Kimchi Kimchi ist das repräsentativste und beliebteste fermentierte Nahrungsmittel der Koreaner und daher ein Nationalgericht, das Korea symbolisiert. Neben Baechu-Kimchi (Chinakohl-Kimchi), der üblichsten Sorte, gibt es noch unzählbar viele Varianten wie z.B. Yeolmu-Kimchi (Sommerrettich-Kimchi), Oi-Kimchi (Gurken-Kimchi) und Pa-Kimchi (Lauch-Kimchi). In jüngster Zeit gewinnt Kimchi auf Basis einer Reihe von Forschungsergebnissen Anerkennung als äußerst gesundes Nahrungsmittel und zieht damit die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf sich. Erfahren Sie mehr über dieses typisch koreanische Gericht, das auf engste Weise mit dem Leben der Koreaner verbunden ist. In der Vergangenheit wurde Kimchi im Herbst eingelegt, in großen Vorratskrügen gelagert und den ganzen Winter über gegessen. In den irdenen Vorratskrügen setzte ein Fermentierungsprozess ein, der für den einzigartigen Geschmack und den hohen Nährstoffgehalt des Kimchi, der reich an Laktobazillen und Vitaminen ist, sorgt. © Eurocreon Koreana | Winter 2008 Winter 2008 | Koreana Die Entwicklung von Kimchi Kimchi war ursprünglich eine Art in Salz eingelegtes Gemüsegericht. Mit der Zeit wurden verschiedene Gewürze hinzugefügt und dementsprechend weniger Salz verwendet, was eine effektivere Milchsäuregärung und eine Geschmacksvertiefung bewirkte, so dass schließlich Kimchi im heutigen Sinne entstand. Jo Jae-sun Ehrenprofessorin für Lebensmittel und Ernährung, Kyung Hee University Koreana | Winter 2008 N icht nur in Korea, sondern in den meisten Ländern, in denen die Winter kalt sind und daher kein Gemüse angebaut werden kann, hat sich die Tradition entwickelt, Gemüse in Salz einzulegen und so zu konservieren. Jedoch findet man nicht oft ein Gericht, das aus so vielen verschiedenen Zutaten zubereitet wird und einen so besonderen Geschmack aufweist wie der koreanische Kimchi. Ursprünglich ein einfaches Gericht Salz ist ein Gewürz, das die Menschheit bereits seit prähistorischer Zeit verwendet. Kimchi wird durch natürliche Milchsäuregärung, eine seit Beginn der Agrarkultur gängige Methode der Konservierung, haltbar gemacht. Kimchi war ursprünglich ein Gericht, bei dem Gemüse einfach in Salz eingelegt wurde und nicht wie heute mit verschiedenen Gewürzzutaten wie Chilipulver, fermentierte Fischpasten oder Fleisch im Geschmack verfeinert wurde. In den drei nordostasiatischen Ländern Korea, China und Japan sind die Winter sehr kalt. Daher haben sich in diesen Ländern schon von frühester Zeit an in Salz eingelegte Gerichte entwickelt, die auch während der Winterzeit haltbar sind. Alte Schriften belegen, dass zwischen dem 5. und 7. Jahrhundert in den drei Ländern eingelegte Nahrungsmittel zur alltäglichen Mahlzeit gehörten. In chinesischen Argrarbüchern des 5. Jahrhunderts werden verschiedene Arten von eingelegten Gerichten ausführlich beschrieben und auf einem japanischen Mokgan (gravierte Holzetikette; eine Art Frachtbrief oder Rechnung) aus dem 8. Jahrhundert sind eingelegte Gurken und eingelegtes Gemüse mit Reiskleie aufgelistet. Interessanterweise war die Rechnung auf den Namen eines Bewoh- ners des Baekje-Reiches (18 v.Chr.-660 n.Chr.) ausgestellt. Man kann daher vermuten, dass die Tradition der in Salz eingelegten Gerichte von China durch das Reich Goguryeo (37 v.Chr.-668 n.Chr.), das an China angrenzte, über Baekje und Silla (57 v.Chr.-935 n.Chr.) bis nach Japan weitergeleitet wurde. Betrachtet man alle historischen Gegebenheiten, liegt die Schlussfolgerung nahe, dass die Geschichte von Kimchi bis in die Zeit der Drei Königreiche (57 v.Chr.-668 n.Chr.) reicht. Im Buch Wei Zhi der Chroniken der Drei Reiche , historischen Aufzeichnungen aus China, die die Zeit von 189 bis 280 umfassen, heißt es, dass „die Einwohner von Goguryeo über fortgeschrittene Techniken für die Herstellung von Wein, Jang (fermentierte Gewürzpasten) und Jeotgal (fermentierte Fische oder Meeresfrüchte), d.h. entwickelte Methoden der Fermentierung, verfügt haben“ und „Goguryeo Fisch und Salz von DongOkjeo (Ost-Okjeo; Nachbarland von Goguryeo) erbeutet hat“. Laut dieser Chronik wurde bereits zur Zeit von Goguryeo bei der Herstellung von Kimchi Salz als Hauptzutat verwendet und als Fermentierungsmethode angewendet. Das Samguksagi , die 1145 erschienene koreanische Geschichte der Drei Königreiche , berichtet ebenfalls über in Salz eingelegte Gerichte, die zu der Zeit äußerst üblich waren: „Im Jahr 683, also zur Zeit des Vereinigten Silla-Reichs (676-935), gehörten alkoholische Getränke, fermentierte Gewürzpasten, Fische und Meeresfrüchte zu den Gerichten, die die Braut am Hochzeitstag ihren künftigen Schwiegereltern darbrachte.“ Im Tempel Beopju-sa ist als Relikt auch heute noch ein irdener Bottich zu sehen, der auf das Jahr 720, also die Zeit der Drei Königreiche datiert, und höchst- Heutzutage wird Kimchi mit seinem intensiven Rotton verbunden, der auf die großzügige Verwendung von Chilipulver zurückgeht. Früher war Kimchi ein einfaches fermentiertes Gemüsegericht, das nur wenig gewürzt wurde, wie dieser weiße Chinakohl-Kimchi. © Kimchi Gyeonmunnok , Designhouse Winter 2008 | Koreana 1 10 Koreana | Winter 2008 2 Salzbrühe“ bezeichnet, entwickelte sich allmählig zu „Kimchi“. Der Ursprung des Wortes „Kimchi“ spiegelt die Besonderheit dieses Gerichts wider, nämlich dass es sich im Gegensatz zu den eingesalzenen Gerichten anderer Länder um ein Gericht handelt, das in Salzbrühe eingelegt wird und bei dem das Gemüse mit der Sole zusammen verspeist wird. In dem Kochbuch Yorok , das um 1680 erschien, sind elf Kimchi-Arten registriert. Auch hier findet sich noch kein Hinweis auf die Verwendung von Chili. Das Buch stellt lediglich Kimchi aus Rettich, Chinakohl, Wachskürbis, Adlerfarn und Sojabohnen vor sowie Dongchimi, eine Art Kimchi aus jungem Rettich, der in reichlich Salzwasser eingelegt wird. Die Entwicklung von Kimchi Heutzutage gelten Chinakohl, Chili und Jeotgal als die wichtigsten KimchiZutaten. Während Chinakohl die Hauptzutat ist, dienen Chili und Jeotgal als Gewürze. Allerdings zählten sie noch im 17. Jahrhundert nicht zu den Hauptbestandteilen von Kimchi. Kimchi, eine ursprünglich in Salz eingelegte, einfache Speise, erlebte während der rund 200 Jahre zwischen Ende des 17. und Ende des 19. Jahrhunderts einen grundlegenden Wandel in der Zubereitung, indem Gewürze wie Chili, Lauch, Knoblauch und Ingwer sowie Jeotgal hinzugefügt wurden. © Kimchi Gyeonmunnok , Designhouse Kimchi in alten Schriften Die ersten schriftlichen Spuren des Begriffs „Kimchi“ findet man in den Schriften der Goryeo-Zeit (918-1392). Im Buch Yeji , das 983 erschien und Gerichte für die Ahnenverehrungszeremonien vorstellt, heißt es, dass Minari-Kimchi (Wasserfenchel-Kimchi), Juksun-Kimchi (BambussprossenKimchi), Sunmu-Kimchi (RübenKimchi) und Buchu-Kimchi (Kimchi aus Knoblauch-Schnittlauch) bei Ahnenverehrungszeremonien auf dem Altar als Opfergaben dargebracht wurden. Darüber hinaus findet man in der Gedichtsammlung Donggugisanggukjip des Gelehrten Yi Kyu-bo (1168-1241) ein Werk, in dem es heißt, dass man aus Rüben Jangajji (in Sojasoße, Bohnen- oder Chilipaste eingelegte Beilage) und Kimchi von mildem Geschmack zubereitete. In dem alten Medizinbuch Hyangyakgugeupbang aus der GoryeoZeit werden als Hauptzutaten von Kimchi Gemüse wie Gurken, Wachskürbisse, Knoblauch-Schnittlauch, Gemüsemalven, Römersalat, Lauch, Rettich usw. aufgezählt. Viele andere Gedichte, die zwischen dem 13. und 15. Jahrhundert erschienen sind, erwähnen Jangajji und Kimchi und weisen somit darauf hin, dass zur Goryeo-Zeit Kim- chi ein Alltagsgericht der Koreaner war. Jedoch war zu dieser Zeit Kimchi noch ein einfaches Gericht aus Gemüse, das lediglich in reichlich Salz eingelegt wurde und dem keine zusätzlichen Zutaten oder Gewürze hinzugefügt wurden. Während der Joseon-Zeit (1392-1910) brach in Korea eine allgemeine Rennaissance des Wissens an und es wurden in den verschiedensten Bereichen eifrig Bücher verfasst, darunter auch viele Kochbücher und Werke zur Landwirtschaft, die einen genauen Blick auf die Entwicklung von Kimchi erlauben. In einem Gedicht von Seo Geo-jeong (1420-1488), einem großen Gelehrten der frühen Joseon-Zeit, werden zum ersten Mal Kimchi-Zutaten erwähnt. Darin beschreibt er, dass im Hintergarten Rüben, Rettich, Römersalat und Wasserfenchel angebaut werden, aus denen Kimchi mit den fünf grundlegenden Geschmacksnoten (bitter, süß, sauer, salzig, scharf) zubereitet wird. Unter diesen Zutaten ist Knoblauch ein Gewürz, das seit frühester Zeit ein wichtiger Bestandteil der koreanischen Küche ist und bereits im Gründungsmythos von Dangun, der 2333 v.Chr. das erste koreanische Reich Gojoseon gründete, erscheint. In einem Medizinbuch aus dem Jahre 1525 findet sich erstmals der Begriff „Dimchae“. Das Wort „Dimchae“, das „Chimchae“ (沈菜), also „Gemüse in © Kimchi Gyeonmunnok , Designhouse wahrscheinlich zur Aufbewahrung von Kimchi verwendet wurde. In alten Medizinbüchern wird Chinakohl als Gemüse mit heilender Wirkung beschrieben. Dieser Kohl wird auf koreanischem Boden seit Mitte des 16. Jahrhunderts angebaut, woraus sich schließen lässt, dass seit dieser Zeit auch Chinakohl-Kimchi zubereitet wurde. Chili kam vermutlich erstmals zur Zeit der japanischen Invasion (Imjinwaeran: 1592-1598) aus Japan nach Korea. Eine Schrift aus dem Jahr 1613 berichtet, dass „Chili aus Japan stammt und Giftstoffe beinhaltet“. Es dauerte geraume Zeit, bis Chili bei der Zubereitung von Kimchi eingesetzt wurde. Denn Chili war im Gegensatz zu Chinakohl, Kürbissen, Kartoffeln oder Süßkartoffeln ein Gewürz. Faktoren, die entscheidend dazu beitrugen, dass Chili schließlich bei der Kimchi-Zubereitung Verwendung fand, waren die Entwicklung der landwirtschaftlichen Technik, der Wandel des natürlichen Umfelds durch Überflutung und Dürre und die dadurch verursachten häufigen Hungersnöte. In einem Bericht aus dem Jahr 1765 heißt es: „Chili wird derzeit in großen Mengen angebaut und häufig auf dem Markt angeboten“. Das belegt, dass Chili im 18. Jahrhundert in Korea weit verbreitet gewesen war. Über die Verwendung von Chinakohl und Chili bei der Zubereitung von Kimchi wird in dem Agrarbuch JeungboSallimgyeonje (1766) zum ersten Mal berichtet. Das Buch stellt neben BaechuKimchi (Chinakohl-Kimchi) Rezepte für rund zwanzig verschiedene KimchiSorten vor. Im Gyuhapchongseo (1749), einer Art Haushaltslexikon, wird erläutert, wie man Kimchi mit Jeotgal herstellt. Jeotgal, ein Oberbegriff für in Salz eingelegten, fermentierten Fisch und Meeresfrüchte aller Art, war bereits seit der Zeit der Drei Königreiche eine alltägliche Beilage. Jeotgal wurde jedoch bei der Kimchi-Zubereitung erst um die Zeit der Veröffentlichung des Gyuhapchongseo eingesetzt. Vermutlich hat man mit dem Einsatz von Chilipulver angefangen, auch Jeotgal zu verwenden. Seitdem wird Kimchi nicht nur mit Salz, sondern an dessen Stelle auch mit der salzigen Gewürzzutat Jeotgal abgeschmeckt. Erst im 18. Jahrhundert, als man begann, bei der Zubereitung Chinakohl, Chili, Knoblauch und Jeotgal zu verwenden, erhielt Kimchi seine heutige Gestalt und seine heutige Geschmacksnote. Kimchi wird heute je nach Zutaten und Region in unendlich vielen Varianten zubereitet und erfährt trotzdem immer noch beständig Veränderungen. Es bleibt daher mit großer Spannung abzuwarten, wie sich Kimchi mit dem Wandel des Ess- und Lebensstils, der technischen Entwicklung und im Zuge seiner Internationalisierung in Zukunft fortentwickelt. Allgemein wird angenommen, dass der Begriff „Kimchi“ von dem chinesischen Wort „Chimchae“ (沈菜) abgeleitet wurde. Chimchae, das so viel wie „Gemüse in Salzbrühe einlegen“ bedeutet, bringt gut die Besonderheit von Kimchi zum Ausdruck, bei dem es sich im Gegensatz zu den eingesalzenen Gerichten anderer Länder um ein Gericht handelt, das in Salzbrühe eingelegt wird und bei dem das Gemüse mit der Sole zusammen verspeist wird. Die Aussprache Chimchae veränderte sich mit der Zeit zu Dimchae und letztendlich zu Kimchi . 2 Eumsikdimibang, das erste, im koreanischen Alphabet Hangeul verfasste Kochbuch, stammt von der Dame Jang (1598-1680) und enthält Rezepte für verschiedene Arten von Kimchi, darunter Kimchi der Alltagsküche und Kimchi für spezielle Anlässe, für den besonders hochwertige Zutaten verwendet wurden. 3 Die irdenen Vorratskrüge für die Fermentierung und Aufbewahrung von Kimchi haben sich je nach Region mit eigenen Besonderheiten entwickelt. Im Süden sind die Krüge nicht besonders hoch und gehen dafür mehr in die Breite, während die Krüge immer schlanker werden, je weiter man nach Norden kommt, wo wegen den kalten und langen Wintern größere Vorräte angelegt werden mussten. © Kimchi Gyeonmunnok , Designhouse 1 Die Gedichtsammlung Donggugisanggukjip des Gelehrten Yi Kyu-bo (1168-1241) aus der Goryeo-Zeit enthält auch Informationen über die Zubereitung von weißem Rettich-Kimchi. Man nimmt an, dass es sich um die erste schriftliche Erwähnung von Kimchi handelt. 3 Winter 2008 | Koreana 11