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Economic Research
Woche im Fokus
20. Januar 2017
Ronald Trump?
Heute wird Donald Trump als 45. Präsident der USA vereidigt. Stil und Inhalt der US-Politik
stehen vor der größten Änderung seit dem Amtsantritt Ronald Reagans im Jahr 1981. Einen
ähnlichen Erfolg wie Reagan dürfte Trump aber nicht haben, alleine schon wegen der
unterschiedlichen wirtschaftlichen Ausgangslage. Das größte Aufwärtspotenzial für das
Wachstum bieten noch die versprochenen Deregulierungen, die aber auch das Risiko neuer
Blasen erhöhen und durch Trumps Protektionismus konterkariert werden. Einen
nachhaltigen Erfolg verspricht Trumps Politik nicht, auch wenn anziehende Löhne seine
Präsidentschaft zunächst in ein günstiges Licht rücken dürften.
Seite 2
Die Woche im Fokus in 100 Sekunden
Sehen Sie hier die Video-Zusammenfassung.
USA: Mit Trump zurück zu 4% Wachstum wie in den 80er Jahren unter Reagan?
reales Bruttoinlandsprodukt, Veränderung gegen Vorjahr in Prozent
8
7
6
5
4
3
2
1
0
-1
-2
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
Quelle: Global Insight, Commerzbank Research
Türkei – Ohne höhere Zinsen droht das Chaos
Die wirtschaftliche Lage in der Türkei wird immer problematischer. An einer Erhöhung der
Leitzinsen führt kein Weg vorbei – selbst Kapitalverkehrskontrollen wären keine nachhaltige
Lösung.
Seite 5
Ausblick auf die Woche vom 23. bis 27. Januar
Konjunkturdaten: Die US-Wirtschaft wies im vierten Quartal wohl erneut ein solides, wenn
auch unspektakuläres Wachstum auf.
Seite 8
Rentenmärkte: Die anstehenden Konjunkturdaten im Euroraum und in den USA könnten
den Aufwärtstrend bei den Renditen verstärken.
Seite 11
Devisenmärkte: Wir erwarten, dass der US-Dollar wegen der steigenden Zinsen tendenziell
aufwertet, auch wenn der neue Präsident Trump den Dollar für zu stark hält.
Seite 12
Aktienmärkte: Der Brexit dürfte die deutschen Unternehmen zunächst kaum belasten. Dies
gilt auch für Unternehmen mit hohem Umsatzanteil Großbritanniens.
Seite 13
Rohstoffmärkte: Die Ölförderländer halten sich wohl noch an die vereinbarten Produktionskürzungen, was den Ölpreis stützt. Diese Disziplin dürfte aber nicht von Dauer sein. Seite 14
Chefvolkswirt:
Dr. Jörg Krämer
+49 69 136 23650
[email protected]
Bitte beachten Sie die rechtlichen Hinweise auf den Seiten 17 und 18.
research.commerzbank.com / Bloomberg: CBKR / Research APP verfügbar
Editor:
Dr. Ralph Solveen
+49 69 136 22322
[email protected]
Economic Research | Woche im Fokus
Bernd Weidensteiner
Tel.: +49 69 136 24527
Ronald Trump?
Heute wird Donald Trump als 45. Präsident der USA vereidigt. Stil und Inhalt der USPolitik stehen vor der wohl größten Änderung seit dem Amtsantritt Ronald Reagans im
Jahr 1981. Einen ähnlichen Erfolg wie Reagan dürfte Trump aber nicht haben, alleine
schon wegen der unterschiedlichen wirtschaftlichen Ausgangslage. Das größte Aufwärtspotenzial für das Wachstum bieten noch die versprochenen Deregulierungen, die aber
auch das Risiko neuer Blasen erhöhen und durch Trumps Protektionismus konterkariert
werden. Einen nachhaltigen Erfolg verspricht Trumps Politik nicht, auch wenn
anziehende Löhne seine Präsidentschaft zunächst in ein günstiges Licht rücken dürften.
Überrascht Trump wie Reagan positiv?
In den vergangenen Wochen ist Donald Trump häufig mit Ronald Reagan verglichen worden,
der zwischen 1981 und 1989 US-Präsident war. Eines hat er mit ihm auf jeden Fall gemeinsam:
Auch Anfang 1981 waren die Erwartungen sehr gering, Reagans wirtschaftspolitische
Vorstellungen wurden als „Voodoo Economics“ angesehen.
Ronald Reagan hat trotzdem mit dem von ihm eingeleiteten Politikwechsel letztlich Erfolg
gehabt. Nach einer tiefen Anpassungskrise 1981/82 hat das Wachstum die Erwartungen
1
übertroffen (Grafik 1) , was gerade aus damaliger Sicht umso erstaunlicher war, als sich
gleichzeitig die Anfang der achtziger Jahre überbordende Inflation spürbar abschwächte
(Grafik 2). Letzteres sieht die Fed zwar vor allem als ihr Verdienst an, Reagan hat sie aber
gewähren lassen, indem er die politischen Kosten der damit verbundenen Rezession 1981/82
akzeptiert hat.
Ausgangslage: große Unterschiede
Die Chancen Donald Trumps auf eine ähnliche positive Überraschung werden alleine schon
dadurch geschmälert, dass er eine vollkommen andere Ausgangsposition vorfindet als Reagan
(Tabelle 1, Seite 3). Schließlich hatten Geld- und Finanzpolitik deutlich mehr Spielraum. Zur
Bekämpfung der anfangs hohen Inflation lag der Leitzins bei Reagans Amtsantritt bei über 17%.
Das eröffnete das Potenzial massiver geldpolitischer Impulse, sobald die hohen Zinsen die
Inflation aus dem System gewrungen hatten. Auch die Fiskalpolitik hatte ihr Pulver angesichts
einer sehr niedrigen Staatsschuldenquote noch trocken.
Gleichzeitig waren die kurzfristigen Erfolgsaussichten für eine expansivere Wirtschaftspolitik
wegen einer geringeren Auslastung der Wirtschaft größer. So lag die Arbeitslosenquote mit gut
7% höher als heute, wenn mit einer Quote unter 5% Vollbeschäftigung erreicht ist. Zudem war
das Wachstumspotenzial der USA vor 35 Jahren höher, da die Bevölkerung im arbeitsfähigen
Alter mit einem Plus von 1½% pro Jahr noch kräftig wuchs, während in den nächsten vier Jahren
hier kein nennenswertes Wachstum zu erwarten ist.
GRAFIK 1: Reagan-Boom nach Krise
Reales Bruttosozialprodukt, Veränderung gegenüber Vorjahr in
Prozent, Ist und Projektion des CBO vom März 1981
GRAFIK 2: … und voller Erfolg bei Inflationsbekämpfung
Verbraucherpreise, Veränderung gegenüber Vorjahr in Prozent, Ist
und Projektion des CBO vom März 1981
8
12
6
10
4
8
2
6
0
4
-2
2
-4
1981
1982
1983
1984
Projektion CBO
1985
Tatsächlich
Quelle: CBO, Commerzbank Research
1986
0
1981
1982
1983
Projektion CBO
1984
1985
1986
Tatsächlich
Quelle: CBO, Commerzbank Research
1
Vgl. dazu Bartlett/Galbraith: „The Economic Fight That Links Ronald Reagan and Bernie Sanders“, Juni
2016.
2
20. Januar 2017
Economic Research | Woche im Fokus
TABELLE 1: Reagan vs. Trump – sehr unterschiedliche Ausgangspositionen
Angaben in %. Jahresdurchschnitte bei Arbeitslosenquote und Inflationsrate, Jahresende bei Leitzins und Staatschulden
(von der Öffentlichkeit gehaltenen Schulden der US-Bundesregierung in % des BIP). Bevölkerungswachstum: Annualisierter
Zuwachs der Bevölkerung im Alter von 20 -64 Jahren während der ersten Amtszeit Reagans, Projektion für 2017-2021.
Arbeitslosenquote
1980
2016
7,2
4,9
Inflationsrate
12,4
2,1
Leitzins
17,5
0,5
Staatsschulden
25,5
76,5
1,5
0,1
Bevölkerungswachstum p.a.
Quelle: Global Insight, Census Bureau, OMB, Commerzbank Research.
Auch Reagans Fiskalimpuls wenig erfolgreich
Wir haben schon häufiger darauf hingewiesen, dass die aktuelle hohe Auslastung der USWirtschaft es unwahrscheinlich macht, dass die von Trump und den Republikanern geplanten
Steuersenkungen und zusätzlichen Investitionen in die Infrastruktur das Wachstum der US2
Wirtschaft deutlich anschieben wird. Dabei haben wohl sogar Reagans – in einem eigentlich
günstigeren Umfeld erfolgten – finanzpolitischen Maßnahmen im Endeffekt weniger gebracht als
erhofft. So haben die 1981 beschlossenen umfassenden Entlastungen den Staat pro Jahr
Einnahmen in Höhe von fast 3% des Bruttoinlandsprodukts gekostet. Zusammen mit der
damaligen Geldpolitik trieben diese Maßnahmen allerdings die Zinsen nach oben und
verursachten eine massive Dollar-Aufwertung. Im Resultat stieg das Außenhandelsdefizit
zwischen 1981 – dem ersten Amtsjahr Reagans – und 1984 von 0,4% auf über 2,5% und damit
fast so stark wie das strukturelle Defizit des Bundeshaushalts von 1,5% des
Produktionspotenzials im Jahr 1981 auf 3,9% im Jahr 1984 (Grafik 3, Seite 4). Im Endeffekt
profitierten also in erster Linie ausländische Anbieter von der zusätzlichen Nachfrage. Ein
ähnliches Ergebnis der Politik Trumps – von der auszugehen ist – würde seinem zweiten
erklärten Hauptziel – der Verringerung des amerikanischen Handelsdefizits – eindeutig
zuwiderlaufen.
Die Rückkehr der „Supply Siders“?
Allerdings beschränken sich die „Trumponomics“ nicht – wie gerade in Deutschland häufig
dargestellt – auf Protektionismus, Steuersenkungen und zusätzliche Investitionen in den
Infrastruktur. Wie bei Reagan soll die Wirtschaft auch dadurch angekurbelt werden, dass die
Angebotsbedingungen der Wirtschaft verbessert werden, es also wieder profitabler wird, in den
USA zu produzieren.
Darauf zielt ein Teil der angekündigten Steuerreform. Die Unternehmenssteuersätze sollen
sinken und das System insgesamt vereinfacht werden. So sieht das Reformkonzept der
Republikaner im Kongress beispielsweise raschere Abschreibungen vor; Investitionen sollen
bereits im ersten Jahr komplett abgeschrieben werden können.
Zudem hat sich Trump eine erhebliche Deregulierung der Wirtschaft auf die Fahnen
geschrieben. Gerade im Finanzsektor hat es seit der Finanzkrise eine wahre Regulierungswelle
gegeben, die teilweise wohl auch zu weit gegangen ist. So zeigen die USA in vielen Bereichen
schon sehr staatswirtschaftliche Züge. Schätzungen der Richmond Fed zufolge decken staatliche Garantien 62% der Verbindlichkeiten des Finanzsektors ab. 1999 waren dies erst 45%.
Wie bei Reagan wäre hierbei wohl das Signal an die Unternehmen entscheidend, dass die
Politik sich um ihre Belange kümmert und versucht, sie zu entlasten. Reagans Botschaft des
„Morning in America“ verfing, und die eingeleiteten Deregulierungsmaßnahmen entfesselten die
Privatwirtschaft. Ähnliches könnte auch dieses Mal passieren, worin sicherlich die größte
Chance für Trump läge, mit seiner Politik die Wirtschaft wirklich spürbar anzuschieben.
Allerdings müsste hierfür das Vorgehen der neuen Administration auch weitgehend konsistent
sein. So ist der von Trump propagierte Protektionismus mit einer angebotsorientierten Politik
nicht zu vereinbaren. Zum Beispiel würde die Produktion in den USA durch Strafzölle auf
importierte Vorprodukte wieder teurer. Mit solchen politischen Widersprüchen ist der
beschriebene Signaleffekt wohl kaum zu erreichen.
Zudem hat sich im Rückblick gezeigt, dass manche der in den achtziger Jahren erfolgten
Deregulierungen über das Ziel hinausgeschossen sind und Übertreibungen begünstigt haben,
die dann die Finanzkrise mit auslösten. Ähnliches droht auf längere Sicht bei Umsetzung der von
2
20. Januar 2017
Siehe z.B. „Ausblick 2017: Das Jahr der Politik“, Woche im Fokus vom 2. Dezember 2016.
3
Economic Research | Woche im Fokus
Trump geplanten Deregulierungen im Finanzbereich. Und nicht jeder würde eine Aufweichung
strenger Umweltschutzrichtlinien befürworten. Schließlich ist es unwahrscheinlich, dass man
eine komplexe moderne Wirtschaft mit einfachen Vorschriften regulieren kann.
Scheitert Trump?
Damit ist eine rasche Beschleunigung des Wachstums weiter nicht in Sicht. Wir sehen keine
Grund, unsere vorsichtige Prognose für das Wachstum 2017 und 2018 (jeweils +2,3%) zu
ändern. Vielmehr besteht das Risiko, dass die Neigung Trumps zu Ad-Hoc-Eingriffen in das
Wirtschaftsleben – die sich bislang lediglich in Tweets niederschlagen, bald aber mit der ganzen
Macht des Amtes erfolgen können – die bisher eher positive Stimmung in der Wirtschaft und an
den Finanzmärkte kippen lassen könnte. Hinzu kommt das Risiko eines ausgewachsenen
Handelskriegs, wenn Trump die angedrohten protektionistischen Maßnahmen tatsächlich
umsetzt.
… oder lässt er’s einfach laufen?
Sofern sich die schlimmsten Befürchtungen nicht erfüllen und es Trump bei einigen Maßnahmen
für das Schaufenster belässt, hat er allerdings gute Chancen, dass seine erste Amtszeit aus
wirtschaftlicher Sicht zunächst eher positiv beurteilt werden wird. So hat die US-Wirtschaft
während der Präsidentschaft Obamas zwar die Folgen der 2007 geplatzten Blase nach und
nach überwunden, und seit 2010 wurden über 15½ Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen. Die
Arbeitslosenquote lag Ende 2016 bei 4,7% und damit in einem Bereich, den die Fed als
„natürliches“ Niveau ansieht. Für viele Amerikaner hat sich dieser Aufschwung bisher aber
keineswegs besonders gut angefühlt. Denn die Lohnzuwächse waren lange Zeit sehr gering.
Dies erinnert an die 1990er Jahre. In der ersten Hälfte dieses jetzt so glänzend dastehenden
Jahrzehnts fühlte sich der Arbeitsmarkt auch nicht gut an. Das Schlagwort vom „Jobless Growth“
datierte aus dieser Zeit; die Wirtschaftswachstumsraten waren im historischen Vergleich
ebenfalls enttäuschend. Gegen Ende der 1990er ruht der Aufschwung dann aber auf einer viel
breiteren Basis, das reale Einkommen stieg auch für die typische amerikanische Familie (Grafik
4). Der zuletzt bei verschiedenen Indikatoren sichtbar werdende stärkere Lohnauftrieb macht es
wahrscheinlich, dass wir in den kommenden Jahren eine ähnliche Entwicklung sehen werden,
so dass sich die neue Administration sich im Glanze eines breiter werdenden Aufschwungs
sonnen könnte – ohne eigenes Zutun.
GRAFIK 3: Reagans Konjunkturprogramm für die Welt
Strukturelles Haushaltsdefizit, in Prozent des Produktionspotenzials;
Außenhandelsdefizit, in Prozent des Bruttoinlandsproduktes
0
110
-2
105
-3
-4
100
-5
1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989
Haushaltsdefizit
Außenhandelsdefizit
Quelle: CBO, Global Insight, Commerzbank Research
4
Reales Haushalts-Medianeinkommen in den Jahren nach 1991 bzw.
2009, Ausgangsjahr = 100.
115
-1
-6
GRAFIK 4: Haushalte profitieren mit Verzögerung
95
0
1
2
3
4
5
1991
6
7
8
9
2009
Quelle: Census Bureau, Commerzbank Research
20. Januar 2017
Economic Research | Woche im Fokus
Lutz Karpowitz
Tel. +49 69 136 42152
Türkei: Ohne höhere Zinsen droht das Chaos
Die Konjunktur am Boden, die Währung unter massivem Verkaufsdruck: Die Lage in der
Türkei wird immer problematischer. Vor deutlich höheren Leitzinsen schreckt die
Notenbank aufgrund des politischen Drucks noch zurück, verknappt aber die Liquidität.
An einer Erhöhung der Leitzinsen geht dennoch kein Weg vorbei – selbst
Kapitalverkehrskontrollen wären keine nachhaltige Lösung.
Die türkische Wirtschaft befindet sich in einer tiefen Rezession. Im dritten Quartal ist die
Wirtschaftsleistung gegenüber dem Vorquartal um 2,7% eingebrochen, obwohl die Regierung
bei den Staatsausgaben kräftig Gas gegeben hat (+23,8% gegen Vorjahr). Der Tourismus leidet
unter den Terroranschlägen, der private Konsum unter mehr als 100.000 entlassenen
Staatsdienern, und die Investitionen unter den umfangreichen Konfiszierungen von
Privatunternehmen durch den Staat, die die Rechtssicherheit in Frage stellen.
Vor diesem Hintergrund kann die aktuelle Talfahrt der Lira kaum überraschen (Grafik 5), zumal
sich die Notenbank bisher nicht zu der dringend notwendigen Zinserhöhung durchringen konnte.
Denn ein Leitzins von 8% bei einer Teuerung von 8,5% im Dezember (Grafik 6) ist in der
aktuellen Situation für den Devisenmarkt inakzeptabel. Angesichts der offenen Verfolgung von
kritischen Journalisten und Oppositionspolitikern in der Türkei und der ungewöhnlich zögerlichen
Haltung der Notenbank wird so auch deren Unabhängigkeit vom Markt zunehmend in Frage
gestellt. Schließlich lässt Präsident Erdogan auch hier seine neue Macht spielen und hat schon
mehrfach Zinssenkungen gefordert.
Während die Türkei hierdurch für Investoren immer unattraktiver wird, ist sie auf einen
Kapitalzufluss aus dem Ausland angewiesen, um ihr Leistungsbilanzdefizit von rund 50 Mrd
USD pro Jahr zu finanzieren. Deshalb versucht die Notenbank derzeit mit verschiedenen
Maßnahmen, die Lira-Liquidität und damit auch die Nachfrage nach USD zu senken. De facto
kommt dies einer Zinserhöhung zwar gleich – mit entsprechenden Bremseffekten für die
heimische Wirtschaft. Allerdings hat dieser Verzicht auf eine offene Zinserhöhung den Nachteil,
dass ein wichtiges Signal an die internationalen Investoren fehlt, das die Lira stabilisieren
könnte. So dürfte die Lira zunächst weiter abwerten und in der Folge die Inflation weiter
anziehen, was für zusätzlichen Druck auf die Notenbank sorgt, die Leitzinsen anzuheben. Sollte
die Notenbank aus politischen Gründen die Zinsen trotzdem nicht anheben, wird die
Kapitalflucht zunehmen und die Lira noch stärker abwerten.
In der aktuellen Situation würden auch Kapitalverkehrskontrollen nicht helfen. Sie würden zwar
das Abfließen von Kapital weitgehend unterbinden. Allerdings käme nach ihrer Verhängung wohl
auch der zur Finanzierung des Leistungsbilanzdefizits unverzichtbare Zufluss von Kapital zum
Stillstand. Denn welcher Investor würde schon in der Türkei investieren, wenn er keinen Zugriff
auf sein Kapital mehr hat? Damit stände die Türkei vor einer Zahlungsbilanzkrise.
Fazit: Ohne Zinserhöhungen wird die türkische Währung weiter leiden. Und je länger Präsident
Erdogan die Realität ignoriert, desto stärker wird die schmerzhafte Zinsanhebung letztlich
ausfallen müssen, um die Lira wieder ausreichend attraktiv zu machen.
GRAFIK 5: Türkische Lira unter starkem Abwertungsdruck
USD-TRY, Kassakurs
GRAFIK 6: Türkei – Leitzins für Inflation zu niedrig
Verbraucherpreisindex, Veränderung gegen Vorjahr in Prozent;
Leitzins in Prozent p.a.
3.90
12
3.60
10
8
3.30
6
3.00
2.70
Jan 16
4
2013
Apr 16
Jul 16
Quelle: Bloomberg, Commerzbank Research
20. Januar 2017
Okt 16
Jan 17
2014
2015
Verbraucherpreise
2016
Leitzins
Quelle: EZB, BIoomberg, Commerzbank Research
5
Economic Research | Woche im Fokus
Wichtige Veröffentlichungen vom 13. – 19. Januar 2017
Economic Briefing: Brexit – Mehr Fragen als Antworten
Die britische Premierministerin Theresa May hat dargelegt, wie sie sich die Zukunft für
Großbritannien außerhalb der EU vorstellt. Allerdings hat sie sich nicht klar dazu geäußert, wie
Großbritannien die von ihr gesteckten Ziele erreichen kann. Im Grunde hat sie einen
Wunschzettel. Unklar bleibt, welche Kompromisse am Ende mit der EU erzielt werden. mehr
Economic Insight: Rentenreform wird Arbeitskosten in
Deutschland treiben
Fürs erste haben die deutschen Unternehmen Glück gehabt. Bis 2030 werden sich die
Arbeitskosten durch die „kleine“ Rentenreform, auf die CDU/CSU und SPD sich geeinigt haben,
nur wenig erhöhen. Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben: Ginge es nach dem SPDgeführten Sozialministerium, würde in der kommenden Legislaturperiode durch eine Anhebung
des so genannten Rentenniveaus kräftig draufgesattelt. Der Beitragssatz würde bis 2045 rund
1½ Punkte höher ausfallen als ohne die Rentenreform – obwohl der Staat mehr Geld ins System
leiten würde und zusätzlich Selbständige einzuzahlen hätten. Die Arbeitskosten der Unternehmen würden langfristig um gut 20 Mrd Euro jährlich oder etwa 0,7% höher ausfallen. mehr
EM Briefing: Malaysia – BNM stays on hold; focus on MYR stability
(nur auf Englisch)
Die Bank Negara Malaysia (BNM) beließ ihren Leitzins bei 3%. Derzeit besteht kein dringender
Anpassungsbedarf. Für dieses Jahr wird ein solides Wachstum von 4 - 5% und eine mit 2 - 3%
moderate Inflation erwartet. Die größte Sorge gilt dem schwachen MYR, der in den letzten zwei
Monaten gegenüber dem USD um 6% eingebrochen ist. Die Aufwärtstendenz in USD-MYR
dürfte sich fortsetzen. Ende dieses Jahres erwarten wir USD-MYR bei 4,60. mehr
EM Briefing: Türkei – CBT greift doch wieder auf Zinskorridor
zurück
Die türkischen Währungshüter betonen, dass die CBT über alle Instrumente verfügt, um eine
Lira-Schwäche zu stoppen. Welche Instrumente hat die CBT bislang eingesetzt? Nach einer
Zinserhöhung um 50 Basispunkte hat sie auf einen Cocktail quantitativer Restriktionen
zurückgegriffen, um die Lira-Liquidität zu drosseln und gleichzeitig die Fremdwährungs-Liquidität
im Bankensystem zu erhöhen. Diese Maßnahmen unterscheiden sich nicht von der Strategie
des früheren geldpolitischen Gremiums in Form des berüchtigten Zinskorridors, die sich noch nie
als effektiv erwiesen hat. mehr
EM Briefing: Brasilien – Pokert Brasiliens Notenbank zu hoch?
Die brasilianische Notenbank (BCB) hat Mittwochnacht ihren Leitzins um 75 Basispunkte
gesenkt. Fast alle Analysten – ebenso wie wir – hatten einen Zinsschritt um 50 Basispunkte
erwartet. In ihrem Kommuniqué machte die Zentralbank deutlich, dass sie dieses Tempo
beibehalten möchte. Wir haben unsere Zinsprognose angepasst, erwarten aber einen weniger
aggressiven Kurs, als das Kommuniqué andeutet. Denn ein zu aggressives Vorgehen könnte
den Real spürbar belasten, was die brasilianische Notenbank kaum riskieren wird. mehr
EM Briefing: Have China’s property prices peaked? (nur auf Englisch)
Am chinesischen Immobilienmarkt hat der Preisanstieg wegen der staatlichen Maßnahmen
nachgelassen. Nach den Erfahrungen der Vergangenheit dürfte 2017 ein schwieriges Jahr für
den Immobilienmarkt werden, was die gesamte chinesische Wirtschaft bremsen könnte. mehr
FX Hotspot: Locker room talk
In einem Zeitungsinterview bezeichnete der zukünftige US-Präsident Donald Trump den USDollar als „zu stark“. Solch ein Kommentar eines gewählten US-Präsidenten zu Wechselkursen
kennzeichnet an sich eine deutliche Abkehr von der Wechselkurspolitik bisheriger USRegierungen und von internationalen Vereinbarungen. Allerdings: Wir können nicht sicher sein,
wie die Wechselkurspolitik der kommenden US-Administration tatsächlich aussehen wird.
Ernsthafte politische Äußerungen des zukünftigen US-Präsidenten sind von „locker-room talk“
kaum zu unterscheiden. Allerdings birgt diese unverantwortliche Kommunikationspolitik Risiken
für den Devisenmarkt. mehr
6
20. Januar 2017
Economic Research I Woche im Fokus
Ausblick auf die Woche vom 23. bis 27. Januar 2017
MEZ
Land
Indikator
Periode
Prognose Konsens
Letzter
Wert
Montag, 23. Januar 2017
16:00
EUR
Verbrauchervertrauen, vorläufig
Jan.
sb
-4,0
–
-5,1
Jan.
Jan.
Jan.
Jan.
Jan.
Jan.
Dez.
sb
sb
sb
sb
sb
sb
JR, Mio, sb
53,0
53,0
55,0
54,0
54,5
54,0
5,55
–
–
55,4
54,5
54,8
53,7
5,53
53,5
52,9
55,6
54,3
54,9
53,7
5,61
Jan.
Jan.
Jan.
sb
sb
sb
105
110,5
0,0
–
111,3
–
105
111,0
-0,2
Feb.
4.Q.
21. Jan.
Dez.
sb
Vq
sb
JR, Tsd.
10,0
0,5
245
588
10,0
0,5
–
585
9,9
0,6
234
592
Vj
sb
% Vj
% Vj
JR, Vq, sb
Vm, sb
Vm, sb
sb
0,2
99
4,8
2,1
2,1
1,7
0,3
98,0
0,2
–
4,9
–
2,1
2,2
0,6
98,0
0,5
99
4,8
2,0
3,5
-4,5
0,6
98,1 (p)
Dienstag, 24. Januar 2017
9:00
FRA
9:30
GER
• 10:00
EUR
16:00
USA
Einkaufsmanagerindex, verarbeitendes Gewerbe
Einkaufsmanagerindex, Dienstleistungen
Einkaufsmanagerindex, verarbeitendes Gewerbe
Einkaufsmanagerindex, Dienstleistungen
Einkaufsmanagerindex, verarbeitendes Gewerbe
Einkaufsmanagerindex, Dienstleistungen
Verkäufe bestehender Häuser
Mittwoch 25. Januar 2017
8:45
• 10:00
15:00
FRA
GER
BEL
Wirtschaftsvertrauen (Insee)
Ifo Geschäftsklima
Unternehmensvertrauen
Donnerstag, 26. Januar 2017
8:00
10:30
14:30
16:00
GER
GBR
USA
GfK Konsumklima
Bruttoinlandsprodukt, real
Erstanträge Arbeitslosenunterstützung
Neubauverkäufe
Freitag, 27. Januar 2017
0:30
8:45
10:00
JPN
FRA
EUR
• 14:30
USA
16:00
Verbraucherpreise
Dez.
Verbrauchervertrauen
Jan.
M3 Geldmenge
Dez.
Kreditvergabe
Dez.
Bruttoinlandsprodukt
4.Q.
Auftragseingänge langlebiger Güter
Dez.
Auftragseingänge langlebiger Güter ex. Transport Dez.
Verbrauchervertrauen (Univ. of Michigan), endg. Jan.
# = Datum/Uhrzeit ungewiss, Vm/Vq/Vj = Veränderung gegenüber Vormonat/Vorquartal/Vorjahr in Prozent, JR = Jahresrate, sb = saisonbereinigt, ab =
arbeitstagebereinigt, (p) = vorläufig. • = Daten mit größter Marktrelevanz; Quelle: Bloomberg, Commerzbank Research.
20. Januar 2017
7
Economic Research | Woche im Fokus
Dr. Christoph Balz
Tel. +49 69 136 24889
Wochenausblick Konjunkturdaten:
USA: Wirtschaft weiter auf Wachstumskurs
Wer erinnert sich noch an die vor einem Jahr grassierenden Befürchtungen, die USWirtschaft stehe vor einer Rezession? Wir hielten diese für übertrieben, und wurden von
den Daten bestätigt. So werden die Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt im vierten Quartal
nächste Woche erneut ein solides, wenn auch unspektakuläres Wachstum von etwa 2%
zeigen. Im Euroraum dürften die Stimmungsindikatoren den Hochpunkt erreicht haben.
Als Anfang 2016 Investoren wegen der Ängste vor einer US-Krise in sichere Anlagen flüchteten,
hielten wir die Marktstimmung für übertrieben pessimistisch. Die US-Wirtschaft habe mit
Gegenwind wie dem starken Dollar zu kämpfen, eine Rezession zeichne sich gleichwohl nicht
3
ab, schon gar nicht eine so schwere Krise wie 2008, urteilten wir. Tatsächlich expandierte die
US-Wirtschaft letztes Jahr in jedem Quartal. Die nächste Woche anstehenden Daten zum
Schlussquartal dürften ein solides, wenn auch unspektakuläres BIP-Wachstum von 2,1%
(Jahresrate gegen Vorquartal, Konsens 2,1%) zeigen. Wegen des schwächeren Jahresbeginns
2016 ergäbe sich damit für das Gesamtjahr ein Wachstum von 1,6%.
Den größten Beitrag im letzten Quartal dürfte erneut der private Konsum geliefert haben, der
davon profitiert, dass die Unternehmen kräftig neue Stellen schaffen und die Löhne zumindest
etwas schneller steigen. Mehr Jobs bedeutet auch mehr Nachfrage nach Wohnraum, was sich
wohl in einem spürbaren Plus beim Wohnungsbau niedergeschlagen hat. Außerdem haben die
Unternehmen mehr in die Ölförderung investiert, nachdem sich der Ölpreis erholt hat. Erstmals
seit mehr als zwei Jahren dürften die Bohraktivitäten nicht mehr abgenommen haben, sondern
sogar einen nennenswerten Wachstumsbeitrag leisten (Grafik 7). Zudem haben die
Unternehmen ihre zu Beginn des letzten Quartals relativ leeren Lager wieder aufgefüllt.
Dagegen hat der Außenhandel das Wachstum wohl rechnerisch um mehr als einen
Prozentpunkt belastet. So sind etwa die Agrarexporte wieder geschrumpft, nachdem sie im
Vorquartal außergewöhnlich hoch ausfielen. Sieht man von solchen Sonderfaktoren ab, zeichnet
sich auch für die nächsten Quartale ein Wachstum von etwa 2% ab.
Euroraum: Stimmung auf dem Hochpunkt?
Die Stimmung im Euroraum hat sich im Herbst 2016 merklich aufgehellt (Grafik 8). Hierfür sehen
wir zwei Gründe: die lebhaftere globale Nachfrage und die allmählich in der Realwirtschaft
ankommende ultra-expansive Geldpolitik der EZB. Der erste Treiber dürfte angesichts der
ungelösten Probleme in den Schwellenländern nicht dauerhaft sein. Deshalb gehen wir davon
aus, dass die Stimmung aktuell den Hochpunkt erreicht hat. Der Einkaufsmanagerindex für das
verarbeitende Gewerbe dürfte nach dem starken Anstieg im Dezember im Januar sogar wieder
leicht auf 54,5 nachgeben (Konsens: 54,8). Und auch beim Ifo-Geschäftsklima erwarten wir
einen Rückgang von 111,0 auf 110,5 (Konsens: 111,3). Dagegen dürfte der Index für den
Dienstleistungsbereich noch einmal leicht auf 54,0 zulegen (Konsens: 53,7).
GRAFIK 7: USA – Bergbau zuletzt Wachstumsbremse
Bergbau, Investitionen in Förderung und Maschinen,
Wachstumsbeitrag in Prozentpunkten
Euroraum: Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe
(PMI), Ifo-Geschäftsklima für die deutsche Wirtschaft
0.4
56
0.2
54
0.0
52
-0.2
110
105
48
-0.6
-0.8
115
50
-0.4
46
2014
2015
2016
Quelle: Global Insight, Commerzbank Research
3
8
GRAFIK 8: Euroraum: Stimmung zuletzt deutlich verbessert
2013
2014
2015
PMI (LS)
2016
2017
100
Ifo (RS)
Quelle: Global Insight, Commerzbank Research
„US-Rezessionsangst – droht ein neues 2008?“, Woche im Fokus vom 12. Februar 2016.
20. Januar 2017
Economic Research | Woche im Fokus
Zentralbank-Monitor (1)
Fed
Die Fed-Verantwortlichen haben in der letzten Woche
deutlich gemacht, dass die Geldpolitik in diesem Jahr wohl
weiter gestrafft wird. Die Wirtschaft sei im Bereich der
Vollbeschäftigung, und die Inflation bewege sich auf das Ziel
der Notenbank zu, so Fed-Chefin Janet Yellen. Unter diesen
Umständen sei es sinnvoll, den Stimulus der Geldpolitik
graduell zurückzufahren. Sie habe "mehrere" Zinserhöhungen pro Jahr bis ins Jahr 2019 hinein ins Auge gefasst.
Yellen warnte zugleich davor, dass ein zu zögerlicher
geldpolitischer Kurs "böse Überraschungen" zur Folge haben
könne. Dann sei die Notenbank wahrscheinlich gezwungen,
aggressiver zu handeln. Dies könne letztlich dazu führen,
dass die USA in eine Rezession abrutschten.
Neben der Zinspolitik wird zunehmend eine Verringerung der
während der Krise massiv ausgeweiteten Fed-Bilanz diskutiert. Mehrere Fed-Vertreter haben diese kürzlich ins Spiel
gebracht. Patrick Harker von der Philadelphia Fed erklärte,
dieses Thema werde in den Fokus rücken, wenn die
Leitzinsen 1% erreichen. Wir erwarten, dass die US-Notenbank im ersten Quartal 2018 beschließt, die auslaufenden
Anleihen ihres Portfolios nicht mehr zu ersetzen und damit
den Startschuss für die Bilanzreduzierung gibt.
Dr. Christoph Balz
+49 69 136 24889
GRAFIK 9: Erwarteter Zinssatz für Dreimonatsgeld (USD)
2.0
1.5
1.0
0.5
aktuell
Mar-17
Jun-17
Futures
19.01.17
Sep-17
Dec-17
Mar-18
Commerzbank
12.01.17
TABELLE 2: Volkswirte-Konsens Obergrenze Fed Funds
Q1 17
Q2 17
Q4 17
Konsens
0,75
1,00
1,25
Hoch
1,25
1,25
1,75
Tief
0,75
0,75
0,75
Commerzbank
0,75
1,00
1,25
Quelle: Bloomberg, Commerzbank Research
EZB
EZB-Präsident Draghi tat auf der gestrigen Pressekonferenz
alles, um die weniger schlechten wirtschaftlichen Daten
herunterzuspielen. So forderte er viel häufiger als im
Dezember eine „nachhaltige“ Verbesserung in dem Sinne,
dass sich die Konjunktur und die unterliegende Inflation auch
ohne Unterstützung der EZB verbesserten. Dahinter steht das
Bestreben, die lockere Geldpolitik so lange wie möglich
fortzusetzen, um den Finanzministern der hoch verschuldeten
Ländern im Süden der Währungsunion zu helfen.
GRAFIK 10: Erwarteter Zinssatz für Dreimonatsgeld (EUR)
In diesem Zusammenhang vermied Draghi jeden Hinweis auf
ein Ende der Anleihekäufe. Bei Bedarf könne die EZB auch
über das Jahresende 2017 hinaus Anleihen erwerben. Aber
die EZB wird ab Frühjahr 2018 mehr als ein Drittel der
Bundesanleihen halten. Sie hätte dann eine wichtige
rechtliche Obergrenze verletzt, zu der sie sich gegenüber
dem Europäischen Gerichtshof wohl verpflichtet hat. Insofern
wird die EZB von Anfang 2018 gezwungen sein, ihre
Anleihekäufe zu reduzieren. Um aber die Anleihen der hoch
verschuldeten Staaten zu schonen, erwarten wir, dass sie das
Ende der Anleihekäufe durch andere expansive Maßnahmen
ersetzt. Das könnte ein 5jähriger Tender sein, so dass die
Banken mit geliehenem EZB-Geld die EZB beim Anleihekauf
zumindest teilweise ablösen könnten. Ein Ende der ultralockeren Geldpolitik ist nicht in Sicht.
Dr. Jörg Krämer
+49 69 136 23650
-0.5
20. Januar 2017
0.0
-0.1
-0.2
-0.3
-0.4
aktuell
Mar-17
Jun-17
Sep-17
Dec-17
Mar-18
Futures
19.01.17
12.01.17
Commerzbank
TABELLE 3: Volkswirte-Konsens EZB-Leitzins
Q1 17
Q2 17
Q4 17
Konsens
0,0
0,0
0,0
Hoch
0,0
0,0
0,0
Tief
0,0
0,0
0,0
Commerzbank
0,0
0,0
0,0
Quelle: Reuters, Bloomberg, Commerzbank Research
9
Economic Research | Woche im Fokus
Zentralbank-Monitor (2)
Bank of England (BoE)
Gouverneur Carney hat diese Woche in einer Rede die
Wechselwirkungen zwischen Inflation und Wachstum der
Realwirtschaft detailliert erörtert. Am nächsten Tag zeigte die
Veröffentlichung der Verbraucherpreisinflation im Dezember
einen unerwartet starken Anstieg auf 1,6%, den höchsten
Wert seit Sommer 2014. Carney wies darauf hin, dass die mit
dem Brexit verbundenen Unsicherheiten zwar das MPC dazu
veranlasst hatten, „im Gegenzug für eine moderatere
Zunahme der Arbeitslosigkeit … eine Phase etwas höherer
Inflation“ zu wählen. Doch „es gibt Grenzen dafür, inwieweit
eine über dem Ziel liegende Inflationsrate toleriert werden
kann.“ Wie Carney erläuterte, scheinen die privaten
Haushalte durch diese Unsicherheit derzeit „gänzlich
hindurch zu sehen“. Doch die BoE gehe davon aus, dass
eine steigende Inflation das Wirtschaftswachstum leicht
bremsen wird. Carney brauchte nicht hinzuzufügen, dass das
Risiko einer Zinserhöhung steigen wird, falls die Wirtschaft
sich nicht wie erwartet abkühlt. Die Märkte preisen eine
Zinserhöhung in diesem Jahr mit einer Wahrscheinlichkeit
von 47% ein. Doch da Premierministerin May diese Woche
bekannt gegeben hat, dass Großbritannien im Wesentlichen
auf einen harten Brexit zusteuern wird, sind die
wirtschaftlichen Risiken eindeutig gestiegen. Das wiederum
legt nahe, dass die BoE vorsichtig vorgehen dürfte.
GRAFIK 11: Erwarteter Zinssatz für Dreimonatsgeld (GBP)
1.0
0.8
0.6
0.4
0.2
0.0
aktuell
Mar-17
Futures
19.01.17
Jun-17
Sep-17
12.01.17
Dec-17
Mar-18
Commerzbank
Quelle: Bloomberg, Commerzbank Research
Peter Dixon
+44 20 74751808
South African Reserve Bank (SARB)
Die südafrikanische Notenbank (SARB) dürfte ihren Leitzins
trotz der hohen und zuletzt steigenden Inflation nächste
Woche bei 7% lassen. Die Inflationsrate bewegte sich trotz
schwachen Wachstums, einer hohen Arbeitslosigkeit und der
Rand-Aufwertung im Jahresverlauf 2016 oberhalb des
Zielkorridors der Notenbank von 3% bis 6%. Wesentliche
Treiber waren neben administrierten (Elektrizitäts-) Preisen
vor allem die im Zuge der Dürre stark gestiegenen
Nahrungsmittelpreise.
Bislang rechnet die SARB aber ab dem zweiten Quartal 2017
mit einer Rückkehr der Inflationsrate in den Zielkorridor,
wenn
diese
vorübergehenden
Effekte
aus
dem
Jahresvergleich herausfallen. Dies gilt ungeachtet gewisser
Aufwärtsrisiken für die Inflation, wozu ein steigender Ölpreis
und eine deutliche Rand-Abwertung zählen. Außerdem will
die SARB die schwache Wirtschaft möglichst nicht durch
zusätzliche Zinserhöhungen belasten. Dies ist angesichts
des sehr niedrigen Realzinses ein Balanceakt, denn das
Land
benötigt
zur
Finanzierung
des
hohen
Leistungsbilanzdefizits Kapitalzuflüsse. Gleichzeitig sind die
Risiken einer Rating-Herabstufung auf Junk-Status nicht
endgültig vom Tisch. Gerät der Rand unter deutlichen
Abwertungsdruck, wird die SARB wohl oder übel mit
Zinserhöhungen gegensteuern müssen.
GRAFIK 12: Erwarteter Zinssatz für Dreimonatsgeld (ZAR)
8.5
8.0
7.5
7.0
6.5
aktuell
Mar-17
Futures
19.01.17
Jun-17
Sep-17
12.01.17
Dec-17
Mar-18
Commerzbank
Quelle: Bloomberg, Commerzbank Research
Elisabeth Andreae
+49 69 136 24052
10
20. Januar 2017
Economic Research | Woche im Fokus
Markus Koch
Tel. +49 69 136 87685
Wochenvorschau Rentenmärkte:
Bunds: Leben in der Ära Trump
Auch nach der EZB-Sitzung dürften die Investoren zögerlich bleiben, weil Trumps
Amtseinführung ansteht. Ab nächster Woche könnten recht günstige Konjunkturdaten
aus dem Euroraum und den USA die angeschlagene Stimmung weiter dämpfen. In der
Euro-Peripherie beeinflussen das umfangreiche Bruttoangebot, das anstehende Urteil
des italienischen Verfassungsgerichts und weitere Rating-Überprüfungen die Spreads.
TABELLE 4: Wochenausblick für Renditen und Kurven
Rendite (10 Jahre)
Kurve (2 - 10 Jahre)
Bunds
US-Treasuries
Seitwärts bis höher
Seitwärts bis höher
Etwas steiler
Neutral
Quelle: Commerzbank Research
Impulsausblick für den
Bund Future,
23. – 27. Januar
Konjunktur
→
Inflation
↓
Geldpolitik
↓
Trend
↓
Angebot
→
Risikoaversion
→
Die EZB-Sitzung hat gestern kaum weitere Erkenntnisse bezüglich eines Ausstiegs aus den
Anleihekäufen (Tapering) gebracht. Präsident Draghi wiederholte vielmehr, dass trotz zuletzt
robusteren Wachstums die Erholung im Euroraum zögerlich bleibt und weiterhin geldpolitischer
Unterstützung bedarf. Anfang nächster Woche dürfte die politische Unsicherheit unter Investoren
zunächst anhalten, denn US-Präsident Trump hatte vor seiner heutigen Amtseinführung (12 Uhr,
Ortszeit) erklärt, er werde die Dekrete seines Vorgängers unverzüglich aufheben.
Ab Dienstag werden sich die Märkte auf die anstehenden Konjunkturdaten, insbesondere die
Einkaufsmanagerindizes für Januar aus dem Euroraum und die BIP-Zahlen für das vierte
Quartal aus den USA, konzentrieren (siehe Seite 8). Mit Blick auf die Risiken würde eine positive
Überraschung bei den Einkaufsmanagerindizes augenblicklich Spekulationen über Draghis
Tapering-Optionen befeuern und die €-Rentenmärkte aufrütteln. Nach dem in der letzten Woche
bekannt gegebenen EZB-Rechtsakt zu PSPP-Käufen bei Renditen unterhalb des Einlagesatzes
hat sich die Bundkurve im Bereich von zwei bis zehn Jahren wie von uns erwartet (siehe
Ausgabe von letzter Woche) versteilert, getrieben von steigenden langfristigen Renditen. Dieser
Trend dürfte sich nächste Woche fortsetzen, bevor Schlagzeilen vom Treffen der Eurogruppe
am 26. Januar zu den Überprüfungen von Griechenland, Irland und Portugal auf den
Bildschirmen erscheinen. Da sich der Markt bald wieder auf die günstigen US-Konjunkturdaten
konzentrieren wird, könnten US-Treasuries schlechter abschneiden als Bunds (Grafik 13).
In der Peripherie sollte das für nächste Woche geplante Angebot an Staatsanleihen aus dem
Euroraum nur magere 9 Mrd € erreichen. Ab Ende Januar wird das Bruttoangebot jedoch
zunehmen. Daher werden sich die Investoren (trotz des negativen Nettoangebots) auf die
erhöhte Emissionstätigkeit konzentrieren. Zehnjährige italienische Staatspapiere (BTPs) sollten
bis Ende der nächsten Woche ihre Underperformance gegen spanische Titel (SPGBs)
fortsetzen, wobei das anstehende Urteil des Verfassungsgerichts über das Italicum (Reform des
Wahlsystems) den Risikoappetit der Investoren weiter belasten dürfte (Grafik 14).
GRAFIK 13: Bärentrends im Gleichschritt
GRAFIK 14: Underperformance von BTPs gegenüber SPGBs
Zehnjährige Bundrendite in Prozent, Renditedifferenz zwischen
zehnjährigen US-Treasuries und Bunds, in Basispunkten
240
Renditedifferenz zwischen zehnjährigen italienischen und spanischen
Staatsanleihen, in Basispunkten
0.40
0.35
230
55
50
0.30
220
0.25
210
200
0.20
21-Dec
29-Dec
05-Jan
Bundrendite (RS)
Quelle: Bloomberg, Commerzbank Research
20. Januar 2017
12-Jan
Spread (LS)
0.15
19-Jan
45
40
35
24 Nov
03 Dec
12 Dec
21 Dec
30 Dec
08 Jan
17 Jan
Quelle: Bloomberg, Commerzbank Research
11
Economic Research | Woche im Fokus
Antje Praefcke
Tel. +49 69 136 43834
Wochenvorschau Devisenmärkte:
Dollar zwischen Trump und Yellen
Der neue US-Präsident Trump findet den Dollar zu stark, während Fed-Chefin Janet Yellen
weiterhin betont, dass die Zinsen weiter steigen werden: In diesem Spannungsfeld wird
sich der USD auch in der kommenden Woche bewegen. Dabei wird wohl die Fed die
Oberhand behalten und der USD zulegen. Die Diskussion um den Brexit wird auch
nächste Woche köcheln. Die jüngste Aufwertung des Pfunds ist wohl kaum nachhaltig.
TABELLE 5: Für die nächste Woche erwartete Handelsspannen
Spanne
Tendenz
Spanne
Tendenz
EUR-USD
1,0450-1,0850

EUR-GBP
0,8500-0,8800

EUR-JPY
120,00-125,00

GBP-USD
1,2100-1,2600

USD-JPY
112,00-117,00

EUR-CHF
1,0650-1,0800

Quelle: Commerzbank Research
Zu Wochenanfang thematisierte der neue US-Präsident Donald Trump in einem Interview den
aus seiner Sicht zu starken Dollar. Er führt dies darauf zurück, dass China seine Währung
künstlich niedrig halte. Abgesehen davon, dass China ganz im Gegenteil seine Währung derzeit
stützt, ist es bemerkenswert, dass sich ein (zukünftiger) US-Präsident so klar zum US-Dollar
äußert. Am Devisenmarkt brachte dies den Dollar unter Druck (Grafik 15). Am Donnerstag trieb
Fed-Chefin Janet Yellen den Greenback dann wieder in die andere Richtung. Wie schon einige
ihrer Kollegen wie sie darauf hin, dass die US-Wirtschaft auf Kurs ist und höhere Zinsen
angebracht sind, die Zinsen in diesem Jahr also „einige Male“ angehoben werden dürften. Ein zu
langes Warten berge das Risiko von späteren bösen Überraschungen in Form von Inflation
und/oder Stabilitätsrisiken am Finanzmarkt. Natürlich wird die Fed beim Festlegen ihrer
Geldpolitik auch den Außenwert des Dollar im Auge behalten. Trotzdem werden die US-Zinsen
steigen, möglicherweise sogar schneller als derzeit vom Markt eingepreist. Dies gilt umso mehr,
wenn Trump seine Pläne für eine expansive Fiskalpolitik umsetzen sollte. Da zudem die
Implementierung der Trump’schen Politik noch einige Zeit dauern wird, dürften die US-Daten
und Fed-Kommentare die Entwicklung des Dollar dominieren. Beides sollte ihn unterstützen.
Die Diskussion um den Brexit geht nach der Grundsatzrede von Permierministerin May in eine
neue Runde. Dienstag wird das Urteil des Obersten Gerichtshofs erwartet. Aber auch wenn das
Gericht entscheidet, dass das Parlament dem Brexit zustimmen muss, verschiebt sich
höchstens der Zeitplan des Brexit. Nach Mays Rede deutet alles auf schwierige Verhandlungen
mit der EU hin. Infolgedessen sehen wir den jüngsten Höhenflug des Pfundes skeptisch
(Grafik 16). Wenn die ersten negativen Effekte sichtbar werden – etwa weil ausländische Firmen
Investitionen in Großbritannien zurückfahren oder sich die Konjunkturdaten abschwächen – und
damit die Unsicherheit wieder steigt, wird das Pfund wieder schnell unter Druck kommen.
GRAFIK 15: Trump drückt auf den Dollar, Yellen stützt ihn
Dollarindex DXY, 10-Minuten-Daten
103.0
0.88
102.0
101.5
0.87
101.0
0.86
100.5
Trump
5.1.
9.1.
11.1.
16.1.
Quellen: ICE,Bloomberg, Commerzbank Research
12
EUR-GBP Kassakurs, 10-Minuten-Daten
0.89
102.5
100.0
GRAFIK 16: Pfund nach Mays Rede deutlich stärker
Yellen
18.1.
0.85
5.1.
9.1.
11.1.
13.1.
17.1.
Quellen: Bloomberg, Commerzbank Research
20. Januar 2017
Economic Research | Woche im Fokus
Markus Wallner
Tel. +49 69 136 21747
Wochenvorschau Aktienmärkte:
Harter Brexit führt zu DAX-Erholung
Die britische Premierministerin May hat diese Woche dargelegt, wie sie sich den Austritt
Großbritanniens aus der Europäischen Union vorstellt. Großbritannien soll nach dem
Brexit kein Teil des Europäischen Binnenmarkts oder der Zollunion sein. Stattdessen
strebt sie ein Freihandelsabkommen an. Diese etwas klareren Aussagen zur
Ausgestaltung des Brexit gaben dem deutschen Aktienmarkt und dem britischen Pfund
Rückenwind. Wir gehen weiter davon aus, dass der Brexit die deutschen Unternehmen
(auch solche mit hohem Umsatzanteil Großbritanniens) zunächst kaum belasten wird und
deshalb hohe Umsatzanteile Großbritanniens nicht unbedingt ein Argument gegen ein
bestimmtes Unternehmen sind.
TABELLE 6: Aktienmärkte bleiben robust
Gewinne 2017e
Index
Performance (%) seit
Indexpunkte
01.01
30.09
30.06
aktuell
01.01
Wachstum (%)
Aktuell
01.01
aktuell
KGV 2017e
01.01
DAX 30
11.599
1,0
10,4
19,8
856,1
855,1
10,7
10,8
13,5
13,4
MDAX
22.631
2,0
4,9
14,1
1307
1308
14,5
14,4
17,3
17,0
Euro Stoxx 50
3.294
0,1
9,7
15,0
233,2
233,3
11,8
11,8
14,1
14,1
S&P 500
2.272
1,5
4,8
8,2
130,3
130,4
11,7
11,6
17,4
17,2
Quelle: Commerzbank Research, I/B/E/S
Während die europäischen Politiker Mays Rede teils sehr unterschiedlich aufnahmen, gab es
am deutschen Aktienmarkt eine eindeutige Reaktion: die Kurse erholten sich, und auch das
britische Pfund konnte gegenüber dem Euro wieder zulegen. Auch in den kommenden Monaten
dürfte die Brexit-Entscheidung die deutschen Unternehmen kaum beeinträchtigen. Dies gilt auch
für Unternehmen, die einen großen Anteil ihrer Umsätze in Großbritannien erzielen, so dass
dieser auch weiterhin nicht unbedingt ein Argument gegen die entsprechenden Aktien
ist (Grafik 17):
•
Seit der Brexit-Entscheidung am 23. Juni 2016 hat das britische Pfund gegenüber dem Euro
um fast 12% abgewertet, was die in Großbritannien aktiven DAX-Unternehmen für sich
genommen belastet. Allerdings sind einige Unternehmen mit hohem Umsatzanteil des UK
teilweise gegenüber dem Wertverlust des britischen Pfunds abgesichert, entweder durch
Finanzprodukte oder durch Produktionsanlagen in Großbritannien, durch die das
Unternehmen (wie etwa BMW) auf Grund der Pfundschwäche Kosten einsparen kann.
•
Das Pfund hat zwar 2016 im Vergleich zu 2015 klar abgewertet, es befindet sich aber
weiterhin in der Bandbreite der Jahre 2008 bis 2014.
•
Die endgültigen (negativen) Auswirkungen des Brexit werden erst in einiger Zeit auftreten;
bis dahin stehen noch schwierigen Verhandlungen an.
GRAFIK 17: Hoher Umsatzanteil im UK bisher keine Kursbremse
Anteil Großbritanniens am Umsatz, Kursentwicklung seit dem Brexit-Votum, jeweils in Prozent
25
20
15
10
5
0
-10
RWE
BMW
DPW
HEI
LHA
MUV2
DAI
LIN
SIE
EOAN
ADS
SAP
VOW3
BEI
HEN3
BAS
FME
IFX
MRK
ALV
BAYN
CON
DTE
FRE
TKA
PSM
VNA
-5
Umsatzanteil
Kursentwicklung
Quelle: Unternehmen, Commerzbank Research
20. Januar 2017
13
Economic Research | Woche im Fokus
Barbara Lambrecht
Tel. +49 69 136 22295
Wochenvorschau Rohstoffe
Drum prüfe, wer sich bindet…
Der Preis für ein Barrel Brentöl dürfte fürs Erste weiter um 55 USD schwanken. Schließlich wird sich am Wochenende das Komitee, das die Umsetzung der versprochenen Produktionskürzungen begutachtet, wohl zufrieden zeigen. Auch bei den Industriemetallen
dürften die Preise vor dem chinesischen Neujahrsfest auf der Stelle treten, weil die Aktivitäten bereits vor den Feiertagen heruntergefahren werden. Am Goldmarkt ist kurzzeitig
der US-Dollar richtungsweisend, aber die sich erholende Nachfrage in Asien dürfte
mittelfristig stützen. Erstes Indiz könnten hohe Schweizer Goldexporte nach Asien sein.
TABELLE 7: Tendenzen bei wichtigen Rohstoffen
Veränderung in %
19.Jan. 1 Woche 1 Monat
Tendenz Rohstoffspezifische Ereignisse
1 Jahr
Kurzfristig
Brent (USD je Barrel)
54,3
-2,9
-1,0
89,0
Kupfer (USD je Tonne)
5721
-2,1
4,1
29,8

Treffen des Prüfkomitees (21./22.)
CHN: Neujahrsfest (Märkte
geschlossen vom 27.1.-2.2.)
Gold (USD je Feinunze)
1203
0,7
5,7
10,7

Schweizer Goldexporte (24.)

Quelle: Bloomberg, Commerzbank Research
Am Ölmarkt bleibt die Volatilität niedrig: Der Preis für ein Barrel Brentöl pendelt weiterhin um 55
USD. Am Wochenende trifft sich erstmals das Komitee, welches die Einhaltung der
angekündigten Produktionskürzungen überprüft und somit Transparenz und Glaubwürdigkeit
sicherstellen soll. Die Vorzeichen sind gut: Denn in Summe wurden bereits Kürzungen in Höhe
von gut 1,1 Mio Barrel pro Tag gemeldet. Das entspricht gut zwei Drittel der insgesamt avisierten
Einschnitte. Wir gehen davon aus, dass sich das aus Vertretern von Kuwait, Algerien,
Venezuela, Russland und Oman bestehende Gremium in seinem ersten Testat optimistisch
zeigen wird, dass alle Länder ihren Ankündigungen gerecht werden. Damit würde der Markt also
laut Internationaler Energieagentur in ein Angebotsdefizit rutschen (Grafik 18), was den Preis
weiterhin stützt. Wir bleiben aber skeptisch, ob diese Disziplin von langer Dauer sein wird.
Untergraben wird sie nicht zuletzt von den höheren Preisen. Denn diese schieben eine Erholung
der US-Ölproduktion an. Zum Jahresverlauf erwarten wir wegen eines dann wieder reichlicher
versorgten Marktes einen Rückgang der Ölpreise.
Am Goldmarkt stockt die Erholung. Kurzfristig bleibt der US-Dollar richtungsweisend, aber im
Jahresverlauf dürfte er an Bedeutung einbüßen. Unterstützung dürfte dann die Erholung der
asiatischen Goldnachfrage geben. Die zuletzt hohen Goldausfuhren von Großbritannien in die
Schweiz deuten an, dass das im November und Dezember aus den ETFs abgeflossene Gold
(Grafik 19) teilweise in der Schweiz eingeschmolzen wird, um es dann nach Asien
weiterzuverkaufen. Für ein regeres Interesse der Chinesen an Gold sprechen auch die höheren
Zuflüsse in die in China notierten Gold-ETFs. Außerdem könnten im Vorfeld des Neujahrfestes
die Käufe angezogen haben. In Indien dagegen bleiben die Goldeinfuhren temporär gebremst,
weil durch die kurzfristige Abschaffung großer Banknoten Liquiditätsengpässe bei der Landbevölkerung entstanden sind, die einen großen Teil der indischen Goldnachfrage ausmacht.
Sobald sich die Bargeldknappheit auflöst, dürfte aber auch dort die Nachfrage steigen.
GRAFIK 18: Angebotsdefizit 2017 bei voller Umsetzung der
Produktionskürzung
Ölnachfrage und –angebot, Lagerveränderung, in Mio Barrel pro Tag
Mio Unzen, USD je Feinunze
2.5
100
90
1900
2.0
98
80
1700
70
1500
1.5
96
1.0
94
0.5
92
0.0
90
-0.5
88
-1.0
-1.5
1Q2013
1Q2014
Lagerver. (LS)
1Q2015
1Q2016
Angebot (RS)
Quelle: EIA, Commerzbank Research
14
GRAFIK 19: Zuletzt wieder Abflüsse bei den Gold ETFs
1Q2017
86
Nachfrage (RS)
60
1300
50
1100
40
900
30
20
700
10
500
0
300
2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017
ETF-Bestände (LS)
Goldpreis (RS)
Quelle: Bloomberg, Commerzbank Research
20. Januar 2017
Economic Research | Woche im Fokus
Commerzbank-Prognosen
TABELLE 8: Gesamtwirtschaftliche Prognosen
Reales BIP (%)
Inflationsrate (%)
2016
2017
2018
2016
2017
2018
USA
1,6
2,3
2,3
1,3
2,5
2,5
Japan
1,0
1,0
1,0
-0,1
1,0
1,0
Euroraum
1,7
1,8
1,6
0,2
1,3
1,2
- Deutschland
1,9
1,6
1,5
0,5
1,7
1,6
- Frankreich
1,3
1,6
1,7
0,2
0,6
0,8
- Italien
0,8
1,0
1,1
-0,1
0,7
0,9
- Spanien
3,3
3,0
2,5
-0,5
1,3
1,4
- Portugal
1,2
1,2
1,1
0,6
1,3
1,5
- Irland
4,4
3,5
3,0
-0,2
0,8
1,3
- Griechenland
0,2
2,1
2,3
-0,8
0,7
1,0
Großbritannien
2,0
1,6
1,7
0,6
2,2
2,8
Schweiz
1,5
1,5
1,7
-0,4
0,4
0,8
China
6,7
6,5
6,3
1,8
2,0
2,2
Indien
6,8
7,3
7,4
5,2
5,3
5,1
Brasilien
-3,4
0,8
2,1
8,8
5,4
5,1
Russland
-0,6
1,3
2,0
8,0
5,5
5,5
Welt
2,8
3,3
3,4
•
Die US-Wirtschaft hat ihre Ungleichgewichte
abgebaut und wächst weiter ordentlich.
•
In China schwächt sich das Wachstum weiter
ab, unter anderem wegen der hohen
Verschuldung der Unternehmen und ihrer
Überkapazitäten.
•
Die expansive Geldpolitik der EZB übertüncht
die strukturellen Probleme im Euroraum und
erlaubt es der Wirtschaft, wieder etwas
stärker zu wachsen.
•
Die Währungsunion hat die Staatsschuldenkrise überlebt, wandelt sich aber zu einer
„italienischen Währungsunion“ – strukturelle
Schwächen werden durch eine expansive
Geldpolitik konserviert.
•
Die deutsche Wirtschaft erlebt einen konsumgetriebenen Aufschwung, unter dessen
glänzender Oberfläche allerdings die Wettbewerbsfähigkeit mehr und mehr erodiert.
•
Die
in
den
meisten
Ländern
der
Währungsunion hohe Arbeitslosigkeit hält die
Inflation bis auf weiteres niedrig.
•
Da die Fed ihren Zielen näher gekommen ist,
dürfte das Tempo der Zinserhöhungen
zunehmen. Wir erwarten 2017 zwei
Anhebungen um jeweils 25 Basispunkte.
•
Der Sieg Trumps bei der US-Präsidentschaftswahl erhöht den Aufwärtsdruck auf die
US-Renditen am langen Ende durch
steigende Inflationserwartungen und die
Aussicht auf ein höheres Anleihenangebot.
•
Weil die Kerninflation tendenziell die EZBErwartungen enttäuschen dürfte, rechnen wir
damit, dass die EZB weitere Maßnahmen
ergreifen wird.
•
Im Gegensatz zu den USA dürften im
Euroraum die zehnjährigen Bundrenditen in
der Tendenz kaum steigen.
•
Der mehrjährige Abwärtstrend der Renditeaufschläge der Peripherie ist vorbei. Spekulationen über geringere Unterstützung der
EZB bei zunehmenden politischen Risiken
sprechen für steigende Risikoprämien.
•
Die Geldpolitik von Fed und EZB wird
zunächst weiter auseinander driften und den
EUR-USD-Kurs belasten. Ende 2017 dürfte
die EZB allerdings gezwungen sein, das
Volumen der monatlichen Anleihekäufe zu
reduzieren. Das wird sich kurzfristig positiv
auf den EUR auswirken.
•
Bei den Verhandlungen über den Brexit
erwarten wir am Ende eine gütliche Einigung.
Aber die Unsicherheit bleibt noch lange hoch,
sodass sich das Pfund bis auf weiteres nicht
erholen wird.
•
CNY dürfte in den kommenden Quartalen in
der Grundtendenz gegenüber dem USD
weiter abwerten.
TABELLE 9: Zinsprognosen (Quartalsendstände)
19.01.2017
Q1 17
Q2 17
Q3 17
Q4 17
Q1 18
Fed Funds Rate, Obergrenze
0,75
0,75
1,00
1,00
1,25
1,25
3-Monats-Libor
1,02
1,00
1,15
1,25
1,40
1,40
2 Jahre*
1,22
1,10
1,30
1,50
1,70
1,90
5 Jahre*
1,94
1,80
2,10
2,30
2,50
2,60
10 Jahre*
2,43
2,50
2,60
2,70
2,80
2,85
Spread 10-2 Jahre
121
140
130
120
110
95
Swap-Spread 10 Jahre
-11
-20
-15
-15
-15
-10
Einlagezins
-0,40
-0,40
-0,40
-0,40
-0,40
-0,40
3-Monats-Euribor
-0,33
-0,30
-0,25
-0,25
-0,25
-0,25
2 Jahre*
-0,71
-0,60
-0,65
-0,65
-0,65
-0,60
5 Jahre*
-0,44
-0,30
-0,35
-0,35
-0,30
-0,30
10 Jahre*
0,39
0,50
0,25
0,30
0,40
0,50
Spread 10-2 Jahre
110
110
90
95
105
110
Swap-Spread 10 Jahre
36
35
35
35
35
35
Repo-Satz
0,25
0,25
0,25
0,25
0,25
0,25
3-Monats-Libor
0,36
0,40
0,40
0,40
0,35
0,35
2 Jahre*
0,21
0,20
0,20
0,20
0,30
0,30
10 Jahre*
1,39
1,70
1,70
1,75
1,80
1,85
USA
Euroraum
Großbritannien
TABELLE 10: Wechselkursprognosen (Quartalsendstände)
EUR-USD
19.01.2017
Q1 17
Q2 17
Q3 17
Q4 17
Q1 18
1,07
1,05
1,03
1,04
1,04
1,03
USD-JPY
115
112
114
116
118
120
EUR-CHF
1,07
1,08
1,08
1,08
1,00
1,00
EUR-GBP
0,87
0,86
0,86
0,87
0,87
0,87
EUR-SEK
9,54
9,70
9,65
9,60
9,60
9,50
EUR-NOK
9,02
9,05
9,00
8,95
8,95
8,85
EUR-PLN
4,37
4,45
4,50
4,50
4,50
4,55
EUR-HUF
308
315
317
320
320
325
EUR-CZK
27,02
27,00
27,00
27,00
27,00
25,50
AUD-USD
0,76
0,74
0,72
0,73
0,73
0,74
NZD-USD
0,72
0,70
0,68
0,69
0,69
0,70
USD-CAD
1,33
1,35
1,35
1,34
1,34
1,33
USD-CNY
6,87
6,95
7,05
7,10
7,15
7,20
Quelle: Commerzbank Research; Fettdruck Änderung gegenüber der letzten Woche; *Treasuries, Bundesanleihen bzw. Gilts
20. Januar 2017
15
Economic Research | Woche im Fokus
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Economic Research
Zins und Credit Research
FX- & EM-Research
Commodity Research
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+49 69 136 23650
Christoph Rieger (Leiter)
+49 69 136 87664
Ulrich Leuchtmann (Leiter)
+49 69 136 23393
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+49 69 136 43417
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+49 69 136 22322
Michael Leister (Leiter
Zinsen)
+49 69 136 21264
Thu-Lan Nguyen (G10)
+49 69 136 82878
Daniel Briesemann
+49 69 136 29158
Antje Praefcke (G10)
+49 69 136 43834
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+49 69 136 21006
Esther Reichelt (G10)
+49 69 136 41505
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+49 69 136 29363
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+49 69 136 22295
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+49 69 136 24052
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+49 69 136 24889
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+49 69 136 23888
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Bernd Weidensteiner (USA, Fed)
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Schweiz)
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(Leiter Cov. Bonds und
Financials)
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(Leiter Credit)
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Hao Zhou (EM)
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Economic Research:
Economic Briefing (zeitnahe Kommentierung wichtiger Indikatoren und Ereignisse)
Economic Insight (Umfassende Analyse ausgewählter Themen)
Konjunktur und Finanzmärkte (Chart-Buch, das monatlich unser weltwirtschaftliches Bild darstellt)
Commodity Research:
TagesInfo Rohstoffe (täglicher Kommentar zu Edel- und Industriemetallen sowie zum Energiemarkt)
Rohstoffe kompakt (wöchentliche Analyse zu Energie-, Metall- und Agrarmärkten)
Zins und Credit
Research:
Ahead of the Curve (Flaggschiffpublikation mit Analysen und Strategien für die globalen Rentenmärkte)
European Sunrise (täglicher Marktkommentar für die Europäischen Rentenmärkte)
Pfandbrief Weekly (wöchentliche Übersicht und Analysen für die Covered Bond-Märkte)
Rates Radar (ad-hoc Specials und Handelsideen für die Rentenmärkte)
Credit Note (Handelsempfehlungen für institutionelle Investoren)
FX Strategy:
Tagesinfo Devisen (Tageskommentar und -ausblick für die Devisenmärkte)
FX Hotspot (zeitnahe Kommentierung wichtiger Ereignisse für den Devisenmarkt)
FX Insight (Umfassende Analyse ausgewählter Themen am Devisenmarkt)
Aktienstrategie:
Weekly Equity Monitor (wöchentlicher Ausblick auf die Aktienmärkte und die Quartalsberichte der Unternehmen)
Monthly Equity Monitor (monatliche Publikation zu Gewinnen, Bewertung und Sentiment an den Aktienmärkten)
Digging in Deutschland (Themenresearch mit dem Fokus auf den deutschen Aktienmarkt)
Emerging Markets:
EM Briefing (zeitnahe Kommentierung wichtiger Indikatoren und Ereignisse)
Cross Asset:
Cross Asset Monitor (wöchentliche Marktübersicht inklusive Sentiment- und Risikoindikatoren)
Cross Asset Outlook (monatliche Analyse der globalen Finanzmärkte mit taktischer Assetallokation)
Cross Asset Feature (Spezialstudien zu Assetklassen übergreifenden Themen)
Für den Bezug der aufgeführten Publikationen wenden Sie sich bitte an Ihren Kundenbetreuer.
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20. Januar 2017
Economic Research | Woche im Fokus
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20. Januar 2017
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Economic Research | Woche im Fokus
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