Briefkopf GenSuisse

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Herr
Bundesrat Moritz Leuenberger
Vorsteher Eidg. Departement für Umwelt,
Verkehr, Energie und Kommunikation
Bundeshaus Nord
CH-3003 Bern
Bern, 10. Mai 2004
Entwurf einer Verordnung über den grenzüberschreitenden Verkehr mit gentechnisch
veränderten Organismen (Cartagena-Verordnung, CartVO)
Stellungnahme der Stiftung GEN SUISSE
Sehr geehrter Herr Bundesrat
Sehr geehrte Damen und Herren
Wir danken Ihnen für die Einladung, im Rahmen der Vernehmlassung zum Entwurf der CartagenaVerordnung aus Sicht der Stiftung Gen Suisse Stellung nehmen zu können.
1. Allgemeine Bemerkungen
Das Cartagena-Protokoll hat als Zusatz zur Biodiversitäts-Konvention zum Ziel, die Biodiversität von
Pflanzen, Tieren und anderen Lebewesen zu erhalten und zu fördern. Das betrifft sowohl die
natürliche Biodiversität in nicht oder wenig genutzten Gebieten, wie auch jene in landwirtschaftlich
genutzten Ökosystemen. Die bei weitem grösste Bedrohung der Biodiversität sind menschliche
Eingriffe in die Umwelt wie die bisher betriebene Landwirtschaft, der Bau von Städten, Strassen,
Kanälen, die Rodung von Wäldern etc. Eine weitere Bedrohung der Biodiversität stellt die Ausbreitung
invasiver Tier- und Pflanzenarten dar. Demgegenüber gibt es bis heute keine wissenschaftlichen
Hinweise dafür, dass Pflanzen und Tiere, die mit molekularbiologischen Methoden gezüchtet wurden,
eine besondere Bedrohung der Umwelt darstellen. An dieser Stelle möchten wir festhalten, dass es
auch um die Risiken der Nicht-Anwendung von GVO und insbesondere transgenen Nutzpflanzen
geht, d.h. dass eine balancierte Sicht von Risiko angezeigt ist, bei der immer die Basislinie der
Risikoabschätzung mitberücksichtigt werden sollte (also z.B. auch herkömmliche, problematische
Pflanzensorten).
Gen Suisse begrüsst grundsätzlich die vorliegende Cartagena-Verordnung, welche noch bestehende
Lücken für die Umsetzung des Protokolls über die biologische Sicherheit in der Schweiz schliessen
soll. Da mit der Freisetzungs- und der Einschliessungsverordnung bereits seit Jahren bestehende und
bewährte Regelungen vorliegen, ist es sinnvoll, dass sich die Cartagena-Verordnung auf die
Schliessung der entsprechenden Lücken beschränkt.
In der Praxis soll das Protokoll in erster Linie den grenzüberschreitenden Verkehr mit gentechnisch
verändertem Saatgut regulieren. Die in der Verordnung vorgesehenen Massnahmen erscheinen
generell sinnvoll. Allerdings ist es gegenwärtig nicht möglich, ihre realen, zukünftigen Auswirkungen
abzuschätzen. Aus Sicht von Gen Suisse dürfen die Massnahmen zur Umsetzung des Protokolls nicht
dazu dienen, den internationalen Verkehr mit GVO innerhalb der Forschung einerseits sowie mit
gentechnisch modifizierten Nutzpflanzen im Agrarbereich andererseits unnötig zu behindern oder gar
zu verhindern. Letzteres nicht zuletzt im Hinblick auf den potenziellen Nutzen transgener
Kulturpflanzen (z.B. mit eingebauten Schädlingsresistenzen) für die Landwirtschaft in Entwicklungs-
ländern. Das Bewilligungsverfahren sollte daher derart ausgestaltet werden, dass der administrative
Aufwand für die Gesuchsteller möglichst klein und die Verfahrenskosten möglichst tief gehalten
werden können. Die Kosten der Registrierung und Zulassung von gentechnisch veränderten
Nutzpflanzen sind ohnehin gewaltig.
2. Bemerkungen zu einzelnen Bestimmungen des Verordnungsentwurfs
Art. 1 Geltungsbereich und Art. 2 Begriffe
Im Verordnungsentwurf wird der Begriff "gentechnisch veränderte Organismen" mit Verweis auf Art. 3
Lit. c der Freisetzungsverordnung definiert. Es wäre unseres Erachtens wichtig, im Text explizit darauf
hinzuweisen, dass nur lebende, vermehrungsfähige Organismen betroffen sind. Es geht also
beispielsweise um intakte Maiskörner, nicht aber um verarbeitete Erzeugnisse wie Maisschrot oder
Maismehl. Im Hinblick auf die Wichtigkeit dieses zentralen Begriffs der Cartagena-Verordnung
erscheint uns ein Verweis auf die FrSV ungenügend.
Art. 3 Sorgfaltspflicht und Art. 4 Begleitunterlagen
Gemäss Art. 3 Lit. c und Art. 4 Abs. 3 sind für den grenzüberschreitenden Verkehr mit GVO, die im
geschlossenen System verwendet werden sollen, sämtliche Begleitunterlagen und Angaben mit
Ausnahme von Art. 4 Abs. 1 Lit. f erforderlich. Die geforderte, sehr weit gehende Begleitdokumentation erscheint uns insbesondere hinsichtlich des sehr häufigen, internationalen Austausches von
GVO-Forschungsproben von öffentlichen und privaten Forschungsinstitutionen sowie BiotechnologieUnternehmen mit dem Ausland unverhältnismässig. Insbesondere, da die Mehrzahl dieser
Forschungsproben Organismen betreffen, die zur Gruppe 1 (mit keinem oder einem vernachlässigbar
kleinen Risiko) gehören. Aus Sicht der Stiftung wäre hier eine Differenzierung bzw. Präzisierung für
GVO, von denen ein Gefährdungspotenzial ausgeht und solchen, die kein Risiko aufweisen,
notwendig, damit die Schweizer Forschung im Bereich der Bio- und Gentechnologie nicht unnötig
behindert wird.
Art. 6 Einfuhr und Art. 7 Ausfuhr
Hier stellt sich aus unserer Sicht die grundsätzliche Frage, welche Massnahmen zu treffen sind bei
der Ein- und Ausfuhr von und nach Ländern, die der Cartagena-Vereinbarung nicht angehören.
3. Abschnitt Aufgaben der Behörden
Obwohl das BUWAL im Allgemeinen für Fragen der Gentechnik im Ausserhumanbereich zuständig ist,
wäre es unseres Erachtens sinnvoll, dass bei GVO-Saatgut, das durch die Regelungen für den
grenzüberschreitenden Verkehr mit GVO in der Cartagena-Verordnung primär betroffen ist, das BLW
beigezogen wird. Im BLW und den ihm angeschlossenen Forschungsinstituten ist die Kompetenz
vorhanden, um Fragen zum Import und Export von Saatgut fundiert zu beurteilen.
Für ergänzende Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüssen
GEN SUISSE
Prof. Dr. Peter Gehr
Präsident
Kurt Bodenmüller
Geschäftsführer
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