Radio für alle! Die Empfangsgeräte der Jahre 1923 bis 1925 und ihre Antennen von Hans M. Knoll Radiohörer brauchen geeignete Apparate, um die Hörfunks zu sehen - doch wie funktionierten sie? von den Sendern ausgestrahlten Informationen gut In diesem Teil der Serie „Radio für alle!“ steht die empfangen zu können. Im Rundfunkmuseum sind Empfänger-Technik der Jahre 1923 bis 1925 im zahlreiche Radiogeräte aus den Anfangsjahren des Mittelpunkt. Schon Gugliemo Marconi musste des Gleichrichter-Effektes bei Kri- fluss gerade eben un- empfangene Hochfrequenz lesbar stallen die Möglichkeit, sowohl terbrochen war. An- machen. Es ging dabei noch um unmodulierte (Telegrafie) als auch dere Quellen sprechen die einfachste Form von Nach- tonmodulierte Sender mit stabil davon, die Oberflä- richtenübermittlung. Als Nach- arbeitenden Geräten zu empfan- chen waren oxidiert. weis, ein Signal empfangen zu gen. Abgesehen vom tönenden Die Funktion im De- haben, musste das HF-Signal eine Löschfunken braucht es dazu im- tail: Kam ein HF-Sig- Reaktion ausüben - zum Beispiel mer einen Demodulator. Im Laufe nal von der Antenne, einen Kontakt in einem Strom- der Zeit wurden dafür verschiede- ob mit oder ohne Se- Bild 4: Der Klopfer, kreis schliessen, welcher dann ne Techniken angewendet. lektion (Schwingkreis in eine Muschel ein- eine Klingel zum Läuten brachte. in Kurz- oder Lang- gebaut. Waren es anfangs unmodulierte Der Fritter oder Kohärer Schaltung) an diesen Signale, die empfangen wurden, Bild 1 und Bild 2: 1890 demon- Kohärer, wurden diese feinen Mo- kam mit dem von Telefunken ent- strierte Édouard Branly den Fritter. leküle elektrisch verbunden oder wickelten „tönenden Löschfun- Damit ließen sich, wenn eingebaut - wie es fachlich korrekt heisst: ken“ die Zeit, in der der Funker die in eine Empfangsschaltung, HF- der Kontakt wird gefrittet. In der Zeichen der Nachricht mit einem Signale nachweisen. Für das „Ra- Schaltung, wie sie dann lange Zeit „Fernhörer“ abhören und auf- dio“ war das ohne Bedeutung. Die in der Praxis benutzt wurde, mus- schreiben konnte. Es musste nicht Funktion grob: In einem Behälter ste, damit sie brauchbar war, eine mehr der umständliche Klopfer war zwischen zwei Polen feinster zusätzliche Einrichtung beigefügt oder ein Ticker (auch Tikker ge- Metallstaub unter einem vorbe- werden: der Klopfer (Bild 3). Der schrieben) benutzt werden. Außer- stimmten Druck eingefügt. Der Strom aus dem Fritter löst ein Re- dem bot sich mit der Entdeckung war so gewählt, dass der Strom- lais aus, welches beispielsweise ei- Bild 1: Form des Fritters von Bild 2: Prinzip der Fritter-Schaltung. Bild 3: Der neutrale Klopfer als Ge- Branly. Quelle: Meyers Konversa- rät. tionslexikon 1903. Rundfunk und Museum 75 - Dezember 2010 25 Bild 5: Tikkerempfänger: Bei „d“ Bild 6: Hier sind der Summerkon- Bild 7: Der elektrolytische Detek- wird der Summerkontakt einge- takt und der eigentliche Summer tor, nach Schloemilch, als Schnitt- fügt. zu sehen. zeichnung. nen Streifenschreiber bedient, der HF-Signal und der Zelle muss zeitlich gesehen danach, einen die Zeichen aufzeichnet. Simultan eine Hilfsspannung (regelbar) ein- CW-Demodulator mit einem Ton- wird ein Hammer oder Klopfer geschleust werden. Die Spannung summer. Diese Einrichtung ist als gestartet, der zum Beispiel gegen muss eben die Polarisationsspan- Ticker bekannt geworden. Noch den Behälter mit dem Eisenstaub nung der Zelle kompensieren. heute kann man lesen: „ ...wie es klopft und den Strom im Pulver Bild 8: eine Gleichspannung aus ei- eben aus dem Ticker kam.“ Ich bin unterbricht. Das wiederholt sich ner Batterie wird mit einem Poten- mir nicht sicher, ob die Schreiber bei jedem Zeichen. Der Klopfer tiometer so justiert, dass folgendes wissen, was sie da technisch be- ist also eigentlich ein Unterbre- eintritt: Man vernimmt im Hörer schreiben. cher: er stellt den Fritter wieder dann ein leichtes Rauschen, wenn Um diese Zeichen hörbar zu ma- auf Empfang. mit der Vorspannung ein bestimm- chen, benutze man eine nachträg- Um das Klopfen auch gut zu hö- ter Punkt aufgesucht wird, bei dem liche Modulation der ankommen- ren, baute man den Klopfer in gerade etwas Strom zu fliessen den HF mit einem niederfrequen- eine Art Schale oder Muschel ein beginnt. Wird aus der Empfangs- ten Summerton. In den Strom- (Bild 4). Eine andere Technik war schaltung eine HF-Spannung an kreis des HF-Teiles, bestehend die Schloemilchzelle (Bild 7). Sie die Anordnung angelegt, so steigt aus Antenne, Schwingkreis und besteht aus einen Isolierbehälter, das Rauschen bis zum Knacken im dem Hörer mit Parallelkonden- der mit verdünnter Schwefelsäure Hörer an. Somit können die Zei- sator, fügt man einen Kontakt in gefüllt war. In diese Säure wer- chen aufgenommen werden. Die Reihe mit dem Kristall ein. Dieser den eingetaucht: zwei im Deckel Einstellung wird im Prinzip nur am Kontakt wird von einem Wagner- befestigte und von außen kontak- Beginn des Sitzung vorgenommen. schen Hammer oder populär einer tierbar, eine dünne und eine dicke Zum Aufnehmen unmodulierter Klingel, zu- und abgeschaltet. Der Platinelektrode. In Reihe mit dem Morsezeichen verwendete man, Kondensator wird, wenn ein HFSignal eintrifft, durch die Hochfrequenzspannung periodisch im 26 Bild 8: Schaltbild der Schloemilch- Bild 9: Verbesserte Tikkerschaltung Bild 10: Kristalldetektor mit Kugel- zelle mit Vorspannung, justierbar. mit Detektor nach Poulsen. gelenk, eine der vielen Versionen. Rundfunk und Museum 75 - Dezember 2010 Bild 11: Detektor-Modell: Kristall Bild 12: Einspeisen eines Vorstro- Bild 13: Sechsfach-Detektor für gegen Kristall: Eisenkies gegen mes in die Zelle. Beachten Sie die kommerzielle Empfangsstellen. Rotzinkerz. Polung der Spannungsquelle! Rhythmus des Summers aufge- wenn keine Morsezeichen sondern stet mit einem Kristalldetektor war laden und entlädt sich über den nur der unhörbare HF-Träger kon- (damals „Zelle“ genannt - wohl Hörer. Der macht den Summerton tinuierlich gesendet wurde. Eine aus der Zeit der Schloemilch-Zelle im Rhythmus der Morsezeichen Verbesserung des Wirkungsgra- so übernommen), aufnehmen. Da- hörbar. des dieser Modulation/ Demodu- bei musste bei einigen Materialien Um das anschaulicher zu ma- lation brachte das Einfügen eines eine Vorspannung wie bei der chen: der Kontakt „d“ im Bild 5 Kristalldetektors nach Poulsen- Schloemilch-Zelle angelegt wer- ist eigentlich der Summerkontakt Petersen in den Stromkreis (siehe den. Es ist das wohl bekannteste (nach Bild 6) der im Hörbereich Bild 9). Bauteil in der Radiotechnik der (ca. 800 Hz) das HF-Signal unter- Mit dem Aufkommen von Va- Anfangszeit (Bild 10). bricht und den Kondensator auf- kuumröhren wurde die Überla- Den Gleichrichter-Effekt bei Halb- lädt, der sich danach periodisch gerung mit einem HF-Oszillator leitern hat Braun schon 1874 ent- über den Hörer entlädt, was als durch Einpfeifen auf den Nutzträ- deckt und den Kristall-Detektor Modulation des an sich unhörba- ger erreicht. am 18. Februar 1906 zum Patent ren HF-Trägers wirkt und diesen Die wohl beste Lösung, ein Signal angemeldet. Es ist Brauns Ver- damit hörbar macht. zu demodulieren, kam mit dem dienst, dass danach intensiv nach Diese Einrichtung mit einem Sum- Kristall-Detektor auf. Sprachsen- guten Materialien und Kontakten mer wird auch notwendig, um den dungen und tönende Morsezei- gesucht wurde. Gearbeitet wur- Empfänger auf den Sender einzu- chen, wie der tönende Löschfun- de anfangs mit Detektoren in der stellen, bzw. den Empfang mit den ken von Telefunken, konnte man Version: Kristall gegen Kristall, Einstellorganen zu optimieren, mit einem Empfänger der ausgerü- wie Bild 14: Kommerzieller Detektor, Bild 15: Variometer als Abstimm- Bild 16: Schiebespule mit zwei ver- wie er u.a. auf Schiffen verwendet Element stellbaren Abgriffen als Abstimm- wurde. Eisenkies- gegen Rotzin- Element. Rundfunk und Museum 75 - Dezember 2010 27 Um in kommerziel- len Stationen stets auf Empfang gehen zu können, sah man oft eine „Revolverlösung“s vor. Mehrfachtypen (6-fach) Material: Pyrit (Magnetkies) zeigt Bild 13. Bild 17: Eine Tabelle der wichtigsten Detektor- Bild 18: Als Abstimm-Element Kombinationen. mit Schiebespule nur ein verstell- Bild 14 zeigt einen von barer Abgriff. vielen Detektorappara- Bild 17: Materialkombinationen für ten, wie ihn kommerzi- das aber oft ist, haben auch diese elle Funkstellen benutzt einfachen Schaltungen ihren Reiz haben. Der wuchtige und bergen mitunter Details, die Spulen-Koppler und viele ver- leicht übersehen werden. schiedene sind Nachfolgend finden Sie einige der erz (Bild 11) oder: Siliziumkarbid dessen Merkmale. Damit konnte von Radiobastlern vorzugsweise (SIC) auch [Karborund] gegen eine weitgehende Anpassung an benutzten Stahldraht oder Berylliumkupfer Wellenlänge und Antennensyste- Schaltungen. (CuCo2Be), der Aufbau wie in Bild me erreicht werden. Wie Sie aus den vorausgegangen Detektoren. Wechselspulen 10. Detektorempfänger– Teilen der Artikelreihe in dieser Bei diesem Detektor (Bild 12) Zur Schaltungstechnik Zeitschrift entnehmen konnten, kann eine regelbare Vorspannung Die in der Zeit um 1923/24 be- waren die Sender bei weitem nicht angelegt werden, um die Potenti- kannt so leistungsstark, wie es heute der alschwelle zu überwinden. füllen ganze Bücher. Es gibt da Fall ist. Bei den Untersuchungen von Vieles, was leider gar nicht oder Und mit den einfachen Appara- Braun war mit dem Bleiglanz schlecht funktionierte. Im we- ten, die damals im Gebrauch und „PBS“ (Galena) das am besten sentlichen kann man das auf eine bezahlbar waren, musste eine gute geeignete Material für den Bast- kleine Auswahl zurückführen. Es Außenantenne nebst einer guten ler gefunden. Das gilt noch heute. sollte klar sein, dass es sich hier Erdleitung vorhanden sein, wenn Nur hochwertige Halbleiter-Di- um die Anfangszeit des Radios man draußen auf dem Land etwas oden können da mithalten. handelt. gemachten Schaltungen Entsprechend einfach sind daher die Schaltungen. Wie 28 Bild 19: Detektorapparat mit einem Bild 20: Modell mit zwei Schie- Bild 21: Universalschaltung „kurz“, Schieber. bern. „lang“, für jede Länge von Antennen geeignet. Rundfunk und Museum 75 - Dezember 2010 Bild 22: Muster eines Variometers Bild 23: Röhrenaudion nach Lee Bild 24: Audionschaltung, wie sie mit zwei Zylinderspulen, wobei de Forest. bei Bastlern in den Anfangsjahren des Unterhaltungsrundfunks üb- die innere drehbar ist: damit kann z.B. abgestimmt werden. Wellenlänge abgestimmt. Bei mo- lich war. dernen Radios ist das bestenfalls hören wollte. Außerdem war es noch in etwas älteren Autoradios ben, sondern die Windungszahl. auch ein Statussymbol, eine lange der Fall. Um mit einer Antenne, Ein griffiger Begriff. So gab es Ab- Antenne zu haben. die vorzugsweise bei Mittel- und stufungen wie 25, 50, 75, 100, 125, Um mit den verschiedensten An- Langwellen eine Kapazität dar- 150, 175 und 200 Windungen. Als tennen das Optimum an Emp- stellt, einen Schwingkreis zu for- Komfortlösung eine Universalspu- fangsleistung zu erzielen, mussten men, braucht man noch eine Spu- le mit eingebautem Stufenschalter die Empfängerschaltungen univer- le. Die kann nun so dimensioniert mit dem die Windungen variiert sell sein, um eine gute Anpassung sein, dass der Empfängereingang werden konnten. Beide Lösungen an die örtlichen Gegebenheiten zu zusammen mit der Antenne genau erlauben es aber nicht, den Appa- ermöglichen. auf den Sender abgestimmt ist. rat exakt abzustimmen. Hier eine kleine Auswahl: Die Es gab dazu steckbare Spulen in Ein Teil des offenen Schwingkrei- Schaltung nach Bild 15 kommt diversen Dimensionen. Um auch ses muss variabel sein, denn die (außer bei sehr langen Antennen) dem Normalhörer eine Handha- Antenne ist es nicht ohne weite- ohne den in den Anfangsjah- bung zu ermöglichen, hat man res. Also bleibt nur die Spule üb- ren für manchen unbezahlbaren nicht den physikalischen ,elektri- rig. Die vorher genannten Abstu- Drehkondensator aus. schen Wert‘ einer Spule angege- fungen sind zu grob. Daher hatte Wie geht das? Bei fast allen Schaltungen wird die Antenne auf die Bild 25: Muster eines mit Tele- Bilder 26 und 27: Die Genehmigungsurkunde von 1923, links ausgefüllt, funken-Bauerlaubnis und RTV- rechts eine Blanko-Version. Zeichen versehenen Fabrikradios. Rundfunk und Museum 75 - Dezember 2010 29 30 Bild 28: Siemens Audion RFE 1 Bild 29: Telefunken Audion, Te- mit RTV-Zeichen, ohne bedienba- lefunkon „B“ mit einstellbarer Bild 30: Originalschaltung des Te- re Rückkopplung. Rückkopplung von außen. lefunkon „B“ man schon sehr früh eine Technik die man Schiebespule nennt, ob- bei den damals üblichen oder not- entwickelt, die eine stufenlose wohl sie gar nicht geschoben wird, wendigen Antennenlängen, not- Änderung des Spulenwertes, der eine Spule mit genau so vielen wendig oder erwünscht gewesen Induktivität, erlaubt. Stufen, wie sie Windungen hat. sein. Es entstand das Variometer. Dabei Das hängt nur von der Ausbildung kommen mehrere Verfahren zum der Schleifkontakte oder Schieber Weiteres dazu: Einsatz. Eine davon: zwei Spu- ab. In der Rangfolge war dies die Als Universallösung wurde die len, die ineinander montiert sind, Lösung # 2, wenn kein Drehkon- Kurz–Lang–Schaltung entwickelt. eine davon um 180 Grad drehbar. densator zur Verfügung stand. Es Mit dieser Technik lassen sich Damit wird stufenlos eine Addi- gab zwar auch Selbstbaudrehkos, praktisch alle Antennen abstim- tion bis zur Subtraktion der bei- was ich aber nur der Vollständig- men, was beim Detektor das A und den Spulenwerte erreicht. Eine keit halber nennen möchte. O der Empfangstechnik darstellt. Technik von hoher Qualität und Der Aufbau von Bild 20 zeigt Bei langen Antennen wird in Stel- durchaus nachbaufähig für einen eine zylindrisch gewickelte Line- lung „lang“ diese mit dem Drehko Radiobastler. arspule auf Holz oder Isolierrohr, elektrisch soweit verkürzt, dass die Echte Bastler-Modelle waren mit dazu zwei Messingstangen und resultierende Kapazität zusammen einfachen Zylinderspulen aufge- zwei Schieber. Als Kontaktmateri- mit der Spule einen Resonanzkreis baut, bei denen mit einem oder al wurden von Bastlern meistens bildet, der auf die Senderwelle ab- zwei Kontaktschiebern die Abgrif- die Streifenkontakte der 4,5 Volt gestimmt kommt. Bei kurzen An- fe der Spule nahezu windungswei- Flachbatterien benutzt. tennen, z.B. im Nahbereich des se kontaktiert werden konnten. Die Schaltung 18 zu Bild 19, zu- Senders, werden in der Stellung Die Bilder 19 und 20 zeigen das. sätzlich mit einem Drehko reali- „kurz“ die Antennen kapazitiv be- Die Schaltung 16 (zu Bild 20) bie- siert, erlaubt die Anpassung an die schwert, was diese elektrisch ver- tet eine vollkommene Anpassung verwendete Belastung. Das sind längert, um ebenfalls Resonanz an die Antenne. Zwei verschieb- die Kristall- und Kopfhörerimpe- herzustellen. Diese als Verlänge- bare Abgriffe auf der Spule und danz als Last, was in den meisten rung bekannte Technik kann je- wenn nötig ein Kondensator, fest Anwendungen ausreichend war. doch nicht die Empfangsleistung oder variabel in der Antennenzu- Damit kann die Trennschärfe be- einer leitung, ergeben eine leistungs- einflusst werden. Die Bilder 15 stellen. Die Antenne wird jedoch fähige Schaltung, die der Bastler und 18 zeigen, punktiert, einen immer abstimmbar, was eine Lei- selbst nachbauen konnte. Drehko oder Festkondensator in stungssteigerung bringt (Bild 21). Genaugenommen ist diese Spule, Reihe mit der Antenne. Das kann Rundfunk und Museum 75 - Dezember 2010 Langdrahtantenne bereit- Bild 31: Zweistufiger Niederfrequenz-Verstärker. Die Audions Bild 32: Schaltbild eines Verstärkers dieser Zeit. Rfe 1 und „B“ konnten damit für eine Lautsprecherwiedergabe er- Maßnahmen wieder wettgemacht seiner weitert werden. Heute wäre das werden kann. Deshalb gab es bei anderen Entdeckungen den „Au- der Amplifier. Detektor-Apparaten auch eine Se- dion-Effekt“ entdeckt und au- kundär-Schaltung mit 2 Kreisen ßerdem zusammen mit anderen Röhren sowie eine Tertiär-Schaltung mit patentiert. Wegen des noch un- in den Empfängerschaltungen 3 Kreisen, um das Optimum zwi- vollkommenen Vakuums dieser schen Lautstärke und Trennschär- frühen Röhren gibt es dort am fe zu finden (Schaltbild 41). Gitter keinen Ableitwiderstand, Die vorhergehenden, nur mit passiven Halbleitern (Kristallen) arbeitenden Schaltungen, haben Elektronenröhre neben - die Röhre macht das hier noch alle eines gemeinsam: sie be- In Wahrheit ist das Audion auch selbst. Noch heute spricht man dämpfen den Schwingkreis und nicht gänzlich ohne Rückwirkung von einem schlechten Vakuum, damit je nach Schaltung auch die auf den Kreis. Das steht aber heute wenn Gitterstrom fließt. Ich will abgestimmte Antenne. Das ist in- hier nicht zur Debatte. hier und jetzt nicht auf positiven sofern von Interesse, bzw. wich- oder negativen Gitterstrom ein- tig, weil damit der Vorteil einer Mit dem Erscheinen von Va- gehen, denn das liegt zu weit ab abgestimmten Antenne gemindert kuumröhren hat zumindest der vom Thema. wird, was durch keine technischen Amerikaner Lee de Forest mit Bild 33: Grafik der „verurteilten Schwarzhörer“, bevor es rechtlich „Radio für alle“ gab. Rundfunk und Museum 75 - Dezember 2010 31 Einiges zu Genehmigungen: Die RTV-Genehmigung und die Audion-Versuchs-Erlaubnis. Alle im Beitrag gezeigten und sonstigen Schaltungen mit Röhren konnten vor 1925 weder (auf)nachgebaut werden, noch konnten Apparate ohne diese Papiere in Betrieb genommen werden. Als am 29. Oktober 1923 der Bild 34: In der Mitte geteilte Antenne über einem Bauernhof, deren eine Sender VOX-Haus begann für Hälfte für den Empfänger des Hausbesitzers und deren zweite Hälfte für alle zu senden, musste man aus- den Empfänger im Gesindehaus benutzt wird. ser einer saftigen Monatsgebühr von 60.- RM auch einen Apparat Audion-Schaltung Diese Vorspannung im Beispiel mit dem RTV-Prüfsiegel kaufen nach Lee de Forest kann von minus über null nach und, wenn mit Röhre, auch eine Die Originalschaltung zeigt, wie positiv eingestellt werden. Die frü- Audion-Versuchserlaubnis schon erwähnt, noch keinen Git- hen Röhren hatten noch Kennli- werben. Der Ablauf des Erwerbs terableitwiderstand. Das schlechte nien, die eine Auswahl der Gitter- dieser Versuchserlaubnis ähnelte Vakuum mit den dort herumflie- spannung von negativ bis zu posi- einer Führerscheinprüfung: Schu- genden Ionen sorgte für die End- tiv Vorspannung nötig machten. lung und später Antrag mit einer er- ladung des Kondensators vor dem Gitter #1 (Bild 23). Audion, als Bastlerschaltung aus dieser Zeit, zeigt Bild 24. Man sieht, es wird als Ableitelement von Gitter nach Kathode eine NFDrossel benutzt. Bei den frühen Röhren mit geringer Steilheit und unvollkommenem Vakuum ergab das bessere Ergebnisse in Audionschaltungen als die mit einem Widerstand. Ein Gleiten des Arbeitspunktes, gesteuert von der HF Spannung durch Verändern der G1-Vorspannung, war damit jedoch nicht möglich. Man sieht auch, dass dem Gitter eine je nach Röhre und Schaltung unterschiedliche Vorspannung zu- 32 geführt wird. Beim modernen Au- Bild 35: Eine Gemeinschaftsantenne auf dem Hof eines Berliner Miets- dion mit direkt geheizten Röhren hauses. Der Antennenmast steht in der Mitte eines Wohnblocks, von wo ist Null-Volt die Regel. aus die Antennen zur jeweiligen Wohnung gehen. Rundfunk und Museum 75 - Dezember 2010 Kurvenscheibe stets so justiert, um das Schwingen (Rückkopplungspfeifen), das heisst das Senden über die Antenne zu vermeiden - eben RTV gerecht. Die Paralleltype dazu, der Typ Telefunkon „B“: Ein mit einer bedienbarer Rückkopplung verse- Bild 37: Skizze einer Lichtan- hener „freier“ Apparat, also aus tenne: Ein Adapter entnimmt die der Zeit nach dem 1. September Hochfrequenz aus dem Lichtnetz, 1925. Ab diesem Zeitpunkt konn- das damals noch als Freileitung te jedermann ein Radio bauen und über den Dächern entlangführte. Bild 36: Eine zerlegbare Rahmen- betreiben, die Gebühr von RM 2.- antenne aus den ersten Jahren musste jeder bezahlen, zumindest weis auf die Fremdkonstruktion. des Unterhaltungsrundfunks nach nach dem Gesetz. Dabei sind wesentliche Patente 1923. angewandt, wie die gemeinsame Die Bilder 28, 29, 30 und 31 zei- Achse für Drehko und Variometer Empfehlung des Vereins, bei dem gen Beispiele von Luxus-Appa- um auf größeren Abstimmbereich die Schulung erfolgte und die Ge- raten, die sich nicht jeder leisten zu kommen (1920!). Als Amateur- nehmigung durch die Postbehörde konnte. empfänger bezeichnet, für Export (siehe Bilder 26 und 27). Bild 42 zeigt den mit RCA-Li- mit englischer Beschriftung (siehe Alle RTV-Modelle hatten das Zei- zenz gebauten Telefunkon „D“. Bild 42). chen „RTV“ und das Datum der Die Webseite www.radiomuseum. Prüfung unverlierbar am Gerät org sagt dazu: Nachbau des RC Der schon erwähnte Siemens Rfe1, angebracht und waren plombiert: von Westinghouse/ RCA. Obwohl ein Einkreiser, der ohne Audion- Das alles geschah im Werk durch legitim aufgrund des Patentaus- Versuchserlaubnis betrieben wer- einem Beauftragten des RPM (Bild tauschabkommens von 1921 un- den konnte: Er hatte eine mit der 25). terließ Telefunken jeglichen Hin- Abstimmung gekoppelte Rück- Außerdem musste das Gerät eine Telefunken-Bauerlaubniss haben. Denn die Mehrzahl technischer Details und Schaltungsteile waren von Telefunken patentiert, oder die Patente von extern aufgekauft. Ein röhrenbestücktes, typisches RTV-Modell von Siemens war der Rfe 1 In diesem Modell, siehe Bild 28, ist zwar eine Rückkopplung eingebaut, diese ist aber so ausgelegt, dass ein Schwingen zuverlässig vermieden wird. Deren Ankopplung wird zusammen mit Bild 38: Ein Mann zeigt Kindern, wie man aus einer Zigarrenkiste und dem Abstimm-Drehko über eine Draht ein Radio baut. Rundfunk und Museum 75 - Dezember 2010 33 tragen musste. Dieser und einer ren. der HF-Teile konnten nebeneinan- Der stolze Vater oder Opa mit der der gestellt und mit den vorhande- Jugend an der „Zigarren-Kiste“, nen Klemmen und kurzen Draht- eine beliebte Bauform, Zigarren stücken miteinander verbunden waren da noch groß in Mode, werden. Mit zwei weiteren Teilen zeigt Bild 38. (HF-Verstärker und Messteil) ist Wie der Bazillus „Radio“ das Volk das als D-Zug bekannt geworden. befiel, zeigt eine Grafik mit der Eine typische Schaltung eines NF- Teilnehmerentwicklung im ersten Bild 39: Ein Schalter zum Erden Verstärkers dieser Zeit zeigt Bild Funkjahr (Bild 43). Zu beach- der Hochantenne. Damit wurde 32). Hier einige Anmerkungen zu ten ist, es ist ab dem Datum 8. der Apparat vor Überspannung den Eigenbau- und auch käuf- März 1924 jetzt alles reglemen- bei Gewitter geschützt. Am Ende lichen Modellen, die man allge- tiert, die Teilnahme war aber bei der Sendung soll der Sprecher ge- mein Detektor oder Detektorap- Einhaltung sagt haben: „Vergessen Sie nicht, parat nannte. Die Bilder 19 und im Vergleich zu vorher jetzt be- Ihre Antenne zu erden!“ 20 (weiter vorne im Text) zeigen zahlbar und damit legal möglich. zwei typische Bastler-Modelle mit Der Beitrag wurde von 60,- RM kopplung, die das Schwingen des Schaltungen die eigentlich ein je- monatlich auf 2,- RM monatlich Audions zuverlässig verhinderte. der mit wenig Aufwand und Geld reduziert. Damit wurde schon eine besse- nachbauen konnte. Technisch ge- Von 1924 bis 1949 (Bild 44) er- re Empfangsleistung erzielt (Bild sehen war das eine recht univer- kennt man: Der „Run“ auf den VE 28). selle Schaltung, die einen Aufbau 301 ist zwar zu sehen, aber viel ohne Drehkos und Spezialspulen stärker ist die Wirkung der „Aus- Der ebenfalls erwähnte Telefunkon ermöglichten. Es sind das: eine senpolitik“ des „Dritten Reiches“ „B“ mit extern einstellbarer Rück- einfache Version mit 1 Schieber, ab 1938, aber auch der Nieder- kopplung, daher bis 1925 erlaub- die andere mit 2 Schiebern. Eine gang ab 1942/43 bis 1946. nispflichtig (Bild 29): Die Schal- Wiedergeburt erlebten diese Mo- Bild 33 zeigt eine Grafik der ver- tung des Telefunkon „B“ (Bild 30), delle in der Nachkriegszeit nach urteilten Schwarzhörer vor der Bild 31 zeigt den Telefunkon „C“ 1945, mit den vielen Stromsper- Freigabe des Radiohörens. ein zweistufiger NF-Verstärker der ren. Damals kamen diese Modelle anfangs auch das RTV Zeichen wieder zum Einsatz und zu Eh- vieler Vorschriften Bild 40: Automatischer Erdungs- 34 schalter: Ein Luxusmodell, das - Bild 41: Primär-Sekundär-Tertiär-Empfänger mit geteiltem Sekundär- vom Radio gesteuert - die Antenne und Tertiär-Kreisspulen, wobei der Detektorkreis in einen Metallkasten ans Radio legt oder erdet. eingeschlossen ist. Rundfunk und Museum 75 - Dezember 2010 Bei dieser Lichtantenne, einer Art von Antenne, wird die damals weitverbreitete Freileitung von Haus zu Haus als Antenne benutzt. Ein Adapter, der hinter die Glühlampe geschraubt wird, entnimmt über einen Trennkondensator die Bild 42: Audioempfänger kom- Hf, die dann zum Empfänger ge- biniert mit Zweifach-Niederfre- leitet wird (Bild 37). Zubehör zu quenzverstärker von Telefunken, den Außenantennen: Ein wichti- Type Telefunkon „D“. ges Bauteil einer Außenantenne, ist Erdungsschalter oder manueller Zu jedem Radio gehören eine An- Blitzschutz im Bild 39. Damit wird tenne und Erdleitung die Antenne vom Radio getrennt, Die Bilder 34, 35, 36 und 37 zeigen mit der Erdleitung verbunden und vier typische Arten von Antennen statische Aufladungen der Anten- sowie deren Umgebungen, aus der ne verhindert und natürlich das Frühzeit. Den Bauernhof mit einer Radio vor der Hochspannung aus Antenne von Kamin zu Kamin, Luftentladung was damals noch erlaubt war, geschützt. Und Bild 40: Ein „voll- einen Berliner Innenhof mit zen- automatischer Blitzschutz“ mit tralem Tragemast, eine der vielen Grob- und Feinschutzstrecke zum Versionen einer Rahmenantenne Ableiten von Luftladungen. Der Hans M. Knoll, Jahrgang 1932, und eine Empfangsanlage mit ei- wird von der Heizspannung des vormals ner Lichtantenne. Die Freiantenne Radios gesteuert. Wenn das Radio bei Firma Grundig, ist Ehrenmit- auf dem Bauernhof zeigt eine An- eingeschaltet wurde, kippte das glied und Beirat im Förderverein wendung, bei der zwei Antennen Quecksilberrohr um und nahm die sowie technischer Berater für in Reihe von Kamin zu Kamin ge- Antenne von der Erdleitung und das Rundfunkmuseum der Stadt spannt sind (Bild 34). schaltete zum Radio durch. Fürth. (Gewitter, Blitz) Bild 43: Rundfunk-Teilnehmerzahlen 1923 bis 1925 Entwicklungsingenieur Die Großstadt-Antenne Den Innenhof muss man sich so vorstellen: In der Mitte des Hinterhofes eines Wohnblocks stand ein Mast. Wie bei einem Regenschirm die Streben, so gingen die Antennendrähte von dort aus strahlenförmig zu den Wohnungen. Man kann sich leicht vorstellen, was da los war, wenn da einer mit der Rückkopplung herumspielte. Es hatte eben schon seine Berechtigung, dass man anfangs eine Versuchserlaubnis haben musste (Bild 35). Bild 44: Rundfunk-Teilnehmerzahlen 1923 bis 1925 Rundfunk und Museum 75 - Dezember 2010 35