Große Beutegreifer Gesetzeslage, Management und Herdenschutz – Chancen und Herausforderungen Johann Georg Höllbacher Nationale Beratungsstelle Herdenschutz 9. 11. 2012, Schaftagung Gumpenstein Überblick •Große Beutegreifer •Große Beutegreifer in Österreich •Gesetzeslage •Herdenschutzmaßnahmen •Modellregionen Lungau, Tirol 2 Große Beutegreifer Raubtiere Katzenartige Hundeartige Katzen Hunde Bären Luchs Wolf Braunbär 3 Große Beutegreifer in Österreich 1 •Braunbär (Ursus arctos) – Mitte des 19. Jhd. ausgerottet – 1989 bzw. 1992: Wiederansiedelungsprojekt des WWF („Ötscherbären“ in Nördl. Kalkalpen) 1999: Maximalbestand 12 Tiere heute: keine Bären mehr nachweisbar Foto: ÖBSZ – Bestand heute: 5‐8 Bären in Kärnten u. Osttirol (Grenzgebiet zu SLO) 4 Große Beutegreifer in Österreich 2 Foto: M. Mecnarowsk •Luchs – 1918 in Tirol ausgerottet – 1976: 9 Tiere ausgewildert – Populationen heute: – Böhmerwald, oberes Mühl‐ u. Waldviertel – Westalpen: 90‐110 Tiere – Ostalpen: 30‐40 Tiere 5 Große Beutegreifer in Österreich 3 •Wolf – 1882 im Wechselgebiet ausgerottet – langsame Rückkehr nach Mitteleuropa seit 1970er – weite Wanderungen auch durch Österreich – 09/10: 6‐8 Individuen nachgewiesen – seit 2011: ein Wolf dauerhaft im Schneeberggebiet Foto: Nowak/ÖSBZ 6 Große Beutegreifer in Österreich 4 Wolf Bär Bestätigte Raubtierschäden 2008 2 Bienenstöcke; ca. 30 Schafe 2008 ca. 65 Schafe gerissen / verletzt / abgängig gerissen und 31 abgängig, 3 Jungrinder gerissen und 1 abgängig 2009 ca. 75 Schafe gerissen / verletzt / abgengig 2009 5 Bienenstöcke; 16 Schafe gerissen 2010 18 Schafe + 1 Ziege gerissen / verletzt, 1 Kalb + 1 Kalbin gerissen / verletzt, ca. 90 Schafe abgängig 2010 7 Bienenstöcke, 16 Königinnenkäs.; ca. 100 Schafe gerissen / verletzt 8 abgängig 2011 12 Schafe + 2 Ziegen gerissen verletzt 1 Kalb 2011 ca.30 Bienenstöcke, Königinnenkäs.; 26 Schafe gerissen, 1 Schaf abgängig 2012 10-50 Schafe gerissen / verletzt / abgängig 2012 ca. 50 Bienenstöcke; ca. 45 Schafe gerissen, ca. 20 Schafe abgängig 7 Woher kommen die Wölfe? 8 Wanderroute Slavko Dez. 2011-Feb. 2012 Fotos: G. Rauer 9 Bär in Donnersbachwald – Ende Juni 2012 • 33 Schafe tot aufgefunden • ca. 25 Schafe abgängig • Herkunft: Trentino, 6 Jahre, ♂, “KJ2G2” Foto: F. Förster 10 Gesetzeslage allgemein •Internationale Abkommen – Berner Konvention: streng geschützte Tierart – Washingtoner Artenschutzübereinkommen: regelt Handel •Europarecht – Fauna‐Flora‐Habitat‐Richtlinie: prioritäre Art, streng zu schützende Art 11 Gesetzeslage allgemein •Fauna‐Flora‐Habitat‐Richtlinie – „Tier‐ und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen“ (Anhang II) – „Streng zu schützende Tier‐ und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse“ (Anhang IV) 12 Gesetzeslage Vergleich Österreich •Berner Konvention •Fauna‐Flora‐Habitat‐ Richtlinie ►Umsetzung: Landesjagd‐u. Naturschutzgesetze •BMLFUW Schweiz •Berner Konvention ►Umsetzung: Nationales Jagdgesetz •Bundesamt f. Umwelt BAFU 13 Regulation u. Entschädigung Österreich Schweiz •Managementplan Bär •Managementplan Wolf •Jagdgesetz •Jagdverordnung ► keine gesetzliche Verankerung! ► gesetzliche Rahmenbedingungen über Regulation geschützter Tierarten u. Schadenvergütung (Versicherung der Jägerschaften; eingerichtete Fonds in K, T) 14 Jagdverordnung Schweiz Art. 10 Entschädigung und Schadenverhütung 1 Der Bund leistet den Kantonen an die Entschädigung von Wildschäden die folgenden Abgeltungen: a. 80 Prozent der Kosten von Schäden, die von Luchsen, Bären und Wölfen verursacht werden Art. 10bis Konzepte für einzelne Tierarten (Auszug) • Förderung von Verhütungsmaßnahmen • die Ermittlung von Schäden und deren Entschädigung • die Vergrämung, den Fang oder den Abschuss, insbesondere über die Erheblichkeit von Schäden […] bei Maßnahmen gegen einzelne Bären, Wölfe und Luchse 15 Gesetzliche Rahmenbedingungen schaffen! •Ziele –Probleme minimieren –Einschränkungen in der Nutztierhaltung verhindern •Wege –Schadenverminderung –Schadenvergütung –Eingriffe 16 Der Wolf und die Landwirtschaft •Koexistenz durch Herdenschutzmaßnahmen Foto: Ringdorfer Foto: WWF Foto: LUPUS 17 Herdenschutzmaßnahmen 1 •Zäune –Effektiver Schutz bei korrekter Installation und Wartung –Herausforderung: unwegsames Terrain Foto: Agridea Foto: M. Wagenpfeil 18 Herdenschutzmaßnahmen 2 •Herdenschutzhunde – gute Herdenschutzhunde, arbeiten selbständig – hohe Anforderungen an Management, Zucht und Aufzucht – Konfliktpotential Tourismus Fotos: ÖBSZ 19 Herdenschutzhunde in der Praxis Fotos: Agridea Film Agridea 20 Herdenschutzmaßnahmen 3 •Behirtung – gezielte Beweidung in Kombination mit Hütehunden, integrierten Herdenschutzhunden und Nachtpferch – sehr guter Schutz vor Raubtieren – bessere Kontrolle der Tiere (Tiergesundheit, Ablammungen) u.a. – kosten‐ u. arbeitsinteniv ►Mangel an Fachkräften! 21 Foto: Ringdorfer Foto: K. Tautenhahn Herdenschutzmaßnahmen - Finanzierung Beispiel Schweiz • Ressort Umwelt (BAFU) – jährlich 840.000 CHF (695.000 €) für Finanzierung von HS‐Maßnahmen: Anschaffung/Haltung Herdenschutzhunde Anschaffung Zaunmaterial u.v.m. • Ressort Landwirtschaft (BLW) Sömmerungsbeiträge: ständige Behirtung / RGVE 330 CHF (272 €) Umtriebsweide / RGVE 250 CHF (207€) übrige Weiden / RGVE 120 CHF (99€) 23 24 25 26 27 28 Modellregion Steckenkoralm in Zederhaus •E‐Zaunsysteme –Seit Mitte Juni 2012: Praxistest Netzzaun, Litzenzaun –Seehöhe 2000‐2700m –Ca. 55 ha eingezäunte Fläche –Zaunlänge ~ 5000m –100‐150 Schafe 29 30 31 32 Modellregion Tirol - Planung •Behirtung + gezielte Beweidung + Herdenschutzhunde (+Nachtpferch) – Mittel‐ u. Hochalm, ca. 600 Schafe – 3‐4 Herdenschutzhunde – ständige Behirtung – ev. Nachtpferch Foto: Agridea 33 Modellregion Tirol – 1. Projektjahr 34 Modellregion Tirol – 2. Projektjahr Zusammenfassung • Koexistenz von Nutztierhaltung und großen Beutegreifern verlangt nach entsprechenden (gesetzlichen) Rahmenbedingungen • Herdenschutzmaßnahmen können das Risiko von Raubtierschäden vermindern • Erfahrungen zum Herdenschutz sollten in den eingerichteten Modellregionen gesammelt werden Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!