700 JAHRE PFARREI ENGELBRECHTSMÜNSTER 1313 – 2013 1 700 JAHRE PFARREI ENGELBRECHTSMÜNSTER 1313 – 2013 Vor siebenhundert Jahren wurde die Pfarrei Engelbrechtsmünster gegründet. Dieses herausragende Jubiläum wird ebenso, wie der 100. Jahrestag der Konsekration der Pfarrkirche Heilig Kreuz im Jahr 2011, mit einem feierlichen Gottesdienst und anschließendem Pfarrfest gewürdigt. Die Pfarrei Engelbrechtsmünster freut sich, dazu den Hochwürdigsten Herrn Diözesanbischof Dr. Rudolf Voderholzer und viele weitere Ehrengäste sowie die gesamte Bevölkerung begrüßen zu dürfen. Die folgende Abhandlung soll dem Leser einen kurzen Einblick in die Geschichte und das Leben in der damaligen Zeit gewähren. Sie ist eine Zusammenfassung aus verschiedenen Quellen und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder wissenschaftliche Genauigkeit. Dies würde den Rahmen und Auftrag der Broschüre sprengen. Für alle, die sich näher mit dem 2 Themenkreis befassen möchten, sei auf die angeführten Quellen, sowie weiterführende Literatur verwiesen. Seelsorge und Klostergründung Begonnen hat die Seelsorge in und um Engelbrechtsmünster nicht erst vor 700 Jahren, sondern bereits sehr viel früher. Verschiedene Quellen weisen darauf hin, dass bereits im 6. Jahrhundert von Schülern des heiligen Kolumban – ein irischer Mönch - hier ein „Klösterlein“ an der Ilm gegründet wurde. Es wird angenommen, dass der Ortsgründung die Klostergründung vorausging. Diesem Kloster wird eine große Bedeutung für die Missionierung der Umgebung zugeschrieben. Columban von Luxeuil * 540 in Nobber bei Navan (West Leinster), Irland; † 23. November 615 in Bobbio (Provinz Piacenza/Italien) Aussehen und der genaue Standort des Klosters sind heute nicht mehr bekannt, da es beim Einfall der Ungarn im 10. Jahrhundert zerstört wurde. Heute noch erinnern ein Wegkreuz und eine dort angebrachte Inschrift an die Existenz des Klosters und die unweit davon später errichtete Kirche „St. Paul im Moos“. 3 Bericht in der Geisenfelder Zeitung 12./13. Januar 2013 Eine Urkunde von herausragender Bedeutung Von den Namen, die aus dieser Zeit überliefert sind, ist der Benediktinermönch und adelige Großgrundbesitzer „Sigfridus“ von besonderer Bedeutung. Dieser ging im Jahr 815 daran, das baufällig gewordene Kolumbanerkloster großartiger umzubauen und mit Hilfe seiner in Niederlauterbach ansässigen Eltern und sonstiger Verwandten reich zu dotieren. Laut einer Urkunde vom 2. Dezember 820, die heute noch in Abschrift erhalten ist, vermachte Sigfridus das Kloster und reiche Besitzungen dem Hauptkloster „St. Emmeran“ in Regensburg. Nach verschiedenen Quellen wird der Vater jenes Sigfridus namentlich mit „Amalprecht“ bzw. „Engilberth“ 4 genannt. Der Name des Dorfes und der Pfarrei Engelbrechtsmünster (Monasterium Ilmae = Ilmkloster „Münster“) leiten sich wohl daher ab. Die Pfarrherren von Engelbrechtsmünster Im Jahr 1313 wird als Rector ecclesias Amelprechtsmünster der adelige Mönch Hilprand de Starzhausen erwähnt. Dieser hervorragende Leiter der Kirche in Engelbrechtsmünster wurde bald nach St. Emmeran (Regensburg) als Dechant und als Kanonikus in Tumb (Dom) berufen. Dort stiftete er im Kreuzgang mit 100 Pfund Regensburger Pfennige (heute ca. 10.000 €) eine Kapelle, in welcher kränkliche Mönche zelebrieren sollten, wozu „vinum latinum“ (Südwein) beschafft, ein Frühstück gereicht und das ewige Licht unterhalten werden sollte. Er starb im Jahre 1319. Es drängt sich die Vermutung auf, dass er aus Starzhausen bei Wolnzach stammte. Genaueres ist aber nicht überliefert. Die Pfarrherren von Engelbrechtsmünster seit Gründung der Pfarrei bis heute findet man in der nachfolgenden Aufstellung, die auch in der Pfarrkirche Heilig Kreuz angebracht ist. 5 6 1426 wurde die reich dotierte Pfarrei Engelbrechtsmünster vom Bischof Johann II. von Streitberg (1421 – 1428) der Dompropstei Regensburg wegen deren spärlichen Einkünften einverleibt. Von nun an ist also der Dompropst in Regensburg Inhaber der Pfarrei Engelbrechtsmünster, wo nun ein Pfarrvertreter oder Vikar die Seelsorge leitet. Von 1619 – 1641 hatte Engelbrechtsmünster wohl einen seiner bedeutendsten Pfarrherrn: Wilhelm Graf zu Wartenberg (1593 – 1661). Er war ein Sohn des Herzogs Ferdinand von Bayern. Er wurde Bischof von Regensburg und im Jahre 1660 verlieh ihm Papst Alexander VII. den Kardinalshut, der ihm zu Regensburg feierlich überreicht wurde. In seiner Amtszeit wurde 1628 die Loreto-Kapelle (aus Steinen der zerstörten Burg Schillwitzhausen) errichtet. Sein Grabmal befindet sich in der Pfarrkirche Altötting (ganz vorne rechts). Von 1642 bis 1666 war Adam Lorenz Graf zu Törring, Stein und Partenstein Inhaber der Pfarrei Engelbrechtsmünster. Bereits 1634 war dieser Inhaber des Benefiziums Unterpindhart. Auf ihn wird der besondere Kult in der Loreto-Kapelle zurückgeführt, indem er Rosenkranz und Litanei stiftete und eine besonders hohe Festlichkeit am Feste Maria Geburt anordnete, welche zahlreiche Wallfahrer anzog. Sein Wappen, das früher 7 über dem Eingang zur Loreto-Kapelle prangte, ist jetzt über dem Nordeingang der Pfarrkirche angebracht. Anton von Bucher, von 1778 bis 1813 Pfarrherr in Engelbrechtsmünster, bemühte sich besonders um die Hebung des Schulwesens. Seine Pfarrschule, in die auch zeitweise Kinder aus Unterpindhart kamen, sollte eine Musterschule werden. Der von ihm eingerichteten Bücherei war hingegen wenig Erfolg beschieden. Ein besonderer Dorn im Auge waren ihm die zu Ostern üblichen Feierlichkeiten bei der alten Sankt Pauls Kirche, die regelmäßig in Ausschweifung endeten. So wird berichtet, dass in Ermangelung von Trinkgefäßen das Bier auch aus den Hüten getrunken wurde, deren Füllung 3 Heller kostete. Im Zuge der Säkularisation ließ er die Kapellen Sankt Paul im Moos, Schillwitzried und Radertshausen abbrechen. Das Abbruchmaterial und den Erlös aus Grundverkäufen verwendete zum Schulhausneubau (späteres Lehrerwohnhaus/Gemeindekanzlei). Damit wurden auch die von Bucher gebrandmarkten Osterfeierlichkeiten bei Sankt Paul abgeschafft. Friedrich von Schreiber, 1870 bis 1875 Pfarrherr in Engelbrechtsmünster, 1875 wurde er Bischof von Bamberg. Sein Hochgrab ist im Bamberger Dom neben dem 8 berühmten Bamberger Reiter zu finden. Auf ihn geht die Gründung der Freiwilligen Feuerwehr Engelbrechtsmünster im Jahre 1873 zurück. Michael Heigl, Pfarrherr von 1907 bis 1916, haben wir die Initiative zum Neubau des Langhauses unserer Pfarrkirche Heilig Kreuz zu verdanken. Pfarrer Michael Heigl Neubau des Langhauses 1910 (Konsekration 1911) Viele Pfarrherren haben sich unter oft widrigen Bedingungen um das Wohl von Pfarrei und Dorfbevölkerung in herausragender Weise bemüht und verdient gemacht. Ihnen allen ein „Vergelt´s Gott“. Die Pfarrkirche Unsere altehrwürdige Pfarrkirche ist dem Heiligen Kreuz geweiht. Ihr Patrozinium ist die Kreuzerhöhung – der 14. September. Nach der Pfarrchronik ist das „Kreuzpatrozinium“ ein Hinweis auf die frühe Ansiedelung irischer Mönche. 9 Die Pfarrkirche soll mit ihrem jetzigen Presbyterium und dem massiven Turm um das Jahr 1400 entstanden sein. Die später folgenden Bauarbeiten, wie der Anbau der Sakristei um 1865 unter Pfarrer Franz Xaver Kefer, der Treppentürme und der Neubau des Langhauses im Jahr 1911 sowie kleine und große Renovierungen haben sie uns bis heute erhalten. Umfang der Pfarrei Engelbrechtsmünster im Jahre 1827 Nach den pfarramtlichen Aufzeichnungen gehörten 1827 zur Pfarrei: Das Gotteshaus (Pfarrkirche Heilig Kreuz) in Engelbrechtsmünster mit Engelbrechtsmünster, 10 Schillwitzried, Schillwitzhausen, Schafhof, Strassberg, Lindach, Griesham (Heimat des seligen Bauern von Vohburg +1471) und 8 Nebenkirchen. • In Schillwitzhausen dem Hl. Nikolaus geweiht, • in Ilmendorf dem Hl. Laurentius geweiht (820 erbaut), • in Rockolding dem Hl. Martin geweiht (um 800 erbaut, im 16. Jahrhundert erweitert), • in Aiglsbach – St. Leonhard – erbaut im Mittelalter, (seit 08.12.2001 eigenständige Pfarrei) • in Gasseltshausen - der Seligsten Jungfrau Maria geweiht (doppelstöckig), • in Pöbenhausen – Hl. Martin – früher wahrscheinlich Törringer Besitz, • in Oberpindhart – Hl. Stephanus – seit 1513 bei Engelbrechtsmünster, • in Unterpindhart – Hl. Georg Früher gehörten dazu noch Ernsgaden und Westenhausen, zeitweise wurde auch die Pfarrei Ainau von hier aus mit versorgt. Die Pfarrei Engelbrechtsmünster war die zweitgrößte im Bistum und eine der am höchsten dotierten Pfarreien, sie unterstand dem Domprobst in Regensburg und wurde auch von dort besetzt. Nicht immer waren die Pfarrherren hier ansässig, wohl aber stets mehrere Kapläne und ein Pfarrverweser – die Pfarrherren vereinnahmten aber sehr wohl die hohen Einkünfte aus der Pfarrei. 11 12 Die Welt um 1313 Die Schlacht von Gammelsdorf 9. November 1313 Worum ging es? Die Wittelsbacher Herzöge Stephan I. und Otto III. von Niederbayern hinterließen nach ihrem frühen Tod neben den beiden Witwen auch zwei minderjährige Söhne. Ludwig IV. von Oberbayern beanspruchte als Vetter der verstorbenen Herzöge die Vormundschaft über die beiden Söhne und damit auch die Herrschaft über das Wittelsbacher Herzogtum Niederbayern. Als Ludwig IV. die Städte Landshut und Straubing besetzte, wandten sich die Witwen und der niederbayerische Adel, der sich in seinen Rechten verletzt sah, an das Herrscherhaus der Habsburger (Österreich) um Hilfe. Dabei wurde dem Habsburger Friedrich dem Schönen auch die Vormundschaft über die beiden Erbprinzen angeboten. Im Herbst 1313 eskalierte der Streit. Das Habsburgische Heer, das größtenteils aus niederbayerischem Adel bestand, marschierte von Osten her und traf am 13 9. November auf die Streitmacht Ludwigs IV. Sein Aufgebot bestand zum Großteil aus oberbayerischen Adeligen und niederbayerischen Stadtbürgern. Das Heer Herzog Friedrichs erlitt eine deutliche Niederlage gegen die Truppen Herzog Ludwigs. Der Sieg Ludwigs des Bayern entzog das wohlhabende Niederbayern den habsburgischen Ambitionen und festigte die Herrschaft Herzog Ludwigs in Bayern (zeitweise mit Ingolstadt als Hauptstadt). 14 Die Schlacht von Gammelsdorf wurde später als Auftakt einer Reihe von Auseinandersetzungen um die Vormachtstellung zwischen Wittelsbach und Habsburg im Heiligen Römischen Reich gewertet. Sie ging auch als eine der letzten großen Ritterschlachten in die Geschichte ein, bei denen gepanzerte Reiter gegeneinander antraten und noch keine Feuerwaffen zum Einsatz kamen. Seit 1842 erinnert ein Denkmal an das Ereignis. Das Leben auf dem Land Seit Jahrhunderten schon wurden die großen Wälder gerodet, Sümpfe trocken gelegt und mit Wegen durchzogen, um neues Land für die wachsende Bevölkerung zu schaffen. Köhler ermöglichten mit ihrer Holzkohle, dass Eisenerz geschmolzen wird, woraus die Schmiede allerlei Arbeitsgeräte und Waffen herstellten. Mit eisernen Pflügen wurden auch schwere Böden gelockert und für Getreide- und Weinanbau vorbereitet. Allgemein war das mittelalterliche Leben auf dem Land von harter Arbeit geprägt. Die hörigen Bauern sind Ih15 rem Grundherrn zu Abgaben verpflichtet. Meist ist dies ein Teil der Erzeugnisse, die Grund und Boden hergeben. Aber auch Hand- und Spanndienste, so genannte Fron, sowie der Dienst als Waffenknecht zählten dazu. Grundherrschaft ist aber nicht gleichbedeutend mit Ausbeutung. Für den Grundherrn bedeutete die Herrschaft auch die Pflicht, seinen „Hörigen“ Schutz und Schirm zu bieten. Der „Zehnt“ ist übrigens keine Erfindung des Mittelalters. Er war schon in der Antike bekannt. Im christlich geprägten Abendland beruht er auf 3. Mos. 27:“ Alle Zehnten des Landes, vom Ertrag des Landes und von den Früchten der Bäume gehören dem Herrn …“. Auch die Kirche als Grundherr vereinnahmte diesen Zehnt, wovon wiederum ein Viertel der Armenfürsorge diente. Die christlichen Feste, die seit der Missionierung durch irische Mönche die germanischen Bräuche ersetzten, sorgten für Abwechslung und Hoch-Zeiten und führen uns auch heute noch durchs Jahr. Missernten bedeuteten Hunger und Tod. Die Bitte um gedeihliches Wetter z. B. in Prozessionen und der Dank für die Früchte der Erde an Erntedank hat daher eine besondere Bedeutung. 16 Fleisch war teuer und daher auf den Tischen der armen und einfachen Leute seltener zu finden, als auf den Tafeln der reichen Bürger und Adeligen. Neben den landwirtschaftlichen Nutztieren und Fisch wurde auch Wild zubereitet, wobei auch Igel, Biber und Eichhörnchen nicht verschmäht werden. Basis für die Ernährung bildeten jedoch Getreide, Gemüse, Obst, Nüsse sowie Käse und Milch. 17 Und der Hopfen? Der Hopfen war zur Zeit der Pfarreigründung bereits seit über fünfhundert Jahren bekannt und geschätzt. Im Jahre 736 sollen kriegsgefangene Wenden - ein slawischer Volksstamm – auf Geisenfelder Boden den ersten Hallertauer Hopfengarten angelegt haben. Die Hallertau ist heutzutage nicht nur in ganz Bayern, sondern auch weit darüber hinaus als Hopfenland bekannt. Ursprünglich bezeichnete dieser Name ein kleines Waldgebiet in der Flur zwischen Hirschbach und Hirschhausen in der Pfarrgemeinde Kirchdorf an der Amper (Landkreis Freising). In diesem Gebiet wurde nachweislich schon sehr früh Hopfen angebaut. Man kann davon ausgehen, dass die Flurbezeichnung „Hallertau“ und der Hopfenanbau immer so eng miteinander verbunden waren, dass dieser Name mit der Ausdehnung des Hopfenanbaues gebietsmäßig gleichsam „mitwuchs“ und nun dem gesamten Hopfenanbaugebiet in dieser Region den Namen gibt. Philipp Apian gibt zu diesem Waldstück in seinen Landtafeln von 1566 unter dem Stichwort Hirschbach folgende Erklärung ab: „... der sich von dort gegen Osten nach Norden erstreckende Wald heißt Hallerthaw. Davon erhält fast der ganze Landstrich bis hin zur Ilm den gleichen Namen; er ist ganz voll von Hügeln und Wäldern.“ 18 Wohl eher ins Reich der Fabeln gehört die überlieferte Geschichte, dass Herzog Ludwig der Bayer, als er in der Schlacht von Gammelsdorf (1313) in Bedrängnis kam, mit den Worten „Hol’ Er d’ Auer“ um Hilfe schickte, woraus sich dann der Name Hallertau für die Region um Au entwickelt haben soll. Zum Ausklang Es ist der Anfang des späten Mittelalters, in den die Gründung unserer Pfarrei fällt. Eine nicht immer düstere, aber auch nicht immer heitere Zeit, die den damals lebenden Menschen vieles an Entbehrungen abverlangte. Umso größer sollte daher unser Respekt vor jenen sein, die unsere Pfarreigründung ermöglichten und für ihr Bestehen seither, ob als Seelsorger, Ehrenamtliche oder Gläubige gesorgt haben. Der Dank des Verfassers gilt auch allen, die an der Entstehung dieser kleinen Abhandlung zur Pfarrgeschichte mit Rat und Tat beteiligt waren – allen voran H.H. Pfarrer Georg Schwägerl sowie Franz Rockermeier. 19 Quellen: • Frühmittelalterliche Studien – Jahrbuch des Instituts für Frühmittelalterforschung der Universität Münster • Matrikel des Bistums Regensburg 1997 • Im Licht der Geschichte (Orts- und Pfarrchronik) • Aufzeichnungen über Engelbrechtsmünster • Mittelalter leben – heute (Clemens Richter) • So lebten sie zur Zeit der Ritter und Burgen (Pierre Miquel) • Das Mittelalter – Kirche, Krone und Kreuzzüge (Reinhard Barth) • Mittelalter selbst erleben (Doris Fischer) Herausgeber: Katholische Kirchenstiftung Engelbrechtsmünster Bucherstraße 39 85290 Geisenfeld Verfasser: Josef Partheymüller Kirchenpfleger 20