Programm - Orchesterverein Dornbach

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ORCHESTERVEREIN DORNBACH-NEUWALDEGG
Herbstkonzert
Musikalisches Ständchen
Samstag, 18. Oktober 2014, 16 Uhr
Clemens-Maria-Hofbauer-Saal
Kulmgasse 35, 1170 Wien
Gefördert von der Gemeinde Wien, MA 7
ORCHESTERVEREIN DORNBACH-NEUWALDEGG
Programm
Franz Schubert
Josef Strauß
Gerhard Winkler
Peter I. Tschaikowsky
Der häusliche Krieg
Ouvertüre D. 787
Buchstaben-Polka
Polka française op. 252
Neapolitanisches Ständchen
Marsch
Dornröschen-Walzer
aus der Ballett-Suite „Dornröschen“ op. 66a
Nr. 5
Johannes Brahms
Camillo Morena
Ungarischer Tanz Nr. 5
Klänge aus Arkadien
Potpourri op. 180
Johann Strauß Sohn
Russischer Marsch
Marsch op. 426
Albert W. Ketèlbey
Auf einem persischen Markt
Intermezzo-Szene
Josef Rixner
Spanischer Marsch
aus der Suite „Frohes Wochenend“
Johann Strauß Sohn
Éljen a Magyar!
Schnell-Polka op. 332
Lothar Gintersdorfer, Moderation
Orchester Dornbach-Neuwaldegg
Franz Xaver Pollatschek, Dirigent
ORCHESTERVEREIN DORNBACH-NEUWALDEGG
Liebes Publikum!
Mit dem heutigen Programm bieten wir Ihnen nicht nur ein „Musikalisches Ständchen”, sondern entführen Sie auch auf eine Reise quer durch Europa – und sogar
noch ein bisschen weiter. Im Folgenden nun ein kleiner „Reiseführer“:
Ob unser erstes Stück, „Der häusliche Krieg“, gleichsam als die eigentliche Motivation für eine (weite) Reise zu verstehen ist? – Nein, so darf man das nicht interpre tieren, zumal der ursprüngliche Titel dieses Einakters von Franz Schubert „Die Verschworenen“ lautete und aufgrund der Zensur geändert werden musste.
Dieses Singspiel entstand, auf Bestellung der Administration der Wiener Hofoper, im
Frühjahr 1823. Es beruht auf einem Libretto von Ignaz Franz Castelli, das Ende 1822
im Druck erschienen war, und spielt in Deutschland zur Zeit der Kreuzzüge. Über
eine Aufführung zu Schuberts Lebzeiten sind nur undeutliche Angaben erhalten, die
auf eine Schulaufführung mit Klavierbegleitung hinweisen. Schubert resignierte, als
er erfuhr, der Berliner Komponist Georg Abraham Schneider habe mit seiner zeitgleich entstandenen Vertonung Anfang 1824 in Berlin einen Erfolg errungen. Die
konzertante Uraufführung des Singspiels erfolgte erst am 1. März 1861 durch den
Wiener Singverein unter dessen Dirigent Johann von Herbeck im alten MusikvereinsGebäude in den Tuchlauben, die szenische dann am 29. August 1861 in Frankfurt
am Main.
Unser zweites Stück, die „Buchstaben-Polka“ von Josef Strauß, erklang neben
mehreren Novitäten am 24. Juli 1868 im Rahmen des mehrere Tage dauernden
Bundes-Schützenfestes in einem Konzert im Volksgarten. Das Besondere an dem
Stück ist das erste Motiv, welchem die sieben Noten der ersten sieben Buchstaben
des Alphabets a bis g zugrunde liegen. Dieses Stück kann auf eine sehr einfache
Weise mit Reisen in Verbindung gebracht werden: Wie sonst, als mit Buchstaben,
können wir die berühmt-berüchtigten Ansichtskarten befüllen, um den Daheimgebliebenen mit Nachdruck zu vermitteln, was sie gerade alles versäumen?
Wirklich auf Reisen geht es nun mit unserem dritten Stück, „Neapolitanisches
Ständchen“ von Gerhard Winkler, einem deutschen Salon-, Schlager- und Filmkomponisten. Der Schlager „O mia bella Napoli“, auch bekannt unter dem Namen „Nea politanisches Ständchen“, entstand 1936 und war auch in Italien ein großer Erfolg.
Quasi Unsterblichkeit erlangte Winkler dann mit seinem 1943 komponierten Lied
„Caprifischer“. Winklers Musik zu zahlreichen (v.a. Schwarzwald-) Heimatfilmen
prägte die Wirtschaftswunderzeit, insbesondere aber trugen seine teilweise noch vor
Kriegsende entstandenen Schlager zur deutschen Italienbegeisterung bei. Er kann
als einer der Väter des deutschen Reiseschlagers gelten und ist ohnehin der wohl
einflussreichste Komponist in der Ära des klassischen deutschen Nachkriegsschlagers.
Von Italien machen wir uns nun auf die weite Reise bis nach Russland zu Peter I.
Tschaikowsky. Unser viertes Stück, der „Dornröschen-Walzer“, stammt aus der
Ballett-Suite „Dornröschen“ und entstand ebenso wie der „Nussknacker“ Anfang der
1890er Jahre. Diese Werke stellen in der Geschichte des russischen Balletts eine ra dikale Reform dar. Erstmals ist die Musik nicht mehr nur ein untergeordneter Partner,
vielmehr muss das Ballett als getanzte symphonische Dichtung betrachtet werden,
bei der eine enge Beziehung zwischen Musik und Choreographie besteht. Tschai kowsky selber unternahm viele Reisen quer durch Europa, einerseits als „Tourist“ in
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seiner Freizeit, später, ab Mitte der 1880er Jahre, dann auch als Dirigent auf ausge dehnten Konzerttourneen.
Von Russland ist es nun gar nicht mehr so weit nach Ungarn, dessen Musik Johannes Brahms in seinen berühmten „Ungarischen Tänzen“ vertont hat. Diese insgesamt 21 Tänze entstanden in den Jahren 1858–69 in der ursprünglichen vierhändi gen Klavierfassung. 1872 verfasste Brahms die ersten zehn Tänze auch für Klavier
solo. Bis auf die Nummern 11, 14 und 16 handelt es sich nicht um originale Gedanken Brahms’, sondern um Bearbeitungen vorgefundener Melodien. Allerdings sind
die Vorlagen auch keine originalen Volkslieder ungarischer Roma, wie oft angenommen wird, vielmehr hatte Brahms die Themen von dem Geiger Eduard Reményi kennengelernt; sie dürften teilweise von Reményi selbst und teilweise von anderen Komponisten ungarischer Folklore dieser Epoche stammen. Für drei der Tänze (Nr. 1, 3
und 10) schrieb Brahms 1873 orchestrale Arrangements, die am 5. Februar 1874 unter der Leitung des Komponisten in Leipzig uraufgeführt wurden. Die restlichen Tänze wurden von anderen Bearbeitern orchestriert. Für unser fünftes Stück, den Ungarischen Tanz Nr. 5, gibt es Orchesterbearbeitungen aus dem 19. (Albert Parlow)
und 20. Jahrhundert (Martin Schmeling). Der mit Brahms befreundete Geiger Joseph
Joachim schuf eine virtuose Bearbeitung sämtlicher Ungarischen Tänze für Violine
und Klavier.
Nach einer kurzen Pause – Reisen kann ja durchaus anstrengend ein – finden wir
uns mit unserem sechsten Stück „Klänge aus Arkadien“ in einem ganz besonderen Land wieder.
Ganz nüchtern betrachtet ist Arkadien eine Landschaft im Zentrum der Peloponnes
und einer der fünf Regionalbezirke dieser griechischen Region. Nach der Unabhängigkeit Griechenlands 1833 wurde Arkadien als Präfektur eingerichtet, verlor diesen
Status aber wieder durch die griechische Verwaltungsreform 2010. Als Regionalbezirk entsendet Arkadien acht Abgeordnete in den Regionalrat der Peloponnes, hat
darüber hinaus jedoch keine politische Bedeutung. Der Hauptort ist die Stadt Tripoli.
Allerdings, Arkadien ist auch eine literarische Hirtenlandschaft, die zunächst von Vergil entworfen wurde, mit Elementen italienischer und peloponnesischer Landschaften. Und es geht noch weiter: den Namen Arcadia trägt auch eine Schäferdichtung
von Jacopo Sannazaro. Er schrieb diese etwa um 1480, die endgültige Fassung wurde erstmals 1504 in Neapel veröffentlicht. Mit seiner italienischen Arcadia hat Sannazaro die Literatur des 16. und 17. Jahrhunderts (Shakespeare, Philip Sidney, Margarete von Navarra, John Milton) nachhaltig beeinflusst.
Befasst man sich näher mit dem Werk selber, so wird es noch interessanter. Nicht
nur der Komponist der „Klänge aus Arkadien“, Camillo Morena, ist ein Pseudonym –
dahinter verbirgt sich ein österreichischer Komponist und Bearbeiter mit dem bürgerlichen Namen Carl Elias Mieses, geboren 1867 in Guntramsdorf. Auch die Widmung
des Stückes „Dem langjährigen verdienstvollen Leiter der Kurkapelle in Bad Warm brunn, Herrn Obermusikmeister A. Bösel“, gibt Rätsel auf. Wo ist Bad Warmbrunn
und wer ist Herr Bösel? – Nun ja, Bad Warmbrunn trägt den Namen Cieplice, liegt
am Fuße des Riesengebirges und ist der älteste Kurort Polens, gegründet im Jahre
1281. Und Herr Bösel hat offensichtlich im Jahr 1912 in Bad Warmbrunn den 50.
Geburtstag von Gerhart Hauptmann mitgefeiert, wie ein Telegramm belegt.
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Mit unserem siebten Stück, dem „Russischen Marsch“ von Johann Strauß Sohn
geht es ein weiteres Mal nach Russland. Dieses Werk steht in unmittelbarem Zu sammenhang mit seiner letzten Konzertreise nach Russland: Im Frühjahr 1886 reiste
Johann Strauß, diesmal in Begleitung von Adele Strauß, in die russische Metropole
St. Petersburg, um auf Einladung der Damen vom Roten Kreuz bei einigen Konzerten seine neuesten Kompositionen, aber auch seine unvergessenen Werke aus den
Jahren 1856-1865, in denen er jeweils den Sommer über im benachbarten Pawlowsk dirigiert hatte, zu präsentieren. Eine dieser „Novitäten“ war der Marsch „Garde
à Cheval", ein ganz und gar unkriegerisches Charakterstück im russischen Stil, das
Strauß dem Zaren Alexander III. zueignete. Das in der Folge in die internationale
Konzertliteratur übernommene Werk ist im Druck unter dem Titel „Russischer
Marsch" erschienen.
Als nächstes entführt uns unser achtes Stück, „Auf einem persischen Markt“, von
Albert W. Ketèlbey, in eine ganz spezielle Atmosphäre, ein Hörerlebnis mit einer Ka rawane und einem persischen Markt. Ketèlbey stammte aus Birmingham, berühmt
wurde er durch seine kurzen, sehr malerischen Orchesterstücke der „Light Music“.
Ketèlbey komponierte jedoch auch eine große Anzahl an Begleitmusiken für Stumm filme. Als Dirigent war er in ganz Europa tätig. Der Erfolg seiner Werke ermöglichte
ihm später ein angenehmes Leben im Ruhestand auf der Isle of Wight; dort frönte er
neben der kompositorischen Tätigkeit seiner weiteren Leidenschaft, dem Billardspiel.
Albert W. Ketèlbey scheint praktisch sein ganzes Leben in England verbracht zu haben. Seine Nachfahren allerdings haben dann doch noch weite Reisen angetreten über Südafrika letztlich nach Australien.
Und noch einmal reisen wir – musikalisch - quer durch Europa, zu unserem neunten
Stück, dem „Spanischen Marsch“ von Josef Rixner, einem deutschen Komponist
und Dirigent, dessen Werke sich noch heute großer Beliebtheit in der Blas- und Unterhaltungsmusik erfreuen. Rixner begann 1919 als Bratschist, spielte später als Pia nist in vielen Orchestern und Ensembles. Seit 1932 lebte er in Berlin, wo er nach
dem Erfolg seiner Komposition „Bagatelle", die noch heute zum festen Bestand jeder
Kaffeehauskapelle gehört, als freier Komponist und Dirigent bis 1944 wirkte. Aus dieser Zeit stammen u.a. die Schlager „Komm zu mir heut Nacht" und die Tangos „Blau er Himmel" und „Nächtliche Gitarren". Daneben hat Rixner auch für die Bühne gearbeitet: Es entstanden das Ballett „Die bunte und die weiße Feder", die Revuen „Ein
Kuss reist um die Welt" und „Kisuaheli" sowie die Bearbeitung der Millöcker-Operette
„Der arme Jonathan" zu einer sehr beliebten Ouvertüre.
Der Abschluss unserer musikalischen Reise bringt uns heute zum zweiten Mal in un seren Nachbarstaat Ungarn, mit unserem zehnten Stück, „Éljen a Magyar!“. Johann Strauß komponierte diese Polka schnell anlässlich der Feiern zum zweiten
Jahrestag der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn, erstmalig aufgeführt im Redoutensaal in Pest im März 1869. Die neuen politischen Verhältnisse ermöglichten ihm
sogar, deutlich hörbar - im Polka-Teil und in der Coda - Motive des nach den Un garn-Aufständen im Jahr 1849 in Österreich verpönten Rakoczy-Marsches zu zitieren.
Nach dieser langen und verschlungenen Reise wünschen Ihnen allen einen sicheren
Heimweg und freuen uns auf ein Wiedersehen im nächsten Jahr!
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Quellen (Oktober 2014):
http://de.wikipedia.org
http://en.wikipedia.org
http://www.youtube.com
http://www.wimawabu.de
http://www.naxos.com
http://www.albertketelbey.org.uk
http://www.munzinger.de
http://www.der-blasmusikverlag.de
Persönliches Gespräch mit einem Urenkel von A. Ketèlbey
Karte:
„Europa 1890“ von unbekannt, scan by sidonius 15:36, 7 November 2006 (UTC) - Meyers Kleines Konversationslexikon. Fünfte, umgearbeitete und vermehrte Auflage. Bd. 1. Bibliographisches Institut, Leipzig und Wien
1892.
Lizenziert unter Public domain über Wikimedia Commons http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Europa_1890.jpg#mediaviewer/File:Europa_1890.jpg
Gestaltung: Sylvia und Gerd Nanz
Eigentümer und Herausgeber: Orchesterverein Dornbach-Neuwaldegg
Postadresse: Halirschgasse 14/28, 1170 Wien
ZVR-Zahl 190852061
www.ovdn.at
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