Jahresbericht 2013 / 2014 Jugendhilfe in der Villa Interim Das zwischen dem Schulamt für die Stadt Münster, dem Amt für Kinder, Jugendliche und Familien und dem Amt für Schule und Weiterbildung entwickelte Kooperationsprojekt „Villa Interim“ befand sich im Berichtszeitraum im zweiten Projektjahr. Der Standort am Schürbusch im Gebäude einer ehemaligen Grundschule in Mecklenbeck wurde zunächst befristet beibehalten, ein Standortwechsel jedoch weiterhin geplant. Durch die Erfahrungen des ersten Projektjahres konnten in der Villa Interim weitere konzeptionelle Fortentwicklungen angestoßen werden. Dazu gehörten die Optimierung der Datenbank zu Evaluationszwecken sowie die Einführung und Erprobung eines Konzeptes zur Reaktion auf Unterrichtsstörungen. Darauf wird nachfolgend noch einmal genauer eingegangen. Des Weiteren wurde die Zielgruppe des Projektes auch auf Hauptschüler/-innen ausgeweitet, wodurch nun alle weiterführenden Schulen der Stadt Münster auf das schulische Unterstützungsprojekt zurückgreifen konnten, um Schüler/-innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich emotionale und soziale Entwicklung so zu fördern, dass sie in ihren Regelschulsystemen verbleiben konnten. Konzept Die konzeptionelle Gestaltung der Sozialpädagogik in der „Villa Interim“ orientierte sich insbesondere an dem zentralen Ziel der dauerhaften Beschulung an der Stammschule durch eine zeitbefristete Förderung (max. 12 Monate). Die persönlichen Fähigkeiten von Schüler/-innen wurden in den Blick genommen und gestärkt. In Funktion eines Fallscouts koordinierte der Mitarbeiter der Jugendhilfe den Fallverlauf, indem er das System der Schüler/-innen, d. h. ihre/seine Familie, Schule, Lehrer, Befunde und beteiligte Personen bei dem Ziel der Beschulung an der Stammschule mit einbezog. Dies wurde vor allem durch die Fallkonferenzen erreicht, die der Fallscout koordinierte und in Zusammenarbeit mit den sonderpädagogischen Fachkräften strukturierte und leitete. Außerdem wurde er zu den für die Villa Interim relevanten Fallclearingstellensitzungen als beratendes Mitglied eingeladen. Konzept zur Reaktion auf Unterrichtsstörungen Unterrichtsstörungen wurden, in Anlehnung an bestehende Trainingsraumkonzepte, mit Hinweisen geahndet, welche an einer Tafel im Klassenraum gesammelt wurden. Bekam ein/-e Schüler/-in in einer Stunde drei Hinweise, musste er/sie den Unterrichtsraum verlassen und einen Hinweiszettel erarbeiten, indem das Verhalten beschrieben wurde, welches zu einem Gruppenausschluss führte, sowie einen Plan erstellen, wie so ein Ausschluss in einer 2 zukünftigen ähnlichen Situation vermieden werden kann. Zusätzlich mussten Schüler/-innen zu Beginn jeder Stunde ihre Unterrichtsbereitschaft signalisieren und hatten in jeder Stunde die Möglichkeit, ein Timeout zu nehmen, welches entweder durch Bewegung oder Ruhe geprägt war. Das Konzept bewährte sich in der Arbeit und führte dazu, dass die Schüler/-innen immer wieder bewusste Entscheidungen, bezogen auf ihr Verhalten, treffen mussten. Direkte Konfrontation wurde somit vermieden und ausgetauscht durch eine zu erwartende Abfolge von Konsequenzen auf unerwünschtes Verhalten. Ziel 1 Leitsatz aus dem fachlichen Controlling: Verbesserung der Teilhabemöglichkeiten durch die Stärkung sozialer Kompetenzen Die teilnehmenden Schüler/-innen sind in ihrer emotionalen und sozialen Kompetenz gestärkt. Zielkennzahl: 90 % der teilnehmenden Schüler/-innen sind in ihrer emotionalen und sozialen Kompetenz gestärkt. • Schüler/-innen der 5. – 8. Klasse aller weiterführenden Schulen Von insgesamt 14 Fördervorgängen konnten in den acht abgeschlossenen Fördervorgängen die teilnehmenden Schüler/-innen zu 100 % in ihrer emotionalen und sozialen Kompetenz gestärkt werden. • eine Grundmotivation, die Schule zu besuchen, musste vorhanden sein Ziel 2 • Schüler/-innen vorübergehend nicht beschulbar • Abgeschlossenes sonderpädagogisches Fördergutachten Zielgruppe Leistungen • Sozialpädagogische Gruppenarbeit • Lösungsorientierte Einzelfallhilfe • Beratung von Eltern in Erziehungsfragen sowie Weitervermittlung in passgenaue Hilfemaßnahmen • Intensive Abstimmung des fachlich-methodischen Handelns mit den Lehrkräften der „Villa Interim“ • Kooperation mit den jeweiligen zuständigen Unterstützungs- und Hilfesystemen • Kooperation mit der Fallclearingstelle – Jugendhilfe als Fallscout • Dokumentation im Rahmen einer Datenbank Kennzahlen / Zielerreichung Die entwickelten Leitsätze für die Leistungen galten für alle Jugendhilfeangebote an Schulen gleichermaßen. Die Besonderheiten in der Zielsetzung und Aufgabenstellung fanden je nach Aufgabengebiet Berücksichtigung. Leitsatz aus dem fachlichen Controlling: Sicherstellung des Schulbesuchs durch Jugendhilfeangebote Die dauerhafte Beschulung des Schülers/der Schülerin an der Stammschule wird durch eine zeitbefristete Förderung seiner emotionalen und sozialen Kompetenz gesichert. 90 % der Schüler/-innen , die gefördert wurden, konnten wieder am regulären Unterricht ihrer Stammschule teilnehmen. Von den insgesamt 14 Schüler/-innen beendeten acht den Fördervorgang. Davon konnten fünf Schüler/innen wieder am regulären Unterricht ihrer Stammschule teilnehmen. Dies entsprach 62,5 %. Analyse Das erste Ziel, 90% der Schüler/-innen in ihrer emotionalen und sozialen Kompetenz zu stärken, wurde erreicht. Alle Schüler/-innen profitierten deutlich von der intensiven Förderung und zeigten bereits nach einem halben Jahr Förderung sichtbare Verbesserungen in den Bereichen: 3 • Psychische/Emotionale Stabilität • Sozialverhalten • Empathie • Kommunikationsverhalten Durchschnittliche Veränderung im Förderschwerpunkt Empathie: Die Optimierung der Datenbank ermöglichte nun eine genauere Betrachtung der Wirksamkeit in den vier unterschiedlichen Förderbereichen. Dazu wurde zu Beginn und zum Ende der Projektteilnahme eine Skaleneinschätzung von -2 bis +2 durch den Fallscout in den vier Förderbereichen der Schüler/-innen vorgenommen. Somit konnte die durchschnittliche Veränderung aller vier insgesamt, aber auch jedes einzelnen Förderbereiches, für ein Schuljahr sichtbar gemacht werden. Daraus ließen sich wiederum in der Analyse unterschiedliche Ergebnisse auswerten, die Rückschlüsse auf die Wirkungsweise der Förderung zuließen. Durchschnittliche Veränderung aller Förderschwerpunkte im Schuljahr 2013/2014: Anfangswert Endwert Veränderung - 1.06 0,27 1,33 Durchschnittliche Veränderung im Förderschwerpunkt Psychische und emotionale Stabilität: Anfangswert Endwert Veränderung - 1,00 0,53 1,53 Durchschnittliche Veränderung im Förderschwerpunkt Sozialverhalten: Anfangswert Endwert Veränderung - 1,08 0,38 1,46 Anfangswert Endwert Veränderung - 1,13 0,08 1,21 Durchschnittliche Veränderung im Förderschwerpunkt Kommunikationsverhalten: Anfangswert Endwert Veränderung - 1,03 0,09 1,12 Das größte Defizit zeigte sich bei den Schüler/-innen im Schuljahr 2013/2014 im Bereich der Empathie. Empathie befähigt Schüler/-innen dazu, die Gefühle anderer Menschen zu erkennen und zu verstehen. Gleichzeitig ist die Grundlage für Empathie die eigene Selbstwahrnehmung, denn nur wenn man seine eigenen Emotionen versteht, kann man diese auch besser bei seinen Mitmenschen deuten. Daraus ließ sich schlussfolgern, dass bei der Förderung der Schüler/-innen die Entwicklung von Selbstwahrnehmungsfähigkeiten mehr in den Fokus genommen werden musste. Interessant war auch, dass der Förderschwerpunkt der „Psychischen und emotionalen Stabilität“ im Schuljahr 2013/2014 den niedrigsten Ausgangswert zeigte, hier aber durch die Arbeit der Villa Interim die größten Veränderungsprozesse zu verzeichnen waren. Ebenso war im Förderschwerpunkt „Sozialverhalten“ eine größere Veränderung wahrzunehmen als in den Bereichen Empathie und Kommunikationsverhalten. Im Bereich Kommunikationsverhalten war die geringste Veränderung wahrnehmbar, auch wenn die Tendenz in allen vier Bereichen hin zu einer positiven Entwicklung zeigte. Ein weiterer Aspekt, der durch die Datenbank erfasst wurde, war die Erarbeitung und Festlegung von individuellen, auf die Schüler/-innen zugeschnittenen Förderzielen. Diese orientierten sich an dem individuellen Förderbedarf des Kindes und waren somit für jeden/jede Schüler/-in unterschiedlich. Daher ließ sich in nachfolgender Abbildung auch nur die 4 Veränderungswirksamkeit bezogen auf diese Ziele ablesen. Der Ausgangswert war dementsprechend sehr niedrig, da es bei den größten Defiziten ansetzte, die erreichte Veränderungswirkung war dafür aber umso höher, weil gezielt an diesen Zielen mit den Schülern/-innen gearbeitet wurde. Durchschnittliche Veränderung bei individuellen Förderzielen: Anfangswert Endwert Veränderung -1,90 0,03 1,93 Erst in den nächsten Jahren, wenn mehr Schüler durch die Datenbank erfasst werden, wird sich im Vergleich der Schuljahre ein genaueres Bild darstellen lassen, wie die Entwicklungen der vier Förderbereiche zu bewerten sind und ob diese sich durch gezielte Veränderungen in der Förderung verändern lassen. Das zweite Ziel, 90 % der geförderten Schüler/-innen wieder eine Teilnahme am Unterricht Ihrer Stammschulen zu ermöglichen, wurde nicht erreicht. Von acht Schüler/-innen konnten dennoch fünf Schüler/-innen, die ohne die intensive Förderung in der Villa Interim aus dem Regelschulsystem herausgefallen wären, wieder dauerhaft in ihre Stammschulen zurückgeführt werden. Ein Schüler verließ das Projekt aufgrund eines Umzuges. Ein Schüler wurde in seinem Sozialverhalten deutlich stabilisiert, konnte aber die für sein Schuljahr erforderlichen Leistungen nicht erbringen. Er wurde in eine berufsvorbereitende Maßnahme vermittelt. Der dritte Schüler konnte aufgrund massiver Schulverweigerung nicht erfolgreich in das Regelschulsystem rückgeführt werden und wurde in eine stationäre therapeutische Maßnahme vermittelt. Ausblick Schuljahr 2014/2015 • Terminierung und Durchführung eines Ehemaligen-Treffens • Überprüfung und Weiterentwicklung der Datenbank • Fortentwicklung des Rückführungskonzeptes • Verstetigung des Jugendhilfeangebotes in der Villa Interim Kontakt Impressum Villa Interim Schürbusch 45, 48163 Münster Telefon: 02 51 – 97 42 91 16, Fax: 02 51 – 97 42 91 30 Felix Zimmer E-Mail: [email protected] www.stadt-muenster.de/jugendamt/jugendsozialarbeit/ jugendhilfe-an-schulen.html Stadt Münster Amt für Kinder, Jugendliche und Familien April 2015