Prof. Dipl. Ing. Christiane Thalgott DASL, BDA, SRL, ULI INDUSTRIEBAUARCHITEKTUR IM RAHMEN DER STADTPLANUNG Der Erfolg der Städte war immer wesentlich von ihrem Erfolg als Arbeitsplatz bestimmt. Hafenstädte und die Städte der Schwerindustrie sind einprägsame Beispiele dafür. Mit der Eisenbahn entstanden ab Mitte des 19. Jahrhunderts neue Transportnetze, die auch Städten die bisher nur von örtlichem Handel und Handwerk geprägt waren, den industriellen Aufschwung ermöglichten. Er war getragen von aktiven Unternehmerpersönlichkeiten, gestützt von einer lernund leistungsbereiten stetig wachsenden Bevölkerung und wurde durch die technischen und gesellschaftlichen Umwälzungen in der Folge der Kriege weiter beschleunigt. Forschung und Wissenschaft aber auch Messen und Weltausstellungen verbreiteten Herstellungstechnologien und Produkte. Handwerksbetriebe und Manufakturen, auf die örtliche Versorgung ausgerichtet, hatten ihren Platz mitten in der Stadt. Die größeren Industriebetriebe haben schon im 19. Jhd. Standorte am Stadtrand gesucht. Hier bot sich ausreichend Platz für Betriebserweiterungen sowie die Belieferung, die Logistik. Für die steigende Zahl der Arbeitskräfte konnten schnell und auf eigenem Grund Wohnungen gebaut werden. Die Standortwahl am nördlichen und östlichem Stadtrand sollte die Belästigungen für die Stadtbürger möglichst gering halten. Mit Gesamtplanungen für die städtebauliche Entwicklung suchten die Städte das stürmische Wachstum ab der 2. Hälfte des 19. Jhd. zu steuern. Die ausreichende Verkehrserschließung und die hygienischen Anforderungen standen dabei im Vordergrund. Auch München, das von 1850 – 1900 von 50.000 auf 500.000 Einwohner gewachsen war, hat auf der Basis eines städtebaulichen Wettbewerbs, der 1892 durchgeführt worden war, 1904 einen Gesamtplan beschlossen, in dem die Stadterweiterungen sowie, die Baugrenzen,Gebäudehöhen und Baudichten für die gesamte Stadt geregelt waren. Außer der Darstellung von Industriegebieten gab es keine Nutzungsdifferenzierungen. Die großzügige Fabrikantenvilla neben der Fabrik, die oft ebenfalls eine repräsentative Fassade hatte, waren der Stolz der Unternehmer. Erst 1933 wurde in der berühmten »Charta von Athen« die Anforderungen an gesunde Städte für Arbeiten, Wohnen und Freizeit formuliert. Ausreichende Abstände, um Beeinträchtigungen auszuschließen, kurze Wege und gut erreichbare Versorgung wurden postuliert und haben den Städtebau der folgenden 70 Jahre mit zunehmenden technischen Regeln wie z.B. der DIN 18005 geprägt. Die wachsende Motorisierung nach 1945 ermöglichte es, große Abstände und weite Wege zu überwinden, die Forderung nach kurzen Wegen war vergessen. Aber auch der zunehmende Platzbedarf, die günstigere Erschließung für den LKW-Verkehr und die niedrigen Bodenpreise machten den Stadtrand attraktiv. Umzüge ermöglichten Umstrukturierungen an innerstädtischen Standorten für neue Nutzungen. Die Münchner Brauereien sind hierfür für ein gutes Beispiel. Parallel zum Wandel der Standorte veränderte sich die Gestaltung der Gebäude. Nicht mehr die repräsentative Fabrikfassade, das Fabrikschloss, war gewünscht sondern die flexible »Schachtel« als Hülle für sich ständig ändernde Produktionsabläufe. In den letzten zwei Jahrzehnten hat in den Städten ein grundsätzliches Umdenken stattgefunden. Industriebetriebe mit ihren unterschiedlichen Arbeitsplätzen für Hand- und Kopfarbeiter und ihren internationalen Vernetzungen werden hoch geschätzt. Die beherrschten Emissionen und die Miniaturisierung ermöglichen wieder integrierte Standorte in der Stadt. Aus Schmuddelkindern werden begehrte Vorzeigeobjekte. Die Erkenntnis, daß Corporate Design auch die Gebäude einbeziehen sollte, hat darüber hinaus zu zu interessanter und qualitätvoller Architektur bei manchen Industriebetrieben geführt, so daß die Gebäude für die Städte gestalterisch ein Gewinn sind. Die Städte müssen den Betrieben allerdings verlässliche langfristige Rahmenbedingungen bieten, Emissionen bei flexiblen Arbeitszeiten ermöglichen und die Verkehrserschließung trotz Feinstaubbegrenzung und Lärmminderungsprogrammen sichern. Die Betriebe müssen wachsen und veränderte Produktionsbedingungen realisieren können. Diese weitgehenden Anforderungen und die unterschiedlichen Maßstäbe im Gegensatz zur Wohnbebauung, dazu die hohen Anforderungen an die Verkehrserschließung machen die Integration in gemischte Stadtquartiere oft schwer. Trotzdem lässt sich, wie BMW in München zeigt, das Nebeneinander und das Miteinander von großen geschlossenen Industrieanlagen mit hohem Erschließungsanspruch und Wohnen gestalten. Hier hat die konkrete Architektur große Bedeutung, denn sie schafft die emotionale Einbindung. Das BMW-Hochhaus, der »Vierzylinder« ist ein berühmtes und geliebtes Zeichen für München . Der Eingang zum FIZ ist ein großer schöner Platz in einem dicht bebauten Stadtteil. Die BMW-Welt ist heute schon der Stolz aller Münchner. Hier sind mit Architektur die Zeichen gesetzt, die 300m Hallenlänge und manche Verkehrsbelästigung ertragen lassen. Hervorragende Architektur zeigt die Bedeutung des Produkts und den Stolz der Bauherren sowie den Wunsch sich am Standort in der Stadt darzustellen. Der Glanz fällt auf alle. Der Glanz der Schönheit macht Widrigkeiten weniger lästig und beflügelt, alle die verbleibenden Probleme zu lösen. Prof. Christiane Thalgott 8.6.2007