benachrichtigt die Gewählten (§ 23 Abs. 1 KWG, §§ 55,
56 KWO). Die Prüfung partei- oder wählergruppeninterner Vorgänge (§ 12 Abs. 1 S. 4 KWG)
ist ausgeschlossen.
Der Wahlausschuss beschließt über die Zulassung der Wahlvorschläge (§ 15 KWG, § 25
KWO), stellt fest, wie viel Stimmen im Wahlkreis auf die einzelnen Wahlvorschläge abgegeben
worden sind, berechnet die Sitzverteilung und ermittelt, welche Bewerber gewählt worden
sind (§ 22 Abs. 1 KWG). Er verhandelt und entscheidet in öffentlicher Sitzung (§ 6a KWG) mit
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Stimmenmehrheit, wobei die Stimme des Vorsitzenden bei Stimmengleichheit den Ausschlag
gibt. Der Wahlleiter darf nur in dringenden Fällen anstelle des Wahlausschusses handeln;
von der Dringlichkeit und der alsbaldigen Unterrichtung des Wahlausschusses hängt die
Rechtswirksamkeit der Entscheidung ab (HessVGH VwRspr. 15, 852). Die Mitglieder des
Wahlausschusses und der Wahlvorstände sowie ihre Stellvertreter und Schriftführer sind zur
unparteiischen Wahrnehmung ihres Amtes und zur Verschwiegenheit verpflichtet (§ 6a Abs. 2
KWG).
2. Wahlbezirk, Wahlvorsteher und Wahlvorstand
316 Grundsätzlich bildet die Gemeinde den Wahlkreis, der wiederum aus einem Wahlbezirk
besteht. Der Gemeindevorstand kann den örtlichen Verhältnissen entsprechend den Wahlkreis
in Wahlbezirke in angemessener Größe unterteilen (§ 3 Abs. 2 KWG); kein Wahlbezirk soll
mehr als 2500 Einwohner umfassen (§ 5 Abs. 1 KWO). Mit der Einführung des neuen Kommunalwahlrecht, insbesondere des Kumulierens und Panaschierens, ist für viele Gemeinden eine
Neueinteilung der Wahlbezirke notwendig geworden. Je nach örtlichen Verhältnissen stellt eine
Einwohnerzahl von 1000 pro Wahlbezirk eine sinnvolle Größe dar.
Der Wahlbezirk darf aber auch nicht so eng gefasst sein, dass das Wahlgeheimnis gefährdet werden könnte (§ 5 Abs. 2 KWO). Für Krankenhäuser, Altenheime, Altenwohnheime,
Pflegeheime, Erholungsheime und gleichartige Einrichtungen mit einer größeren Anzahl von
Wahlberechtigten können Sonderwahlbezirke gebildet werden (§ 6 KWO). Bei der Wahl von
Ortsbeiräten dürfen bei Einteilung des Ortsbezirks in einen oder mehrere Wahlbezirke nicht
die Grenzen des Ortsbezirks überschritten werden, damit die rechtmäßige Ermittlung der
Sitzverteilung im Ortsbezirk sichergestellt ist (§ 3 Abs. 3 KWG).
317 Für jeden Wahlbezirk ist ein Wahlvorstand zu bilden. Er besteht aus dem Wahlvorsteher als
Vorsitzendem, einem Stellvertreter und drei bis sieben Beisitzern. Er wird durch den Gemeindevorstand aus den Wahlberechtigten der Gemeinde berufen, wobei nach Möglichkeit die
im Wahlbezirk vertretenen politischen Parteien und Wählergruppen zu berücksichtigen sind
(§ 6 Abs. 1 KWG). Erforderlichenfalls sind dem Wahlvorstand Beamte oder andere geeignete
Personen als Hilfskräfte (z. B. als Schriftführer) zur Verfügung zu stellen (§ 4 Abs. 10 KWO). Der
Wahlvorstand überwacht und leitet am Wahltag im Wahlraum die Wahlhandlung und ermittelt
anschließend das Wahlergebnis des Wahlbezirkes (§§ 20 ff. KWG, 46 ff. KWO).
Für die Ermittlung des Briefwahlergebnisses beruft der Gemeindevorstand einen oder mehrere
Briefwahlvorstände (§ 6 Abs. 1 S. 1 KWG).
Der Gemeindevorstand hat auch die Möglichkeit für die Zeit nach dem Wahltag sog. Auszählungswahlvorstände zu berufen (§ 6 Abs. 6 KWG). Ihnen kann die Ermittlung der Wahlergebnisse einzelner oder mehrerer Wahlbezirke übertragen werden. In den Auszählungsvorstand
können im Gegensatz zu den Wahlvorständen auch Beschäftigte der Gemeinde oder des
Landkreises berufen werden, die nicht wahlberechtigt sind. Die Aufgabe der Auszählungswahlvorstände besteht darin, die von den Wahlvorständen begonnene Auszählung fortzusetzen,
insbesondere die kumulierten und panaschierten Stimmen auszuzählen.
3. Aufgaben des Gemeindevorstandes
318 Der Gemeindevorstand ist zunächst für die Einteilung des Wahlgebietes in Wahlbezirke und
Briefwahlbezirke verantwortlich (§ 3 Abs. 2 KWG). Daneben bestimmt er die Wahlräume (§ 29
Abs. 1 KWO), die Aufstellung, Fortführung und vorläufige Beurkundung des Wählerverzeichnisses (§§ 7 ff. KWO), die Benachrichtigung der Wahlberechtigten (§ 10 Abs. 1 KWO) und die
Ausstellung von Wahlscheinen (§ 16 Abs. 1 KWO).
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