1 Berliner Zeitung 14.11.2016 Warum Berlin eine dritte

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Berliner Zeitung 14.11.2016
Warum Berlin eine dritte Internationale Bauausstellung braucht
Von Uli Hellweg
Berlin braucht die Vision einer wachsenden Stadt, die einen Aufbruch
verkörpert und Vorbild für andere Städte werden kann. Berlin braucht
eine konkrete Utopie, wie die Stadt in neuen Stadtquartieren sozial,
gerecht und nachhaltig wachsen kann. Mit einer Internationalen
Bauausstellung (IBA) kann Berlin vorbildliche Modellquartiere bauen
und international überzeugen.
Internationale Bauausstellungen haben sich in der Geschichte des
Städtebaus – und insbesondere in Berlin mit der Interbau 1957 und der
IBA 1987 – als ein starker und innovativer Motor der Stadtentwicklung
erwiesen. Eine IBA kann komplexe städtebauliche, soziale und
ökologische Herausforderungen mit kreativen Strategien lösen, sie
bündelt und mobilisiert Kräfte wie kein anderes Instrument der
Stadtentwicklung. Denn es geht bei einer neuen Internationalen
Bauausstellung , einer IBA Berlin 2025, nicht um baukulturelle
Sahnehäubchen, sondern um praktisch umsetzbare Zukunftsbilder für
die Stadtquartiere.
Die Wohnungsfrage war in allen urbanen Wachstumsphasen immer
mehr als eine reine Bauaufgabe. In Berlin entstanden neue
städtebauliche Typologien: die Gründerzeitquartiere, in den 20er-Jahren
die UNESCO-Welterbe-Siedlungen und in der Nachkriegszeit die großen
Wohnsiedlungen in Ost und West. Damals wurde Bau- und
Sozialgeschichte geschrieben. Heute stellt sich die Frage, wie wir den
neuen Wachstumsschub intelligent nutzen: Wo, wie und für wen muss
gebaut werden? Dazu hier drei Leitbilder.
Neues Soziales Bauen: Eine IBA Berlin 2025 sollte sich dem preiswerten
Wohnungsbau widmen, einer Wiederentdeckung des sozialen
Wohnungsbaus und der Förderung experimenteller,
genossenschaftlicher und gemeinschaftlicher Baumodelle. Es geht um
die Frage, wie öffentliche Wohnungsbaugesellschaften,
Genossenschaften und sozialorientierte private Baugemeinschaften
nicht nur zu Investoren, sondern zu Motoren stabiler Gemeinwesen in
den Stadtquartieren werden können. Berlins neues soziales Wohnen
muss etwas anderes sein als der alte Soziale Wohnungsbau – es muss
preiswert, quartiersorientiert und nachhaltig sein.
Neue Nachbarn: Funktionale Mischung sichert soziale Mischung. Keine
Stadt steht dafür mehr als Berlin. Anknüpfend an diese Tradition der
gemischt genutzten kosmopolitischen Stadt stellen sich für die IBA
Berlin 2025 zentrale Fragen: Wie lassen sich soziale Monostrukturen
früherer Stadterweiterungen vermeiden und bunte lebendige
Gemeinwesen schaffen? Wie können die neuen Modellquartiere
zugleich „Ankunftsorte“ und „Heimatorte“ sein? Und wie lässt sich die
Teilhabe aller Nutzer erreichen? Berlins neue Stadtquartiere müssen
beliebt, urban und weltoffen werden.
Die Neue Teilende Stadt: In den neuen Stadtquartieren geht es um
Gerechtigkeit. Es geht um die gerechte Verteilung der Chancen auf
Bildung, sozialen Aufstieg und gesellschaftliche Teilhabe. Es geht aber
auch um die umweltgerechte Stadt, die verantwortungsvolle
Ressourcennutzung und die gerechte Verteilung von
Umweltbelastungen und Umweltgütern. Und es geht um die
demokratische Stadt, mit partizipativen Planungs- und
Entscheidungsprozessen. Berlins Stadtquartiere müssen teilen statt
spalten. Die Stadt zu teilen heißt, sie gemeinsam und solidarisch zu
gestalten, zu pflegen und zu genießen.
Bei einer Internationalen Bauausstellung 2025 könnte in drei
Stadtbereichen Modellquartiere mit zukunftsfähigen Lösungen für
Berlin (und darüber hinaus) entwickelt werden: In der äußeren Stadt zur
Siedlungsarrondierung (Neue Stadt an der Stadt), in der inneren
Peripherie auf Konversionsflächen (Neue Stadt in der Stadt) und in der
Reparatur und Weiterentwicklung vorhandener Wohnsiedlungen (Stadt
weiterbauen). In jedem dieser Stadtbereiche sollte die IBA Berlin ein
Demonstrationsgebiet haben, die in einer „Städtebauroute“
zusammengefasst und zusammen erlebt werden können.
Jede IBA braucht einen breiten gesellschaftlichen aber auch politischen
Konsens für ihren stadtgesellschaftlichen Auftrag. Zu Beginn der 18.
Legislaturperiode des Berliner Abgeordnetenhauses besteht die Chance,
den politischen Konsens der Parteien für eine IBA Berlin 2025 zu
gewinnen. Denn die Wohnungsfrage muss mit neuen Strategien und
Konzepten gelöst werden.
Sinnvoll wäre dann, auf dem Weg bis zur Ausstellungseröffnung 2025
zwei Zwischenpräsentationen (2018 und 2021) einzuplanen.
Schwerpunkte 2018 sollten die strategischen und städtebaulichen
Konzepte für die neuen Quartiersentwicklungen sein. Bei der
Zwischenpräsentation im Jahr 2021 könnten die bereits fertiggestellten
Projekte vorgestellt werden. Zum Abschluss 2025 werden dann die
Ergebnisse der Bauausstellung einem breiten Publikum auch
international präsentiert.
Die IBA Berlin 2025 mit dem übergreifenden Thema „Neue
Stadtquartiere“ stünde in der internationalen IBA Landschaft einzigartig
dar. Die Leitbilder einer solchen Bauausstellung sind im Unterschied zu
früheren Berliner Initiativen für jedermann nachvollziehbar und
bedürfen keiner großen Erklärung.
Mit der neuen Legislaturperiode besteht die Chance, hundert Jahre
nach den epochalen Berliner Siedlungen des Neuen Bauens die Weichen
für ein „Neues Soziales Bauen“ in nachhaltigen und lebenswerten
Stadtquartieren zu stellen.
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