UN-Klimakonferenz in Kopenhagen Delegation des Europäischen Parlaments zur UN-Klimakonferenz in Kopenhagen 7. bis 18. Dezember 2009 Auf der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen soll ein neues internationales Klimaschutzabkommen für die Zeit nach 2012 vereinbart werden. Ziel ist, den Ausstoß von Treibhausgasen so weit zu mindern, dass die Erderwärmung auf unter 2 Grad Celsius gegenüber vorindustriellen Werten begrenzt wird. Ich werde die Delegation des Europäischen Parlaments zusammen mit meinem Kollegen Jo Leinen als Vizevorsitzender anführen und in den kommenden 6 Tagen Gespräche führen und die Verhandlungen begleiten. Die Zeit drängt - und zwar in vielerlei Hinsicht: Zum einen zeigen die neuesten Erkenntnisse der Klimaforschung deutlich, dass jenseits eines globalen Temperaturanstieges von 2 Grad Celsius der Klimawandel kaum noch beherrschbar sein wird. Zum anderen endet 2012 die erste Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls, mit dem sich verschiedene Industrieländer - aber weder die USA noch die Schwellen- und Entwicklungsländer - auf eine Reduzierung ihrer Treibhausgase verpflichtet haben. Um keine Lücke in den Verpflichtungszeiträumen zu riskieren, müssen wir nun die Weichen legen. Es ist klar: Wir dürfen keine Panikmache betreiben. Der Mündungsbereich des Rheins wird nicht morgen bei mir daheim am Niederrhein beginnen. Für mich ist die CO2-Debatte auch nur "die Spitze des Eisbergs". Sozusagen unter der Wasseroberfläche verborgen liegt die Herausforderung der Rohstoffsicherung. Denn: So weitermachen wie bisher können wir bald nicht. Wir haben besonders in den Industrieländern - in den letzten hundert Jahren Rohstoffe verbraucht, die Millionen von Jahren gebraucht haben, um zu entstehen. Diese Rohstoffe sind endlich! Deshalb gilt es, nachhaltiger zu wirtschaften - auch für die Zukunft unserer Industrie… Zudem gilt es, rasch zu handeln, um unsere Industrie nicht ins Hintertreffen geraten zu lassen. Klimaschutz kann der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen und europäischen Wirtschaft im internationalen Vergleich nützen - schließlich sind wir Technologieführer im Bereich der Umwelttechnologien. Wenn die Politik die richtigen Anreize setzt, kann Klimaschutz für viele Unternehmen sogar eine riesige Chance sein, neue Absatzmärkte können erschlossen, neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Allerdings gilt: Wir dürfen uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen, die USA und auch Japan und Südkorea holen auf! Diese motivierende, positive Herangehensweise wollen wir unseren Gesprächspartnern vermitteln. Beim Klimaschutz geht es nicht um Verzicht und darum, Dinge aufzugeben, es geht um neue Chancen und nachhaltigere Entwicklung! Unsere Ziele für Kopenhagen: Aus Sicht der EU soll ein neues Klimaschutzabkommen insbesondere folgende Elemente beinhalten: Gemeinsame Vision: Der globale Temperaturanstieg muss auf maximal 2 Grad Celsius gegenüber vorindustriellem Niveau begrenzt werden, um den Klimawandel in beherrschbaren Grenzen zu halten. Wie uns die Wissenschaftler des UN-Klimarats bestätigen, müssen dazu die globalen Emissionen ihren Höhepunkt spätestens 2020 erreicht haben und bis 2050 um mindestens die Hälfte reduziert werden. Minderungsverpflichtungen von Industrieländern: Auch aufgrund unserer historischen Verantwortung müssen wir und andere Industrieländer klare und verbindliche Minderungsverpflichtungen übernehmen, und unsere Emissionen bis 2020 um insgesamt 25-40 % gegenüber 1990 reduzieren und bis 2050 um mindestens 80-95 % gegenüber 1990 senken. Minderungsbeiträge von Entwicklungsländern: Schwellen- und Entwicklungsländer müssen sich zu konkreten und nachprüfbaren Minderungsbeiträgen verpflichten, die in der Summe bis 2020 zu einer Begrenzung der Emissionen um 15-30 % gegenüber dem Emissionstrend (auch "business as usual" genannt) führen. Diese Anstrengungen sollen durch finanzielle Hilfen und Technologiekooperation von Seiten der Industrieländer unterstützt werden. Reduzierung der Emissionen aus Entwaldung: Besonders in Entwicklungsländern stellt die Abholzung von Wäldern eine bedeutende Emissionsquelle dar. Allein in Kalimantan werden jedes Jahr mehr als 660.000 Hektar Wald abgebrannt. Dies entspricht einer Fläche, mehr als doppelt so groß wie das Saarland. Jedes Jahr macht allein die Zerstörung der indonesischen Torfmoorwälder 8% der weltweiten CO2-Emissionen aus. Daher sollen finanzielle Anreize geschaffen werden, um die Bruttoentwaldung der tropischen Wälder bis 2020 um mindestens 50 % zu reduzieren und bis 2030 einen weltweiten Stopp des Waldverlustes zu erreichen. Internationaler Flug- und Schiffsverkehr: Die Emissionen des Flug- und Schiffsverkehrs nehmen kontinuierlich zu, sind jedoch bislang nicht vom internationalen Klimaschutzregime berücksichtigt. Ein neues Klimaschutzabkommen soll deshalb Minderungsziele für beide Sektoren umfassen. Weiterentwicklung des globalen Kohlenstoffmarktes: Der globale Kohlenstoffmarkt soll zum zentralen Umsetzungsinstrument des internationalen Klimaschutzes ausgebaut werden. Insbesondere die wirtschaftlich fortgeschrittenen Entwicklungsländer sollen durch die Einführung neuer sektoraler Marktmechanismen in den Kohlenstoffmarkt mit eingebunden werden. Mit den globalen Obergrenzen werden Emissionsrechte knapp, sie bekommen einen Preis und können auf dem Kohlenstoffmarkt gehandelt werden. Klimafreundliche Technologien: Die Entwicklung und Verbreitung moderner Klimatechnologien soll durch den globalen Kohlenstoffmarkt gefördert werden und Anreize zur konkreten Technologiekooperation zwischen Industrie- und Entwicklungsländern sollen gesetzt werden. Anpassung an den Klimawandel: Von den Folgen des Klimawandels sind insbesondere die ärmsten Staaten betroffen - die ihm am wenigsten entgegenzusetzen haben. Diese Länder müssen wir bei der Anpassung an den Klimawandels unterstützen, denn auch bei einer Begrenzung der globalen Erwärmung auf maximal 2°C sind zum Teil erhebliche Klimaänderungen nicht zu vermeiden. Einrichtung einer tragfähigen Finanzarchitektur: Der Gesamtfinanzbedarf für Klimaschutzmaßnahmen in Entwicklungsländern wird bis 2020 wohl auf rund 100 Mrd. € pro Jahr anwachsen. Der Anteil öffentlicher Finanzierung daran wird Schätzungen nach 2020 zwischen 2250 Mrd. € betragen. Die EU wird hierzu einen angemessenen und fairen Beitrag leisten - welcher Beitrag dies genau sein wird, wird derzeit in Brüssel verhandelt. Wichtig ist: Die Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen in Entwicklungsländer muss in verlässlicher und voraussehbarer Weise erfolgen - im Gegenzug dazu müssen die Entwicklungsländer jedoch nachprüfbare Emissionsminderungen erbringen.