MOSTVIERTEL Man muss nicht in die südamerikanischen Anden reisen, um einem Lama zu begegnen. Im Mostviertler Hügelland werden die sanften Tiere als Begleiter bei Schulausflügen und Wanderungen auf dem Jakobsweg eingesetzt. ssen? v führen la a r b h ic d u Wirst d „Lamapapa“ Gerhard Rappersberger Mit dem Lama an der Hand chon im Bus sind die Lamas das Hauptgesprächsthema: Werden sie sich brav führen lassen? Werden sie spucken? 28 Kinder einer Wiener Volksschulklasse sind samt Begleitern auf dem Weg ins Mostviertel. Auf dem Programm steht ein ganz besonderer Ausflug – eine Lamawanderung. In der Ortschaft Mank erwarten uns Gerhard Rappersberger, seine Frau Renate und natürlich die Lamas. Seit 1991 hält das Ehepaar die ursprünglich aus Südamerika stammen- S den Tiere. Auf einer Amerika-Reise hatten die Rappersbergers die Lamas als Haustiere kennen gelernt. Zunächst hielt sie das Ehepaar als „lebende Rasenmäher“, später entschlossen sie sich, die Tiere als Lastenträger und Begleiter bei Wanderungen einzusetzen. Mittlerweile widmet sich Gerhard Rappersberger auch der Zucht. 35 Lamas plus Jungtiere leben auf der Lama-Ranch in Oberndorf/Melk. Gerhard Rappersberger stellt uns seine Tiere vor: Prof. Caruso, Carlos, Estero, Gandalf und Canada Dry werden uns auf der Wanderung begleiten. Nur ausgewachsene, im Charakter ge- durch das Lamawander- festigte männliche Tiere werden beim Lamatrekking eingesetzt. „Die Weibchen hingegen kümmern sich um den Nachwuchs“, erklärt uns „Lamapapa“ Rappersberger. Die Buben und Mädchen stärken sich mit der mitgebrachten Jause, die Lamas rupfen da und dort ein paar Grashalme ab. Neugierig beäugt man sich. Einige Kinder trauen sich auch schon das weiche Fell der Lamas zu streicheln. Danach werden die Tiere mit dem, was wir für den Weg brauchen – Proviant, Getränke, Regenschutz – beladen. Das restliche Gepäck wird mit dem Auto zu unserem Ziel, dem Almgasthaus am Hochsteinberg, transportiert. Carlos im Maisfeld Ehe es losgeht, gibt Gerhard Rappersberger den Kindern noch ein paar Tipps, wie sie mit den Lamas umgehen sollen: „Macht keine hektischen Bewegungen, das mögen die Lamas nicht! Und bleibt möglichst alle zusammen. Denn Lamas sind Herdentiere, sie warten im- Die Lamas motivieren Kinder, auch längere Strecken zurückzulegen. Das Filze n macht Spaß! mer auf die Nachzügler.“ Jeweils eine Kindergruppe ist für ein Lama verantwortlich und soll sich beim Führen abwechseln. Auf einem Feldweg geht es aus Mank hinaus in die sanft hügelige Mostviertler Landschaft, zwischen Wiesen und Feldern hindurch. Sebastian muss erfahren, was passiert, wenn man sein Lama nicht fest genug an der Leine hält: Carlos kann der Versuchung eines Maisfeldes nicht widerstehen und reißt sich los. Es dauert, ehe Herr Rappersberger das Tier wieder eingefangen hat. Nach zwei Stunden machen wir im Schatten einiger Bäume Rast. Kein Kind jammert, dass es nicht mehr weitergehen will. Eine Erfahrung, die Gerhard Rappersberger nicht zum ersten Mal macht: „Heutzutage bewegen sich die Kinder ja immer weniger, die Lamas motivieren sie, auch längere Strecken zurückzulegen.“ Lamas sind ideale Weggefährten für Kinder, denn sie sind sehr vorsichtig im Umgang mit ihnen. Ihre großen Augen mit den langen Wimpern und das weiche Fell machen sie besonders anziehend. „Lamas sind ruhig und neugierig und stolz“, charakterisiert Rappersberger seine Schützlinge. „Sie strahlen südamerikanische MIT DEN LAMAS AM JAKOBSWEG Lamas haben die Gelassenheit seit Jahrtausenden tief in ihren Genen verankert. Was liegt also näher, als Lamas bei einer Wanderung am Pilgerweg als Gepäckträger einzusetzen und sich von der Ruhe dieser Tiere anstecken zu lassen. Renate und Gerhard Rappersberger veranstalten Lama-Wanderungen auf einem der schönsten Teilstücke des österreichischen Jakobsweges zwischen Melk und Göttweig. Außerdem werden Schulwandertage sowie Führungen auf der Lama-Ranch für Busgruppen angeboten. INFORMATIONEN: ✆ 0 27 56/23 24, Internet: www.lamawanderland.at Ruhe und Gelassenheit aus.“ Deshalb werden Lamas mehr und mehr für die tiergestützte Therapie behinderter Kinder eingesetzt. Bälle aus Lamawolle Der letzte Anstieg zum Hochsteinberg bringt Kinder und Lamas zum Keuchen. Aber alle erholen sich schnell – die Kinder bei einem kühlen Getränk im Almgasthaus, die Lamas auf der Koppel. Vor dem Essen zeigt Gerhard Rappersberger den Mädchen und Buben, wie man aus Lamawolle kleine Bälle filzen kann. Der Abend klingt am Lagerfeuer aus, die Nacht am Matratzenlager ist kurz … Am nächsten Morgen geht es zurück nach Mank. Kinder und Lamas sind nun schon vertraut wie alte Bekannte. Dementsprechend traurig sind die Kinder beim Abschied. Fotos werden geschossen und noch einmal ausgiebig das weiche Fell gekrault. Der Lamaball wird alle noch lange an Professor Caruso, Carlos und Co. erinnern. Ursula Mauritz Fotos: Gabriele Höglinger J U N I 2 0 0 6 SG 9