Infrastruktur und Sozialraumorientierung Infrastruktur und

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Dokumentation
Infrastruktur und Sozialraumorientierung
Ergebnisse des Werkstattgesprächs mit der Planungsgruppe
der Stadt Solingen am 04. Dezember 2001
Arbeitspapier 4
Prof. Dr. Herbert Schubert
Dominik Franzen
Holger Spieckermann
Das Werkstattgespräch „Infrastruktur und Sozialraumorientierung“ wurde am 04.12.2001 in Solingen
durchgeführt. Es wurde von der Stadt Solingen gefördert.
©
Fachhochschule Köln
Fachbereich Sozialpädagogik
Mainzer Straße 5
50678 Köln
Leitung der Forschungsstelle:
Prof. Dr. phil. Dr. rer. hort. habil. Herbert Schubert
Ansprechpartner: Holger Spieckermann M.A.
Tel.: 0221-8275-3947
Fax.: 0221-8275-3349
[email protected]
http://www.sozial-raum-management.de
http://www.sw.fh-koeln.de/sp
Januar 2002
2
Inhalt
Seite
1.
Definition Sozialraum und Sozialraumorientierung
5
2.
Leitlinien der Stadtteil- und Quartierorientierung in Solingen
15
3.
Bestimmung von Sozialräumen
17
4.
Sozialraumanalyse, Sozialberichterstattung und Indikatoren
27
5.
Arbeitsschritte zur Verankerung der Sozialraumorientierung in Solingen
33
Anhang
Verzeichnis der Teilnehmer/innen
36
3
4
1 Definition Sozialraum und Sozialraumorientie
Sozialraumorientierung
2.1 Ziele des Werkstattgespräches
Das Werkstattgespräch wurde durchgeführt, um mit der fachbereichsübergreifenden Planungsgruppe der
Stadt Solingen die Grundlagen der aktuellen Sozialraumdiskussion zu erörtern. Fünf Ziele sind dabei besonders hervorzuheben:
Es sollte definiert werden, was unter einem Sozialraum zu verstehen ist und wie sich dieser Denkansatz
−
zur Sozialraumorientierung weiterentwickelt. Wie Sozialräume konkret abgegrenzt werden, wurde an einem konkreten Stadtteil von Solingen erprobt.
Im zweiten Schritt war zu beraten, welche Indikatoren zur Beschreibung und Charakterisierung von Sozi-
−
alräumen herangezogen werden können und welche im Statistikamt der Stadt Solingen kleinräumig zur
Verfügung stehen.
Ziele des Workshops
Zum Thema wurde auch
die
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Sozialpädagogik
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−
durchschnittliche
Infrastrukturausstattung
n Definition Sozialraumorientierung
n Indikatoren der Sozialraumberichterstattung
n Umriss Standardausstattung sozialer Infrastruktur
ausstattung in Stadtteilen
n Weckung endogener Potenziale in der
Stadtteilentwicklung und Aufbau selbsttragender
Strukturen
n Festlegung von Aufgaben für die Planungsgruppe
Solingen
2
von
Sozialräumen
gemacht.
−
Weiterhin stand die Frage im Blickpunkt, wie
endogene Potenziale in
der
Stadtteilentwick-
lung geweckt werden
können, die mittelfristig
zum Aufbau selbsttragender, d.h. die formale
Infrastruktur entlasten-
der Strukturen führen.
−
Als Ergebnis der Erörterung dieser Aspekte wurden abschließend - sich daraus ergebende - weitere Aufgaben der Planungsgruppe Solingen vereinbart werden.
Die Gegenstände des Werkstattgespräches wurden am Beispiel eines durchschnittlichen Solingen Stadtteils Aufderhöhe – veranschaulicht. Unter Gesichtspunkten der Stadtentwicklung wurde dabei besonders berücksichtigt, dass Aufderhöhe im Randbereich von Solingen liegt und dass dort baurechtlich Flächen für den
Wohnungsbaubedarf der kommenden Jahre reserviert sind.
2.2 Sozialraum als neuer Orientierungsrahmen
Die Reorganisation der kommunalen Verwaltungsstrukturen nach Sozialräumen ist eine Folge des Neuen
Steuerungsmodells (Public Management). In der konsequenten Anwendung des Prinzips der Kundenorientierung (customer relationship) werden die Organisationseinheiten der Verwaltung nicht mehr an internen
5
Belangen ausgerichtet, sondern an den räumlichen Zusammenhängen des Alltagsleben der Bewohnerinnen
und Bewohner als Kunden.
Eingeleitet wurde die Diskussion um die Sozialraumorientierung von dem Bericht „Kontraktmanagement
zwischen öffentlichen und freien Trägern in der Jugendhilfe“, den die KGST im Jahr 1998 vorgelegt hat. Darin
ging es um die Finanzierung von Leistungen im Bereich der Hilfen zur Erziehung durch Sozialraumbudgets.
Statt der traditionellen Versäulung einzelner Hilfen und ressortbegrenzten Handelns sollen die Interventionen im sozialräumlichen Radius ganzheitlich integriert werden. Im koordinierten Zusammenspiel der professionellen Akteure wird einerseits die präventive Orientierung des fachlichen Handelns aufgewertet und andererseits bestehen bessere Chancen, abgestimmt die vorhandenen Ressourcen im Sozialraum zu aktivieren.
Eine Folge dieser Diskussion ist auch die sozialräumliche Gestaltung von Stadtentwicklungsstrategien oder
von Programmen der Zielgruppenförderung. So verknüpft das E&C-Programm des BMFSFJ (Entwicklung und
Chancen junger Menschen in sozialen Brennpunkten) verschiedene Handlungsansätze fachbereichsübergreifend. Und auch das Bund-Länder-Programm unter der Koordination des BMVBW bündelt die fachlichen
Einzelansätze zu integrierten Handlungskonzepten für Stadtteile und Wohnquartiere als Sozialräume.
Als theoretische Grundlagen der Sozialraumorientierung werden im Allgemeinen (a) die „Lebensweltorientierung“, wie sie im Achten Jugendbericht von 1990 skizziert worden ist, und (b) der Gemeinwesenansatz
genannt, der auf eine lange Tradition der Gemeinwesenarbeit in der Sozialen Arbeit zurück blicken kann. Die
rechtliche Verankerung erfolgte durch die Aufwertung der örtlichen Ebene im Kinder- und Jugendhilfegesetz
(SGB VIII) von 1990.
In der Hinwendung zum Sozialraum als Organisationsstruktur und Handlungskontext der kommunalen Fachbereiche und der freien Träger werden vor allem fünf Vorteile gesehen:
−
Es wird ein Perspektivenwechsel ermöglicht, der von der herkömmlichen Orientierung an Defiziten einzelner Betroffener hin zur Aktivierung der persönlichen Ressourcen im Sozialraum führt.
−
Die Intervention tritt zu Gunsten der Prävention etwas in den Hintergrund.
−
Über die räumlichen Bezüge können die Betroffenen besser beteiligt werden bzw. unterstützt werden,
ihre potenziellen Fähigkeiten in Beteiligungsprozessen zu entwickeln.
−
Die Dienste, Einrichtungen, Hilfen, Planungen und anderen Inputs von Ressorts können räumlich vernetzt und integrativ aufeinander bezogen werden.
−
Für die planerische Gestaltung der städtischen Lebenswelten und Lebensräume bietet der Sozialraum
einen geeigneten Orientierungsrahmen.
Aber es gibt auch kritische Stimmen; als mögliche Nachteile der Hinwendung zum Sozialraum werden in der
Regel genannt:
−
die Verletzung des Vertrauensschutzes durch einen zu engen räumlichen Radius und durch das hohe
Maß der fallbezogenen Vernetzung,
−
die Einschränkung des Wunsch- und Wahlrechts der Leistungsempfänger/innen, Angebote auch außerhalb des Sozialraums in Anspruch nehmen zu können, und
−
die Einsparung öffentlicher Gelder durch die sozialräumlichen Synergieeffekte der fachbereichsübergreifenden Vernetzung.
6
Insbesondere im Hinblick auf die erwarteten Einspareffekte zeigt die aktuelle Diskussion, dass sie erst mittelbis langfristig wirksam werden können.
2.3 Abgrenzung des Sozialraums
Die Sozialraumorientierung setzt voraus, dass das Stadtgebiet in überschaubare Einheiten aufgeteilt wird, die
sozialräumlich definiert werden können. Im Folgenden wird ein Abgrenzungsverfahren für die Bestimmung
von Sozialräumen vorgestellt.
Die sozialen Nutzungsmuster des Alltagslebens sind hochkomplex und auch die sozialen Lebenslagen der
Bewohnerinnen und Bewohner von Stadtgebieten weisen ein ganz breites Spektrum von Ausprägungen aus.
Es gibt folglich nicht nur einen Typ von Sozialräumen, sondern eine typologische Vielfalt. Wie bei einer
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Definition einer Typologie von
Sozialräumen
Sozialphysische Raumabgrenzung
„Zwiebel“ beginnt die
Typologie bei allgemeinen
großräumig
grenzbaren
ab-
Sozialräu-
men und endet bei spe-
Quantitativ erfassbare Administrationsräume
Qualitativ beschreibbare Nutzungsräume
Netzwerkräume
Aktionsräume
Individuelle
Lebenswelten
Soziale
Milieus
4
zifischen
nah-
kleinräumigen
bzw.
Sozial-
räumen:
−
Die erste Zwiebelschicht wird vom
Typ des sozialphysisch
geprägten
Raums gebildet. Die
Abgrenzung ergibt
sich aus natürlichen
oder gebauten Barrieren.
−
In der zweiten Zwiebelschicht sind die Administrationsräume zu finden. Sie werden von Verwaltungsgrenzen gebildet, für die auch quantitative Strukturdaten verfügbar sind.
−
Im Inneren der Zwiebel folgen Schichten, die nur qualitativ beschreibbare Lebens- und Nutzungsräume
repräsentieren.
Sozialphysische Raumabgrenzung
Bei der sozialphysischen Raumabgrenzung wird der Sozialraum über Kategorien rekonstruiert, die den alltäglichen Erfahrungsraum grundsätzlich strukturieren. Zu erfassen sind dabei vor allem:
−
räumliche Grenzen und Barrieren wie zum Beispiel Flüsse, Wälder, Bahnlinien oder Autobahntrassen, die
Ränder des Sozialraumes definieren und somit seine Zugänglichkeit bedingen,
−
die Raumhierarchie im Weichbild der Siedlung und die Erreichbarkeitsbedingungen im Stadtgrundriss,
7
die vorhandene funktionale Flächennutzung, die Baustrukturen und das den Sozialraum strukturierende
−
System der Verkehrswege,
Sozialphysische Raumabgrenzung
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−
eine Aufteilung in
Kategorien
sozialphysisch ge-
Zugänglichkeit, Grenzlinien (Ränder)
denartige kleintei-
gebene
lige
Kleinteilige Bereiche
Symbolische Merkzeichen,
kritische Brennpunkte
5
Bereichsab-
schnitte,
Erreichbarkeit, Raumhierarchie
Funktionale Flächennutzung,
Baustruktur, Verkehrswege
verschie-
−
symbolische Merkzeichen wie Kirchtürme, Berge, Flusslagen oder auch
Fabrikanlagen, die
besondere Gestalten des Raumbildes
repräsentieren;
in
negativer Hinsicht können das aber auch kritische Brennpunkte sein.
In fachbereichsübergreifenden Planungsgruppen sollte der Input zur gemeinsamen sozialphysischen Raumabgrenzung von den Professionellen der Stadtplanung erfolgen.
Administrative Sozialräume
Die Administrationsräume lassen sich über Verwaltungsgrenzen rekonstruieren. Neben dem Stadtteil sind
insbesondere kleinräumigere Einheiten wie die Wahlbezirke zu nennen. Über die Addition von Baublöcken
Soziale Administrationsräume
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Quantitative Datenstrukturen
Bevölkerung, Haushalte, Familien
können auch spezifische
Sozialräume
gebildet
werden. Die quantitativen Datenstrukturen eines sozialen Administrationsraumes liefern ein
Wohnen, Soziokultur,
Soziokultur, Partizipation
Profil mit den spezifischen
Bildungsstrukturen
Eigenschaften
und Qualitäten des Sozialraums der dort le-
Arbeit, Einkommen
benden Menschen. In
der quantitativen Dar-
Infrastruktur, Interventionen
und ihre Aufbaustruktur
stellung von Bevölkerungsmerkmalen
wer-
den soziale Positionen,
d.h. die Schichtung der Bewohner und die bestehenden Segregationsmuster (z.B. nach Klasse, Geschlecht,
Alter, Einkommen, Ethnizität) abgebildet.
8
Der besondere Vorteil der adminstrativen Sozialräume besteht darin, dass zu ihrer Charakterisierung im Allgemeinen quantitative Strukturdaten verfügbar sind,
Die Strukturdaten beziehen sich auf die Bereiche:
−
Bevölkerung, Haushalte und Familien,
−
Wohnen, Soziokultur und Partizipation (z.B. Vereine),
−
Bildung,
−
Arbeit und Einkommen sowie
−
Soziale Infrastruktur, Interventionen der Sozial-, Gesundheits- und Jugendhilfe und ihre Aufbaustruktur.
Bei der Formulierung konkreter Gebietsindikatoren können verschiedene Perspektiven eingenommen werden: Bedarfsträger (Zielgruppen), sozioökonomische Lagen (Benachteiligungen, Polarisierungen), lebenslagenspezifische Differenzierungen (Pluralisierung), soziokulturelle Milieus (Heterogenisierung), Interventionen (Aktivitäten Sozial-, Jugendhilfe), Infrastruktur und Dienstleistungen (Einrichtungen, Angebote), Organisations- und Personalstrukturen (Standards Leistungserbringung), Nutzersicht (Inanspruchnahme, Akzeptanz, Nachfrage),Leistungsbilanzen (Versorgung, Leistungen proportional zu Adressaten, Personal, Ressourcen). Als mögliche Datenquellen kommen in Frage: die amtliche Statistik (Totalerhebungen / Volkszählung,
Stichprobenerhebungen / Mikrozensus, Geschäftsstatistik / Datenerfassung im operativen Vollzug, lokale
Statistiken), Daten aus Verwaltungsvollzug (Einwohnermeldewesen, Sozialwesen, Gesundheitswesen, Schulverwaltung, Bauverwaltung, Wohnungswesen), Befragungen wie zum Beispiel Bevölkerungsumfragen und
die Bestandsdaten der sozialen Einrichtungen und Dienste.
Qualitative Nutzungsräume
Sozialräume im engeren Sinn sind die qualitativen Raumstrukturen der alltäglichen Nutzungsräume. Hier soll
der Blick vor allem auf drei Arten gerichtet werden:
Soziale Nutzungsräume
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−
Aktionsraum
Qualitative Beschreibung
Form
Aktionsräume
zungsmuster
in
geografisch
abbildbarer
Nutin
Raum und Zeit,
Netzwerkräume
−
Lebenswelt in Gestalt
Soziale Milieuräume
regelmäßig
wiederkehrender
räumlicher Bezüge
in den Verhaltens-
Individuelle Lebenswelten
mustern von Einzelnen und Grup-
Funktionale Räume
pen
7
−
Räumliches Milieu:
bildhafte Spiegelung der sozialen Nutzungen, der Bewohnerstrukturen und der sozialen Mentalitäten in
den gebauten Strukturen und im öffentlichen Raum
9
Zur empirischen Erhebung qualitativer Nutzungsräume ist ein besonderes methodisches Repertoire erforderlich. Aus der Feldforschung sind hier vor allem zu nennen:
−
−
die Stadtteilerkundung mit Schlüsselpersonen aus der Bevölkerung (Foto- / Videostreifzug),
o
geografische raum-zeitliche Nutzungsmuster der Aktionsräume über alltägliche Wegebeziehungen,
o
das relativ dichte, abgeschlossene Beziehungsgeflecht der Netzwerkräume
o
Milieuräume der von spezifischen Werte-/Mentalitätsgruppen geprägten Gebietsbevölkerung,
o
die regelmäßigen räumlichen Bezüge von Einzelnen und Primärgruppen in ihren Lebenswelten.
die Nadelmethode zur Sichtbarmachung spezifischer Orte (Arbeitsmittel: aufgezogener Stadt(teil-)plan,
Maßstab 1:1.000-1:15.000) und
o
farbig sortierte Nadeln zur Zuordnung von Bedeutungen,
o
Dokumentation: Wohnstandorte, Treffpunkte, Aufenthaltsorte, Markierung sensibler Orte, Konfliktbereiche ...
o
−
Differenzierung nach Zielgruppen, Altersstufen, Geschlecht.
Interviews nach einem Leitfaden (z.B. von Müttern und Vätern von Fachkräften der Kindertageseinrichtungen).
o
narrative Interviews, Gespräche, Visualisierung (Kinderzeichnungen, Video, Fotos),
o
subjektive Sozialräume über Erlebnisse, Erfahrungen, Wahrnehmungen, Normen, Einstellungen,
Wünsche, Handlungsursachen / Nutzer, Nicht-Nutzer, Experten / Aufenthaltsorte, Meideorte.
Solche Nutzungsräume bilden als konkrete Raumbezüge der sozialen Wirklichkeit die Substruktur administrativer Sozialräume, damit sie nicht zu sozialgeografischen Verwaltungseinheiten verkürzt werden können.
Das Verwaltungshandeln und die Handlungsansätze der freien Träger müssen auf diese nutzungs- und lebensweltlichen Basisstrukturen ausgerichtet werden. Sozialräume können dann nicht nur als organisatorische Größe begriffen werden, sondern vor allem auch als „sozialpädagogische Einheit“.
2.4 Verfahrensvorschlag für die Sozialraumabgrenzung
Vor diesem Hintergrund wird für die sozialräumliche Gliederung als Verfahrensablauf vorgeschlagen:
−
Bestimmung von Administrationsräumen als Sozialräume unter Berücksichtigung sozialphysischer Rahmenbedingungen,
−
Festlegung von „Planungsräumen“ unterhalb dieser großräumigen Ebene mit einer kleinräumigen Sozialberichterstattung,
−
Vergleich der Sozialstrukturdaten, der Interventionsdaten, der qualitativen Erkenntnisse und der Einschätzung der sozioökonomischen Lebenslagen zwischen den Planungsräumen eines Sozialraumes,
−
„Begehungen“ der Planungsräume mit Durchführung aktiver Befragungen,
−
Darstellung der unterschiedlichen Versorgungsgrade durch soziale Infrastruktur und der endogenen
Entwicklungspotenziale für die einzelnen Planungsräume,
10
−
Ableitung von Handlungsprioritäten für die Planungsräume mit besonderem Entwicklungsbedarf,
−
Durchführung von Sozialraumkonferenzen (Stadtteilkonferenzen) mit Bürger/innen, Vereinen und Akteuren, die das endogene Potenzial repräsentieren, zur Verhandlung und Abstimmung des Entwicklungsbedarfs.
Endogene Potenziale
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Im Hinblick auf die en-
Definition für urbane Sozialräume
dogenen Potenziale der
Örtliche soziale Ressourcen
folgende
n Bewohnerstruktur, gesellschaftlich-sozialstrukturelle
Positionen
n Kompetenzen, Fertigkeiten in der Bewohnerschaft
n Soziokulturelle Traditionen, Vereine
n Soziale Institutionen wie z.B. Kirchen, Parteien
n Nutzer von Dienstleistungseinrichtungen mit
spezifischen biografischen Bedürfnissen ( z.B.
Kindertageseinrichtungen, Schulen, Seniorenbetreuung)
örtlich zu definieren:
11
Planungsräume
−
sind
Ressourcen
gesellschaftlicher
Status und Prestige
der
Bewohner-
schaft,
−
die
Kompetenzen
und
Fertigkeiten
unter den Bewohner/innen
eines
Planungsraumes,
−
gemeinschaftliche Traditionen und Vereine, die dauerhaft die Soziokultur im Planungsraum prägen,
−
die Stellung und Bedeutung sozialer Institutionen wie Kirchen, Gewerkschaften und Parteien mit einem
ehrenamtlichen Umfeld engagierter Bürger/innen,
−
Schlüsselpersonen unter den Nutzern der sozialen und schulischen Infrastruktur als Dienstleistungseinrichtungen des Planungsraumes.
Das beschriebene Verfahren zur Herausarbeitung der sozialräumlichen Gliederung von Sozialräumen sollte
fachbereichsübergreifend in einer multiprofessionellen Planungsgruppe durchgeführt werden. In moderierten Arbeitssitzungen können die Grundlagen der teilräumlichen Abgrenzung erarbeitet werden. Damit in
Verbindung ist eine Bewertung vorzunehmen; sie ist zu beziehen auf: die sozialstrukturelle und sozioökonomische Situation, die Wohnverhältnisse und Bebauungsstrukturen (unter Einbezug der Entstehungsgeschichte der Siedlungsbereiche sowie des Selbstwert- und Zugehörigkeitsgefühls der Bevölkerung).
Im Ergebnis sollen je Planungsraum eines administrativen Sozialraumes ein Datenblatt angelegt werden, das
folgende Informationen beinhaltet:
−
Bezeichnung / Name des Planungsraumes,
−
Ausdehnung nach Straßen, Beschreibung nach sozialphysischen Grenzen und Merkpunkten,
−
Charakterisierung nach statistischen Strukturdaten,
−
Typisierung des Gebiets nach dem Handlungsbedarf (Spektrum: geringe bis hohe Entwicklungspriorität).
Im Jahresabstand müssen diese Datenblätter fortgeschrieben werden. Dabei ist die Zielerreichung im vorangegangenen Zeitraum zu evaluieren.
11
Exemplarisch wurde einige Schritte des Verfahrens der Sozialraumabgrenzung im Rahmen des Werkstattgesprächs erprobt (vgl. Kapitel 3).
2.5 Sozialraumorientierung als kommunales Organisationsprinzip
Auf der Grundlage von Sozialräumen (mit einer Substruktur von Planungsräumen) kann eine Organisationsentwicklung der kommunalen Verwaltungsstruktur vorgenommen werden. Dabei werden insbesondere die
Aktivitäten der öffentlichen und freien Träger der Sozial-, Gesundheits- und Jugendhilfe sozialräumlich zugeschnitten. Unter dem Blickwinkel der „Lebensweltorientierung“ werden die infrastrukturellen Interventionen
und Angebote um die produktiven Ressourcen der konkreten Lebensverhältnisse herum positioniert. Unter
dem Blickwinkel der „Dienstleistungsorientierung“ wird ein effektives Zusammenwirken der Dienstleistungserbringer mit den Leistungsberechtigten als Dienstleistungsempfänger konzipiert. Fünf Elemente kennzeichnen eine in dieser Weise ausgerichteten Sozialraumorientierung
die Konzeption einer räumlichen Dienstleistungsverteilung zur Aktivierung der Ziel- und Bevölkerungs-
−
gruppen,
ein Netzwerk bestimmter Träger zur differenzierten Abstimmung von Bedarf und Produkten sowie zur
−
prozessorientierten Analyse und Verbesserung der Tätigkeiten,
Sozialraumorientierung
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8
−
eine Flexibilisierung
des Angebots zur
Kommunale Handlungsstrategie
Überwindung
der
herkömmlichen
Räumliche Dienstleistungsverteilung
Enge
des
bots-
und
Flexibilisierung des Angebots
AngeLeis-
tungsspektrums
sowie zur Stärkung
präventiver Ansät-
Sozialraumbudget
ze,
Trägernetzwerk
−
das
budget
Sozialraumsteuerung
(Gremium / Team)
Sozialraumals
Rah-
menbedingung der
Flexibilisierung und
−
eine sozialraumbe-
zogene Steuerung durch ein Gremium/Team.
Die „räumliche Dienstleistungsverteilung“ folgt dem Leitbild der Koproduktion: Denn im Mittelpunkt steht
das Zusammenwirken zwischen den Dienstleistungserbringern und Leistungsberechtigten. Die Interessen
und der Bedarf der Wohnbevölkerung werden für die Planungsräume zum Ausgangspunkt der Produkte
bzw. Infrastrukturangebote. Mit der „Flexibilisierung des Angebots“ ist eine Flexibilisierung und Integration
der Infrastruktur- und Hilfeleistungen gemeint. Das Augenmerk ist in der Organisationsentwicklung deshalb
besonders auf die sozialräumliche Vernetzung, auf Koordinationsanforderungen und auf die kooperative Abstimmung der beteiligten Träger zu richten. Zu Grunde liegt ein ganzheitlicher Ansatz, in dem die einzelnen
Leistungen nicht grundsätzlich voneinander getrennt werden, in dem der fachliche Blick nicht auf einzelne
12
Fälle reduziert, sondern auf das Gesamtprofil der Bedarfslagen im Sozialraum ausgeweitet wird. Bearbeitet
werden sollen die sozialräumlichen Strukturen, die Fälle produzieren (Motto: „Vom Fall zum Feld“). Mit dem
Begriff des „Sozialraumbudgets“ wird ein im Haushalt für einen bestimmten Sozialraum bereit gestelltes
Budget für die Finanzierung von Dienstleistungen und Interventionen bezeichnet. Die Festlegung der Höhe
des Budgets soll auf der Entwicklung fallunabhängiger Sozialindikatoren basieren. In den ersten Anwendungsversuchen erwies sich das flexible Budget ohne Festlegung einzelner Ausgabearten als praxistauglich.
Oft setzt es sich aus einem Teilbudget für fallbezogene Hilfen und einem Teilbudget für fallunspezifische Arbeit zusammen. Wenn in diesem Zusammenhang von einem „Trägernetzwerk“ gesprochen wird, so ist damit
die Vergabe der durch das Sozialraumbudget abzudeckenden Aufgaben an bestimmte vernetzte Träger im
Rahmen eines Kontraktmanagements gemeint. Der ausgewählte Trägerverbund nimmt vorrangig die Aufgabenerfüllung im Sozialraum wahr. Bei der „Sozialraumsteuerung“ geht es um die Zuständigkeit eines spezifischen Gremiums für die Steuerung der Aufgaben in dem jeweiligen Sozialraum. Es wird empfohlen, dass
dabei öffentliche und freie Träger integriert, also im Verbund agieren. Häufig wird dafür die Bezeichnung:
„Sozialraumteam“ oder „Sozialbezirksgremium“ gewählt. Die Kompetenzen dieser sozialräumlichen Leitung
beziehen sich im Allgemeinen auf die Fortschreibung der Planung, auf die Steuerung der Dienstleistungen,
auf die Budgetverantwortung und auf das Management der integrierten operativen Einzelfallsteuerung sowie der dezentralen Infrastrukturverantwortung. Die Leitung muss einerseits die Produktberatung und das
fachliche Controlling sicher stellen und hat andererseits die Dienst- und Fachaufsicht im Sozialraum zu verantworten. Weitere Leitungsaufgaben sind: Budgetverantwortung im Sozialraum, Ergebnisverantwortung im
Sozialraum, Planungsverantwortung für das im Stadtteil und in den Wohnquartieren erbrachte Angebot
Aufbau selbsttragender Strukturen
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Instrumente und Schritte
(Produkte),
Ableitung
von Konsequenzen aus
dem Beschwerdemanagement und kommunikative
Trägerverbund
Integrierte Sozialraumsteuerung
Sozialraumbudget
der
Ergebnisse in Team- und
Leistungskontrakte
?
Evaluation
Initiierung von
Bürgervereinen
Fallbesprechungen.
Das
Handlungsdreieck
von Sozialraumbudget –
Trägerverbund – integrierte Sozialraumsteue-
Selbsttragende Strukturen
13
rung wird über Leistungskontrakte zielverpflichtet. Ein wesentliches Merkmal ist dabei
der Aufbau selbsttragender Strukturen im Sozialraum, um den Interventionsbedarf der öffentlichen und freien Träger in der Entwicklungsperspektive auf ein Minimum zurücknehmen zu können. Einer der Hauptansatzpunkte zur Schaffung selbsttragender Strukturen ist die Anregung von vereinsanalogen Bürgerinitiativen
bzw. die Weckung im Sozialraum verankerter Vereine (aus dem Sport-, Heimat- und Freizeitbereich), eine aktive Rolle in der Sozialraumentwicklung zu übernehmen.
13
2.6 Infrastruktur
Last but not least gehört die Aufmerksamkeit der Infrastrukturausstattung. Aus der Sicht der Träger von
raumbezogenen Maßnahmen repräsentiert die Infrastruktur des Gemeinbedarfs ein Schlüsselmerkmal von
Sozialräumen. Den Orientierungsrahmen liefert die kommunale Stadtentwicklung, die im „Räumlich funktionalen Konzept der Stadt Solingen“ Standards der Mindestausstattung für Gebiete unterschiedlicher Zentralität formuliert hat. Unterschieden werden:
-
Hauptzentrum, gesamtstädtischer Versorgungsbereich,
-
Nebenzentrum mit einem Einzugsbereich von 30.000 bis 40.000 Einwohner,
-
Nahversorgungszentrum mit einem Einzugsbereich von mindestens 8.000 Einwohner und
-
Grundversorgungsstufe mit einem Einzugsbereich unter 8.000 Einwohner.
Da die sozialräumlichen Planungsräume insbesondere im Randbereich der Stadt nur auf dem Niveau der
Grundversorgungsstufe (fußläufiger Radius ca. 1.200 m) ausgestattet sind, wird diese Stufe als Referenzrahmen für die Mindestausstattung sozialräumlicher Planungsräume definiert (vgl. Übersicht).
Infrastruktur-Grundversorgung
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9
14
Mindestausstattung
Einzelhandel
n Lebensmittelgeschäft,
Supermarkt
n Metzger, Bäcker
n Anbieter für täglichen
Bedarf wie Apotheke,
Schreibwarengeschäft
Schulische Bildung
n Primarstufe als verlässliche
Halbtagsschule, Turnhalle
Sport und Freizeit
n Kleinspielfeld, Turnhalle,
Tennisplatz, Gymnastik
n Spielplatz, Bolzplatz
Kindertageseinrichtungen
n Kindergarten, Kinderhort,
Krabbelgruppen
Beratungsräume
n Erziehung, Gesundheit
Kommunikationsräume
n Kinder-, Jugendarbeit,
Familienbildung
n Weiterbildung (VHS)
n Kultur, Unterricht (Musikschule)
n Altenhilfe, Altentreff
Spezielle Dienste
n Bank / Sparkasse
n Post
2 Leitlinien der StadtteilStadtteil- und Quartierorientierung in Solingen
In der Diskussion kristallisierten sich Ansatzpunkte heraus, wie die Prinzipien der Sozialraumorientierung in
Solingen etabliert werden können.
2.1 Sozialraumabgrenzung
Am Anfang steht eine Bestimmung und Definition der Sozialräume in Solingen. Vorhandene Abgrenzungen,
wie Wahlbezirke, Schuleinzugsbereiche oder die Bezirke der amtlichen Statistik sind administrative Abgrenzungen, die sozio-kulturelle Zusammenhänge außer Acht lassen. Grundlagen einer sozialraumorientierten
Planung sollten kleinräumiger ansetzen und sich neben den vorhandenen räumlichen Strukturen auch an
dem Verhalten der Nutzer orientieren.
Zweckmäßig erscheint eine Definition der Sozialräume, die auf der vorhandenen Struktur der Baublöcke basiert und mehrere Baublöcke zu einem Sozialraum zusammenfasst. Die unterschiedlichen Konzepte von Sozialräumen und die Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses wurde im weiteren Verlauf des
Workshops differenzierter erarbeitet (siehe unten).
Die Planungsgruppe erklärte die Absicht, dass am Ende des Prozesses eine Einteilung des gesamten Stadtgebietes nach Sozialräumen stehen soll.
2.2 Bürgerbeteiligung
Zu dem Themenfeld „Verfahren und Träger“ wurde betont, dass für eine sozialraumorientierte Planung die
Durchführung von Bürgerbeteiligung unabdingbar sei. Die Bürgerbeteiligung sollte möglichst direkt sein,
damit die Bürger/innen unmittelbar an dem Prozess beteiligt werden und nicht mittels professioneller Akteure eingebunden sind, die Bürgerinteressen stellvertretend artikulieren.
Darüber hinaus soll die Bürgerbeteiligung integrativ sein. Sie soll nicht nur für ein spezifisches Themenfeld
durchgeführt werden, sondern alle sozialraumorientierten Planungen umfassen. Daran sollen alle betroffenen Nutzergruppen und betroffenen Akteure beteiligt werden.
Schließlich soll die Bürgerbeteiligung auch prozessorientiert sein. Die Planung und die Umsetzung der Planungen sind ein zeitlich langwieriger Prozess. Die Bürgerbeteiligung dürfe nicht auf punktuelle Veranstaltungen beschränkt bleiben, sondern müsse als ein planungsrelevanter Prozess verstanden werden.
2.3 Indikatorensystem
Die Aufgabe einer Sozialraumberichterstattung ist es ,Veränderungen im Sozialraum zu dokumentieren. Als
Vorwarnsystem dient es dazu, problematische Entwicklungen rechtzeitig zu erkennen und Gegenstrategien
zu entwickeln. Hierzu muss ein Indikatorensystem erarbeitet werden, dass die wichtigsten Entwicklungen im
Bereich Infrastruktur, Wirtschaft, Verkehr, Sozialstruktur etc. beinhaltet.
Im Laufe des Werkstattgesprächs wurde ein Datenkatalog der verfügbaren und notwendigen statistischen
Indikatoren zusammengestellt (siehe unten). Da viele kleinräumige Daten nicht zur Verfügung stehen, muss
15
eine Kosten-Nutzen-Analyse ergeben, welche Daten notwendig sind und welche durch andere Variablen bereits hinreichend abgebildet werden.
2.4 Entscheidungswege
Um den Prozess zu einer Sozialraumorientierung in Solingen umzusetzen, muss die Initialzündung von der
Planungsgruppe ausgehen. Ziel ist es, das Leitziel „Sozialraumorientierung“ in der politischen Willenbildung
zu verankern.
Als erster Schritt in Richtung Umsetzung kann die modellhafte Erprobung des Konzeptes angestrebt werden.
Hierfür müssen Fördermöglichkeiten eruiert und Projektgelder beantragt werden. Eine Konkretisierung des
Konzeptes soll auch die Schaffung eines Sozialraumbudget beinhalten. Die Etablierung einer Organisationsstruktur zur Bewirtschaftung des Sozialraumbudgets erfolgt unter Beteiligung der Bürgerschaft.
2.5 Versorgungsverantwortung
Die Einführung von „Sozialraumorientierung“ erfordert besonders in der Anfangsphase ein kontinuierliches
Management und klare Zuständigkeiten in der Verwaltung. Dieses Sozialraummanagement ist als ein Netzwerk zu verstehen. Es nutzt die vorhandenen administrativen und lokalen Organisationsstrukturen. Zusätzlich sollten Gebietsbeauftragte, Lenkungsgruppen in Form von ämterübergreifenden Arbeitsgruppen sowie
Bürgergremien geschaffen werden.
2.6 Selbsttragende Strukturen
In der Anfangsphase wird viel Arbeitskraft und Finanzmittel in einen Stadtteil investiert. Die intensive Förderung und das systematische Management sind zeitlich begrenzt. Ein Ansatzpunkt ist die Stärkung der lokalen
Netzwerke und die Förderung des bürgerschaftlichen Engagements. Diese Überlegungen sollen bereits zu
Anfang Teil des Konzeptes sein, um die notwendigen Rahmenbedingungen für selbsttragende Strukturen
frühzeitig zu fördern. Um die vorhandenen Bürgergremien frühzeitig einzubinden, soll ihnen Verantwortung
übertragen werden. Dies betrifft sowohl Projektverantwortung, als auch Entscheidungskompetenz bei der
Mittelvergabe.
16
3 Bestimmung von Sozialräumen
Exemplarisch wurde am Solinger Stadtteil Aufderhöhe erprobt, wie sich Sozialräume nach der in Kapitel 1
beschriebenen Typologie pragmatisch bestimmen lassen. Um die Strukturen im Stadtteil Aufderhöhe zu analysieren, bildeten sich sechs Gruppen. Sie zeichneten an Hand relevanter Informationen die Abgrenzung von
Planungsräumen im Sozialraum des Solinger Stadtteils Aufderhöhe auf einer Karte ein. Die Ergebnisse, die
die Gruppen mit der zeichnerischen Methode erzeilten, werden im Folgenden dargestellt.
3.1 Bewohnermilieus (Abb. 1)
Die wichtigsten Bewohnermilieus wurden von den Teilnehmern mit unterschiedlichen Schraffierungen gekennzeichnet. Dadurch ist es möglich, räumliche Konzentrationen von Milieus, aber auch Spannungsfelder
unterschiedlicher Milieus in Folge räumlicher Nähe festzustellen.
-
Drei geplanten Neubaugebiete liegen relativ eng zusammen im Bereich Börkhauser Feld, zwischen Hagedornweg/Uhlandstraße sowie Uhlandstraße/Löhdorferstraße. Ein weiteres wurde im Dreieck Friedenstraße/Uferstraße/Höhscheiderstraße (Riefnacken) eingezeichnet.
-
"Alteingesessene" Bewohner befinden sich insbesondere in den Bereichen Ober der Mühle über die Badstraße bis zur Uhlandstraße sowie im Dreieck Löhdorferstraße, Höhscheider Straße und Aufderhöher
Straße.
-
Sozialer Wohnungsbau wurde von den Teilnehmern im Bereich Uferstraße/Frühlingstraße vermerkt.
-
Die "reichen" Wohngebiete befinden sich großräumig verteilt im Stadtteil. Die Gebiete umfassen insbesondere die Bereiche Holunderweg/Hagedornweg, Nussbaumstrasse/Höher Heide, Gillicher Straße/Siebengebirgsstraße/Holzhof sowie Birkendahl.
-
Die Baugebiete der 60/70er Jahre befinden sich im Bereich Goldbergerweg mit den Stichstraßen Haynauer Weg/Schönauer Weg/Kauffunger Weg/Gröditzberg.
-
Eingezeichnet wurden ebenfalls die für diese Gebiete relevanten Verkehrsströme der Anlieger. Diese
erstrecken sich von der Wipperauer Straße über die Landwehrstraße, Aufderhöher Straße zur Löhdorfer/Friedenstraße und Höhscheider Straße Richtung L141.
Zwei beispielhafte Vermutungen lassen sich aus dieser Sozialraumabgrenzung schließen, auf die im Zuge
von Handlungsstrategien zu reagieren wäre:
-
Die drei Neubausiedlungen räumlichen Bereich Nussbaumstrasse / Löhdorferstraße / Friedenstraße /
Wiefeldicker Straße werden teilweise eng an Gebieten gebaut, die eher der "reichen" Bewohnerschaft
zugeordnet werden. Hier können, je nach Zuzug in die Neubaugebiete, Konflikte zwischen unterschiedlichen sozialen Milieus entstehen.
-
Durch die Neubausiedlungen ist mit zusätzlichem Verkehrsaufkommen insbesondere im Bereich Nussbaumstrasse und Wiefeldicker Feld zu rechnen.
17
3.2 Zentrale Aktionsräume (Abb. 2)
Die zentralen Aktionsräume stellen die Wege der Bewohner innerhalb des Stadtteils bzw. aus dem Stadtteil
hinaus dar. Ziele sind beispielsweise Infrastrukturelle Einrichtungen im sozialen Bereich (Kita, Schulen), Freizeiteinrichtungen oder Versorgungsinfrastruktur. Für die Neubaugebiete wurden die typischen Wegebeziehungen im Sozialraum Aufderhöhe von den Teilnehmer/innen eingezeichnet und unterteilt.
-
Die grünen Pfeile stellen die Wege des Nahbereiches dar, d.h. diese Wege können auf dem Fußweg begangen bzw. die Ziele erreicht werden. Dies sind lt. Karte beispielsweise Wege zu Schulen (Uhlandstraße), Spielplätzen (Badstraße) oder übergreifender ÖPNV (Nussbaumstrasse) . Der Aktionsraum der Nahversorgung ist hier klar erkennbar.
-
Die roten Pfeile stellen weitläufigere Wege dar, die nicht unbedingt zu Fuß erreichbar sind. Hiermit lassen sich Schwierigkeiten insbesondere für weniger mobile Personengruppen erkennen. Es ergibt sich
u.a. ein Defizit in der Deckung des gehobenen Bedarfs im Nahbereich, da die Versorgungszentren für
den Bereich Börkhauser Feld kaum auf dem Fußweg (Zentrum Ohligs, Wal-Mart Friedenstraße) erreicht
werden können.
3.3 Lebenswelt Kinder, Jugendliche und Familie (Abb.3)
Die Teilnehmer in dieser Gruppe beschäftigten sich mit den vorhandenen und genutzten Einrichtungen und
Räumen von Kindern, Jugendlichen und Familien. Diese wurden in die Karte eingezeichnet und mit Benennungen versehen.
-
Informelle Treffpunkte bestehen an verschiedenen Plätzen und Orten im Stadtteil und spielen eine wichtige Rolle in der Lebenswelt insbesondere der Jugendlichen. Beispielhaft sei der Busbahnhof Nußbaumstraße als Treffpunkt für Jugendliche erwähnt, der Parkplatz des Wal-Marts als Freifläche für InlineSkater (dessen Einzugsgebiet stadtteilübergreifend ist) oder der als Familientreffpunkt gekennzeichnete
Wald westlich der Bahnlinie Köln-Wuppertal (nördlich Nussbaumstrasse).
-
Formelle Jugendtreffpunkte (Jugendzentren) befinden sich im Norden (Schwarze Pfähle) sowie an der
Friedensstraße (Haus der Jugend).
-
Kindertagesstätten wurden an der Gillicher Straße sowie im Süden im Bereich Wipperauer Straße/Lohdenberg eingezeichnet, ebenso vermerkt wurde die Grundschule Uhlandstraße.
-
Sportmöglichkeiten befinden sich auf der Gillicher Straße (Sporthalle TSV Aufderhöhe). Weitere Einrichtungen liegen westlich der Straße Aufderhöhe, hier sind der Sportplatz sowie ein Freibad (auf dessen Gelände auch ein Zeltlager stattfindet) gekennzeichnet.
-
Der Bereich Börkhauser Feld als Lebenswelt für Kinder, Jugendliche und Familie ist noch im Entstehen.
Von daher wäre es wichtig, den Bedarf auf die bereits vorhandenen Einrichtungen im Umfeld abzustimmen. Hierbei ist jedoch die Erreichbarkeit (siehe Abb. 2) mit zu berücksichtigen. Gerade der Bedarf von
Erwachsenen, Familien und Senioren scheint lt. Aussage der Teilnehmern Defizite aufzuweisen.
Es wurde betont, dass es sich nur um eine exemplarische Darstellung lebensweltlicher Bezüge handelt. Im
realen Planungsprozess müssen gleichwertig die Lebenswelten anderer Bevölkerungsgruppen berücksichtigt werden. Besonders hervorgehoben wurden ältere Menschen unterschiedlichen Alters (junge Alte, Senio-
18
ren, Hochbetagte), Mütter und Väter, darunter besonders auch alleinerziehende Frauen sowie Zuwanderergruppen nach ethnischer Herkunft (z.B. Russlanddeutsche).
3.4 Entwicklungsplanung (Abb. 4)
In dieser Gruppe hat man sich an den Vorgaben des Flächennutzungsplans und an bestehenden Bebauungsplänen orientiert. Die Gebiete wurden in der Karte eingezeichnet und mit Daten für ausgewiesene
Wohneinheiten sowie mit der Jahreszahl der voraussichtlichen Fertigstellung versehen.
3.5 Statistische Administrationsräume (Abb. 5)
Die Wahlbezirke sind innerhalb der Karte unterteilt in Kommunalwahlbezirke (durchgehende Linie mit zweistelligen Nummern) und Stimmbezirke (Strich-Linien mit dreistelligen Nummern).
Die Bezirksgrenzen werden aufgrund der Größe des Bezirks Ohligs/Aufderhöhe/Merscheid in der Karte nur
im Südwesten (entlang der Bonner Straße) sowie im Süd-Osten (entlang der Wipperauer Straße) sichtbar.
3.6 Sozialphysische Grenzen (Abb. 6)
Die Teilnehmer dieser Gruppe haben sich mit den räumlichen Grenzen des Stadtteils beschäftigt und diese in
die Karte eingezeichnet.
-
Großräumig abgegrenzt wird der Stadtteil im Norden durch die L141, im Osten durch die Bezirksgrenzen
bzw. einem Waldstück (Leichlinger Straße). Im Süden verläuft die Sozialphysische Grenze an der Wipperauer Straße entlang, im Westen entlang der Bonner Straße.
-
Kleinräumig wird das Gebiet durch mehrere Grenzen durchschnitten: (1) Die Bahnlinie, (2) Landwehrstraße/Aufderhöher Straße sowie Höhscheider Straße teilen das Gebiet in mehrere Parzellen. Eine weitere Grenze wurde entlang des Börkhauser Bachs von der Bahnlinie aus kommend und weiterführend bis
zur Löhdorfer Straße gekennzeichnet.
Es zeigt sich dass das Gebiet insbesondere durch große Hauptstrassen abgegrenzt wird. Die Bahnlinie sowie
die L141 stellen vermutlich unüberwindbare Hindernisse dar, um diese Grenzen zu passieren ist man auf Unterführungen oder Brücken angewiesen.
19
Abbildung 1: Bewohnermilieus
Bewohnermilieus
Wupper
Wuppertal
0451
Sozialer Wohnungsbau
„Ur“Einwohner
0385
Geplante Siedlungen
„Reiche“
60/70er Jahre
Anlieger an Hauptverkehsstraßen
20
0307
0305
Abbildung 2: Zentrale Aktionsräume
21
Abbildung 3: Lebenswelt Kinder, Jugendliche und Familie
Schwate Pfähle
Wal-Mart
Spielplatz Badstraße
Ev. Kirche
Informeller Kinderund Familientreffpunkt
Haus der Jugend
Börkhauser Feld
GS Uhlandstraße
GS Aufderhöhe
Kita
Busbahnhof
Kita
Freibad
Sportplatz
Sporthalle
Freikirche
Ev. Kirche
Kita
22
Abbildung 4: Entwicklungsplanung
2000
70
2002
300
2002
300
2000
190
2005
80
2005
300
2000
150
2005
23
Abbildung 5: Statistische Administrativräume
20
211
21
212
221
22
222
223
24
213
Abbildung 6: Sozialphysische Grenzen
25
Abbildung 7: Überschneidungen
Überschneidungen der Sozialräume
26
4 Sozialraumanalyse, Sozialberichterstattung und Indikatoren
Zur Beschreibung und Analyse von Sozialräumen sind Indikatoren und Merkmale zu bestimmen. Hierzu bedarf es grundlegender Daten aus der kommunalen Statistik. Die Sozialberichterstattung ist der geeignete
Ansatz, um mit möglichst kleinräumigen Daten aus den unterschiedlichen Bereichen Aufschluss über Quartiersmerkmale und Strukturen zu gewinnen. Um die benötigten Daten zu bestimmen, die für eine objektive
Sozialraumbestimmung notwendig sind, wurden im Werkstattgespräch die nach Ansicht der Beteiligten
wichtigsten Daten gesammelt und nach Verfügbarkeit unterteilt. Auf diese Daten wird im Folgenden eingegangen, ihre Relevanz überprüft sowie auf Quellen hingewiesen. Ziel ist die Herausarbeitung von Indikatoren, die Informationen über die soziale Lage in Stadtteilen liefern und auf deren Grundlage der spezifische
Handlungsbedarf entwickelt werden kann.
4.1 Bevölkerungsstrukturelle Merkmale
Die strukturelle Zusammensetzung der Bevölkerung gelten als Grundlage der Sozialberichterstattung und
werden in mehrere Teilaspekte untergliedert:
-
Alterstruktur: Die Altersstruktur der Wohnbevölkerung gibt Aufschluss über Bedarfe nach sozialen Diensten und Einrichtungen im Stadtteil. Je nach Zielgruppe sind unterschiedliche infrastrukturelle Versorgungen einzuplanen; ältere Bewohner erheben andere Ansprüche (pflegerische Dienste, stationäre Pflege, bereutes Wohnen usw.) als beispielsweise Kinder (Kindertagesstätten, Spielbereiche usw.).
-
Nationalität: Zur Beobachtung von Segregationsprozessen und der Bedarfsermittlung besonderer infrastruktureller Versorgung ist die Erfassung der Nationalitäten von Bedeutung. Hierzu können die in der
Volkszählung angewandten Kategorien übernommen werden, sie unterscheiden zwischen deutschen,
griechischen, italienischen, aus übrigen EU-Staaten, (ehem.) jugoslawischen, türkischen und sonstigen/keinen Herkünften. Im vergangenen Jahrzehnt hat es sich auch als sinnvoll erwiesen, die deutsche
Bevölkerung nach Einheimischen und zugewanderten Russlanddeutschen zu differenzieren.
-
Haushaltsgröße: Die Daten der Haushaltsgröße und Haushaltsstruktur geben unter anderem Aufschluss
auf Bewohnerzahl pro Wohnung bzw. Haushalt. Für die Sozialberichterstattung ist folgende Untergliederung sinnvoll:
o
Haushaltsgröße - hier wird unterschieden nach 1-Personenhaushalt (PPH), 2-PPH, 3-PPH, 4PPH,
5 und mehr-PPH
o
Anzahl der Kinder unter 18 Jahren (0-3 und mehr Kinder pro Haushalt)
o
Einpersonenhaushalt mit Kindern unter 18 Jahren
o
Einpersonenhaushalte von Personen über 75 Jahren
Durch diese Daten lassen sich indirekt auch soziale Trends feststellen und z.B. der Infrastrukturbedarf
ermitteln. Ein starker Anteil alleinerziehender Personen kann auf einen erhöhten Bedarf an Kindertagesstätten oder ähnlichen außerhäuslichen Betreuungsangeboten hinweisen, je mehr "ältere" Einpersonenhaushalte erfasst werden umso mehr kann der Bedarf an pflegerischen Betreuungsangeboten
wachsen (vgl. o.g. Altersstruktur).
27
Problematisch ist die Verfügbarkeit von Daten, die im Rahmen der Volkszählung erhoben werden
und daher nicht aktuell sind. In Verbindung mit den - auswertbaren - Daten des Mikrozensus, der
jährlich durchgeführten statistische Repräsentativerhebung der Bevölkerung u. des Erwerbslebens
kann jedoch mit geeigneten Programmen der Haushaltsgenerierung ein aussagekräftiges Ergebnis
gewonnen werden.
-
Zuzüge / Wegzüge / Umzüge: Die Erfassung der Wanderungsbewegung ist insofern relevant, als hiermit
kleinräumige Tendenzen innerhalb eines Gebietes aufgegriffen werden können. Insbesondere die Zuzüge und Wegzüge lassen, gegliedert in Altersstufen (0-18, 19-24, 25-59, 60+ Jahren), auf Wachstum oder
Abnahme schließen. Aussagen über die Stabilität eines Gebietes sind ebenfalls möglich wie die Gruppenstrukturen, welche die Mobilität verursachen.
4.2 Bildung
Der Bereich "Schule und Beruf" stellt Entwicklungschancen von jugendlichen und jungen Erwachsenen dar,
beschreibt Sozialisationsbedingungen von Kindern und kann gesellschaftliche Wandlungsprozess im Rahmen von Zeitreihenbeobachtungen aufdecken. Folgende Unterteilungen bei der Erfassung der Daten sind
sinnvoll:
-
-
-
Allgemeiner Schulabschluss
o
Sonderschule/Hauptschule ohne Abschluss
o
Sonderschule/Hauptschule mit Abschluss
o
Realschule oder gleichwertiger Abschluss
o
Hochschul-/Fachhochschulreife
Berufsbildung
o
Mit abgeschlossener Ausbildung
o
Ohne abgeschlossene Ausbildung
Stellung im Beruf
o
Selbstständige
o
Mithelfende Familienangehörige Beamte, Richter, Soldaten usw.
o
Angestellte, Auszubildende, kaufmännisch/technisch
o
Arbeiter, Auszubildende, gewerblich
Weitere Unterteilungen ergeben sich durch die Differenzierung nach Geschlecht und Altersgruppen.
4.3 Materielle Lage
-
28
Einkommenslage:
Hier existieren Erfassungsmöglichkeiten über die beitragspflichtigen Bruttoarbeitsentgelte durch das
Meldeverfahren zur Sozialversicherung. Weitere Quellen bieten die Lohn- und Einkommensteuerstatistiken.
-
Materielle Bedürftigkeit
Hier spielen insbesondere Statistiken der Soziahilfeempfänger und Wohngeldempfänger eine Rolle. Diese Daten sind allerdings vorsichtig zu bewerten sind, da die Einkommensgrenze für den Erhalt von Sozialhilfe/ Wohngeld nicht unbedingt den materiellen Bedarf wiederspiegeln, der auch bei leichtem Überschreiten der Grenzen vorhanden sein kann. Weiter werden natürlich nur die erfassten Bedürftigen berücksichtigt. Die Dunkelziffer derjenigen, die materielle Unterstützung benötigen, sie aber aus verschiedenen Gründen nicht in Anspruch nehmen, muss beachtet werden.
o
Sozialhilfe: differenzierte Werte sind deshalb möglich, da Sozialhilfe den jeweiligen Einzelpersonen
gewährt wird und nicht, wie beim Wohngeld, auf den Haushalt. Eine Präzisierung nach Alter, Geschlecht und Nationalität ist auch hier sinnvoll.
o
Wohngeldbezieher: Die Daten über Wohngeldempfänger - in Kombination mit Sozialhilfeempfängern - , geben Aufschluss über die materielle Lage der Bewohner im Gebiet. Über die Daten der
Wohngeldempfänger lassen sich die räumliche Verteilung einkommensschwacher Haushalte ermitteln, hierzu ist eine Ergänzung durch Daten der Haushaltsgröße, der sozialen Stellung des Haushaltsvorstandes und der Mietpreis pro Quadratmeter für die Sozialberichterstattung sinnvoll.
o
Fehlbelegabgabe: Durch eine regelmäßige Überprüfung der Einkommensverhältnisse aller Sozialwohnungsinhaber (Mieter) wird ermittelt, ob die Einkommensgrenze, deren Einhaltung für den Bezug der jeweiligen Wohnung maßgeblich war, wesentlich überschritten wird. Je nach Ausmaß der
Überschreitung wird eine Ausgleichsabgabe, die sog. Fehlbelegungsabgabe festgesetzt. Die Einnahmen aus der Fehlbelegungsabgabe werden für Zwecke des sozialen Wohnungsbaus verwendet.
Bei einer geringen Überschreitung der Einkommensgrenzen soll gar nicht oder gering belastet werden Wird die Einkommensgrenze erheblich überschritten, soll der Subventionsvorteil (= günstige
Miete) entfallen. Mit diesen Daten kann also der tatsächliche Bedarf bzw. die Bedarfsentwicklung
von Sozialwohnungen ermittelt werden. Langfristig erhoben können diese Daten auf materielle und
soziale Entwicklungen der Bewohner hinweisen.
4.4 Raumstrukturelle Merkmale
-
Wohnungsausstattung: Der Wohnungsstandard ist ein wichtiger Indikator für die Wohnverhältnisse in
einem Gebiet. Zu unterteilen ist bei der Erhebung nach
-
o
Wohnungen ohne WC
o
Wohnungen ohne Bad/Dusche innerhalb der Wohnung
o
Wohnungen ohne Sammelheizung
Tendenziell weisen schlecht ausgestattete Wohnungen auf sozial benachteiligte Bewohner hin. Insofern
ist eine Aufwertung von Wohnraum besonders behutsam zu gestalten, da häufig mit der Verbesserung
von Wohnungsausstattung im Zuge von Investitionen der Wohnraum entsprechend teurer wird und für
die ursprünglichen Bewohnergruppen nicht mehr verfügbar ist und diese verdrängt werden.
29
-
Wohnungsbelegung: zur Ermittlung von Über- oder Unterbelegungen von Wohnungen sind Daten über
die Wohnfläche, die den einzelnen Bewohnerlinnen pro Kopf zur Verfügung steht, von Bedeutung. Die
zwei Kriterien sind hierbei
-
o
Zahl der Räume bezogen auf die Größe des Haushaltes
o
Quadratmeter Wohnfläche pro Person
Miet-WE / Eigentum-WE: Der Rechtscharakter der Wohnungen kann Aufschluss über die Bewohnerstruktur des Gebietes geben. Insbesondere die Anteile von
o
Mietwohnungen
o
Eigentumswohnungen
o
öffentlich geförderten Wohnungen
im Gebiet sind für die Sozialberichterstattung von Bedeutung.
4.5 Situationsspezifische Daten
Situationsspezifische Daten können Aufschluss auf sich entwickelnde Problemlagen geben und frühzeitige,
präventive Interventionen erfordern. Zu den wichtigen Daten gehören:
-
Arbeitslosenstatistik: Die Angaben sind differenziert nach Alter, Geschlecht, Dauer der Arbeitslosigkeit,
gesundheitliche Einschränkung, Leistungsbezug und Nationalität.
-
Hilfe zur Pflege: Diese Daten werden im Rahmen der Sozialhilfestatistik erhoben und geben Information
über räumliche Verteilung und Alter von Pflegebedürftigen.
-
Behinderte: Die Statistik der Hauptfürsorgestellen untergliedert in verschieden Arten und Grade der Behinderung. Wichtig sind diese Daten für die Ermittlung von Bedarfen im Bereich der spezifischen Sozialeinrichtungen, Wohnumfeldgestaltung oder Verkehrsinfrastruktur.
-
Interventionsbereiche
Hierbei sind insbesondere Daten aus den Arbeitsbereichen des Allgemeinen Sozialdienstes und der Jugendhilfe relevant, die aber für die Sozialberichterstattung aufbereitet werden müssen. Hilfreich ist die
Untergliederung in folgende Datenelemente:
30
o
Alter und Geschlecht
o
Haushaltsgröße/Struktur
o
Wohnverhältnisse
o
Nationalität
o
Überwiegende Einkommensart
o
Stellung im Beruf
o
Problembereich
o
Maßnahmen (Vermittlung, Sozialhilfe, Jugendhilfe, allgemeine Beratung und Hilfen)
o
Teilräumliche Untergliederung
4.6 Infrastrukturelle Versorgungsniveaus
Die quantitative Erfassung sozialer Einrichtungen und Dienste kann, bezogen auf den Bedarf der jeweiligen
Bewohnergruppe, Aufschluss über Unter- bzw. Überversorgung in einzelnen Teilbereichen geben. Besonders
wichtige Angebote und Dienste sind
o
Angebote und außerhäusliche Kleinkinderbetreuung
o
Kindergärten
o
Außerschulische Betreuungseinrichtungen
o
Kinder- und Jugendfreizeitstätten/Treffpunkte
o
Alten- und Servicezentren, Altenbegegnungsstätten, Altenzentren
o
Ambulante pflegerische und häusliche Dienste
o
Beratungsstellen
o
Behindertengerechte Wohnungen
o
Altengerechte Wohnungen
31
4.7 Indikatorensystem für Sozialräume in Solingen
Im Werkstattgespräch wurde auf der Grundlage des skizzierten Spektrums von Indikatoren gesammelt, welche relevanten Daten im Amt für Statistik für die Sozialberichterstattung nach Sozialräumen und Planungsräumen zur Verfügung stehen und in der folgenden Tabelle zusammengefasst:
verfügbar
Daten nur auf der Stadtebene und Daten kleinräumiger verfüg
Stadtbezirksebene sowie für spespezielle Ressortkategorien verfüg
verfügbar
Bevölkerung/Haushalte
Bevölkerung/Haushalte
Kaufkraft (nur Stadtbezirk)
Baublockebene
Schuleingangsuntersuchung (nur Altersstruktur, Geschlecht
Grundschulbezirk)
Familienstruktur
Zahnstatus (nur Grundschulbezirk)
Konfession
Behinderung
Nationalität
Arbeit
Rentner
Arbeitslosigkeit (Stimmbezirke)
Frührentner
Sozialversicherungspflichtige
schäftigte (Stimmbezirke)
Be-
Einkommen L&E-Steuer
Interventionen
Kriminalitätsstatistik
Geschäftsstatistik (Jugendhilfe)
Sozialhilfeempfänger
Jugendgerichtshilfe
Partizipation
Eingetragene Vereine (Mitglieder- Wahlbeteiligung (Stimmbezirke)
zahlen)
Selbsthilfegruppen (Gesundheit)
Bildung
Schulabschluss, Schulstatistik
Schulübergangsstatistik
von
Grundschule zu weiterführenden
Schulen
Wirtschaft
Keine kleinräumlichen Daten vorhanden
Wohnen
Wohnungsgröße
Sozialgebundenheit der WE
Bewohnerzahl
Zuzüge/Wegzüge/Umzüge
Miet-WE/Eigentum-WE
Wohngeldbezieher
Wohnungsausstattung
Fehlbelegungsabgabe
Quadratmeter pro Person
Es wurde vereinbart, dass die Planungsgruppe in weiteren Schritten exakte Indikatoren formuliert und für
den Testraum Aufderhöhe vom Amt für Statistik berechnen lässt.
32
5. Arbeitsschritte zur Verankerung der Sozialraumorientierung in Solin
Solingen
5.1 Leitpapier Sozialberichterstattung
Am Anfang steht ein Grundsatzpapier zur „Sozialberichterstattung“. Auf der Basis bereits bestehender Ansätze wird ein Verfahrensvorschlag zur kontinuierlichen Sozialberichterstattung entwickelt. Die zuvor dargestellten Daten und Indikatoren bilden die vertieft ausgearbeitete Struktur der Berichterstattung. Eine gute
Entscheidungshilfe kann eine synoptische Dokumentation erfolgreicher Beispiele („Best Practices“) aus anderen deutschen Städten bieten.
5.2 Definition der Sozialräume
Für das Gebiet der Stadt Solingen müssen Sozialräume festgelegt werden. Dabei ist der Begriff „Sozialraum“
als neutraler Begriff zu verstehen, der keine Stigmatisierung beinhaltet. Die Bestimmung von Sozialräumen
und untergeordneten Planungsräumen erfolgt nicht auf Basis einer Defizitanalyse, sondern orientiert sich
auch an den Ressourcen des Sozialraums. Neben den Sozialstrukturanalysen gehört dazu auch die Infrastrukturausstattung. Aus einer Vergleichsanalyse lassen sich Sozialraumabgrenzungen entwickeln und darstellen
(siehe oben).
5.3 Verankerung im politischen Raum
Nach diesen Vorarbeiten liegt der wichtigste Schritt in der Verankerung im politischen Raum, um eine Mehrheit für die Durchsetzung der Sozialraumorientierung als Planungskonzept zu finden. Die fachbereichsübergreifende Arbeitsweise muss dazu sowohl in der strategischen Steuerung der Verwaltungsspitze als auch in
der normativen Steuerung des Stadtrates abgesichert sein.
Die zentralen Argumente zur Einführung von Sozialraumorientierung lassen sich mit den Stichworten Beteiligung, Effektivität, Bürgernähe zusammenfassen.
•
Alle relevanten Akteure (Politik, Verwaltungsgremien, Bürger) werden an dem Prozess beteiligt.
•
Sozialraumorientierung ist ein Instrument, um Arbeitsabläufe effektiver und damit - mittelfristig kostensparender zu gestalten.
•
Bürgernähe und Bürgerbeteiligung erhöhen die Akzeptanz des Verwaltungshandelns und fördern
ehrenamtliches Engagement.
5.4 Umsetzung
Es wird ein Sozialraum ausgewählt, in dem beispielhaft ein Verfahrensmodell entwickelt wird. Die erfolgreichen Verfahrensabläufe und Erfahrungen lassen sich auf weitere Sozialräume übertragen.
33
34
Anhang
35
Teilnehmer/innen an dem Werkstattgespräch
Name
Funktion
Frau Blum
SD 421-41 Schulkinderbetreuung
Herr Brems
DPWV
Herr Bürger
SD 522-21, Notschlafstelle
Frau Göckemeyer
Jugendhilfeplanung Solingen
Herr Haubrich
SD 626 Wohnungsmarktbeobachtung
Frau Heuvelmann
SD 401 RAA
Frau Hübel-Dorn
Internationaler Bund - Treffpunkt Mädchen
Frau Izardi
522-4 ASD
Frau Kirchhoff
Caritas-Verband
Frau Koss
AWO
Frau Lepperhoff
SD 522-5 Familienbildungsstätte
Herr Lütke-Lordemann
SD 1106 Stadtentwicklung, soziale Stadt
Herr Oberheuser
SD 510 Ressortkoordination
Frau Penger
SD 223Statistik
Herr Schneider
Fuhrgemeinschaft e.V.
Frau Seiffert-Petersheim
SD 524 Gesundheit, Psychiatriekoordinatorin
Frau Stratmann
Ev. Kirchenkreis
Herr Strotmann
SD 625-1 Leiter Wohnungsamt
Frau Wehkamp
SD 522-43 Stadtteilkoordination ASD
Herr Wendenburg
SD 621-11 Stadtplaner
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37
38
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