IR 07-2014 A2: Konzept „Sozialraumorientierte Integrationsarbeit in

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„Sozialraumorientierte Integrationsarbeit in Neuss“
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Sozialraumorientierte Integrationsarbeit in Neuss
Grundsätzliche Überlegungen
„Städte und Gemeinden sind geprägt durch die kulturelle Vielfalt. Sie sind Zentren unterschiedlicher
Lebensformen und Menschen aller Generationen. Diesen Reichtum gilt es, als Chance zu nutzen. Im
unmittelbaren Wohnumfeld, im Stadtteil entscheidet sich, ob das Zusammenleben gelingt… Das
unmittelbare Wohnumfeld ist nicht nur Lebensmittelpunkt, sondern auch Kontaktfeld für
Zugewanderte und Einheimische. Die Notwendigkeit einer erfolgreichen Verzahnung von Integrationund Stadtteilpolitik liegt damit auf der Hand. Denn: Erfolgreiche Integration findet vor Ort statt.“
(Bundesregierung - 16.07.2013 – Stadtentwicklung und Integration)
Die Integration aller Menschen in das gesellschaftliche Leben ist eine zentrale politische
Herausforderung für die Zukunft. Unsere Gesellschaft differenziert sich sozial immer stärker. Vor
diesem Hintergrund geht es darum, das Zusammenleben der Menschen in ihren Sozialräumen durch
integrative Maßnahmen zu unterstützen und die Isolation einzelner Menschen oder auch einzelner
Sozialräume zu verhindern.
Die Verbände der freien Wohlfahrtspflege in Neuss setzen sich für eine lebendige Kommunikation
zwischen den Kulturen ein und unterstützen das Zusammenleben aller Menschen in den
Sozialräumen. Sie unterstützen die Menschen einheimischer und ausländischer Herkunft, miteinander
ins Gespräch zu kommen, ihre Vielfalt wahrzunehmen, zu akzeptieren und als Bereicherung
anzuerkennen.
1a) Ziele sozialraumorientierter Arbeit
Eine integrierte Herangehensweise ist sinnvoll und Erfolg versprechend, da die Problemlagen bzw.
Lösungswege ineinander greifen oder aufeinander aufbauen. Umfassende Konzepte verfolgen
deshalb gleichzeitig mehrere Ziele.

Individuelle Herangehensweise
Jeder
Sozialraum
hat
seine
spezifischen
Eigenschaften
und
besonderen
Problemkonstellationen,
aber
auch
ganz
unterschiedliche
Ansätze
für
Entwicklungsmöglichkeiten. Es geht darum, der jeweiligen Ausgangslage und
Problemkonstellation im Sozialraum mit individuellen Konzepten zu begegnen und nicht ein
Einheitskonzept auf alle Sozialräume zu übertragen.

Gleichberechtigte Teilhabe
Bei der sozialraumorientierten Integrationsarbeit geht es darum, die Lebensräume
entsprechend zu gestalten, d.h. ein wertschätzendes gesellschaftliches Umfeld und soziale
Kontakte zu fördern, die gleichberechtigte Teilhabe am wirtschaftlichen, gesellschaftlichen,
politischen und kulturellen Leben auf der Ebene des Sozialraums zu organisieren.

Selbsttragende Strukturen
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Ein zentrales Ziel liegt in der Schaffung selbsttragender Strukturen zwischen den Bewohnern
in einem Sozialraum, denn soziale Netzwerke tragen wesentlich dazu bei, stabile
Nachbarschaften zu bilden. Nur dort kann Integration gelingen und können komplexe
Eingliederungsprobleme gelöst werden.

Austausch und Beteiligung
Der Austausch und die aktive Beteiligung der Bewohner sind wesentliche Ziele der Arbeit. Sie
sind dabei nicht nur Betroffene, sondern insbesondere jene, die zur Lösung vorhandener
Probleme beitragen können. Sie sind Akteure mit exklusivem Wissen über die Situation vor
Ort. Das Engagement der Bewohner vor Ort gibt den Projekten eine individuelle Prägung, die
Bewohner bekennen sich zu ihrem Sozialraum und identifizieren sich mit diesem.

Vernetzung
Eine weitere Grundvoraussetzung ist die Einbeziehung der lokalen Gegebenheiten und
vorhandenen Ressourcen, wie lokale Institutionen und vorhandene Netzwerke. Möglichst alle
Akteure im Sozialraum werden in die Arbeit involviert.

Verlässlichkeit und Verbindlichkeit
Die sozialraumorientierte Integrationsarbeit stellt den Bewohnern ein niederschwelliges,
verlässliches Angebot zur Verfügung. Sie haben die Möglichkeit, sich ungezwungen
auszutauschen, Kontakte zu knüpfen, Wünsche und Bedürfnisse zu äußern, an Maßnahmen
teilzunehmen und sich aktiv einzubringen.

Kontinuität und Nachhaltigkeit
Ziel der sozialräumlichen Integrationsarbeit ist die Sicherung von Kontinuität der Maßnahmen
und Projekte im Sinne der Nachhaltigkeit und Verstetigung, um auf eine positive Entwicklung
im Sozialraum hin zu wirken.
1b) Handlungsprinzipien sozialraumorientierter Arbeit
Die Umsetzung der Sozialraumorientierung orientiert sich an verschiedenen handlungsleitenden
Prinzipien:

Raumbezogen und kleinteilig
Sozialraumorientierung stellt die Lebensräume der Menschen in den Mittelpunkt. Die
unmittelbare Nachbarschaft bezieht sich auf ein überschaubares, d.h. ein fußläufig
erreichbares Wohnumfeld.

Umfassend und prozesshaft
Sozialraumorientierung versucht alle Lebensbereiche bedarfsgerecht zu gestalten. Man
beginnt mit einfachen Maßnahmen, um schnelle Erfolge zu erzielen, die Beteiligten zu
motivieren und neue Mitstreiter für weitere Projekte zu finden. Eine prozesshafte Umsetzung
sichert die Anpassung auf die sich verändernden Bedarfslagen im Sozialraum.

Interessen und Bedürfnisse der Menschen als Ausgangspunkt
Ausgangspunkt aller Aktivitäten im Sozialraum sind die Interessen und der erklärte Wille der
Bewohnerschaft. Als lokale Akteure und Impulsgeber für Entwicklungen und Prozesse bringen
sie ihre Erfahrungen und ihr Wissen über die Verhältnisse vor Ort aktiv gestaltend mit ein.

Eigeninitiative und Selbsthilfe als starke Motoren
Maßnahmen zur Verbesserung ihrer Lebenssituation werden gemeinsam mit den Menschen
im Sozialraum erdacht, geplant und durchgeführt. Die Menschen bringen ihre Kompetenzen
und ihre Erfahrungen in Prozesse mit ein und eröffnen oft neue Perspektiven und Zugänge
und ergänzen berufliche soziale Arbeit.
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
Ressourceneinsatz aller Akteure vor Ort als Lösungsansatz
Sozialraumorientierung geht von den persönlichen Stärken und Potenzialen des Einzelnen
aus und aktiviert diese. Zugleich werden alle verfügbaren sozialräumlichen Ressourcen
personeller, institutioneller oder materieller Art in den Blick genommen und mobilisiert.

Zielgruppenübergreifender Fokus
Sozialraumorientierung erfordert eine erweitere Sicht auf einen Sozialraum und die dort
lebenden Menschen: Aktionen werden ausgehend von gemeinsamen Interessen der
Bewohner geplant und durchgeführt. Sie sollen von möglichst vielen und unterschiedlichen
Personen und Akteuren jeweils im Rahmen ihrer Möglichkeiten getragen werden.

Bereichsübergreifende Kooperation und Vernetzung
Sozialraumorientierung
erfordert
interdisziplinäre
Arbeit,
bereichsübergreifende
Zusammenarbeit und Vernetzung zwischen der freien Wohlfahrtspflege mit ihren Diensten und
Einrichtungen, kommunaler Verwaltung mit ihren Behörden und Ämtern, Pfarrgemeinden,
Bildungsträgern, lokaler Wirtschaft und der Wohnungswirtschaft sowie den lokalen
zivilgesellschaftlichen Initiativen.
1c) Methoden sozialraumorientierter Arbeit

Sozialräume analysieren
Jeder
Sozialraum
hat
seine
spezifischen
Eigenschaften
und
besonderen
Problemkonstellationen, aber auch Entwicklungsmöglichkeiten und spezifischen Stärken, die
herausgearbeitet werden müssen. Hierzu bietet das Sozialmonitoring der Stadt Neuss mit
seinen aktuellen Angaben zu den einzelnen Stadtteilen eine verlässliche Datenbasis.

Handlungsfelder bestimmen, Maßnahmen planen und umsetzen
Aufgrund der vorgenommen Analyse und Bewertung werden Handlungserfordernisse
identifiziert und Anknüpfungspunkte für Projekte und Maßnahmen gefunden. Es gilt dabei,
Visionen zu entwickeln, in welche Richtung sich der Sozialraum weiterentwickeln soll.

Aktivierung und Partizipation
Gute Kenntnisse über die Situation vor Ort sind notwendig, um Initiativen und Potenziale der
Bewohner zu erkennen, richtige Ansprechpartner zu identifizieren und die Maßnahmen darauf
abzustimmen. Unter Beteiligung der Bewohner als Akteure vor Ort werden Maßnahmen und
Projekte geplant, entwickelt und umgesetzt.

Netzwerkarbeit
Die Kooperation und Vernetzung aller Akteure im Sozialraum hat das Ziel, die bereits
vorhandenen Ressourcen zu bündeln und für die Integrationsarbeit zu nutzen. Eine bunte
Mischung von Akteuren erhöht die Akzeptanz der Maßnahmen, den sozialen Zusammenhalt
sowie die Identifikation mit dem Sozialraum.

Gewinnung von Freiwilligen
Da die sozialraumorientierte Arbeit von freiwilligem Engagement lebt, werden Bewohner
gewonnen, ihr Know-how und ihre Potenziale einzubringen und Aufgaben zu übernehmen. Ihr
Engagement kann Multiplikatoreneffekte bewirken, indem sie durch ihre Vorbildfunktion
andere Bewohner zur Mitarbeit motivieren.

Beratungsangebot
Für die Bewohner im Sozialraum muss es eine Anlaufstelle geben, an die sie sich wenden
können und die Rat- und Hilfesuchende informiert, berät, unterstützt und ggfs. weitervermittelt.

Bedarfsgerechtes Arbeiten
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Eine regelmäßige Rückmeldung und ein Sichtbarmachen von Erfolgen dient einerseits dazu,
die Motivation der Bewohner aufrecht zu erhalten und andererseits der Fortführung des
bedarfsgerechten Planens und Handelns.
2) Sozialraumorientierung und Integration
Nach einer Analyse und Bewertung der Situation im Sozialraum lassen sich verschiedene
Maßnahmen ergreifen, um die Situation zu verbessern.

Handlungsfeld Bildung, Qualifizierung und Gesundheit
In den Sozialräumen, in denen die sozialraumorientierte Integrationsarbeit stattfindet,
konzentrieren sich vielfach Bewohner, die keinen oder nur begrenzten Zugang zum
Arbeitsmarkt und zu Bildungsangeboten haben. Hinzu kommt, dass viele Personen mit und
ohne Migrationshintergrund Sprachdefizite haben. Oft sind Kinder dadurch benachteiligt und
ihre Eltern selbst nicht in der Lage, diese Defizite zu mindern. Dadurch entstehen
vielschichtige Problemlagen, da sich sprachliche Defizite über Bildungs- und
Einkommensbarrieren zu gesellschaftlichen Barrieren entwickeln können. Immer wichtiger
werden auch Aspekte der Gesundheitsförderung, wie Ernährungsberatung oder Aufklärung
über Gefahren durch Drogen und Alkohol.

Handlungsfeld kulturelle und soziale Infrastruktur
Die zunehmende Polarisierung von Arm und Reich birgt die Gefahr, dass sich die
sozialräumliche Spaltung in der Stadt vertieft und in manchen Sozialräumen kaum öffentliches
Leben stattfindet. Die Integration im Sinne einer Vermeidung von Gettobildung steht hier im
Vordergrund. Deshalb ist es notwendig, eine leistungsfähige Infrastruktur mit kulturellen,
sozialen und sportlichen Angeboten und Begegnungsmöglichkeiten bereitzustellen und einen
gleichberechtigten Zugang für alle Bewohner des Sozialraums unabhängig der sozialen,
kulturellen oder ethnischen Herkunft zu gewährleisten.

Handlungsfeld Nachbarschaft und Akzeptanz
Viele Projekte setzen sich mit den Schwerpunkten Nachbarschaft und Akzeptanz kultureller
Vielfalt auseinander und fördern durch Begegnung und Austausch das Für- und Miteinander
im Sozialraum. Dabei geht es um Empathie und ein Gefühl der Sicherheit der Bewohner, aber
auch um individuelle Unterstützung zur Verbesserung der Lebenssituation und des
nachbarschaftlichen Lebens.
3) Räumlichkeiten und personelle Voraussetzungen
Für die Umsetzung von Sozialraumorientierter Integrationsarbeit bedarf es ausreichender materieller
und personeller Ressourcen und die Finanzierung muss dabei zumindest mittelfristig, d.h. mindestens
für drei Jahre gesichert sein.
Zentral für die Entwicklung des Sozialraumes sind Begegnungsräume, die in Form von
Bürgertreffpunkten oder -cafés bestehen können. Größe und Ausstattung müssen genügend Platz für
Gespräche und Gruppenangebote ermöglichen. Ebenso sind moderne Bürokommunikationsmittel
erforderlich. Umfassende Sozialraumarbeit benötigt ein professionelles, leistungsfähiges
Management, das die Akteure koordiniert und als Mittler zwischen kommunaler Politik, Verwaltung,
den Bewohnern und ihren Organisationen fungiert. Damit tragfähige Netzwerke, Kooperationen und
ein Vertrauensverhältnis zu den Menschen im Sozialraum, allen Akteuren sowie den strategischen
Partnern aufgebaut werden können, ist personelle Kontinuität wichtig.
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Stand: 30.01.2014
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