Sud-Nord.West.Ost.Kaiserkanal.Yangtse.2012 - China

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Klaus-Michael Beneke
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Landeskunde China: Ost-West gegen Nord-Süd.
Langer Fluss (Chang Jiang) (Yangzi) und Kaiserkanal – ein struktureller Vergleich
1. Es geht mir im Folgenden nicht um chinesische Geschichte, um dessen Geographie, um
dessen historische Geographie, um spezielle Fragen der Wasserwirtschaft, sondern schon um
ein paar allgemeinere Aspekte der Gegenwart Chinas. Die wichtigsten Flüsse Chinas sind
bekanntlich der Yangtsekiang, der Gelbe Fluss, der Huai He, der Perlfluss und – wenn man so
will – der Mekong, der Amur und der Ussuri. Natürlich haben alle diese Flüsse Nebenflüsse. ..
2. Flüsse sind weder vorrangig natürliche Kloaken noch allein zu romantischen Gefühlen
verleitende Reminiszenzen (á la Loreley). Sie sind mächtige Faktoren der Kulturentstehung und entwicklung – man denke an Euphrat und Tigris, an den Nil, den Mississippi, den Amazonas, den Rio
Bravo, die Wolga, die Seine, die Themse oder an die „Elbe, Alster und Bille“, ganz zu schweigen von
der Wandse. .. Der damalige Umweltminister Klaus Töpfer stürzte sich einst in die Fluten des Rheins,
um zu demonstrieren, dass es mit dem Fluss ökologisch wieder aufwärts geht. Mao schwamm im
Yangtse, einzig um ein politisches Signal auszusenden: „Ich will wieder zurück an die Macht.“
3. Flüsse sind auch Urheber verheerender Überschwemmungen. Sie sind Wasserstraßen,
Faktoren der Wirtschaft (Bewässerung, Tiefsee-/Binnenschifffahrt; Schiffbau, Tourismus,
Sport) und Gegenstände von emotionaler Qualität.
Die
Moldau und seine schönen Flusslandschaften bildeten den Hintergrund für Kompositionen national gestimmter
Tonsetzer. Der Huang He veränderte im Laufe der Geschichte mehrfach seinen Lauf und riss Millionen von
Menschen in den Tod; diese Ereignisse entschieden über das Wohl und Wehe von Dynastien.
4. In China verlaufen die Flüsse im Wesentlichen in West-Ost-Richtung (nicht der Mekong!),
vom tibetischen Hochland in Richtung Chinesisches Meer oder Bohai-Bucht. Der Kaiserkanal
– in seiner historischen Bedeutung vergleichbar mit der Großen Mauer - verläuft dagegen von
Süd nach Nord. Vereinfacht gesagt, symbolisiert dieses Spiel mit den Himmelsrichtungen
nichts Anderes als die Auseinandersetzung des Menschen mit der Natur und den Versuch,
durch die künstliche Anlage von Wasserstraßen einen bestimmten kulturellen Gestaltungswillen zur Geltung zu bringen; der Machtanspruch der Zentrale im Norden soll im Süden
durchgesetzt werden (z.B. Steuerentrichtung in Form von Tee oder durch die Versorgung des
Nordens mit Wirtschaftsgütern). Heute gibt es zwar Bestrebungen zum Wiederaufbau der Gr.
Mauer, weniger zu einer ökologisch sinnvollen Rekonstruktion des Schifffahrtsweges nach
Beijing. Suzhou (Venedig Chinas), Shanghai und Hangzhou bleiben touristisch verknüpft.
5. Das Jahrhundert-Projekt des Drei-Schluchten-Staudamms führt zu einer forcierten Ökonomisierung des Yangtsekiang. Zwar harmonieren Ökonomie und Ökologie nicht sonderlich,
noch kommt es zu einem passablen Ausgleich von kulturellen Kosten oder ökologischen Folgen. Die Tourismuswirtschaft erlebt dagegen eher einen ungebremsten Aufschwung, da die
Kreuzfahrten auf den drei beeindruckenden Drei Schluchten weiter durchgeführt werden
können. Selbst radeln kann man entlang des Yangtsekiangs. Die größte Stadt Chinas –
Chongqing, mit einer Ausdehnung etwa der Fläche Österreichs und ca. 32 Mill. Einwohnern
– mausert sich ökonomisch zu einer erstklassigen Ib-Adresse (Standort). - So what?
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