Das Wolf-Lundmark-Melotte-System und der Kugelsternhaufen WLM-1

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Das Wolf-Lundmark-Melotte-System und der Kugelsternhaufen
WLM-1
Jens Bohle
Der Artikel beschäftigt sich mit der LSB-Galaxie WLM und ihrem hellsten
Kugelsternhaufen WLM -1. Entdeckt wurde die Galaxie 1909 von Max Wolf im
Sternbild Walfisch. Sie wurde später als Galaxie von Philibert Jacques Melotte
and Knut Lundmark erkannt. Sie gehört zur Lokalen Gruppe. Die Galaxie ist
von nördlichen Gefilden unter dunklem Himmel visuell beobachtbar. Zum
WLM-System gehören mindestens zwei Kugelsternhaufen dessen hellerer
Vertreter, WLM-1, von Sternfreunden mit Teleskopen ab etwa 14-16 Zoll
Öffnung visuell beobachtet werden kann.
Die WLM-Galaxie
Das Wolf-Lundmark-Melotte-System, kurz WLM, wurde im Jahre 1909 vom
deutschen Astronomen Max Wolf auf einer an einem 15cm- Astrografen gewonnenen
Fotografie entdeckt. Jedoch stand zu diesem Zeitpunkt noch nicht fest, dass es sich
um eine Galaxie handelt. Unabhängig von Wolf entdeckten Philibert Jacques Melotte
und später, 1926, auch Knut Lundmark das neblige Objekt welches nun als Galaxie
erkannt wurde. Das zur Lokalen Gruppe zählende WLM-System, daß auch unter
DDO 221 oder UGCA 444 geführt wird, ist eine Zwerggalaxie in ca. 3 Millionen
Lichtjahren Entfernung im Sternbild Walfisch. Die Galaxie, deren älteste Sterne ca.
12 Milliarden Jahre alt sind, gilt als metallarm und ist räumlich gesehen recht isoliert.
Ihre nächste Nachbarin ist die ebenfalls zur Lokalen Gruppe gehörende Galaxie IC
1613 die im gleichen Sternbild zu finden ist. Die tatsächliche Distanz zwischen
diesen beiden Welteninseln beträgt ca. 1 Million Lichtjahre. Das WLM-System misst
am Himmel etwa 8*12 Bogenminuten was sich aber nur auf die fotografisch
erfassbare Größe bezieht und die im Halo befindlichen schwachen Sterne
einschließt. Dem visuellen Beobachter am Teleskop wird die Galaxie weniger
ausgedehnt erscheinen. Nach meinen Beobachtungen sind es etwa 2,5 bis 3
Bogenminuten in der kleinen und ca. 6 Bogenminuten in der großen Achse- also
deutlich kleiner. Aber egal ob fotografisch oder visuell, die Galaxie zeigt sich deutlich
länglich bzw. elliptisch geformt. Die ungestörte Form verdankt das WLM-System
sicherlich der bereits erwähnten relativ isolierten Lage ohne „störende“ Einflüsse
anderer Galaxien. Bei Zwerggalaxien bewirken die oft sehr viel massereicheren
Galaxien der Nachbarschaft eine Deformation oder völlige „Zerpflückung“ der
deutlich masseärmeren Zwerggalaxien von denen im Extremfall nur noch
sogenannte „Startrails“ übrig bleiben. Zur visuellen Beobachtung der Galaxie ist, wie
bei vielen Galaxien niedriger Flächenhelligkeit, ein dunkler Himmelshintergrund
essentieller als große Fernohröffnung! Mit ca. 24 mag pro Quadratbogensekunde ist
das WLM-System z. B. deutlich lichtschwächer als die bekannte M31-Begleitgalaxie
NGC 205, welche mit ca. 22 mag pro Quadratbogensekunde in [1] gelistet ist. Hat
man das WLM-System erst einmal gefunden, könnte man sich schon entspannt
zurücklehnen und diese Sichtung als nicht ganz alltäglichen Erfolg
amateurastronomischer Beobachtung verbuchen. Doch wie bei vielen anderen
Zwerggalaxien lohnt auch hier gerade für Besitzer größerer Teleskope (ab etwa 14
Zoll Öffnung) ein genaurer Blick und etwas Recherche im Vorfeld...
Der Kugelsternhaufen WLM-1
Wie bereits eingangs erwähnt, können die extragalaktischen Kugelsternhaufen mit
Ihresgleichen in unserer Heimatgalaxie bezogen auf ihr spektakuläres Aussehen im
Teleskop nicht mithalten. Bis auf ganz wenige Kugelsternhaufen der
Andromedagalaxie erscheinen die extragalaktischen Sternhaufen auf
Amateurfotografien oder beim Blick durch das Okular als punktförmige, stellare
Objekte. Kein Wunder, sind sie doch mehr als hundert mal so weit entfernt wie z. B.
der berühmte Kugelsternhaufen M13 im Sternbild Herkules. So liegt der Reiz der
Beobachtung eher im „Machbaren“ als im ästhetischen optischen Anblick. Nur
wenige Kugelhaufen benachbarter Galaxien sind in gängigen Sternkarten
verzeichnet. Meist handelt es sich um die hellsten Kugelhaufen der
Andromedagalaxie oder der Großen Magellanschen Wolke die in den typischen
Sternkarten auftauchen. Will man einen Blick jenseits M31 richten und dort nach
Kugelsternhaufen suchen, bedarf es der Art Literatur, welche auch die
Profiastronomen für Ihre Arbeit nutzen. Hier beginnt der mitunter lange Weg der
Recherche, welcher dann hoffentlich vom positiven Beobachtungserfolg gekrönt wird.
Doch zurück zu WLM-1, einem eher unbekannten Mitglied der extragalaktischen
Haufenfamilie. Völlig isoliert, wie das WLM-System selbst, ist der Kugelhaufen WLM1 etwa zwei Bogenminuten westlich der Galaxie als einer von insgesamt nur zwei
Kugelsternhaufen dieser Galaxie zu finden. Erste Hinweise auf dessen Existenz
gaben die Untersuchungen am Mount Wilson und Mount Palomar-Observatorium von
Humason, Mayall und Sandage im Jahr 1956 wo sich bei
Radialgeschwindigkeitsmessungen herausstellte, dass dieses Objekt in der Nähe der
Galaxie mit ihr assoziiert ist [2]. Gut 20 Jahre später, 1977, photometrierten Paula
und Harold Ables an einem 1-Meter-Teleskop in Arizona das WLM-System und
bemerkten ebenfalls, dass dieses leicht diffuse Objekt die gleiche
Radialgeschwindigkeit wie die Galaxie oder die der eingebetteten Emissionsgebiete
aufweist. Spätere Untersuchungen in den 80er Jahren bestätigten die Natur des
WLM-1 als Kugelsternhaufen. Mit einer absoluten Helligkeit MV von –8.8mag liegt
WLM-1 deutlich über dem Durchschnitt der Kugelsternhaufen der etwa bei MV von 7,1 liegt. Er ist somit vergleichbar mit dem mehrfach zitierten M13, der etwa eine
zehntel Magnitude schwächer ist. Auch im Alter scheinen die beiden Haufen ähnlich
zu liegen: etwa 14 Milliarden Jahre. WLM-1 besitzt ein hohe Elliptizität. Der Begriff
„Ellipsoidsternhaufen“ wäre schon fast angebrachter. Tatsächlich sind nur etwa 10
Haufen in unserer Galaxie bekannt deren Form stärker von der Kugelform abweicht.
Der Grund dafür ist nach wie vor unklar. Nach [3] ist weder die Wechselwirkung mit
der WLM-Galaxie oder die Rotation des Haufens dafür verantwortlich.
Die visuelle Beobachtung
des Kugelsternhaufens
WLM-1 ist sicherlich nur
mit Fernrohröffnungen ab
etwa 14 bis16 Zoll
möglich. Die Deklination
von –15° und die damit
verbundene Problematik
der Extinktion und der oft
herrschenden
horizontnahenden
Luftunruhe machen das
Objekt zu einer harten
Nuss. Mir sind aus
meinem direkten
„astronomischen Umfeld“
außer meiner eigenen
Sichtung zwei weitere
Beobachtungen mit
einem 20-Zoll-Teleskop
bekannt (Frank
Richardsen und Rich Jakiel [4]). Eine weitere Beobachtung stammt von Uwe Glahn
der sich dem Objekt mit einem 16-Zoll-Teleskop [5] näherte und ihn zum selben
Zeitpunkt wie ich (September 2007) an einem Standort in den österreichischen Alpen
beobachten konnte. Abbildung 1 gibt den Anblick bei 214facher Vergrößerung an
einem 20-Zoll-Teleskop wieder. Visuelle Grenzgröße mit dem bloßen Auge lag bei
7,0 mag.
Falls ich nun den Wunsch nach mehr exotischen Sternhaufen geweckt haben sollte,
möchte ich kurz auf eine Liste hinweisen, welche ich vor einiger Zeit
zusammengestellt habe. Die Liste extragalaktischer Einzelobjekte, kurz LEEO, ist auf
meiner Webseite zu finden. Die Liste beinhaltet verschiedenste Objekttypen wie
Sternhaufen, Einzelsterne und Gasnebel die in diversen Galaxien auf ihre
amateurastronomische Beobachtung warten [6].
Literaturhinweise:
[1] HyperLeda, http://leda.univ-lyon1.fr/
[2] Humason, M. L., Mayall, N. U., & Sandage, A. R.: Redshifts and magnitudes of
extragalactic nebulae. im Astron. J., 61, 97-162 (1956)
[3] Stephens, Andrew W. , Catelan, Márcio, Contreras, Roxana P.: WLM-1: A NonRotating, Gravitationally Unperturbed, Highly Elliptical Extragalactic Globular Cluster,
http://arxiv.org/abs/astro-ph/0511502
[4] http://astronomy-mall.com/Adventures.In.Deep.Space/gcextra.htm
[5] http://www.deepsky-visuell.de/Zeichnungen/WLM.htm
[6] http://www.jens-bohle.de/LEEO.htm
[7] Bohle, J.: Extragalaktische Kugelsternhaufen; VdS Journal Sommer 2000
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