Nationalsozialismus und 2. Weltkrieg Nationalsozialismus und zweiter Weltkrieg – Die Jahre 1933 bis 1945 Bereits seit Mitte der 20er Jahre waren die jungen Demokratien, die sich neben der Weimarer Republik in Westeuropa etabliert hatten, wieder ins Wanken geraten und mussten Diktaturen Platz machen (1922 in Italien, 1923 in Spanien, 1926 in Portugal und Polen, 1929 in Yugoslawien). Im Jahr 1929 sah es noch so aus, als hätte sich die parlamentarische Demokratie in Deutschland wieder siert, stabilials hätte sich die deutsche Wirtschaft wieder erfolgreich in die Weltwirtschaft eingeordnet. Vier Jahre später hatte sich alles geändert. In Deutschland Der Innenhof der „Wach´“ um das Jahr 1935 war die Demokratie erst durch autoritäre Präsidialregierungen und dann unter dem Druck der Massenmobilisierung durch eine faschistische Diktatur ersetzt worden. Die Hoffnung auf ein friedliches, auf Ausgleich gerichtetes Deutschland war verschwunden. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten war Deutschland 1933 der Vorreiter einer zweiten Welle der staatsförmlichen Veränderungen. Es folgten Lettland, Estland, Bulgarien, Griechenland und Spanien. Am Ende des Jahrzehnts war die Demokratie auf ihre klassischen Heimatländer der Neuzeit zurückgeworfen. Hitler gab nach seiner Ernennung zum Reichskanzler außenpolitisch zunächst vor, die Revision der Versailler Nachkriegsordnung aus der Weimarer Republik nur fortsetzten zu wollen. Innenpolitisch kamen ihm 6 Millionen Arbeitslose, dies entsprach einem prozentualen Anteil an der Bevölkerung von 30 Prozent, und Industrielle und Unternehmer, die den Glauben an den Weimarer Sozialstaat schon lange verloren hatten, recht, um seine Ziele zu erreichen. Mit dem Vorgehen gegen Österreich und die 32 Festschrift zum Jubiläumsjahr 2001 Tschechoslowakei im Jahr 1938 und dem Einmarsch deutscher Truppen in Prag im Frühjahr 1939 zerriss er den letzten Schleier, der seine eigentlichen Ziele noch verdeckt hatte. Die Politisierung des öffentlichen Lebens erfasste bereits ab der Mitte der 20er Jahre auch die Turn- und Sportvereine. In der deutschen Turnerschaft, die sich immer schon als Sammelbecken national gesinnter Kräfte verstanden hatte, bestimmten zunehmend Revanche- und Wehrhaftigkeitsideologien das geistige Klima. Mit der wachsenden politischen Radikalisierung spitzte sich auch die Spannung zwischen den „bürgerlichen“ Turn- und Sportvereinen und den Arbeitersportverbänden zu. Am extremsten äußerte sich die Politisierung des Sports in der Entwicklung von Wehrsportgruppen, deren Ziel die Wehrhaftmachung der männlichen Jugend mit Hilfe des Sports war. Zu den vordringlichsten Aufgaben der Nationalsozialisten gehörte die Eingliederung der gesellschaftli- chen (damit auch sportlichen) Organisationen in den nationalsozialistischen Staatsappa- rat. Sie bezeichneten diesen Vorgang als „Gleichschaltung“. Auch die Sportverbände – allen voran der Deutsche Theisenort um 1935 Fußballbund – hatten sich schon vor Hitlers Machtergreifung der nationalsozialistischen Idee genähert. Unvereinbar mit der NS-Ideoligie waren allerdings die weltanschaulichen Grundlagen der Arbeitersportverbände und Vereine sowie der konfessionellen Sportorganisationen. Schrittweise wurden sie seit Frühjahr 1933 aufgelöst und ihr Vermögen beschlagnahmt. Auch der Süddeutsche Fußballverband wurde verboten und die Aufgaben 33 Nationalsozialismus und 2. Weltkrieg des Deutschen Fußballbundes übernahm der Deutsche Reichsbund für Leibesübungen in Berlin. Damit war auch der Sport zentralisiert. Die Spitze des Fußballsports bestand aus 16 Gauligen. Den Unterbau bildeten die Bezirksligen, Kreisligen und Kreisklassen. 1935 wurde der nach dem damaligen Reichssportführer benannte „Tschammer-Pokal“ eingeführt. Aus unserem Ort sind bis 1936 noch Bilddokumente von Mannschaften des FC „Sportfreunde Theisenort“ vorhanden. Von Bedeutung sind diese Jahre auch im Hinblick auf das heutige Sportgelände in Theisenort. Die Der erste Sportplatz auf dem heute vereinseigenen Sportgelände Aufnahme aus dem Jahr 1935 lässt im Hintergrund die Hügelkette, auf welcher der heutige Aussichtsturm „Am Knock“ errichtet ist, erkennen. Damit wurde das Gelände, auf dem die Turn- und Sportfreunde heute ihr Vereinsdomizil errichtet haben, erstmals in den Jahren zwischen 1930 und 1935 in Besitz genommen. Genauer eingrenzen lässt sich dieser Zeitraum durch ein Schreiben aus dem Jahr 1954, in dem sich der damalige Vorsitzende Rudolf Schneider mit einem Antrag auf Übernah- me des „Pachtschillings“ für den Fußballplatz an die Ge- meinde Theisenort wandte. Hierin wird auf eine Vereinbarung zwischen dem Mannschaftsfoto aus dem Jahr 1935. Stehend (von rechts nach links): Albin Friedlein, ?, Hans Ullrich, Bernhard Eckert, Georg Dietrich, Paul Völker, Siegfried Böhm, Georg Wagner. Kniend (von links nach rechts): Hans Süßmann, Richard Mäder, Hans Eckert. 34 Festschrift zum Jubiläumsjahr 2001 FC und der Ortsgruppenleitung aus dem Jahr 1934 Bezug genommen. Das heißt, dass also spätestens 1934 der erste Sportplatz an der heutigen Staatsstraße 2200 bestanden haben muss. Der Fußballspielbetrieb wurde während der Kriegsjahre je nach Lage der Die Theisenorter Fußballjugend hatte in den 30er und Dinge bis 1944 weitergeführt. Da sich ab 1939 die meisten Männer im 40er Jahren schon einen guten Dienst der Wehrmacht und damit im Krieg befanden, musste auf Senio- Ruf und holte mehrmals den Titel des Bannmeisters nach renebene der Spielbetrieb eingestellt werden. Vielbeachtet blieben jedoch Theisenort. die von Hitler-Jugend-Mannschaften ausgetragenen „Bannmeisterschaften“. Die Theisenorter Fußballjugend hatte damals schon einen guten Ruf und war als mehrmaliger Bannmeister in den 40 er Jahren über die Gren- Untere Abbildung: Zeitungsartikel vom 17. Juni zen des Landkreises hinaus bekannt. Mehrere Male konnte die Bannmeis- des Jahres 1942 terschaft nach Theisenort geholt werden. Auswahltorhüter der Bann-Auswahl war damals der, auch den Jüngeren unter uns noch bekannte, Theisenorter Torhüter Adam Schneider. Als großer Förderer des heimischen Fußball- sports zeigte sich der damalige Theisenorter Volksschullehrer Körger, der Mitte der 30er Jahre den Jugendlichen aller Altersklassen das Fußballspiel näher brachte. Er war es auch, der das provisorische Spielfeld an der Verbindungssstraße nach Schmölz mit Hilfe der fußballbegeisterten Einwohner und auch seiner jugendlichen Fußballer verbesserte. „Unebenheiten wurden mit Sand aufgefüllt, Steine wurden entfernt und nebenbei stand er mit seinem 35 Nationalsozialismus und 2. Weltkrieg Pkw auch Theisenorter allen Mann- schaften zum Transport zu den Auswärtsspielen zur Verfügung. Dabei musste er oft mehrmals fahren“, so berichtet Siegfried Mäder, einer der damaligen Jugendspieler aus den 40ern. Im Jahr 1942 wurde Theisenort erneut Bannmeister und traf in Lichtenfels auf einen Gegner eines benachbarten Kreises im Kampf um die Gaumeisterschaft. Leider ist dieser und das Ergebnis der damaligen Anstrengungen nicht mehr festzustellen. Auf dem Weg dorthin wurde jedoch der FC Kronach und im Endspiel der FC Pressig geschlagen. Der Erfolg der Theisenorter Jugendfußballer war auch Garant dafür, dass bis in das Kriegsjahr 1944 Fußball gespielt wurde. Viele umliegende Dörfer konnten keine eigene Elf mehr stellen, da die zum Teil noch nicht einmal erwachsenen Jungen zur Wehrmacht einrücken mussten. Viele junge, talentierte Spieler verloren so durch die Fehleinschätzung verblendeter Politiker und Generäle noch ihr Leben oder wurden schwer verwundet. Theisenorts Jugendmannschaft war somit Magnet für benachbarte talentierte und später in ihren Heimatorten wieder erfolgreiche Fußballer. Eine der letzten Mannschaften vor dem Kriegsende nennt Heinrich Höfner aus Johannisthal: Fred Herzog, Georg Pohl, Adam Schneider, Anton Eckert, Bruno Karl, Paul Göppner („Bastels Paul“), Hermann Geßlein (Neuses), Georg Schedel (Neuses), Heinrich Geßlein („Schwejidla“, Neuses), Heinrich Höfner („Schwuller“, Johannisthal), Georg Höfner („Schorfel“, Johannisthal), Max Kraus, Alfred Göppner, Heiner Michel und Karl Mäder. Von den Spielern der Jahre 1935 bis 1944 sind uns noch viele bekannt. Sie waren es auch, die nach Kriegsende den Fußballsport rasch wieder auf einen guten Weg brachten. 36 Eine der vielen erfolgreichen Jugendmannschaften aus Theisenort. Die Aufnahme entstand im Jahr 1941 bei einem Spiel um die Gaumeisterschaft in Lichtenfels. Sie zeigt (hinten, stehend von links nach rechts): Hans Popp, Heinrich Michel, Christoph Schubert, Bernhard Hopf, Fritz Weid. Mitte (kniend von links nach rechts): Kaspar Schneider, Konrad Wagner, Simon Stumpf. Vorne (liegend, von links nach rechts): Hans Pohl, Adam Schneider, Siegfried Mäder.