Hat Einstein recht? Max Camenzind Akademie Ältere HD Dezember 2015 Aktuell: LISA-Pfadfinder gestartet LISA-Pfadfinder Interferometrie ESA Albert Einstein auf dem 150-Fuß Sonnenturm auf Mount Wilson Observatory, zusammen mit dem Sonnenphysiker Charles St. John (mitte) und Mathematiker Walther Mayer (links), am 29. Jan. 1931. Einstein verbrachte die Wintermonate in USA. [The Huntington Library, Art Collections, and Botanical Gardens] Einstein lernt 1931: Universum expandiert Left to right: Albert Einstein, Edwin Hubble, Walther Mayer, Walter S. Adams, Arthur S. King, and William W. Campbell pose in front of the 100inch telescope dome at Mount Wilson Observatory. Jan. 29, 1931. [The Huntington Library, Art Collections, and Botanical Gardens] 5 Axiome definieren Einstein`s Gravitation von 1915/1916p • Einstein1: Flache Minkowski RaumZeit wird durch (pseudo-)Riemann Mannigfaltigkeit ersetzt, jedoch lokal in jedem Punkt Minkowski (EEP) es existiert ds² • Einstein2: Gravitation wird durch den Levi-Civita Transport auf RaumZeit beschrieben ( keine Torsion). • Einstein3: Testkörper (Planeten, Neutronensterne, Schwarze Löcher) bewegen sich auf Geodäten: ds² > 0; Photonen auf Nullgeodäten: ds² = 0 SEP. • Einstein4: Materieverteilung in der RaumZeit bestimmt die Krümmung GEinstein = Ricc – R g/2 = k T • Einstein5: Nicht-gravitative Kräfte (EM, QCD) verhalten sich im frei fallenden System wie in der SRT ISS. “Königsweg” Riemann Krümmung E2 V E1 TV Riemann: 6 Rotationsmatrizen a a TV = R bcd b c d V [E1 E2 ] ab, cd = 01, 02, 03, 12, 13, 23 0i-Krümmung Gezeitenkräfte Asteroid R0q0q Vakuum R0r0r Neutronen-Stern Krümmung Ricci-Tensor & Skalar Lösung 1915 Aus 20 mach 10 Gravitation ist Krümmung der RaumZeit (Einstein 1915) Krümmung der RaumZeit 1917 Rik 2 Rgik gik (8G / c )Tik 4 1 Krümmung Kosmol. Konstante Materie Rik Ricci Tensor mit Spur R = Rmm: folgt aus Riemann Tensor Albert Einstein 1915: Jede Form der Materie erzeugt Krümmung R (auch Photonen, Felder, Vakuum-Energie) Tests der Allgemeinen Relativität • • • • • Anfänglich nur 2 Tests möglich: Periheldrehung der Merkurbahn; Lichtablenkung am Sonnenrand. Dann war 40 Jahre lang Funkstille. Erst Ende der 1960er-Jahre wurden Tests wieder möglich. Grund: verbesserte Technologie, Atomuhren usw. • Eine gewisse Synergie zwischen Theoretikern und Experimentatoren: Kaum jemand wusste vorher, was ein Riemann-Tensor ist. Und Relativisten wussten nichts von Astronomie. Tests im Laufe der Zeit • Merkurs Apsidendrehung ist seit 1850 bekannt Diskrepanz von 43``/Jahrhundert Einstein erklärt dies 1915 zum ersten Mal. • Die Lichtablenkung wird 1922 zum ersten Male von William Campbell genau gemessen. • Moderne Werte der Lichtablenkung • Shapiro Zeitverzögerung mit Cassini. • Gravity Probe A misst gravitative Rotverschiebung • Der Raum um die Erde ist gekrümmt! GP B • Der Mond testet das Starke Äquivalenzprinzip. • Was kann Gaia beitragen? Bahnelemente eines Planeten werden durch andere gestört Apsidendrehung Merkurbahn Periode: 88 Tage Apsidendrehung: 1850: Urbain Le Verrier: 574``/Jahrhund. 277,8`` auf Venus 153,6`` auf Jupiter 99,8`` andere Plan. ------------------------531,2``/Jh. Total ------------------------42,8``/Jahrhund. als Diskrepanz Exzentrizität der Merkurbahn Le Verrier, der durch die Untersuchung unerklärter Anteile in den Bahnstörungen des Uranus bereits erfolgreich die Entdeckung Neptuns ermöglicht hatte, vermutete als Ursache der Diskrepanz bei Merkur eine Störung durch einen bislang unbekannten Planeten auf einer Bahn innerhalb der Merkurbahn. Dieser Planet erhielt den Namen Vulkan, konnte jedoch trotz ausgedehnter Suche – unter anderem während mehrerer Sonnenfinsternisse – nicht entdeckt werden. Ebenso konnte auch kein für die Störungen verantwortlicher sonnennaher Asteroidengürtel nachgewiesen werden. Andere verdächtigten den für das Zodiakallicht verantwortlichen Staubgürtel oder sahen zumindest einen Teil der Ursache in einer wegen ihrer Rotation abgeplatteten Gestalt der Sonne (siehe auch unten), blieben mit ihren Erklärungsversuchen aber letztlich ebenfalls erfolglos. Gravitationsfeld Sonnensystem Gravitationsfeld im Sonnensystem hat in metrischen Theorien folgende Gestalt: sog. Robertson Parameter ß und g Einstein: g 1 b ; Lorentz-Invarianz: h 4b g 3 0 Nicht-Linear Krümmung Sonnenquadrupol = 2,18 x 10-7 ppN Parameter: Was messen g und b ? Der ppN Parameter g misst den Überschuss an räumlicher Krümmung, der durch eine Einheitsmasse erzeugt wird. Der ppN Parameter b misst die Nicht-Linearität in der Superposition der Gravitationsfelder. In der Einstein Theorie gilt: In einer Gravitationstheorie mit Skalarfeld (Brans-Dicke) treten Abweichungen auf. gE = 1 = bE Warum ist g interessant ? Welche Masse erzeugt Krümmung? Im heutigen Universum erwartet man eine Abweichung von der Größenordnung Ein langreichweitiges Skalarfeld würde die Einstein Theorie zu Fall bringen, ebenso das Äquivalenzprinzip (Verletzung der Universalität der physikalischen Konstanten!). Die genaue Abweichung hängt von der konkreten Theorie ab. pN-Geometrie Sonnensystem & Periheldrehung / g = 1 = b Periheldrehung Merkurbahn Wert [arcsec/Julian. Jh] 531,63 +- 0,69 0,0245 42,98 +- 0,04 574,64 +- 0,69 574,10 +- 0,65 Ursache Störung der Planeten Quadrupol der Sonne Allgemeine Relativität Summe aller Effekte Beobachtung Pendeln min. & max. Radius Alle Planeten Periheldrehung Planet Nach Einstein Beobachtung Merkur 42,98`` / Jh. 42,98 +- 0,45`` / Jh. Venus 8,63`` / Jh. 8,4 +- 4,8`` / Jh. Erde 3,84`` / Jh. 5,0`` +- 1,2`` / Jh. Mars 1,34`` / Jh. 1,5`` +- 0,15`` / Jh. Icarus 10,3`` / Jh. 9,8`` +- 0,8`` / Jh. Übung: Wie leitet man die Formel ab für die Periheldrehung? Berechnen Sie die Werte für die Planeten. Über den Einfluss der Schwerkraft auf Lichtausbreitung 1911 Einstein 1911 unvollständig In diesem Brief an George Ellery Hale illustriert Einstein die Lichtablenkung durch das Gravitationsfeld der Sonne (Oct. 14, 1913). Beachte den falschen Wert! [The Huntington Library, Art Collections, and Botanical Gardens] 1915 Einstein korrigiert Lichtablenkung 1911 hatte der junge Physiker an der Karls-Universität Prag Albert Einstein eine Version der späteren Allgemeinen Relativitätstheorie veröffentlicht: Über den Einfluss der Schwerkraft auf die Ausbreitung des Lichtes (Ann. Phys. 35 (1911) 898). Er sagte eine Ablenkung von Lichtstrahlen, die tangentiell den Sonnenrand streifen, von lediglich 0``,85 Bogensekunden voraus. In der Endfassung von 1915/6 erhöht sich der Wert auf 1``,75 durch Berücksichtigung der Raumkrümmung. Sein Kollege, der Astronom Leo Wenzel Pollak, suchte Astronomen, die diesen Effekt beobachten sollten. Alle erfahrenen Astronomen sahen keine Chance. Freundlich, der der stupiden Routinetätigkeit entfliehen wollte, nahm die Herausforderung begeistert an. Damit begann eine lange Zusammenarbeit mit Einstein. Lichtablenkung am Sonnenrand Sir Arthur Stanley Eddington war der brillanteste Astrophysiker jener Zeit, war Pazifist wie Einstein, lernte 1916 Einsteins ART kennen One of Eddington's photographs of the total solar eclipse of 29 May 1919, presented in his 1920 paper announcing its success, confirming Einstein's theory that light "bends“. William Campbell vom Lick Observatorium hatte jedoch keine Ablenkung gemessen. Er hielt seine Ergebnisse aber zurück. Neue Daten! Eddington löst eine Lawine aus Dennoch Zweifel an der Messung 1919 Einstein erste Superstar Physik Einstein bekommt auch in Deutschland Anerkennung Physiker bleiben skeptisch! pN-Geometrie Sonnensystem Newtonsches Potenzial + Raumkrümmung Nicht-Linearität Hälfte Newtonsches Potenzial + Hälfte Raumkrümmung Einschränkungen an den Robertson Parameter g @ Clifford Will, Liv. Rev. Rel. Lichtablenkung Gravitationslinsen Dunkle Materie Bei einem Gravitationslinsensystem liegt zwischen dem irdischen Beobachter und einer weit entfernten Lichtquelle ein weiteres kosmisches Objekt, das als Schwerkraftlinse wirkt, etwa ein Stern, eine Galaxie, ein Galaxienhaufen oder ein Schwarzes Loch. Solche Massenkonzentrationen lenken die Lichtstrahlen weiter entfernter Lichtquellen vom geraden Weg ab. Der Beobachter auf der Erde kann dadurch ein Objekt doppelt oder mehrfach sehen. Einstein-Kreuz: Ablenkung des Quasar-Lichts durch DM Galaxie Ablenkung der HintergrundStrahlung durch DM Universum Lichtablenkung im starken Gravitationsfeld eines SL Shapiro Zeitverzögerung 1964 rS b rE tESE = 2(rE+rS)/c + 2(g+1)GMS/c³ ln(4rErS/b²) GMS/c³ = 4,9254900947 µs Erwin Shapiro 1970 g = 1,000 +- 0,002 Cassini misst 2002 Laufzeit-Verzögerung g = 1,000021 +- 0,000023 Einschränkungen an den Robertson Parameter @ Clifford Will, Liv. Rev. Rel. Shapiro Zeitverzögerung Zukunft Vorschlag JPL – bisher nicht finanziert Grafik: Turyshew Binärpulsare Testlabor Neutronensterne ideale Testkörper ~RSonne 5 Effekte sind messbar: Endliche Lichtlaufzeit Rel. Apsidendrehung Grav.Rotverschiebung + quadr. Dopplereffekt Shapiro Licht-Laufzeitverzögerung Gravitationswellenabstr Doppel-Pulsar J0737-3039A+B testet Einstein B: Pulsar A: MSP A: 2003 entdeckt (A. Lyne 2003) B: 2004 entdeckt (A. Lyne 2004) Parameter Pulsar A alt Pulsar B jung Spin Periode 23 ms 2,8 s Masse 1,337 MS 1,250 MS Bahn Periode 2,4 h 2,4 h Shapiro-Laufzeit-Verzögerung Binärpulsar Shapiro-Laufzeit-Verzögerung Relativistische Effekte in Doppelsternen mit Neutronensternen xB m A R x A mB MB=1,248(9) M MA=1,338(1) M Camenzind 2007 Massen der Neutronensterne Lichtablenkung im Sonnensystem Gaia testet Einstein im Sonnensystem Gravity Probe A misst Rotverschiebung Gravity Probe A (GP-A) flog am 16. Juni 1976 mit einer extrem genauen Atomuhr in einer steilen, ballistischen Bahn mit 10.000 km Gipfelhöhe. Während des knapp zweistündigen Fluges wurde der Gang der Uhr mittels Mikrowellenverbindung mit zwei gleichen Uhren am Boden verglichen. Dazu wurde das Uhrensignal der Sonde durch einen Transponder einem vom Boden empfangenen Signal aufgeprägt und wieder zurückgesendet. Dieses Verfahren vermied die störende Wirkung des Doppler-Effekts und erlaubte die Messung der auf dem Äquivalenzprinzip beruhenden Gravitationsrotverschiebung mit einer Genauigkeit von 0,02 %. 1965 lag die Genauigkeit noch bei 1 %, gemessen mittels Mößbauer-Effekt über eine Fallhöhe von lediglich 15 Metern. Wenig später erlaubte das GPSSatellitensystem weitaus genauere Messungen. Die Erde verbiegt die RaumZeit Dieses Experiment war 2004 – 2005 im Orbit Lunar Laser Ranging = Vermessung der Mondbahn mit LaserPulsen Turyshev JPL Reflektoren auf dem Mond Reflektoren auf dem Mond Reflektoren auf dem Mond McDonald-Observatorium Texas Davis Mountains – 2070 müM – seit 1939 9,8-m Hobby-Eberly Teleskop Geodätische Station Wettzell Bayerischer Wald – Bad Kötzting 20-m Radioteleskop Wettzell Bayern Entwicklung der Genauigkeit LLR Breite Laserpulse Kleine Teleskope Kurze Laserpulse Ziel: 1 mm Störungen der Mondbahn Effekt Amplitude Elliptizität Mondbahn 20.905 / 570 km Sonnenstörungen 3699 / 2956 km Jupiterstörungen 1,06 km Venusstörungen 0,73 / 0,68 / 0,60 km Erde Quadrupol J2 0,46 km Mond Quadrupol J2 0,2 m Erde C22 0,5 mm Strahlungsdruck Sonne 4 mm Sonnenpotenzial 6 cm Lorentz Kontraktion 0, 95 m Nach Turyshev JPL Die Mondbahn ist kompliziert … Wikipedia/Mondbahn Die Exzentrizität der Mondbahn Wikipedia/Mondbahn 2 Perioden: 31,81 Tage; 205,9 Tage Mond als Testkörper Eine Verletzung von SEP impliziert: mg/mi = 1 + h Eself ; h = 4b – g - 3 Körper GSEnergie Eself = -GM/Rc² Labor - 10-25 Erde - 4,64 x 10-10 Mond - 1,90 x 10-11 Sonne - 3,52 x 10-6 Weißer Zwerg - 10-4 Neutronenstern - 0,3 Dr = 13,1 Meter h cosD : D = Elongation LLR mg/mi – 1 = (-0,95 +- 1,30) x 10-13 Was ist Elongation D ? Copyright 1998 Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Die Mondbahn testet Starkes Äquivalenzprinzip Turyshev JPL Mars Laser Ranging mit Phobos Umlaufdauer: 7,6 h Nächster Schritt: ein mm-genaues Interplanetares Laser Ranging System Zukunft: Phobos testet Einstein/JPL 1 mm Genauigkeit ist mit Planeten Laser Ranging möglich Laser-Transponder auf Phobos Sonnensystem-Tests mit Phobos Abweichungen der Größenordnung 3x10-6 in g sind in nicht-Einsteinschen Theorien zu erwarten ! Obschon h = 0 ! b = (g+3)/4 Nach Turyshev JPL 2012 Welche Masse erzeugt Krümmung? SO(1,3) ? |h| < 1 x 10-6 Einstein |g1| < 4 x 10-7 SO(1,3) Camenzind 2013 Lichtablenkung Shapiro Zeitverzögerung Einstein 1917-1932 Statisches Universum Ein Universum mit konstantem Weltradius ist statisch - es dehnt sich nicht aus; es fällt nicht in sich zusammen. Diese ModellUniversen waren kurz nach der Formulierung der Allgemeinen Relativitätstheorie besonders erstebenswert für die Kosmologie ab etwa 1917. Universum expandierende RaumZeit Kosmische Rotverschiebung, Hubble-Law Schwarzschild Schwarze Löcher Einstein 1916 Gravitationswellen GWellen = Gezeitenwellen Zusammenfassung • Gravitation krümmt Minkowski RaumZeit. • Lichtablenkung an der Sonne war einer der Meilensteine in der Akzeptanz der ART. • Krümmung RaumZeit Erde Präzession von Gyroskopen zum ersten Male mit Gravity Probe B gemessen, 2010 publiziert. • Alle Tests im Sonnensystem bisher in Einklang mit Einstein-Theorie – Ist Einstein also alternativlos? • Kompakte Systeme testen Einstein im starken Gravitationsfeld. • Lichtablenkung ist heute ein wichtiges Werkzeug zur Messung Dunkler Materie im Kosmos.